Susanna Bliggenstorfer: Aufbau der Bibliotheksbereiche...

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ZEITSCHRIFT DER UNIVERSITäTSBIBLIOTHEK BERN Libernensis 1 . 2007 Susanna Bliggenstorfer: Aufbau der Bibliotheksbereiche Christian Lüthi: Bildungstempel statt Industriehallen Jörg Müller: Professionelles Informationsmanagement

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Z E I T S C H R I F T D E R U N I V E R S I T ä T S B I B L I O T H E K B E R N

Libernensis 1.2007

Susanna Bliggenstorfer: Aufbau der BibliotheksbereicheChristian Lüthi: Bildungstempel statt IndustriehallenJörg Müller: Professionelles Informationsmanagement

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Berührt vom Ort die Welt erobernThom Held472 Seiten mit 18 farbigen, 237 Duplex- Fotografien und 6 Abbildungen, 21 � 16,5 cm, Pappband, CHF 58.–ISBN 978-3-905748-03-1Erhältlich in allen Buchhandlungenoder unter www.helden.ch

Berührt vom Ortdie Welt erobern

Neunzehn Porträts, die Mut machen. Und Ant-worten geben auf Fragen wie: Was macht ChâteauRayas, Fritz Haag, Elio Altare weltweit zu Wein-Legenden und weswegen klopft die WalliserinMarie-Thérèse Chappaz an die Weltspitze an? Wasmacht den Architekten Gion A. Caminada so ein-zigartig, und warum ist Freitag auch ein Stück von

Zürich? Wie kommt es, dass Rolf Beelers Käse dem Geniessenden auf dem Gaumen zerschmilzt,und Dirk van der Niepoort mit seinen neuen Weinen die Welt verzaubert? Ein Buch, das auf-zeigt, was Wein, Essen, Architektur und Kultur von höchster Qualität miteinander verbindet: «das Terroir-Prinzip».

v. l.n. r. : Dirk van der Niepoort (Winzer), Gion A. Caminada (Architekt), Markus und Dani Freitag (Designer), Rolf Beeler (Maître-affineur),

«Ein Buch, das auf unterhaltsame Art Denkanstösse vermittelt. Beeindruckend. »Schweizer Familie

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AktuellSusanna Bliggenstorfer: Neue Bibliotheksorganisation:der Aufbau der BibliotheksbereicheChristine Felber: Die Bibliothek erhält ein neues GesichtKlaus Pietschmann: Im Zeichen des Bären

InterviewGeorg Ewald/Christine Felber: Jedem und überall ein Reclam-Band

ProjekteChristian Lüthi: Bildungstempel statt Industriehallenauf dem Von-Roll-Areal Bern

PartnerEmil Erne: Stadtarchiv Bern

WeiterbildungJörg Müller: Professionelles Informationsmanagementfür Lehrende und Forschende

Bücher und andere MedienBuch-am-Mittag-Thema: Nina v. Zimmermann:Von Backfischen und HausmütterchenAktuelle Bernensia

Eine Bibliothek der UB stellt sich vorJan Dirk Brinksma: Three Quarks for Muster Mark, Einsteinund Schläfli

Personelles

Ausstellungen und Veranstaltungen

Ansprechpersonen/ Impressum

LIBERNENSIS 1.07 Inhalt

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Titelbild: Ausstellung «Reclam. Die Kunstder Verbreitung» im Ausstellungsraum der Zentralbibliothek.

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Mit der Integration der Stadt- und Universitäts-bibliothek in die Universität Bern ist Ende Dezember2006 der erste Teil des Fusionsprojekts abgeschlos-sen worden. StUB und Bibliothekskoordination bil-den den ersten Kern der neuen Universitätsbib-liothek (UB).1 Die StUB eröffnet unter dem Namen«Zentralbibliothek» den Reigen der sechs Biblio-theksbereiche, in der Grafik 1 im Vergleich ihrer Be-stände dargestellt.Die neue Verbundzentrale übernimmt die Funktionder universitären Bibliothekskoordination, das heisst

alle mit dem Bibliothekssystem zusammenhängen-den Tätigkeiten wie Migrationen, Schulungen oderSupport für die UB sowie für alle externen Partner-bibliotheken.

Der Aufbau der BibliotheksbereicheIn der Fortsetzung der Reorganisation des wissen-schaftlichen Bibliothekswesens werden in den näch-sten zwei bis drei Jahren die rund 50 Fakultäts-,Fachbereichs- und Institutsbibliotheken fachlichgruppiert und als Bibliotheksbereiche (BB ) je einerLeitung unterstellt. Das Vorgehen wird bewusst alsBottom-up-Prozess gestaltet: Fakultät und Univer-sitätsleitung setzen für jeden Bereich eine Arbeits-gruppe und eine Projektleitung ein. Entscheidungs-träger, Benutzerschaft und Bibliotheksfachleuteerarbeiten zusammen – aufgrund einer exaktenIst-Aufnahme – Synergiepotential und Optimie-rungsmöglichkeiten, bewerten die verschiedenenVarianten und legen Fakultät, Zentraler Bibliotheks-kommission sowie der Universitätsleitung Vorschlä-ge für die Umsetzung vor. Aufgrund dieser erstenEntscheidungsrunde werden anschliessend die Leis-tungsvereinbarungen zwischen den Fakultäten undder UB ausgearbeitet, ein Umsetzungsplan festge-legt und die BB-Leitung gewählt.

Die Ist-Aufnahme soll Auskunft über Organisation,Personal, Finanzen und Abläufe in jeder Teilbiblio-thek geben. Es interessiert zum Beispiel, wie vielLiteraturkredit und Sachmittel einer Bibliothek zurVerfügung stehen, ob sie als eigenständige EinheitRechnung ablegt oder im Budget einer übergeord-neten Einheit enthalten ist. Die Grafik 2 zeigt die

In den nächsten zwei bis drei Jahren werden die rund 50 Fakultäts-, Fachbereichs- und Instituts-bibliotheken fachlich gruppiert und zu Bibliotheksbereichen zusammengefasst.

Neue Bibliotheksorganisation:der Aufbau der Bibliotheksbereiche

Susanna Bliggenstorfer ist Direktorin der Universitätsbibliothek Bern

Aktuell

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Zur Förderung des Wissenstransfers unterden einzelnen Bibliotheken sind für alle Geschäfts-bereiche Fachstellen eingerichtet, die für dieuniversitätsweite Koordination einzelner Abläufezuständig sind.

Bibliotheksbereich Naturw. 7%

Bibliotheksbereich Rechts- und Wirtschaftsw. 7%

Bibliotheksbereich Human- und Sozialw. 5%

Bibliotheksbereich Theologie/Geistesw. 24%

Bibliotheksbereich Medizin 5%

Zentralbibliothek 52%

Grafik 1Bücherbestand (Anzahl Bände)

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Vollzeitäquivalente der Bibliotheksstellen. Oft arbei-ten aber auch andere Personen teilweise für die Bib-liothek. Weitere zu erhebende Kennzahlen betreffenden Medienbestand der Bibliothek mit Angabe da-rüber, wie viel bereits im gemeinsamen Verbundkata-log online abrufbar ist, die Anzahl Benutzer, Arbeits-plätze und Computer für Publikum und Personal, dieKopiermöglichkeiten für die Benutzer und die Öff-nungszeiten.

Synergien und OptimierungenSynergien entstehen zum Teil durch organisato-rische, zum Teil durch räumliche Zusammenlegung.In der jetzt abgeschlossenen Phase der Integrationder StUB und Fusion mit der Bibliothekskoordinationwerden zum Beispiel die Arbeiten der altershalberzurücktretenden Leiterin der universitären Biblio-thekskoordination auf die Leitungen von UB, Ver-bundzentrale und E-Library verteilt. In der Über-bauung des Von-Roll-Areals wird bis 2013 eine neueFachbereichsbibliothek für Human- und Sozialwis-senschaften entstehen, die die heutigen Teilbiblio-theken für Psychologie, Erziehungs- und Sozialwis-senschaften sowie jene der Pädagogischen Hoch-schule vereinigen wird.Bisher in der StUB und an der Universität laufendeArbeiten für die Rekatalogisierung alter Bestände,für die Betreuung externer Partnerbibliotheken oderfür die Schulung des Personals werden zukünftig aneiner Stelle geplant und koordiniert. Das Wissen fürdie Aushandlung stets komplexer werdender Lizenz-verträge für elektronische Medien wird mit Vorteil aneiner Stelle gebündelt und dem gesamten Campuszur Verfügung gestellt.Fakultäten und Institute profitieren in der neuen Or-ganisation direkt von der koordinierten Verarbeitungvon Berufungskrediten und punktuellen Personal-einsätzen bei Ferienablösungen, Krankheit oder Mu-tationen. Die neue Organisation wird Lieferbedin-gungen neu aushandeln und Dienstleistungen zumBeispiel bei Stellenbesetzungen oder der Verwaltungvon Medienkrediten anbieten können.Zur Förderung des Wissenstransfers unter den einzel-nen Bibliotheken sind für alle GeschäftsbereicheFachstellen eingerichtet, die für die universitätsweiteKoordination einzelner Abläufe und besonders fürdie Entwicklung im Bibliothekswesen zuständig sind.Fachstellen bestehen für die Bereiche E-Library und

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Bibliotheksbereich Naturw. 8%

Bibliotheksbereich Rechts- und Wirtschaftsw. 9%

Bibliotheksbereich Human- und Sozialw. 6%

Bibliotheksbereich Theologie/Geistesw. 16%

Bibliotheksbereich Medizin 10%

Zentralbibliothek 51%

Bibliotheksbereich Naturw. 20%

Bibliotheksbereich Rechts- und Wirtschaftsw. 10%

Bibliotheksbereich Human- und Sozialw. 6%

Bibliotheksbereich Theologie/Geistesw. 17%

Bibliotheksbereich Medizin 13%

Zentralbibliothek 34%

Grafik 2Personalstellen (Vollzeitäquivalent)

Grafik 3Literaturkosten 2006 in Franken(alle Medienarten)

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Erwerbung, Formalkatalogisierung, Fachreferat undSacherschliessung, Benutzung sowie Konservierung.Synergien und Optimierungen im Sinne von Kraftzur gemeinsamen Erfüllung von Aufgaben sowie vonoptimaler Festlegung von Grössen und Abläufen sindzwei Begriffe, die auf das Bestehende zielen. Sie zei-gen auf, mit welchen Verbesserungen der Arbeitsab-läufe bei gleichbleibenden Ressourcen die bisherigeLeistung aufrechterhalten werden kann.

Neue DienstleistungenDas in der UB vereinigte bibliothekarische Fach-wissen soll aber auch zu Neuerungen einladen. Es istdie Aufgabe der Bibliothek, ihre Träger und Benutzerauf neue Entwicklungen aufmerksam zu machen,

ihnen neue Dienstleistungen anzubieten. Inwieweitdie Fakultäten diese Angebote annehmen möchtenund können, wird sich weisen. Zurzeit wird an derPhilosophisch-historischen Fakultät ein Pilotversuchmit elektronischen Semesterapparaten durchge-führt. Zeitschriftenartikel, Buchkapitel, Dokumentealler Art werden den Studierenden eines Seminarselektronisch und passwortgeschützt zur Verfügunggestellt. Die Dozierenden können ihre Liste demFachreferenten der Zentralbibliothek einreichen, dersich um alles Weitere wie recherchieren, digitali-sieren, aufschalten auf die Plattform kümmert. DieStudierenden haben zeit- und ortsunabhängig ihreFachliteratur online zur Verfügung.Ein zur Zeit auch auf nationaler Ebene aufmerksamverfolgter Bereich ist die Förderung der Informations-kompetenz (vgl. den Beitrag von Jörg Müller, S. 18f.).Eine Vielzahl von Datenbanken und Suchmaschinenfordern heute Studierende und Forschende heraus,ihre Recherchen sehr gezielt zu formulieren, umnicht Tausende von Treffern bearbeiten und bewer-ten zu müssen, ein Handwerk, das man ohne regel-mässige Übung schnell wieder vergisst. Deshalb sindSchulungen auf unterschiedlichen Ebenen der Vor-kenntnisse unabdingbar: allgemeine Einführungen,zum Beispiel auch mit elektronischen Selbstlernkur-sen, fachspezifische Schulungen im Grundstudium

oder in Seminarien. Aufwändig und deshalb sehrteuer, aber heute schon im Angebot, ist auch die Be-arbeitung von Einzel-Rechercheaufträgen.Mit der Einführung der neuen Bachelor- und Master-studiengänge wächst die Anzahl Prüfungen an denUniversitäten stark an, weil die Kreditpunkte jedesSemester in jeder einzelnen Lehrveranstaltung durchLeistungsausweise erworben werden. Damit steigt –heute bereits deutlich spürbar – der Bedarf an Stu-dienarbeitsplätzen, zum Beispiel in den Bibliotheken.Ebenso entsprechen längere Öffnungszeiten einemgrossen Bedürfnis, was die langen Warteschlangensonntags an der Münstergasse 61 deutlich zum Aus-druck bringen. Aber nicht bloss zu Prüfungszeiten,sondern generell sollten die Bibliotheken dann offenstehen, wenn ihre Benutzer, frei von anderen Ver-pflichtungen, Zeit hätten, sie zu benutzen: amAbend und am Wochenende. Die sehr personalin-tensive Dienstleistung wird zurzeit erst in der Zentral-bibliothek angeboten.

Umsetzung der Bibliotheksbereiche mittelsLeistungsvereinbarungenDie Leistungsvereinbarung zwischen Fakultät undUniversitätsbibliothek transponiert schliesslich denSynergiebericht der Arbeitsgruppe in ein Vertrags-werk, das beiden Seiten über eine bestimmte Ver-tragsdauer Planungssicherheit gewährt.In ein paar Jahren werden sechs Bibliotheksbereichemit so viel Zentralisierung wie nötig und so vielEigenständigkeit wie möglich, in Kooperation undgesunder Konkurrenz, der Universitätsbibliothek jeihr eigenes Gesicht verleihen. Die Universitätsbiblio-thek ihrerseits wird mehr sein als die Summe ihrerTeile.Kontakt: [email protected],Telefon 031 631 92 01

1 Vgl. die Artikel von Susanna Bliggenstorfer in Libernensis1’2006 und von Claudia Engler in Libernensis 2’2006.

Aktuell

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Das in der UB vereinigte bibliothekarische Fachwissensoll zu Neuerungen einladen. Es ist die Aufgabe derBibliothek, ihre Träger und Benutzer auf neue Entwick-lungen aufmerksam zu machen.

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Die organisatorischen Neuerungen, die zur Universi-tätsbibliothek Bern (UB) innerhalb der Universitätgeführt haben, finden auch im Erscheinungsbild derBibliothek ihren Niederschlag. Als neue Einheit derZentralverwaltung wurde ab 2007 für die Univer-sitätsbibliothek das offizielle Corporate Design (CD)der Universität Bern verbindlich. Korrespondenz-und Drucksachen, Werbeträger, das Webdesignund auch das Leitsystem mussten geändert und dengestalterischen Vorgaben der Universität angepasstwerden. Als Grundlage für die Gestaltung dientedas CD Mini-Manual und weitere Gestaltungsricht-linien der Universität.Für die Bibliothek bedeutete dies, dass sie ihr StUB-Logo mit dem ausgedrehten entliehenen Buch und

weitere Komponenten ihres CDs, wie den Schrifttypund die Farbe Blau, aufgeben beziehungsweise um-wandeln musste.Die neuen Drucksachen der UniversitätsbibliothekBern tragen nun das Logo der Universität Bern, das«u hoch b» und unter dem Strich die Auflösung«Universität Bern». In den Korrespondenzsachensteht darunter die Organisationseinheit «Univer-sitätsbibliothek Bern» und manchmal die Unterein-heit, z. B. Zentralbibliothek; an dieser Stelle werdenkünftig auch die fünf weiteren Bibliothekbereichevermerkt sein. Bei den Drucksachen sind der weisseLeerraum, in dem das Logo steht, und die Bildflächegenau definiert. Als Schrift kommt die Frutiger zurAnwendung, und bezüglich der Farben steht eineausgewählte Palette zur Verfügung. Die UB setztdaraus bestimmte Farben für ihre verschiedenenGefässe ein, die sie von der Form her weitgehend

beibehalten hat. In Blau (50%-Ton) erscheinen dieInformationsbroschüren, der Jahresbericht und dieZeitschrift Libernensis; blau sind auch die Hinweis-zettel, die auf Informationen zum Bibliotheksbe-trieb aufmerksam machen. Die Hinweiszettel zu denAusstellungen und Veranstaltungen sind gelb, zuden Führungen und Schulungen grün und zur Vor-tragsreihe «Buch am Mittag» orange. Die Kalender-Broschüre trägt einen 50%igen Orange-Ton.Zu Beginn dieses Jahres wurde auch die Webkom-munikation der Bibliothek ins Content Mana-gement System (CMS) der Universität überführt,womit die Bibliothek im Corporate Webdesign derUniversität erscheint. Eine nützliche Folge davon ist,dass künftig sämtliche universitären Bibliotheken ineiner einheitlichen Art präsentiert werden.Die wohl grösste Veränderung hat das Leitsystem inder Zentralbibliothek an der Münstergasse erfahren.Die Namens- und Gestaltungsänderung bot Ge-legenheit, sich vom alten Leitsystem, das seit 15 Jah-ren Bestand hatte, zu verabschieden. Die Bibliothekentschied sich für eine Reduktion der Anschriftenauf leicht wirkenden mattierten Glasträgern,welche die architektonischen Strukturen des schö-nen alten Gebäudes wieder stärker zur Geltungbringen.Die gesamte gestalterische Erneuerung bedeutet –obwohl durch äussere Umstände gefordert – einengrossen Gewinn. Die Mitarbeitenden der Univer-sitätsbibliothek freuen sich sehr sowohl über dieneuen, frischen Drucksachen als auch über die ge-diegene Atmosphäre in der Zentralbibliothek.Kontakt: [email protected], Telefon 0 31 631 92 56

Die Universitätsbibliothek erscheint ab 2007im Corporate Design der Universität Bern

Die Bibliothek erhältein neues Gesicht

Christine Felber ist Leiterin der Öffentlichkeits-arbeit der Universitätsbibliothek Bern

Projekt

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Als neue Einheit der Zentralverwaltung wurde ab2007 für die Universitätsbibliothek Bern das offizielleCorporate Design der Universität Bern verbindlich.

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Ob mit Dudelsack, Glocken oder Pfeifen – der Ber-ner Bär der Renaissance war ausgesprochen musi-kalisch. In dem Musiktraktat «Ein tütsche Musica»von 1491 begegnet er uns gleich in der ersten Ini-tiale (Abb. S. 9), und auch in den vorreformatori-schen Chorbüchern oder im Chorgestühl des Müns-ters tummeln sich die musizierenden BernerWappentiere. So drollig diese Kameraden auf denheutigen Betrachter aber auch wirken mögen, dieKontexte, in denen sie uns begegnen, schliesseneinen humorig augenzwinkernden Hintergrundweitgehend aus. Die Botschaft, die vermittelt wer-den soll, ist ausgesprochen seriös: Hier wird einhohes Mass an Musikalität für die Stadt Bern insge-samt reklamiert. Heute würde man sagen: Bern de-finierte sich als Musikstadt.Tatsächlich gingen diese Darstellungen mit einembemerkenswerten Engagement der Stadtherreneinher, das auf den Ausbau einer der wichtigstenInstitutionen im Musikleben der Stadt, des Chor-herrenstifts am Münster, zielte. Im Jahre 1485wurde das Chorherrenstift am Münster gegründet,dem von Anfang an auch eine Sängerschule ange-gliedert war. Den dafür zuständigen Stiftskantorhatte der Berner Rat kurz zuvor eingestellt. Raschwurde ein beachtliches Niveau erreicht, wovonnicht zuletzt die Tätigkeit von Komponisten wie Bar-

tholomäus Frank, Johannes Wannenmacher undCosmas Alder zeugt, die nach Ludwig Senfl zu denrenommiertesten eidgenössischen Komponistendieser Zeit gehören. Alder hatte zudem ebenso wieder bedeutende Humanist und MusiktheoretikerHeinrich Glarean einen Teil seiner Ausbildung inBern genossen. Bedauerlicherweise nicht erhaltenhat sich der Text zu einer Lobmotette mit der Über-schrift «Musicorum Bernensium Catalogus et eo-rumdem encomium», jedoch zeigt allein ihre Exis-tenz, dass sich ein solcher «Katalog» von Berner

Musikern überhaupt aufstellen liess – die Investitio-nen in die Kantorei des Vinzenzstifts hatten sichalso ausgezahlt. Zwar bedeutete die Reformationauch für Bern Bildersturm und Zerstörung vielerkirchlicher Schätze, jedoch haben sich durch unge-wöhnliche Umstände vergleichsweise viele Quellenerhalten, die über musikalische Standards undUsancen am Vinzenzstift informieren. So etwa diewertvollen Choralhandschriften des Stifts, die 1528in das katholisch gebliebene Estavayer-le-Lac ver-kauft wurden und sich dort noch heute befinden.Noch erstaunlicher ist die Überlieferung des mehr-stimmigen Hymnenzyklus von Cosmas Alder, der fürdie feierlichen Vespern im Münster entstanden seinmuss. Solches Repertoire hatte besonders schlechteChancen, die Reformationswirren zu überdauern,da es von einem Tag auf den nächsten seine Funk-tion verlor und zumeist nicht in so wertvollen Hand-schriften notiert war wie der Gregorianische Choral.Alders Kompositionen jedoch erschienen im Jahre1553 bei dem Berner Drucker Mathias Apiarius invier Stimmbüchern, offensichtlich als Hommagean den kurz zuvor verstorbenen Komponisten(Abb. S. 8). Damit ist Bern diejenige reformierte

Studierende am Berner Institut für Musikwissenschaft konzipieren eine Ausstellung in derZentralbibliothek über die Musik in Bern zwischen Spätmittelalter und Reformation.

Im Zeichen des BärenKlaus Pietschmann ist Assistenzprofessor für Musikwissenschaft an der Universität Bern

Aktuell

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Bern ist diejenige reformierte Schweizer Stadt,deren Kirchenmusik am Vorabend der Reformationam besten dokumentiert ist.

Cosmas Alder,Hymni sacri,Bern: M. Apiarius1553 (Österrei-chische National-bibliothekWien/Staats-archiv des Kantons Bern).

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Schweizer Stadt, deren Kirchenmusik am Vorabendder Reformation am besten dokumentiert ist.Nachfolgend kam es zu ähnlich weitreichenden Ein-schnitten wie andernorts. Aufwendige Kirchenmusikwurde nicht mehr als frömmigkeitsfördernde Einrich-tung im Gottesdienst begriffen, sondern galt alsAblenkung von Gottes Wort und blieb über einigeJahrzehnte hinweg ausschliesslich der privaten Praxisvorbehalten. Zu einer zögernden Rückkehr kam eserst ab 1558. Neben den Eleven der Münsterschulewaren es insbesondere die Stadtpfeifer, die die nach1528 abgebrochene Orgel ersetzten und dem Got-tesdienst von Neuem musikalischen Glanz verliehen.Eine von Gabriel Hermann prächtig ausgestatteteHandschrift mit Psalmvertonungen aus dem Jahre1603 zeugt schliesslich von dem wiedererlangtenStellenwert des Gesangs im reformierten Gottes-dienst.Die Stadtpfeifer blickten zu diesem Zeitpunkt bereitsauf eine lange Tradition zurück. Für städtische Reprä-sentationsanlässe kam ihnen eine zentrale Rolle zu,die durch die Reformation nicht tangiert wurde. Dieaussergewöhnliche öffentliche Anerkennung, diedarüber hinaus das Spielmannswesen insgesamt inBern genoss, lässt sich noch heute an dem um 1545entstandenen Dudelsackpfeiferbrunnen in der Spi-

talgasse ablesen. Das Repertoire solcher Ensemblesist für diese frühe Zeit in der Regel nicht überliefert,jedoch sind wiederum dank des Druckers Apiariuseinige Kompositionen bekannt, die in Bern erklan-gen: Im selben Jahr wie Alders Hymnen veröffent-lichte er eine Reihe von Bicinien von JohannesWannenmacher und widmete sie den Berner Stadt-pfeifern.

So erweisen sich die musizierenden Bären als dieZeugen einer reichen Musikkultur, die in hohemMasse auf das Engagement der öffentlichen Handzurückging. Die Motive der Verantwortlichen warenvielfältig und dürften sich von heutigen Zielsetzun-gen der Kulturpolitik in mancher Hinsicht nicht sostark unterschieden haben: Neben dem Gemein-wohl spielte die Konkurrenz zu den anderen Zentrender Eidgenossenschaft sicherlich eine große Rolle –insbesondere Fribourg trat ausdrücklich in den Wett-bewerb ein und gründete an der St. Nikolauskirchenur zehn Jahre nach der Einrichtung des BernerSt. Vinzenzstifts eine in jeder Hinsicht vergleichbareInstitution mit angegliederter Sängerschule. Darüberhinaus dürfte jedoch ein weiterer Gedanke wesent-lich gewesen sein: die weit verbreitete Vorstellungnämlich, dass eine hochstehende Musikkultur ein in-taktes, harmonisches Staatswesen versinnbildlichtund es ebenso abbildet wie auch bedingt. So fernuns ein solches Denken heute liegen mag – eineumso grössere Aktualität würde es verdienen.Kontakt: [email protected],Telefon 031 631 83 93

Ausstellung: Musik in Bern zwischen Spätmittelalterund ReformationKonzept: Prof. Dr. Klaus Pietschmann und Studierendedes Instituts für Musikwissenschaft der Universität BernGestaltung: Bernet & Schönenberger, ZürichOrt: Ausstellungsraum der ZB, Münstergasse 61–63, 3000 Bern 8Dauer: 29. Juni bis 14. Oktober 2007Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8 bis 19 Uhr, Sa 8 bis 12 UhrWeitere Informationen unter www.unibe.ch/Veranstaltungen/Ausstellungen

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Die musizierenden Bären erweisen sich als dieZeugen einer reichen Musikkultur, die in hohemMasse auf das Engagement der öffentlichenHand zurückging.

BartholomäusFrank (?), Eintütsche Musica,1491 (Burger-bibliothek Bern).

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Schmalbrüstig nimmt es sich aus, das Reclam Auto-maten-Büchlein aus der Inflationszeit der 1920er-Jahre (Abb. S. 10). Von seiner ursprünglichen Sub-stanz, einem vollständigen Text aus Reclams Uni-versal-Bibliothek, ist nicht mehr viel geblieben. Ineinem Vorspann erklärt der Verlag, dass bei derkriegsbedingten Geldentwertung der Verkauf überden auf 20 Pfennig eingerichteten Apparat imGrunde unmöglich sei, dass er es aber dennochnicht aufgeben will, mit den Bücherautomatenderen ursprüngliche Idee zu verfolgen: «die Ver-breitung guter Literatur zum geringsten Preise inder bequemst zugänglichen Form» – wenn auchnur mit einer «Kostprobe» und im Anhang einem«Verzeichnis wertvoller Bücher».Der Bücherautomat, der ab 1912 auf Bahnhöfen, inHotels, auf Schiffen, in Wartehallen und in Kranken-häusern aufgestellt war, ist nur eine von vielen ori-ginellen Vertriebsideen des Reclam Verlags. Die Aus-stellung «Reclam. Die Kunst der Verbreitung», diederzeit in der Zentralbibliothek zu sehen ist, zeigtneben einer Vielfalt von Reclam-Büchern noch an-dere Vertriebsmittel, mit welchen der Verlag die

Literaturversorgung breiter Bevölkerungskreise –selbst unter widrigsten Umständen – sicherstellenwollte. Besonders eindrücklich ist auch die «Trag-bare Feldbücherei» aus dem Ersten Weltkrieg, die,gefüllt mit hundert Bändchen der Universal-Biblio-thek, den Truppenangehörigen in den Schützengrä-ben geistige Nahrung bieten sollte. Eine Werbungempfiehlt die Feldbücherei zum Spenden.Ein weiteres schönes Beispiel für die geschickte Ver-marktung des Reclam Verlags sind die Fortsetzungs-romane, die der Familienzeitschrift «Reclams Uni-versum» (1896–1944) beigelegt wurden. Der Ver-lag rechnete mit der Neugier der Leser auf den Fort-gang der Geschichte und deshalb mit dem Kauf dernächsten Ausgabe. Nach der letzten Teillieferungbot der Verlag eine reich verzierte Einbanddecke an,in welche die einzelnen Hefte gebunden werdenkonnten (Abb. S. 12).Auch für das Problem der Unterbringung der klei-nen Bändchen im Bücherregal hatte der Verlag eineLösung. 1905 entwickelte er einen Sammelkasten,der die durchschnittliche Höhe eines Buches hatteund in den die Reclambändchen in grosser Zahl liegend aufeinander geschichtet werden konnten,eine ästhetische wie platzsparende Lösung.Zusammengetragen hat diese Reclam-Verlagser-zeugnisse während zwanzig Jahren der FrankfurterAntiquar Georg Ewald. Nachdem sich der Sammlerzunächst auf das Finden von Erstauflagen verlegthatte, gerieten immer mehr die gelesenen, benutz-ten und bemalten Bände der Universal-Bibliothekins Blickfeld seines Interesses. Besonders faszinier-ten den Sammler die Vertriebs- und Werbemittel,mit welchen der Verlag den Absatz seiner Produkteförderte. Durch dieses breit gefasste Sammelinteres-se macht die Ausstellung nicht bei der Präsentationdes Verlagsprogramms Halt, sondern bezieht nochweitere wichtige Verlagsfunktionen, wie den Ver-trieb, die Werbung, aber auch die Rezeption, mitein.

Die Sammlung Georg Ewald, die derzeit in der Zentralbibliothek ausgestellt ist, birgt Trouvaillen aus der Reclam-Verlagsproduktion, darunter originelle Vertriebsmittel.

Jedem und überall ein Reclam-Band

Georg Ewald, Antiquar und Sammler in Frankfurt am Main, befragt von Christine Felber, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit der Universitätsbibliothek Bern

Interview

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Automaten-Büchlein aus derInflationszeit,das nur noch eine«Kostprobe» des ursprüng-lichen Textes ausReclams Uni-versal-Bibliothekenthält.

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Herr Ewald, seit über 20 Jahren sammeln SieBücher, Prospekte, Vertriebsmittel und ande-re Erzeugnisse des Reclam Verlags. Was gabden Anstoss zu dieser Sammeltätigkeit?

Wie so oft spielte der Zufall eine entscheidendeRolle. Bis 1986 betrieb ich mein Antiquariat in derFrankfurter Innenstadt, jedoch im 2. Stock einer Lie-genschaft. Eine Vitrine in der U-Bahn-Ebene dientemir als Ersatz-Schaufenster. Dieses pflegte ich immerals Themenfenster zu gestalten. So kam mir im Vor-feld der Frankfurter Buchmesse der Gedanke, einmaldie Geschichte eines Verlags zu dokumentieren. An-fangs dachte ich an Bände aus dem Rowohlt-Verlag.Mangels ausreichendem Bestand gab ich dieses Pro-jekt auf und entdeckte die Reclam-Bände. Sehrschnell wurde mir klar, dass weder meine Beständenoch mein Wissen ausreichten, solch eine Auslage zupräsentieren. Also fragte ich beim Verlag um Unter-stützung nach, die mir Dr. Dietrich Bode, der damali-ge Verlagsleiter, sehr grosszügig gewährte. Dadurchwurde meine Neugier geweckt. Das war der Beginnmeines Sammlerinteresses.

Der Name Reclam ist zum Begriff gewordenfür das gute, billige Buch. Es sind Massen-produkte von literarischem, nicht aber mate-riellem Wert. Was interessiert Sie an denReclam-Produkten?

Anfangs dachte ich, es sei leicht, alle jemals von Re-clam publizierten Bände zu finden und, nach intensi-vem Sammeln, die kühne Aufgabe anzugehen, dienoch immer fehlende Bibliographie der Universal-Bi-bliothek von 1867 bis 1945 zu erstellen. Vernetzt mitweiteren Reclam-Sammelbeständen und dem Ver-lagsarchiv hätte man wohl gut 90% der Universal-Bi-bliothek per Autopsie nachweisen können. Das

scheiterte jedoch aus ökonomischen Gründen. ImLaufe der Jahre verschob sich mein Interesse mehr zuden gebrauchten, benutzten Bänden, solchen mitGebrauchsspuren von Schülern, Lehrern, Regisseu-ren und Schauspielern.

Überlassen Sie das Sammeln eher demZufall oder gehen Sie systematisch vor?

In den ersten Jahren suchte ich systematisch über dieBeilage «Angebotene und gesuchte Bücher» des«Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel». Da-durch entstanden viele Kontakte – keiner wollte dieReclam-Bände. Mittlerweile, nach einem gewissenSättigungsgrad, suche ich nicht mehr so intensiv, damir nach nunmehr 20 Jahren und den zwei schönenAusstellungen im Klingspor Museum in Offenbachund in der Universitätsbibliothek Bern regelmässigAngebote gemacht werden.

Jeder Sammler träumt von erreichbarenund unerreichbaren Stücken? Gibt es Stücke,die noch auf Ihrer Wunschliste stehen?

Natürlich die Nr. 1 der Universal-Bibliothek in ersterAuflage. Ich habe es, zwar sehr zeitnah, nur zur vier-ten Auflage gebracht.

Jedes Buch hat seine Geschichte und erreichtfür den, der es erwirbt, eine gewisse Bedeu-tung. Gibt es unter Ihren Reclam-Bändensolche, die eine besondere Geschichte odereinen interessanten Vorbesitzer haben?

Natürlich haben so manche der Bände eine eigene«Erwerbergeschichte». Es gibt zahlreiche Bändchenaus besonderem Vorbesitz, gekennzeichnet durchein Ex Libris oder eine persönliche Widmung. So wid-met Carl Schmitt sein Reclam-Original «Land und

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Der Sammler undAntiquar GeorgEwald vor demReclam-Bücher-schrank, der ge-füllt ist mit Bänd-chen von ReclamsUniversal-Biblio-thek.

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Meer» Hans Hennecke oder Robert Gernhardt ver-ziert «seinen» Reclam-Band mit einer Zeichnung.

Sie sind Antiquar, bedienen Sammler undsind selbst Sammler. Liegt es auf der Hand,dass man als Antiquar zum Sammler wird?

Nein, das ist eher die Ausnahme. Wenn ein Antiquarsammelt, ist er «schwach», das Geschäft machendann die anderen.

In Fachkreisen sind Sie als Reclam-Antiquarbekannt. Haben Sie dadurch auch andereReclam-Sammler angezogen?

Der Kreis der Reclam-Sammler ist sehr klein. Angezo-gen habe ich aber sehr viele Interessenten, die etwasaus Reclams Buchproduktion suchten. Diese Kundenwenden sich immer wieder an mich.

Wie verlaufen solche Begegnungen?Verbindet dasselbe Sammelgebiet oderversucht man sich eher abzugrenzen?

Ich habe nur zu zwei Reclam-Sammlern intensivenKontakt, der sehr angenehm ist. Wir müssen unsnicht voneinander abgrenzen, wir versuchen einan-der zu ergänzen.

Kamen dabei interessante Tauschgeschäftezustande?

Zu einem Schweizer Sammler habe ich intensivenKontakt. Dabei war ich meist derjenige, der dessenDoubletten geschenkt bekam. Insgesamt haben wireinen sehr bereichernden Austausch.

Sammeln wird psychologisch immer wiederals kompensatorische Handlung fürirgendwelche Verluste im Leben gedeutet.Was halten Sie von dieser Deutung?

Das mag sein. Für mich persönlich kann ich nichtsagen, was ich mit dem Sammeln kompensierthaben könnte. Seit Freud weiss man allerdings, dassdas Sammeln eher eine Sache des männlichen Ge-schlechts ist. Da gehöre ich wohl auch dazu.

Eine Sammlung bleibt meist wie ein Schatzim Verborgenen und wird vom Sammler nurzu besonderen Gelegenheiten vorgeführt.Mit der Ausstellung bringen Sie zum Aus-druck, dass Sie Ihre Sammlung gerne einemgrösseren Kreis zeigen. Was möchten Siedabei vermitteln?

Meine Sammlung schlummerte tatsächlich im Ver-borgenen. Selbst enge Freunde wussten nichts vondieser versteckten Leidenschaft. Bei den Ausstellun-gen geht es mir vor allem um die Sache. Hier solletwas im Zusammenhang gezeigt werden, was alsEinzelstück nicht wahrnehmbar ist: die enorme ver-legerische Leistung. Zu zeigen sind die Vielfalt undder Ideenreichtum, was vielen nicht bewusst ist.Meist ist Reclam verbunden mit Schullektüre und derPflicht, die Klassiker zu lesen, dabei ist dies nur ein,wenn auch wichtiger Aspekt. Darüber hinaus gibt esviel zu entdecken, sowohl in der frühen als auchgegenwärtigen Produktion.Kontakt: [email protected], Telefon 0049 69 28 74 [email protected], Telefon 031 631 92 56

Ausstellung: Reclam. Die Kunst der Verbreitung – SammlungGeorg EwaldOrt: Ausstellungsraum der ZB, Münstergasse 61–63, 3000 Bern 8Dauer: 16. März bis 16. Juni 2007Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8 bis 19 Uhr, Sa 8 bis 12 Uhr

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Um den Absatz derZeitschrift «ReclamsUniversum» zu för-dern, legte der Ver-lag der Zeitschriftjeweils einen Fort-setzungsroman bei.Nach der letzten Teil-lieferung konnteman den ganzenRoman beim Verlagbinden lassen.

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Im Januar 2007 stimmte der Grosse Rat des KantonsBern dem Baukredit für die Überbauung des Von-Roll-Areals zu. Damit setzt der Kanton eine Serievon Umnutzungen alter Industrieareale in der StadtBern für Bildungseinrichtungen fort. BestehendeBeispiele sind das Unitobler-Areal und die Umnut-zung einer Fabrikhalle für die Hochschule der Küns-te beim Bahnhof Bümpliz-Nord.Auf einem Teil des früheren Industrieareals soll inden nächsten Jahren ein Campus für die Universitätund die Pädagogische Hochschule entstehen. 1894bis 1997 produzierte die Firma von Roll hier Maschi-nen und Zubehör für Eisenbahnen und Seilbahnen.Davon zeugen riesige Hallen, die zurzeit leer stehen.Im Jahr 2000 kaufte der Kanton einen Teil des Ge-ländes, um darauf Räume für die Universität unter-zubringen. 2004 führte er einen Architekturwett-bewerb durch, den Giuliani Hönger Architekten ausZürich gewannen. Seit 2004 planen verschiedene

Gruppen gemeinsam mit den Architekten die Über-bauung der östlichen Hälfte des Areals. Rund 4000Studierende und 700 Beschäftigte werden etwa ab2012 in diesem neuen Zentrum am Rand des Läng-gassquartiers ein- und ausgehen.Die Pläne sehen vor, die ehemalige Weichenbauhal-le, ein denkmalgeschützter Industriebau von 1914,zum Hörsaalzentrum umzubauen. Die Hülle der

Halle bleibt in der ursprünglichen Form erhalten,die Hörsäle werden in einem sanften Umbau darineingerichtet. Der zweite Teil des Projektes ist einNeubau, der an die Stelle der riesigen Maschinen-bauhalle zu stehen kommt. In diesem Gebäude wirdauch die Universitätsbibliothek grosse Räume bezie-

Die Universitätsbibliothek richtet am Rand des Länggassquartiers eine neue Bibliothekein und erhält dazu ein grosses Büchermagazin.

Bildungstempel statt Industriehallenauf dem Von-Roll-Areal Bern

Christian Lüthi ist Leiter Abteilung Ressourcen der Universitätsbibliothek Bern

Projekte

Libernensis 1.2007 13

Rund 4000 Studierende und 700 Beschäftigte werdenab 2012 im neuen Campus der Universität am Randdes Länggassquartiers ein- und ausgehen.

Blick in die leereMontagehalle imNovember 2006.In dieser riesigenIndustriehalleproduzierte dieFirma von Roll1904 bis 1997Bahnanlagen.2008 wird diesesGebäude abge-rissen.

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hen: Im zweiten Untergeschoss entsteht eine Fach-bereichsbibliothek für die Sozialwissenschaften unddie philosophisch-humanwissenschaftliche Fakultät(Psychologie, Erziehungswissenschaften) der Univer-sität sowie die Pädagogische Hochschule. Das Perso-nal der heute bestehenden Bibliotheken dieser Fä-cher wird für diese Bibliothek verantwortlich sein.Der Bibliotheksraum hat eine Grundfläche von76 x 36 Metern und wird durch drei Lichthöfe vonoben belichtet. In den Bereichen, die keine Tages-

lichtbeleuchtung erhalten, werden vor allem dieBücher stehen. Die Bibliothek hat eine Kapazitätvon 200 000 Bänden, die frei zugänglich aufgestelltsind. In den Lichthofzonen befinden sich 350 Lese-plätze für die Studierenden. Entlang der südlichenund nördlichen Seitenwand sind 15 Gruppenarbeits-räume mit weiteren 150 Arbeitsplätzen aufgereiht.Die Bibliothek hat innerhalb dieses Gebäudes eineähnliche Lage wie die Basisbibliothek im Unitobler-Gebäude. Im Unterschied zu diesem wird es im Von-Roll-Neubau neben der Fachbereichsbibliothek keineInstitutsbibliotheken geben. Die Arbeitsplätze desBibliothekspersonals befinden sich beim Ausleih-schalter und im ersten Untergeschoss in einer Büro-zone oberhalb der Ausleihe.

Eine Speicherbibliothek für die ganzeUniversitätZur Universitätsbibliothek im Von-Roll-Areal gehörtauch ein riesiges Büchermagazin im dritten Unter-geschoss, wo 78 Kilometer Regale stehen werden fürden Magazinbestand der Zentralbibliothek, derheute an der Münstergasse und an der Hallerstrasseuntergebracht ist, sowie für ältere Bestände der Insti-tuts- und Fachbereichsbibliotheken der Universität.Nur die ältesten Buchbestände und die Freihand-bibliothek werden in der Zentralbibliothek an derMünstergasse bleiben. Neben diesem Speicherraumgibt es Lagerräume, die bereits heute als Erweiter-ungsflächen für das Büchermagazin eingeplant sind.Darin lassen sich weitere 30 Kilometer Bücherregaleaufstellen. Der Reserveraum soll den Medienzuwachsder Universitätsbibliothek bis 2040 aufnehmen kön-nen. Mit diesem Neubau lassen sich die akuten Platz-probleme der Universitätsbibliothek beheben.Ein Kurierdienst wird neu zweimal statt bloss einmaltäglich die wichtigsten Standorte der universitärenBibliotheken bedienen. Dieser Service entschärft dieneue Situation, dass ein grosser Teil der Buchbe-stände der Zentralbibliothek nicht mehr im Stadt-zentrum, sondern am Rand der Länggasse unter-gebracht sein wird. Bis zum Bezug dieses Bücherma-gazins werden sämtliche Bestände der universitärenBibliotheken im Online-Katalog IDS Basel/Bern ver-zeichnet sein. Bei der Recherche ist damit ersichtlich,wo sich ein Buch befindet und ob es ausgeliehen ist.

Projekte

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Der Reserveraum soll den Medienzuwachs bis 2040aufnehmen können, womit sich die akuten Platz-probleme der Universitätsbibliothek beheben lassen.

Ansicht des Cam-pus von Roll imJahr 2012: Linkssieht man dieWeichenbauhal-le, die nun alsHörsaalzentrumgenutzt wird.Rechts steht derNeubau, in denUntergeschossenbefinden sich dieFachbereichsbi-bliothek und derSpeicher.

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Die Titel aus der Von-Roll-Bibliothek können dannzu-mal über das Internet online an einen gewünschtenAbholort bestellt werden. So werden auch einge-lagerte Bücher aus Institutsbibliotheken in vielenFällen schneller greifbar sein als heute.

Aus betrieblicher Sicht bringt der zentrale Speicherviele Vorteile. Die Bücher sind an einem Ort kompaktaufgestellt und nicht mehr über mehrere Stand-orte verteilt. Zudem stellen die Klimabedingungenin diesem Raum den Archivauftrag der Universi-tätsbibliothek sicher: Die Bücher müssen auch nochin ferner Zukunft greifbar sein, ohne Schimmeloder andere Schäden, die sich in zu feuchtem oderzu warmem Raumklima einstellen können. Bereits

heute ist auch klar, dass die Wege des Bibliotheks-personals, das die bestellten Bücher im Magazin holtund an die Ausleihe oder zur Kurierauslieferungbringt, kürzer als heute sein werden. Aufgrund derAusleihstatistiken ist bekannt, welches Ausleihvo-lumen bestimmte Büchergruppen haben. Weniggefragte Literatur wird beim Umzug an peripherenLagen des Raumes eingelagert. Die am meistennachgefragten Bücher werden nahe beim Lift zurAusleihe stehen.Mit dem Bau eines Büchermagazins am Stadtrandbefindet sich die Universitätsbibliothek Bern in derSchweiz übrigens in guter Gesellschaft: Die ETH-Bibliothek Zürich hat bereits vor rund 30 Jahren aufdem Hönggerberg ein Aussenlager eingerichtet.In Genf und Freiburg existieren ähnliche Lösungen,in Luzern ist ein Aussenmagazin am Stadtrand inPlanung.Kontakt: [email protected], Telefon 031 631 92 03

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Blick in die ge-plante Fachbe-reichsbibliothekvon Roll: Sieist Ausleihbiblio-thek, Info-zentrum, Lern-und Studienort,Treffpunkt fürGruppenarbeitenund nicht zu-letzt Ruhezone,in die man sichzur Lektürevon Tages- undWochenzei-tungen sowieZeitschriftenzurückziehenkann.

Der zentrale Speicher bringt insofern Vorteile, alsdie Bücher an einem Ort kompakt aufgestellt undnicht mehr über mehrere Standorte verteilt sind.

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Berns goldene Zeit lag schon einige Jahre zurück,und auch die bürgerkriegsähnlichen Unruhen derHelvetik gingen langsam zu Ende, als im Jahre 1803die Trennung von Stadt und Kanton Bern zur Schaf-fung eines Stadtarchivs führte. Mit der Aufteilungder Rechte und der Güter der untergegangenenStadtrepublik auf die beiden neuen politischen Kör-perschaften Kanton und Stadt wurden auch die ent-sprechenden Archivalien zwischen Staatsarchiv undStadtarchiv ausgesondert. 1852 erfolgte noch eineanaloge Gütertrennung zwischen der Einwohner-gemeinde und der Burgergemeinde.

Akten der Stadtverwaltung ab 1832Zwar befinden sich unter den Urkunden des Stadt-archivs solche, die bis ins 12. Jahrhundert zurück-reichen. Die älteste stammt sogar aus der Zeit vorder Stadtgründung: 1146 schenkte Ritter Egelolfvon Opelingen dem Kloster Frienisberg zwei Eigen-güter. Doch die Archivalien zur alten Stadtrepublikliegen zum grössten Teil im Staatsarchiv, währendder Hauptbestand des Stadtarchivs die Akten derstädtischen Behörden und Verwaltungsstellen seit

1832 umfasst. Damals – also vor 175 Jahren – ent-standen auf Geheiss des Kantons neben den Bur-gergemeinden die Einwohnergemeinden, die alleam Ort ansässigen Einwohnerinnen und Einwohnerunabhängig von ihrer Herkunft umfassen.Dank der systematischen Archivierung der städ-tischen Akten ist das Handeln der Behörden undDirektionen später nachvollziehbar. Gleichzeitigdient die langfristige Erhaltung der wichtigsten

Unterlagen der Sicherung der Rechte und Interessender Stadt. Zu den bedeutendsten Beständen ge-hören Verordnungen und Reglemente, die Proto-kolle der Gemeindeabstimmungen und des Stadt-rats sowie die Beschlüsse des Gemeinderats. Mitder Eingemeindung von Bümpliz 1919 ist auch des-sen Gemeindearchiv ins Stadtarchiv überführtworden.

StadtgeschichteNeben diesen verwaltungsbezogenen Aufgabendokumentiert das Stadtarchiv auch die Geschichteder Stadt Bern von 1800 bis zur Gegenwart. Als Er-gänzung zum Verwaltungsschriftgut werden vonPrivatpersonen, Vereinen und Institutionen, soweitsie mit der Stadt Bern in einem engeren Zusammen-hang stehen, gerne nichtamtliche Dokumente wieZeitungsartikel, Publikationen aller Art, Fotos, Filmeund Nachlässe entgegengenommen und sachge-recht aufbewahrt. Die Dokumentation enthält bei-spielsweise die Beiträge zu städtischen Themen, diein den stadtbernischen Zeitungen seit 1953 erschie-nen sind.Das Stadtarchiv fördert die Verbreitung geschicht-licher Kenntnisse über die Stadt Bern und beteiligtsich an entsprechenden Projekten. So konnte 2003

Das Stadtarchiv Bern bewahrt Akten, Bücher, Zeitungen, Pläne, Fotos und weitereDokumente auf, soweit sie einen Bezug zur Stadt Bern haben.

Stadtarchiv BernEmil Erne ist Stadtarchivar der Stadt Bern

Partner

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Das Stadtarchiv fördert die Verbreitung geschicht-licher Kenntnisse über die Stadt Bern und beteiligtsich an entsprechenden Projekten.

Die Compactus-Anlage im grös-seren der beidenArchivräumeim Erlacherhofwurde 1953 ge-baut und galtdamals als tech-nisches Wunder-werk. Sie um-fasst den Haupt-teil der städ-tischen Verwal-tungsakten undist gegliedertnach denAufgabenschwerpunkten derStadtverwaltung.

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zusammen mit der damaligen Stadt- und Universi-tätsbibliothek Bern eine Geschichte der Stadt Bernim 19. und 20. Jahrhundert herausgegeben werden.1

Ein Jahr später gestaltete das Stadtarchiv eine auf-wändige Ausstellung im Erlacherhof in Erinnerungan die Fussball-Weltmeisterschaft in Bern vor 50 Jah-ren. Regelmässig werden in den Vitrinen vor demEingang zum Stadtarchiv ausgewählte Dokumentezur Stadtgeschichte gezeigt.

Die schwierige Aufgabe des BewertensDie Behörden, die Dienststellen der Stadtverwaltungund die Institutionen, denen öffentliche Aufgabender Stadt übertragen sind, bieten die nicht mehr ge-brauchten Akten dem Stadtarchiv zur Archivierungan. Bei einzelnen Kategorien schreibt der Kantoneine dauernde Aufbewahrung vor, insbesondere beiAkten von rechtlichem Wert. In anderen Fällen gilt esAufbewahrungsfristen von 10, 30 oder mehr Jahrenzu beachten. Diese Akten haben möglicherweiseeinen historischen Wert. Vom Papierberg, den dieVerwaltung laufend anhäuft, kann aber nur etwa einZehntel ins Archiv übernommen werden. Sind alsoalle Fristen abgelaufen und bestehen keine Auflagenmehr, so stellt sich die Frage: aufbewahren oder ver-nichten? Und: Was wird die Historikerinnen und His-toriker dereinst interessieren? Die Archivarinnen undArchivare sind keine Hellseher und können sich nurnach den jeweiligen Interessen ihrer eigenen Zeitausrichten. Die Nachkommen werden sich mit denLücken der Überlieferung abfinden müssen.

Auskünfte und AkteneinsichtVon Personen, die zwischen 1820 und 1960 in derStadt Bern gelebt haben, finden sich Spuren in denBüchern und den Karteien der städtischen Einwoh-nerkontrolle, die im Stadtarchiv aufbewahrt wer-den.2 Da im Kanton Bern für Verwaltungsakten an-stelle von Sperrfristen das Öffentlichkeitsprinzip gilt,sind die im Archiv gelagerten Bestände grundsätzlichzugänglich.Das Stadtarchiv stellt während der Öffnungszeitenden Besucherinnen und Besuchern in einem Lese-raum, wo auch über 3000 Bände zur Stadt Bern,zur Berner und zur Schweizer Geschichte stehen,ein paar Arbeitsplätze zur Verfügung. Die Einsicht indie Akten ist gemäss kantonalen und städtischenDatenschutzbestimmungen lediglich dann einge-

schränkt, wenn es im Interesse der Behörden selbstliegt oder wenn es sich um schützenswerte Perso-nendaten handelt.Telefonische und schriftliche Anfragen sowie Archiv-besuche erfolgen aus den verschiedensten Motivenheraus: Beteiligte an Nationalen Forschungspro-grammen analysieren Akten der sozialen Fürsorge,Zeitungsredaktionen wünschen Bildmaterial, Ge-schichtsinteressierte blättern in Quartierzeitungen.Vielfach kann den Anliegen entsprochen werden.Etwas hilflos stehen die Archivmitarbeitenden hin-gegen Anfragen gegenüber wie: «Ich sollte in derSchule einen Vortrag halten. Haben Sie etwas überBern?» – «Ja, 2000 Laufmeter.»Kontakt: [email protected], Telefon 031 321 62 12

Stadtarchiv BernErlacherhofJunkerngasse 473000 Bern 8Telefon 031 321 62 12Telefax 031 321 60 10Bus 12 Schosshalde/Zentrum Paul Klee(bis Rathaus)E-Mail [email protected] www.bern.ch

1 Robert Barth, Emil Erne, Christian Lüthi (Hrsg.): Bern – die Ge-schichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert. Stadtentwicklung,Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Kultur. 2., unveränderte Auflage.Bern: Stämpfli Verlag, 2003.2 Für die Zeit nach 1960 müssen sich Interessierte an das städ-tische Schriftenwesen an der Predigergasse 5 wenden:[email protected].

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Das Stadtarchivbefindet sich imWestflügel desErlacherhofs (imBild rechts). Infol-ge Platzknapp-heit ist ein Teilder Bestände inAussendepotsausgelagert.

ÖffnungszeitenMontag bis Freitag08.00 –11.30 Uhr14.00 –17.00 Uhr

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Eigentlich ist es paradox: Suchmaschinen könnenimmer mehr, Datenbankoberflächen werden zu-nehmend benutzerfreundlich, Portale ermöglichenOne-Stop-Zugriff auf heterogene Datenbestände.Und doch zeigen Erfahrungen aus dem Schulungs-und Auskunftsalltag der Universitätsbibliothek Bernebenso wie Untersuchungen eindeutig, dass imBereich Informationskompetenz von Hochschulan-gehörigen Nachholbedarf besteht.1 Mit Informa-

tionskompetenz sind Fähigkeiten gemeint, sich inder rasant wachsenden Informationsmenge zuorientieren, in den ausgewählten Quellen sicher re-cherchieren und die Resultate sinnvoll aufbereitenzu können. In den letzten Jahren engagierten sichdie Universitätsbibliotheken zunehmend mit Schu-lungsangeboten für Studierende, und es erschienenzahlreiche Publikationen zu diesem Thema.2 Er-staunlich jedoch ist, dass der Fokus fast durchwegsauf Studierende gerichtet ist und kaum je von For-schenden und Lehrenden die Rede ist.3

Kurs Internet- und DatenbankrechercheKann man davon ausgehen, dass für Dozierendedie Nutzung verschiedenster elektronischer Res-sourcen geläufig ist? Es gab diesbezüglich schongewisse Unsicherheiten, als die Universitätsbiblio-thek Bern im Herbst 2003 erstmals den eintägigenKurs «Internet- und Datenbankrecherche professio-nell» anbot. Doch zeigte sich bald, dass der Lehr-körper sehr interessiert an einer solchen Dienstleis-tung ist. Dies hat zwei Gründe: Es besteht ein Be-dürfnis, in neue elektronische Angebote eingeführtzu werden, zumal der Lehr- und Forschungsalltag esmeist nicht zulässt, Neuigkeiten selbst systematisch

zu verfolgen. Hilfestellungen sind sehr willkommen,wie bei an sich bekannten Quellen eingeschliffeneRecherchestrategien optimiert werden können undneue Suchmöglichkeiten zu nutzen sind.Der Kurs beinhaltet die Themenbereiche Fachpor-tale, Metaportale, Dokumentenserver, Bibliogra-fische und Volltextdatenbanken, fortgeschritteneSuche im Online-Bibliothekskatalog, Metakataloge.Verschiedene Suchstrategien werden anhand vonFallbeispielen vermittelt, und die Teilnehmenden er-halten breiten Raum für praxisnahe Übungen ausihrem Fachgebiet. Mittlerweile hat sich der Kurs eta-bliert. Die Nachfrage bewog uns, diese Dienstleis-tung auszubauen und zusätzliche, auf die Fach-bereiche Geistes-/Sozialwissenschaften und Natur-wissenschaften/Life-Sciences zugeschnittene Schu-lungstage anzubieten.

Endnote-KurseDie Recherche ist eine Seite des Informationsma-nagements. Zunehmend an Bedeutung gewinnenHilfsmittel zur Verarbeitung gefundener Informatio-nen, sogenannte Literaturverwaltungsprogramme.Damit lassen sich Suchresultate in eine persönlicheDatenbank überführen und von dort als Zitate bzw.Bibliografien direkt in die entstehende wissen-schaftliche Arbeit im Textverarbeitungsprogrammintegrieren. Es ist durchaus eine Aufgabe der Uni-versitätsbibliothek, hier Unterstützung zu bieten;sie ist es, welche die stark wachsende Zahl der bi-bliografischen Fachdatenbanken zur Verfügungstellt, und es macht Sinn, dass sie auch das Know-how vermittelt, wie Suchresultate in das Literatur-verwaltungsprogramm eingebunden und weiterverarbeitet werden können.Seit Anfang 2006 bietet die UniversitätsbibliothekBern Einführungskurse in das verbreitetste Literatur-verwaltungsprogramm, Endnote, an.4 Die Kursteil-nehmenden sollen fähig sein, ihre eigene Literatur-datenbank zu verwalten, die Daten aus der Original-

Die Universitätsbibliothek Bern vermittelt im Rahmen der Hochschuldidaktik professionelleKompetenzen in Recherche und Literaturverwaltung.

Professionelles Informationsmanagementfür Lehrende und Forschende

Jörg Müller ist Co-Leiter Fachreferate und Fachreferent für Musikwissenschaft der Zentralbibliothek

Weiterbildung

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Erfahrungen aus dem Schulungs- und Auskunfts-alltag zeigen eindeutig, dass im Bereich Informations-kompetenz von Hochschulangehörigen Nachhol-bedarf besteht.

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quelle korrekt zu importieren und sie in der ge-wünschten Art, etwa nach Richtlinien einer bestimm-ten Fachzeitschrift, in die Textverarbeitung einzu-bauen. Das sehr gut genutzte Angebot entsprichtganz offensichtlich einem breiten Bedürfnis der Uni-versitätsangehörigen; den Teilnehmenden ermög-lichen die Kurse eine effiziente Einarbeitung in einpraktisches, aber in der konkreten Anwendung nichtganz triviales Werkzeug.

Einbindung in das Programmder HochschuldidaktikDie Erfahrungen aus dem Bereich von Schulungenfür Studierende zeigen, dass die Koppelung an offi-zielle Veranstaltungen den grössten Erfolg bringt.Die Kurse für Dozierende sind in zweifacher Hinsichtin das Programm der Hochschuldidaktik eingebun-den: Sie gehören zum einen zum Set frei wählbarerKurse und erscheinen auf der entsprechenden Web-seite. Die Kursadministration läuft über das Admi-nistrationstool der Hochschuldidaktik, die Teil der

Koordinationsstelle für Weiterbildung ist (http://www.kwb.unibe.ch). Zum andern können dieKurse im Rahmen des «Weiterbildungsstudiengan-ges Hochschuldidaktik» besucht werden, dies inner-halb des Moduls «Selbstmanagement und Profes-sionalität im Hochschulkontext». Die Kursteilnahmewird mit 0,5 ECTS pro Kurstag akkreditiert. Die Kom-petenzen, die in diesem Modul erlangt werden, sol-len die Hochschulangehörigen befähigen, «Doku-mentationen zur eigenen professionellen Aktivität»

zu führen und «materielle Ressourcen» optimal zunutzen.5 Der Weiterbildungsstudiengang als Ganzesvermittelt den Lehrenden ein «breites hochschul-didaktisches Handlungsrepertoire», woran zunächstder einzelne Wissenschaftler, in Zeiten von Profilie-rung und Qualitätssicherung aber auch die ganzeUniversität ein eminentes Interesse hat.6 In diesemSinne einen Beitrag zur universitären Weiterbildungzu leisten, ist eine Aufgabe, der sich die Universitäts-bibliothek Bern gerne stellt.Kontakt: [email protected], Telefon 031 631 92 64

1 Vgl. die sogenannte Stefi-Studie: KLATT, Rüdiger et al.: Nut-zung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hoch-schulausbildung. Barrieren und Potentiale der innovativen Medien-nutzung im Lernalltag der Hochschulen. Endbericht, Dortmund,2001. http://www.stefi.de. Die Resultate der Stefi-Studie bestätig-ten sich jüngst, etwa im «Lagebericht zur Vermittlung der Schlüs-selqualifikation Informationskompetenz der LMU München(2006)». http://www.ub.uni-muenchen.de/pdfs/Lageber1.pdf 2 HüTTE, Mario: Zur Vermittlung von Informationskompetenzan Hochschulbibliotheken – Entwicklung, Status quo und Perspek-tiven. Institut für Informationswissenschaft, Fachhochschule Köln,2006. http://eprints.rclis.org/archive/00008476/. – BäTTIG,Esther: Information Literacy an Hochschulen. Entwicklungen inden USA, in Deutschland und der Schweiz. Chur, 2005.http://eprints.rclis.org/archive/00004306/. – LUX, Claudia:Teaching Library in Deutschland. Wiesbaden, 2004. – EISENBERG,Michael: Information Literacy. Essential skills for the informationage. Westport, 20043 Eine Ausnahme bildet dabei das Projekt Informationskompe-tenz II der UB Konstanz, welches sich Graduierten und Lehrendenwidmet. Vgl. dazu: Mittendrin statt nur dabei: Informations-kompetenz und Fachreferat an der Universität Konstanz. Beitragzum Tagungsband des 3. Kongresses für Bibliothek und Infor-mation in Leipzig, 19.–22. März 2007. http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2007/2457 (Preprint)4 Die Beliebtheit von Literaturverwaltungsprogrammen zeigtsich auch in einer wachsenden Anzahl Produkten verschiedenerAnbieter. Vgl. EBERHARDT, Joachim: Über Literaturverwaltungs-programme, Dokumentenmanager und andere elektronischeHelfer, in: IASLonline, 11. Mai 2006. http://iasl.uni-muenchen.de/discuss/lisforen/Eberhardt_Softwaretest.html5 Weiterbildungsstudiengang Hochschuldidaktik: Ein Leitfadenfür Teilnehmende und Interessierte (2006): http://kwb.unibe.net/study/download.php?gid=5&css=0016 vgl. WEBER, Karl: Vorwort zu: Hochschullehre adressaten-gerecht und wirkungsvoll. Bern, 2006

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Zunehmend an Bedeutung gewinnen Hilfsmittelzur Verarbeitung gefundener Informationen, so-genannte Literaturverwaltungsprogramme.

Schulung inDatenbankrecher-che im Kurs-raum der Zentral-bibliothek.

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Das Mädchenbuch ist eine literarische Gattung, diesich gezielt an junge Mädchen wendet und die all-tägliche Lebenswelt junger Mädchen thematisiert.So reagierten die Mädchenbücher des 19. Jahrhun-derts auf die oftmals schwierige Situation bürger-licher junger Mädchen in der Phase zwischen Schul-besuch und Verheiratung und boten ihnen mit derSchilderung der Erlebnisse gleichaltriger jungerMädchen sowohl Unterhaltung als auch Leit- undVorbilder. Damals wurde den Mädchenbüchernvorgeworfen, die jugendlichen Leserinnen durchdie Liebes-, Verlobungs- und Brautgeschichten zuschwärmerischer Gefühlsduselei zu erziehen undihre Sittsamkeit zu gefährden. Heute vermitteln unsdie Bücher Einblicke in die Aufgaben und Pflichten,aber auch in die Hoffnungen, Freuden und Ängstejunger bürgerlicher Mädchen sowie in die histo-rischen Konzepte weiblicher Bildung. Hauptsachewaren hierbei zumeist nicht Allgemeinbildung oderakademisches Wissen, sondern eine Herzensbil-dung neben praktischen hauswirtschaftlichen Fä-higkeiten.Luise Caroline Gsell-Fels (1829–1887) schildert inihren Büchern (z. B. Aus dem Institut ins Leben von1861, Institutsbilder oder Vorbild und Erfahrungvon 1867) die Welt des Mädchenpensionats. ImZentrum steht bei den Erzählungen Gsell-Fels’ zu-meist ein Mädchen, das lernen muss, eine bestimm-te Charakterschwäche, wie etwa Egoismus, Miss-gunst oder Eitelkeit, zu beherrschen und dem Idealdes liebenden, fürsorglichen und demütigen Mäd-chens nahezukommen, das allen Erzählungen zu-grunde liegt. Das Ideal der Geschichten ist diechristliche Nächstenliebe als höchste Tugend. Undso beinhalten die Bücher Gsell-Fels’ weder einSchwelgen in romantischen Vorstellungen über Ver-liebtheit und Verlobung, noch geben sie Anleitun-gen, wie eine «gute Partie» zu machen ist, sondernwie ein sittliches Leben basierend auf christlichenMoralvorstellungen zu führen sei.

Lily von Muralt (1849–1921) , geborene Wegmann,schildert anders als Gsell-Fels nicht das Leben derMädchen in den Pensionaten, sondern in der priva-ten Sphäre der bürgerlichen Familie (z. B. Vier Na-mens-Schwestern von 1898, Aus Lottchens Tage-buch von 1906). Ihre Mädchenfiguren bemühensich redlich darum, Verantwortung im Haushalt zuübernehmen, nützlich zu sein und für ihre Familiesorgen zu dürfen, wodurch sie sich für die Verlo-bung mit einem ernsthaften, gebildeten und her-zensguten Mann qualifizieren.Die Romane und Erzählungen beider Autorinnenhaben einen episodenhaften Aufbau; sie schildernden Alltag junger Mädchen mit seinen häuslichenPflichten, Freundschaften, Tanzstunden und Nach-mittagsbesuchen, erste Verliebtheiten und Ver-lobungen. Nicht alle Mädchen träumen vom Haus-frauendasein, sondern wollen Kindergärtnerinnenoder Krankenschwestern werden, Lehrerinnen oderGouvernanten. Ihre Berufswünsche sind durchausrealistisch an die einschlägigen Berufe gekoppelt,die sich den jungen Frauen ab dem Ende des19. Jahrhunderts vermehrt öffneten. Dass diese Be-

rufstätigkeiten gesellschaftlich zunehmend akzep-tiert und Ausbildungseinrichtungen für diese Frau-enberufe eingerichtet wurden, lag nicht unwesent-lich am Konzept der «geistigen Mütterlichkeit», derAuffassung von einer spezifisch weiblichen Befä-higung zu pflegerischen, umsorgenden, fürsorgli-chen, also «mütterlichen» Tätigkeiten unabhängigvon der biologischen Mutterschaft, die den Pro-tagonistinnen der bürgerlichen Frauenbewegungauch in der Schweiz zur Durchsetzung von weib-licher Berufstätigkeit und zum Ausbau der spezifi-schen Mädchen- und Frauenbildung diente. In die-sen Erziehungs- und Mütterlichkeitsdiskurs schrei-ben sich auch Gsell-Fels und von Muralt mit der Be-tonung der fürsorgenden und erzieherischen weib-lichen Aufgaben ein, wenn auch die Bewertung dereigentlichen weiblichen Berufstätigkeit in ihrenMädchenbüchern ambivalent bleibt. Wenn so dieBerufstätigkeit von Mädchen und Frauen zwar nichtins Zentrum der Bücher gestellt wird, wird doch mitder Betonung der Bedeutung, die nicht nur der Er-ziehung von Mädchen, sondern auch der Erziehungdurch Frauen zukommt, ein zeitgemässes Bild weib-licher Aufgaben und weiblicher Verantwortung imprivaten Kreis und in der Gesellschaft entworfen.Kontakt: [email protected],Telefon 031 631 31 76

Die Mädchenbuchautorinnen Luise CarolineGsell-Fels und Lily von Muralt

Von Backfischen undHausmütterchen

Nina von Zimmermann ist wissenschaftliche Mitarbeiterinam Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bern

Bücher und andere MedienBuch-am-Mittag-Thema vom 13. März 2007

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Die Mädchenbücher des 19. Jahrhundertsreagierten auf die oftmals schwierige Situationbürgerlicher junger Mädchen in der Phasezwischen Schulbesuch und Verheiratung.

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Geschichte der Gemeinde WohlenEine Historikerin und ein Historiker haben im Auf-trag der Gemeinde Wohlen die Geschichte der ver-gangenen zwei Jahrhunderte dieser Nachbarge-meinde der Stadt Bern geschrieben. Die gut recher-chierte und schön illustrierte Publikation deckt einebreite Themenpalette ab: Bevölkerung, Wirtschaft,Verkehr, Bauentwicklung, Kirche und Religionen,Armenwesen, Kultur und Politik. OrtsspezifischeThemen wie der Bau des Elektrizitätswerks Mühle-berg, dessen Staumauer seit 1921 die Aare zumWohlensee staut, oder das Flugplatzprojekt Herren-schwanden sind behandelt. Die Autoren klammernauch heikle Themen wie die politischen Ausein-andersetzungen der letzten Jahrzehnte nicht aus.Die flüssig geschriebene Ortsgeschichte spricht pri-mär die lokale Bevölkerung an. Da sie Wohlenimmer auch in grösseren Zusammenhängen dar-stellt, ist das Werk auch für Auswärtige interessantzu lesen. Christian Lüthi

BRODBECK, Thomas; SCHüPBACH, Andrea: Wohlen bei Bernim 19. und 20. Jahrhundert. Eine Gemeinde zwischen Stadtund Land. Wohlen: Einwohnergemeinde Wohlen, 2006. 224 S.,ill. – BE UB ZB : FHB NZ 231203 W846 1

Innovative Konzertreihe in derBerner AltstadtDas Berner Konzertleben in der zweiten Hälfte des20. Jahrhunderts wird gemeinhin nicht gerade alsidealer Nährboden für zeitgenössische Musik ange-sehen. Doch es gab nebst den eher vorsichtig pro-grammierenden Konzertreihen des Berner Sympho-nieorchesters eine erstaunlich langlebige Traditionder Förderung Neuer Musik: Während der 27 Kon-zertsaisons waren in den «Gattiker-Hausabendenfür zeitgenössische Musik» über 900 Werke vonrund 400 zeitgenössischen Komponisten zu hören.Zunächst in Hermann Gattikers Privatwohnung ander Junkerngasse, später konnte man im Saal desLyceumsclub am Theaterplatz den Puls aktueller

Kammermusik fühlen und renommierten Interpre-ten (Kolisch-Quartett, A. Foldes, P. Tortelier) undKomponisten (A. Casella, G. Scelsi, L. Dallapiccola)begegnen. Doris Lanz gebührt das Verdienst, ineiner ebenso anschaulichen wie spannenden Dar-stellung eine wichtige Forschungslücke zum BernerKonzertleben zu schliessen. Darüber hinaus erhelltdie Publikation den schweizerischen Kontext undbeleuchtet wesentliche Themen wie die Rezeptionder Zwölftonmusik oder Komponisten im SchweizerExil. Die Untersuchung ist der erste Band der neuenSchriftenreihe «Berner Veröffentlichungen zur Mu-sikforschung». Jörg Müller

LANZ, Doris: Neue Musik in alten Mauern. Die Gattiker-Hausabende für zeitgenössische Musik – eine Berner Konzert-geschichte 1940–1967. Bern: Peter Lang, 2006. 343 S., ill.(Berner Veröffentlichungen zur Musikforschung, 1). –BE UB ZB : FHB LQ 81500 B517 5

Der Berner VolksschulhausbauDie in der Archivreihe des Historischen Vereins desKantons Bern erschienene Publikation von ElisabethSchneeberger schildert den kantonalbernischenSchulhausbau im ausgehenden 19. Jahrhundert undstellt ihn in sein architektonisches und gesellschaft-liches Umfeld. Die Autorin befasst sich mit einerspannenden Umbruchphase in der Entwicklung desVolksschulhausbaus, wobei die verschiedenenSchulhaustypen der damaligen Zeit ausführlich vor-gestellt werden. Die Bandbreite reicht vom tradi-tionellen Landschulhaus mit Lehrerwohnung bis hinzu innovativen städtischen Grossschulhäusern, wiedas 1897–1899 erstellte Mädchensekundarschul-haus Monbijou in Bern. Besonders eindrücklichzeigt die Kunsthistorikerin, wie der Schulhausbauvon der Hygienebewegung beeinflusst wurde, diesich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts inden europäischen Ländern dafür einsetzte, die Volks-gesundheit zu erhalten. Die Erziehung der Kinder zuSauberkeit erforderte folglich eine entsprechendeAusstattung der Schulhäuser: Scharreisen zum Säu-bern der verschmutzten Schuhe, separate Gardero-ben sowie Schulduschen. Das sorgfältig gestalteteund ausgezeichnet geschriebene Werk bietet denan der Geschichte der Volksschule interessierten Lesern eine spannende Lektüre. Anna Bähler

SCHNEEBERGER, Elisabeth: Schulhäuser für Stadt undLand. Der Volksschulhausbau im Kanton Bern am Ende des19. Jahrhunderts. Bern: Historischer Verein des Kantons Bern,2005. (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern,Bd. 83). 239 S., ill. – BE UB ZB : Hz IX 45 : 83

Aktuelle Bernensia

Bücher und andere Medien

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Fast hätte es die Bibliothek Exakte Wissenschaften(BEWI ) geschafft: das 15-jährige Jubiläum im Jahr2008. Die Neuorganisation der Bibliotheken derUniversität Bern hat diesem aber einen Strich durchdie Rechnung gemacht. Stattdessen steht die Bi-bliothek 2008 vor einem anderen wichtigen Anlass:der Entstehung der Bereichsbibliothek Naturwissen-schaften und der Aufnahme der BEWI in diese neueorganisatorische Einheit.Die Fachbereichsbibliothek für Exakte Wissenschaf-ten entstand durch die Zusammenführung der Bi-bliotheken des Astronomischen Instituts, der Physi-kalischen Institute, des Instituts für AngewandtePhysik, des Mathematischen Instituts und des Insti-

tuts für Mathematische Statistik und Versicherungs-lehre. Sie sollten deshalb gemeinsam Platz finden indem Gebäude an der Sidlerstrasse 5, das in den Jah-ren 1990 bis 1993 umgebaut wurde. Die lange Pla-nungsphase hat sich gelohnt: Das Ergebnis ist einevöllig neu gestaltete Bibliothek im ehemaligenInnenhof des Instituts für Exakte Wissenschaften,die 1993 für das Publikum ihre Türen öffnete.Der Blickfang der Bibliothek sind die schräg in denRaum gestellten Plattformen, welche für eine opti-male Ausnutzung des Tageslichts sorgen. Zwei je-weils doppelt geführte Stahlträger, die bis ins zwei-te Untergeschoss hinunterreichen, tragen diesebeiden Galerien. Für den Einbau der Säulen und derzehn Tonnen schweren Mittelträger brauchte es dengrössten Autokran, der im Kanton Bern verfügbarwar.Wie üblich bei solch grossen Projekten gibt es«Kunst am Bau». Hannes Vogel befestigte dieBuchstaben eines leicht geänderten Satzes von

James Joyce an die ehemalige Aussenwand desInnenhofes, bevor das Weiss des neuen Innen-raumes aufgetragen wurde. Nach Entfernung derBuchstaben blieb in Form eines Schriftzugs eineHommage an den Physiker Albert Einstein und anden Mathematiker Ludwig Schläfli, denen das Ins-titut für Exakte Wissenschaften gewidmet ist.Die Inneneinrichtung der Bibliothek wurde dieserspektakulären Gestaltung angepasst: Eine eigensfür die Bibliothek angefertigte Ausleihtheke sowieein dazu passender Katalogschrank waren die auf-fallendsten Merkmale im Eingangsbereich.Nachdem der Umbau mit der eindrucksvollen In-nenarchitektur abgeschlossen war, begann der Bauan einem gemeinsamen Katalog. Die ehemaligenInstitutsbibliotheken hatten ihre eigenen Katalogegepflegt und die Bücher nach eigener Klassifikationaufgestellt. Für das Bibliotheksteam bestand nundie grosse Herausforderung, die verschiedenen Ka-taloge zusammenzulegen, eine einheitliche Syste-matik einzuführen und gleichzeitig den Betrieb auf-rechtzuerhalten, und dies mit einem Stellenetat von150% und einigen stundenweise zum Einsatz kom-menden Hilfsassistenten!Die Lösung für diese Aufgabe war der Anschluss anden ETHICS-Verbund. Den Ausschlag für diese Ent-scheidung gaben Vergleiche zwischen ETHICS undSIBIL Basel/Bern, die eine hohe Übereinstimmungdes ETH- und BEWI-Bestandes ergaben und damiteinen Verbundgewinn von 60–70% versprachen –ein wichtiges Argument, wenn es darum geht,möglichst rasch 20 000 Monografien zu rekatalogi-sieren.Bei der Bestimmung der Klassifikation gingen dieMitarbeitenden der Institute sachbezogen vor: Fürdie Mathematik diente die AMS-Klassifikation alsBasis, im Bereich Physik stützten sie sich auf physi-kalische Einteilungssysteme. Die Fachreferenten,Mitarbeitende der Institute, besorgen mit dieserBEWI-Systematik die Klassifizierung der Monogra-

Die Bibliothek Exakte Wissenschaften hätte fast ein Jubiläum feiern können,würden die Bibliotheken nicht neu organisiert werden.

Three Quarks for Muster Mark,Einstein und Schläfli

Jan Dirk Brinksma ist Leiter der Bibliothek Exakte Wissenschaften

Eine Bibliothek stellt sich vor

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Mit Kunst am Bau in Form eines Schriftzugs werdender Physiker Albert Einstein und der MathematikerLudwig Schläfli geehrt, denen das Institut für ExakteWissenschaften gewidmet ist.

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fien. Die Sacherschliessung erfolgt mit dem ETH-Schlagwortkatalog.In Bezug auf die finanzielle und personelle Ausstat-tung der Bibliothek wählten die Initianten eine prag-matische Lösung. Jedes beteiligte Institut gab seineBücherkredite und Bibliothekspersonalpunkte ab. Siebekamen dafür Einsitz in der Bibliothekskommission,um so in wichtigen Bereichen der Bibliothek, zumBeispiel Zeitschriftenabbestellungen, mitreden undmitentscheiden zu können. Eine Organisations- undBetriebsordnung regelte die Rechte und Pflichten derbeteiligten Institute und der Bibliothek. Seit 2000 istauch die Abteilung Wissenschaftstheorie und Wis-senschaftsgeschichte des Philosophischen Institutesin der Bibliothek vertreten.Die Bibliothek Exakte Wissenschaften hat sich in denvergangenen fünfzehn Jahren stark entwickelt. DieRekatalogisierung ist abgeschlossen, und sämtlicheBücher sind im NEBIS-Katalog verzeichnet. Seit 2004erleichtern drei Selbstverbuchungsanlagen die Ar-beit an der Ausleihe. 2006 folgte ein Umbau des Ein-gangsbereichs: Der Katalogschrank wanderte in denKeller und die Ausleihtheke wurde in eine EDV-Thekeumfunktioniert.Die Dienstleistungen sind ganz den Bedürfnissen derBenutzenden angepasst. Dazu eine kleine Auswahl:Der Pick-Up Service im NEBIS-Verbund ermöglicht es,Medien aus dem ganzen Verbund nach Bern zu be-stellen und hier wieder zurückzugeben. Kopierauf-träge für Zeitschriftenartikel sind über den OPACleicht zu erteilen und werden vom Team rasch erle-

digt. Mit dem Multifunktionsgerät können die Be-nutzenden nicht nur kopieren, sondern auch scan-nen und aus dem Web drucken.Die Bibliothek Exakte Wissenschaften ist stets gewillt,eine moderne Bibliothek mit optimalen Bedingun-gen zu sein. Nach langen Jahren der Aufbau- undEntwicklungsarbeit durch die Gründer der Bibliothekgeht die Bibliothek mit Mut und Überzeugung andas anstehende Integrationsprojekt: Three Quarksfor Muster Mark, Einstein und Schläfli!Kontakt: [email protected], Telefon 031 631 85 09

Kennzahlen Bibliothek Exakte Wissenschaften(Stand Frühling 2007)

Budget: Fr. 407 000, davon 80% eingesetzt für Zeitschriften-abonnementeBestand: ca. 40 500 Monografien (Zuwachs ca. 500 p.A.),340 laufende Zeitschriftenabonnemente, Bände ca. 75 000(nicht alle im NEBIS verzeichnet, inkl. ungebundene Zeitschriften)Ausleihe: am eigenen Schalter: 3 808, in den Verbund gegeben:1479, Total: 5 287Aus dem Verbund bezogen: 1916Postversand: 149Kopieraufträge: 290Personal: 210 Stellenprozente, verteilt auf Jan Dirk Brinksma(Leiter, 80 %), Annette Krebs (Bibliothekarin, 80%), Maja Aeber-sold (Bibliothekarin, 50%).

«Three Quarks for Muster Mark»Diesem Satz in «Finnegans Wake» von James Joyce entnahm derPhysiker Murray Gell-Mann Anfang der 60er-Jahre das Wort«quark» als Bezeichnung für die Konstituenten der stark wechsel-wirkenden Elementarteilchen (M. Gell-Mann, Physics Letters 8(1964), S. 214–215).

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Bibliothek ExakteWissenschaften,die aus der Zu-sammenführungmehrerer Biblio-theken entstan-den und in einem1990 bis 1993umgebauten Ge-bäude einge-richtet ist.

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Ursula Merz,Fachreferentin für Pädagogikund AltertumswissenschaftenUrsula Merz, Fachreferentin fürPädagogik und Altertumswissen-schaften, ist nach 35 Jahren pen-sioniert worden. Bevor sie 1971in die StUB eintrat, hat sie dasDiplom für das Höhere Lehramterworben und als Gymnasialleh-rerin Latein und Griechisch unter-richtet. Als Fachreferentin unddurch Weiterbildung blieb sie denantiken Wissenschaften immerstark verbunden. Der Schwer-punkt ihrer bibliothekarischenTagesarbeit lag jedoch in derSachkatalogisierung. Ohne UrsulaMerz kann man sich den Sach-katalog der StUB fast nicht vor-stellen! Im Laufe der Jahrzehntesind wohl einige 10 000 Titeldurch ihre Hände gegangen. Wogibt es heute noch Bibliothekare,die sowohl das Metier der Klassi-fikation wie der verbalen Sach-erschliessung gleichermassen gutbeherrschen und mit Lust bei derSache sind? Ursula war auch eineleidenschaftliche Ausbilderin. Sohat sie viele neue Kolleginnen undKollegen in die inhaltliche Er-schliessung eingeführt. Schulungund Ausbildung bereiteten ihr vielFreude, und zur jungen Genera-tion behielt sie einen beneidens-wert guten Draht. Aber auch inihrem eigenen Wesen blitzteimmer das Jugendliche durch. Ihrevielfältigen Hobbys – Videoka-

1987 stieg Annemarie Luck in derSchweizerischen Theatersamm-lung wieder in die Bibliotheksweltein. Nach Abstechern ins Evange-lisch-Theologische Seminar derUniversität Bern und ins Bundes-amt für Gesundheitswesen arbei-tete sie Anfang 1993 wieder inder Theatersammlung. Zusätzlichübernahm sie in der Lehrbuch-sammlung der StUB die Rekatalo-gisierung. Später katalogisierte sie die Neuerwerbungen für dieLehrbuchsammlung. Nach derenÜberführung in die neue Freihand-bibliothek wechselte Annemariein die Abteilung AlphabetischeKatalogisierung (heute Formal-katalog).Als sich die Gelegenheit bot, inder StUB die 20%-Stelle aufzusto-cken und dafür in der Theater-sammlung aufzuhören, zögertesie nicht lange und arbeitete biszu ihrer Pensionierung mit einem40%-Pensum. Dank ihren sehrguten Literaturkenntnissen über-nahm sie mit grosser Begeiste-rung die Katalogisierung der Ber-ner Literatur sowie das Sammelnvon Informationen für die Biblio-graphie der Berner Schriftstelle-rinnen und Schriftsteller. Für einePartnerbibliothek der UB erfasstesie die Neuerwerbungen in denOnline-Katalog.Annemarie Lucks aufgestellte Artund ihre grosse Hilfsbereitschaft,die sich immer wieder in Einsät-zen bei Ausstellungsvernissagenoder bei der Museumsnacht zeig-ten, werden wir in bester Erinne-rung behalten. Für ihren neuenLebensabschnitt wünschen wir ihralles Gute und bedanken unsherzlich für ihre Unterstützungdurch all die Jahre.

Sabine Wahrenberger

meras, Bildbearbeitung, Garten-reisen, Patchworken, Schwedisch-kurse – lassen Langeweile gar nieaufkommen. Von Anbeginn anfasziniert war Ursula Merz vomInternet. Als erste Fachreferentinder StUB baute sie eine virtuelleFachbibliothek auf. Den Einzugder Informatik in die Bibliothekhat sie von Anbeginn an als span-nend empfunden. Nicht erstaun-lich daher, dass sie auch die Auf-gabe der EDV-Supporterin un-serer Abteilung spontan über-nahm. Ihre grössten Markenzei-chen waren jedoch ihre Hilfsbe-reitschaft, ihre Begeisterungsfä-higkeit und ihre liebenswürdigeGeduld. 35 Jahre hielt sie der Bib-liothek die Treue. Wir wünschenUrsula und ihrem Mann für dieZukunft alles Gute!

Adrian Waldmann

Annemarie Luck,Mitarbeiterin der AbteilungFormalkatalogAnnemarie Luck absolvierte ihreAusbildung zur Diplombibliothe-karin (VSB ) in der Schweizeri-schen Landesbibliothek in Bernvon 1966 bis 1968. Anschliessendstudierte sie Germanistik undschloss 1976 mit dem Lizentiatab. Bis 1977 wirkte sie als Assis-tentin an der Universität Bern,dann folgte eine intensive Fami-lienphase, in der sie drei Kindergrosszog.

Personelles

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MitarbeitendeverabschiedenMitarbeitende

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schreibung für das Projektsekre-tariat NBO sehr gelegen. Mit die-ser Tätigkeit konnte ich Interesseund Beruf verbinden. Nun bin ichauch während der Arbeit umringtvon Bücherregalen und habedeshalb zu Hause meine Bücherauf den Estrich gestellt. Aberwas nun mit den leeren Regalen?Was wohl? Schuhe passen auchrein.

Sandra Da Rin,Fachreferentin Pädagogik%Seit November 2006 arbeite ich inder Zentralbibliothek als Fachrefe-rentin für Pädagogik. Da ich in derRegel nur am Dienstag in Bernbin, gibt es leider immer wiederGesichter, die ich noch nichtkenne oder deren Namen ich ver-gessen habe. An den anderenWochentagen arbeite ich an derUniversität Zürich in einer kleinenBibliothek, am Institut für Empiri-sche Wirtschaftsforschung, woich Bücher bestelle, Zeitschriftenverwalte und Rechnungen kon-trolliere. Die Bücher dort sind mirvom Fachgebiet her eher fremd,viele enthalten für mich unver-ständliche mathematische For-meln. Deshalb geniesse ich essehr, dass ich hier in Bern meinWissen und meine fachlichenInteressen einbringen kann, dieich mir während meines Studiumsin Pädagogik, Soziologie undPhilosophie angeeignet habe. Das

Fachreferat stellt für mich eineherausfordernde und verantwor-tungsvolle Aufgabe dar, und esmacht mir viel Freude, den Be-stand in den Bereichen Erziehungund Bildung, Sonderpädagogik,Sozialpädagogik und Sozialarbeitweiter zu pflegen und auszubau-en.

Beatrice Bürgi,E-BibliothekarinFragt mich jemand nach meinemBeruf, so antworte ich entwedermit: «Ich arbeite als E-Bibliothe-karin an der UniversitätsbibliothekBern» oder «Ich bin IuD-Spezia-listin». Beide Antworten rufenmeistens ein stirnrunzelndes«Aha...?!» des Gegenübers her-vor und provozieren (bei vorhan-denem Interesse) die Folgefrage,was denn das sei. Dank wieder-holten Erklärungen verliere ichnie den Überblick über meine viel-fältigen Aufgaben in der E-Libraryder UB Bern.Begonnen hat meine bibliotheka-rische Laufbahn mit dem Vorprak-tikum für das IuD-Studium in denBibliotheken Erziehungswissen-schaft (BEW) und Exakte Wissen-schaften (BEWI ) der UniversitätBern. Nach zwei Jahren Vollzeit-studium an der Fachhochschule inChur und zwei freiwilligen Prak-tika im Goethe-Institut in Barce-lona und bei der Firma GABAin Münchenstein wechselte ichzum berufsbegleitenden Stu-dium, welches ich vergangenenHerbst abgeschlossen habe. Wäh-rend des Studiums arbeitete ichzuerst in der BEW, anschlies-send beschäftigte ich mich in derBibliothekskoordination mit elek-tronischen Zeitschriften.

Monika Stalder,DirektionssekretärinNormalerweise bereitet es mirkeine Mühe, alte Sachen wegzu-geben oder Unbrauchbares in denMüll zu werfen. Mit zwei Gegen-ständen ist dies allerdings anders:Bücher und Schuhe. Seit meinerKindheit bin ich eine fanatischeBücher- und Schuhsammlerin.Meine Berufswahl fiel aber we-der auf Bibliothekarin noch aufSchuhdesignerin, sondern auf diealtbewährte Ausbildung der kauf-männischen Angestellten, die ichin der ehemaligen Swiss DairyFood AG, heute Emmi, absolvierthabe. Nach meiner dreijährigenLehre verschlug mich meine ersteFestanstellung als Finance Assis-tent ins freiburgische Düdingen.Unter dem Motto «young, freeand wild» reiste ich dann im Jahr2005 nach Hawaii, wo ich meinhart gespartes Geld meiner bishe-rigen Berufstätigkeit liegen liess.Nach nur drei Monaten «easy li-ving» kehrte ich wieder zurück zumeinen Liebsten in die Schweiz.Ein halbes Jahr lang arbeitete ichtemporär in verschiedenen Unter-nehmen und im Oktober 2005wurde ich schliesslich in die Weltder Bibliothekare und Bücher derJuristischen Bibliothek der Uni-versität Bern eingeführt. Obwohlmir die Bibliotheksarbeit sehr vielSpass gemacht hat, war es den-noch nicht ganz das Richtige fürmich. Da kam mir die Stellenaus-

Personelles

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Neue Mitarbeitendeder UB stellen sich vor

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Zusammen mit meinem Lebens-partner und seinen zwei Kindernbin ich viel unterwegs in derNatur, sowohl auf dem Velo wiezu Fuss. Dafür ist unser Wohnort,Lueg in Affoltern i. E., ein optima-ler Ausgangspunkt. Meine musi-sche Ader lebe ich auf dem Saxo-fon und in verschiedenen Forma-tionen aus.

Anja Lorenz,RestauratorinVon der Ostsee kommend habeich viele Jahre in Berlin gelebt unddort meine Ausbildung zur Buch-binderin und anschliessend zurRestauratorin (Schwerpunkt Foto-grafie) erhalten. Während desStudiums begannen wundervolleWanderjahre, die mich als Prakti-kantin in Restaurierungswerkstät-

an das Institut für Kunstgeschich-te nach Bern kam, rechnete ichgar nicht mit einem längerenAufenthalt, zumal die Stelle auffünf Jahre befristet war. Aber imLeben kommt es oft anders alsman denkt. In meiner Dissertationhatte ich über die Restaurierungder Hagia Sophia in Istanbulim 19. Jahrhundert gearbeitet,ausgeführt von einem SchweizerArchitekten. Neben dem Lehr-betrieb konzipierten wir eineAusstellung über das byzantini-sche Bauwerk, die im BernischenHistorischen Museum und späterauch im Ausland gezeigt wurde.Danach arbeitete ich mehrereJahre freiberuflich, im Schweize-rischen Bundesarchiv, wo ichUnterlagen der Pro Helvetia er-schloss, und im Bereich der Denk-malpflege.

ten verschiedener Institutionennach Helsinki, Amsterdam undNordamerika geführt haben.2005/06 arbeitete ich als Studen-tin in Berliner Museen vor allemim Ausstellungsbereich.Nach dem Studienabschluss imvergangenen Herbst ist die Arbeitin der Zentralbibliothek meineerste Anstellung. Ich freue michauf die anspruchsvolle und ab-wechslungsreiche Arbeit im Res-taurierungsatelier und bin dank-bar, dass ich sehr gut ins Teamaufgenommen wurde.

Sabine Schlüter,Kuratorin HistorischeBeständeVon der Spree an die Aare – alsich vor zehn Jahren aus meinerHeimatstadt Berlin als Assistentin

Personelles

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v. l.n. r.:Regula Füllemann,Miriam Carbogno,Sandra Da Rin,Beatrice Bürgi,Sabine Schlüter,Monika Stalder,Anja Lorenz,Matthias Gurtner.

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Ich lese viel und gerne. Darüberhinaus interessieren mich alteBücher als historische Kulturgüter– Gegenstände, die Geschichtein unsere Zeit transportieren – in-haltlich und materiell. Meine neueAufgabe reizt mich wegen dervielfältigen Tätigkeit im Span-nungsfeld zwischen dem altenMedium Buch und den modernenBenutzenden. Zur physischen undgeistigen Entspannung fahre ichVelo in der schönen Berner Umge-bung und spiele gern Backgam-mon.

Miriam Carbogno,I+D-AssistentinVor fünf Jahren bin ich aus demKanton Thurgau nach Bern ge-zogen, wo ich während zweiein-halb Jahren als Primarlehrerin ge-arbeitet habe. Nach insgesamtacht Jahren des Unterrichtens ver-spürte ich zunehmend das Be-dürfnis, mich neu zu orientieren.Wie durch Zufall landete ich in derWelt der Bücher. Es war wohl dieRuhe der Bibliothek, die mich ma-gisch anzog. Die Bibliothek Sozial-wissenschaften der UniversitätBern bot mir die Möglichkeit einesPraktikums. Schnell war mir klar,dass ich die Ausbildung zur IuD-Assistentin in Angriff nehmenwollte. Im Juni werde ich die Be-rufslehre für Erwachsene ab-schliessen. Nun habe ich dasGlück, noch vor Abschluss meinerLehrzeit eine feste Stelle gefun-den zu haben. Seit Anfang Aprilarbeite ich in der Zentralbiblio-thek der Universität Bern in denAbteilungen Fernleihe und Aus-leihe. Von beiden Teams wurdeich herzlich empfangen. Die Ab-wechslung zwischen Bibliotheks-

asiatische Archäologie und alto-rientalische Sprachen, Anthro-pologie und Anatomie studiert.Nach meinem Abschluss arbeiteteich während viereinhalb Jahren alsArchäologe in Triesen im Fürsten-tum Liechtenstein. Zu meinenAufgaben gehörten die Auswer-tung und Publikation der eisen-zeitlichen Grab- und Siedlungs-funde vom Runda Böchel in Bal-zers. Seit zwei Jahren bin ich fürdie Universitätsbibliothek tätig,zuerst als Bibliothekar in verschie-denen Instituten, danach in derVerbundzentrale. Ich bin dort fürFragen und Ausbildungen imZusammenhang mit dem Erwer-bungsmodul des Bibliothekssys-tems Aleph zuständig. Seit dem1. Januar 2007 bin ich zusätzlichbei der Zentralbibliothek alsFachreferent für Altertumswissen-schaften angestellt. Innerhalb derUniversitätsbibliothek arbeite ichalso einerseits mit den Fachleutender verschiedenen Bibliothekenzusammen, andererseits gebe ichmein Wissen als Fachreferent andie Studierenden der UniversitätBern weiter.

arbeit an der Front und im Hinter-grund gefällt mir sehr. Ich freuemich, meine Ausbildung in Kürzeabzuschliessen und mich wiederselbst gewählter Lektüre zuzu-wenden. Seit einem längerenAufenthalt in Amsterdam lese ichvorwiegend Bücher auf Hollän-disch.

Regula Füllemann,Mitarbeiterin der AbteilungErwerbung/ZeitschriftenSeit dem 1. Januar 2007 bin ich zu50% in der Abteilung Erwer-bung/Zeitschriften der Zentralbi-bliothek angestellt. Ab diesemDatum häufen sich Zeitschriftenund Zeitungen aus allen HerrenLändern auf meinem Pult, die dar-auf warten, inventarisiert und anden richtigen Standort gebrachtzu werden. Die Bearbeitung die-ser vielfältigen Medien macht mirgrosse Freude.Mein «zweites Standbein» habeich im Kunstmuseum Bern, wo ichin verschiedenen Abteilungen ge-arbeitet habe. Seit diesem Jahrbin ich nur noch in der Bibliothektätig.Die Arbeiten in den beiden Biblio-theken mit Kunstbüchern undZeitschriften ergänzen sich fürmich optimal, da ich gerne Infor-mationen über kulturelle Themen,Reisen und sonstiges Wissenhabe.

Matthias Gurtner,Mitarbeiter der Verbund-zentrale/Fachreferentfür AltertumswissenschaftenIn den 90er-Jahren habe ich anden Universitäten Bern und BaselUr- und Frühgeschichte, Vorder-

Personelles

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MaiMi, 2., 9.00 Seniorenkurs

Bücher und andere Medien finden

Mo, 7., 17.15 Kulturelle Führung durch dieBibliothekGeschichte, Bestände undDienstleistungen derZentralbibliothek

Di, 8., 12.30 Buch am MittagCHRISTINE FELBER: schön billig.Reclam und die Ästhetik desMassenbuchs

Di, 8., 13.15 Führung zur AusstellungReclam. Die Kunst derVerbreitung

Mi, 30., 18.30 Führung im Restaurierungs-atelier

JuniMi, 6., 17.30 Führung zur Ausstellung

Reclam. Die Kunst derVerbreitung

Mi, 6., 18.30 Vortrag zur AusstellungCHRISTINE WYSS: Rechtefreioder populär?Kriterien zur Publikation vonTheatertexten in ReclamsUniversal-Bibliothek

Di, 12., 12.30 Buch am MittagHUBERT STEINKE: InszenierteKörper. Anatomie-Atlanten in derfrühen Neuzeit

Mi, 20., 18.30 VortragANNA AMACHER: DynamischeBerner. Wie der Kanton Bern zur stärksten Lokomotive derWelt kam. BLS und BKWzwischen 1902 und 1914

Do, 28., 18.00 Vernissage zur AusstellungMusik in Bern zwischen Spät-mittelalter und Reformation

Ausstellungen und Veranstaltungen

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VeranstaltungskalenderSommersemester 2007

Ort der Veranstaltungen:Universitätsbibliothek Bern, Zentralbibliothek, Münstergasse 61, 3000 Bern 8

Weitere Informationen:[email protected],Telefon 031 631 92 56

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AusstellungenMärz bis Oktober

Reclam. Die Kunst der Verbreitung –Sammlung Georg Ewald Generationen von Lesern haben sie an die grossenTexte der Weltliteratur herangeführt, von Schülernund Theaterleuten wurden sie heftig bearbeitet, zuSoldaten ins Feld transportiert und von Reisendenüberallhin mitgeführt: die kleinen gelben, früherhellbeigen Reclamhefte der Universal-Bibliothek. Seitihrer Entstehung 1867 bedienen sie eine breite Leser-schaft, und ihre Absicht hat bis heute Gültigkeit be-wahrt: anspruchsvolle Texte in sorgfältiger Ausstat-tung zu einem erschwinglichen Preis zu bieten. Fasziniert von diesem Reihenwerk und seiner vielsei-tigen Nutzung, aber auch von den Vermarktungs-ideen des Reclam Verlags hat der Frankfurter Anti-quar Georg Ewald in den vergangenen zwanzig Jah-ren eine beachtliche Sammlung von Reclam-Raritä-ten aufgebaut, die nun in einer Ausstellung präsen-tiert werden. Neben der nachweislich nur noch in zwei Exempla-ren vorhandenen Nr. 1 der Universal-Bibliothek, Goe-thes Faust 1, zeigt die Ausstellung Geschenk- undLuxusausgaben, bekritzelte Schüler- sowie Lehrer-exemplare, Tarnschriften und als Vertriebsmittel die«Tragbare Feldbücherei» und einen Bücherautoma-ten. Dass die Ausstellung in Bern in das Jahr des200. Geburtstags des Verlagsgründers Anton PhilippReclam (1807–1896) fällt, ist ein schöner Zufall.

Ort: Ausstellungsraum der Zentralbibliothek,Münstergasse 63, 3000 Bern 8Dauer: 16. März bis 16. Juni 2007

Musik in Bern zwischen Spätmittelalterund ReformationDie Musikleben der Stadt Bern im 15. und 16. Jahr-hundert war ausgesprochen vielfältig: Bereits 1438komponierte der bedeutendste Komponist des 15.Jahrhunderts, Guillaume Dufay, ein musikalischesStädtelob auf Bern. Später verfügte die Stadt nichtnur über die «obligatorischen» Stadtpfeifer, sie fi-nanzierte auch eine leistungsfähige Kantorei amMünster, an der bedeutende Musiker wie Bartholo-mäus Frank, Johannes Wannenmacher und derSchweizer Cosmas Alder tätig waren. Obwohl dieReformation einen gravierenden Einschnitt für dieMusikpflege darstellte, sorgte der in Bern tätige Dru-cker Mathias Apiarius dafür, dass die Stadt nun aufanderem Gebiet musikhistorische Bedeutung erlang-te, indem er zwischen 1537 und 1553 vier Musikdru-cke vorlegte. Die Ausstellung, die im Rahmen einesSeminars am Institut für Musikwissenschaft kon-zipiert wird, will dieses Kapitel der Berner Musik-geschichte wiedererstehen lassen und anhand vonQuellenreproduktionen erfahrbar machen.

Ort: Ausstellungsraum der Zentralbibliothek, Münstergasse 63,3000 Bern 8Dauer: 29. Juni bis 13. Oktober 2007Vernissage: Do, 28. Juni 2007, 18.00 Uhr,Vortragssaal der Zentralbibliothek, Münstergasse 63, 3000 Bern 8

Libernensis 1.2007 29

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Universitätsbibliothek BernMünstergasse 61, 3000 Bern 8Telefon 031 631 92 11Telefax 031 631 92 99E-Mail [email protected]

Ansprechpersonen– Direktorin

Prof. Dr. Susanna Bliggenstorfer– Vizedirektorin

Marianne Rubli Supersaxo,lic. phil./exec. MBA HSG

– Leiter RessourcenChristian Lüthi, lic. phil.

– DirektionssekretariatRosmarie Lehmann, Monika Stalder

– PersonalwesenBeatrix Glättli-Maurer

– ÖffentlichkeitsarbeitChristine Felber, lic. phil./MAS

– InformatikAlfred Fasnacht

– VerbundzentraleDaniel Wyss

– BenutzungJudith Fahrländer

– Erwerbung, E-LibraryMarion Prudlo, MA/MLIS

– FormalkatalogSabine Wahrenberger

– SachkatalogAdrian Waldmann, lic. phil.

– FachreferateJörg Müller, lic. phil.

– Historische Bestände, KonservierungUlrike Bürger, lic. phil.

ImpressumLIBERNENSIS, Zeitschrift der Universitäts-bibliothek Bern 1’2007Erscheint zweimal jährlich– Redaktion

Christine Felber, Christian Lüthi,Bettina v. Greyerz, Christophe v. Werdt

– Redaktionsadresse/AnzeigenUniversitätsbibliothek BernChristine FelberÖffentlichkeitsarbeitMünstergasse 613000 Bern 8Telefon 031 631 92 56Telefax 031 631 92 99E-Mail [email protected]

– KorrektoratJeannot Schoell

– Gestaltung und SatzBernet & Schönenberger, Zürich

– DruckRub Graf-Lehmann AG, Bern

ISSN 1660–2439

BildnachweiseTitelbild: Heini Stucki, Biel. – S. 4, 5: UB. – S. 7, 19,21, 22, 23: Heini Stucki, Biel. – S. 8: Staatsarchiv des Kantons Bern. – S. 9, 33 (rechts): Burgerbiblio-thek Bern. – S. 10, 12, 32 (links): Sammlung Georg Ewald, Frankfurt a. M. – S. 11: Rainer Wohl-fahrt, Alzenau (D). – S. 13: UB, Christian Lüthi. – S. 14, 15: Giuliani Hönger Architekten, Zürich. – S. 16, 17: Nicolas Kyramarios. – S. 27: BibliothekExakte Wissenschaften. – S. 30: UB, AlfredFasnacht. – S. 32 (rechts): UniversitätsbibliothekBern, Zentralbibliothek, P.W.101. – S. 33 (links)Hans Traxler, Frankfurt a. M.

Ansprechpersonen/Impressum

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rubmediagraf-lehmann

Murtenstrasse 40, 3001 BernFon 031 380 14 80, Fax 031 380 14 [email protected], www.rubmedia.ch

DruckereiVerlagNeue Medien

Luat eienr Stduie der Unievrstiät von Cambrdige speilt es kenie

Rlloe, in welcehr Reiehnfogle die Buhcstbaen in eniem Wrot

sehten, whictig für das Vtenrsdänis ist enizig, dsas der ertse und der

lettze Buhcstbae stmimen. Acuh wnen der Rset ein völilges Duch-rienanedr bidelt, knan der Txet prboelmols gelseen wreden.

Usner Ague lseit nälmich nciht jeedn ezeinlnen Buhcstbaen.Ertsuanlcih, nihct?

Unsere Korrektoren richten ihr Augenmerk auf jeden

Buchstaben. Nicht nur in Zeitschriften, sondern bei unserer

gesamten Drucksachenpalette.

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