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Leseprobe Handke, Peter / Unseld, Siegfried Der Briefwechsel Herausgegeben von Raimund Fellinger und Katharina Pektor © Suhrkamp Verlag 978-3-518-42339-4 Suhrkamp Verlag

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Leseprobe

Handke, Peter / Unseld, Siegfried

Der Briefwechsel

Herausgegeben von Raimund Fellinger und Katharina Pektor

© Suhrkamp Verlag

978-3-518-42339-4

Suhrkamp Verlag

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Peter HandkeSiegfried UnseldDer Briefwechsel

Herausgegebenvon Raimund Fellingerund Katharina Pektor

Suhrkamp Verlag

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Erste Auflage 2012© Suhrkamp Verlag Berlin 2012

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch

Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form

(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert

oder unter Verwendung elektronischer Systemeverarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Satz: Hümmer GmbH, WaldbüttelbrunnDruck: Pustet, Regensburg

Printed in GermanyISBN 978-3-518-42339-4

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Inhalt

Die Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727Nachwort, von drei Verfassern . . . . . . . . . . . 729Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 746Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . 747Werkverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766

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Die Briefe

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1965

[1; Anschrift: Griffen1]Frankfurt am Main2

10. August 1965Sehr geehrter Herr Handke,ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß wir nach ge-nauer Lektüre Ihres Manuskriptes uns entschieden haben,Ihre Arbeit in den Suhrkamp Verlag zu übernehmen.3 Ichglaube, daß sich Ihre Arbeit neben denen von Peter Weissund Ror Wolf gut ausnehmen und die Perspektiven dieserAutoren weiterführen wird.Nun scheint mir freilich ein Gespräch über Einzelheiten er-forderlich zu sein. In Ihrem Manuskript befinden sich man-che Austriazismen und auch einige umständliche Formulie-rungen, an denen doch noch gefeilt werden sollte. Es wäredas beste, könnte dies in einem Gespräch geschehen. FührtSie Ihr Weg ohnehin einmal nach Frankfurt?Wenn wir im Laufe der Monate September oder Oktobereine Verständigung darüber herbeiführen könnten, so wür-den wir das Buch noch in der ersten Hälfte 1966 heraus-geben.Ich freue mich sehr, daß ich Ihnen dies mitteilen kann. Ichsehe Ihr Manuskript gerne bei uns als Buch.Mit freundlichen Grüßen[Siegfried Unseld]

1 Altenmarkt 6, A-9112 Griffen, Kärnten, ist die Adresse des er-sten Briefs von S. U. an P. H. P. H. studierte 1965 im vierten JahrRechtswissenschaften an der Universität Graz und bewohnte wäh-

9Brief 1

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rend dieser Zeit (den Brief erhält er in den Sommerferien) ein Un-termietzimmer in Graz-Waltendorf, Rosenhang 6.

2 Die Adresse des Suhrkamp Verlags lautete zwischen dem 1. April1963 und dem 1. Januar 1969: Grüneburgweg 69, 6 [60323] Frank-furt am Main, Ende 1968 übersiedelte der Verlag in die Linden-straße 29-35, 6 [60325] Frankfurt am Main.

3 Die Hornissen sind die erste Buchpublikation von P. H. Vermitteltdurch seinen Freund Alfred Kolleritsch ließ er das Manuskript imFrühjahr 1965 Elisabeth Borchers zukommen, die als Lektorin imLuchterhand Verlag (sie wird später seine Lektorin bei Suhrkamp)arbeitete; sie lehnte eine Veröffentlichung ab. Gleichzeitig sandteder Grazer Hispanist und Übersetzer Anton Maria Rothbauerdas Typoskript an Walter Boehlich im Suhrkamp Verlag. Dieserschrieb am 2. Juni 1965 nach Graz: »Sehr geehrter Herr Handke,ich weiß nicht, ob Herr Rothbauer Ihnen schon ein wenig mit demZaunpfahl gewinkt hat, und deswegen beeile ich mich, Ihnen zusagen, daß Ihr Manuskript unser Interesse in einem Grad erregthat, der uns veranlassen wird, uns ausführlicher mit Ihnen zu un-terhalten. Nur bitten wir Sie um einen geringen Aufschub, da wirerst unsere Vertreterbesprechung hinter uns bringen möchten undmüssen.« P. H. antwortete am 14. Juli 1965 aus Griffen: »Sehr ge-ehrter Herr Boehlich, den ›Wink mit dem Zaunpfahl‹ habe ich zurKenntnis genommen. Nun ist es aber möglich, daß ein weitererWink in Graz mich nicht erreichen wird, weil ich für längere Zeitnicht dort sein werde. Deshalb schreibe ich jetzt: Sollte es notwen-dig sein, mir etwas mitzuteilen, so teilen Sie mir es bitte über dieim Briefkopf angegebene Adresse mit; die Mitteilung wird mirvon hier, da ich zur Erledigung einer Arbeit ins Ausland verreise,nachgeschickt werden, so daß ich mich danach werde richten kön-nen.« Boehlich hatte das Manuskript seinem Kollegen Chris Bez-zel weitergereicht. Der hatte in einem (undatierten) Lektoratsgut-achten die Publikation empfohlen: »peter handke erzählt genau,konkret wie homer ist die art der beschreibung. konkret ist ebensodas beschribene, die geschichte von drei brüdern, von denen einer(der erzähler) erblindet, ein zweiter ertrinkt, der dritte vermißtwird. konkret ist der schauplatz: eine dörfliche welt in einer ab-gelegenen gegend. die einzelnen kurzen stücke, aus denen der ro-man zusammengesetzt ist, sind ›einfache‹ szenen, nahaufnahmen,oft parodistische grundrisse des alltäglichen lebens, so anschau-

10 1965

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lich gegeben, daß die dichte der dinge sprachliche gestalt annimmt.dieser dichte der dinge steht nun aber eine offenheit des gesche-hens gegenüber, so daß alles in die schwebe kommt. die grundper-spektive des buches bedingt dies: ebenen, zeiten, personen undhandlungsstränge verschränken sich fast völlig, jede figur, jedesereignis wird relativiert, die ichform des erzählens wechselt mit›du‹ und ›er‹, wodurch der autor nicht mehr weiß als der leserund beide auf vermutungen angewiesen sind. die metaphern er-weisen sich als zeichen für vieles, möglichkeit und wirklichkeitsind im gleichgewicht. das antike motiv des blinden, der zum ›se-her‹ wird, findet durch handke eine neue gestaltung: ein blindersetzt sich durch erinnernde und tastende vorstellung die welt, dieer verloren hat, wieder zusammen, er versucht, sich ein ›bild‹ zumachen. und nur ›dadurch, daß er sich etwas ausdenkt, vermag ersich zu behaupten.‹ DIE HORNISSEN sind scheinbar zeitlos, wirlesen nichts von tod und zerstörung. aber gerade durch das fastvöllige aussparen des krieges wird – im motiv der insekten – einschweigen realisiert, das dem bewußtsein als übermächtige bedro-hung erscheint, für die wörter wie ›bomber‹ und ›krieg‹ nur me-taphern sind. was von nicht wenigen autoren der moderne ange-strebt wurde und wird: die völlig offene fabel, bei der nichts sichverfestigt, aberauch nichts sich verflüchtigt, die den leser nicht ab-zieht von seiner eigenen existenz, sondern ihm zum modell wirdfür mögliches leben – in diesem werk ist es auf bezwingende artgelungen. peter handke setzt mit seinem ersten roman DIE HOR-NISSEN die epische linie eines peter weiss und eines ror wolf(›Fortsetzung des Berichts‹) [Peter Weiss, Der Schatten des Kör-pers des Kutschers, erschien 1960, Ror Wolf, Fortsetzung des Be-richts, 1964 im Hauptprogramm des Suhrkamp Verlags.] legitimund vielversprechend fort.« Laut Bezzel handelt es sich um den»entwurf zu meinem gutachten, das aber kaum länger war«. DasManuskript wurde angenommen »aufgrund meines gutachtens(und ohne ein gespräch mit unseld darüber)« (Bezzel, Brief vom24. Juni 2012 an Wolfgang Kaußen). Als der Brief von S. U. vom10. August 1965 in Griffen ankam, war P. H. mit seiner Freun-din und späteren Ehefrau, der Schauspielerin Libgart Schwarz,in Varna an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Die Nachrichtvon der Annahme übermittelte ihm seine Mutter (siehe Adolf Has-linger, Peter Handke, S. 104).

11Brief 1

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[2][Graz]

25. August 19651

Sehr geehrter Herr Doktor,Ihre Nachricht hat mich über die Maßen gefreut. Zu demGespräch über die Einzelheiten bin ich gern bereit, zumalmir in der Zwischenzeit selber einige kleine Stellen ver-dächtig erschienen sind. Ich möchte zu diesem Zweck am13. oder 14. September nach Frankfurt kommen. (Im Ok-tober werde ich einer Prüfung wegen weniger »Zeit ha-ben«.) Bitte, lassen Sie mich wissen, ob der genannte Ter-min Ihnen recht ist.2

Die Ehre für mein Manuskript, die ihm geschieht, indem esin Ihrem Verlag erscheint, freut mich so, daß das Ereignismir noch jetzt nicht ganz geheuer ist.Mit herzlichen GrüßenPeter Handke

1 Der Brief trägt den handschriftlichen Vermerk von S. U.: »C. Bez-zel bitte benachrichtigen. U«.

2 Am Tag der Niederschrift der Antwort begann P. H., die Reise zuorganisieren. Er bat Emil Breisach, den damaligen Präsidenten desForums Stadtpark, in einem Brief um einen Fahrtkostenzuschußvon 700,– Schilling, den dieser am nächsten Tag bewilligt, mit derAuflage, das Geld zurückzuzahlen, falls der Verlag die Reiseko-sten übernähme (siehe Peter Handke – Alfred Kolleritsch, Schön-heit ist die erste Bürgerpflicht, S. 5f.). P. H. schrieb am 27. August1965 aus Griffen eine Postkarte an Libgart Schwarz, die ihn aufder Reisenach Frankfurt begleitete: »S. g. Fräulein Libgart Schwarz.Libgart! Das Manuskript wird im Suhrkamp Verlag erscheinen,wahrscheinlich im Frühjahr. Ich sollte nur zur Ausmerzung eini-ger Austriazismen und umständl. Wendungen im September zueinem ›Gespräch‹ nach Frankfurt. Vielleicht kannst Du mitfah-ren. [. . .] Jetzt kann mir wenig mehr passieren. D. P.« (ÖLA SPH/LW/Korrespondenz Schwarz, Libgart)

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[3; Anschrift: Graz]Frankfurt am Main13. September 1965

Lieber Herr Handke,auch im nachhinein bin ich sehr froh über unser Gespräch.Nach Ihrem Manuskript freute es mich besonders, Sie nunauch persönlich kennenzulernen. Ich bin überzeugt, daßSie mit diesem Manuskript am Anfang einer achtbaren Lauf-bahn stehen, und ich hoffe, daß wir in einer langen, gutenund produktiven Verbindung bleiben.1

Ich bestätige nochmals, daß wir Ihren Roman »Die Hornis-sen« im Frühjahr des nächsten Jahres herausbringen wer-den. Sie wollten Herrn Dr. Bezzel noch einige Korrekturenzuschicken. Es wäre mir angenehm, wenn dies noch in die-sem Monat oder jedenfalls in der ersten Oktoberhälfte ge-schehen könnte. Wir wollen dann das Manuskript in Satzgeben, um in Ruhe die Herstellung betreiben zu können.2

Ich wiederhole hier noch einmal die vereinbarten Bedingun-gen. Sie erhalten für dieses Manuskript à conto der Hono-rare einen Betrag von DM 3.600,–; davon sind DM 1.200,–bei Abschluß des Vertrages, weitere DM 1.200,– am 31. 12.und die dritten DM 1.200,– bei Erscheinen des Buches fäl-lig. Die Honorare werden vom Broschurpreis des Buches er-rechnet, der ungefähr bei DM 12,– liegen wird (Ladenpreisungefähr DM 16,–). Sie erhalten vom 1. bis 3. Tausend 10 %vom Broschurpreis, vom 4. bis 10. Tausend 12 % und vom11. Tausend an 15 %. Das sind die Bedingungen, die wir beiersten Büchern haben, sie wurden auch bei Paul Nizon3

und Ror Wolf eingeräumt. In den nächsten Tagen erreichtSie ein ausführlicher Vertrag. Erschrecken Sie nicht überden Umfang des Vertrages, aber es hat sich in der Erfahrungdoch bewährt, daß von Anfang an alle Rechtsbeziehungenklargelegt werden.Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen für Sie[Siegfried Unseld]

13Brief 2-3

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P. S.: Wir erwarten dann auch von Ihnen noch die erbeteneVita und bitte möglichst auch ein oder zwei Fotos.

1 Das Gespräch fand am 9. September 1965 im Verlag statt. P. H.datierte es im Rückblick auf den August 1965 und notierte: »Nachder Annahme der Hornissen Fahrt zum Verlag. Vorstellung beimVerleger, in seinem Büro im Grüneburgweg in Frankfurt. Ich über-nächtig, an keiner der Autobahnraststätten zwischen Münchenund F. ein Zimmer frei. ›Verleger‹? Unwissenheit des Zweiund-zwanzigjährigen. Siegfried Unseld nicht nur im Dastehen im Raumgar übermächtig. (Übernächtig/übermächtig.) Riesengesicht. Undwas für dunkle Augen – ich für deren Schönheit erst mit den Jahr-zehnten offen. Und was für ein riesiger blauer Pickel auf der Rie-senwange: bei meiner Erwähnung dessen fast vier Jahrzehnte späterein entschiedenes Kopfschütteln. Er seinerzeit: »Sie, Schriftstel-ler? Keine Chance, höchstens mit Theaterstücken.« (P. H., Zeitmit Siegfried Unseld (ohne Zeitwörter), in: P. H., Meine Ortstafeln,Meine Zeittafeln, S. 422)

2 Chris Bezzel lektorierte Die Hornissen mit dem Autor brieflichund telefonisch: Es ging dabei vor allem um die Austriazismen,die Kapitelüberschriften in der Marginalspalte oder die Erstver-öffentlichung einzelner Kapitel. Weder das ursprüngliche Typo-skript noch spätere Arbeitsstufen noch die Druckfahnen habensich erhalten.

3 Paul Nizon,Canto, der Debutroman des Autors, erschien 1963 imHauptprogramm des Suhrkamp Verlags.

[4; Anschrift: [Graz]]Frankfurt am Main23. September 1965

Lieber Herr Handke,ich schicke Ihnen anliegend den angekündigten Vertrag zu.Bitte erschrecken Sie nicht über den Umfang des Vertrages,aber es scheint mir doch besser, präzise alle Rechtsbezie-hungen zwischen uns zu regulieren. In zukünftigen Fällen

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können wir dann jeweils auf diesen Vertrag aufbauen. Ichschicke Ihnen zwei Ausfertigungen zu und bitte Sie, mireine mit Ihrer Unterschrift versehen wieder zurückzuschik-ken.Es mag sein, daß der Suhrkamp Verlag Anfang Novemberin Wien eine Buchpremiere für Tumlers neues Buch veran-staltet. Ich werde Ihnen noch Bescheid geben, es wäre schön,wenn wir uns dann wieder träfen.Mit freundlichen GrüßenIhr[Siegfried Unseld]

[5]Graz

30. September 1965Sehr geehrter Doktor Unseld,vielen Dank für Ihren Brief. Ich hoffe auch, daß ich viel-leicht im November mit Ihnen zusammentreffen könnte.Beiliegend schicke ich Ihnen den unterschriebenen Vertrag;ich danke Ihnen nochmals. Wegen verschiedener Kleinig-keiten werde ich noch mit Dr. Bezzel in Verbindung treten.Die Vita und das Foto kann ich Ihnen erst in den nächstenTagen schicken.1

Sehr herzliche GrüßePeter Handke

1 Am 22. Oktober 1965 erinnerte Chris Bezzel P. H. brieflich er-neut an Foto und Vita, woraufhin dieser ihm am 26. Oktober 1965seine »Lebensdaten« schickte, die bis auf kleine Änderungen fürden Buchumschlag der Erstausgabe von Die Hornissen übernom-men wurden: »geboren am 6. Dezember 1942 in Griffen, Kärnten.1944-48 in Berlin. Volksschule in Griffen. 1954-59 humanistischesGymnasium in einem Internat für Priesterzöglinge. Die letzten

15Brief 3-5

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zwei Jahre der Gymnasialstudien in Klagenfurt. 1961 Studium derRechtswissenschaften an der Universität Graz. Erste Veröf-fentlichungen in der Zeitschrift ›manuskripte‹ des forum stadt-park Graz. Außer dem Roman: Kürzere Prosa, ein Stück: ›Publi-kumsbeschimpfung‹.« Das Forum Stadtpark, Graz, wurde 1959gegründet; siehe Brief 10, Anm. 2.Dagegen benötigte P. H. einige Zeit, um zu publizierbaren Fotoszu gelangen. Jene Aufnahmen, die sein erstes öffentliches Erschei-nungsbild prägten – also in Zeitungsrezensionen der Hornissenoder anläßlich der Veröffentlichung des Romankapitels Das Kar-tenspiel in Dichten und Trachten (Heft 27, 1966, S. 32-37) gedruck-ten –, entstammten einer Fotoserie von Otto Breicha. Darauf istP. H. mit noch relativ kurzen Haaren, dicker schwarzer Brilleund einer Winterjacke mit Fell zu sehen. P. H. schickte sie am8. Februar 1966 an den Verlag.

[6; Anschrift: YGraz y]Frankfurt am Main

8. Oktober 1965Lieber Herr Handke,wäre es Ihnen möglich, am 3. November nach Wien zukommen? Um 11 Uhr vormittags wird in der Gesellschaftfür Literatur von Tumler eine Lesung und ein Gesprächmit mir sein. Am Abend möchte ich Sortimenter zu einemAbendessen einladen. Ich wäre sehr froh, wenn Sie dabeisein könnten.Mit herzlichen GrüßenIhr[Siegfried Unseld]

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[7]Graz

21. Oktober 1965Lieber Dr. Unseld,vielen Dank für Ihre Einladung. Ich werde gern am 3. No-vember nach Wien kommen und freue mich, Sie sprechenzu können.Ich habe gerade mit Ach und Krach ein Stück geschrie-ben. Es heißt »Publikumsbeschimpfung« und ist mein er-stes und mein letztes. Ich möchte es nun hier in Graz zurErprobung im Forum Stadtpark aufführen lassen und auchsonst dazu sehen, daß ich es vielleicht anbringe. Wahrschein-lich muß ich mich dazu an Sie wenden. Ich frage Sie deshalbum Rat, was zu tun ist oder ob überhaupt etwas zu tun ist.Mit herzlichen GrüßenIhrPeter Handke

[8; Anschrift: YGraz y]Frankfurt am Main

25. Oktober 1965Lieber Herr Handke,schönsten Dank für Ihren Brief vom 21. Oktober. Ich freuemich sehr, daß wir uns in Wien sehen und sprechen kön-nen. Ich werde am Dienstagnachmittag nach Wien kommen.Vielleicht können wir uns gleich am Abend um 19 Uhr tref-fen, auch damit wir uns über Ihr Stückproblem unterhal-ten können; ich wohne im Royal.1 Wenn nicht, erwarte ichSie dann spätestens bei der Veranstaltung der LiterarischenGesellschaft am 3. November um 11 Uhr.2

Mit herzlichen GrüßenIhr[Siegfried Unseld]

17Brief 5-8

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1 Das Hotel Royal befindet sich in der Singerstraße 3, im 1. Bezirkin Wien.

2 Am 3. November 1965 referierte S. U. in der ÖsterreichischenGesellschaft für Literatur im Palais Wilczek über die Programma-tik der Verlage Suhrkamp und Insel, danach las Franz Tumler ausAufschreibung aus Trient. Roman, der gerade im Suhrkamp Verlagerschienen war. Am Abendessen mit den Inhabern der österrei-chischen Auslieferung von Suhrkamp und Insel sowie WienerBuchhändlern nahmen teil: Thomas Bernhard, Peter Handke, Zbi-gniew Herbert, Franz Tumler und Wolfgang Kraus. Im Reisebe-richt Wien 2. bis 4. November 1965 hielt S. U. fest: »Peter Handke.Mit ihm traf ich zweimal zusammen. Der Eindruck blieb gleichoder verstärkte sich. Ich glaube, wir haben da einen hochinteres-santen Autor gewonnen. Ich habe ihm angekündigt, daß bis EndeNovember die Fahnen-Sendungen [von Die Hornissen] beginnen.Wir wollen von dem Buch Leseexemplare etwa in einer Anzahlvon 250 herstellen, die dann mit besonderer Berücksichtigung derWiener und Grazer Sortimenter verschickt werden sollen. Erschei-nungstermin des Buches nicht später als 20. März. Peter Handkegab mir dann sein Sprechstück ›Publikumsbeschimpfung‹, das isteine sehr originelle Sache, die sehr reizvoll ist. Die Aufführungs-chancen sind schwer zu beurteilen, doch sollte man es natürlichversuchen. Das Stück liegt jetzt beim Forum Theater in Graz,das es vielleicht im Frühjahr aufführen will; ebenfalls ist die Zeit-schrift ›manuskripte‹ an einer Veröffentlichung des Stückes in-teressiert. Ich möchte Herrn Braun bitten, das Stück sogleich zulesen und mit mir dann das weitere zu besprechen.«

[9]Graz

5. November 65Lieber Dr. Unseld,eine Bitte, die ich leider nicht mehr aufschieben kann: Könn-ten Sie Ihre Honorarabteilung anweisen, mir zumindestmitzuteilen, was mit meiner seit über 1 ½ Monaten fälligenHonorarrate geschehen ist? Ich habe am 5. 11. bei der Abtei-

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lung angefragt, aber man hat mir bis jetzt nicht einmal g e -a n t wo r t e t . Ich brauche Ihnen keine Genrebilder vonmeiner Lage zu geben. Es ist einfach unangenehm, von ei-nem Tag zum andern von geliehenem Geld zu leben. Hätteich diese lange Verzögerung im vorhinein gewußt, hätteich mich wenigstens um eine Arbeit umsehen können. Sowarte ich täglich auf eine Erklärung von seiten Ihrer Ab-teilung.Ich hoffe, Sie sind nicht ungehalten, daß ich mich, nachdemich mich anscheinend erfolglos an Ihre Honorarabteilunggewendet habe, nun an Sie wende.Vielen Dank im voraus (für Ihre Erklärung) und im nach-hinein (für Ihre liebe Einladung nach Wien)IhrPeter Handke

[10; Anschrift: YGraz y]Frankfurt am Main18. November 1965

Lieber Herr Handke,jetzt bin ich wirklich einmal im eigenen Hause auf dieSchliche des Verlagsbürokratismus gekommen. Unsere Ho-norarbuchhaltung hat Ihnen am 5. Oktober wegen der Steu-erbefreiung geschrieben, Sie haben darauf auch brav geant-wortet. Ihre Unterlagen wurden dem hiesigen Finanzamteingereicht, das wegen der vorweihnachtlichen Steuertätig-keit überlastet ist und den Antrag noch nicht bearbeitet hat,und da in der Buchhaltung ein Schematismus besteht, Zah-lungen nur dann ohne Steuerabzug zu leisten, wenn dieseBescheinigung vorliegt, ist die Zahlung bisher unterblie-ben. Das tut mir sehr leid, ich entschuldige mich dafür.Ich habe folgendes veranlaßt: heute ist Ihnen die erste Rate

19Brief 8-10

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telegraphisch zugegangen, die zweite Rate, die am 31. De-zember fällig gewesen wäre, schicken wir ebenfalls jetztschon ab, freilich auf normalem Wege; ich nehme aber an,sie wird Sie innerhalb von acht Tagen erreichen. Im übri-gen wäre es gut, Sie hätten ein Konto, damit wir zukünftigÜberweisungen leichter tätigen können. Bitte entschuldi-gen Sie nochmals das Versehen, es wird nicht wieder vor-kommen. Ich habe meiner Buchhaltung auch entsprechen-de Anweisung gegeben, daß sich der Fall auch nicht beianderen Autoren wiederholt.Ich habe »Publikumsbeschimpfung« jetzt gelesen und denText auch meinen Mitarbeitern im Theaterverlag gegeben.Wir stimmen überein, es ist Ihnen da ein wirklich schö-nes Stück gelungen, das auch Aufführungschancen hat. Ichmöchte für den Verlag und Theaterverlag Suhrkamp Publi-kations- und Aufführungsrechte für das Stück erwerben.1

Wir könnten als Vorauszahlung auf die anfallenden Hono-rare einen Betrag von DM 1.200,– vereinbaren. Sind Sie da-mit einverstanden, wenn ich Ihnen einen solchen Vertragzuleite? Sind Ihre Absprachen mit dem Forum Theater de-finitiv? Wir möchten von uns aus die Theater sehr bald aufdieses Stück aufmerksam machen. Dabei spielt es natürlicheine Rolle, ob wir die Uraufführung oder eine deutscheErstaufführung vergeben können. Wenn Sie schon defini-tive Abmachungen haben, so wollen wir dann in unseremVertrag diese Aufführung ausklammern. Ich überlege mirnoch eine Form, wie man das Stück publizieren könnte.Sie deuteten an, daß die Zeitschrift »manuskripte« es brin-gen möchte. Das kann man machen, und doch hat es ei-gentlich wenig Wirkung, die Zeitschrift kommt ja doch soetwas außerhalb der Öffentlichkeit heraus. Andererseitswerden andere Zeitschriften kaum etwas abdrucken, wasin den »manuskripten« stand.2 Für eine separate Veröffent-lichung, etwa innerhalb der »edition suhrkamp«, ist der

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