TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin...

70
TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Pat zelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz

Transcript of TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin...

Page 1: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Hauptseminar:

Der Ragin – Ansatz

Page 2: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Zweck des Hauptseminars

in die Logik und Methodik der politikwissenschaftlichen Vergleichsforschung einführen bzw. schon Bekanntes vertiefend wiederholen

vor Augen führen, wie unbefriedigend bislang die Lösungen zentraler Probleme der Vergleichsforschung sind

in den von Charles Ragin entwickelten Ansatz makro-qualitativer Vergleichsanalyse einführen, der wichtige jener Probleme zu lösen verspricht

in zwei PC-lauffähige Programme einführen, mittels welcher ein jeder diesen Ansatz forschend verwenden kann

die Verwendung dieses Ansatzes in Arbeitsgruppen einüben, die forschend (!) an einer wichtigen Fragestellung arbeiten: Wovon hängt weltweit der Erfolg demokratischer Systemkonsolidierung ab?

Page 3: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

HS Der Ragin-Ansatz

Seminarplan4.4. Einführung I: Probleme des Vergleichens in der

PolitikwissenschaftProf. Dr. Werner J. Patzelt

11.4. Einführung II: Der Ragin-Ansatz Prof. Dr. Werner J. Patzelt

18.4. Einführung III: fs/QCA und TOSMANA Prof. Dr. Werner J. Patzelt

25.4. AG: Thema, Fragestellung und Variablen Präsentationen der Arbeitsgruppen

2.5. Demokratische Konsolidierung in Osteuropa Gastvortrag Dominique Meyer

9.5. Präsentation TOSMANA Referat AG 1

16.5. -- entfällt wegen Pfingstferien --

23.5. Präsentation QCA Referat AG 2

30.5. Präsentation fs/QCA Referat AG 3

6.6. Präsentation Vergleichsstudien Ragin – klass. Statistik

Referat AG 4

13.6. Präsentation Demokratische Konsolidierung in Lateinamerika

Präsentation AG 1

20.6. Präsentation Demokratische Konsolidierung in Asien

Präsentation AG 2

27.6. Präsentation Demokratische Konsolidierung in Afrika

Präsentation AG 3

4.7. Präsentation Demokratische Konsolidierung in Westeuropa

Präsentation AG 4

11.7. Abschlußsitzung Nutzen und Mehrwert des Ragin-Ansatzes in der Politikwissenschaft

Page 4: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Bildung von Arbeitsgruppen

Es werden vier Arbeitsgruppen gebildet. Jeder Seminarteilnehmer ist verpflichtet, in einer

Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Die Arbeitsgruppen arbeiteten selbständig und

parallel zu den regulären Veranstaltungsterminen.

Die für die Durchführung der Datenanalyse in den Arbeitsgruppen notwendige Software (TOSMANA und fs/QCA) wird von jedem Teilnehmer auf seinem PC installiert.

TOSMANA und fs/QCA sind kostenlos unter www.compasss.org oder über www.tu-dresden.de/phfipo/polsys/ herunterladbar.  

Page 5: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Themen der Arbeitsgruppen

AG 1 Demokratische Konsolidierung in Lateinamerika

AG 1 Demokratische Konsolidierung in Afrika

AG 1 Demokratische Konsolidierung in Asien

AG 1 Demokratische Konsolidierung in Westeuropa

  Abhängige Variable für die Analyse in den

Arbeitsgruppen ist jeweils der Erfolg demokratischer Konsolidierung in den Weltregionen

Page 6: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Aufgaben der Arbeitsgruppen

Identifikation geeigneter unabhängiger Variablen 8 Variablen werden verbindlich für alle Arbeitsgruppen vorgegeben,

mindestens 3 weitere regionenspezifische Variablen werden von den Arbeitsgruppen zusätzlich identifiziert

Indikatorensuche und Operationalisierung der Variablen

selbständige Datenerhebung zu diesen Variablen quer über die Untersuchungsfälle der eigenen Arbeitsgruppe durch Literatur- und Internetrecherchen

Analyse dieser Daten mit Tosmana und fs/QCA; je nach verfügbarer statistischer Kompetenz auch – für Vergleichszwecke – parallel klassischen statistischen Methoden

schriftliche und mündliche Ergebnispräsentation (Seminarvortrag & kollektives Forschungspapier)

Page 7: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Voraussetzungen für den Erwerb eines HS-Scheins

Regelmäßige Präsenz in den Hauptseminarsitzungen aktive Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe Übernahme der Zuarbeiten zu einem Referat über die

Ergebnisse der Arbeitsgruppe oder eines Referats bzw. Übernahme der Rolle eines Diskutanten

regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminargespräch Mitarbeit bei der Anfertigung eines ca. 50-seitigen

gemeinsamen Forschungspapiers über die durchgeführte Analyse Jede Arbeitsgruppe soll selbst entscheiden, ob sie im kollektiven ca. 50seitigen

Forschungspapier individuelle Beitrage auszuweisen wünscht, die dann auch individuell benotet werden, oder ob das Forschungspapier als Gruppenleistung allen als Autoren aufgeführten Mitgliedern der Arbeitsgruppe gleichermaßen angerechnet werden soll.

Page 8: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Noch Fragen? –

Bitte!

Page 9: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Einführung I:

Leitgedanken und Probleme politikwissenschaftlicher

Vergleichsforschung

Page 10: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Das „ganze Geheimnis“ der Vergleichsforschung

1. Man hat eine Frage, auf die sich eine verläßliche Antwort nur nach Durchführung eines Vergleichs erarbeiten läßt (etwa: „Durch welche staatlichen Maßnahmen läßt sich Arbeitslosigkeit verringern?“).

2. Man macht sich klar, auf welche Wirklichkeitsmerkmale man achten muß, wenn man eine zuverlässige Antwort auf diese Frage erarbeiten will, und legt so die benötigten Vergleichskategorien (bzw. ‚Vergleichsvariablen’) fest (etwa: Flexibilisierung vs. Regulierung des Arbeitsmarktes, Sicherstellung geringer vs. hoher Arbeitslosenhilfe usw.).

3. Man erwägt, welche Vergleichsfälle man einbeziehen muß, um sowohl die volle Spannweite der Ausprägungen der Vergleichsvariablen im Untersuchungsmaterial vorzufinden als auch von den Befunden verallgemeinernde Schlüsse ziehen zu können, und gelangt so zur Fallauswahl.

4. Man betrachtet nach- und nebeneinander jeden Vergleichsfall im Licht jeder Vergleichskategorie und versucht dabei, ‚Muster’ oder ‚Regelmäßigkeiten’ oder ‚Zusammenhänge’ zu erkennen.

5. Man formuliert sodann auf der Grundlage der so gewonnenen Einsichten eine Antwort auf seine den gesamten Vergleich anleitende Forschungsfrage (etwa: „Tut folgendes, nämlich …., um die Arbeitslosigkeit zu verringern!“)

tig

: V

orv

erst

änd

nis

– d

urc

h E

inle

sen

!

„Schön – aber wie geht das genau?

Page 11: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die Logik des Vergleichens

Theorie

Empirie

Man hat eine Frage, die nur durch einen Vergleich beantwortet werden kann. Typische Fragen: Wann / Warum ist etwas der Fall? Wie läßt sich

folgendes Problem lösen, und welche Lösungen scheitern in der Regel? Wenig sinnvoll: Was ist gleich / verschieden?

Man stellt fest, welches die für jene Frage am besten geeigneten Vergleichskategorien sind ( Theorie).

Man wählt geeignete Vergleichsfälle aus ( Stichprobe). Man trägt zu den Vergleichsfällen anhand der Vergleichskategorien

jene Informationen ( Datenerhebung) zusammen, auf die man dann seinen Vergleich gründet.

Man vergleicht die Fälle anhand der Vergleichskategorien gestützt auf eine Analyse jener Informationen ( Datenanalyse).

Man formuliert anhand der Vergleichsergebnisse eine Antwort auf seine Frage.

Page 12: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die Aufgabe von Theorie

Betrachtung von Vergleichsfällen

Antwort auf die Forschungsfrage

Vermutungen / Beobachtungen(‚Ausgangstheorie‘)

‚Ergebnistheorie‘

Funktioniert Beschwichtigungspolitikebenso gut wie Drohung mit Gegengewalt?

anhand von Vergleichskategorien: Beschaffung von Informationen

Wie kann man Kriege verhindern?

Forschungsfrage z.B.:

Theorie

Empirie

Page 13: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Stichproben Eine Stichprobe ist eine Auswahl aus einer Grundgesamtheit. Eine Grundgesamtheit ist die Menge aller empirischer Referenten, über die man

etwas aussagen will. Stichproben untersucht man dann, wenn man Grundgesamtheiten nicht untersuchen

kann, will oder muß. Eine Aussage über eine Stichprobe kann dann auf eine Grundgesamtheit

verallgemeinert werden, wenn es sich um eine repräsentative Stichprobe handelt. Eine repräsentative Stichprobe ist eine Stichprobe, bei der jedes Element der

Grundgesamtheit die gleiche Chance hatte, in die Stichprobe zu gelangen, und nur der Zufall entschied, welche Elemente tatsächlich in die Grundgesamtheit gelangten (‚Zufallsstichprobe‘).

Praktisch erlauben auch Quotenstichproben oft wahre Verallgemeinerungen auf die Grundgesamtheit.

Oft arbeitet man mit theoriegesteuerten Stichproben: Theoretische Überlegungen legen fest, welche Vergleichsfälle man hinsichtlich welcher Vergleichskategorien zur (vorläufigen) Beantwortung einer bestimmten Frage untersuchen muß.

Alle anderen Stichproben als Zufalls-, Quoten- und theoriegesteuerte Stichproben heißen ‚willkürliche‘ Stichproben und erlauben keine Verallgemeinerungen auf die Grundgesamtheit.

typisch für Vergleichsstudien:

theoriegesteuerte Stichproben

Page 14: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

nötige Vorarbeiten eines sinnvollen Vergleichs

präzise Formulierung der Frage, die durch den Vergleich beantwortet werden soll (am besten: direkter Fragesatz)

Klärung der Begriffe (= Vergleichskategorien, ‚analytische Kategorien‘), anhand welcher man die zu vergleichenden Fälle beschreiben will

anhand dieser Begriffe: Formulierung einer Vermutung, wie die gesuchte Antwort möglicherweise lauten könnte = Bildung eines ‚Erklärungsmodells‘, eines ‚Set von analytischen

Kategorien‘ Auswahl der Vergleichsfälle so, daß die forschungsleitenden

Begriffe ‚an ihnen etwas greifen können‘nötigenfalls: Modifizierung von forschungsleitenden Begriffen und Erklärungsmodell so, daß die analytischen Kategorien zum verfügbaren Fall- und Datenmaterial passen – doch immer noch eine Antwort auf die Forschungsfrage erlauben!

‚Theoriearbei

t‘

Page 15: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Der Zweck von (ausdrücklicher) Vergleichsforschung allgemein

Aufbrechen gruppenspezifischer oder ethnozentrischer Betrachtungsweisen Grundlage aller Wissenschaft (‚sich Wundern‘)

Kontrolle von VerallgemeinerungenEinstieg in systematisches Forschen

Überprüfung von bedingten Hypothesen Einstieg in …

experimentelle Forschung (v.a.: Natur- und Technikwissenschaften)

quasi-experimentelle systematische Vergleichsforschung darunter insbesondere: Evaluationsforschung

Page 16: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Kontrolle von Verallgemeinerungen

Nur durch Vergleich läßt sich feststellen, ob eine am vertrauten Fall gewonnene und ihrer Plausibilität wegen für verallgemeinerbar gehaltene Einsicht in vermutete Regelmäßigkeiten und ihre Bedingungsmuster wirklich verallgemeinerbar ist. Praxisnutzen von wissenschaftlichen Befunden

Dabei hängt es ganz von der Auswahl und Zusammensetzung der in die Untersuchung einbezogenen Vergleichsfälle ab, wie weit die jeweilige Verallgemeinerung aus guten Gründen reichen mag. Stichprobentheorie und die Grenzen ihrer praktischen Anwendbarkeit

Keine Wissenschaft, die – wie die Sozialwissenschaften – mehr anstrebt als Idiographie, kommt ohne vergleichendes Vorgehen aus. Streitpunkt: implizites (‚qualitatives‘) vs. explizites (‚quantitatives‘)

Vergleichen Die bei solchem Vergleichen erzielten, einzelfallübergreifenden

Einsichten lassen sich ihrerseits in Theorien mehr oder weniger großer Reichweite zusammenfassen oder in solche Theorien einbeziehen. Theoriebildung als Zweck von Vergleichsforschung; Modell- und

Typenbildung als Zwischenschritte auf dem Weg zur Theoriebildung

Page 17: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Überprüfung bedingter Hypothesen Hypothesen zu überprüfen, ist Teil der Erarbeitung bzw. Überprüfung

von Theorien. „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie!“

Schon Theorien recht geringer Komplexität beinhalten meist die Vorstellung, … daß ein bestimmter Zusammenhang zwischen A und B nicht immer besteht

oder wirksam ist, sondern nur dann, wenn zugleich Z vorliegt (Z = ‚Drittvariable‘,

‚intervenierende Variable‘). Um eine solche ‚bedingte Hypothese’ zu prüfen, muß man …

Fälle, in denen A und B und Z allesamt gegeben sind, mit solchen Fällen vergleichen, in denen zwar jeweils A und B gegeben ist,

nicht aber Z.= ‚Drittvariablenkontrolle‘ (wobei es nötig sein kann, mehrere ‚Drittvariablen‘

zu kontrollieren). Offenbar hängt ganz vom Ergebnis solcher Überprüfungen ab, als wie

weit verallgemeinerbar eine Wenn/Dann-Aussage gelten kann.

Page 18: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel für eine ‚bedingte Hypothese‘

„Freie Wahlen (A) einer Vertretungskörperschaft …

werden zur Responsivität (B) der Repräsentanten gegenüber den Repräsentierten führen –

aber nur dann, wenn diese Wahlen periodisch erfolgen und obendrein in nicht zu kurzen Abständen (Z)!“

Wie sieht die logische Struktur eines

solchen ‚Erklärungsmodells‘ aus?

Page 19: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Was ist ein Erklärungsmodell?

Was soll erklärt werden?= ‚abhängige‘ Variable

Wodurch soll erklärt werden?= ‚unabhängige‘ Variable(n)

zu berücksichtigende Rahmenbedingungen= ‚intervenierende‘ Variable(n)

D

C

B

A

Wenn/Dann-Aussagen

Arbeitslosig

keit

Lohnkosten

Auftragsla

ge

Preis/Leistu

ngsverhältnis

der Mitbewerber

= erfassen jene Bedingungen, unter denen eine Wenn / Dann-Aussage mit den Tatsachen übereinstimmt

Page 20: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Wenn/Dann-Aussagen

einfach: „Wenn es ein absolutes Mehrheitswahlrecht gibt, dann wird es wenige Parteien geben!“

kompliziert: „Wenn X, dann mit % Wahrscheinlichkeit Y, falls auch noch Z vorliegt!“ Achtung: Die Verbindung von Aussagen selbst mit

ihrerseits hohen Wahrscheinlichkeiten führt rasch zu geringen Gesamtwahrscheinlichkeiten!

Beispiel: Wenn X, dann mit 70% Wahrscheinlichkeit Y (p=0,7). Wenn Z, dann mit 70% Wahrscheinlichkeit Y (p=0,7). Wahrscheinlichkeit, daß X gemeinsam mit Z auftritt: 70% (p=0,7). Wahrscheinlichkeit, daß X und Z gemeinsam vorliegen und es somit

zu Z kommt: 0,7 x 0,7 x 0,7 = 0,49 x 0,7 = 0,34

Achtung: p(A) = 50 meint: ‚Es ist gleich wahrscheinlich, daß A auftritt oder nicht auftritt!‘

Page 21: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Vergleich als ‚Experiment‘

?

Vergleich

Aha!

„Was muß ich also an einem System verändern, damit es eine andere Wirkung

zeitigt?“

Th

eori

e:

an

aly

tisc

he K

ate

gori

en

, ‚E

rklä

run

gsm

od

ell‘

‚hinreichende‘ und ‚notwendige‘ Ursachen

Page 22: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

hinreichende und notwendige Ursachen

Eine ‚hinreichende‘ Ursache ist ein Faktor B, der in jedem Fall dazu führt, daß das Ergebnis Z zustande kommt. Aber: Es ist nicht notwendig, daß B vorliegt, um Z zustande

kommen zu lassen. Ebenso können die Faktoren K und L das Ergebnis Z zustande kommen lassen.

Beispiel: Wenn man Z töten will, reicht es aus, ihn zu erwürgen. Man kann ihn aber ebensogut erschießen oder erdolchen.

Eine ‚notwendige‘ Ursache ist ein Faktor A, der für das Zustandekommen des Ergebnisses Z unbedingt vorliegen muß. Aber: Es reicht nicht aus, daß A vorliegt, um Z zustande kommen

zu lassen. Vielmehr müssen auch noch die Faktoren X und Y hinzutreten.

Beispiel: Wer eine Villa mit Blick auf den Genfer See kaufen will, muß Geld dafür haben. Doch alles Geld nutzt solange nichts, wie niemand eine Villa mit Blick auf den Genfer See zum Kauf anbietet.

Page 23: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Denkwerkzeug bei vergleichender Forschung

Fragestellung forschungsleitende TheorieModellbildung falls noch keine forschungsleitende Theorie

greifbar und noch keinerlei Modellbildung möglich ist: Suche nach ‚erkenntnisleitenden Anregungen‘, nämlich nach Homologien und Analogien

fragestellungsadäquate Begriffsbildung

Was tut man eigentlich beim Vergleichen?

Page 24: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Was tut man beim Vergleichen?

Frage: Warum kommt es zu ‚D‘ ?

Kategorien:

Fälle: X Y Z

Vergleich

Antwort

A B C D

Page 25: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

dabei entstehende ‚Datenstruktur‘:

Fall 1

Fall 3

Fall 2

Fall n

Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie k…

Beobachtung 3,1 Beobachtung 3,2 Beobachtung3,k…

Beobachtung 2,1 Beobachtung 2,2 Beobachtung 2,k…

Beobachtung 1,1 Beobachtung 1,2 Beobachtung 1,k…

… … … …

Beobachtung n,kBeobachtung n,1 Beobachtung n,2 …

… ………Problem: ‚fehlende Daten‘, d.h.: wenn für eine Zelle dieser Datenmatrix

keine Beobachtung (= Variablenwert pro Fall) gemacht werden kann.

Die Antwort auf die Vergleichsfrage wird erarbeitet, indem eine solche ‚Datenmatrix‘ ausgewertet wird

Page 26: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

forschungsanleitende Variablen

abhängige Variable(n)Gruppierungsvariable(n), definiert /

definieren ‚Vergleichsschichten‘unabhängige Variable(n) intervenierende Variable(n)Hintergrundvariable(n)

‚endogene‘ Variablen

‚exogene‘Variable(n)

übersichtlich zusammenstellen in einem ‚Pfeilmodell‘ !

Page 27: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

abhängige Variable(n)

Sie beziehen sich auf das, was durch den Vergleich verstanden bzw. erklärt werden soll, also: worauf sich die durch die Vergleichsstudie zu beantwortende Forschungsfrage richtet.

Beispiele: Auftreten von RevolutionenStabilisierung demokratischer VerfassungsstaatenHöhe der innerstaatlichen BildungsausgabenAnteil der Nichtwähler unter den Wahlberechtigten

Page 28: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Gruppierungsvariable

Sie legt – bezogen auf die Forschungsfrage – die Vergleichsfälle und gegebenenfalls deren Einteilung in Gruppen von Vergleichsfällen fest. d.h.: Sie definiert die Vergleichsfälle und

‚Vergleichsschichten’. Beispiele:

Systemtyp: totalitäre Diktatur vs. demokratischer Verfassungsstaat

Typ des Regierungssystems: parlamentarische Regierungssysteme vs. präsidentielle Regierungssysteme

Bildungsausgaben: Staaten mit niedrigen Bildungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung vs. Staaten mit hohen Bildungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung

Klar: Eine Gruppierungsvariable hat mindestens zwei und ansonsten beliebig viele Ausprägungen !

Page 29: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

unabhängige Variable(n)

Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen angenommen wird, sie übten Einfluß auf das Auftreten oder die Ausprägung der abhängigen Variablen aus.

d.h.: Sie legen die Vergleichskategorien fest. Beispiel: Warum haben Abgeordnete

Parteiführungspositionen inne?abhängige Variable: Innehaben von

Parteiführungspositionenunabhängige Variablen u.a.:

Wahlrecht bei Parlamentswahleninnerparteilichen NominierungsbestimmungenFaktoren innerparteilichen Einflusses eines Abgeordneten

Page 30: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

intervenierende Variable(n) Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen man vermutet, von

ihrem Vorliegen oder von ihrer Ausprägung hänge ab, wie sich der Zusammenhang der unabhängigen Variablen mit der abhängigen Variable im einzelnen gestaltet. Beispiel: Man kann vermuten, der Zusammenhang zwischen

periodischen Wahlen zu einer Vertretungskörperschaft und deren Responsivität hinsichtlich der Wähler hänge davon ab, ob es sich um wirklich freie Wahlen handele; die intervenierende Variable wäre somit die ‚Freiheit der Wahl’.

Die intervenierenden Variablen umsichtig auszuwählen, ist wichtig vor allem für die Überprüfung bedingter Hypothesen.

Ist letzteres der zentrale Zweck einer Vergleichsstudie, so werden die zu berücksichtigenden intervenierenden Variablen sogar ausschlaggebend für die Festlegung der Gruppierungsvariablen sein, also: für die Auswahl der Vergleichsfälle. In der Regel wird die zentrale intervenierende Variable (etwa:

Staaten mit freien Wahlen vs. Staaten mit Scheinwahlen) dann selbst zur Gruppierungsvariable.

Page 31: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Was ist ein Erklärungsmodell?

Was soll erklärt werden?= ‚abhängige‘ Variable

Wodurch soll erklärt werden?= ‚unabhängige‘ Variable(n)

zu berücksichtigende Rahmenbedingungen= ‚intervenierende‘ Variable(n)

D

C

B

A

Wenn/Dann-Aussagen

Arbeitslosig

keit

Lohnkosten

Auftragsla

ge

Preis/Leistu

ngsverhältnis

der Mitbewerber

= erfassen jene Bedingungen, unter denen eine Wenn / Dann-Aussage mit den Tatsachen übereinstimmt

Page 32: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Hintergrundvariable(n)

Sie beziehen sich auf Sachverhalte, die … einen auch bei der gerade zu beantwortenden Frage

sinnvollerweise zu berücksichtigenden Einfluß auf die Ausprägungen der unabhängigen (und womöglich auch der abhängigen) Variablen haben dürften,

ihrerseits aber nicht im Zentrum der um die vergleichsanleitende Fragestellung gelagerten theoretischen Aufmerksamkeit stehen.

Beispiel ‚Staatenvergleich‘: Ausdehnung der verglichenen Staaten Bevölkerungsanzahl der verglichenen Staaten geschichtliche Prägung der verglichenen Staaten

Beispiel ‚Vergleich politischer Kulturen‘: Bildungsstand der Befragten Alter der Befragten Geschlecht der Befragten

Page 33: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

abhängigeVariable

unabhäng. Variable 1

unabhäng. Variable 2

intervenierende Variablen

abhängigeVariable

unabhäng. Variable 1

unabhäng. Variable 2

intervenierende Variablen

Struktur eines Pfeilmodells

abhängigeVariable

Gruppierungsvariable Fallgruppen

unabhäng. Variable 1

unabhäng. Variable 2

intervenierende VariablenHin

terg

run

dva

riab

len 1

2

3

‚endogene‘ Variablen‚exogene‘ Variablen

Page 34: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Arten von Zusammenhängenin Pfeilmodellen

Wechselwirkung, Korrelation

(einfache) Kausalkette

rekursive Kausalkette

abhängige Variable

unabh.Variable A

unabh.Variable B

Hintergrund-variable A

einfacher Kausalzusammenhang

doppelterKausalzusammenhang

Hintergrund-variable B

rekursive ‚vermaschte‘ Kausalkette

Beispiele

Page 35: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Zweck von (Pfeil-) Modellen

Ordnung der eigenen Gedanken zur Bildung einer ‚Vortheorie‘, welche dann das empirische Forschungsvorhaben anleitet bei der … Festlegung der Variablenstruktur Erstellung der Erhebungsinstrumente Auswahl der Modelle der Datenanalyse (‚vom Pfeilmodell zum

Pfadmodell‘, ‚von der Vier-Felder-Tafel zur Kreuztabelle‘) Ergebnisinterpretation

Verdichtung der forschungsleitenden Hypothesen in einem Modell, welches … dann ‚vorhersagt‘, was die Forschungsergebnisse ‚zeigen

werden‘ und aufgrund der tatsächlich erzielten Ergebnisse dann

verifiziert, falsifiziert oder modifiziert wird Zusammenfassung verfügbarer Ergebnisse und Theoreme,

d.h.: Theoriebildung, die den Forschungsstand entweder (nur) überschaubar macht oder gleich weiterentwickelt

nun auch: Modelle der ‚positive political theory‘ ( Rational choice-Modelle)

Page 36: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel: Pfeilmodell zur Erklärung von Fraktionsdisziplin

Erwartungen der Öffentlichkeit, wie sie von Abgeordneten und parlamentarischen

Führern wahrgenommen werden

Fraktionsdisziplin

rationales bzw. zweckgeleitetes Handeln

der Abgeordneten

gekonnte Führungspraktiken

effektive, auf Erfahrungen beruhende Regeln und

Strukturen

Funktionslogik eines parlamentarischen Regierungssystems mit starken Parteien,

die von Abgeordneten geführt werden

direkter Einfluß

mittelbarer Einfluß

Einfluß über Antizipation (‚Vorauswirkung‘)

mögliche Widersprüche !

Page 37: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

‚Schlüsselvariablen’:- institutionenbezogene Vertrauensbereitschaft- jeweilige institutionelle Vertrauenswürdigkeit (im Urteil der Befragten)

mit den ‚Schlüsselvariablen’ zusammenwirkende Variablen, abgeleitet aus den forschungsleitenden Hypothesen:

Theoriebereich ‚latenter Verfassungskonflikt’ (Patzelt)

- Berichterstattung über die Institution- Passung der populären Wissensstrukturen über die Institution zu den tatsächlichen Anforderungen angemessenen InstitutionenverständnissesA- Erwartungsstruktur der Bevölkerung

Theoriebereich Brodocz/Vorländer

- Entscheidungsspielraum für risikoträchtige und nicht kontrollierte Eingriffsmöglichkeiten der Institution- wahrgenommene Kontrolle und Beeinflußbarkeit der Institution- Grad der Alternativlosigkeit zum Vertrauen

Theoriebereich Hibbing/Theiss-Morse

- ‚Charakter‘ der Institution

Theoriebereich ‚institutionelle Analyse’

- Praxis symbolischer Selbstdarstellung- Attraktivität der Leitidee- Passung zwischen Leitideenzuschreibung und tatsächlichen Leitideen- Praxis der instrumentellen Funktionserfüllung: Performanzbeurteilung

- Grad des geäußerten Vertrauens in BVerfG und BT- Unterschied im Grad des Institutionenvertrauens

- Standarddemographie- politische Partizipation und Selbstsicht- Wahrnehmung und Akzeptanz des Gesamtsystems- Wahrnehmung und Akzeptanz hervorgeho- bener Akteure im System- Individuelle Prä- disposition, über- haupt zu verrtrauen Beispiel IV:

Pfeilmodell für eine Vergleichsanalyse mit

der Fragestellung:

Wovon hängt Vertrauen in politische

Institutionen ab?

Bundestag und Bundesverfassungs-gericht im Vergleich

vielfältige rekursive, vermaschte Wirkungsketten!

Page 38: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die Abstraktionsleiterabstrakter, recht

unspezifischer Begriff, unter den viele Fälle fallen

sehr spezifischer, anschaulicher Begriff, unter

den vielleicht nur sehr wenige Fälle fallen

Begriff ‚mittlerer‘ Reichweite mit mittlerem Extensionsumfang

Begriff A

Begriff B

Begriff C

Vergleichsfälle

Forschungsfrage ol n r V r lF ge f e g eics ns th a a z

Page 39: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Abstraktionsniveau und Fallzahl

Landman, Comparative Politics, S. 23

Dauerstreit zwischen ‚Komparativisten‘ und ‚Spezialisten‘

‚Bettdecken-Problem‘: Wo will man frieren – oben oder unten?

Page 40: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

typische Fehler bei der Begriffsbildung für Vergleichsstudien

ParochialismusFehlklassifizierungKontinualismusBegriffsüberdehnung

nach Giovanni Sartori

vermeidbar durch …

-(selbst-) kritisches Vorgehen bei Begriffsbildung

-Theorie- und Literaturkenntnis

Page 41: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

„Parochialismus“

Man ignoriert – wie vor allem für Einzelfallstudien oft typisch – jene bereits bewährten, abstrakteren, von vornherein vergleichsermöglichenden Konzepte und Theoreme, die innerhalb vergleichender Rahmenwerke oder allgemeiner Theorien eigentlich schon verfügbar werden.

Statt dessen entwickelt man ein neues, individuelles Begriffssystem, das nicht nur die Integration der erzielten Befunde in international gemeinsame Kategoriensysteme behindert, sondern auch meist viel besser auf jenen einzelnen Vergleichsfall paßt, den der Forscher persönlich am besten kennt, als auf die anderen in der Vergleich einbezogenen Fälle.

‚gut‘

‚schlecht‘

häufige Ursache: mangelnde Theoriekenntnis!

Page 42: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

„Fehlklassifizierung“

Weil man zu geringe substantielle Kenntnisse von den zu vergleichenden Fällen hat, schafft man viel zu weite Kategorien für die zu betrachtenden Merkmale. Beispielsweise kommt man auf die Idee, unter den Begriff

des Ein-Parteien-Regimes Staaten wie die DDR, das von der PRI regierte Mexiko und das zeitgenössische Bayern fallen zu lassen, weil man ein rein formal aufgefaßtes gleiches Merkmal, nämlich die Dominanz einer einzigen Partei, als für eine valide Gruppenbildung ausreichend mißversteht.

Folge: Es werden keine Vergleiche zu empirisch gut begründeten Ergebnissen führen, die auf Fehlklassifikationen des Verglichenen beruhen.

Page 43: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

„Kontinualismus“ Er entsteht durch Übertreibung des an sich vernünftigen Grund-

satzes, daß man Unterschiede (etwa den zwischen ‚rechts’ und ‚links’) zunächst einmal als graduelle Unterschiede betrachten und sich für die Ausprägungen des Übergangskontinuums interessieren soll.

Aber: Man kommt trotzdem nie umhin, Abgrenzungen festzulegen, die für Vergleichsanalysen das eine (etwa Autoritarismus) klar vom anderen (etwa Totalitarismus) trennen.

Probleme entstehen, wenn man diese Abgrenzungen sachlich inadäquat, willkürlich oder gar manipulativ so wählt, daß ‚Problem-fälle’ durch entsprechende Wahl eines Trennpunktes einfach der ‚unproblematischen’ Gruppe zugeschoben werden – schlimmstenfalls gerade dann, wenn sie aus Theoriegründen einfach ‚unerwünscht’ sind.

Achtung: Selbst bei aller methodischen Sorgfalt mag sich Willkür samt ihrer Prägekraft für die erzielten Ergebnisse dann nicht vermeiden lassen, wenn die Fall- oder Datenverteilung über das für eine Abgrenzungsentscheidung relevante Kontinuum eben keine plausiblen Einschnitte anbietet!

Page 44: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

„Begriffsüberdehnung“

Entsteht, wenn Begriffe wie etwa ‚Verfassung‘, ‚Pluralismus‘ oder ‚Ideologie‘ für alle empirischen Referenten in Anspruch genommen werden, die irgendwie unter sie fallen können. Beispiel: Wo immer eine Verfassungsurkunde vorliegt, schreibt man

einem Staat eine Verfassung zu, Pluralismus jeder Gesellschaft, die nicht völlig uniformiert ist, oder für Ideologie hält man jegliche Weise, die Welt anzuschauen – einschließlich der Verwendung wissenschaftlicher Theorien.

Wer so verfährt, kann Verallgemeinerungen der folgenden Art nicht mehr auf ihre Richtigkeit prüfen, weil die überdehnten Begriffe keine hilfreichen Fallgruppen mehr festzulegen erlauben: ‚Verfassungen schützen vor Tyrannei’, ‚Pluralismus macht eine Gesellschaft anpassungsfähiger’, oder: ‚Ideologien führen zu wirtschaftlicher Stagnation’.

Derlei Fehler der Begriffsbildung entstehen aus definitorischer Nachlässigkeit, aus unscharfem Denken oder auch willentlich zum Zweck der Immunisierung eigener Positionen.

Page 45: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Formen des Vergleichens

fallorientierte vs. theorieorientierte Vergleiche Fallorientierung: von den Fällen zur Theorie (‚induktiv‘) (Info) Theorieorientierung: von der Theorie zu den Fällen (‚deduktiv‘) (

Info) Formen:

Einzelfallstudien in vergleichender Perspektive (Info)Paarvergleiche (Info) (theoriegenerierende) Vergleiche vieler Fälle (Info)

Konkordanzanalyse vs. Differenzanalyse (Info)

Einzelformen des Vergleichens gruppiert nach Vergleichsfällen gruppiert nach Typen von Forschungsfragen gruppiert nach

methodischem Ansatz (Info = Einführung in die Methodik von Vergleichsanalysen)

Page 46: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

fallorientierte Studien entstehen oft als Sammelbände aus thematisch

fokussierten Konferenzen, an denen Länderspezialisten teilnehmen

kennzeichnen sich meist durch … Fehlen gemeinsamer Vergleichskategorien eher summarische Einleitungs- oder Schlußkapitel, in denen

herauszuarbeiten versucht wird,ein ‚Muster‘ in den Befunden ‚im Grunde gemeinsam verwendete‘ Analysekategorien.

Faktisch leisten fallorientierte Studien nur selten selbst den wünschenswerten Vergleich, sondern liefen dem Leser Material für einen von ihm dann erst selbst anzustellenden Vergleich. hilfreich dafür und auf der Grundlage solcher Sammelbände

auch oft möglich: Ragin-Ansatz (wird später behandelt)

Page 47: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

theorieorientierte Studien Sind seltener, als man glauben und wünschen möchte. Grund: Sie haben sehr anspruchsvolle Voraussetzungen, nämlich:

Es muß schon eine ziemlich verläßliche und auch inhaltsreiche Theorie geben, die … das Material erkenntnisträchtig (d.h.: ‚nicht gegen den Strich gebürstet‘) zu ordnen erlaubt und zugleich durch Auseinandersetzung mit weiteren Fällen fruchtbar weiterentwickelt

werden kann. Es muß umfangreiches, verläßliches und möglichst lückenloses Datenmaterial zu

den aus Theoriegründen einzubeziehenden Fällen schon vorliegen bzw. leicht beschafft werden können.

Es muß entweder ein Einzelautor mit einem ihm zuarbeitenden Team einen sehr detaillierten Materialüberblick haben, oder es muß gelingen, eine Gruppe von Länderexperten wirklich auf ein gemeinsames theoretisches Rahmenwerk und auf gemeinsame Theoriearbeit zu verpflichten.

Faktisch sind solche Studien heute eine Domäne amerikanischer oder wenigstens angelsächsisch sozialisierter Wissenschaftler, weil … gewisse Selbstgenügsamkeit mit auf Englisch vorliegendem Schrifttum leichte Zuarbeitsmöglichkeiten durch des Englischen mächtige ‚Insider‘ der

einzubeziehenden Fälle Dominanz der englischen Fachsprache (= Kategorien) bei internationalen

Forschungskontakten entsprechende Ausbildung und große Mobilität schon zu Studienzeiten

Page 48: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Einzelfallstudien in vergleichender Perspektive

Im äußersten Fall handelt es sich um echte Einzelfallstudien, bei denen die Analyse sich allerdings von den Anliegen und Kategorien vergleichender Forschung inspirieren läßt und ihre Ergebnisse ausdrücklich in deren Zusammenhang rückt. kommt sehr selten vor, da Monographien ihre Gliederung in der Regel

ganz ihrem Gegenstand anpassen Mitunter nimmt das die Form der idiographischen Analyse

‚abweichender Fälle’ an, wobei eine verallgemeinernde Vortheorie festlegt, was warum als worin abweichender (und genau darum aufschlußreicher) Fall gelten soll. (Beispiel)

Häufiger aber kommt es zur für vergleichende Sammelbände typischen ‚parallelen Idiographie’, d.h., daß verschiedene Autoren anhand eines vom Herausgeber vorgegebenen einheitlichen Kategoriensystems ihre Einzelfälle analysieren. Solche parallele Idiographie liefert allerdings meist nur das gut

aufberei-tete Datenmaterial für einen anschließenden, oft dann vom Herausgeber vorgenommenen Vergleich, leistet diesen aber noch nicht selbst.

Page 49: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

PaarvergleicheIhnen wird meist einer der folgenden Gesichtspunkte der Fallauswahl zugrunde liegen:

Der Vergleich zweier Fälle ‚interessiert eben‘ etwa BRD-DDR, Deutschland-USA usw.

Man hat ‚Normalvorstellungen’ von einem zentral interessierenden Gegenstandsbereich vor Augen und vergleicht dann zwei einander diametral gegenüberstehende abweichende Fälle bezüglich ihrer Normalitätsdivergenzen. etwa je eine faschistische und kommunistische Diktatur hinsichtlich

ihrer Abweichungen vom Typ eines traditionell autoritären Systems Man will feststellen, wie sich ein einzelner, als wichtig erachteter

Unterschied in der institutionellen Ausgestaltung eines ansonsten ähnlichen Systemtyps auswirkt. etwa vergleicht man zwei demokratische Verfassungsstaaten, von

denen der eine ein präsidentielles, der andere ein parlamentarisches Regierungssystem besitzt

Achtung: Nur eine klare Fragestellung kann einem sagen, ob man mit Paarvergleichen und – falls ja – mit welchen wie ausgewählten Paaren von Vergleichsfällen arbeiten soll!

Page 50: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

(theoriegenerierende) Vergleiche vieler Fälle Zweck: Einen – meist umfangreichen und darum ziemlich

heterogenen – Gegenstandsbereich ‚flächendeckend‘ zu untersuchen und herausfinden, welche ‚Muster‘ es in ihm gibt. Anschlußbereich: ‚Area Studies‘ und die dortigen theoriegeleiteten

Sammelbände Herausforderung: Wer von sehr vielen und unterschiedlichen

Vergleichsfällen ausgehend theoretische Einsichten erarbeiten will, muß mit einer Fülle von komplexen Konfigurationen gleichzeitig und methodisch kontrollierbar umzugehen lernen.

Problem: meist zu wenige Untersuchungsfälle für komplexe (= variablenreiche) Theorien („n/v-Problem“)

Die Möglichkeiten einer durch langjährige Forschungen gut informierten (persönlichen) Hermeneutik führt dabei wirkungsvoll der von Charles Ragin erarbeitete Ansatz makroqualitativer Vergleichsanalyse weiter. ‘Klassiker’: Charles C. Ragin, The Comparative Method. Moving Beyond

Qualitative and Quantitative Strategies. Berkeley/Los Angeles: University of California Press 1987

Page 51: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Das „n/v-Problem“

= zu wenige verfügbare Fälle für zu viele einzubeziehende Variablen, denn: (Zeit-) Geschichte hat zu wenige einschlägige Fälle erbracht das für die verfügbaren Fälle greifbare Datenmaterial

ist … lückenhaftvon zweifelhafter Validitätauf unzureichendem Skalenniveau

Folge: Vergleichsstudien mit sehr vielen Fällen eignen sich immer gut für Versuche der Inspiration oder der Falsifikation theoretischer Aussagen, doch (leider) meist schlecht als Quelle von Verallgemeinerungen.

mitunter Ausweg: Horizont bei der Fallauswahl nicht auf die Gegenwart beschränken, sondern auch die Geschichte einbeziehen!

Geschichte = vergangene Gegenwart

Achtung: Das ist ein Problem vor allem bei der Anwendung von statistischen Methode, weil diese einfach Mindestfallmengen von etwa 25 Untersuchungseinheiten pro betrachteter / verglichener Fallgruppe brauchen, um aussagekräftige Befunde zu liefern.

Ausweg: Ragin-Ansatz

Page 52: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Konkordanz- vs. Differenzanalyse

Was ist an diesen so unterschiedlichen Fällen

trotzdem ähnlich oder gleich?

Was ist an diesen so ähnlichen Fällen

trotzdem unterschiedlich?

Konkordanzmethode

DifferenzmethodeT

heori

e:

an

aly

tisc

he K

ate

gori

en

, ‚E

rklä

run

gsm

od

ell‘

Page 53: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die Konkordanzmethode

Man sucht nach dem, was selbst unter ganz verschiedenen Bedingungen noch gleich oder ähnlich sein mag.

Zweck: Allgemeine Strukturen oder Ursachen herausfinden, ‚Typisches‘ oder ‚Invarianten‘ feststellen.

Regel: Analysiere möglichst heterogene Stichproben!

Page 54: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die DifferenzmethodeMan sucht nach dem, was selbst unter

ganz gleichen oder ähnlichen Bedingungen noch verschieden oder unähnlich sein mag.

Zweck: Individuelle Strukturen, spezifische Ursachen herausfinden, ‚Besonderes‘ feststellen.

Regel: Analysiere möglichst homogene Stichproben!

Viele glauben, nur Vergleiche von ähnlichem Fällen nach der Differenzmethode seien möglich oder sinnvoll:

‚Vergleichbarkeit = Ähnlichkeit‘

zentrales

Mißverständnis

Page 55: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Vergleichsformen: gruppiert nach methodischem Ansatz

bezüglich der Datenerhebung: Generell herrscht bei der Vergleichsforschung im Bereich

der Datenerhebung die Sekundäranalyse vor, d.h. die Auswertung verfügbarer Literatur über die Vergleichsfälle.

Ausnahme: zeitgenössische vergleichende Einstellungsforschung mit international parallelen Befragungsstudien.

bezüglich der Datenanalyse: es dominiert die hermeneutische Methode in ihren vielen

Varianten auf sehr vielen Forschungsfeldern: bi- und multivariate

Statistik seit einigen Jahren: Ragin-Ansatz (‚makro-qualitative

Vergleichsanalyse‘).

Page 56: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

informationssuchende Auswertung einschlägiger Einzelfallstudien (v.a. von Monographien) zu den Vergleichsfällen (‚Meta-Analyse‘)

informationssuchende Auswertung von bereits – möglichst anhand gemeinsamer Kategorien – angefertigten ‚parallelen Idiographien‘ zu den Vergleichsfällen, etwa in Sammelbänden

Aufbau von qualitativen oder quantitativen Datensätzen zu den Vergleichsfällen, die entlang den gleichen Vergleichsvariablen aufgebaut sind

Datenerhebung beim Vergleichpolitischer Systeme

‚Sekundäranalys

e‘

(‚Primärforschung‘)

Bibliographieren

Page 57: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Monographien von griech. mónos = einzig, allein und griech.

gráphein = schreiben ein – meist ziemlich dickes – Buch, das einen

einzigen Gegenstand idiographisch behandelt Beispiele:

Peter Filzmaier / Fritz Plasser, Die amerikanische Demokratie. Regierungssystem und politischer Wettbewerb in den USA, Wien 1997

Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 2003

Wolfgang Ismayr, Der Deutsche Bundestag. Funktionen, Willensbildung, Reformansätze, Opladen 2001

auch Aufsätze oder Buchkapitel können ‚monographisch‘ ein einziges politisches

System bzw. ein einziges Elemente eines politischen Systems behandeln

Page 58: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel für Sekundäranalyse ‚paralleler Idiographien‘

Fragestellung: Wie hängen in den osteuropäischen Staaten Wahlsystem und Parteiensystem zusammen?

Datenquelle: Wolfgang Ismayr, Hrsg., Die politischen Systeme Osteuropas, 2. Aufl. Opladen 2003

dort: aus den – stets gleich aufgebauten – Kapiteln zu den

osteuropäischen Staaten die benötigten Informationen den jeweiligen Abschnitten

entnehmen über … „Wahlsystem und Wahlverhalten“ „Parteiensystem“

Analog kann mit Dutzenden entsprechender Sammelbände verfahren werden. komplizierter liegen die Dinge, wenn keine Sammelbände mit stets

gleich aufgebauten Kapiteln vorliegen, sondern man sich die benötigen Informationen aus einer Vielzahl von Monographien, Aufsätzen oder sonstigen Beiträgen heraussuchen muß.

Page 59: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Datenanalyse beim Vergleichpolitischer Systeme

‚Hermeneutik‘: Entwicklung von Verständnis für die Konfigurationen von

Unterschieden und Gemeinsamkeiten durch angestrebte ‚Gestalterkenntnis‘ (Aha-Erlebnis, siehe hermeneutische Methode)

(multivariate) statistische Analysen von Datensätzen zu den Vergleichsfällen. typisches Problem: zu wenig Fälle für zu viele Variablen

(n/v-Problem)

Ragin-Ansatz: qualitative Makrovergleiche auf der Grundlage von

‚Wahrheitswerttafeln‘ und Boole‘scher Algebra= Thema dieses Seminars

Page 60: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die hermeneutische Methode

?

Vorwissen

erste Ideen zur Deutung

Suche nach Verständnis-

hilfen

ansatzweisesVerstehen

‚letzte Mosaik-steine‘

‚Gestalterkenntnis‘ / Sinnverstehen Aha!

Empirie

Theorie

von griech. hermeneúein = auslegen, deuten, übersetzen

Page 61: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Hermeneutik

kein „Zirkel“, sondern ein nach oben weisender Spiralprozeß!

gekennzeichnet durch einen ständigen …Pendelschlag zwischen ‚herangetragenem

Vorwissen‘ und ‚Arbeit am Gegenstand‘Perspektivenwechsel zwischen ‚dem

Ganzen‘ und ‚seinen Teilen‘Wechsel zwischen theoretischer und

empirischer Arbeit

Page 62: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Statistische ‚Methoden‘ – Überblick

beschreibende Statistik: Verdichtung von Informationen durch statistische Maßzahlenabhängig vom Meßniveau der erhobenen Daten

(nominal, ordinal, metrisch) je nach Anzahl der gleichzeitig betrachteten Variablen

entfaltet als univariate, bivariate, multivariate Statistikschließende Statistik:

StichprobentheorieRepräsentationsschluß von einer Stichprobe auf die

GrundgesamtheitTesten von Hypothesen über die Grundgesamtheit

anhand von Stichprobendaten

Page 63: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiele für Statistikverwendung bei vergleichenden Untersuchungen Vergleich von Mittelwerten über die Fälle hinweg

Beispiel: durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen pro Land Vergleich von Prozentanteilen über die Fälle hinweg

Beispiel: Anteile von Studierenden pro Tausend der Bevölkerung pro Land Vergleich von einfachen Zusammenhängen über die Fälle hinweg

Beispiel: Art und Stärke des Zusammenhangs zwischen Gewerkschaftsangehörigkeit und Wahl einer linken Partei in verschiedenen Ländern (ausgedrückt etwas als Prozentanteil oder als Zusammenhangskoeffizient)

Vergleich von komplexen Zusammenhängen über die Fälle hinweg Beispiele: Vergleich von Pfadmodellen, Faktorstrukturen oder

clusteranalytischen Diagrammen über mehrere Länder hinweg Nutzung der Vergleichsfälle selbst als Untersuchungseinheiten

gruppierender statistischer Verfahren einfacher Fall: Streudiagramme komplexerer Fall: Clusteranalyse, Faktorenanalyse, multivariate

Skalierung

Page 64: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Bivariate Zusammenhänge I

+

-

Landman, Comparative Politics, S. 63f

statistische Modelle: lineare Regression, r-Koeffizient …

statistische Modelle: Datentransformation, dann lineare Regression; γ-Koeffizient …

Page 65: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

aus: Shugart / Carey,Presidents and Assemblies

Jeder Fall (= jedes Land) erhält für jede der beiden Vergleichs- dimensionen eine Maßzahl

Die beiden Maßzahlen dienen als Koordinaten des Falls im Streu- diagramm (= zwei- dimensionaler Merkmalsraum)

Kreis oder Kästchen um einen Fall machen eine dritte Merkmalsdimen- sion sichtbar

Page 66: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

aus: Lijphart, Democracies

In diesem zweidimensionalen Merkmalsraum lassen sich die Vergleichsfälle gemäß ihren ‚Faktorwerten‘ (= ‚Koordinaten‘) in vier Gruppen gliedern

8 der 9 Variablen, nach denen Lijphart Mehrheitsdemokratien von Konsens-demokratien unterscheidet, gliedern sich, gemäß ihren Ausprägung in den 22 verglichenen Demokratien, in zwei Gruppen: Mehrheitsdemokratie oder unitarische Systemstruktur

MehrheitsdemokratieZentralstaat

Page 67: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel für ein Pfadmodell

Ein ‚Pfadmodell‘ sieht aus wie ein Pfeilmodell. Die in ihm eingetragenen Ziffern zur Quantifizierung von Richtung und Stärke eines Zusammenhang sind aber keine hypothetischen Schätzungen, sondern empirische Befunde, die durch (partielle) Regressionsanalysen gewonnen wurden.

= Anteil der durch das Modell erklärten Varianz in der abhängigen Variablen

Pennings, Paul et al., Doing Research in Political Science, London 1999, S. 235

Page 68: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

einige Ähnlichkeit,

wichtige Unterschiede!

Komplexerer Zusammenhangsvergleich – Beispiel

Kausalstruktur im Land I

Var A

Var B

Var D

Var C

Var X

Var E

-.65

.42

.11

.31

-.25

.72

Kausalstruktur im Land II

Var A

Var B

Var D

Var C

Var X

Var E

-.22

.42

.30

.55

.60

.11

‚Pfadmodell‘

Ein ‚Pfadmodell‘ sieht aus wie ein Pfeilmodell. Die in ihm eingetragenen Ziffern zur Quantifizierung von Richtung und Stärke eines Zusammenhang sind aber keine hypothetischen Schätzungen, sondern empirische Befunde, die durch (partielle) Regressionsanalysen gewonnen wurden.

Page 69: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Noch Fragen? –

Bitte!

Page 70: TU Dresden - Institut für Politikwissenschaft - Prof. Dr. Werner J. Patzelt Hauptseminar: Der Ragin – Ansatz.

TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Stand der Vorlesung

Stand: anfangen: Ertrag von Vergleichen