Über soziale Arbeitsteilung

5
Otto-von-Guericke Universität Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften Institut für Soziologie Veranstaltung: Klassische Theorien der Soziologie Dozent: Jun. Prof. Dr. Raj K. Autor: Katja S. Matrikel-Nr.: xxx Datum: 06.06.2009 Text: Über soziale Arbeitsteilung Autor: Emile Durkheim Veröffentlichung: 1893 Quelle: Durkheim, Emile (1992 [1893]): Über soziale Arbeitsteilung. Studie über die Organisation höherer Gesellschaften, Frankfurt/Main: Suhrkamp Emile Durkheim hatte sich die Diagnose der modernen (Industrie-)Gesellschaft zum Ziel gesetzt, welche er in seiner Dissertation „Über soziale Arbeitsteilung“ aus dem Jahre 1893, realisierte. Im Gegensatz zu den anderen Klassikern seiner Zeit, wie Marx und Smith, brachte Durkheim die Arbeitsteilung nicht nur mit wirtschaftlichen Aspekten in Verbindung, sondern projizierte diese in alle Lebensbereiche des Menschen. Im Fokus seiner Arbeit lag die Untersuchung des Zusammenhangs von Arbeitsteilung und sozialer Solidarität. Ferner interessierte er sich für Institutionen und deren Systemintegration, sowie für die Integration von Individuen in die Gesellschaft 1

description

Ein Kurzpaper über Durkheim und sein o.a. Werk

Transcript of Über soziale Arbeitsteilung

Page 1: Über soziale Arbeitsteilung

Otto-von-Guericke Universität

Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften

Institut für Soziologie

Veranstaltung: Klassische Theorien der Soziologie

Dozent: Jun. Prof. Dr. Raj K.

Autor: Katja S.

Matrikel-Nr.: xxx

Datum: 06.06.2009

Text: Über soziale Arbeitsteilung

Autor: Emile Durkheim

Veröffentlichung: 1893

Quelle: Durkheim, Emile (1992 [1893]): Über soziale Arbeitsteilung. Studie

über die Organisation höherer Gesellschaften, Frankfurt/Main:

Suhrkamp

Emile Durkheim hatte sich die Diagnose der modernen (Industrie-)Gesellschaft zum Ziel

gesetzt, welche er in seiner Dissertation „Über soziale Arbeitsteilung“ aus dem Jahre 1893,

realisierte. Im Gegensatz zu den anderen Klassikern seiner Zeit, wie Marx und Smith, brachte

Durkheim die Arbeitsteilung nicht nur mit wirtschaftlichen Aspekten in Verbindung, sondern

projizierte diese in alle Lebensbereiche des Menschen. Im Fokus seiner Arbeit lag die

Untersuchung des Zusammenhangs von Arbeitsteilung und sozialer Solidarität. Ferner

interessierte er sich für Institutionen und deren Systemintegration, sowie für die Integration

von Individuen in die Gesellschaft (Sozialintegration). Im ersten Kapitel seiner Arbeit

beschreibt er die funktionale Wirkungsweise, bietet im 2. Abschnitt einen Erklärungsversuch

und im dritten Teil untersucht er die anormalen Folgen der Arbeitsteilung.

Hierfür stellt er zwei Gesellschaftsmodelle, die archaische und die moderne Gesellschaft,

gegenüber und entwickelt die mechanische und organische Solidarität. Altertümliche

Gesellschaften (z.B. Clans) sind adäquat segmentär differenziert. Diese Gruppen sind wenig

bis gar nicht voneinander abhängig, es existieren jedoch auch nur schwache soziale

Bindungen zwischen den Mitgliedern dieser Gruppen. Dennoch entsteht diese mechanische

Solidarität aus einem hohen Grad an Ähnlichkeiten, welche in einem Kollektivbewusstsein

1

Page 2: Über soziale Arbeitsteilung

münden. Dieses Bewusstsein wird durch die vollständige Integration des Individuums in die

Gesellschaft, durch Vermittlung gemeinsamer Anschauungen, Traditionen, Religion, Sitten

und Moral geschaffen. Die Existenz und Bedeutung der Gesellschaft steht für das Individuum

im Vordergrund, wodurch er ein geringes Ich-Bewusstsein hat und der Individualismus fast

ausgelöscht wird. In dieser Gesellschaftsform dominiert das repressive Strafrecht, denn jede

Straftat wird als ein Angriff auf das herrschende Moralsystem betrachtet und die daraus

resultierende Bestrafung erfolgt durch Sühne.

Im Gegenzug zu diesem Beispiel bemüht Durkheim die moderne, arbeitsteilige Gesellschaft.

In dieser ist eine mechanische Solidarität, auf Grund von Wettbewerb und der steigenden

Bevölkerungsdichte nicht mehr möglich. Es existieren jedoch viele funktionsspezifische

Werte- und Normensysteme nebeneinander, wodurch ein Netz von Interpendenzen geschaffen

wird. Durch diese gegenseitige Abhängigkeit wird das Individuum, über die Spezialisierung

in seinem beruflichen Tätigkeitsfeld und den Austausch darüber, indirekt in die Gesellschaft

integriert. Da es nur noch ein gering ausgeprägtes Kollektivbewusstsein gibt, kann sich der

Einzelne zunehmend freier entwickeln. Dennoch ist in keinem Fall von einer

Entsolidarisierung zu sprechen. Die individuellen Persönlichkeiten schließen sich freiwillig

im gesellschaftlichen Teilsystem zusammen, wodurch wiederum Solidarität entsteht. Dem

Strafrecht wird bei der organischen Solidarität nur eine kleine Bedeutung zugemessen, da

Verstöße nicht als ein Angriff auf das geltende Moralsystem gewertet werden, tritt das

restitutive Recht in Kraft.

Durkheim grenzte sich mit dieser Theorie von Herbert Spencers Utilitarismus-Theorie ab, da

diese die moderne Gesellschaft, in seinen Augen, nur unzureichend erklärte. Durkheim fordert

den Staat auf, die Ziele und Mittel des Zusammenlebens festzulegen, somit die Gesellschaft

auf den zunehmenden Wandel der Solidarität vorzubereiten und die Integration des

Individuums zu fördern. Er begründet hiermit seinen Mittelweg zwischen den Liberalisten,

die einen starken Staat fordern und der Kollektivismus-Theorie von Auguste Comte, der eine

Herrschaft der Industriellen und Wissenschaftler bevorzugt.

Die Ursachen für Durkheims soziales Interesse sind in seinem Leben und Umfeld zu suchen.

Frankreich war in Durkheims Jugend in einer tiefen sozialen Krise, was auf die Jahre zuvor

zurückzuführen ist. Es gab acht verschiedene politische Regime nach der französischen

Revolution, welche wiederum 14 verschiedene Verfassungen in Kraft setzten. Auf nationaler

Ebene war Frankreich durch die Niederlage im deutsch-französischen Krieg geschwächt, was

ebenso den Rationalismus bzw. Fortschrittsglauben beeinflusste. Dennoch gab es eben diesen

sozialen Wandel, der jedoch zunehmend von sozialer Ungleichheit geprägt war. Die

2

Page 3: Über soziale Arbeitsteilung

katholische Kirche versuchte weiterhin ihren traditionell konservativen Einfluss auf die

Gesellschaft zu erhalten, der jedoch keineswegs mit dem demokratischen Bewusstsein der

modernen Gesellschaft Frankreichs in Einklang zu bringen war. So setzte sich Durkheim die

Analyse der Gesellschaft und Lösungsfindung zum Ziel, welche er mit Hilfe der Soziologie

als Real- und Moralwissenschaft umsetzen wollte. Dazu legte er 1895 in seinem Werk “Die

Regeln der soziologischen Methode“ die sozialen Tatbestände als Grundlage der Soziologie

dar und begründete die Notwendigkeit einer eigenständigen Lehre der Gesellschaft. Er führte

diese Gedanken aus seinem Werk in seiner 1897 folgenden Abhandlung „Der Selbstmord“

fort, in der er den Zusammenhang der Integration in die Gesellschaft mit dem Suizid in

unmittelbaren Zusammenhang stellte.

Durkheims Wirkung auf die Generation der Wissenschaftler nach ihm ist umstritten. Zum

einen wurden Claude Lévi-Strauß, Michael Foucault, Pierre Bourdieu zweifelsohne

maßgeblich von Durkheim beeinflusst und es gab das Collège de Sociologie, in dem die

Lehren Durkheims vermittelt wurden. Auf der anderen Seite ist es unüblich Durkheim zu

zitieren, da seine Theorien zu Selbstverständlichkeiten geworden sind. Andererseits wird man

seiner Arbeit dadurch nicht gerecht, denn es werden eher seine Nachfolger wie Marcel Mauss

zitiert, als er, der Begründer der Soziologie.

In meinen Augen ist Durkheims Theorie über die Integration und Desintegration des

Einzelnen in die Gesellschaft, heute noch aktuell wie eh und je. Bereits in der Schule findet

eine Spezialisierung der Kinder statt, die bereits in der Unterstufe die Wahl zwischen

verschiedenen Fachrichtungen haben. Diese Spezialisierung führt sich im Berufsleben fort.

Ein Mediendesigner hat z.B. 9 Wahlbereiche, für die er sich im Laufe seiner Ausbildung

entscheiden kann. Aber nicht nur dort wird eine Trennung vorgenommen. Selbst in

Freundschaften und Beziehungen findet man die Aussage „Geben und Nehmen“ wieder, die

das Ausmerzen der Schwäche des Einen durch die Stärke des anderen bedeutet. Die

Individuen helfen sich gegenseitig bei Problemen, Fragen und Sorgen – wodurch die

Kontinuität der Solidarität gewährleistet ist.

3