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Volksmusik in Bayern 24 (2007), Heft 3 33

Mitteilungsblatt der Volks mu sik be ra tungs stel len des Bayerischen Landesvereins für Hei mat pfle ge e. V.

Volksmusikin Bay ern

24. Jahrgang • Heft 3 • München 2007

„Der dreifach gepanzerte Blechnachschlag“Bassführung und Begleitung in der bairischen Blasmusik1

Erich Sepp

In seiner Reportage über das vom Lan-desverein veranstaltete gesamtbayeri-sche Tanzfest in Ingolstadt (11.10.1992) hob Stefan Semoff vom Bayerischen Rundfunk besonders die markante rhyth-mische Blech-Begleitung der Höhen-kirchner Musi kanten hervor. Sinngemäß sagte er, dass der „dreifach gepanzerte Blechnachschlag“ die Musik besonders effektvoll und tänzerisch gestaltete und diese den Tänzern/innen dadurch zwangsläufig „in d’Füaß ging“, was das Tanzvergnügen enorm steigerte.

Gewichtung zwischen Melodie- und Begleitstimmen

Ja, was macht denn eine gute Tanzmu-sik aus? Der Tänzer braucht als erstes natürlich die Melodie, als zweites aber den Rhythmus, bestehend aus Bass und Nachschlag. Erst dann kommen melo-dische Ergänzungen wie die 2. Stimme, eine Nebenstimme und eventuell eine 3. Melodiestimme, die parallel zur 1. und 2. Stimme verläuft, hinzu. Entsprechend den historischen Vorbildern haben wir bei den Höhenkirchner Musikanten den Blechnachschlag dreistimmig besetzt, während die Melodie überwiegend zweistimmig, gelegentlich sogar ein-stimmig, ganz selten dreistimmig, von zwei Trompeten oder Flügelhörnern, Es-Klarinette und zwei B-Klarinetten gespielt

wird.2 Dem Tenorhorn ist zu etwa zwei Dritteln die Nebenmelodie zugewiesen, ansonsten verdoppelt es die 1. Stimme oder übernimmt im Zusammenspiel mit dem 1. oder 2. Flügelhorn die 2. Stimme. Zahlenmäßig stehen somit vier Begleitern (Basstuba, 3. Trompete und zwei Posau-

nen) sechs Melodiespieler gegenüber, wobei wegen der Registerverdopplung der Melodiesektor nur aus drei Stimmen besteht. Diese Gewichtung orientiert sich am historischen Vorbild der 7-stimmigen Blechmusik mit drei Melodie- und vier Begleitstimmen.

Ein Schnappschuss vom Herbsttreffen niederbayerischer Sänger, Musikanten und Tänzer (2004), wo viel frei nach dem Gehör musiziert wird: Monika Lohwasser, Michaela Anetz-berger (Höhenkirchner Musikanten) und Ronald Pongratz markieren den Rhythmus.

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Demgegenüber beschränkt man sich in vielen Tanzlmusikgruppen und kleinen Blasmusiken heutzutage mit Bass und einer Harmonika auf zwei Begleiter, denen vier bis sieben Melodiespieler ge-genüber stehen – also eine ganz andere Gewichtung.

Geeignete Nachschlaginstrumente

Der Rhythmus soll prägnant und markant klingen, weshalb sich engmensurierte Blechblasinstrumente wie Posaunen, Basstrompeten, Waldhörner und Trompe-ten hierfür besonders eignen. Der weiche Ton der weitmensurierten Blechblasinst-rumente Tenorhorn und Bariton kann den Rhythmus weniger scharf markieren, außerdem ist das weiche Klangregister meistens dem Melodiesektor zugewie-sen. Melodie- und Begleitregister sollen sich jedoch in der Klangfarbe voneinander abheben.Bei den Höhenkirchner Musikanten ist der Nachschlag in der Regel mit einer B-Trom-pete und zwei Posaunen besetzt. Anfäng-liche Versuche mit Es- und Basstrompete wurden wieder aufgegeben, weil zum einen Ansprache und Tonreinheit der uns zur Verfügung stehenden Instrumente unbefriedigend waren und zum anderen die Spielhaltung der Posaune wegen des günstigeren Schwerpunkts bequemer als die einer Basstrompete ist.

Die beste Stimmlage für den Blech-Nachschlag

In der Volksmusik werden zur Begleitung von Melodien überwiegend die drei Hauptdreiklänge einer Tonart – Tonika („T“, 1. Stufe, „I“), Dominante („D“, 5. Stufe, „V“) und Subdominante („S“, 4. Stufe, „IV“) – verwendet. Aus klanglichen Grün-den sollen diese Akkorde im Tonbereich zwischen dem es0 und dem f1 liegen:

Somit ergeben sich die für gängigsten Tonarten die nebenstehenden Begleit-akkorde.Bei zweistimmigem Nachschlag werden die mit rhombischen Notenköpfen ge-schriebenen Töne weggelassen. Werden Waldhörner als Nachschlaginstrumente verwendet, kann bei einzelnen Tonarten, z. B. F- und As-Dur, eine höhere Tonlage gewählt werden. Nicht zu empfehlen sind tiefere Tonlagen. Legt man z. B. im B-Dur-Akkord die Terz eine Oktave tiefer,

so wird das Intervall d0 - f0 (kleine Terz) nicht mehr als wohlklingend, sondern als „rau“ empfunden.3

Harmonische Grundmuster für die Begleitung

Das harmonische Bauprinzip überliefer-ter Tanzmelodien4 gehorcht bestimmten Regeln, die in der Volksmusik allgemein bekannt sind. Gute Bassisten und Be-

gleiter hören, wann die Harmonie wech-selt. Die Abfolge der Begleitakkorde in achttaktigen Melodien lässt sich mit drei Harmoniemodellen beschreiben. In der Regel sind die Melodien symmetrisch aufgebaut und bestehen aus zwei vier-taktigen monopodischen Perioden (a, a’). Der Begleitakkord gilt für den ganzen Takt, Akkordwechsel innerhalb eines Taktes sind absolute Ausnahmen.

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Anstelle der Dominante (D) kann auch die Subdominante (S) treten, soweit dies musikalisch sinnvoll ist:

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Für 16-taktige Melodien, die in der Regel aus zwei achttaktigen Perioden beste-hen, gibt es vier Harmoniemodelle:

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Die Dominante kann ebenfalls wieder durch die Subdominante ersetzt wer-den:

5a ||: T T S S D D T T :||6a ||: S S T T D D T T :||

Die Modelle 4 bis 6 ergeben sich aus den entsprechenden Modellen 1 bis 3 durch Dehnung der Melodie.16-taktige Melodien können auch kom-plizierter aufgebaut sein, so dass man beim Begleiten nach dem Gehör durch-aus ins Straucheln kommen kann. So ist der nachfolgende Halbwalzer 1 aus vier dipodischen viertaktigen Perioden (a, b, a, b’) mit den Harmoniemodellen 2a und 2 zusammengesetzt.

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Halbwalzer 1, Handschrift Xandl Wimmer, Ratzenlehen/Wies, Lkr. Miesbach.5

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Volksmusik in Bayern 24 (2007), Heft 3 35

Unser musikalisches Empfinden ist so stark von diesen harmonischen Bau-prinzipien geprägt, dass man bei den meisten Melodien bereits nach zwei Takten erkennt, wie die restlichen 14 Takte zu begleiten sind. Dabei können sogar melodisch gleichen Motiven un-terschiedliche harmonische Funktionen zu Grunde liegen. So kommt im Halbwal-zer 2 das Anfangsmotiv insgesamt vier mal vor, wird aber eingangs und in Takt 8 und 9 mit dem Tonika-Akkord, in Takt 4 und 5 sowie in Takt 12 und 13 dagegen dominantisch begleitet.

Rhythmische Grundmuster

Bass und Nachschlag bilden in der Volks-musik eine rhythmische Einheit, wobei der Bass in der Regel auf die betonten Zählzeiten den Grund- oder einen pas-senden Nebenton des entsprechenden Dreiklanges, der Nachschlag auf den unbetonten Zählzeiten den Dreiklang (oder Teile davon) spielt. Dieses Zu-sammenspiel ergibt z. B. den charakte-rischen „hum-ta-ta“-Walzer-Rhythmus. Für die einzelnen Tanzmelodien sind rhythmische Grundmuster überliefert, die allgemein bekannt sind und deshalb beim Schreiben eines Begleitsatzes nicht als urheberrechtlich schutzfähige schöpferische Leistung beansprucht werden können. Die wichtigsten Begleit-Grundmuster sind:3/4-Takt, Ländler, Walzer, Deutscher Dreher (1. Teil), Mazurka:

2/4-Takt, Schottisch, Polka, Bairische Polka, Dreher, Galopp:

Polonaise:

Märsche werden gewöhnlich im Allabre-ve-Takt, seltener im 2/4-Takt notiert. Der Begleitrhythmus entspricht mit Vor- und Nachschlag in der Regel dem der Polka. Jedoch werden gelegentlich einzelne Melodieteile nur auf dem Vorschlag begleitet, was einen wirkungsvollen Kontrast zum Nachschlag ergibt. Dies ist z. B. im Trio des Regensburger Land-wehrmarsches gegeben. In den Takten 3 bis 18 wird die Melodie in den Tenor-stimmen auf den Hauptschlag begleitet. In Takt 19 übernehmen die Oberstimmen die Melodie, die Begleitung wechselt auf den Nachschlag-Rhythmus.Historische 4/4-Takt-Märsche kennen

keine polkaartige Nachschlag-Begleitung. Der Polka-Rhythmus wurde nämlich erst ab den 1840-er Jahren für Märsche über-nommen, weil Wiener Militärkapellen im Zuge der damaligen Polkabegeisterung zum Marschieren flotte Polkas anstelle der etwas schwerfälligen älteren Mär-sche spielten.Von bayerischen Volkstanzkapellen kann man zum Auftanz gelegentlich solche historischen 4/4-Takt-Märsche wie den aus dem Tiroler Landgericht Ehrenberg hören (s. S. 36), jedoch haben manche Begleiter (Harmonika-, Harfenspieler) Schwierigkeiten, den richtigen Rhythmus zu finden, weil sie eben das Nachschla-gen gewöhnt sind.

Die melodiebezogene Begleitung

In der alpenländischen Volksmusik hat sich nach dem zweiten Weltkrieg unter dem Einfluss der Erzmusikanten Tobi Reiser und Martin Schwab die Wechsel-bassbegleitung durchgesetzt. Diese passt vorzüglich zu den meist neu entstandenen Boarischen und schnellen Polkas. Als man dann in Bayern ab Ende der 1960er Jahre auf den reichen Schatz alter Musikanten-handschriften aufmerksam wurde und ihn in Notenveröffentlichungen für die Praxis zugänglich machte7, haben die Musikan-7, haben die Musikan-7

ten diesen Tanzmelodien älteren Typs meist das gewohnte Wechselbasssystem übergestülpt. Dagegen stellten wir fest, dass in den vereinzelt vorhandenen ausge-schriebenen Besetzungen Bass und Nach-schlag nach einem anderen System notiert waren. Auch die wiederentdeckten alten Dorfkapellen (Kapelle Bugl aus Schwarz-ach, Kapelle Sattler aus Wiesenfelden u. a.) spielten keine Wechselbassbegleitung. Was ist nun anders?

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Halbwalzer 2, Handschrift aus Neukirchen, Bayerischer Wald6

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Regensburger Landwehrmarsch von Gleißner, Trio Takt 3 – 18: Hauptschlagbegleitung.

Regensburger Landwehrmarsch, Trio ab Takt 19: Nachschlagbegleitung.8

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1. Der Bass spielt vorwiegend nur die Grundtöne der betreffenden Harmonie. Das mag zwar für manchen Bassisten langweilig sein, es baut aber eine Spannung zum Harmoniewechsel von der Tonika zur Dominante (siehe Elisen-Schottisch, Takt 1 - 4) und umgekehrt auf. Beim Wechselbass wird dagegen diese Spannung abgeschwächt.

2. Bei melodischen Ruhepunkten spielt der Bass einen langen Ton, während der Nachschlag den Ruhepunkt rhythmisch ausgestaltet (Elisen-Schottisch, Takte 4, 8 und 12). Das ist für das Zusammen-spiel wichtig, denn Melodiespieler, die zum Treiben neigen, werden an solchen Stellen vom Nachschlag wieder „einge-fangen“. Das Tempo des Musikstückes wird dadurch stabilisiert.

3. Durch vereinzelt eingestreute Akzente an geeigneten Stellen geben Bass und Begleitung der Musik einen besonde-ren Impuls (Takt 15).

Bass und Begleitung orientieren sich also nicht nur am harmonischen Ablauf einer Melodie, sondern sie berücksichtigen auch deren melodischen Eigenheiten. Hierfür habe ich 1983 den Ausdruck „me-lodiebezogene Begleitung“ geprägt.11

Auf diese Weise kann der Nachschlag abwechslungsreich gestaltet werden. Nach meiner Meinung hat die stereoty-pe Wechselbass-Begleitung auch dazu beigetragen, dass in vielen Blaskapellen Begleiter Mangelware sind. Es kommt sogar vor, dass der Blech-Nachschlag überhaupt nicht mehr besetzt wird und nur noch ein Schlagzeug für den Nachschlag zuständig ist.Im folgenden will ich an weiteren Beispie-len aufzeigen, wie interessant die sog. „melodiebezogene Begleitung“gestaltet werden kann.

WalzerAls Beispiel dient der Walzer aus Wirlings (nächste Seite). Der Abschluss eines Halb-satzes einer 16-taktigen Walzermelodie wird mit folgender Begleitfloskel ausge-füllt (1. Teil, Takt 7 - 8 und Takt 14 - 15):

Beim ersten Durchspiel des ersten Teils pausieren Klarinetten und Tenorhorn. Die Melodie wird nur von zwei Flügelhörnern vorgestellt. Die Lücke in Haus 1 füllt der Nachschlag mit einem kräftig akzentu-ierten Signal aus, das sozusagen die Aufforderung für den Tutti-Einsatz gibt, der durch die Nebenmelodie noch eine weitere Aufwertung erhält:

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Bass und Begleitung bei historischen Märschen: Marsch aus der Zeit um 1800 aus dem Landgericht Ehrenberg, Tirol.9

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Elisen-Schottisch; Melodie aus einer Handschrift aus Roßhaupten10

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Walzer aus Wirlings

Satz für Blasmusik: Erich Sepp; veröffentlicht in: „Gschpielt ond bloasa“, Heft 112

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38 Volksmusik in Bayern 24 (2007), Heft 3

Im 2. Teil verlässt der Nachschlag in den Takten 19 und 20 den gewohnten „hum-ta-ta“-Rhythmus, setzt auf Schlag 1 einen Staccato-Akkord und auf Schlag 2 einen akzentuierten breiten Akkord. Dies ist eine Bläserspezialität, denn sie können einen Ton in gleicher Lautstärke aushalten, während ein Gitarren- oder Harfennachschlag verklingt.

Da der 2. Teil mit einem Auftakt beginnt, erübrigt sich ein Einwurf oder ein Über-gang von Nachschlag oder Bass. Dage-gen ist so ein Übergang im Haus 2 zum Trio in Es-Dur dringend geboten, ebenso am Schluss des Trios, Haus 2, wo beim da capo der Bassgang von Es- nach B-Dur überleitet.Im Trio bietet die Begleitung keine Be-sonderheiten. Da die Eingangstakte mit den kurzen Achtelnoten etwas gehackt wirken, verbindet der Bass die ersten vier Takte mit den durchgezogenen lan-gen Noten des Es-Dur-Dreiklangs.Wenig dienlich ist es, wenn in den Schlusstakten der einzelnen Melodie-teile einfach im „hum-ta-ta“-Rhythmus weiterbegleitet wird. Auch die Rhyth-musgruppe muss den Abschluss einer melodischen Phrase berücksichtigen. Ihr obliegt es vielmehr, die Wiederho-lung oder den Übergang zum nächsten Melodieteil durch gekonnt gesetzte Ein-würfe herauszuheben. Das verlangt von den Begleitern ein gehöriges Maß an Wachsamkeit und Aufmerksamkeit, was aber dazu beiträgt, dass das Begleiten als wichtig angesehen wird.

2/4-Takt-MelodienZu den beim Elisen-Schottisch aufgezeig-ten Begleitgrundmustern sollen abschlie-ßend noch ein paar Besonderheiten bei 2/4-Takt-Melodien vorgestellt werden.Eine Schlussfigur wie im ersten Teil der „von der Pack“-Polka kommt sehr häufig vor. Oftmals „verschlafen“ Begleiter und Bassisten die Generalpause im vorletzten Takt und begleiten durch. Analoges gilt für die häufig beim Galopp vorkommen-den Schlusstakte. Auch hier müssen Bass und Nachschlag die Schlusswendung des Melodieteiles herausheben, da sie ansonsten die Spannung aus solchen

Schlussfiguren herausnehmen und der besondere melodische Effekt verwa-schen wird.

Häufige Galopp-Schlussfigur

Fazit

Das Begleiten kann auch Spaß machen! Es muss halt interessant gestaltet wer-den.

nicht gut klingen, wenn die Stimmlage zu tief gewählt wird.

4 Felix Hoerburger: Achttaktige Ländler aus Bayern. Regensburg 1976, S 51 ff.

5 Bayerischer Landesverein für Heimat-pflege, München: Materialheft zum 18. Herbsttreffen oberbayerischer Musikanten, 30.9. - 2.10.1983, in Scharling, S. 41.

6 wie Anm. 4, S. 52.7 Richtungsweisend für Südbayern waren

die von Ernst Schusser ausgewählten „100 Tanzmelodien aus Oberbayern“, hrg. vom Bayer. Landesverein für Heimatpflege. München 1982.

8 Handschriftliche Marschbücher der Blas-kapelle Reichling. Kopie im Archiv der Be-ratungsstelle für Volksmusik. Neufassung von E. Sepp verlegt bei TRIO Musikedition, Mettenheim 1996.

9 Österreichische Volkstänze, gesammelt und herausgegeben von Raimund Zoder, erster Teil. Wien 11946, S. 3 - 4.

10 Satz für Blasmusik in: „Gschpielt ond bloasa“, 19 Volksmusikstücke für Blasmu-sik, Heft 2, ausgewählt und eingerichtet von Erich Sepp und Uwe Rachuth. Mün-chen 1991, Nr. 4.

11 Erstmals verwendet auf der Volksmusik-woche „Lied, Musik und Tanz in Altbayern“, 23. - 29. Mai 1983, in Riedenburg. Siehe auch: Erich Sepp: Die melodiebezogene Begleitung. In: Volksmusik in Bayern, 1. Jg., 1984, Heft 2, S. 9 - 11.

12 „Gschpielt ond bloasa“, 16 volkstümliche Stücke, Heft 1. Rot a. d. Rot (Musikverlag Siegfried Rundel) 1985, Nr. 2.

13 Spielgut der Steingadener und Wolpertin-ger Tanzlmusi. Erstdruck in: „Tanzmusik aus den Alpenländern, 3. Heft, hrg. v. Walter Kolneder. Wien 1938, S. 12 f.

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von der Pack-Polka, 1. Teil, ab Takt 9 13

so nicht! →

Anmerkungen:1 In gekürzter Fassung veröffentlicht in: Sän-

ger & Musikanten 49. Jg, Heft 2 (2006), S. 92 - 95.

2 Es-Klarinette und 1. B-Klarinette spielen die 1. und 2. Stimme eine Oktave höher als die Trompeten. Die 2. B-Klarinette verdoppelt in der Regel die 1. Stimme eine Oktave unter der Es-Klarinette, also in der gleichen Tonlage wie die 1. Trompete.

3 Vgl. Manfred Spitzer: Musik im Kopf. Verstehen und Erleben im neuralen Netz. Stuttgart (Verlag Schattauer) 2002, S. 120. Dieses hörpsychologische Phänomen erklärt auch, warum Männerdreigesänge