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www.kinder-undjugendarzt.de HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Heft 9/09 · 40. (58.) Jahr · A 4834 E Forum: Theater auf Rezept Fortbildung: Chochlea Implantat Berufsfragen: Netzstrukturen und ihre Aufgaben Magazin: Die neue Trümmergeneration 40 Jahre Kinder- und Jugendarzt siehe: Großes Jubiläumsheft

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HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Heft 9/09 · 40. (58.) Jahr · A 4834 E

Forum: Theater aufRezept

Fortbildung:Chochlea Implantat

Berufsfragen:Netzstrukturen undihre Aufgaben

Magazin:Die neueTrümmergeneration

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KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.in Zusammenarbeit mit weiteren pädiatrischen Verbänden

556 Vermischtes557 Theater auf Rezept

Regine Hauch560 Vermischtes561 Spracherwerb bei Kindern

mit Cochlea Implantat:Ganz natürlich?Gisela Szagun

562 Vermischtes564 Ärztehandbuch über Ein-

fluss von Mobilfunk auf dieGesundheit

565 Das Leser-Forum568 Lärm: Die Belastung fängt

im Kindesalter anRegine Hauch

569 Fit mit Vollkorn

Forum Fortbildung Berufsfragen Magazin570 Die Versorgung hochgradig

hörgeschädigter Kleinkin-der mit einem Cochlea Im-plantat Bodo Bertram

581 Differentialdiagnostik papulöser Hautverände-rungenAntonia K. Kienast

590 Consilium Infectiorum:Therapie bei initial thera-pieresistenter MRSA-Be-siedlung der Gesäßfalte?Silvia Schauder

592 Review aus englisch -sprachigen Zeitschriften

596 Welche Diagnose wird gestellt?Antonia K. Kienast

599 Netzstrukturen und ihreAufgaben innerhalb desBVKJWolfram Hartmann

601 Ambulante schwerpunkt-orientierte Kinder- und Ju-gendmedizin – Quo vadis?Andreas Sprinz

606 IGel-Leistungen in der kin-der- und jugendärztlichenPraxisRoland Fressle

608 Einsicht in Behandlungs-unterlagen: Wer hat Zugriffauf die Akte?Gerrit Tigges

610 Praxiseinführungs-Seminardes BVKJ

611 Die neue Trümmer -generationGeorg Diez

614 Fortbildungstermine desBVKJ

616 150 Jahre Altonaer Kinder-krankenhausRainer Süßenguth

618 Tagungen618 Praxistafel619 Kurt Schwitters und Käthe

Steinitz revolutionierendas KinderbuchRoland Stark

622 Dr. Harald Zoepffel zum80. GeburtstagH. M. Straßburg

623 Personalia625 Nachrichten der Industrie632 Wichtige Adressen und

Impressum

Beilagenhinweis:

Dieser Ausgabe liegen in voller Auflage eine Information der Firma Wrigley GmbH, Unterhaching,und eine Einladung zur 4. Impfakademie der Firma GlaxoSmithKline GmbH, München, sowie als Teil-beilage das Programmheft der Pädiatrie zum Anfassen in Bamberg, bei.

Wir bitten um freundliche Beachtung und rege Nutzung.

Inhalt 9 I 09

© Mat Hayward – Fotolia.com

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Die neue Trümmergeneration Seite 611

Redakteure: Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel,Hamburg, Dr. Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düsseldorf

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Auswirkungen einer frühkindlichen Hör -schädigung auf die Entwicklung des Kindesund seiner Familie

Die frühkindliche hochgradige Hörschädigung hatfatale Auswirkungen auf die Gesamtentwicklung der be-troffenen Kinder. Das funktionstüchtige Hörsystem istdie entscheidende Voraussetzung für den Erwerb derMuttersprache. Sie wird vom Kind erworben als kulturel-les Gut seiner unmittelbaren Sprachgemeinschaft. „DasErlernen sprachlicher Kommunikation ist durch ein ge-netisch programmiertes Verhaltensrepertoire abgesi-chert.“ (Klinke 2008, 7)

Hörgeschädigten Kindern ist der Lautspracherwerbohne spezielle Hörhilfen und ohne moderne Therapie-techniken nur unter erheblichen Schwierigkeiten mög-lich. Insbesondere der Erwerb eines umfangreichenWortschatzes, der Erwerb von Syntax, Semantik undPragmatik sind nachhaltig beeinträchtigt. Ebenso sindexpressive Aspekte der Lautsprache wie Atmung,Stimme, Artikulation, Prosodie sowie Tonus betroffen.In diesem Zusammenhang sind auch negative Auswir-kungen auf die Ausbildung der Kulturtechniken Schrei-ben und Lesen zu erwarten. Ungünstige Einflüsse auf diepsychosoziale und emotionale Entwicklung der Kindersind zu befürchten.

Durch die hochgradige Hörschädigung gehen ihnenentwicklungsrelevante Stimuli ihrer Umwelt verloren.Das Nichtverfügen über Lautsprache und das Unvermö-

gen, gesprochene Sprache zu hören, führen im Dialog mitHörenden zu einer stark eingeschränkten Kommunika-tion. Die hörgeschädigten Kinder erleben dadurch ge-häuft Frustration und Enttäuschung. Missverständnissemit all ihren Folgen sind vorprogrammiert.

Zudem ist die frühe Eltern-Kind-Beziehung in tragi-scher Weise gefährdet. Die Diagnose trifft die Elternüberraschend und stürzt sie oftmals in Hilflosigkeit. DieKommunikation mit ihrem Kind erscheint ihnen nichtmöglich. Sie erleben die Hörschädigung als schwere Zäsur ihrer Lebenskontinuität.

Erschwerend für die weitere Lebensplanung sind dieoftmals unzureichenden Informationen seitens der Kin-der- und Jugendärzte über zukünftige Fördermöglich-keiten ihres hörgeschädigten Kindes.

Auch machen manche Eltern mit Kinder- und Ju-gendärzten insofern schlechte Erfahrungen, als der ge -äußerte Verdacht auf eine Hörschädigung ihres Kindesnicht immer ernst genommen oder als unbegründet zu-rückgewiesen wird. Das führt im Falle einer Hörschädi-gung zu erheblichen Verzögerungen in der fachärztlichenBestätigung des Hörschadens, und die rechtzeitige Ver-sorgung mit angemessenen Hörgeräten ist nicht mög-lich.

Den Kinder- und Jugendärzten kommt damit einesehr verantwortungsvolle Aufgabe zu. Die Bedenken derEltern müssen ernst genommen und die hörauffälligenKinder einem Phoniater/Pädaudiologen oder HNO-Arztzur weiteren Diagnostik überwiesen werden. Eltern be-

Die Versorgung hochgradig hör geschädigterKleinkinder mit einem Cochlea ImplantatEine neue Methode des hörgestützten Lautspracherwerbs

Dr. rer. biol.hum.Bodo Bertram

Das Cochlea-Implantat (CI) ist eine elektronische Hörprothese, die die ausgefallenen Funk-tionen der im Innenohr befindlichen Hörsinneszellen übernimmt und den Hörnerv elektrischstimuliert. Voraussetzung für eine Implantation ist ein funktionstüchtiger Hörnerv.

Es ist dann indiziert, wenn die betroffenen Patienten aufgrund ihrer hochgradigen, an Taub-heit grenzenden Innenohrschwerhörigkeit aus der Versorgung mit konventionellen elektro-akustischen Hörhilfen kaum oder keinerlei Gewinn für das Verstehen oder den Erwerb vonLautsprache ziehen können.

Die CI-Versorgung von ertaubten und von geburtstauben Kindern hat sich in den vergange-nen 20 Jahren bewährt. Eine weitgehend normale hörgestützte Sprachentwicklung ist dannzu erwarten, wenn die Kinder in einem sehr frühen Alter versorgt werden, ihre Intelligenz-funktionen nicht beeinträchtigt sind und sie über präoperative Hörerfahrungen verfügen.Eine intensive postoperative Hör-Spracherwerbstherapie sowie eine kontinuierliche Ver-laufskontrolle sind für die erfolgreiche (Re)Habilitation der betroffenen Kinder unerlässlich.

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Umso erfreulicher ist es, dass seit Januar 2009 dasNeugeborenen-Hörcreening in Deutschland verbindlichist. Ziel dieser Maßnahme ist es, alle Säuglinge mit ange-borenen Hörstörungen bis zum 3. Lebensmonat zu er-kennen und spätestens bis zum sechsten mit adäquatenHörhilfen durch versierte Fachkräfte binaural zu versor-gen.

Welche Kinder sind für eine Cochlea-Implantation (CI) geeignet?

Junge Kinder mit einer angeborenen hochgradigen,an Taubheit grenzenden sensorineuralen Schwerhörig-keit sowie Kinder, die während oder nach dem Spracher-werb ertauben, sind für eine CI-Versorgung geeignet.

Voraussetzung für die Auswahl ist, dass konventio-nelle Hörgeräte, auch bei Hörrestigkeit, den Betroffenenkein ausreichendes Sprachverstehen ermöglichen, dieHörschnecke vorhanden ist und der Hörnerv funktio-niert.

Neue Operationsmethoden und Hybridimplantate(Kombination aus Cochlea Implantat mit verkürztemElektrodenträger und Hörgerät = EAS0 Elekro-Akusti-sche Stimulation) gestatten den weitgehenden Erhalt vonHörresten im Tieftonbereich. Damit wäre eine Indikati-onsausweitung für die CI-Versorgung bei progredientverlaufenden kindlichen Hörstörungen möglich.

Die Komponenten eines Cochlea Implantatsund wie es arbeitet

Ein Cochlea Implantat besteht zum einem aus dem ei-gentlichen Implantat, dessen Elektrodenträger in derCochlea platziert wird.

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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WICHTIG:Kinder, die durch

eine Pneumo-kokken-Infek-

tion eine Hirn-hautentzündungerleiden und da-

nach ertauben,sind als Notfälle

anzusehen. Siesind unbedingt

einer HNO-Kli-nik vorzustellen.

Es besteht dieGefahr der Obli-

teration derCochlea

nötigen eine unmittelbare fachpädagogische Beratung,umfangreiche Informationen über die fachpädagogischeFrühförderung ihrer Kinder sowie menschliche Zuwen-dung, Verständnis und Begleitung.

Vergleicht man die bundesweit erhobenen Daten(Durchschnittswerte) zur Früherkennung und Frühför-derung hörgeschädigter Kinder von 1976 und 2004, dannhat sich nur marginal etwas verbessert bzgl. der

Die Notwendigkeit eines bundesweitenNeugeborenen-Hörscreenings

Um die Verschleppung der fachärztlichen Bestätigungdes Verdachts auf eine Hörschädigung zu vermeiden,kommt der frühen Entdeckung der Hörschädigung, ih-rer Topodiagnostik sowie der Bestimmung ihres Ausma-ßes höchste Priorität zu. Eine unmittelbar sich anschlie-ßende apparative und therapeutische Intervention istunabdingbar.

Nur so ist es den betroffenen Kindern möglich, wennauch in unterschiedlicher Ausprägung und ohne größe-ren Zeitverlust, die Sinnesmodalität Hören für ihresprachliche Entwicklung zu nutzen. Dem sprachlichenDialog mit den Kindern steht nun nichts mehr im Weg.

Die frühzeitige apparative sowie therapeutische Inter-vention ist auch insofern bedeutsam, als die hohe Plasti-zität des frühkindlichen Gehirns für den hörgestütztenLautspracherwerb in einem günstigen Zeitfenster ge-nutzt werden kann.

Aus neurophysiologischer Sicht sind die ersten Le-bensjahre von entscheidender Bedeutung für das Hörenlernen und für den Lautspracherwerb hörgeschädigterKinder. Plastische Anpassungen zerebraler Funktionensind umso umfassender und potenter, je früher im Lebendiese Anpassungen erfolgen. Kleinkinder verfügen überdie Verhaltensleistung, mit Lust Lautbilder aufzunehmenund zu repetieren und dies insbesondere ab dem 7. Le-bensmonat. Bis etwa zum Ende des zweiten Lebensjahresnimmt die Anzahl der neuronalen Verknüpfungen imzentralen Hörsystem explosionsartig zu. Sie bildengleichsam die zentralnervöse Voraussetzung für Sprach-analyse und Sprachproduktion (Klinke, 2008, a.a.O). Ge-rade im ersten Lebensjahr eines Kindes kommt es zurVerknüpfung modaler Sinnesstrukturen und zu inter-modalen Vernetzungen von Sehen, Hören, Riechen,Schmecken und taktilen Empfindungen (Hildmann,2008, 4).

Mit der automatisierten Messung otoakustischerEmissionen und mit der automatisierten Hirnstamm -

Vermutung des Hörschadens:

1976 = 30 Lebensmonate 2004 = 27 Lebensmonate

Fachärztl. Bestätigung:

1976 = 40 Lebensmonate 2004 = 36 Lebensmonate

Hörgeräteversorgung:

1976 = 52 Lebensmonate 2004 = 38 Lebensmonate(Hartmann/Hartmann, 2005)

1. Stufe:Ein Erst- und Nachscreening soll, wenn möglich, nochin der Geburtsklinik oder im Geburtshaus erfolgen. Inden Kliniken nicht erfasste Neugeborene werden beimKinder- und Jugendarzt, HNO-Arzt oder in einerPhoniatrisch/Pädaudiologischen Einrichtung über-püft. Ein Eintrag in das gelbe Kinder-Vorsorgeheft miteiner ID-Nummer gibt Auskunft über Durchführungund Ergebnis.

2. Stufe:Kontrollscreening nach auffälligem Ergebnis inStufe 1 erfolgt beim Kinder- und Jugendarzt, HNO-Arzt oder Phoniater/Pädaudiologen.

3. Stufe:Nach weiterem auffälligem Ergebnis wird der Säug-ling einer Bestätigungs-/Konfirmationsdiagnostik zu-geführt beim Phoniater/Pädaudiologen oder einemzertifizierten HNO-Arzt. (Hildmann, 2008, 5)

Der Entschei-dung für eine

CI-Versorgungvon hörgeschä-

digten Kleinkin-dern geht in der

Regel eine mehr-monatige Hör-

geräteerprobungvoraus

audiometrie stehen sensitive Messverfahren zur Verfü-gung, die eine Frühdiagnostik von Hörstörungen ermög-lichen.

Ein dreistufiges Hörscreening sichert dieses Prozedereeffektiv ab.

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Es besteht aus der Antenne mit einem entfernbarenMagneten und dem Receiver sowie Stimulator und demElektrodenträger.

Zum anderen besteht es aus dem äußerlich getragenenSprachprozessor (SP) mit der Sendespule.

Schädigungen der zentralen Hörverarbeitung (Hör-zentren, Hörrinde) würden eine Implantation ausschlie-ßen (Lenarz, 1998; Hartrampf 1998).

Da durch das flächendeckende Neugeborenen-Hör -screening im Rahmen der CI-Voruntersuchung zuneh-mend sehr junge Kinder vorgestellt werden, schließt sichbei einer diagnostizierten Hörschwelle von 70 dB die un-mittelbare Hörgeräteversorgung an.

In einem Abstand von 3, 6 oder 12 Monaten erfolgtmittels BERA (als Videosedierung) die Kontrolle des wei-teren Verlaufes der Hörstörung. So sind potentiell pro-gredient verlaufende Hörstörungen zu diagnostizieren.Eine Cochlea-Implantat-Versorgung ist dann zu disku-tieren.

Da alle CI-Kandidaten ein MRT erhalten, konnte einezunehmende Zahl von Kindern mit Hypo- oder Aplasiedes Hörnervs identifiziert werden. An der HNO-Klinikder Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)wurde ein erstes Kleinkind erfolgreich und komplikati-onslos mit einem Hirnstammimplantat (ABI AuditoryBrainstam Implant) versorgt. Die Entscheidung dafür istimmer eine Einzelentscheidung, die Nutzen der Opera-tion und mögliche Risiken denkbarer Nebenwirkungenabzuwägen hat.

Die CI-Voruntersuchung am Cochlear ImplantCentrum Wilhelm Hirte, Hannover (CIC)

Im Rahmen der oben beschriebenen medizinischenVoruntersuchungen an der HNO-Klinik der Medizini-schen Hochschule Hannover werden die Kinder auch imCIC vorgestellt. Träger des Zentrums ist die Hannover-sche Kinderheilanstalt.

Der organisatorische Ablauf ist Tab. 1 zu entnehmen.

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Abb. 2: Nucleus-Elek-trode in der Cochlea

Abb. 1: Nucleus ImplantatCI24

Ein Mikrofon am Sprachprozessor nimmt die Schall-wellen auf, die vom ihm in digital kodierte Signale umge-wandelt und an die Sendespule übertragen werden. Mit-tels der Sendespule werden diese Signale an das unter derHaut befindliche Implantat (Receiver / Stimulator) über-tragen.

Die kodierten Signale werden in elektrische Impulseumgewandelt und an den Elektrodenträger in der Hör-schnecke weitergeleitet.

Die Elektroden stimulieren die Hörnervenfasern inder Cochlea – im Gehirn entsteht ein Höreindruck.

Aus neurophysiologischer Sicht ist es ein Glücksum-stand, dass die Schallanalyse nicht durch das Innenohr,sondern durch das Gehirn erfolgt und dies in der Lage ist,auch Surrogate der neuralen Aktivität sinnvoll auszuwer-ten, nämlich die Sequenzen von Aktionspotentialen, diedurch das Cochlea-Implantat erzeugt werden (Klinke,2006, 28).

Die CI-Voruntersuchnung an der HNO-Klinikder Medizinischen Hochschule Hannover(MHH)

Die umfassende HNO-ärztliche Voruntersuchung er-folgt in der Klinik. Sie dient der Indikationsstellung. Ne-ben der Anamnese inklusive Sozialanamnese, allgemein-medizinischen sowie HNO-ärztlichen Untersuchungenund der Vestibularprüfung erfolgt auch eine eingehendeaudiometrische Testung der Kinder.

Weitere umfangreiche objektive Diagnostikverfahrensollen u.a. auch den Nachweis einer intracochleär gelege-nen Hörschädigung erbringen sowie die Möglichkeit ei-ner CI-Versorgung des Kindes aus HNO-ärztlicher undaudiologischer Sicht bestätigen (BERA; SN 10; CAP,CM).

Abb. 3 HdO-SprachprozessorFreedom

(Abbildungen mitfreundlicher Genehmi-gung der Fa. Cochlear)

ORGANISATORISCHER ABLAUF DER CI-VORUNTERSUCHUNG

VERMITTLUNG AUFNAHMEDATUM MHH / CIC

�EINHOLEN VON HÖRGESCHÄEDIGTENPÄD. +

PSYCHOLOGISCHEN GUTACHTEN DURCH CIC

�VORUNTERSUCHUNG IN DER HNO-KLINIK / MHH (3 Tage)

SUBJEKTIVE UND OBJEKTIVE DIAGNOSTIK

�PÄDAGOGISCHE VORUNTERSUCHUNG IM CIC

ELTERNBEFRAGUNG ZUR HÖR-SPRACHENTWICKLUNG DES KINDES /

FRAGEBOGEN

FACHPÄDAGOGISCHE GUTACHTEN / HEIMATORT

FREIFELDAUDIOMETRIE / VERHALTENSAUDIOMETRIE

HANNOVER-HÖRPRÜFREIHEN (Bertram, 1996)

EINGEHENDE BERATUNG + INFORMATION DER ELTERN

EMPFEHLUNG DES CIC AN DIE HNO-KLINIK�

GEMEINSAME ENTSCHEIDUNG PRO / CONTRA CI-VERSORGUNGDURCH HNO-KLINIK UND CIC

Wenn es notwendig erscheint, erfolgt vor einer Entscheidung eine erneute Vor-stellung des Kindes und das Einholen weiterer Gutachten (z.B. Neuropädiater)

Tab. 1: Übersicht über den organisatorischen Ablauf der CI-Vor -untersuchung an der MHH und dem CIC

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Das Cochlear Implant Centrum Wilhelm Hirte, Han-nover, ist weltweit eine der größten (Re)Habilitationsein-richtungen für Kleinkinder mit einem Cochlea Implan-tat und wurde 1990, auf Initiative von Prof. Lehnhardthin, gegründet. Derzeit werden ca. 1000 Kinder betreut.

Das Vorgespräch soll die Eltern über alle mit der CI-Versorgung von hörgeschädigten Kleinkindern im Zu-sammenhang stehenden Fragen umfassend und qualifi-ziert informieren.

Gleichzeitig sollen Motivationen und Erwartungender Eltern sowie ihre und die Bedürfnisse ihrer Kinderbzgl. der postoperativen Hör-Spracherwerbstherapie inErfahrung gebracht werden. Die psychosoziale Situationder Familie wird im Hinblick auf die Hörschädigung desKindes gemeinsam reflektiert.

Videodemonstrationen führen Eltern zusätzlichChancen und Grenzen der CI-Versorgung deutlich vorAugen. Sie haben auch die Möglichkeit, im Zentrum zuhospitieren oder Eltern bereits CI-versorgter Kinder vorihrer Entscheidung zu kontaktieren.

Wenn die Kinder aus Sicht der Klinik und des Zen-trums geeignete CI-Kandidaten sind, erfolgt die Implan-tation in der HNO-Klinik der MHH.

Die ImplantationDie Operation erfolgt unter Vollnarkose und dauert in

der Regel bis zu 4 Stunden.Das Kind hält sich ca. 3–5 Tage danach noch in der Kli-

nik auf. Während des Klinikaufenthaltes kommen dieMutter und das Kind zum Vortraining ins CIC.

An der HNO-Klinik der MHH werden derzeit dreiImplantate verschiedener Hersteller verwendet (Abb. 4bis 6):

Das Vortraining zur Erstanpassung desSprachprozessors

Während des Vortrainings im CIC, das 4–5 Tage nachder Operation stattfindet, beobachten Mutter und Kindgemeinsam die Anpassung des Sprachprozessors bei ei-nem bereits CI-versorgten Kind.

Dieses Training hat sich in den letzten 18 Jahren äu-ßerst bewährt, nimmt es doch nach unseren ErfahrungenBefürchtungen von Mutter und Kind. Ihr gemeinsamerAufenthalt im CIC Wilhelm Hirte schafft so Vertrauen zuden Mitarbeitern. Auch werden Mutter und Kind die dreiKinderhäuser vorgestellt, in denen sie während der The-rapie wohnen (Abb. 7-9).

Unmittelbar nach dem Vortraining im Zentrum er-hält die Mutter den Termin für die Erstanpassung desSprachprozessors.

Postoperative Hör-Spracherwerbstherapie(Basistherapie) im CIC

Die Erstanpassung erfolgt in der Regel 5 Wochen nachder Operation. Die Kostenzusage für die postoperativeBasistherapie durch die jeweiligen Krankenkassen wirdvom CIC eingeholt.

Die Basistherapie ist eine unabdingbare Maßnahme,um die CI-versorgten Kinder bei ihren ersten Schritten indie Welt des Hören und der Lautsprache professionell zubegleiten (Tab. 2).

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Abb. 4: NucleusImplantat des australischen Her-stellers Cochlear

Abb. 5: Clarion Im-plantat des ameri-kanischen Herstel-lers Advanced Bio-nics

Abb. 6: Combi Im-plantat der öster-reichischen FirmaMED-EL

Die HNO-Klinik der MHH verfügt über große Erfah-rungen, da bisher nahezu 4000 Patienten mit Cochlea-Implantaten versorgt wurden.

BASISTHERAPIEVORTRAINING

SPRACHPROZESSOR-ANPASSUNG

INTERAKTIVE HÖR-, SPRECH- UND SPRACH -

ERWERBSFÖRDERUNG

RHYTHMISCH-MUSIKALISCHE FÖRDERUNG

PSYCHOMOTORIK / HEILPÄDAGOGIK

ERGOTHERAPIE / STREICHELZOO

ELTERNARBEIT

BERATUNG

TECHNISCHER SUPPORT

KOOPERATION MIT FACHPÄDAGOGEN

AM HEIMATORT

KOOPERATION MIT HÖRZENTRUM DER MHH

Tab. 2: Überblick über Therapieangebote inder postoperativen Basistherapie CIC WilhelmHirte, Hannover

Im CIC Wilhelm Hirte, Hannover, arbeiten erfahreneHörgeschädigtenpädagogen, Sprachtherapeuten, Logo-päden, eine Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin sowieeine Ergotherapeutin und eine Therapeutin für Psycho-motorik. Drei Ingenieure sind für die Anpassung derSprachprozessoren zuständig.

Der stationäre Aufenthalt der Kinder mit jeweils einerBegleitperson bildet die Grundlage für eine vertrauens-volle Zusammenarbeit zwischen Therapeuten und El-tern. Der Aufenthalt mit anderen Eltern bietet ihnen viel-fältige Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch unterei-nander sowie mit ihren zuständigen Therapeuten.

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Das Alter der Kinder sowie ihre psychisch-physischenVoraussetzungen bestimmen u.a. die Länge der Thera-pieeinheiten. Der Aufenthalt kann je nach Wunsch derMutter/des Vaters 2–3 Tage oder eine Woche betragen.Lediglich zur Erstanpassung des Sprachprozessors wer-den die Eltern zu einem einwöchigen Therapieaufenthaltins CIC gebeten. So ist es möglich, mit Behutsamkeit undRuhe die Erstanpassung des Sprachprozessors vorzuneh-men und die Basistherapie aufzunehmen.

Die (Re)-Habilitationsphase umfasst in der Regel 60Tage, die sich über einen Zeitraum von ca. 2–21/2 Jahrenerstreckt.

Schwerpunkte der Therapie sind das Entwickeln vonHören, Sprechen, Sprache sowie Kognition. Grundlagedafür sind die Erkenntnisse der Spracherwerbsforschungbei hörenden Kindern. Gleichwohl fließen sowohl hörge-schädigtenpädagogische als auch sprachtherapeutischeAspekte in die postoperative Therapie mit ein.

Der Einsatz moderner Therapietechniken ermöglichtes vielen geburtstauben Kindern mit Hilfe des CI sehrgute hörgestützte Sprachkompetenz zu erlangen. Aller-dings variieren die (Re)-Habilitationsergebnisse hin-sichtlich des Lautspracherwerbs.

Das Alter zum Zeitpunkt der Implantation, präopera-tive Hörerfahrungen, die postoperative Hörqualität,Spracherwerbstyp, Zustand des Hörnervs sowie diesprachliche Förderung im Elternhaus oder im pädagogi-schen Umfeld haben nachhaltigen Einfluss auf den The-rapieverlauf.

Um eine solche Entwicklung zu ermöglichen müssenfolgende Voraussetzungen erfüllt sein:� Das CI-SYSTEM arbeitet stets fehlerfrei� Der Sprachprozessor ist auf die individuellen Bedin-

gungen des Kindes angepasst und ist die Grundlagefür eine optimale Hörqualität

� Der Sprachprozessor wird über den ganzen Tag ange-schaltet getragen

� Das Kind benutzt sein System in guten akustischenBedingungen

� Das CI-versorgte Kind hat über den ganzen Tag aus-reichend Gelegenheit, Lautsprache zu hören und viel-fältige Möglichkeiten zu kommunizierenSchwächen kognitiver wie linguistischer Fähigkeiten

können mitverantwortlich sein für eine mehr oder min-der eingeschränkte Lautsprachkompetenz. Insbesonderefällt ein Teil der CI-versorgten Kinder durch Schwächenim morphologisch-syntaktischen Bereich auf. Je früherDefizite in der Lautsprachentwicklung erkannt werden,desto unmittelbarer müssen geeignete therapeutische In-terventionen wirksam und zusätzliche Kommunikati-onssysteme eingeführt werden. Das trifft insbesonderefür Kinder mit Zusatzerschwernissen zu.

Syndromspezifische Sprachfördertherapien, Gebär-den unterstützende Kommunikation, Einsatz von Kom-munikationskarten, Fingeralphabet, elektronische Kom-munikationshilfen sind dafür einige Beispiele. Allerdingsbleibt trotz Einsatz zusätzlicher Kommunikationssys-teme der Hörsinn immer der führende Sinneskanal inder therapeutischen Arbeit mit den betroffenen Kindern.

Eltern und Therapeuten müssen wissen: die Hör-Sprachentwicklung gerade der CI-versorgten Kinder be-nötigt ausreichend Zeit, viel Geduld und Vertrauen. Undihre Entwicklung verläuft sehr individuell.

Dabei ist zu bedenken, dass die Sinnesmodalität Hö-ren den CI-versorgten Kindern erst verspätet zur Verfü-gung stand und sie letztlich durch das Implantat nicht zunormalhörenden Kindern geworden sind. Durch das CIkönnen die für die Lautanalyse zuständigen Nervenzel-len des Gehirns nunmehr ihre Funktion aufnehmen. DerWeg für das Erlernen der Lautsprache in den EbenenPhonetik und Phonologie, Lexikon und Semantik, Syn-tax und Morphologie sowie Pragmatik ist frei. Dabei gehtimmer die Rezeption der Expression voraus.

Die Einheit von Hören, Sprechen und Sprache ist indiesem Prozess durch Eltern und Therapeuten stets zuwahren, um die genetisch angelegte Spracherwerbskom-petenz zur vollen Entfaltung zu bringen. Auditive Wahr-

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Abb. 7-9: Haupthaus für die postoperative Basistherapie, Kinderhäuser und Spielplatz

Abb. 10:CI-versorgtesKind währendder Hör-Sprach-therapie

Abb.11 u. 12: Sprachprozessoranpassung (links) und technischeÜberprüfung ihres Sprachprozessors (rechts)

Das Alter zumZeitpunkt derImplantation,präoperativeHörerfahrun-gen, die post-operative Hör-qualität, Sprach-erwerbstyp, Zu-stand des Hör-nervs sowie diesprachliche För-derung im El-ternhaus oderim pädagogi-schen Umfeldhaben nachhal-tigen Einflussauf den Thera-pieverlauf

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nehmungsstrukturen bilden und festigen sich innerhalbeines langwierigen Ausbildungsprozesses. Alle CI-ver-sorgten Kinder benötigen seitens ihrer Eltern und ihrerPädagogen eine ihrem sprachlichen Entwicklungsstandangepasste Ansprache und ein responsives Sprachverhal-ten.

Alle Kinder werden in regelmäßigen zeitlichen Ab-ständen HNO-ärztlich begutachtet. Ihre Hör-Sprachent-wicklung wird kontinuierlich dokumentiert.

Ergotherapie, Psychomotorik Ergotherapie, Psychomotorik, heilpädagogische För-

derelemente und die Entwicklung rhythmisch-musikali-scher Fähigkeiten sowie die Förderung von Kreativitätsind weitere Schwerpunkte der postoperativen Basisthe-rapie im CIC Wilhelm Hirte, Hannover, ebenso wie dasErlernen sozialer Verhaltenskompetenz (Abb. 13-15).

Morgenkreis und Streichelzoo, Entspannungsübun-gen und das gemeinsame Spielen sind dafür geeigneteTherapiemaßnahmen.

Spezielle Aktivitäten in der ergotherapeutischen undpsychomotorischen Förderung sollen helfen, Entwick-lungsrückstände bzgl. der Koordination von Bewegungs-abläufen, im Zusammenspiel aller Sinnesfunktionen, inder Konzentrations- und Orientierungsfähigkeit zuüberwinden oder zu minimieren.

Gleichzeitig tragen diese Therapieangebote dazu bei,Beharrlichkeit, Motivation, Selbstvertrauen und Kom-munikationsfähigkeit spielerisch zu entwickeln.

Zusammenarbeit mit den Pädagogen undTherapeuten am Heimatort

Die enge Kooperation mit Pädagogen und Therapeu-ten am Heimatort der Kinder ist ein weiterer wichtigerBestandteil des Konzeptes. Sie soll sicherstellen, dass diebegonnene Therapie an den Erziehungs- und Bildungs-einrichtungen der Kinder am Heimatort eine kontinu-ierliche und konsequente Fortsetzung findet.

Den Eltern werden nach jedem Aufenthalt Kurzbe-richte über den Therapieverlauf sowie über den techni-schen Zustand des CI-Systems und über das eingestellteSprachprozessorprogramm zur Verfügung gestellt.

Die LangzeitnachsorgeDie Cochlea Implantat-Versorgung ist eine elektri-

sche Dauerstimulationstherapie des Hörsystems. Dahersind die HNO-ärztliche Kontrolle, die therapeutischeVerlaufskontrolle sowie die kontinuierliche technischeÜberprüfung des gesamten Cochlea Implantat-Systemsunerlässlich. Dazu werden die Kinder nach Beendigungder Basistherapie mindestens 2x pro Jahr für 1–2 Tagewieder ins Cochlear Implant Centrum/HörzentrumHannover einbestellt.

Die Eltern werden sozialmedizinisch, therapeutischsowie aus hörgeschädigtenpädagogischer Sicht umfas-send beraten. Damit ist gleichzeitig die Teilhabe der he-ranwachsenden Patienten am technischen Fortschritt ge-währleistet (z.B. Anpassung neuer Sprachprozessoren,neue Sprachkodierungsstrategien).

Die enge Kooperation zwischen CIC und Hörzen-trum der MHH gewährleistet eine hohe Qualität derNachsorge.

Statistische AngabenDerzeit werden 956 (Stand Oktober 2008) Kinder

durch das CIC Wilhelm Hirte, Hannover, im Rahmen derpostoperativen Basistherapie und der Langzeitnachsorgebetreut (Abb. 16).

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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� Abb. 13: CI-versorgte Kinder während derpsychomotorischen Therapie

Abb. 15: Balanceübung �

� Abb. 14: Rhythmik-Stunde

Abb. 16: Beginn der Taubheit

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Fortbildung

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Ursachen der Taubheit und Alter bei Implantationverteilen sich wie folgt (Abb. 17, 18):

die betroffenen Kinder die dem Cochlea Implantat inne-wohnenden Chancen für die Entwicklung einer hörge-stützten Lautsprachentwicklung ohne wesentlichen Zeit-verlust nutzen.

Aus hörgeschädigtenpädagogischer Sicht ist eine qua-lifizierte postoperative Hör- und Spracherwerbstherapieunerlässlich. Wie die Erfahrungen zeigen, ist der Laut-spracherwerb auch bei geburtstauben Kindern in einerbeeindruckenden Weise möglich.

Gleichwohl gibt es dafür keine Garantie. Die Einfluss-faktoren auf den Hör-Spracherwerbsprozess sind vonKind zu Kind sehr variabel.

Die vielseitigen Aufgaben der Rehabilitation resp. Ha-bilitation der CI-versorgten Kinder sind nur durch dasZusammenwirken vieler Fachleute aus den BereichenMedizin, Pädagogik, Therapie und Technik in enger Zu-sammenarbeit mit den Eltern qualifiziert zu bewältigen.

Verbesserte Operationstechniken, verfeinerte Elek-trodenträger und neue Sprachkodierungsstrategien so-wie Medikamentenapplikation lassen für die Zukunftnoch bessere Ergebnisse in der (Re)Habilitation CI-ver-sorgter Kleinkinder erhoffen.

Literatur:

Bertram, B.(1998): Rehabilitationskonzept bei Kindern. In: T. Len-arz (Hrsg.): Cochlea-Implantat., Springer, 108-121

Hartrampf, R.(1998): Indikation, Kontraindikation und Vorunter-suchung bei Kindern. In: T. Lenarz (Hrsg.). Cochlea-Implantat,Springer, 95-107

Hartmann, H., Hartmann, K. (2005): Früherkennung? Memoran-dum zur Früherkennung und Früherfassung hörgeschädigterKinder, (Hrsg.) Bundesgemeinschaft der Eltern und Freundehörgeschädigter Kinder, Hamburg

Hildmann, A.(2008) Frühkindliche Hörstörung – eine interdiszip-linäre Aufgabe. In: Sprache, Stimme, Gehör, 32. Jahrgang (1), 4, 5

Klinke, R. (2006) Das Ohr – Funktionen an der Grenze des physika-lisch Möglichen. In: Lend Me Your Ear, Katalog, Kunstverein BadSalzdetfurth, 28

Klinke, R. (2008) Hören lernen – die Bedeutung der ersten Lebens-jahre. In: Sprache, Stimme, Gehör, 32. Jahrgang (1), 7

Lenarz, T. (1998): Cochlea-Implantate-Physiologische Grundlagenund klinische Anwendung. In: T. Lenarz (Hrsg.) Cochlea-Im-plantat, Springer, 28

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonfliktvorliegt.

Dr. rer. biol.hum. Bodo Bertramehemaliger Leiter Cochlear Implant Centrum „Wilhelm Hirte“,HannoverDietzgenstr. 3813156 BerlinTel. 030 / [email protected] Red.: Christen

Abb. 17: Ursachen der Taubheit

Abb. 18: Alter bei OP

Zusammenfassung

Das Cochlea Implantat hat sich in den vergangenenzwei Jahrzehnten in der symptomatischen Behandlungvon hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit sowohl beipostlingual ertaubten als auch bei geburtstauben Kin-dern hinsichtlich ihrer hörgestützten Hör-Sprachent-wicklung bewährt.

Kinder- und Jugendärzte sollten Eltern ernst nehmen,wenn diese Befürchtungen bzgl. einer Hörstörung ihresKindes äußern. Eine sofortige fachärztliche Abkärung istunerlässlich.

Das flächendeckende Neugeborenen-Hörscreeningermöglicht ein sehr frühes Aufspüren von frühkindli-chen Hörschäden. Damit sind eine rechtzeitige Diagnos-tik und eine unmittelbare apparative sowie therapeuti-sche Intervention in einem günstigen Zeitfenster mög-lich. Eine frühe Diskussion der CI-Versorgung ist dannindiziert, wenn die konventionelle Hörgeräteversorgungnach einer mehrmonatigen Erprobung keinerlei Gewinnfür die Lautsprachentwicklung erwarten lässt. So können

Juristische Telefonsprechstunde für Mitglieder des BVKJ e.V.Die Justitiare des BVKJ e.V., die Kanzlei Dr. Möller und Partner, stehen an

jedem 3. Donnerstag eines Monats von 17.00 bis 19.00 Uhr unter der Telefonnummer

0211 / 758 488-14 für telefonische Beratungen zur Verfügung.

Stephan Eßer, Hauptgeschäftsführer

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Differentialdiagnosen papulöserHauterkrankungen

1. Erkrankungen, die mit epidermalen Papeln einhergehen

Epidermale Papeln entstehen durch eine Substanzver-mehrung der Epidermis. Sie gehen in aller Regel mit ei-ner oberflächlichen Schuppung einher.

1.1 Rötlich-braune Papeln

Lichen ruber planus (syn. Lichen planus, Lichen ruber)Die Erkrankung manifestiert sich überwiegend im Er-

wachsenenalter, kann jedoch in jedem Lebensalter auf-treten; etwa 5–10% der Fälle betreffen Kinder vor der Pubertät. Der Lichen ruber ist gekennzeichnet durch juckende, rötlich-violette, polygonale Papeln (sog. „4-P-Disease: Purpuric, polygonal, pruritic papules“), die ander Oberfläche eine charakteristische, weißliche Streifen-zeichnung aufweisen (Wickham-Streifen) und meist aufden Beugeseiten der oberen Extremitäten, im Sakroilia-kalbereich, genital oder an Schleimhäuten auftreten(Abb. 1). Enorale Läsionen finden sich an der Zunge oderder bukkalen Mukosa und imponieren als weißliche reti-kuläre Muster auf erythematösem Grund. Genital mani-festieren sich weiße, oft anuläre Streifen im Bereich derGlans penis oder der Schleimhäute, bei Frauen kommt esauch zu papulösen Veränderungen im Bereich der Vulva.Selten kommt es bei Kindern zu einer Nagelbeteiligungoder einer narbigen Alopezie. Das Koebner-Phänomenist positiv.

Dem Lichen ruber liegt eine genetische Dispositionzugrunde. Es besteht ein Zusammenhang mit Autoim -munerkrankungen wie der Vitiligo, Alopecia areata, Co-litis ulcerosa, Dermatomyositis etc. Virushepatitidenstellen einen häufigen Triggerfaktor dar (2). In über 50%der Fälle kommt es innerhalb von 6 bis 18 Monaten zu ei-ner Spontanheilung mit postinflammatorischer Hyper-pigmentierung.

Diagnostik: Eine Hepatitis als möglicher Triggerfak-tor sollte ausgeschlossen werden. Histologisch zeigensich eine irreguläre Akanthose, Hyperkeratose, lineare Fi-brinablagerungen in der Basalzellschicht, sowie vakuo-

läre degenerative Keratinozyten und ein bandförmigeslymphohistiozytäres Infiltrat.

Therapie: Topische Glucocorticoide der Klasse II-III(2x/d für 3 Wochen), bei hypertrophen Läsionen okklu-siv unter Folie. Für Mundschleimhautläsionen Dyne-xan®-Mundgel mit 0,05% Betamethasonzusatz. Bei Kin-dern >14 J. UV-B-Therapie.

Psoriasis

Die Psoriasis ist eine chronische, entzündliche, hyper-proliferative, papulosquamöse Hauterkrankung, die so-wohl in der Morphologie als auch in der Dauer und Aus-prägung äußerst variabel ist. Die Prävalenz der Psoriasisliegt zwischen 1 und 2%; 15.6% der Fälle manifestierensich vor dem 16. Lebensjahr. Die Ätiologie ist multifakto-riell. Es handelt sich um eine polygen vererbte Erkran-kung (Gene: PSOR 1-7) mit einer Assoziation zu be-stimmten HLA-Haplotypen (HLA-Cw6, HLA-B13,

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Serie: Vom Symptom zur Diagnose

Differentialdiagnostik papulöserHautveränderungen

Als Papel wird eine Substanzvermehrung in der Epidermis oder Dermis bezeichnet, die einen Durchmesser von < 1 cm aufweist. Größere Papeln werden als Knoten (Nodus) oderTumor bezeichnet. Mehrere Papeln können zu einem Plaque konfluieren. Papeln sind einSymptom vieler verschiedener Hautkrankheiten. Die wichtigsten Differentialdiagnosen wer-den im folgenden nach epidermaler und dermaler Papelbildung unterteilt (1).

Dr. Antonia K.Kienast

Abb. 1: Liche-noide Papelnbei Lichen ruber planusmit diskreteroberflächli-cher Streifen-zeichnung

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HLA-B17). Man unterscheidet je nach Manifestationsal-ter vor bzw. nach dem 40. Lebensjahr die Psoriasis vomTyp I und II. Während beim Typ II die unter dem Begriff„metabolisches Syndrom“ zusammengefassten Risiko-faktoren als Triggerfaktoren wirken (Adipositas, Diabe-tes mellitus, Hyperlipidämie) und ferner auch Alkoholund andere Genussgifte eine manifestationsförderndeWirkung aufweisen, wirken im Kindesalter in erster LinieInfektionen und hier wiederum vorrangig Infektionenmit �-hämolysierenden Streptokokken als Triggerfakto-ren, deren Toxine zu der pathogenetisch wichtigen T-Zell-Aktivierung beitragen (3). Klinisch fallen scharf be-

grenzte, schuppende Plaques auf eythematösem Grundauf (Abb. 2). Die häufigsten Lokalisationen sind Ellenbo-gen, Knie, Ohrmuschel, Nabel und der Genitalbereich(Perineum und Analfalte). Bei Kindern ist häufig dieKopfhaut in Form diffuser, weißlich-gelber Schuppungauf erythematösem Grund mitbetroffen (Abb. 3). Dabeikommt es nicht zum Haarausfall. Bei vielen Patientenkommt es außerdem zu einer Mitbeteiligung der Nägel inForm von kleinen Dellen, sogenannten pits, und einersubungualen Hyperkeratose, die mit Verdickung undDystrophie der Nagelplatte einhergeht („psoriatischerÖlfleck“) (Abb. 4). Verschiedene Phänomene sind cha-rakteristisch für die Psoriasis:• Kerzentropf-Phänomen: Ablösung von Schuppen, die

kerzenwachsartigen Flocken ähneln, durch horizonta-les Schaben.

• Phänomen des letzten Häutchens: In der Folge löst sicheine wachsartige Lamelle.

• Auspitz-Zeichen: punktförmige Blutungen aus demfreigelegten dermalen Gefäßplexus.

• Koebner-Phänomen: In Mikrotraumen entstehenneue Psoriasis-Läsionen. Man unterscheidet verschiedene Formen der Erkran-

kung. Im Kindesalter kommt es meist zu einer exanthe-matischen Erstmanifestation. Die Psoriasis guttata tritthäufig infektgetriggert in Form generalisierter tropfen-förmiger Papeln und Plaques an Stamm und proximalenExtremitäten auf. Die Läsionen können initial an ein Vi-rusexanthem erinnern und gelegentlich besteht leichterJuckreiz. Streptokokken-Infektionen im HNO-Bereichsowie auch perianal sollten ausgeschlossen werden. DieEffloreszenzen haben oft eine silbrige Oberflächen-schuppung und heilen nach 3–4 Monaten spontan ab.Viele der betroffenen Kinder entwickeln im Verlauf einePlaque-Psoriasis. Diese manifestiert sich in Form vongroßen, häufig symmetrischen, scharf begrenzten, ery-thematosquamösen Plaques an den typischen Prädilekti-onsstellen. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist dieWindelpsoriasis eine typsiche Manifestationsform; sie istdurch ein großflächiges, scharf begrenztes, schuppendesErythem im Windelbereich gekennzeichnet, welcheshäufig als Windeldermatitis fehlgedeutet wird. Außer-dem können verschiedene pustulöse Formen der Psoria-sis auftreten, die immerhin 10–15% der Psoriasis-For-men ausmachen. Als Komplikationen der Psoriasis sindeine Erythrodermie und die Psoriasis-Arthropathie (beietwa 5–7% der Patienten) zu nennen. Die Arthritis ma-nifestiert sich häufig in der Pubertät, in 50% der Fällegeht sie den Hauterscheinungen voraus. Häufig tritt einerheumafaktor-negative Oligo-Arthritis der Metacarpo-phalangeal- und proximalen-Interphalangealgelenkeauf.

Diagnostik: Die Diagnose wird in der Regel klinischgestellt. Im Zweifelsfall sollte eine Hautbiopsie er -folgen.

Therapie: Die Therapie wird in drei Phasen geteilt,eine keratolytische (Phase I), eine antiinflammatorische(Phase II) und eine antiproliferative (Phase III).

Phase I: 3–5 Tage

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Abb. 3: Fest-haftende,

weißlich-gelb-liche Schup-

pung auf ery-thematösem

Grund beiKopfhaut-

Psoriasis

Abb. 2: Erythematosquamöse Plaques bei Psoriasis

Abb. 4:„Psoriatri-scher Öl-

fleck“: ver-dickte, dys-

trophe, gelb-liche Nagel-

platte mitsubungualer

Hyper -keratose

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Salicylsäure (Säuglinge 1–1,5% auf maximal 5% derKörperoberfläche, Kleinkinder 1,5–2% auf max. 10% derKOF, ältere Kinder 2–3% auf max. 15% der KOF) in Ke-rasal®-Basissalbe oder Adeps suillus über Nacht einwir-ken lassen, morgens abwaschen. Nicht im Windelbereichanwenden!

Phase II: 10–14 TageTopische Steroide Klasse II–III 2x/Tag. Nach erfolgter

Abschuppung morgens Glucocorticoid, abends Calcipo-triol. Im Falle einer Streptokokken-assoziierten Erkran-kung orale antibiotische Therapie.

Phase III: Wochen bis MonateVitamin-D3-Analoga. Aufgrund der Gefahr einer Hy-

perkalzämie sollte die Anwendungsfläche 30% der Kör-peroberfläche nicht überschreiten. Im Bereich von Ge-sicht, Windelbereich und Capillitium kommt es nichtselten zu Irritationen. Max. 50 g/Woche/m2.

Bei mangelndem Ansprechen kommen orale Reti-noide oder Immunsuppressiva in Betracht.

1.2. Weiße und hautfarbene Papeln

MilienMilien imponieren als 1–2 mm große weißliche, sago-

kornartige Papeln. Sie gehören zu den häufigsten Haut-erscheinungen bei Neugeborenen. Sie betreffen vor allemNase, Kinn, Wangen und Stirn (Abb. 5), können aberauch an Rumpf und Extremitäten auftreten. Es handeltsich um epidermale Zysten, die vom Talgdrüsenapparatder Vellushaare ausgehen. Normalerweise kommt es in-nerhalb weniger Wochen zu einer spontanen Ruptur unddamit Rückbildung. Verschiedene Syndrome gehen mitbesonders starker Ausdehnung und persistierenden Mi-lien einher (Hypotrichosis Marie-Unna, Bazex-Dupré-Christol-Syndrom). Nach Traumen oder tiefen Entzün-dungen können sekundäre Milien entstehen. Bei vielenNeugeborenen treten Milien im Bereich des Gaumensauf, die dort als Epstein-Perlen und im Bereich der Zahn-leiste als Bohn-Noduli bezeichnet werden.

Therapie: Bei persistenten Formen ist eine Eröffnungmit einer Lanzette möglich.

MolluskenMolluscum contagiosum ist eine häufige, benigne

selbst-limitierende Infektion durch ein DNA-Virus derPockenvirus-Gruppe. Die Erkrankung wird durch engenKörperkontakt übertragen, gelegentlich wurde über lo-kale Ausbrüche z.B. nach Schwimmbadbesuchen berich-tet. Normalerweise manifestiert sich die Erkrankungnach dem 1. Lebensjahr, mit einem Gipfel zwischen dem8. und 12. Lebensjahr. Kinder mit atopischem Ekzemsind häufiger und ausgedehnter betroffen, immunsup-primierte Patienten neigen zu ausgeprägten und hartnä-ckigen Infektionen. Morphologisch imponieren hautfar-bene Papeln mit einer zentralen Eindellung und einemDurchmesser von 1–10 mm, es kann jedoch besondersauf primär trockener Haut zu mehreren Zentimeter großen Läsionen kommen. Die Inkubationszeit liegt zwischen 2 Wochen und 6 Monaten. Die Läsionen wach-sen über mehrere Wochen. Ihre beginnende Spontan -regression wird durch Erythem und Krustenbildung

nach 6–9 Monaten eingeleitet; gelegentlich bilden sichkleine atrophe Narben. Häufig sind besonders physika-lisch durch Reibung der Kleidung belastete Regionen wieHals, Axillae und Rumpf betroffen. In etwa 10% der Fällekommt es zu einem periläsionellen Ekzem, welches mitAbklingen der entzündlichen Phase wieder verschwin-det.

Diagnostik: Die Diagnose wird klinisch gestellt. Cha-rakteristisch ist die Entleerung einer weißlichen Substanzbei lateralem Druck. Histologisch zeigt sich ein Virusan-kanthom, im Zytoplasma der Keratinozyten fallen eosi-nophile Einschlusskörperchen auf.

Therapie: Bei lokal begrenzter Ausdehnung empfiehltes sich, die Spontanregression abzuwarten. In Fällen vonsekundärer Infektion ist eine antibiotische Therapie not-wendig. Bei Kindern mit trockener Haut sollte auf eineausreichende Hautpflege geachtet werden. Therapeu-tisch kommen eine Entfernung mittels Stichinzision mitHilfe einer Kanüle und anschließendem Ausdrücken,oder Kürettage mit einem scharfem Löffel in Lokalanäs-thesie mit EMLA®-Creme (maximal 10% der Körper-oberfläche) in Frage. Alternativ lässt sich eine Irritations-behandlung mit dem Ziel der Induktion einer Spontan-remission durchführen mit Tretinoinhaltiger Creme(0,025–0,05%) oder eine Keratolyse mit KOH 5% (In-fecto-Dell® 5%).

SyringomeSyringome sind benigne Adnextumoren, die häufiger

Frauen als Männer betreffen und meist in der Pubertätentstehen. Gehäuft treten sie beim Down-Syndrom auf.Es handelt sich um asymptomatische, hautfarbene bisgelbliche, kleine dermale Papeln, die meist multipel in

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Abb. 5: Milienbeim Neu -geborenen

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Clustern auftreten und oberflächlich abgeflacht sind(Abb. 6). Häufig sind die Wangen und die unteren Au-genlider betroffen, andere Lokalisationen sind jedochebenfalls möglich. Eruptive Syringome treten als kleinehyperpigmentierte Papeln vor allem im Bereich der Brustund am Penisschaft auf und manifestieren sich häufig be-reits in den ersten Lebensjahren. Differentialdiagnostischkommen Xanthome, Lichen ruber planus, Lichen nitidusund Milien in Betracht.

Diagnostik: In der Histologie zeigen sich drüsen -gangähnliche Strukturen in fibrotischem, eosinophilemStroma.

Therapie: Eine Therapie ist nur bei kosmetischer Beeinträchtigung notwendig, dabei kommt es auf eineDestruktion des Tumors bei minimaler Narbenbildungan. Topische Retinoide sind erfolgsversprechend. Nebender chirurgischen Exzision kommen außerdem Elektro-kaustik, Kurettage, Kryo- oder Lasertherapie in Frage.

Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH)

Langerhans-Zell-Histiozytosen sind eine Gruppe vonErkrankungen unklarer Ätiologie, die durch die Prolife-ration von Langerhanszellen und Eosinophilen charak-terisiert sind. Das klinische Spektrum reicht von einzel-nen, persistenten Läsionen in Knochen und anderen Or-ganen (eosinophiles Granulom) über eine intermediäreForm (Hand-Schüller-Christian-Syndrom), die charak-terisiert ist durch einen Diabetes insipidus, Proptosis undlytische Knochenläsionen, bis zur fulminant-akuten Er-krankungsform, die früher als Abt-Letter-Siwe-Krank-heit bezeichnet wurde. Die disseminierte Erkrankungmanifestiert sich meist vor dem zweiten Lebensjahr, daseosinophile Granulom eher im Grundschulalter. Im Falleder disseminierten Form treten Fieber, Anämie, Throm-bozytopenie, Lymphknotenschwellungen und eine He-patosplenomegalie auf (4). Häufig sind Hautsymptomedie ersten Zeichen der Erkrankung. Prädilektionsstellensind Capillitium und die Intertrigines. Es fallen pete-chiale Hautveränderungen in Verbindung mit braun-gelblichen Papeln auf, die häufig schuppen, krustös be-legt sind und einer seborrhoischen Dermatitis ähnelnkönnen (Abb. 7). Die intertriginösen Areale neigen zuUlzerationen. Weiterhin kommt es häufig zu pulmona-len und neurologischen Symptomen sowie dem klini-schen Bild einer Otitis externa, welche durch Mastoidbe-teiligung verursacht wird. Die kongenitale „selbsthei-lende“ Form (Hashimoto-Pritzker-Syndrom) zeigt sichin derben, rot-braunen, schmerzlosen Papeln, Vesikelnoder krustösen varizelliformen Läsionen, die vor allemKopf und Gesicht betreffen und nach Wochen bis Mona-ten spontan abheilen. Es kann jedoch auch hier nach Ab-klingen der Hautläsionen zu internen Manifestationenkommen. Komplikationen stellen vor allem orthopädi-sche Einschränkungen, Hörschäden, Lungenfibrose,Diabetes insipidus und neurologische Defekte dar.

Diagnostik: Die Diagnose ist durch eine Hautbiopsiezu sichern. Neben der lichtmikroskopischen Untersu-chung mit Nachweis von Langerhanszellinfiltraten mussein elektronenmikroskopischer Nachweis von Birbeck-Granula oder der immunhistologische Nachweis derCD1a-Positivität erfolgen. Weitere Untersuchungen zurAbklärung einer Organbeteiligung sind obligat: Labor(Blutbild und Diff-BB, Transaminasen, GGT, Bilirubin,Serumalbumin, Gesamtprotein, Gerinnungsstatus,Urinstatus und -osmolalität), Röntgen-Thorax sowie klinische Untersuchung. Ggf. weitere Diagnostik.

Therapie: Die Hautveränderungen sprechen charak-teristischerweise kaum auf topische Glucocorticoide an.Topisch wirksam sind Alkylantien, wie Nitrogen-Mu-stard. Bei ausgedehntem Befall kommen orale Steroid-therapie, Thalidomid oder Vinblastin nach akutellenTherapieprotokollen in Frage.

1.3 Kongenitale, Blaschko-lineär verlaufende Erkrankungen

Epidermale Nävi beruhen auf einer ektodermalenFehlbildung und sind meist Ausdruck eines genetischenMosaizismus, der sich entlang der embryonalen Wachs-

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Abb. 6: Syringome: hautfarbene, zentrofazial lokalisierte der-male Papeln, die in Clustern auftreten

Abb. 7: Schuppig-krustöse Papeln bei Langerhans-Zell-Histio -zytose

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tumslinien einzelner ektodermaler Zellklone, den sog.Blaschko-Linien zeigt. Zu den epidermalen Naevi im en-geren Sinne zählen Fehlbildungen der Keratinozyten; imweiteren Sinn werden auch Fehlbildungen der Hautan-hangsorgane, namentlich Naevi sebacei und Naevi co-medonici zu epidermalen Naevi gezählt.

Epidermaler Naevus (Keratinozyten-Naevus)Die Prävalenz epidermaler Naevi liegt bei 0.1% aller

Kinder; diese Naevi sind entweder bereits bei Geburt vor-handen oder treten in den ersten Lebensmonaten in Er-scheinung. Im Gegensatz zum Naevus sebaceus nimmtder epidermale Naevus oft über mehrere Monate anGröße zu. Klinisch zeigen sich lineäre, verruköse Tumo-ren, deren Farbe von hautfarben bis dunkelbraun-schwarz variieren kann. Stamm und proximale Extremi-täten sind am häufigsten betroffen. Die Verteilung istmeist Blaschko-lineär, es gibt jedoch auch segmentale Lä-sionen. Im Bereich der Extremitäten zeigen sich eher so-litäre lineare Läsionen, während am Rumpf eher mehrereparallel angeordnete Linien imponieren (Abb. 8). Außeram unteren Rücken, wo die Blaschko-Linien die Mittelli-nie überschreiten können, kommt es sonst meist zu ei-nem klaren Abbruch im Bereich der Mittellinie desRumpfes. Bis auf gelegentliche Superinfektionen undeine kosmetische Beeinträchtigung verursachen epider-male Nävi keine Beschwerden. Die Diagnose wird kli-nisch gestellt. Eine Sonderform stellt der epidermolyti-sche epidermale Nävus dar, der einer lokalisierten Formder bullösen ichthyosiformen Erythrodermie entsprichtund dominant vererbt werden kann. Da epidermale Nävimit verschiedenen Fehlbildungen (Skelettfehlbildungen,neurologische Veränderungen, okuläre Fehlbildungen,endokrine Störungen, Neoplasien) assoziiert sein kön-nen, sollte bei ausgedehnten Läsionen eine neuropädia-trische und ophthalmologische Untersuchung erfolgen.Differentialdiagnostisch kommen ein ILVEN, ein Lichenstriatus und evtl. eine Incontinentia pigmenti in Frage.

Diagnostik: Histologisch zeigen sich Hyperkeratose,Papillomatose und Akanthose mit elongierten Reteleis-ten.

Therapie: Kleinere Läsionen können mittels Ringkü-rette abgetragen werden, großflächige mittels Diather-mie oder Dermabrasio. Jedoch kommt es meist zu Rezi-diven, so dass einzig die chirurgische Exzision kurativ ist;dabei ist jedoch die Narbenbildung zu bedenken. Einevorübergehende Glättung kann mit Urea (5–15%) bzw.topischen Retinoiden erreicht werden.

Naevus sebaceusNaevi sebacei werden bei 0,3% aller Kinder beob-

achet. Sie sind immer kongenital; in einigen Fällen wurdeeine Deletion des PTCH-Gens nachgewiesen (5). Prädi-lektionsstellen sind Kopfhaut und Gesicht. Es zeigen sichorange-gelbliche, solitäre, meistens längliche Plaques, dieim Bereich des behaarten Kopfes mit einer umschriebe-nen Alopezie einhergehen (Abb. 9). Der klinische Verlaufist mehrphasig: In utero und postpartal erfolgt eine Sti-mulation der Talgdrüsen durch maternale Androgene, sodass in den ersten Lebensmonaten verdickte Papeln im-

ponieren, die anschließend abflachen. Erst in der Puber-tät kommt es durch Proliferation von Talgdrüsen undapokrinen Drüsen zu einer Dickenzunahme. Ausge-dehnte lineäre (oft zentrofaziale) Naevi sebacei könnenim Rahmen neuroektodermaler Fehlbildungssyndrome(z.B. Schimmelpenning-Feuerstein-Mims-Syndrom)mit zentralnervösen und okulären Fehlbildungen ein-hergehen.

Differentialdiagnostisch kommen Verrucae, andereepidermale Naevi, ein juveniles Xanthogranulom undandere Adnextumoren im Betracht.

Diagnostik: Die Diagnose wird klinisch gestellt, his-tologisch finden sich unreife Talgdrüsen und undifferen-zierte Haarfollikel. In der Pubertät kommt es zu einerepidermalen Proliferation mit Hyperkeratose und Papil-lomatose.

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Abb. 8: Epidermaler Naevus. Lineare, bräunlich-schwarze, verruköse Tumoren

Abb. 9: Naevus sebaceus. Orange-gelblicher Plaque mit um-schriebener Alopezie

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Therapie: Da sich im Erwachsenenalter sekundäreTumoren (Trichoblastome, Syringocystadenome, Basal-zellkarzinome) bilden können, sollte eine Exzision inoder nach der Pubertät erfolgen. Ansonsten sollten Ver-änderungen innerhalb der Naevi zu ärztlicher Kontrolleführen.

Naevus comedonicusDer Naevus comedonicus besteht in den meisten Fäl-

len bereits bei Geburt. Er ist wesentlich seltener als derNaevus sebaceus. Es imponieren gruppierte Papeln mitweiten Follikelöffnungen, die, wenn sie verstopfen, ent-zündlich imponieren können. Am häufigsten sind Kopf-haut, Gesicht und Oberkörper betroffen. Im Unterschiedzu der sich ähnlich darstellenden neonatalen Akne tretendie Läsionen meist unilateral, eher lineär und bereitskongenital auf. In der Pubertät können große Knotenentstehen, die narbig abheilen. Im Falle eines Naevus-co-medonicus-Syndroms kommt es zu ipsilateralen Kata-rakten und Skelettfehlbildungen.

Diagnostik: Die Diagnose wird klinisch gestellt. His-tologisch zeigen sich tiefe epidermale Invaginationen, diemit Keratin gefüllt sind.

Therapie: Bei kosmetischer Beeinträchtigung sollteeine Exzision erfolgen. Entzündliche Läsionen bedürfeneiner antibiotischen Behandlung.

1.4 Erworbene, Blaschko-lineär verlaufende Erkrankungen

Lichen striatus, Blaschkitis, ILVEN (inflammatory linear verrucous epidermal nevus)

Es handelt sich um eine entzündliche Reaktion vonKeratinozyten(-Klonen) auf einen unbekannten, ver-mutlich infektiösen Auslöser. Meist manifestiert sich dieErkrankung vor dem fünften Lebensjahr. Klinisch impo-

nieren blaschko-linear verlaufende, stark juckende, ery-thematöse, schuppende Papeln, die zu Plaques konfluie-ren können und überwiegend unilateral die Extremitä-ten betreffen (Abb. 10). Die Läsionen manifestieren sichim proximalen Bereich einer Extremität und breiten sichnach distal aus. Es kommt zu einem chronischen Verlaufmit entzündlichen Exazerbationen. Bei akraler Beteili-gung kann es zu einer Nageldystrophie kommen. Nacheinigen Monaten bilden sich die Hautveränderungen,häufig unter postinflammatorischer Hyperpigmentie-rung, spontan zurück. Differentialdiagnostisch ist aneine Psoriasis zu denken (6).

Diagnostik: Die Diagnose wird klinisch gestellt. InEinzelfällen ist zur Bestätigung eine Hautbiopsie erfor-derlich. Dabei zeigen sich eine Hyper- und Parakeratose,eine Akanthose mit verlängerten Reteleisten und ein pe-rivaskuläres lymphohistiozytäres Entzündungsinfiltrat.

Therapie: Im ersten Schritt erfolgt eine milde kerato-lytische Behandlung (Salben mit 3–5% Harnstoff oder2–3 % Salicylsäure [nicht bei Säuglingen]). Dann folgteine antiinflammatorische Behandlung (topisches Ste-roid der Klasse II–III, Bsp. Methylprednisolon, Mometa-son) 2x täglich für 2 Wochen. Gegebenenfalls erfolgt da-nach eine Langzeittherapie mit Calcipotriol-haltiger-Salbe, deren Anwendungsbereich allerdings 30% derKörperoberfläche nicht überschreiten darf (Gefahr derHyperkalzämie).

2. Erkrankungen, die mit dermalen Papelneinhergehen

2.1 Umschriebene dermale Papeln

KollagenomMäßig derbe hautfarbene Papeln und Plaques, die be-

sonders an Oberschenkeln, Abdomen und Rücken auf-treten und einen Durchmesser von 0,5–1 cm haben. Siekönnen isoliert oder im Rahmen verschiedener Syn-drome vorkommen (Tuberöse Sklerose, MEN I, familiärekutane Kollagenome, Proteus-Syndrom).

DermatofibromDermatofibrome sind benigne, kutane Noduli, die

meist im Bereich der Unterschenkelstreckseiten auftre-ten und normalerweise asymptomatisch sind. Sie tretenmeist als histiozytär-fibröse Entzündungsreaktion aufVerletzungen oder Insektenstiche auf. Die meist solitärenderben Läsionen sind 0,5–1 cm groß, haben eine gräu-lich-gelbe bis orange-rötliche Oberfläche und sind gutverschieblich. Es kann jedoch zu Druckschmerz oderJuckreiz kommen. Im Rahmen von Autoimmunerkran-kungen wie Lupus erythematodes, Leukämien oder HIVkann es zu einem multiplen Auftreten kommen.

Diagnostik: Bei Druck kommt es zu einer Grübchen-bildung, dermatoskopisch findet sich ein peripheres pig-mentiertes Netzwerk um eine zentrale weiße Fläche. His-tologisch zeigen sich eine Vermehrung von Kollagenfa-sern und eine Proliferation spindelförmiger Fibroblastenund Histiozyten. Bei diagnostischer Unsicherheit oderSchmerzhaftigkeit sollte eine Exzisionsbiopsie durchge-führt werden.

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Abb. 10: Lichen stria-tus: Blascko-linear verlau-fende, haut-farbene bisleicht gelb-bräunliche

oder erythe-matöse Papeln

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MastozytomMastozytosen sind Erkrankungen, die durch eine

Mastzellproliferation und Akkumulation in verschiede-nen Organen, am häufigsten der Haut, charakterisiertsind. Die häufigste Mastozytose ist die Urticaria pigmen-tosa, bei der sich multiple (>5) bräunliche Makulae, Pa-peln oder Plaques am gesamten Körper finden. Amzweithäufigsten kommen solitäre Mastozytome vor, dieals indurierte meist bräunlich-gelbliche Papeln oderPlaques imponieren, die gelegentlich auch bullösen Cha-rakter haben (Abb. 11). Typischerweise zeigen Mastzell -ansammlungen der Haut ein positives Darier-Zeichen:beim Bestreichen oder Kratzen der Läsionen werdendiese urtikariell, gerötet und beginnen zu jucken. DieseReaktion kann bis zu einem ausgeprägten Flush führen.Da es bei Kindern in etwa 7% der Fälle, besonders beiausgeprägtem kutanem Befall, eine systemische Mitbe-teiligung gibt und es zu einer malignen Knochenmarks-beteiligung kommen kann, sollte die Tryptase im Serumjährlich bestimmt werden. Zeichen einer systemischenBeteiligung sind außerdem Kopfschmerzen, Flushsymp-tome, Tachykardien, Diarrhoen, Bauchschmerzen oderSynkopen, sowie bei Erwachsenen die Unverträglichkeithistaminhaltiger Nahrungsmittel (Kaffee, Wein, Käse).In den meisten Fällen im Kindesalter kommt es zu einerSpontanheilung bis zur Pubertät. Ist dies nicht der Fall,muss man von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einersystemischen Beteiligung ausgehen. Histologisch zeigensich dichte dermale Mastzellinfiltrate (7).

Therapie: Es sollten alpha-Tryptase, Transaminasen,Blutbild- und Differentialblutbild initial und im Verlaufbestimmt werden. Bei der Urticaria pigmentosa sollteeine Abdomen- und Retroperitoneal-Sonographiedurchgeführt werden. Die Therapie ist meist konservativund symptomatisch. Lokal helfen Lotio alba und Polido-canol-haltige Cremes, intern wirken Antihistaminika beiausgeprägter Symptomatik. Anaphylaktische Reaktionenmüssen wie üblich mit Glucocorticoiden, Adrenalin undVolumen behandelt werden. Physikalische Reize wie ab-rupte Temperaturwechsel und Reibung können zu einerExazerbation führen. Außerdem sollten histaminliberie-rende Medikamente (ASS, Kodein, NSAR, Morphine,etc.) und evtl. auch histaminhaltige Nahrungsmittel bzw.Alkohol gemieden werden.

Xanthogranulom

Bei dem juvenilen Xanthogranulom (JXG) handelt essich um eine selbstlimitierende, nur selten systemischeErkrankung unklarer Ätiologie. Es besteht eine leichtemännliche Prädominanz. Die Erkrankung manifestiertsich meist innerhalb der ersten Lebensjahre, in etwa 10%bestehen bereits kongenitale Läsionen. Es handelt sichum eine Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose, die nichtmit Fettstoffwechselstörungen vergesellschaftet ist. Diegelb-orangenen bis rötlichen leicht erhabenen papulösenHautveränderungen treten am Rumpf, seltener an denExtremitäten auf (Abb. 12). In etwa 4% kommt es zu ei-ner extrakutanen Manifestation, wobei ZNS, Leber, Milz,Lunge etc. betroffen sein können. Das Auge ist der häu-figste extrakutane Manifestationsort und eine Beteili-gung kann schwerwiegende Komplikationen wie ein aus-geprägtes Hyphäma, Uveitis, Glaukome und Netzhaut-ablösungen mit der Folge einer Amblyopie nach sich zie-hen. Überdurchschnittlich häufig treten JXG in Verbin-dung mit Café-au-lait-Flecken auf, dies ist oft das ersteZeichen einer Neurofibromatose Typ I und diese Patien-ten haben wiederum ein deutlich erhöhtes Risiko, an ei-ner chronisch myeloischen Leukämie zu erkranken. DerVerlauf ist durch rezidivierendes Aufschießen neuer Lä-sionen gekennzeichnet, die monatelang persistieren kön-nen und sich in der Regel nach 3 bis 6 Jahren spontan zu-rückbilden.

Diagnostik: Die Diagnose wird in der Regel klinischgestellt. Histologisch zeigen sich ein dichtes dermales In-filtrat mit vakuolisierten Zellen, Eosinophilen und Tou-ton-Riesenzellen.

2.2 Derbe subkutane Papeln und Tumoren

Epidermale Zyste

Es handelt sich um versprengte epidermale Elementeim Bereich der Dermis, die häufig vom Infundibulum derHaarfollikel ausgehen. Diese Versprengung entsteht ent-weder durch ein Trauma oder durch embryonale Fehl-entwicklung. Je nach Entstehungsmechanismus tretendie Zysten bereits kongenital oder im Jugendalter auf. Eszeigen sich derbe, rundliche, gut verschiebliche, hautfar-bene bis weiß-gelbliche subkutane Knoten unterschied-licher Größe, die normalerweise nicht druckdolent sind

Abb. 12: Ju-veniles Xant-hogranulom:

Orange-gelb-liche Papelmit glatterOberfläche

Abb. 11: Soli-täres Masto-zytom. Gelb-

bräunlichePapeln

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(Abb. 13). Gelegentlich zeigt sich ein zentraler Porus, ausdem es zu Sekretion teigigen Materials kommen kann.Insbesondere bei Mittellinientumoren im Bereich desKopfes sollte eine intrakranielle Verbindung ausge-schlossen werden, da es sonst zu schwerwiegenden Infek-tionen kommen kann (8). Epidermoidzysten sindasymptomatisch und nehmen langsam an Größe zu. Siekönnen jedoch rupturieren bzw. sich infizieren; seltenkann es im Erwachsenenalter zur malignen Entartungkommen. Finden sich multiple epidermale Zysten, mussan ein Gardner-Syndrom gedacht werden. Differenzial-diagnostisch sind Dermoidzysten abzugrenzen, die auchAdnexgewebe enthalten. Lipome sind wesentlich wei-cher, Pilomatrikome deutlich härter im Tastbefund.

Therapie: Asymptomatische epidermale Zysten be-dürfen keiner Therapie, bei Entzündung bedarf es einerantibiotischen Behandlung und anschließender Exstir-pation. Ist eine histologische Klärung nötig, sollte dieZyste im Ganzen entfernt werden.

PilomatrikomPilomatrikome sind benigne Adnex-Tumoren, die

sich als solitäre, asymptomatische derbe Knoten mani-festieren. Oft haben sie einen bläulichen Aspekt. Sie lei-ten sich von Haarwurzelzellen ab. Prädilektionsstellensind Kopf und Hals, insbesondere die Wangen (Abb. 14).Die Tumoren wachsen langsam über Monate bis Jahre.Im Rahmen von Infektionen kann es zu Schmerzhaftig-keit kommen. Multiple Pilomatrikome kommen in Ver-bindung mit myotonen Dystrophien, beim Gardner- undbeim Rubinstein-Taybi-Syndrom vor. Differentialdiag-nostisch sind ein Spitz-Naevus sowie andere epidermaleZysten und Adnextumoren abzugrenzen. Histopatholo-gisch zeigen sich irreguläre Epithelinseln in Dermis undSubkutis, umgeben von einer bindegewebigen Kapsel.

Therapie: Die Therapie der Wahl ist die Exzision.

GlomustumorGlomustumoren gehen von Glomuskörperchen aus,

sie setzen sich aus Glomuszellen, glatten Muskelzellenund Blutgefäßen zusammen und werden je nach domi-nierendem Anteil in Glomustumoren, Glomangio-myome und Glomangiome unterschieden. Es scheint ei-nen gemeinsamen bedingenden genetischen Defekt aufChromosom 1p21-22 zu geben (9). Glomustumoren im-ponieren als bläulich-rote Papeln oder Noduli (Abb. 15),wobei sich die kleinen, derben, solitären Glomustumo-ren im Bereich der Akren (Palmae und periungual) ma-nifestieren und häufig sehr kälteempfindlich und druck-schmerzhaft sind. Multiple Glomustumoren sind meistnicht schmerzhaft, sie imponieren als subkutane bläuli-che Knötchen und finden sich disseminiert, am häufigs-ten im Bereich der Beine, betreffen oft schon Kleinkinderund werden autosomal-dominant vererbt. Als Differen-tialdiagnose kommen der Blue rubber bleb Naevus, Hämangiome oder ein Granuloma pyogenicum inFrage.

Diagnostik: In der Histologie sieht man Ansammlun-gen von polygonalen, monomorphen Glomuszellen mitplumpen, großen Zellkernen.

Therapie: Die Exzision ist die Therapie der Wahl. Re-zidive sind möglich, nach Elektrokauterisation jedochseltener. Bei multiplen Glomangiomen sollten nur dieschmerzhaften oder kosmetisch störenden Knoten ent-fernt werden.

Literatur bei der Verfasserin

Korrespondenzanschrift:Dr. Antonia K. KienastKlinik für Allgemeine Pädiatrie, Universitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Str. 3348149 Münster Red.: Riedel

Abb. 13:EpidermaleZyste. Weiß -liche subku-tane Knoten,die nichtdruckdolentsind

Abb. 14: Soli-täre, derbe,häufig bläu -liche Knoten:Pilomatrikom

Abb. 15: Glomus -tumoren. Disseminiertesub kutanebläu licheKnoten

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Frage:Ich behandle ein Kind, bei dem eine lokale MRSA-Be-

siedelung der Gesäßfalte vorliegt, das Kind hat dort eineerosive Dermatitis. Eine lokale Behandlung mit Mupiro-cin Salbe schlug fehl. Im Rachenabstrich wurde keinMRSA nachgewiesen.

Ist jetzt ein systemischer Therapieversuch, z.B. mit Ri-fampicin oder Cotrimoxazol, indiziert?

Antwort:Bei einem Kind mit Nachweis von Methicillin-resis-

tentem Staphylococcus aureus (MRSA) von einer erosivenDermatitis in der Gesäßfalte wird eine systemischen An-tibiose in Erwägung gezogen, nachdem eine Behandlungmit Mupirocin-Salbe fehlschlug. Wichtig ist bei „MRSA-Patienten“ die Unterscheidung zwischen MRSA-Koloni-sation und MRSA-Infektion. MRSA spielt als Auslöservon nosokomialen Infektionen, insbesondere von Wund-infektionen in stationären Einrichtungen und in der am-bulanten Pflege eine große Rolle. Dies ist bedingt durchsein ubiquitäres Vorkommen. Krankheitsbedeutung er-langt der MRSA erst, wenn er sich ohne Hemmung durchnormalerweise vorhandene Antikörper vermehrenkann:� im Blut als Verursacher einer Infektion oder Sepsis bei

Patienten mit geschwächter Immunlage,� bei lokaler Minderdurchblutung in nässenden Wun-

den, subkutanen Taschen oder Höhlen als Eiter -erreger.Infektionszeichen wie Fieber finden sich hierbei so-

wohl klinisch als auch laborchemisch.Bei dem Kind wird keine Eiterbildung beschrieben.

Selbst wenn bei ihm eine lokale MRSA-Infektion vorliegt,sind Antiseptika statt einer systemischen Antibiose zuempfehlen. Triclosancreme, Jodophore, Octenidin undChlorhexidin haben sich zur Keimreduktion von MRSAauf Haut- und Schleimhautoberflächen sehr bewährt.Entsprechende antibakterielle Zusätze in Seifen, Sham-poos, Bädern (Povidon-Jod oder Kaliumpermanganat)und Desodoranzien sind sinnvoll.

Nachdem bei dem Kind kein MRSA im Rachenab-strich nachgewiesen wurde und eine lokale Behandlungmit Mupirocin-Salbe nicht gewirkt hat, könnte entwedereine Mupirocin-Resistenz oder eine Rekolonisierungdurch das Kind selbst oder Personen in der Umgebungvorliegen. Demnach sind nicht nur Abstriche vom Na-senrachenraum, den Achseln, den Leisten und demDamm auf S. aureus des Betroffenen, sondern auch derim Haushalt lebenden Mitbewohner vorzunehmen.

In jedem Fall sollten o. g. Antiseptika intensiv einge-setzt werden. Erst, wenn diese nicht zum Erfolg führen,kommt zur Lokalbehandlung auch Fucidine-Creme inFrage. Dabei ist zu beachten, dass bei erosiver Dermatitisin der Gesäßfalte aus galenischen Gründen eine Creme-Zubereitungen günstiger als eine Salbe ist. Im Gegensatzzu antiseptischen Mitteln kann jedoch auch das topischeAntibiotikum Fusidinsäure zu einer Resistenz führen.

Ein systemischer Therapieversuch erscheint bei derumschriebenen Dermatitis des Kindes nicht indiziert.

Bei schweren Wund- und Weichteilinfektionen durchMRSA wird die systemischen Antibiose immer mit derlokalen antiseptischen oder antibiotischen Behandlungkombiniert. Keine Resistenz wurde bisher nur gegenüberGlycopeptiden wie Teicoplanin und Vancomycin beob-achtet. Sie werden deshalb als Mittel erster Wahl einge-setzt. Häufig sensibel ist MRSA u.a. gegenüber Rifampi-cin und Fosfomycin. Weniger empfindlich reagiert derErreger auf Cotrimaxazol. Empfohlen wird zur systemi-schen Antibiose die Kombination von einem Glycopep-tid mit Rifampicin oder Fosfomycin, da Glycopeptide al-lein, aufgrund ihrer eingeschränkten Gewebepenetra-tion, nur bedingt wirksam sind. Die Kombinationsthera-pie hat jedoch mehr Nebenwirkungen wie Thrombozy-topenie, Anämie und Polyneuropathie.

Prof. Dr. med. Silvia SchauderUniversitäts-Hautklinik GöttingenVon-Siebold-Str. 337075 Göttingen

Therapie bei initial therapieresistenterMRSA-Besiedlung der Gesäßfalte?

Prof. Dr. med.Silvia Schauder

CONSILIUMINFECTIORUM

Das „CONSILIUM INFECTIORUM“ ist ein Service im „KINDER- UND JUGENDARZT“, unterstützt vonINFECTO PHARM. Kinder- und Jugendärzte sind eingeladen, Fragen aus allen Gebieten der Infektiologie an die Firma InfectoPharm, z. Hd. Herrn Dr. Andreas Rauschenbach, Von-Humboldt-Str. 1, 64646 Heppenheim, zu richten. AlleAnfragen werden von namhaften Experten beantwortet. Für die Auswahl von Fragen zur Publikation sind die Schrift-leiter Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, und Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, redaktionell verantwortlich.Alle Fragen, auch die hier nicht veröffentlichten, werden umgehend per Post beantwortet. Die Anonymität des Fragersbleibt gegenüber dem zugezogenen Experten und bei einer Veröffentlichung gewahrt.

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Hintergrund: Vor drei Jahren wurden Null-Mutationen desFilaggrin-Gens (FLG) als Ursache der Ichthyosis vulgaris erkannt(Smith FJ et al., Nature Genetic 2006; 38: 337-342) und ein Zu-sammenhang zwischen diesen Mutationen und einer erhöhtenEmpfindlichkeit für das Atopische Ekzem (AE) nachgewiesen(Barker JN et al., J Invest Dermatol 2007; 127: 564-567). Seitdemsind verschiedene Studien zu dieser Frage erschienen, die auf-grund unterschiedlicher Methoden ein uneinheitliches Bild hin-sichtlich der Assoziation von FLG-Mutationen mit dem Risiko fürAE bzw. Asthma bronchiale (AB) zeichnen.

Methoden: Meta-Analyse von 24 Studien zur Assoziation vonFLG-Mutationen mit AE (n=5791 Fälle mit 26454 Kontrollen,1951 Familien) bzw. AB (17 Studien mit 3138 Fällen mit 17164Kontrollen, 1511 Familien).

Ergebnisse: Sowohl Fall-Kontrollstudien als auch Familienun-tersuchungen zeigten eine enge Assoziation zwischen FLG-Muta-tionen und Ekzemwahrscheinlichkeit; dabei ergaben die Famili-enuntersuchungen ein homogeneres Bild. Eine FLG-Haploinsuf-fizienz erhöht das Ekzemrisiko auf 3.12 (odds ratio [OR], 95%Konfidenzintervall [CI] 2.57-3.79) und ist mit einem schwererenKrankheitsbild assoziiert. Die OR für AB beträgt 1.48 (CI: 1.32-1.66), für AB+AE 3.29 (CI: 2.84-3.82). Allerdings ist das Asthma-Risiko nur erhöht, wenn auch ein Ekzem besteht.

Schlussfolgerung: Diese Meta-Analyse bestätigt die enge Kor-relation von FLG-Mutationen mit AE und zeigt auch einen Trendzu schwereren Krankheitsverläufen. Das assoziierte Risiko fürAsthma ist an eine gleichzeitige Ekzem-Erkrankung gebunden.

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Meta-Analysis of Filaggrin Poly -morphisms in Eczema and Asthma: Robust Risk Factors in Atopic DiseaseRodríguez E, Baurecht H, Herberich E, Wagenpfeil S, Brown SJ,Cordell HJ, Irvine AD, Weidinger S. J Allergy Clin Immunol 123,1361-1370, Juni 2009

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Review aus englischsprachigen Zeitschriften

Filaggrin in Ekzem und Asthma

Kommentar:Der Barrieredefekt ist entscheidend für die Pathogenese des

Atopischen Ekzems. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der durch denWasserverlust bedingten Hauttrockenheit, sondern auch für dieaufgrund des Filaggrindefektes mögliche transkutane Penetrationvon Antigenen, die dem in dieser Studie erneut gezeigten Zusam-menhang zwischen FLG-Defekt, Ekzem und allergischem Asthmabronchiale zugrunde liegt. Auch in prognostischer Hinsicht ist einFLG-Defekt relevant: Das Gesamtrisiko, ein AE zu entwickeln, istdreifach erhöht, und die Erkrankung verläuft schwerer als ohneFLG-Mutation. Es ist überlegenswert, bei Säuglingen mit einerErstmanifestation des AE nach FLG-Mutationen zu suchen, um inder „Hochrisikogruppe“ dann die Bemühungen zur Sekundär-prävention zu intensivieren. (Peter Höger, Hamburg)

Nützt die Behandlung der primären Herpes-Gingivostomatitis mit Acyclovir?

Acyclovir for Treating PrimaryHerpetic GingivostomatitisNasser M, Fedorowicz Z, Khoshnevisan MH, Shahiri Tabares-tani M. Cochrane Database Syst Rev 2008(4):CD006700

Die primäre Herpes-Gingivostomatitis (PHGS) ist eine für dasKindesalter typische, hochinfektiöse Erkrankung der Mund-höhle, die auch Erwachsene betreffen kann. Die Symptome sindunterschiedlich stark ausgeprägt und reichen von einer leichtenSchleimhautentzündung bis zur Herpes-Encephalitis. Acyclovirwird lokal und systemisch zur Behandlung verwendet. Eine An-zahl von Studien lässt vermuten, dass die orale Gabe von Acyclo-vir die akute Phase der Herpes simplex-Infektion verkürzt, dieSymptome erleichtert und möglicherweise auch das Rezidivrisikoreduziert (1). Nasser et al. haben in einer Cochrane-Analyse dieEvidenz zur Frage der Wirksamkeit der systemischen Acyclovir-Therapie geprüft (2).

Methode: Die Autoren haben in mehreren Datenbasen (Med-line ab 1950 bis 22. Mai 2008, Embase 1980 bis 22. Mai 2008,Cochrane Oral Health Group’s Trial Register und Cochrane Cen-tral Trial Register bis 22. Mai 2008) nach randomisierten, kontrol-lierten Studien mit Kindern und jungen Erwachsenen <25 Jahrenmit der Diagnose einer PHGS, mit oder ohne Herpes labialis, ge-sucht (2). Zwei Autoren extrahierten und beurteilten unabhängigvoneinander die Studienergebnisse.

Ergebnisse: Nur zwei relevante klinische Studien, eine mit 72Teilnehmern, eine andere mit 20 Teilnehmern erfüllten in etwa dieKriterien und wurden in die Endauswertung übernommen (3, 4).Auf Grund der klinischen Heterogenität beider Studien konntendie Ergebnisse nicht zusammengefasst werden. In der ersten Stu-die wiesen die Kinder in der Acyclovir-Gruppe nach 8 Tagen einebessere Rückbildung der oralen Läsionen (Risk Ratio (RR) 0,10,95% Konfidenzintervall (KI) 0,02–0,38), weniger neue extra-orale Läsionen (RR 0,04, 95% KI 0,00–0,65), weniger Schwierig-keiten beim Essen (RR 0,14, 95% KI 0,03–0,58) und wenigerSchwierigkeiten beim Trinken (RR 0,11, 95% KI 0,01–0,83) auf alsKinder in der Plazebo-Vergleichsgruppe. Nach Behandlungsbe-

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ginn mussten drei Patienten in der Plazebo-Gruppe zur Rehy-dration stationär aufgenommen werden. Zwei Kinder in derAcyclovir- und zwei Kinder in der Plazebo-Gruppe zeigtenleichte gastrointestinale Symptome, die sich innerhalb von 24bis 48 Stunden bei Fortführung der Therapie zurückbildeten.In der zweiten Studie blieben „Allocation Concealment“ und„Blinding“ unklar. Die Gründe für das „Dropout“ von zweiStudienteilnehmern wurden nicht angegeben. Die Autoren ha-ben weder Angaben zur Art der Erfassung, der Schwere und derRückbildung der Schmerzen gemacht noch wurden weitereklinische, für das Krankheitsbild relevante Parameter (Anore-xie, Gewichtsverlust, Sialorrhö) erfasst. In der Auswertungkonnten keine signifikanten Unterschiede bei den klinischenSymptomen zwischen der Therapie- und der Plazebo-Gruppenachgewiesen werden. In beiden Studien erwies sich die oraleGabe von Acyclovir als gut verträglich.

Schlussfolgerungen: In diesem systematischen Reviewkonnten nur zwei randomisierte, kontrollierte Studien zurWirksamkeit einer Acyclovir-Therapie bei Kindern und Ju-gendlichen mit einer PHGS ausgewertet werden. Nur in einerStudie zeigte sich bei Kindern <6 Jahren eine schwache Wirk-samkeit der Acyclovir-Therapie im Vergleich zur Plazebo-Gruppe (3). Die zweite Studie erwies sich auf Grund methodi-scher Mängel als nur eingeschränkt auswertbar.

Kommentar: Das Herpes simplex-Virus (HSV) Typ 1 und 2 ist ein hoch

infektiöses DNA-Doppelstrang-Virus, das als Typ HSV-1orale, faziale und okuläre Läsionen und auch die primäre Gin-givostomatitis verursacht. Die Infektion erfolgt meist überKörperkontakt oder Körperflüssigkeiten (z.B. Saliva). Der TypHSV-2 führt eher zu Läsionen im Genitalbereich und auf derHaut der unteren Körperhälfte, kann aber auch die gleichenSymptome wie das HSV-1 im oro-facialen Bereich verursachen(5). Die Mehrzahl der Infektionen mit dem HSV führt nicht zuklinischen Symptomen (6). Die PHGS tritt vor allem im Kin-desalter zwischen 6 Monaten und 5 Jahren und bei jungen Er-wachsenen auf. Der Krankheitsverlauf, dem eine Inkubations-zeit zwischen 1 bis 26 Tagen vorangeht, beträgt etwa 10 bis 14Tage. Die Diagnose kann in den meisten Fällen klinisch gestelltwerden. Die Kinder fühlen sich krank und schränken aufGrund der vorhandenen Schmerzen ihre Nahrungsaufnahmebis zur Verweigerung ein. Sie leiden unter einem geschwolle-nen, leicht blutenden Zahnfleisch, Fieber, allgemeiner Abge-schlagenheit und einer Infektion der oberen Atemwege. DieAntwort auf die Frage „Verkürzt die Gabe von Acyclovir denKrankheitsverlauf?“ besitzt wegen der das Kind und die Fami-lie belastenden Symptome in der Praxis einen hohen Stellen-wert. Wie Nasser et al. zeigen konnten, ist die Datenbasis füreine systemische Acyclovir-Therapie dünn. Nur zwei randomi-sierte, kontrollierte Studien konnten im Rahmen der strengenCochrane-Kriterien ausgewertet werden, wobei die zweite Stu-die auch noch erhebliche methodische Schwächen aufwies.Immerhin konnten in der Studie von Amir et al. die für die Pra-xis relevanten Vorteile einer Acyclovir-Therapie nachgewiesenwerden (3). Das Fieber ging schneller zurück (Median um 1Tag), im Vergleich zur Kontrollgruppe traten keine neuen ex-tra-oralen Läsionen auf, die Probleme bei der Nahrungsauf-nahme gingen schneller zurück (4 Tage in der Acyclovir-Gruppe, 7 Tage in der Kontrollgruppe). Gleiches galt für die

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lediglich ein geringfügiger, jedoch nicht signifikanter Unterschiedin der Geschlechterverteilung zu Gunsten des männlichen Ge-schlechts festgestellt werden.

Als Risikofaktor eines SID sind ein geringes Geburtsgewicht(Low Birth Weight) und SGA (Small for Gestational Age) be-kannt, während diese Faktoren für das Risiko eines ALTE keineRolle zu spielen scheinen. Frühgeburtlichkeit und ein sehr gerin-ges Geburtsgewicht (Very Low Birth Weight, VLBW) hingegen er-höhen sowohl das Risiko eines SID als auch die Gefahr eines ALTE.

In der Gruppe der ALTE Patienten befanden sich signifikantweniger Mütter unter 20 Jahren als in den Vergleichsgruppen derSID-Studien.

Des Weiteren scheint der Altersgipfel beim ALTE innerhalb derersten beiden Lebensmonate zu liegen, während SID bevorzugt imZeitraum nach dem zweiten und vor Beendigung des vierten Le-bensmonats auftritt.

Hinsichtlich des mütterlichen Nikotinkonsums ergaben sichkeine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersu-chungsgruppen, in beiden Fällen ist das Risiko erhöht.

Bezüglich der Multiparität wies der Vergleich zwischen denDaten der CHIME und der verschiedenen SID Risiko Studien un-einheitliche Ergebnisse auf.

Zusammenfassend zeigte sich, dass die für SID bekannten Ri-sikofaktoren wie mütterlicher Nikotinkonsum, männliches Ge-schlecht, Gestationsalter und VLBW auch für das Auftreten einesALTE Bedeutung haben. Deutliche Unterschiede existieren jedochhinsichtlich des Altersgipfels der Ereignisse, dem Alter der Mutterund hinsichtlich des Risikos für SGA bzw. für Kinder mit gerin-gem Geburtsgewicht.

Kommentar:

Ein Apparent Life Threatening Event wird oftmals als ein Near-SID aufgefasst, also quasi als eine Vorstufe des plötzlichen Säug-lingstodes, der durch noch rechtzeitig einsetzende Stimulations-maßnahmen verhindert werden konnte. Diese Einstufung istneueren Erkenntnissen zu Folge in Frage zu stellen, da inzwischeneinige gravierende Unterschiede zwischen diesen beiden Ereignis-sen herausgearbeitet werden konnten. Auch die vorliegende Stu-die liefert weitere wichtige Anhaltspunkte für die Hypothese, dassALTE und SID nicht miteinander verwandt sind und trotz vielerGemeinsamkeiten auch einige deutliche Unterschiede aufweisen.

(Sandra Overmann / Alfred Wiater, Köln)

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Die Behandlung der ALL im Kindesalter ohneSchädelbestrahlung

Treating Childhood Acute Lympho-blastic Leukemia without Cranial IrradiationChing-Hon Pui, M.D., Dario Campana, M.D., Ph.D., DeqingPei, M.S. et al., N Engl J Med, 360:2730-2741, Juni 2009

Aus den Departments of Oncology, Pathology, Biostatistics, Radiological Sciences, and Pharmaceutical Sciences, St. Jude Children’s Research Hospital;and the Colleges of Medicine and Pharmacy, University of Tennessee Health Science Center – beide in Memphis; und dem Cook Children’s Medical Cen-ter, Fort Worth.

Differenzierung von SIDS und ALTE

Apparent Life Threatening Events andSudden Infant Death Syndrome: Comparison of Risk FactorsEsani N. et al, J Pediatr 152, 363 - 370, März 2008

In dieser Untersuchung der University of California in Los An-geles wurden retrospektiv die Daten der Collaborative Home In-fant Monitoring Evaluation (CHIME) von 153 Patienten nachApparent Life Threatening Event (ALTE) hinsichtlich der Frage-stellung ausgewertet, inwieweit die aus anderen Studien bekann-ten Risikofaktoren eines Sudden Infant Death (SID) auch beimALTE zutreffend sind.

Den CHIME Kriterien zu Folge muss zur Erfüllung eines ALTEeine Stimulationsmaßnahme erfolgt sein, keine Ätiologie für dasEreignis gefunden werden und mindestens eine klinische Symp-tomatik wie Apnoe, Zyanose, Muskeltonusverlust etc. gegebensein. Diese Kriterien erfüllten 153 Säuglinge der CHIME. DieseFälle wurden nun auf das Vorliegen von SID-Risikofaktoren un-tersucht.

Bezüglich der Sexualität, die beim SID eine Dominanz desmännlichen Geschlechts aufweist, konnte bei der ALTE Gruppe

Trinkschwierigkeiten (3 Tage Acyclovir gegenüber 7 Tagen Pla-zebo). In einer älteren randomisierten Doppelblindstudie mit al-lerdings intravenös verabreichtem Acyclovir bei immunge-schwächten Patienten konnte ebenfalls eine schnellere Heilung inder Therapiegruppe erzielt werden (7). Diese Ergebnisse werdendurch ergänzende Beobachtungen bestätigt (8). Im „der kinder-arzt“ wurde bereits 1988 über die gute therapeutische Wirksam-keit von Acyclovir-Saft im frühen Kindesalter berichtet. Leiderwurde die von Müller und Weigand publizierte Praxisstudienicht randomisiert und doppelblind durchgeführt (9). WerdenKinder mit einer PHGS in Klinik und Praxis mit Acyclovir be-handelt? Wahrscheinlich eher nicht, wie eine Studie von Fadenfür die USA zeigt (10). Ob gleiches für die BRD gilt, ist nicht do-kumentiert. Sorgen, dass der Einsatz von Acyclovir zu Resisten-zen führen könnte, sind bei immunkompetenten Kindern wahr-scheinlich unbegründet (11). Wenn auch der Nutzen einer Acy-clovir-Therapie kaum noch bestritten wird, so gibt es keinenKonsens zur optimalen Dauer und zur optimalen Dosis. Die vor-handenen Daten sprechen für eine Dosis von 15 mg/kg Körper-gewicht, jeweils fünfmal täglich über einen Zeitraum von 7 Tagen(12). Auch Kinder unter 2 Jahren können von der Therapie pro-fitieren, wie zwei weitere Studien gezeigt haben (13, 14).

Wenn es auch wünschenswert ist, die bisherigen Ergebnisseder Cochrane-Analyse in weiteren randomisierten Studien be-stätigt zu sehen, so spricht doch bereits heute vieles für die Wirk-samkeit der Acyclovir-Therapie bei der PHGS. Vielleicht solltenwir sie häufiger als bisher in der Praxis einsetzen?

Literaturzitate über den Autor: [email protected]

(Jürgen Hower, Mülheim/Ruhr)

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Bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) im Kindesaltergehört die prophylaktische Schädelbestrahlung wegen des hohenRisikos eines ZNS Rezidivs seit vielen Jahren zum Standard der ri-sikoadaptierten Therapie.

Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat in einer prospektivenklinischen Studie bei 498 Kindern, bei denen von 2000 bis 2007eine ALL akut diagnostiziert wurde, überprüft, ob die Schädel-Be-strahlung ohne Verschlechterung der Langzeitergebnisse ausge-lassen werden kann. Die Intensität der Therapie richtete sich nachden Symptomen und Befunden sowie dem Grad der minimalenResiduen nach der Remissionsinduktion.

Die Dauer in kompletter Remission bei 71 Kindern, die übli-cherweise eine ZNS-Bestrahlung erhalten hätten, wurde mit 56historischen Kontrollen verglichen, bei denen die ZNS-Behand-lung durchgeführt worden war.

Die 5-Jahres-Wahrscheinlichkeit für ein erscheinungsfreiesÜberleben betrug für alle 498 Patienten 85 % bzw. für Überlebenüberhaupt 93,5 %.

Das kumulative 5-Jahres-Risiko für ein isoliertes ZNS-Rezidivbetrug 2.7 %, für ein kombiniertes, hämatologisches und ZNS-Rezidiv 3.9 %.

Die durchgehende komplette Remissionszeit war bei den 71nicht bestrahlten Patienten signifikant länger als bei den 56 histo-rischen Kontrollen (P = 0.04).

Alle 11 Patienten mit einem isolierten ZNS-Rezidiv blieben für0.11–5.5 Jahre in sekundärer Remission.

ZNS-Leukämie oder eine traumatische Lumbalpunktion mitBlasten-Zellen bei der Erst-Diagnose waren mit einem hohenGrad für eine Residual-Leukämie (≥ 1 %) 6 Wochen nach der Re-missions-Induktion sowie mit einem signifikant schlechteren er-scheinungsfreien Überleben verbunden. Risiko-Faktoren für einZNS-Rezidiv waren genetische Anomalien: t (1;19) (TCF 3 –

PBx1), jegliche ZNS-Beteiligung bei der Erst-Diagnose und ein T-Zell-Immunophänotyp.

Die unerwünschten Erscheinungen der Therapie bestanden inallergischen Reaktionen auf Asparaginsäure, Osteonekrosen,Thrombosen und disseminierten Pilz-Infektionen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass mit einer effekti-ven, risikoangepassten Chemotherapie die Schädel-Bestrahlungbei der ALL ausgelassen werden kann.

Kommentar:Bei den günstigen Ergebnissen der standardisierten ALL-Be-

handlung mit langfristigem rezidivfreien Überleben der meistenPatienten, sind die Langzeit-Schäden der Therapie – wie Zweit-Tumoren im Gehirn, kognitive Störungen und Endokrinopa-thien –, von denen mehr als 2/3 der Langzeitüberlebenden betrof-fen sind, vermehrt in das Blickfeld der Therapeuten gelangt. Be-reits seit geraumer Zeit wird daher versucht, die Schädelbestrah-lung nur bei strenger Indikationsstellung und in möglichster re-duzierter Dosis durchzuführen und durch die systemische und in-trathekale Chemotherapie zu ersetzen. Ein statistischer Schwach-punkt ist, dass natürlich nicht alle bis 2007 erfassten Patienten tat-sächlich bereits 5 Jahre kontrolliert werden konnten und dasskeine randomisierten, sondern nur historische Kontrollen ver-wendet wurden.

Die vorliegende sorgfältige prospektive Studie aus dem renom-mierten St. Jude Kinderkrankenhauses in Memphis, Tennessee,leistet dennoch einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung der Schä-delbestrahlung ohne Verschlechterung der Gesamtergebnisse.Dabei beziehen sich die Autoren initial bereits auf die guten Er-gebnisse der ALL-BFM 95 Studie von Möricke et al. aus dem Jahr2008.

(Helmut Helwig, Freiburg)

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Anamnese

Schwangerschaft und Geburt unauffäl-lig. Seit dem 3. Lebensmonat bestehendesatopisches Ekzem. Keine atopische Famili-enanamnese. Nachgewiesene Milch -eiweiß-Sensibilisierung. Seit einer WocheExazerbation des Ekzems und stationäreAufnahme. Seit dem Vortag gruppierteerosive Läsionen am gesamten Integumentsowie Fieber bis 39°C.

Untersuchungsbefund

8 Monate alter Junge in reduziertemAllgemeinzustand und gutem Ernäh-rungszustand. Cor, Pulmo, Abdomen un-auffällig, kein Meningismus, keine Hepa-tosplenomegalie palpabel, Fontanelle imNiveau, Hautturgor regelrecht, Pupillo -okulomotorik regelrecht. Reflexstatus altersentsprechend unauffällig, etwasschlapp, aber adäquat reagibel. Auf beidenWangen erosive, erythematöse Hautverän-derungen, z.T. gelblich belegt. Im Bereichder Intertrigines erythematöse Hautverän-derungen mit Kratzeffloreszenzen. Beson-

Welche Diagnose wird gestellt?Antonia Kienast

ders thorakal, vereinzelt auch am übrigenIntegument gruppierte, monomorpherundliche erosive Hautveränderungen,z.T. verschorft. Wie lautet die Diagnose?

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

598

Das Eczema herpeticatum wurde erst-mals 1887 durch Moritz Kaposi beschrie-ben und definiert als flächige Superinfek-tion der Haut mit dem Herpes-simplex Virus Typ 1und seltener Typ 2 (HSV-1,HSV-2), die sich auf einer bestehenden ek-zematösen Hauterkrankung entwickelt.Das Eczema herpeticatum ist eine der ammeisten gefürchteten Komplikation desatopischen Ekzems. Herpes-simplex-Vi-ren sind neurotrope Viren; sowohl Primär-sowie Sekundärinfektionen mit den Al-pha- Herpesviren HSV 1 und -2 könnenein Eczema herpeticatum verursachen,wobei überwiegend HSV-1 Verursacherist. Etwa 25% der Fälle werden durch rezi-divierende Herpes Infektionen, wie rezidi-vierenden Lippen-Herpes verursacht. DasEczema herpeticatum wird durch einenMangel an Cathelecidin LL-37, ein Pro-tein, das in der humanen Epidermis an derAbwehr von HSV-Infektionen beteiligt ist,begünstigt (Howell 2006). Bei einer Pri-märinfektion mit dem Herpes-simplex Virus kann es zu einer Enzephalitis kom-men. Eine Vorbehandlung der Haut mitKortison scheint keinen Risikofaktor fürein Eczema herpeticatum darzustellen(Wollenberg 2003), während eine Behand-lung mit topischen Immunmodulatorendas Risiko leicht erhöht (Wahn 2002).

Klinik

Es finden sich disseminiert auftretende,monomorphe, kuppelförmige Läsionen,die sich oft auf die ekzemtös verändertenHautareale beschränken. Die Läsionenwandeln sich von kleinen Papeln zu Vesi-

keln und Erosionen, die dann unter Krus-tenbildung abheilen, was häufig mit Juck-reiz einhergeht. Prädilektionsstellen sindKopf und Hals. Die Patienten leiden unterKrankheitsgefühl, Fieber und Lymphkno-tenschwellungen. Komplikationen stellenbakterielle Superinfektionen, sowie eineHerpes-Enzephalitis, die unbehandelt in70% der Fälle zum Tod führt, dar.

Diagnostik

Es handelt sich in der Regel um eine kli-nische Diagnose. Der Befund und die hin-weisende Anamnese einer atopischen Der-matitis sowie gelegentlich eines rezidivie-renden Herpes sind ausschlaggebend. Inder vesikulären Phase stellt der lichtmikro-skopische Nachweis multinukleärer Rie-senzellen nach Hitzefixierung und an-schließender Methylenblau-Färbung imsogenannten Tzanck-Test eine schnelleMethode zum Beweis einer Herpesinfek-tion dar. Weiterhin ist auch in der Krusten-phase der direkte Virusnachweis mittelsPCR möglich. Serologisch lässt sich diePrimärinfektion (IgM positiv, IgG nega-tiv) von der Reaktivierung unterscheiden(IgG positiv).

Abhängig von Fieberverlauf und Allge-meinzustand des Patienten sollten die Ent-zündungsparameter kontrolliert werden.Zum Ausschluss einer bakteriellen Super-infektion kann eine Bakterienkultur ange-legt werden. Bei Meningismus oder foka-len neurologischen Zeichen bedarf esselbstverständlich sofort weiterführenderDiagnostik (Bildgebung, Liquordiagnos-tik, EEG, etc.). Bei Mitbefall der Augenre-

gion sollte ein ophthalmologisches Konsilwegen der Gefahr einer Herpes-Keratitiserfolgen (Lee 1996). Differentialdiagnos-tisch kommen eine Varizella-Zoster-Infek-tion und Impetigo bullosa in Betracht(Kramer 2004).

Therapie und Prognose

Das Eczema herpeticatum sollte fürmindestens 5 Tage intravenös mit Aciclo-vir (3x15 mg/kg KG/d) behandelt werden.In der Regel heilt die Erkrankung unterTherapie folgenlos, selten unter Narben-bildung aus. Treten jedoch Komplikatio-nen wie eine Herpes-Enzephalitis oder-Sepsis auf, so hat dies häufig schwerwie-gende Folgen.

Literatur:

Howell MD, Wollenberg A, Gallo RL, et al. Cathe-lecidin deficiency predisposes to eczema herpe-ticatum. J Invest Dermatol, 2006; 117: 836-41.

Wollenberg A, Zoch C, Wetzel S, et al. Predispon-ding factors and clinical features of eczema her-peticatum: a retrospective analysis of 100 cases.J Am Acad Dermatol 2003; 49: 198-205.

Wahn U, Boos JD, Goodfield M, et al. Efficacy andsafety of pimercrolimus cream in the long-termmanagement of atopic dermatitis in children.Pediatrics 2002; 110: 1pt1: e2.

Kramer SC, Thomas CJ, Tyler WB, Elston DM. Ka-posi’s varicelliform eruption: a case report andreview of the literature. Cutis 2004; 73: 115-22.

Lee SY, Laibson PR. Medical management of her-pes simplex ocular infections. Int J OphthalmolClin 1996; 36:85-97.

Dr. Antonia KienastUniversitätsklinikum MünsterAllgemeine PädiatrieAlbert-Schweitzer-Str. 3348149 Münster Red.: Höger

Diagnose: Eczema herpeticatum

Aktuelle Informationen aus Ihrer Kongressabteilung

Der 37. Herbst-Seminar-Kongress des BVKJ e.V. findet vom 11. bis 16. Oktober 2009 inBad Orb statt.

Sichern Sie sich schon jetzt die beliebten und begrenzten Seminarplätze. Ausführliche Infor-mationen, Anmeldeformulare und ein pdf des Programmheftes finden Sie auf unserer Kon-gress-Homepage unter http://kongress.bvkj.de

Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!

Ihre Kongressabteilung des e.V.

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Netzstrukturen werden vom BVKJ gefördert und un-terstützt. Wir bevorzugen rein pädiatrische, regionalbegrenzte Netze, in die niedergelassene und klinisch tä-tige Pädiater sowie nach Möglichkeit auch der ÖGD ein-gebunden werden sollen. Ist dies aus regionalen Gründenoder wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft (z. B.von Kliniken und/oder ÖGD) nicht möglich, sind auchandere Strukturen denkbar und sinnvoll.

Netze sollen die Versorgungsqualität in einer Regionwesentlich verbessern und die Zukunft der Pädiatrie si-chern helfen. Sie sollen die vorhandenen Strukturen desBVKJ (Obleutebezirke) nutzen und voll im BVKJ inte-griert sein. Die Netzmitglieder sollen auch Mitglieder imBVKJ sein, die zuständigen gewählten Vertreter des BVKJsollen Mitglieder des Vorstands eines Netzes sein.

Netze können sich als e.V. organisieren, sollten aberdarauf achten, dass sie keinem Haftungsrisiko ausgesetztsind, indem sie Verträge abschließen und Honorare ver-walten. Dies ist eine zentrale Aufgabe der BVKJ-ServiceGmbH, die extra zu diesem Zweck gegründet wurde. Esist nicht sinnvoll, parallele Strukturen aufzubauen unduneinheitliche Verträge abzuschließen. Man ist nur stark,wenn man geschlossen gegenüber den immer mächtigerwerdenden Krankenkassen auftritt und eine klare Linieverfolgt. Auch aus ökonomischen Gründen müssen un-sere Kräfte gebündelt werden. Zersplitterung hat bisherniemandem wirklich geholfen und treibt auch die Kostenfür den Einzelnen in nicht mehr tragbare Höhen.

Eine Mustersatzung für pädiatrische Netze haben un-sere Justiziare erarbeitet, sie kann in der Geschäftsstelleangefordert werden.

Netzstruktur unter Einbeziehung von Kinderkliniken bzw. Kinderabteilungen

Niedergelassene Kinder- und Jugendärzte bildenzusammen mit einer Kinderklinik (bzw. Kinderabtei-lung) ein gemeinsames ambulantes regionales „Versor-gungsnetz Pädiatrie“ (Pädnetz) bilden, das für einen re-gional begrenzten Raum die Optimierung der ambu-lanten Versorgung von Kindern und Jugendlichen an-strebt.

Dieses Netz organisiert den kinder- und jugendärzt-lichen Notfalldienst in Absprache mit der zuständigenKV und organisiert die Arbeit der pädiatrischen Quali-tätszirkel und die regionalen Fortbildungsveranstal-tungen. Klinik bzw. Kinderabteilung vereinbaren in ei-nem schriftlichen Vertrag mit den niedergelassenen Pä-diatern eine Aufgabenverteilung im ambulanten Ver-sorgungssektor. Innerhalb dieses Versorgungssektorsbilden auch die einzelnen Praxen Versorgungsschwer-

punkte. Nicht jeder muss in seiner Praxis alles anbieten,was er einmal während seiner Weiterbildung gelernt hat.Das ist unter Kostengesichtspunkten, aber auch unterQualitätsgesichtspunkten nicht sinnvoll. Entscheidendist neben einer hervorragenden Qualifikation auch dieAnzahl der Untersuchungen pro Quartal bzw. die Anzahlder Patienten mit besonderen Diagnosen bzw. Fragestel-lungen.

Bestehen im Versorgungsgebiet mehrere Kinderkli-niken bzw. Kinderabteilungen, müssen diese Klinikenbzw. Abteilungen für den Bereich der Ermächtigungenzur ambulanten Versorgung eine Aufgabenteilung fürverschiedene Schwerpunkte vereinbaren. Dies kann auchunter Beteiligung niedergelassener Schwerpunktpädia-ter bzw. von Pädiatern mit Zusatzweiterbildungen ge-schehen. Die Netzteilnehmer verpflichten sich, zugewie-sene Patienten nicht hausärztlich zu betreuen, sondernzum überweisenden Arzt zurückzuschicken.

Alle Leistungen, die Netzmitglieder unter Qualitäts-gesichtspunkten erbringen können, sollen auch inner-halb des Netzes erbracht werden. Das gilt insbesonderefür Leistungen der fachärztlichen Pädiatrie und spezielletechnische Leistungen wie Sonografie, EEG, Bodyple-thysmografie usw.

Dieser Versorgungsstruktur können durch vertragli-che Vereinbarungen Heilmittelerbringer und andereArztgruppen, auch der ÖGD, als außerordentliche Mit-glieder angegliedert werden. Eine solche Angliederungist aber nur dann möglich, wenn die Heilmittelerbringerund anderen Arztgruppen ebenso wie die ordentlichenNetzmitglieder besondere Qualifikationen in der Be-treuung und Behandlung von Kindern und Jugendli-chen nachweisen können und an gemeinsamen Quali-tätszirkeln mit den Netzärzten teilnehmen.

Dieses Netz kann je nach Rechtslage über die BVKJ-Service GmbH entweder mit der KV oder den regiona-len Kassen einen direkten Versorgungsvertrag abschlie-ßen, erhält dann ein gemeinsames Honorar mit Pau-schalen für Bereitschaft, Koordination und Grundver-sorgung mit Zuschlägen für mehrfache Arzt-Patienten-Kontakte, dazu Sonder-Leistungskomplexe für die Ver-sorgung besonderer Krankheitsbilder (z. B. DMP wieAsthma bronchiale, ADHS, Adipositas, Rheuma, Häma-tologie/Onkologie, Anfallsleiden, Diabetes mellitus,Stoffwechselerkrankungen, Nephrologie, Neurodermi-tis, Betreuung Frühgeborener < 2.000 g GG in den ersten6 Monaten, Patientenschulungen usw.) und Einzelleis-tungsvergütungen für Prävention, Leistungen im Not-falldienst und zwischen 19 und 8 Uhr, bestimmte techni-sche Leistungen (Röntgen, EEG, EKG, Sonographie,

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

599

Zur Diskussion:

Netzstrukturen und ihre Aufgaben innerhalb des BVKJ

Dr. WolframHartmann

Netzstrukturenwerden vomBVKJ gefördertund unterstützt

Page 26: Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und ...58.)Jahrgang2009/kuja_09-09.pdf · audiometrie stehen sensitive Messverfahren zur Verfü-gung, die eine Frühdiagnostik von Hörstörungen

MRT, CT, KMP, Body, allergologische Komplexe usw.).Dieses Netz stellt in Zusammenarbeit mit der Klinik auchdie gesamte Notfallversorgung der Patienten bis zumAbschluss ihrer Entwicklung sicher.

Patienten, die sich in ein solches pädiatrisches Versor-gungsnetz für mindestens ein Jahr einschreiben, erhaltenvon den Kassen einen Bonus (z. B. in Form von zusätzli-chen Vorsorgeuntersuchungen, Reiseimpfungen, Fahr-radhelm, Rücken schonender Schulranzen, kostenloserMitgliedschaft im regionalen Sportverein usw.). Es musszum guten Ton in solchen Regionen gehören, dass manmit seinem Kind im pädiatrischen Versorgungsnetz ein-geschrieben ist.

Selbstverständlich ist eine Vertragsgestaltung nichtoberstes Ziel von regionalen Netzstrukturen. Entschei-dend ist die optimale Zusammenarbeit von niedergelas-senen Ärztinnen und Ärzten und Kinderabteilungen imInteresse der Kinder und Jugendlichen. Auch die Ver-träge, die auf Landes- oder Bundesebene von der BVKJ-Vertrags-GmbH abgeschlossen werden, dienen in ersterLinie der Verbesserung der Versorgung der Patienten-gruppe bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und der Si-cherung einer hochwertigen ambulanten und stationä-ren Kinder- und Jugendmedizin. Diese Verträge solltenvon den regionalen Pädnetzen mit Leben gefüllt werden.

Pädiatrische Versorgungsnetze in Versor-gungsbereichen ohne Kinderkliniken oderKinderabteilungen

Sollte in einem Versorgungsbereich keine Kinderkli-nik oder Kinderabteilung zur Verfügung stehen, solltenKinder- und Jugendärzte eigene Netzstrukturen zur Si-cherstellung einer qualifizierten ambulanten pädiatri-schen Versorgung bilden. Kern eines solchen Netzes sinddie pädiatrischen Praxen (mindestens zehn), die unterAufgabenteilung und Schwerpunktbildung die ambu-lante Versorgung von Kindern und Jugendlichen rundum die Uhr sicherstellen. Vorhandene fachärztliche pä-diatrische Kompetenzen sollten konsequent genutzt wer-den. Qualitätszirkel und gemeinsame Fortbildungsver-anstaltungen vor Ort bilden eine Kernaufgabe dieser

kleineren Netzstrukturen. Dieser Kernstruktur könnenwiederum Heilmittelerbringer und Ärzte anderer Fach-gebiete sowie der ÖGD als außerordentliche Mitgliederunter Einhaltung der o.g. Kriterien zugeordnet bzw. an-gegliedert werden. Diese kleinen pädiatrischen Netzekönnen dann mit fachübergreifenden Netzen vertrag-lich zusammenarbeiten, wobei die besonderen Belangeder Versorgung von Kindern und Jugendlichen gewahrtbleiben müssen. Verträge nach § 73 b oder c werden lan-desweit von der BVKJ-Service GmbH entweder über dieKVen oder direkt mit den regionalen Kassenverbändennach einheitlichen Kriterien abgeschlossen.

Versorgung von Kindern und Jugendlichenin Gebieten mit nur wenigen Kinder- und Jugendärzten (ländliche Gebiete von Flächenstaaten)

Überall dort, wo einzelne Kinder- und Jugendarzt-praxen nicht die Möglichkeit haben, sich zu rein pädia-trischen Versorgungsnetzen zusammenzuschließen, soll-ten die Pädiater zusammen mit anderen Praxen derhausärztlichen Versorgungsebene Netze bilden. DerPädiater bildet hier das Zentrum im Versorgungsbe-reich für Kinder und Jugendliche. Wer in diesem NetzKinder und Jugendliche außerhalb der Notfallversor-gung behandeln möchte, muss mindestens zweimaljährlich an einem rein pädiatrischen Qualitätszirkel(pädiatrische Themen unter Moderation durch einenKinder- und Jugendarzt) teilnehmen. Spezielle pädiatri-sche Leistungen (Entwicklungsdiagnostik, Kinderfrüh-erkennungsuntersuchungen) können auch in einem sol-chen Netz nur von Ärzten mit abgeschlossener pädia-trischer Weiterbildung erbracht werden. KVen – bzw.bei Direktverträgen – die Kassen sind für die Einhaltungder Qualitätskriterien verantwortlich.

Es gelten die Beschlüsse der DV 2008 in Bad Orb zuden Qualitätskriterien von Verträgen nach § 73 b oder c.

Kreuztal, 20.07.2009

Dr. Wolfram Hartmann Red.: ge

Berufsfragen600

Auch anderePraxen der

hausärztlichenVersorgungs-

ebene könnenmit Pädiatern

Netzwerke bilden

Nur Ihr Urteil bringt uns weiter!Wir wollen mehr

Informationsqualitätfür Sie.

Helfen Sie mit, damit Ihnen weiterhin eine guteFachpresse und ein opti-males Informationsange-bot zur Verfügung stehen.

In diesen Monaten befragtdie ArbeitsgemeinschaftLA-MED Kommunikations-forschung im Gesundheits-wesen e.V. Sie und Ihre

Kollegen zum Leseverhal-ten und zu Ihren Präferen-zen in der Fachpresse.

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Die Umsetzung der neuen Muster-Wei-terbildungsordnung (M-WO) in allenÄrztekammern in Deutschland ist abge-schlossen, in den nächsten Monaten laufendie Übergangsregelungen zur Erlangungder Titel in den letzten Ärztekammern aus.Damit wurden, neben den bestehendenSchwerpunkten Neonatologie und Kin-derkardiologie, sieben weitere Schwer-punkte und Zusatzbezeichnungen in derKinder- und Jugendmedizin geschaffen.Durch die flächendeckende Einführungergibt sich auch im BVKJ ein neues Bild:neben der Verteilung nach dem Tätigkeits-ort (niedergelassen, Klinik, ÖGD usw.)gibt es eine relevante Gruppe von Kinder-und Jugendmedizinern, die eine odermehrere Schwerpunkt- oder Zusatzbe-zeichnungen führen. Unter den niederge-lassenen Kolleginnen und Kollegen sinddies derzeit 17 Prozent, unter den ange-stellten Ärzten in Kliniken 34 Prozent. Ins-gesamt führen fast 1.500 Mitglieder desBVKJ mindestens eine Schwerpunkt- oderZusatzbezeichnung, das sind 20 Prozentder ärztlich tätigen Mitglieder (siehe Abb.1und Tab. 1–2).

Der Schwerpunkt Neonatologie hat imambulanten Bereich keinen spezifiziertenVersorgungsauftrag und ist daher auchnicht im Einheitlichen Bewertungsmaß-stab (EBM) repräsentiert. Im Folgendenwird nur auf die Situation der acht Schwer-punkte und Zusatzbezeichnungen Bezuggenommen, die im EBM vertreten sind.Diese werden hier zusammengefasst unterder Bezeichnung „schwerpunktorientiertePädiatrie“ bzw. der europäischen Nomen-klatur folgend als „pädiatrische Subdizipli-nen“ bezeichnet.

Rolle der Schwerpunktorientier-ten Pädiatrie in der pädiatrischenPatientenversorgung

Mit der jetzt abgeschlossenen Einfüh-rung der schwerpunktorientierten Pädia-trie ist deren Rolle in der ambulanten Ver-sorgung in Praxis und Klinikambulanzneu zu definieren, gerade auch weil die ge-samte Pädiatrie einschließlich ihrer SP-

Ambulante schwerpunktorientierteKinder- und Jugendmedizin – Quo vadis?Zur Situation und Zukunft der subspezialisierten Pädiatrie in Deutschland

klin. aktive Mitglieder mit SP-/ZB-TitelMitglieder nieder- Klinik ÖGD gem. Anteil

gesamt gelassen im LV

Baden-Württemberg 160 60 3Bayern 174 61 2Berlin 32 24 4Brandenburg 12 18 3Bremen 11 1 0Hamburg 37 18 1Hessen 77 29 2Mecklenburg-Vorpommern 13 10 1Niedersachsen 86 51 3Nordrhein 121 66 4Rheinland-Pfalz 44 44 1Saarland 10 10 0Sachsen 35 35 2Sachsen-Anhalt 11 11 1Schleswig-Holstein 42 42 0Thüringen 19 19 0Westfalen-Lippe 104 104 1

Tab. 1: Mitglieder mit SB-/ZB-Titel in den BVKJ-Landesverbänden2

niedergelassen Klinik gesamt

SP päd. Hämatologie-Onkologie 23 34 57

SP Kinderkardiologie 171 56 227

SP Neuropädiatrie 248 134 382

ZB päd. Endokrinologie/Diabetologie 62 51 113

ZB päd. Gastroenterologie 24 27 51

ZB päd. Nephrologie 12 13 25

ZB päd. Pneumologie 270 52 322

ZB päd. Rheumatologie 13 21 34

SP Neonatologie 288 273 561

mit SP/ZB insgesamt* 961 521 1482

Tab. 2: BVKJ-Mitglieder mit Schwerpunkt bzw. Zusatzbezeichnung, StandMärz 20092

* mehrere SP-/ZB-Titel pro Mitglied möglich

und ZB-Subdisziplinen dem hausärztli-chen Versorgungsbereich zugerechnetwird.

Wir haben für die Zukunft der Versor-gung der Kinder und Jugendlichen inDeutschland einige Fragen zu stellen:

1. Welche Rolle spielen die pädiatri-schen Subspezialisierungen zusammenmit der ambulanten Allgemeinpädiatrie

im Zusammenhang des gesamten Ge-sundheitssystems?

2. Wie viele allgemeinpädiatrische Kin-der- und Jugendärzte brauchen wir zu-künftig für die Versorgung der Kinder undJugendlichen?

3. Wie viele schwerpunktorientierte Pädiater benötigen wir?

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Berufsfragen

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4. Wie viele Ärzte stehen uns aufgrundder Altersstruktur unserer Berufsgruppezukünftig zur Verfügung?

5. Welche „Zuwächse“ können wir aufgrund zukünftig abgeschlossener Weiterbildungen auf dem Gebiet der Pä-diatrie und in den Subdisziplinen erwar-ten?

Außerdem müssen wir im Zusammen-hang mit der Honorierung gemeinsameAntworten auf die Fragen finden:

6. Wie werden in Einzelfällen die Be-handlungsfälle zwischen Schwerpunktpä-diatrie (SP) und allgemeinpädiatrischer

Versorgung abgegrenzt (z.B. bei der Be-handlung eines Asthmas oder einer Ent-wicklungsstörung)?

7. Wie sollen die einzelnen Leistungender schwerpunktorientierten Pädiatrievergütet werden?

8. Wie soll in den SP-/ZB-Versorgungs-bereichen die Vergütung unter RLV-Regu-larien erfolgen, wenn die notwendig zu er-bringenden Leistungen pro Behandlungs-fall bei verschiedenen Erkrankungen undunterschiedlichen Verläufen auch inner-halb einer Subdisziplin extrem unter-schiedlich verteilt sind?

9. Ist die Finanzierung der notwendigzu erbringenden Leistungen der schwer-punktorientierten Pädiatrie ausreichendgesichert?

Bedarfsplanung: Wie vieleschwerpunktorientierte Praxenund Ambulanzen brauchen unsere Patienten?Die Versorgungspyramide.

Die ambulante medizinische Versor-gung von Kindern und Jugendlichen inDeutschland ist in mehrere Säulen geglie-dert. Dabei wird die hausärztliche Versor-gung von Kindern und Jugendlichen zumTeil auch von Fachärzten für Allgemein-medizin („Hausärzten“) übernommen. Inder qualifizierten allgemeinpädiatrischenVersorgung spielen aber differenzierte pä-diatrisch-präventionsmedizinische, ent-wicklungsneurologische, pädiatrisch-al-lergologische, und sozialpädiatrische Fra-gen und Methoden eine entscheidendeRolle, die nur Bestandteil der Weiterbil-dung auf dem Gebiet der Kinder- und Ju-gendmedizin sind. Dadurch ist die beson-dere Qualität der allgemeinpädiatrischenVersorgung gekennzeichnet und der An-spruch begründet, dass die Kinder- undJugendärzte auch in Zukunft die tragendeRolle in der Versorgung von Kindern undJugendlichen übernehmen müssen(Säule 1, siehe Abb. 2).

In der subspezialisierten-pädiatrischenVersorgung spielen die acht Schwerpunkteund Zusatzbezeichnungen der „schwer-

Abb. 1: Mitgliederverteilung im BVKJ zwischen Praxen, Kliniken, öffentli-chem Gesundheitsdienst, sonstigen Tätigkeitsbereichen und Nicht-Berufs-tätigen. Stand Mai 20091

Abb. 2: ambulante Versorgungsbereiche der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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punktorientierten Pädiatrie“ die Haupt-rolle, ergänzt durch die gebiets- und fach-übergreifenden Zusatzbezeichnungen derM-WBO, z.B. Allergologie (Säule 2). Ge-meinsam mit der allgemein-pädiatrischenVersorgung ist dieser Versorgungsbereichim Vertragsarztrecht nach wie vor zusam-mengefasst in einer Bedarfsplanung fürKinder- und Jugendärzte.

Notwendige Ergänzung findet die am-bulante fachärztliche Versorgung durchbenachbarte Fachgebiete wie Pädaudiolo-gie, Orthopädie, Radiologie usw. und de-ren Subdisziplinen (Säule 3) und die kin-der- und jugendpsychiatrische (Säule 4)und psychotherapeutische (Säule 5) Ver-sorgung (siehe Abbildung 2).

In diesem Versorgungssäulen-Systemsind aufgrund der historisch gewachsenenStrukturen und des gesetzlich verankertenAnspruchs der Versicherten auf wohnort-nahe Versorgung die Versorgungsebenennicht klar voneinander getrennt. Allge-mein wird zur Darstellung dieser Ebenendie Versorgungspyramide als Modell be-nutzt. Es werden an der Basis die hausärzt-liche Versorgung und an der Spitze der Py-ramide die hochspezialisierten Versor-gungseinrichtungen angenommen (Abbil-dung 3):

Ähnlich wie im Versorgungsbereich derErwachsenenmedizin gibt es auch in derKinder- und Jugendmedizin sowohl im

Bereich der niedergelassenen Vertragsärztewie auch der Krankenhausambulanzeneine unterschiedlich spezialisierte ambu-lante fachärztliche Versorgung. Niederge-lassene und Krankenhausärzte sind also zuunterschiedlichen Anteilen an der fach-ärztlichen Versorgung beteiligt, siehe auchAbbildung 3.

Anders als in der Erwachsenenmedizinist die Pädiatrie in der Lage, ohne Inan-spruchnahme anderer Fachdisziplinengroße Teile der Versorgung bei Kindernund Jugendlichen abzudecken. Dazukommt, dass im Bereich der ambulantenschwerpunktorientierten Pädiatrie diemeisten Vertragsärzte in ärztlichen Koope-rationen niedergelassen und neben dersubspezialisierten Versorgung zum großenTeil auch allgemeinpädiatrisch tätig sind.Ergänzt werden die fachärztlichen Versor-gungsebenen durch hoch spezialisierteAmbulanzen, die in der Regel an großenKliniken mit überregionalem Versor-gungsauftrag angesiedelt sind.

Zwei Aspekte sind hier für die weitereDiskussion wichtig:

1. Eines der Hauptanliegen des BVKJ istdie Sicherung der wohnortnahen allge-meinpädiatrischen Versorgung. Diese sta-bile Basis ist in mehrfacher Hinsicht unab-dingbare Voraussetzung für eine funktio-nierende Versorgungspyramide: unter an-derem deshalb, weil die klinischen Frage-

stellungen der schwerpunktorientiertenPädiatrie einer Vorklärung auf der allge-meinpädiatrischen Versorgungsebene be-dürfen. Nicht jeder sporadische Kopf-schmerz und nicht jede motorische Koor-dinationsstörung müssen neuropädia-trisch abgeklärt werden – wohl aber soll diezeitnahe Mitbehandlung eines Kindes mitAnfallsleiden durch einen erreichbarenNeuropädiater sichergestellt sein. DieseSelektion kann nur durch eine starke all -gemeinpädiatrische Basis gewährleistetwerden, weil die Anzahl der Versorger (vgl.Tabelle 1) und deren räumliche Verteilungsonst zu Erreichbarkeitsengpässen in derschwerpunktorientierten pädiatrischenVersorgung führen würden. Somit ist dieSicherung der ambulanten allgemein -pädiatrischen Versorgungsebene für dasgesamte Versorgungssystem genausowichtig wie die Sicherung und der Aus-bau der schwerpunktorientierten Versor-gung.

2. In den Praxen sind derzeit fast dop-pelt so viele schwerpunktorientierte Pä-diater tätig wie in den Kliniken. Damit istdie Gruppe der ambulant tätigen schwer-punktorientierten Pädiater versorgungs -relevant. Auf sie kann auch in Zukunftnicht verzichtet werden, soll die Versor-gung der Patienten in den beiden mittlerenVersorgungsebenen nicht gefährdet wer-den.

Abb. 3: Versorgungspyramide mitschematischer Beteiligung der nie-dergelassenen und der Klinikärzte

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Diese beiden Punkte dürfen auch in derderzeitigen Diskussion innerhalb desBVKJ, mit den KVen, den Krankenhausträ-gern und der Politik nicht außer Acht ge-lassen werden. Fehlt es auf der einen oderanderen Versorgungsebene, droht die ge-samte Versorgungspyramide zu Lasten derPatienten einzustürzen!

Es muss also eine differenzierteKlärung der Frage „Wer machtwas, wann und wo?“ erfolgen

Daher führt kein Weg an einer separa-ten Bedarfsplanung für die schwerpunkt-orientierte Pädiatrie vorbei. Im Bereichder niedergelassenen Vertragsärzte undder ermächtigten Klinikärzte wird derzeitbundesweit nicht in allgemeinpädiatrischeVersorgung und schwerpunktorientiertepädiatrische Versorgung differenziert. Dasführt zu einer Umstrukturierung in derambulanten Versorgung, wenn beispiels-weise ein an der hausärztlichen Versorgungbeteiligter Kassenarztsitz mit einem neuenVertragsarzt besetzt wird, der überwiegendoder, nach Ankauf durch eine Klinikträ-gergesellschaft im Rahmen eines Medizini-schen Versorgungszentrums (MVZ), aus-schließlich an der subspezialisierten Ver-sorgung beteiligt ist. Hier wird ein Mangelan schwerpunktorientierter Versorgungdurch die Verknappung der Ressourcen inder allgemeinpädiatrischen Versorgungbehoben, zu Ungunsten der Patienten undder verbleibenden allgemeinpädiatrischenPraxen.

Nur durch eine Differenzierung derBedarfsplanung für die verschiedenen Be-reiche wird es möglich sein, ausreichendallgemeinpädiatrische und subspeziali-sierte Kinder- und Jugendärzte auf allenVersorgungsebenen anzusiedeln. Hieranmüssen sich auch die einzelnen Fachgesell-schaften der Subdisziplinen und der Kon-vent der pädiatrischen Fachgesellschaftenbeteilige. Einzelne Fachgesellschaften ha-ben bereits begonnen, die bisherigenStrukturen zu erfassen und arbeiten an ei-ner Bedarfsplanung für ihre Fächer. So hatdie Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP)eine Strukturkommission „AmbulanteVersorgung“ berufen, die die Grundzügeund Strukturdefinitionen für eine Bedarfs-planung ihres SP-Gebietes in Deutschlanderarbeitet.

Bedarfsermittlung und -planung mussberücksichtigen, dass in naher Zukunft inunserer Berufsgruppe ein relevanter Anteilan Kolleginnen und Kollegen altersbedingt

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Bundesarbeitsgemeinschaft schwerpunktorientierter Pädiaterund BVKJ

Ein gemeinsamer Ansprechpartner im BVKJ für die Belange der im EBM vertrete-nen pädiatrischen Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen fehlte bislang. Um die-sen immer wieder beklagten Mangel auszugleichen und die gemeinsamen Belange zukoordinieren und gemeinsam zu vertreten, wurde im November 2008 die Bundesar-beitsgemeinschaft schwerpunktorientierter Pädiater (BsP) im BVKJ gegründet.

Der BsP gehören derzeit als Mitgliedsorganisationen an:� Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Kinderkardiologen (ANKK)� Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Neuropädiater e.V. (AG-NNP)� Arbeitsgemeinschaft niedergelassene Pädiatrische Pneumologen in der GPP

(AG-NL GPP)� Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie (APE)/Pädia-

trische Endokrinologie in der Praxis e.V. (PEP)� Arbeitsgemeinschaft Niedergelassene Kinder-Gastro-Enterologen (ANKGE)� Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger pädiatrischer Onkologen und Hämatologen

(APOH) Die BsP ist eine AG der AGen, die Mitglieder der Einzel-AGen müssen somit nicht

der BsP beitreten, um von dieser vertreten zu werden und Zugang zu den Informatio-nen3 zu erhalten. Die BsP verschickt außerdem Infobriefe an die Mitglieder der AGen.Derzeit wird der Beitritt der Arbeitsgemeinschaften der pädiatrischen Rheumatolo-gen und Nephrologen zur BsP vorbereitet. Vorsitzender der BsP ist derzeit Dr. AndreasSprinz (Drensteinfurt), stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Marc Schlez (Neu-stadt/Weinstraße).

aus dem Berufsleben ausscheiden und so-mit die Frage der Praxis- und Stellennach-folge an Brisanz zunehmen wird. Es giltmit den Mitteln der Weiterbildung und desStellenangebotes einen entsprechendenbedarfsdeckenden „Nachschub“ zu orga-nisieren. Hierzu stehen uns leider derzeitkeine Fördermöglichkeiten zur Verfü-gung, wie sie für die Weiterbildung imFach Allgemeinmedizin in der Praxis gel-ten. Wir fordern eine gleichrangige Förde-rung der allgemeinpädiatrischen Weiter-bildung in der Praxis. Unabhängig davonmüssen wir aber bereits jetzt in Klinik undPraxen ausreichend attraktive Stellen fürdie Weiterbildungen in der allgemeinenPädiatrie und bedarfsorientiert in denSchwerpunkt- und Zusatzbezeichnungs-disziplinen bereitstellen, um spätere Eng-pässe oder Überhänge zu verhindern.Auch hierzu müssen unter Einbeziehungvon Ärztekammern und KassenärztlichenVereinigungen detaillierte Bedarfsberech-nungen angestellt werden.

Fazit

Die zunächst als Chance gesehene Ein-führung der pädiatrischen Subdisziplinenmit eigenem EBM-Kapitel droht zum Pyr-rhus-Sieg zu verkommen, da eine Reihevon Fragen offen geblieben sind. Diese

sind dringend zu beantworten, da sonstder Bedarf an allgemeinpädiatrisch undsubspezialisiert tätigen Kinder- und Ju-gendärzten nicht gedeckt werden kann.Wenn wir in Deutschland nicht mittelfris-tig auf zweidrittel der schwerpunktorien-tierten Pädiater in der Versorgung verzich-ten wollen – und das können wir uns beieinem immer noch vorhandenen Mangelan Versorgern ohne Qualitätsverlustenicht leisten –, dann wird es für eine be-darfsdeckende Lösung einschließlich derFinanzierung der schwerpunktorientier-ten Praxen höchste Zeit.

1 Quellen: Bericht des Präsidenten auf demObleutetreffen 2009, Hildesheim 09.05.2009;BVKJ Geschäftsstelle, Mitgliederverwaltung

2 Quelle: BVKJ Geschäftsstelle, Mitgliederverwal-tung

3 in PaedInform (www.uminfo.de) haben alleMitglieder der Ag’en Zugang zum gemeinsa-men Forum „B-s-P“

Dr. med. Andreas SprinzHaus WalsteddeNordholter Weg 348317 DrensteinfurtTel. 02387 / 9194-0www.haus-walstedde.de Red.: ge

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Kinder- und Jugendärzte bieten im Ver-gleich zu anderen Fachgruppen nach wievor wenige Individuelle Gesundheitsleis-tungen (IGeL) an. Nach Ansicht des BVKJkönnen IGeL-Leistungen nur dann ange-boten werden, wenn sie medizinisch sinn-voll und in der konkreten Situation indi-ziert sind.

Es sind einige wichtige Regeln zu be-rücksichtigen:

Wie beim Kostenerstattungssystem hatder Arzt die Pflicht, den Kassenpatientenvor Behandlungsbeginn über das verwal-tungsmäßige Verfahren ausreichend auf-zuklären (siehe Muster).

Im Einzelnen beinhaltet die Aufklä-rung, die in eine schriftliche Vereinbarung(gemäß Bundesmantelvertrag bzw. Ersatz-kassenvertrag) zu treffen ist:

� Angaben über die ungefähren Kostenund der Hinweis, dass mit einer Erstat-tung durch die Kasse nicht zu rechnenist

� eine detaillierte Rechnung nach § 12GOÄ in der auch die Bestimmungendes § 5 GOÄ über den Gebührenrah-men zu beachten sind (z. B. auch dengeringeren Multiplikator bei Laborleis-tungen),

Zu beachten ist auch,

� nur die IGeL-Leistungen zu erbringen,die in das eigenen Fachgebiet fallen und

� für die erforderliche zusätzliche Quali-fikationsnachweise und Genehmigun-gen vorliegen.

Folgende Grundsätze müssen beachtetwerden:

� IGeL immer nach GOÄ liquidieren,keine Pauschalerstattungen

� vor IGeL immer schriftlichen Behand-lungsvertrag abschließen (§ 18 Abs. 8BMV)

� vor IGeL über voraussichtliche Kostenaufklären

� vor IGeL den Umfang der Berufshaft-pflicht abklären

Dr. Roland Fresslefür den HonorarausschussAuwaldstr. 9079110 Freiburg Red.: ge

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IGel-Leistungen in der kinder- und jugendärztlichen Praxis

ERKLÄRUNGüber die Inanspruchnahme von individuellen Gesundheitsleistungen

Ich, ..........................................................................................................................................................................................................................................................................(Name, Vorname)

.....................................................................................................................................................................................................................................................................................

(Anschrift)

wünsche für mein Kind: .....................................................................................................................................................................................................................................................................................

(Name, Vorname)

die Durchführung der folgenden individuellen Gesundheitsleistungen:

.....................................................................................................................................................................................................................................................................................

.....................................................................................................................................................................................................................................................................................

Mir ist bekannt, dass ich diese vorgenannten individuellen Gesundheitsleistungen privat nach der Gebührenordnung für Ärzte(GOÄ) zu bezahlen habe, da diese Leistungen nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören. Mirist weiterhin bekannt, dass ich gegenüber meiner gesetzlichen Krankenkasse keinen Anspruch auf Kostenerstattung noch Kos-tenbeteiligung habe.

Eine Kopie dieser Erklärung habe ich erhalten.

................................................................................................... ..........................................................................................................................................................

(Ort, Datum) (Unterschrift)

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Individuelle Gesundheitsleistungen

Klinische Vorsorgeuntersuchungen

Leistung GOÄ-Ziffern Einfachsatz Steige- Ziel-in € rungssatz betrag

Zusätzliche jährliche Kinderfrüherkennungsuntersuchung 26 - 826 - 1216 - 50,80 € 1,0 50,80 €(Intervall-Check) * 1406 - 3511

Farbsinnprüfung 1228 3,56 € 1,404 5,00 €OAE-Screening 1409 23,31 € 1,287 30,00 €Untersuchung zur Früherkennung von Schwachsichtigkeit 1 - 5 - K1 - 1216 (bis 4. Geburtstag) 1,156 25,00 €

und Schielen im Kleinkind- und Vorschulalter 1 - 5 - 1216 21,62 € (ab 4. Geburtstag) 1,367 20,00 €14,62 €

Vorsorgeuntersuchungen mittels apparativer VerfahrenSono-Check Nieren/Abdominalorgane 410 - 420 (3x) 25,64 € 1,365 35,00 €

(Nieren, Blase, Leber, Gallenblase, Darm) Organ angebenLaboratoriumsdiagnostische Wunschleistungen„Labor-Check“: Untersuchung von BSG, kleinem BB, 1 - 250 - 3501 - 19,14 € 1,306 25,00 €

Leber- und Nierenwerten sowie ggf. weiteren Laborparametern 3550 - 3513 -3516 - 3520 - 3511

Untersuchung auf Helicobacter pylori-Besiedlung mittels 13 C-Harnstoff- A 619 13,23 € 1,511 20,00 €Atemtest (ohne medizinische Indikation als Umgebungs-Suchtest)

Freizeit, Urlaub, SportReisemedizinische Beratung, einschl. Impfberatung 3 8,74 € 1,716 15,00 €Reiseimpfungen < 4. Geburtstag 1 - 5 - K1 - 375 20,97 € 1,192 25,00 €Reiseimpfungen > 4.Geburtstag 1 - 5 - 375 13,98 € 1,430 20,00 €Sportmedizinische Beratung 3 8,74 € 1,716 15,00 €Sporttauglichkeitsuntersuchung 1 - 8 - 70 22,14 € 1,12 25,00 €Eignungsuntersuchungen (z.B. für Auslandsaufenthalte, 1 - 8 - 80 - 95 - 69,66 € 1,436 100,00 €

Flugtauglichkeit, Tauchsport) 651 - 605Allergologische Berufseignungstests (z.B. Bäcker, Friseur) 1 - 8 - 70 - 65,86 € 1,518 100,00 €

10 x 385 - 394 Alternative HeilverfahrenAkupunktur 1 - 269 16,32 € 1,532 25,00 €Beratung zur Zusammenstellung und Anwendung 3 8,74 € 1,716 15,00 €

einer Haus- und/oder Reiseapotheke Psychotherapeutische AngeboteEntspannungsverfahren als Präventionsleistung (einzeln) 846 8,74 € 3,43 30,00 €Entspannungsverfahren als Präventionsleistung (Gruppe ca. 6 TN) 847 2,62 € 1,908 5,00 €UmweltmedizinAusführliche umweltmedizinische Beratung* A 30 52,46 € 1,906 100,00 €Ärztliche ServiceleistungenKindergartenuntersuchung < 4 Jahre 1 - 5 - K1 - 70 18,64 € 1,341 25,00 €Kindergartenuntersuchung > 4. Geburtstag 1 - 7 - 70 16,32 € 1,225 20,00 €Bescheinigung über Infektfreiheit < 4 Jahre mit Untersuchung 1 - 5 - K1 - 70 18,64 € 1,341 25,00 €Bescheinigung über Infektfreiheit > 4 . Geburtstag 1 - 7 - 70 16,32 € 1,225 20,00 €Ärztliche gutachterliche Stellungnahme mit Untersuchung < 4 Jahre 1 - 5 - K1 - 80 - 95 37,30 € 1,340 50,00 €Ärztliche gutachterliche Stellungnahme mit Untersuchung > 4. Geburtstag 1 - 7 - 80 - 95 34,98 € 1,286 45,00 €Adoptionsgutachten < 4 Jahre 1 - 8 - K1 - 80 - 51,29 € 1,463 85,00 €

95 - 3550Adoptionsgutachten > 4 Jahre 1 - 8 - 80 - 95 - 3550 44,30 € 1,615 80,00 €Kurze Bescheinigung ohne Untersuchung 70 2,33 € 1,502 3,50 €Untersuchung zur Überprüfung des intellektuellen und 4 - A 807 - 856 - 70,00 € 2,0 140,00 €

psychosozialen Leistungsniveaus (Schullaufbahnberatung) 80 - 95Diätberatung ohne Vorliegen einer Erkrankung * 3 8,74 € 1,716 15,00 €Gruppenbehandlung bei Adipositas * 20 6,99 € 1,788 12,50 €Sonstige WunschleistungenAbklärungsdiagnostik im Rahmen der Beweissicherung 1 - 8 - K1 - 80 - 95 47,79 € 1,569 75,00 €

nach Drittschädigung < 4 JahreAbklärungsdiagnostik im Rahmen der Beweissicherung 1 - 8 - 80 - 95 40,80 € 1,716 70,00 €

nach Drittschädigung > 4 .GeburtstagAndere Untersuchungs- und BehandlungsverfahrenIsokinetische Muskelfunktionsdiagnostik und -therapie 1 - 7 - 506 20,98 € 1,430 30,00 €Objektive Refraktionsbestimmung 1202 4,31 € 2,088 9,00 €Bestimmung des Atemgases NO mit Ein-Atemzug-Methode A 615 13,23 € 1,512 20,00 €

Die mit * gekennzeichneten Leistungen sind individuelle Gesundheitsleistungen, deren Aufnahme nach Meinung des BVKJ e.V. in den Leistungs-katalog der gesetzlichen Krankenversicherung diskutiert werden sollte. (©) 2009 BVKJ e.V. - Abrechnungs-Script

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Der Patient hat immer ein Einsichtsrecht in den ob-jektiven Teil der Behandlungsunterlagen. Bei den subjek-tiven Ausführungen, die gerade bei psychiatrischen Be-handlungen einen wesentlichen Teil der Dokumentationausmachen können, ist dieses Einsichtsrecht jedoch ein-geschränkt. Hier kommt es darauf an, ob es dem Patien-ten nach ärztlicher Einschätzung zumutbar ist, auch vonden subjektiven Einschätzungen Kenntnis zu erlangen.Im Interesse des Selbstbestimmungsrechts des Patientenist dieser Teil der Behandlungsunterlagen aber so kleinwie möglich zu halten. Als Alternative zur Herausgabekommt auch ein gemeinsames Durcharbeiten mit dembehandelnden Arzt in Frage.

Bei einem minderjährigen Patienten wird der Be-handlungsvertrag, aus dem das Einsichtsrecht folgt, mitden Eltern abgeschlossen. Sofern beide Eltern sorgebe-rechtigt sind, reicht es aus, wenn ein Elternteil Einsichtnehmen will. Bei getrennt lebenden Eltern wird oft ver-sucht, durch die Behandlungsunterlagen über den ande-ren Ehepartner „belastendes Material“ zu erhalten. Es be-steht ein Alleinvertretungsrecht nur bei alltäglichen An-gelegenheiten. Dass dazu auch die regelmäßig nicht zeit-kritische Einsichtnahme in die Patientenakte zählt, kannmit guten Gründen verneint werden. Der Arzt sollte da-her im Zweifel grundsätzlich eine Einverständniserklä-rung von beiden Elternteilen fordern

Im Todesfall eines Kindes geht es den Eltern vor allemum die Überprüfung eines möglichen Behandlungsfeh-lers. Die sorgeberechtigten Eltern behalten den Aus-kunftsanspruch, auch angesichts ihrer regelmäßigen Er-benstellung, über den Tod des Kindes hinaus.

Soweit andere Ärzte eingeschaltet werden, kann derArzt diesen die notwendigen Angaben übermitteln. Glei-ches gilt bei einem Arztwechsel. In jedem Falle ist aberzuvor die Einwilligung der Sorgeberechtigten einzuho-len. Da die ärztliche Schweigepflicht auch unter Ärztengilt, ist letztlich allein der Patientenwille entscheidend.

Der MDK hat die Leistungserbringung im Auftrag derKrankenkasse zu überprüfen. Hierzu ist er berechtigt, dieerforderlichen Unterlagen von den behandelnden Ärztenund Einrichtungen einzusehen oder anzufordern. Bei ei-

ner entsprechenden Anfrage muss der vertragsärztlichtätige Kinder- und Jugendarzt nur die Daten übermit-teln, die im Rahmen des Prüfauftrages erforderlich sind.Nicht erlaubt ist eine umfassende Überprüfung der ge-samten Krankenakte.

Die Prüfungsgremien im Bereich der gemeinsamenSelbstverwaltung haben das Recht, Patientenunterlageneinzusehen, um zu prüfen, ob die Abrechnungsvorgabeneingehalten wurden. Auch hier gilt, dass nur die konkretangeforderten Teile der Behandlungsdokumentationvorgelegt werden müssen und dürfen.

Die Strafverfolgungsbehörden haben die Möglich-keit, Behandlungsunterlagen zu beschlagnahmen. Diesgilt nur dann, wenn sich das Strafverfahren gegen denArzt richtet. Ist der Patient hingegen Beschuldigter, danndürfen die Unterlagen nicht beschlagnahmt werden.Gleiches gilt, wenn der Patient das Opfer ist (z.B. bei Kin-desmissbrauch).

Der Schutz der Patientendaten gilt auch gegenüberder Krankenversicherung. In der GKV ist der Einblick indie Behandlungsdokumentation dem MDK vorbehal-ten. Gegenüber der PKV ist nur nach Vorlage einerSchweigepflichtsentbindungserklärung entsprechendAuskunft zu erteilen. Die in zahlreichen Versicherungs-bedingungen enthaltenen pauschalen Entbindungser-klärungen sind nach einer Entscheidung des BVerfG un-ter bestimmten Voraussetzungen unwirksam. Der Arztsollte daher stets eine gesonderte Erklärung des Patientenverlangen.

Ein gerichtlich bestellter Gutachter (z.B. in einemHaftungsverfahren) kann regelmäßig ebenfalls eineSchweigepflichtsentbindungserklärung vorlegen; ande-renfalls könnte er seinen Gutachtenauftrag nicht ord-nungsgemäß ausführen. Zudem gibt es gesetzlich gere-gelte Ausnahmefälle, z.B. bei Ärzten an staatlichen Kran-kenhäusern für den Landesrechnungshof und bei Rönt-genaufnahmen für die Ärztliche Stelle. Diese dürfen imRahmen ihres Auftrages die Unterlagen einsehen.

Grundsätzlich besteht nur das Recht, in die Behand-lungsunterlagen beim Arzt Einsicht zu nehmen. Der Arztkann auf Anforderung und gegen Kostenerstattung Ko-

Einsicht in Behandlungsunterlagen:Wer hat Zugriff auf die Akte?

Eine häufige Frage in Kinderarztpraxen ist das Einsichtsrecht in die Behandlungsunterlagen.Der Arzt ist durch die Schweigepflicht, die sich unter anderem aus § 203 StGB und § 9 MBOergibt, dazu angehalten, alle Informationen, die er während der Behandlung erfährt, ge-heimzuhalten. Diese Informationen darf der Arzt nur dann offenbaren, wenn er von derSchweigepflicht entbunden wurde oder die Offenbarung zum Schutz eines höherrangigenRechtsguts erforderlich ist. Dabei sind verschiedene Fallgruppen zu unterschieden.

Gerrit Tigges

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einem Einsichtsverlangen, sofern es nicht vom Patientenkommt, mit Zurückhaltung zu begegnen. Gleiches giltfür telefonische Auskünfte.

Gerrit TiggesFachanwalt für MedizinrechtDer Autor ist Partner in der Kanzlei Möller und Partner,die für den BVKJ als Justitiar tätig ist. Red: ReH

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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pien aushändigen. Im Original sind die Unterlagen nurden Justizbehörden zu übergeben, sofern sie diese – be-rechtigterweise – anfordern.

Grundsätzlich ist im Hinblick auf die Behandlungs-unterlagen des Arztes zu beachten, dass die in der Patien-tenakte enthaltenen Informationen zum geschütztenPersönlichkeitsbereich des Patienten gehören. Daher ist

Am Samstag, dem 31. Oktober undSonntag, dem 01. November 2009, findetdas nächste Praxiseinführungs-Seminardes BVKJ in Friedewald (bei Bad Hersfeld)statt. Bei diesem zweitägigen Seminar er-halten die Teilnehmer wertvolle Hinweiseaus den Bereichen der praktischen Berufs-ausübung, Recht und Wirtschaftswissen-schaften, die bei der Praxisgründung oder-übernahme zu beachten sind.

Die Themen im Einzelnen:� Neugründung, Übernahme und Eintritt

in eine bestehende Praxis� Die niederlassungsbegleitende Vertrags-

situation (Übernahmevertrag, Mietver-

trag, Arbeitsverträge, Kooperationsver-träge)

� Zulassung zur Teilnahme an der ver-tragsärztlichen Versorgung

� Wirtschaftliche Aspekte der Niederlas-sung (Praxisgründung bzw. -über-nahme)

� Praxisführung

� Rahmenbedingungen

� Standortwahl und Praxis-Organisation

� Apparative Ausstattung und Labor inder Praxis

� Überblick über die Serviceleistungendes BVKJ

Falls Sie an einer Teilnahme inter -essiert sind, senden Sie bitte den nach -stehenden Coupon an die Geschäfts-stelle des BVKJ oder melden sich per PädInform oder E-Mail ([email protected]) an. Da die Teilnehmerzahlbegrenzt ist, werden die Rückmeldungenin der Reihenfolge des Eingangs berück-sichtigt.

Die Seminargebühr incl. Tagungs-mappe, Verpflegung und einer Übernach-tung in einem 4-Sterne-Hotel in Friede-wald beträgt 100,– €.

Stephan EßerHauptgeschäftsführer des BVKJ

Praxiseinführungs-Seminar des BVKJ:Im Gespräch mit Experten und Insidern

� �

Hiermit melde ich mich verbindlich zur Teilnahme am „Praxiseinführungs-Seminar“ am 31. Oktober und 01. Novem-ber 2009 an.

� Ich plane die Niederlassung

Die Teilnahmegebühr von 100,– € überweise ich bis zum Beginn des Seminares auf folgendes Konto des BVKJ: 0 201 273 779 (BLZ 300 606 01), Deutsche Apotheker- und Ärztebank.

Name

Anschrift

Datum, Unterschrift (Tel. u. Fax)

An BVKJ

per Telefax (02 21) 68 32 04

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An dem Tag, als Nicolas gebo-ren wurde, zerbrach eineWelt. Weit weg, in Washing-

ton, stellte sich ein glatzköpfigerMann hin und erklärte, dass er Leh-man Brothers leider nicht helfenkönne. Die Bank ging pleite. EineEpochenwende. Nicolas wurde am15. September 2008 geboren. Er istein Kind der Weltwirtschaftskrise.

Wie wird er auf dieses Datumschauen, wenn er 20 Jahre alt ist? Inwas für einer Welt wird er 2028 le-ben? Wird er Wohlstand nur nochaus Geschichten kennen? Was wirddas Wort Sicherheit für ihn bedeu-ten? Was Freiheit, Individualismus,Anpassung, Glück? Wird er wütendsein auf seine Eltern? Und was wirder mit dieser Wut machen?

Nicolas’ Vater sitzt am Laptopund tippt, Nicolas’ Mutter kommtins Zimmer und trägt ein wenig vonder Angst im Gesicht, die jetzt gerade

aus dem Großen ins Private sickert.In der Abfolge der Generationen wares bislang das Privileg der Jungen,dass sie die Welt in Scherben schla-gen. Heute erledigen das die Alten,erledigen wir das selbst. Klimakata-strophe, Finanzkrise, Staatsschul-den, Rentenloch, Ende des Öls, Ab-stieg des Westens, das asiatische Jahr-hundert, Überbevölkerung, Wasser-mangel, das Wesentliche kippt. Wasbleibt da für die neue Trümmergene-ration? Einfach hinter uns aufräu-men?

Nicolas’ Eltern haben nichts zer-schlagen. Im Gegenteil, sie haben et-was geschaffen. Sein Vater war derErste der Familie, der studierte, derGroßvater war Malermeister, der Ur-großvater auch, er hat das Mehrfa-milienhaus gebaut, in dem Nicolasheute mit seinen Eltern wohnt. Nico-las’ Mutter war erst Krankenschwes-ter, dann arbeitete sie für die Soft-

warefirma SAP, und wenn sie jetztnicht gerade Nicolas stillt, macht siean der Uni ihren Master. Lebenslan-ges Lernen? Aufstieg durch Bildung?Der Generationenvertrag? Gilt dasalles noch für Nicolas?

»Er muss nicht unbedingt denklassischen Weg gehen«, sagt sein Va-ter, ein ruhiger Mann. »Wir versu-chen ihm Werte zu vermitteln, er sollErfahrungen machen, er wird Zeithaben, sich zu entwickeln. Es ist unsegal, ob er studiert oder einen Hand-werksberuf ergreift. «

Werte also, immaterielle Werte.Nicolas’ Vater ist ein später Vater, erist 55 Jahre alt und Optimist aus Not-wendigkeit. Oder aus Notwehr. Aberdass es seinem Sohn einmal bessergeht als ihm, das glaubt auch ernicht. Er ist Volkswirt, er kennt dieZahlen.

Schon wer heute 30 Jahre alt ist,zahlt 100 000 Euro mehr in die öf-

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Die Wirtschaft: ruiniert. Arbeitsplätze: vernichtet. Das Klima: kurz vor dem Kollaps. Die Aus-sichten: düster. Für Tausende von Kindern hat das Leben gerade erst begonnen – aber wiewird dieses Leben in ein paar Jahrzehnten aussehen, wenn sie erwachsen sind? Georg Diez

Die neue Trümmer-generation

Magazin611

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fentlichen Sozialkassen ein, als erspäter wiederbekommt. Das ist einemassive Umverteilung von Jung zuAlt. Die Spaltung der Gesellschaftscheint nicht mehr aufzuhalten, daverstärkt das Scheitern des Turboka-pitalismus nur dramatisch etwas,was schon lange läuft.

Die größere Frage hinter der Fi-nanzkrise aber lautet: Trägt das Fun-dament? Wie krisenfest ist dieseWohlfühldemokratie, die noch keineechte Prüfung aushalten musste?Was passiert, wenn das System demCrashtest nicht standhält?

Kinder wie Nicolas sind dieCrashtestdummys dieser Zeit. An ih-nen wird ausprobiert, wie man sichfür die Zukunft rüstet, sie werdenausbaden, was wir heute falsch ma-chen.

Jemand wie der Erziehungswis-senschaftler Remo Largo sieht täg-lich, was die Krise mit Kindernmacht. Er stellt eine »enorme Hilflo-sigkeit«, ja »Inkompetenz« der El-tern fest, die zum Ratgeberwahnführt – »eine ganze Förderindustrieist da entstanden, die sich Fachleuteausgedacht haben. (...)Es herrschteine unglaubliche Angst vor demAbstieg«, sagt Remo Largo, »und ausAngst macht man häufig das Falsche:Man erzeugt angepasste Leistungs-menschen, die nicht weit genug undnicht selbstständig denken. Es gehtum Status, nicht um Kompetenz. Inder Schule stellt man sich auf das ein,was von der Wirtschaft heute gefor-dert wird. Aber der Markt kennt nur

Magazin

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den Moment und nicht die Zukunft.Wer weiß denn, was in 20 Jahren nö-tig ist?«

Selbstbewusste, offene, kreativeKinder braucht es, sagt Largo, dieeher menschlich als fachlich gebildetsind. Der Widerspruch ist: Wer heuteseine Kinder panisch auf die Zukunftvorbereitet, der verbaut sie ihnen imGrunde schon wieder.

Das Dilemma der Krise: Wirschauen nach vorn und rennen da-mit gegen eine Mauer. Schlimmer istnur, wenn wir panisch die Gegen-wart auf Kosten der Zukunft subven-tionieren – wie bei der Abwrackprä-mie. »Ein Desaster«, nennt das Clau-dia Kemfert vom Deutschen Institutfür Wirtschaftsforschung (DIW), wosie die Abteilung »Energie, Verkehr,Umwelt« leitet.

Claudia Kemfert sieht die Chancein der Krise, die Möglichkeit, einengrundlegenden ökologischen Wan-del zu erreichen, aber »wir habenmindestens zehn Jahre Zeit verloren,wir sind im Grunde zu spät dran.Wenn wir heute etwas ändern, danndauert das mindestens 15 Jahre, bises Wirkung zeigt.« 2028 also, bis da-hin kann Nicolas wählen gehen.

Wie werden wir also leben? DieStädte werden wachsen, es wird Step-pen in Ostdeutschland geben undbundesweit weniger Pendler, dieEnergie wird teurer, Fliegen wird einElite-Spaß werden, der Massenfern-tourismus wird verebben.

Wie gelangen wir von A nach B,wenn Autofahren einmal zu teuersein wird? Wird jemand einen Er-satzstoff für das Öl erfinden? Wirduns also die Technologie aus demSchlamassel helfen?

Der finnische ZukunftsforscherMarkku Wilenius, der die Allianz-Versicherung berät, hat schon mal soetwas wie einen Fahrplan der kom-menden Jahrzehnte skizziert: Turbu-lent und voller »drastischer Aktio-nen« werden demnach die Jahre bis2020, und er lässt es offen, ob damitauch bewaffnete Kämpfe und ge-walttätige Verteilungsschlachten ge-meint sein könnten. Verantwor-tungsvoll, sagt Wilenius, werden da-gegen die Jahre von 2020 bis 2030, indenen sich ein »öko-wohlfahrtlicherLebensstil« herausprägen wird.

Ein neues Modell von Staat undUmwelt sieht er für die Dekade da-rauf, erst in dieser Zeit erwartet ergroße technologische Innovationen,Nicolas ist dann auf der Universität,wenn er will. Und bis 2050 sollte sichdas neue ökologische Zeitalter vol-lends ausgeprägt haben. Das Pro-blem wird nur sein: Wie findet mangenügend gut ausgebildete Arbeits-kräfte, vor allem im Westen?

Energie und Bildung sind dieSchlüsselworte für dieses neue Jahr-hundert – und was Bildung betrifft,sind die Eltern von Sara sehr skep-tisch. Auch Sara wurde am 15. Sep-tember 2008 geboren, ihre Mutterkommt aus Lettland, ihr Vater ausMexiko, beide haben studiert, jetztleben sie in Deutschland, sie sind imGrunde ein Geschenk für diesesLand, aber so werden sie nicht be-handelt. Saras Mutter darf hier nichtarbeiten, Saras Vater macht sich Sor-gen um die Ausbildung seiner Toch-ter.

»Ausländerkinder tragen einenStempel, die haben es viel schwerer,aufs Gymnasium zu kommen«, sagtder Ingenieur in perfektem Deutsch.»Es ist ein Wahnsinn«, sagt SarasMutter, eine Lehrerin, »nach dervierten Klasse soll sich entscheiden,ob das Kind studiert? In Lettland ge-hen alle bis zur neunten Klasse indieselbe Schule.« Für Sara, sagen sie,wird der Aufstieg ein Kampf.

Wir haben ein rückschrittlichesBildungssystem, und es ist nicht klarund schon gar nicht selbstverständ-lich, dass wir die Kurve ins 21. Jahr-hundert noch kriegen. »Das ist einzentrales Problem dieses Landes«,sagt Alexander Kritikos, der beimDIW die Abteilung »Innovation, In-dustrie, Dienstleistung« leitet, »ent-weder schaffen wir es, unser Bil-dungssystem in kürzester Zeit zu re-formieren. Oder es müssen mehrhoch qualifizierte Ausländer zu unskommen. Andernfalls werden wirSchritt für Schritt unsere Spitzenpo-sitionen im Vergleich zu anderenhoch entwickelten Ländern aufge-ben. Und das kann zu erheblichenEinbrüchen im Bereich der höher-wertigen Technologien führen.«

Im Bildungsbereich, sagt Kriti-kos, müsse man die »Notbremse«

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ziehen, es sei falsch, auf eine kleineElite zu setzen, wie es zum Teil dieGymnasien tun, es gehe vielmehr umneue Formen des Unterrichts.

Offen sollen die Kinder werden,das sagt er wie auch der Erziehungs-wissenschaftler Remo Largo, »hand-lungssicher und durchsetzungsfähigin sozial akzeptabler Weise«. DieGruppe, das ist ein Schlüsselwort fürihn, sie verbindet den Stärkeren mitdem Schwächeren, sie gibt dem Indi-viduum, das zwischen Vereinzelungund Kollektivdruck schwankt, sei-nen Halt. Im Grunde klingt das allesso, als müsse man den Staat, die De-mokratie vor sich hertreiben, inRichtung einer Art populistischenReform des Gemeinwesens.

Wird der Weg zu Veränderungenalso über mehr Freiheit oder mehrVerbote laufen? Ist der Föderalismusbundesdeutscher Prägung über-haupt zu radikalen Entscheidungenimstande? Ist der starke Staat, wie ersich schon heute ankündigt, die Ret-tung? Können autoritäre Systemewie China effektiver auf die Heraus-forderungen der Zukunft reagieren?Wäre eine Ökodiktatur denkbar, dieden CO2-Ausstoß bei Strafe verbie-tet?

Der Sozialpsychologe HaraldWelzer zuckt bei diesem Gedankenselbst etwas zusammen. Er hat dasBuch Klimakriege geschrieben undprognostiziert 150 Millionen Klima-flüchtlinge bis 2050. Wie wird sichDeutschland ändern? »Die Wut wa-

bert bislang so vor sich hin«, sagtWelzer, »in den nächsten Jahrenmüsste sie stärker werden.«

Sonst?Sonst, sagt er, gibt es zwei Varian-

ten für 2028, zwei Varianten für Saraund Nicolas: Es ist so wie jetzt, nurschlechter, das Land holpert und rat-tert vor sich hin, abgehängt von derWeltwirtschaft, mit schlechter Infra-struktur und hoher Arbeitslosigkeitund massiven Umweltproblemen.

Oder wir haben eine vollständigandere Welt, in der der Westen keinegroße Rolle spielt und die Demokra-tie überhaupt in der Defensive ist.Was es mit Menschen macht, die ineiner Gesellschaft leben, die sichschleichend verschlechtert? »DieKrisen sind schon längst da«, sagtWelzer, »wir leben mit einer Res-sourcenfiktion, in dem Glauben,dass das Öl niemals versiegt – undwenn man sich in einem irrealenRaum bewegt, tut man sich schwer,konkret zu handeln.« Was heißt dasaber für 2028?

Harald Welzer, so scheint es, kannsich einiges vorstellen. Er lächelt abernur und sagt: »Es wird nicht dasEnde der Welt sein, sondern der Be-ginn einer schlechteren.«

Der Ethnologe Thomas Hau-schild dagegen zieht eine andere Pa-rallele – die zum Biedermeier in denDreißigerjahren des 19. Jahrhun-derts. »Schon jetzt herrschen Angstund Anpassung«, sagt er, »das wirdnoch zunehmen. Die Eltern und

Großeltern der Trümmerbabys vonheute werden sich an ihren Besitzklammern und massiv nach staatli-cher Orientierung suchen. Und dieKinder werden brav zu ihren Elternsein, weil sie die einzige Quelle derSicherheit sind.«

An den Generationenkrieg glaubtHauschild somit weniger. Er siehteher Regression als Reaktion auf dieKrise. »Alte Wissensformen werdenwieder wichtiger. Zum Beispiel: Wiekann ich einen Schrebergarten be-treiben?«

Wird also die Zeit der Selbstver-sorger wiederkommen? Ist das dieSchattenseite des Trends, sich einHaus auf dem Land zu suchen?Heute Freizeit, morgen Überleben?In vielem erinnert das, was Hau-schild sagt, an einen umgekehrtenZivilisationsprozess, an eine Art Ent-zivilisierung.

Der Unterschied zum Bieder-meier, sagt Hauschild, sei vor allem,dass wir aus der Freiheit in die Engezurückkehren werden, was noch zu-sätzlich die Gewalt und die Konflikteverstärken werde – 2028, in demJahr, in dem Nicolas 20 sein wird.

Der ist jetzt aufgewacht. SeineMutter holt ihn. Er wackelt etwas mitdem Kopf, dann schaut er seine Mut-ter an wie ein fremdes Wesen. Washatte Harald Welzer gesagt? »Wirsind längst schon nicht mehr die, diewir denken, dass wir sind.«

Red.: ReH

Magazin613

Abdruck mitfreundlicher

Genehmigungder Süddeut-

schen Zeitung,München.

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Magazin614

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Fortbildungstermine des BVKJ

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

20.–21. März 2010Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Mecklenburg-Vorpom-mern, Bad Doberan / RostockAuskunft: Frau Dr. Marion Richter / FrauDr. Sybille Sengbusch, Tel. 038203 / 14787,Fax 038203 / 14789 �

17. April 2010Pädiatreff 2010des bvkj e.V. und2. Kongress PRAXISfieber-regio für medizinische Fachangestellte in Kinder-und JugendarztpraxenLandesverband Nordrhein in Köln

Auskunft: Dr. Thomas Fischbach, 42719Solingen, Fax 0212 / 315364; Dr. AntonioPizzulli, 50679 Köln, Fax 0221 / 818089;Dr. Herbert Schade, Mechernich, Fax02443 / 171403 �

22.–25. April 20107. Assistentenkongressdes bvkj e.V., NürnbergAuskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

1./2. Mai 2010Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Thüringen, ErfurtAuskunft: Dr. med. Annette Kriechling, Inder Trift 2, 99102 Erfurt-Niedernissa, Tel.0361 / 5626303, Fax 0361 / 4233827 �

April 2010

Mai 2010

29. Mai 201023. Fortbildungsveranstaltung mit prak-tischen Übungen der LV Rheinland-Pfalz u. Saarlanddes bvkj e.V., WormsAuskunft: Prof. Dr. Heino Skopnik, Kin-derklinik Stadtkrankenhaus GmbH, Ga-briel-von-Seidl-Str. 81, 67550 Worms, Tel.06241 / 5013600, Fax 06241 / 5013699 �

25.–27. Juni 2010Kinder- und Jugendärztetag 201040. Jahrestagung des bvkj e.V., BerlinNeue Medikamente – Kenne ich mich aus?Pharmakotherapie im Kindes- und Jugend-alter

26.–27. Juni 20105. Praxisfieber Live Kongress für MFA inKinder- und Jugendarztpraxenin BerlinAuskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

10. Juli 2010Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Württemberg / (Baden),NellingenAuskunft: Dr. Rudolf von Butler, Walden-bronner Str. 42, 73732 Esslingen, Tel.0711/374694, Fax 0711/3704893 �

10.–15. Oktober 201038. Herbst-Seminar-Kongressdes bvkj e.V., Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

Juni 2010

Oktober 2010

Juli 2010

� CCJ GmbH, Tel. 0381-8003980 / Fax: 0381-8003988

� Schmidt-Römhild-Kongressgesellschaft, Lübeck,Tel. 0451-7031-202, Fax: 0451-7031-214

� DI-TEXT, Tel. 04736-102534 / Fax: 04736-102536,[email protected]

� Med For Med, Rostock, Tel. 0381-20749709, Fax 0381-7953337

� Interface GmbH & Co. KG, Tel. 09321-9297-850, Fax 09321-9297-851

26.–27. September 2009

12. Seminartagung des LV Hessendes bvkj e.V., Bad NauheimAuskunft: Dr. Josef Geisz, Bahnhofstr. 24,35576 Wetzlar, Tel. 06441/42051, Fax:06441/42949 �

11.–16. Oktober 200937. Herbst-Seminar-KongressSchwerpunkt Pädiatrie:Das chronisch kranke Kinddes bvkj e.V., Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

31.10.–01. November 2009

Praxiseinführungsseminar des BVKJ e.V.

in Friedewald

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Frau Pohle, Mielen -forster Str. 2, 51069 Köln, Tel. 0221 /6 89 09-11, Fax: 0221/683204 ([email protected])

13.–15. November 2009

Pädiatrie zum Anfassen / 20. ECPCP2009 (European Society of Ambulatory Paediatrics)

des bvkj e.V., Berlin

Auskunft: Dr. Burkhard Ruppert, Zabel-Krüger-Damm 35-39, 13469 Berlin, Tel.030 / 4024922, Fax: 030/40397254(Industrie �, Teilnehmer �)

21.–22. November 2009

7. Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., LV Bayern, Bamberg

Auskunft: Dr. H. Reininger, Prof. Dr. C. P.Bauer, Prof. Dr. K. H. Deeg, Cosimastr. 133,81925 München �

2010

5.–7. März 201016. Kongress für Jugendmedizindes bvkj e.V., Weimar

September 2009

Oktober 2009

November 2009

März 2010

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

616

150 Jahre Altonaer Kinderkrankenhaus

1859 ergriffen einflussreiche Bürger wie der Kauf-mann Georg Heinrich Sieveking (1800–1878), der Apo-theker Hermann Siemsen (1794–1870) und der ersteArzt des Hospitals Casper Theodor Kraus (1826–1892)die Initiative und gründeten das Altonaer Kinder-Hospi-tal.

Schon damals, am 24. Mai 1859 in der Großen Wilhel-minenstraße mit nur sechs Betten eröffnet, war es einganz besonderes Haus. Für dieses Zeitalter sehr unge-wöhnlich, wurden alle Kinder unabhängig ihrer Religi-onszugehörigkeit, ihrer sozialen Herkunft und ihrerwirtschaftlichen Situation aufgenommen und versorgt.In der Satzung stand und gilt unverändert: „Zweck desVereins ist es, im Geiste menschlicher Nächstenliebe derdurch Krankheit leidenden Menschheit, vorwiegend der

minderbemittelten Bevölkerung, vorbeugend und ab-helfend zu dienen, ohne Unterschied der Person, Konfes-sion, Weltanschauung oder Rasse.“ Finanziert wurde dieArbeit überwiegend durch Spenden, um die der Vereins-vorstand regelmäßig warb.

Da immer mehr Patienten ins Hospital kamen, warenUmzüge in größere Gebäude erforderlich, bis das AKK1914 seinen endgültigen Platz in der heutigen Bleicken-allee in Hamburg-Altona fand.

Seitdem konnten zahlreiche Erweiterungen realisiertwerden. So wurden z. B. in den 30er-Jahren das I-Haus(für Kinder mit Infektionen wie Masern, Mumps, Schar-lach, Diphtherie), in den 60er-Jahren ein neuer OP-Trakt, in den 90er-Jahren das weit über Hamburg be-kannte Perinatalzentrum und 2004 ein großer Neubau,der das Haupthaus mit dem I-Haus verbindet, erstellt.Dieser Neubau, mit vier modernen OP-Sälen und einemHubschrauberlandeplatz auf dem Dach, bietet zusätzlichden erforderlichen Platz für die Kinderorthopädie (in-zwischen die größte in Deutschland), die Intensivstationsowie für die Versorgung der jährlich über 40.000 ambu-lant behandelten Patienten.

Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung desAltonaer Kinderkrankenhauses waren und sind die dortarbeitenden Menschen. Ihr Können und Engagement,ihr liebevoller Umgang mit den Patienten und deren El-tern sowie die harmonische Zusammenarbeit im Teamaller Berufsgruppen und mit den niedergelassenen Kol-legen waren wichtig für den Erfolg und sorgten auch inschwierigen Zeiten für einen ganz besonderen Rückhaltin der Bevölkerung.

Besonders prägend für das AKK war der Arzt Bern-hard Grüneberg (1888–1934). 45 Jahre lang leitete er dasKinderkrankenhaus. Als Arzt, Mensch und Bürger vonAltona gehörte er zweifellos zu den „ganz Großen“.

In seiner Geschichte war die Existenz des AKK mehr-fach bedroht. Immer wieder halfen die Bürger, Politikerund verantwortliche Persönlichkeiten mit Spenden undGeschick. Immer war das Motto, wie im Festvortrag zum130-jährigen Jubiläum betont wurde: „Einfallsreichtumund Phantasie sind gefragt. Eingefahrene Gleise verlas-sen. Nicht starr verhalten, immer neue Wege beschrei-ten.“

Im Jahre 2003 war das AKK erneut in seiner wirt-schaftlichen Existenz bedroht. Wieder wurden neueWege beschritten. Ein Zusammenschluss mit dem UKE

In diesem Jahr feiert das Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) seinen 150. Geburtstag und ge-hört so nicht nur zu den größten und renommiertesten, sondern auch zu den ältesten Kin-derkliniken in Europa, die heute noch existieren.

Hospital -gebäude inder Großen

Wilhelminen-straße 11

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KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

617

(Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), das durchdiese Zusammenarbeit seine Position im Bereich Kinder-medizin ausbauen konnte, war die zukunftsträchtige Lö-sung.

Seit 2006 ist das AKK eine gemeinnützige GmbH, ander das UKE mit 94 Prozent und der Verein AKK von1859 e.V. mit 6 Prozent beteiligt sind. Seitdem werden imAKK wieder gute wirtschaftlich Ergebnisse erzielt.

Heute werden im AKK jährlich 10.000 Patienten sta-tionär und über 40.000 Patienten ambulant in den Abtei-lungen der Tagesklinik und besonderen Einrichtungenbehandelt:� Abteilung für Allgemeine Pädiatrie mit Schwerpunk-

ten Allergologie, Pneumologie, Diabetologie, Endo-krinologie

� Abteilung für Neonatologie und pädiatrische Inten-sivmedizin incl. Perinatalzentrum

� Kinderchirurgische Abteilung mit ambulantem Ope-rieren, Traumatologie und Kinderurologie

� Kinderorthopädische Abteilung (größte Kinderor-thopädie Deutschlands) incl. Neurochirurgie

� Kinder- und Jugendpsychosomatik� Pädiatrische Anästhesie� Pädiatrische Diagnostische Radiologie mit offenem

Hochleistungs-MRT� Neuro-orthopädische Rehabilitation in Kooperation

mit der Helios Klinik GeesthachtIn seinem Jubiläumsjahr kann das AKK optimistisch

in die Zukunft blicken. Gemeinsam mit dem UKE ent -wickelt sich das AKK zu einem der modernsten Kompe-tenzzentren für Kinder- und Jugendmedizin.

Ein Rückblick auf 150-jährige Geschichte des AKKzeigt, dass die Schwierigkeiten nie geringer gewordensind. Auch wenn heute komplexere Lösungsmöglichkei-ten möglich sind, sind Engagement von Sponsoren, För-derern und Stiftern, aber besonders das der Mitarbeiter,genauso dringlich wie vor 150 Jahren.

Quellen:

Literatur : – Festschriften des Altonaer Kinderkrankenhaus– Schümanns Hamburger, Band 31 „Das Kinderkran-kenhaus“

Dr. Rainer SüßenguthLtg. ÖffentlichkeitsarbeitFacharzt für Kinderheilkunde, NeonatologieVorsitzender Förderkreis AKKAltonaer KinderkrankenhausBleickenallee 38, 22763 HamburgTel. 040 - 88 908-111Fax 040 - 88 908-112E-Mail: [email protected] Red.: ge

Neubau mit Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach

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KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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� Tagungen

3.–6. Dezember 2009, FlorenzExcellence in PaediatricsInfo: www.excellence-in-paediatrics.org

21.–24. Januar 2010, LandshutSpezialseminar: Echokardiografie und Doppler -sonografie in der Neonatologie und PädiatrischenIntensivmedizinInfo: [email protected]

15.–18. April 2010, Bad Zwischenahn1st International Interdisciplinary PostgraduateCourse on Childhood CraniopharyngiomaInfo: www.kinderkrebsstiftung.de

23.–26. Juni 2010, Gürzenich KölnKIT 2010 – 10. Kongress für Infektionskrankheitenund TropenmedizinInfo: www.kit2010.de

22.–27. Juli 2010, LandshutSpezialseminar: Echokardiografie und Doppler -sonografie in der Neonatologie und PädiatrischenIntensivmedizinInfo: [email protected]

Juli 2010

April 2010

Juni 2010

Januar 2010

Dezember 2009

2.–4. Oktober 2009, FreiburgEuTEACH-Grundkurs der Deutschen Akademiefür Kinder- und Jugendmedizin e.V.Info: [email protected]

8.–11. Oktober 2009, LandshutSpezialseminar: Echokardiografie und Doppler -sonografie in der Neonatologie und PädiatrischenIntensivmedizinInfo: [email protected]

5.–7. November 2009, Norderstedt7. Deutscher Still- und LaktationskongressInfo: www.stillen.de

7. November 2009, MünchenTagessymposium: Kinderschlafmedizin kompaktInfo: [email protected] [email protected]

21. November 2009, BambergInterdisziplinäres Symposium „Gesichter der Sucht“Info: www.gesichter-der-sucht.de

27.–29. November 2009, MünchenInternationales und interdisziplinäres Symposium an-lässlich des 90. Geburtstages von Professor Dr. Dr. h. c.mult. Theodor HellbrüggeAktuelle Herausforderung der SozialpädiatrieInfo: Internationale Akademie für Entwicklungs- Rehabilitation und Theodor-Hellbrügge-Stiftung,Tel. 089/7193610

Oktober 2009

November 2009

� Praxistafel

Anzeigenaufträge werden grundsätzlich nur zu den Geschäftsbedingungen des Verlages abgedruckt,die wir auf Anforderung gerne zusenden.

Kinderärztliche Gemeinschaftspraxis sucht Weiter-bildungsassistent/in in Teilzeit zum Herbst 2009 imGroßraum Köln.

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Zuschriften unter Chiffre 1807 KJA 9/09 an den Verlag er-beten

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Käthe Steinitz schildert in ihren Erinnerungen anKurt Schwitters die Entstehungsgeschichte desersten gemeinsamen Buchs Hahnepeter: „Der

Hahnepeter ist in der Kinderstube entstanden. (...) KurtSchwitters diktierte die Geschichte in einem Zug gleichins reine, in meine Schreibmaschine hinein, unter Zuru-fen der Kinder, denen er die Geschichte sowieso erzählenwollte. Ich musste die Figuren mit Federhalter und Tintegleich „aufschreiben“, wie die Kinder sagten. Damitmeinten sie, ich solle sie zeichnen.“ Schwitters „ver-merzte“ diese Bildvorlagen, indem er sie teilweise zer-schnitt und neu zusammenfügte. „Dann kam Kurt mit ei-ner großen Schere“, erinnerte sich Käthe Steinitz, „undging den Zeichnungen zu Leib. Die Riesenschere machtedie sensiblen Konturen noch fester und sensibler –manchmal auch nicht. Aber da ich schnell und viel zeich-nen konnte, machte es mir gar nichts aus, dass Kurt an ei-nigen Zeichnungen herumschnitt. Er hatte schönesschwarzes Glanzpapier zur Stelle, klebte meine Zeich-nungen mit seinem Kleister auf den schwarzen Hinter-grund, und nun sahen sie wirklich wunderbar aus. Diesebearbeiteten Bilder wurden dann in den Text, der aus un-terschiedlich großen und aus verschiedenen Schrifttypenbestand, eingefügt und ergaben ein völlig neues Gesamt-bild, ein ungewohntes und ungewöhn liches Bilderbuch.Noch einmal Käthe Steinitz: „...bis der Hahnepeter ausdem Ei kam und freundlich Guten Tag sagte. Er stand aufeinem Bein, das genau wie ein Kreisel war, und hintenhatte er einen Propeller. Seite zehn zeigt in dramatischerTypografie im Detail diesen Körperteil des Hahnepeters,den ich aus einem Maschinenkatalog genau abgezeichnethatte, und nun folgte der lapidare Satz „Wenn wo neSchraube ist, muss man daran drehen“. Hans Ries hatdiese außergewöhnlichen Bildergeschichten prägnantbeschrieben: „Die skurrilen, Kinder gewiss erheiternden,wenn auch nicht ohne Warum entlassenden Geschichtenhaben kein Eigengewicht, sonder beziehen ihren Reiz ausder Darbietung, die durch und durch eine typografische

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Es ist trotz des Weltruhms von Kurt Schwitters der Öffentlichkeit nur am Rande bewusst, dass er– zusammen mit Käthe Steinitz – Mitte der 20er-jahre des letzten Jahrhunderts völlig neuartige,ausgefallene Bilderbücher „gemacht“ hat. Es sind insgesamt drei Titel, die unter der MERZnum-mer 12 Der Hahnepeter, 14/15 Die Scheuche und 16/17 Die Märchen vom Paradies in sein Werk-verzeichnis eingegangen sind. MERZ steht dabei für die letzte Silbe von KomMERZ und ist dasMarkenzeichen des Dichters von Anna Blume und des Schöpfers von aus Gegenständen desAlltags zusammengefügten Bildern. Für Schwitters war es völlig selbstverständlich und unbe-denklich, in diesen Schöpfungskreis gleichberechtigt auch seine Bilderbücher aufzunehmen. Dr. Roland Stark

Kurt Schwitters und Käthe Steinitzrevolutionieren das Kinderbuch

Magazin619

Veranstaltung, eine Zirkusnummer aus dem Setzkastenist. Jedes Buch wirkt wie ein erfrischender Schabernack,mit dem die Disziplin der Offizinen gezüchtigt wird. Undganz beiläufig wird auch der bürgerliche Begriff vomschönen Bilderbuch (bunte Farbe, liebliche Bilder,prächtiger Einband, Glanzpapier) liquidiert. Der Cha-rakter des Spielerischen, den das Ganze hat, liegt nahe andem improvisierter Kinderspiele, bei denen zu Zünd-holz- und Stäbchenlegen selbst in irgendwelche Ge-schichten zusammenreimen.“

Es ist eigentlich selbstverständlich, dass diese Bücherkeinen Erfolg hatten. Kein Verlag wollte den Hahnepetermit seiner völlig ausgefallenen Typografie publizieren; soveröffentlichte Kurt Schwitters die 16 Blatt in Rot undSchwarz mit farbigen Illustrationen in einer Auflage von100 Exemplaren in seinem eigenen Merzverlag. Dada wareben immer noch eine „Un sinnskunst“ für das breite Pu-blikum, die Häschenschule von Fritz Koch – Gotha mit ih-ren vermenschlichten Hasen kam da den Erziehungsvor-

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stellungen der Bürgerlichkeit der Weimarer Republiksehr viel näher. Ein zeitgenössischer Rezensent namensKarl Rößger hat das Frappante der Bücher vonSteinitz/Schwitters nach einem Besuch der Internationa-len Buchkunst Ausstellung in Leipzig 1927 sichtlich be-eindruckt beschrieben: „Kurt Schwitters mit seinen Bü-chern vom „Hahnemann“ (sic!) und der „Scheuche“endlich steht völlig isoliert in dem Kreise. Schon inhalt-lich und textlich bietet er Ungewohntes. Technik und

Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Märchen verbindet er mit verblüffender Unbekümmert-heit und erzählt in einer Sprache, die wir bisher ablehn-ten. (...) Das ganze könnte uns zu schnellem, schroffemWiderspruch reizen, wenn uns nicht hinter den Blätterndes gewiss jungen Autors die nicht gerade respektvolle,aber ernste Frage erschiene: – Ist nicht die um mich he-rum sich breitmachende Naturseligkeit und Naturbesee-lung etwas antiquiert und unecht? –. Als Berichterstattermöchte ich darüber nichts ausmachen, aber raten, dieseWerkchen (Apoßverlag, Hannover) grundsätzlich zuprüfen und mit ihnen und der Großstadtjugend zu expe-rimentieren.“ Da hatte jemand Zivilcourage, gegen dieBeliebigkeiten des Bilderbuchmarktes zu empfehlen. Ernennt auch den Verlag, dessen Wortbildung sich zusam-mensetzt aus A= aktiv, p= paradox, os= ohne Sentimen-talität, s= sensibel. Aber der Appell an die Neugier bliebohne Widerhall – das breite Publikum verweigerte sichdurch fehlende Kenntnisnahme.

Die Märchen vom Paradies sind nach dem ZweitenWeltkrieg als Reprint wieder aufgelegt worden, aber dasEcho war nicht viel größer als 1927. Das hat den Insel Ver-lag nicht entmutigt, das im Exil in New York von KateSteinitz gemalte und getextete Kinderbuch Billy aus demNachlass herauszugeben. Es ist zu kaufen, anzusehen undzu lesen. Und man staunt noch heute über die Courage,ausgetretene Pfade zu verlassen und das Andere zu ma-chen. Kinder würden und werden es als selbstverständ-lich empfinden. Weil Kinder nicht die Scheuklappen derBildung anhaben (Kate Steinitz, Billy, Insel Verlag, 2008).

Dr. Roland StarkSilcherstr. 2171686 Remseck Red.: ge

Zentraler Vertreternachweis des Berufsverbandesder Kinder- und Jugendärzte e.V.

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E-Mail: [email protected]

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einenWeiterbildungsassistenten

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Magazin622

Beliebter Würzburger Kinderarzt Dr. Harald Zoepffel wurde 80 Jahre

Die Behandlung von kranken Kindernund die vorsorgende Betreuung gesunderKinder und ihrer Eltern auf hohem Niveaumit Hilfe moderner Technik, vor allemaber mit Herz und Engagement, war fürviele Jahrzehnte das Anliegen des Kinder-arztes Dr. Harald Zoepffel aus Würzburg,der am 5. August diesen Jahres 80 Jahre altwurde.

Die Pädiatrie wurde ihm sozusagen indie Wiege gelegt, beide Eltern waren be-kannte Würzburger Kinderärzte, die ganzwesentlich für den Aufbau der jetzigenKinderklinik am Mönchberg verantwort-lich waren und diese viele Jahre geleitet ha-ben.

Nach Schule und Studium in Würz-burg, Bonn und Berlin absolvierte der Jubilar zuerst eine chirurgische Ausbil-dung, bevor er ab 1961 eine Ausbildungzum Facharzt für Kinderheilkunde in derUniversitäts-Kinderklinik Würzburg an-trat.

1965 übernahm er die seit 1920 beste-hende Kinderarztpraxis seiner Eltern undbetreute die Neugeborenenstation einerEntbindungsklinik. Sehr früh befasste sichHarald Zoepffel mit der nach 1980 sichrasch entwickelnden Methode der Ultra-schalldiagnostik, deren Einführung in diePraxis des Kinderarztes ihm ein großes An-liegen war. Besonders hat er sich für dieHüftgelenksonografie bei Neugeborenen

und jungen Säuglingen eingesetzt undviele Kinder- und Jugendärzte in Kursenund Qualitätszirkeln ausgebildet. Mit die-ser mittlerweile allgemein akzeptiertenMethode kann z. B. die früher so gefürch-tete Veranlagung zur angeborenen Hüftge-lenksluxation frühestmöglich erkannt unddurch konsequente Behandlung verhin-dert werden. Bis 2007 war er Prüfarzt fürdie Ultraschall-Zertifizierung bei der KVBayern.

1996 organisierte er aus Anlass des 75-jährigen Praxisjubiläums ein Symposium,das u.a. von den Professoren Klaus Betke,Wilhelm Künzer und Helmut Bartels ge-staltet wurde – heute wird die Praxis amKürschnerhof von seiner Tochter, Frau Dr.Gabriele Lieb, ganz im Sinne des Vaters,weitergeführt.

Ein weiteres großes Verdienst des Jubi-lars ist die Pflege des kollegialen Austau-sches zwischen den Kinderärzten in derPraxis und in der Klinik. Nicht zuletzt aufseine Initiative, die von dem früheren Di-rektor der Univ.-Kinderklinik, ProfessorBartels, aufgenommen wurde, finden bisheute regelmäßig einmal pro Monat amSamstagvormittag eine gemeinsame Visiteund ein Erfahrungsaustausch statt. Dafürladen in der Vorweihnachtszeit die nieder-gelassenen Kinderärzte die Kollegen ausder Klinik zu einem geselligen Mittagessenein, das von Harald Zoepffel viele Jahre

organisiert und humorvoll moderiertwurde.

Neben seinem beruflichen Engagementhat Harald Zoepffel viele Hobbys – seit sei-nem 10. Lebensjahr ist er aktiver Reiterund Ehrenmitglied des Würzburger Rei-ter- und Fahrvereins, er lernt verschiedeneFremdsprachen, geht auf die Jagd und be-schäftigt sich mit der Würzburger Stadtge-schichte. 2007 gab er ein Buch mit Farbfo-tografien seines Vaters unter dem Titel:„Würzburg 1943–1945 – Bilder aus einerversunkenen Zeit“ heraus. Seit 1983 pflegter intensive Kontakte nach Estland, wo dasGeburtshaus seines Vaters von ihm in einefunktionsfähige Schule umgestaltet wurde.

Prof. Dr. H.M. StraßburgUniversitäts-KinderklinikÄrztlicher Leiter des SPZ „Frühdiagnosezentrum“Präsident der DGSPJJosef Schneiderstr. 297080 WürzburgTel. 0931/201 27709Fax 0931/201 27858Email: [email protected]

Red.: ge

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In diesen Monaten befragtdie ArbeitsgemeinschaftLA-MED Kommunikations-forschung im Gesundheits-wesen e.V. Sie und Ihre

Kollegen zum Leseverhal-ten und zu Ihren Präferen-zen in der Fachpresse.

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Magazin623

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Wir gratulieren zum Geburtstagim Oktober 2009

65. Geburtstag

Herrn Dr. med. Peter Lauterbach, Winnenden, am 01.10.Herrn MR Dr. med. Dirk Ermisch, Werdau, am 05.10.Herrn Dr. med. Hans D. Thaben, Coburg,am 09.10.Herrn Dr. med. Karl Werner Weigel, Karlstadt, am 09.10.Frau Gabriele Giesel, Zörbig, am 13.10.Frau Dr. med. Sabine Groß, Lübbecke,am 13.10.Frau Dr. med. Heidi Pechmann, Dingel-städt, am 13.10.Frau Dr. med. Edeltraud Miller-Pfeil,Queidersbach, am 15.10.Frau Dr. med. Gisela Wittig, Zachow,am 16.10.Frau Dr. med. Siegrun von Loh, Leipzig,am 19.10.Herrn Dr. med. Heiner Brandl, Passau,am 22.10.Herrn Dr. med. Johannes Burgemeister,Neustadt, am 22.10.Frau Dr. med. Vera Dietz, Küsnacht,am 25.10.Frau Dr. med. Irmela Wagemannv. Lucadou, Titisee-Neustadt, am 28.10.Frau Waltraud Richter, Kloster Lehnin,am 29.10.Frau Dr. med. Helgard Goßmann, Neuburg, am 31.10.

70. Geburtstag

Frau Dr. med. Gudrun Kelber, Lüneburg,am 03.10.Frau Dr. med. Annebärbel Jungbluth, Berlin, am 04.10.Frau Dr. med. Brigitte Böhm,Bad Kösen, am 05.10.Frau Dr. med. Wieslawa Lacheta, Erkrath,am 12.10.Herrn Dr. med. Hans Jörg Lehr, Düssel-dorf, am 13.10.Frau Dr. med. Edelgard Elliger, Bochum,am 14.10.Frau Erika Fröbel, Heven, am 17.10.Herrn Dr. med. Hans Fritzenkötter, Lütjenburg, am 18.10.Herrn MR Dieter Schmidt, Oschersleben /OZ. Neindorf, am 18.10.Frau Dr. med. Erika Weber, Erfurt,am 19.10.Herrn Dr. med. Rolf Parentin, Treuen,am 22.10.

Frau Dr. med. Ute-Brigitte Rupf, Uhldingen-Mühlhofen, am 23.10.Herrn Prof. Dr. med. Dietrich Niethammer, Tübingen, am 24.10.Herrn Dr. med. Peter Bansbach, Stuttgart,am 25.10.Frau Dr. med. Heide Nusselt-Bieg, Koblenz, am 30.10.

75. Geburtstag

Frau Dr. med. Karin Bohn, Saarbrücken,am 04.10.Herrn Dr. med. Helmut Niederhoff, Stegen, am 17.10.Herrn Dr. med. Hans-Peter Mueller,Obernburg, am 24.10.Herrn Dr. med. Albrecht Nickel, Schenefeld, am 26.10.Herrn Dr. med. Helmut Schumacher,Kleve, am 26.10.

80. Geburtstag

Herrn Dr. med. Maschallah Mogharei,Heikendorf, am 07.10.Herrn Dr. med. Med. Dir. Josef Menke,Düsseldorf, am 10.10.Herrn Dr. med. Peter Hansen, Kassel,am 16.10.Frau Dr. med. Ingeborg Fuchs, Würzburg,am 27.10.

81. Geburtstag

Herrn Dr. med. Heinrich Brückner, Frankfurt/Oder, am 20.10.

82. Geburtstag

Frau Sabina Jankowska-Wozniak, Marl,am 26.10.

83. Geburtstag

Herrn Prof. Dr. Dr. Hans WernerRotthauwe, Alfter, am 16.10.

84. Geburtstag

Frau Dr. med. Karola Schulz, Ebersberg,am 09.10.Herrn Dr. med. Joseph Diefenthal, Köln,am 17.10.Frau Med.-Dir.Dr. med. a.D. Ursula Meyer, Mönchengladbach, am 22.10.

86. Geburtstag

Frau Dr. med. Klara Reichenbach, Offenburg, am 14.10.

87. Geburtstag

Frau Dr. med. Mariatherese Wolf, Bodenheim, am 18.10.

Herrn Dr. med. Ludwig Brockhaus, Lübeck, am 28.10.Frau Dr. med. Hilde Kimpen, Lahnstein,am 30.10.

88. Geburtstag

Frau Dr. med. Elisabeth Schlungbaum,Berlin, am 03.10.Herrn Dr. med. Werner Gützlaff, Lübeck,am 19.10.

89. Geburtstag

Frau Dr. med. Barbara Lindscheid, Hattingen, am 02.10.Frau Dr. med. Barbara Christ, Lippstadt,am 10.10.Frau Dr. med. Margot Zimmermann, Coburg, am 18.10.

90. Geburtstag

Frau Dr. med. Eleonore Geßner, Lörrach,am 02.10.Herrn Prof. Dr. med. Theodor Hellbrügge,München, am 23.10.Herrn Dr. med. Horst Prenzel, Hamburg,am 30.10.

91. Geburtstag

Herrn Dr. med. Arthur Kaiser, Hirsch-berg, am 02.10.Herrn Dr. med. Rudolf Schulz, Vlotho,am 08.10.Frau Dr. med. Irmgard Wilmanns, Bielefeld, am 18.10.

95. Geburtstag

Herrn Dr. med. Hans H. Berthold, Bayreuth, am 22.10.Herrn Prof Dr. med. Dr. h.c. Klaus Betke,Gräfeling, am 30.10.

99. Geburtstag

Frau Dr. med. Therese Hoppe, Berlin,am 22.10.

Wir trauern um:

Herrn Dr. med. Horst Bergmann, Duisburg

Frau Christa Eggemann, Wernigerode

Frau Dr. med. Margitta Förster, Dresden

Herrn Dr. med. Rolf Wenzel, Ulm

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Magazin624

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Als neue Mitglieder begrüßen wir

Landesverband Baden-Württemberg

Herrn Dr. med. Andreas SchmidtHerrn Dr. med. Michael FischerFrau Dr. med. Ilka MilschFrau Dr. med. Silke GlienkeFrau Karin Kunkel

Landesverband Bayern

Herrn Dr. med. MPH (postgrad)Gunther Döring

Herrn Dr. med. Matthias BierlerHerrn Dr. med. Stefan SchwarzHerrn Christian BeckerFrau Dr. med. Hajni Gabriele Graf

Landesverband Berlin

Frau Katrin GroßFrau Katharina DonathFrau Nadja ZüfleFrau Dr. med. Cynthia Moreau

Landesverband Brandenburg

Frau Dr. med. Kerstin Kowalzik

Landesverband Hamburg

Frau Judith PrescherFrau Dr. med. Annette LingenauberFrau Katie Steidten

Landesverband Hessen

Frau Dr. med. Christiane DaanayFrau Dr. med. Sabine PfefferFrau Satiye Ilhan

Landesverband Niedersachsen

Frau Dr. med. Annette HenzeFrau Dr. med. Katia HarzFrau Dr. med. Corinne MühlhoffHerrn Stefan Arens

Landesverband Nordrhein

Herrn Roland SchwarzFrau Saskia van OoyHerrn Nikolaus Freiherr von Heereman

Landesverband Rheinland-Pfalz

Frau Jannet GielenFrau Tanya Wild-BognerFrau Kathrin Baron

Frau Christine SchirberHerrn Dr. med. Wolfram Krämer

Landesverband Sachsen

Frau Heike KöhlerFrau Ellen BöttcherFrau Dr. med. Kathleen KunzeFrau Katja MeixnerFrau Ulrike SeidelFrau Marlen ZurckHerrn Simon Lobstein

Landesverband Sachsen-Anhalt

Frau Dr. med. Silvia Rüprich

Landesverband Schleswig-Holstein

Frau Jeannine RübbertFrau Anja Seiler

Landesverband Thüringen

Herrn Enrico Ullmann

Landesverband Westfalen-Lippe

Frau Jana ÖsterlingFrau Dr. med. Silke Zilles

„kinderkrankenschwester“ ist das Organ des Fachausschusses Kinderkran-kenpflege der Deutschen Gesellschaft für Sozial pädiatrie und des Berufs-verbandes Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. und kann zum Jahres-abonnementpreis von € 29,50 oder zum Einzelpreis von € 2,95 (inkl. MwSt.zzgl. Versandkosten Inland € 4,10) beim

Verlag Schmidt-Römhild, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, bestellt werden.

VORSCHAU

Für das Oktober-Heft 2009 sind u.a. vor gesehen:

PflegepraxisKindesmisshandlung, Teil III

Mensch und TierTiergestützte Therapie in der Klinik

Mensch und TierTiergestützte Therapie mit einem Hund

Klinische FortbildungVerzögerte Sprachentwicklung bei der U7

Klinische FortbildungAngeborene Herzfehler

ErnährungZusatzstoffe in Nahrungsmitteln

Aus Wissenschaft und ForschungAntimikrobielle Venenkatheter

Inhaltsangabe Heft 09/09

PädagogikSpielen: Grundform des Lebens

EthikZertifikate und Siege

Aus Wissenschaft und ForschungDie Lokaltherapie infizierter undinfektions gefährdeter chronischer Wun-den mit silberhaltigen Wundauflagen

PflegepraxisChronisch krank, eine lebenslange Aufgabe, Teil III

Ambulante KinderkrankenpflegeZwischen emotionalem Engagement undprofessioneller Distanz

ErnährungVitamin B12-Mangel

InterviewInterview Prof. Holsboer

Ferner: Berufsverband, Berufs- undRechtsfragen, Hinweise, Prävention,Erlebnisbericht, Aus Wissenschaftund Forschung, Ernährung, Aktuel-les, Bücher hinweise, Termin kalenderund Stellenmarkt

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Nachrichten der Industrie625

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Pädindex

Praxiseinrichtungen Sehtest

Obwohl die aktuelle Deutsche Mund-gesundheitsstudie (1) zeigt, dass Kariesweiter auf dem Rückzug ist, betrifft diesvornehmlich bleibende Zähne. Im Milch-gebiss ist der Rückgang relativ gering: Sohaben etwa 15 % aller Dreijährigen bereitsdrei bis vier kariöse Zähne. Schon imKleinkindalter ist es daher wichtig, dassder Kinderarzt die Eltern im Rahmender gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungenauch für eine konsequente Kariesprophy-laxe sensibilisiert, betont Professor UlrichSchiffner, Hamburg, von der DeutschenGesellschaft für Kinderzahnheilkunde(DGK).

Motivation durch denKinderarzt

Gerade in sozial schwächeren Schichtenkommt Mundhygiene oft zu kurz. So gibtes noch immer Kinder, die bis zum Schul-eintritt keine eigene Zahnbürste haben.Nach Überzeugung von Professor Schiff-ner sollte deshalb der Kinderarzt als kom-petenter Ansprechpartner die Eltern dazumotivieren, die Kleinen schon weit vor derEinschulung erstmals beim Zahnarzt vor-zustellen, um frühzeitig Zahnschäden vor-zubeugen. Dafür sind jene Zahnärzte am

besten qualifiziert, die auf die Behandlungvon Kleinkindern spezialisiert sind.

Einfache Regeln für gesundeZähne

Von Anfang an sollte den kleinen Pa-tienten auch in der Kinderarztpraxis das Aund O der Mundpflege ans Herz gelegtwerden: Zweimal täglich mit fluoridhalti-ger Zahnpasta die Zähne putzen! Undwenn unterwegs keine Zahnbürste griffbe-reit ist, hilft auch ein Zahnpflegekau-gummi. Mit speziellen Kaugummis fürKinder lässt sich besonders gut zur Zahn-pflege zwischendurch motivieren. Durchdas Kauen wird der Speichel angeregt, dasWegspülen von Nahrungsresten wird un-terstützt und aggressive Säuren werdenneutralisiert. Besonders nach zuckerhalti-gen Mahlzeiten, wenn das Kariesrisiko amgrößten ist, empfiehlt sich zuckerfreierKaugummi. Professor Schiffner kann die-sen Rat nur bestätigen: „Zahnpflegekau-gummi gehört nach heutigem Kenntnis-stand zu einer umfassenden Mundhy-giene. Wissenschaftlich ist breit belegt,dass Kaugummikauen helfen kann, dasKariesrisiko um bis zu 40 % zu reduzie-ren.“(2,3)

Gesunde Milchzähne –auch in der Verantwortungdes Kinderarztes

Zahnpflegekaugummi zwischendurchhilft, Karies vorzubeugen.

(Foto: Wrigley Oral Healthcare Programs)

Quellen:

1. DMS IV 2006, Institut der Deutschen Zahnärzte,Deutscher Zahnärzteverlag 2006.

2. D. Kandelman und G. Gagnon: Klinische Studieüber 24 Monate zur Inzidenz und Progredienzder Zahnkaries in Bezug auf die Verwendungvon xylithaltigen Kaugummis im Rahmen derschulischen Gruppenprophylaxe. J Dent Res 69(11): 1771-1775, November, 1990.

3. K.K. Mäkinen, P.P. Hujoel, C.A. Bennett, K.P. Iso-tupa, P.-L. Mäkinen, P. Allen: Polyol-Kaugum-mis und Karieshäufigkeit im Milchgebiss: Ko-hortenstudie über 24 Monate. Caries Res 1996;30:408-417.

Hinweis: Nähere Informationen unterwww.wrigley-dental.de

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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Die wichtigsten Ergebnisse deraktuellen DONALD-Studien-Aus-wertung

Der Vollkornverzehr von Kindern liegtbei nur 20–30 Gramm pro Tag bei einerempfohlenen Menge von 100–125 Grammfür 7–12-Jährige und 150 Gramm für13–18-Jährige. Je älter die Kinder werden,desto weniger häufig entscheiden sie sichfür Vollkornprodukte. Die meisten Voll-kornprodukte essen Kinder zum Früh-stück und zum Abendessen. „Das hängtdamit zusammen, dass Brot immer nochdie Hauptquelle für Vollkornzufuhr ist.Dementsprechend werden bei den beiden„Brotmahlzeiten“ die meisten Vollkorn-produkte verzehrt“, so die Ernährungsex-pertin vom Forschungsinstitut für Kinder-ernährung Dortmund (FKE). Es gebe abereine ganze Reihe anderer vollkornhaltigerProdukte wie Nudeln, Cerealien, Reis,Müsli, Kekse und Backwaren, die noch zuwenig gegessen werden.

Vollkornprodukte sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer gesunden, ausgewogenen Ernährung. Doch deutsche Kinderund Jugendliche essen zu wenig Vollkornprodukte. Der Verzehr deckt nicht einmal ein Drittel der täglich wünschenswertenMenge. Dies ist das Ergebnis einer von Nestlé Cereal Partners Deutschland beauftragten Auswertung der DONALD-Studie.1

Aktuelle Studie zeigt: Kinder essen zu wenig Vollkornprodukte

Themenwochen „Fit mit Vollkorn“ – Machen Sie mit!

„Fit mit Vollkorn“ – Start derThemenwochen im September2009

„Fit mit Vollkorn“ heißt deshalb dieDevise der Themenwochen, wenn NestléCereal Partners, die Stiftung Lesen und dieDeutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrieund Jugendmedizin e. V. (DGSPJ) ab Sep-tember auch im Wartezimmer aktiv wer-den. An der Aktion können sich alle Kin-der- und Jugendärzte beteiligen und Infor-mationsmaterialien bestellen: die Bro-schüre „In Vollkorn steckt viel drin“ zurWeitergabe an interessierte Eltern und ihreKinder und ein Poster zur Ankündigungder Aktion im Wartezimmer.

Die Broschüre „In Vollkorn steckt vieldrin“ ist in Zusammenarbeit mit der Stif-tung Lesen entstanden und enthält vieleAnregungen rund um das Thema „ge-sunde Ernährung mit Vollkorn“. Ernäh-rungsexpertin Dr. Mathilde Kersting vom

Forschungsinstitut für Kinderernährung(FKE) gibt wichtige Hinweise zur Auswahlvon Vollkornprodukten, die durch die ak-tuelle Auswertung der DONALD-Studiegestützt werden. Hinzu kommen zahlrei-che Ideen zu Bewegungsspielen und span-nende Buchtipps.

Möchten Sie mitmachen? Dann bestel-len Sie die Broschüre „In Vollkorn stecktviel drin“ und das A1-Poster. Ein Bestell-formular und weitere Informationenstehen für Sie zum Download unterwww.fitmitvollkorn.de bereit oder rufenSie uns an unter 0 221 / 91 27 19 - 526.

Quellen

1 Die seit 1985 am Forschungsinstitut für Kinder-ernährung Dortmund (FKE) durchgeführteLangzeitstudie ermittelt anhand von jährlich er-stellten 3-Tage-Wiegeprotokollen die Ernäh-rungsgewohnheiten von Säuglingen, Kindernund Jugendlichen. Die Resultate spiegeln die Er-nährungsgewohnheiten deutscher Kinder wi-der.

Kontakt:

Heike BaloghPublicis HealthBrückenstraße 2150667 KölnTel.: 0 221 / 91 27 19 - 526Fax: 0 221 / 91 27 19 - 726E-Mail: [email protected]

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Rotaviren lösen bei Säuglingen undKleinkindern schwerste Durchfallserkran-kungen mit Erbrechen aus, mit teilweise le-bensbedrohlichen Flüssigkeitsverlusten.Der wirksamste Schutz gegen Rotaviren istdie Schluckimpfung. In Österreich, Bel-gien, Luxemburg und den USA wird dieRotavirus-Impfung bereits seit 2006/07allgemein empfohlen.

Deutschland: Zahl der Rotavirus-Infektionen mehr als verdoppelt

Die Zahl der Erkrankungen durch Ro-taviren haben sich bundesweit im Verlaufvon vier Jahren mehr als verdoppelt. LautRobert-Koch-Institut (RKI) litten 2007bereits 77.336 Menschen an Durchfalldurch Rotaviren, 2004 waren es mit 37.789noch weniger als die Hälfte. Nach Datendes RKI starben in Deutschland in den Jah-ren 2004 bis 2007 jeweils zwischen vier undacht Menschen an Rotaviren – nicht nurSäuglinge, sondern vor allem auch ältereMenschen über 70 Jahre. In Sachsen wirddie RV-Impfung bereits als Standardimp-fung seit dem 1.1.2008 anerkannt. DieSächsische Impfkommission begründetihr Handeln mit der hohen Krankheitslastdurch diesen hoch ansteckenden Durch-fallerreger für Kinder bis zum fünftenLebensjahr. 2009 folgte das Land Branden-burg, kürzlich Mecklenburg-Vorpom-mern. Bundesweit wird die Schluckimp-fung bisher nur von wenigen Kassen er-stattet (z.B. TK). Auf der Internetseite derKinderärzte (http://www.kinderaerzte-im-netz.de) finden interessierte Ärzte, di-rekt über einen Button auf der Startseiteverfügbar, aktuelle Infos und zumDownloaden für ihre Patienten Anträgefür die Kassen.

WHO empfiehlt weltweite Impfung für Säuglinge

Rotaviren sind auch laut WHO eine derführenden Ursachen für schwere Durch-fallerkrankungen bei Säuglingen undKleinkindern bis zum zweiten Lebensjahr

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Rotavirus-Gastroenteritiden (RVGE): Aktuelle Daten aus Afrika und Asien belegen für Rotarix® eine hohe Effektivität gegen-über den unterschiedlichsten Stämmen dieser hoch ansteckenden Virusinfektion – auch bis drei Jahre nach Impfung. AndereStudien zeigen für Europa eine Halbierung der schweren Durchfallerkrankung nach der Einführung nationaler Impfpro-gramme, so das Fazit auf der diesjährigen Tagung der ESPID (European Society for Paediatric Infectious Diseases) in Brüsselzum Thema Rotavirusinfektionen.

Nachrichten der Industrie627

ESPID 2009: Rotavirus-Impfung – ein Update

weltweit, deshalb sollten Kinder nach An-sicht der Weltgesundheitsorganisation(WHO) in allen Teilen der Welt gegen Ro-taviren geimpft werden. An diesen Durch-fallerregern sterben jedes Jahr 500 000 Kin-der, zwei Millionen müssten deswegen insKrankenhaus, warnte die WHO kürzlich.Mehr als 85 Prozent der Todesfälle gebe esin den Entwicklungsländern von Afrikaund Asien. Dass auch in diesen Schwer-punktländern die Impfung sehr effektiv ist,konnten vielfältige Studien des Impfstoff-spezialisten GlaxoSmithKline zeigen, dieauf dem diesjährigen ESPID (EuropeanSociety for Paediatric Infectious Diseases)in Brüssel erstmals präsentiert wurden.

Afrika: Hohe Effektivität nach7 Monaten und einem Jahr

In einer doppelblind, plazebokontrol-lierten Multizenterstudie randiomisiertedie Arbeitsgruppe um Prof.S. Madhi (Witwatersrand,Südafrika) 4939 gesundeSäuglinge in Malawi undSüdafrika (1). Sie erhieltenentweder zwei oder drei Do-sen Rotarix® oder Plazebo,jeweils kombiniert mit den indiesem Alter üblichen Imp-fungen.

Die Effektivität der Imp-fung wurde mit ≥ 11 Punkten(von 20) der Vesikari-Scalaangesetzt, bewertet in einerEpisode von zwei Wochennach der letzten Dosis bis hin

zum ersten Geburtstag. Während der imSchnitt 7,6 Monate Beobachtungszeit tra-ten bei den Verumgruppen 1,9% Rotain-fektionen auf, in der Plazebogruppe 4,9%.Ob zwei oder drei Impfdosen gegebenwurden, machte keinen Unterschied. „Auf-grund dieses Ergebnisses unserer Studie,die eine Effektivität der Impfung von61,2% in Afrika zeigte – einem Land mitsehr hoher Rotavirus-Belastung – wirdnun auch durch die WHO Strategic Advi-sory Group of Experts (SAGE) eine welt-weite Impfung postuliert,“ erklärte Prof. S.Madhi in Brüssel (Abb. 1).

In einer weiteren Analyse (2) der gro-ßen Studie wurden die einzelnen Rotavi-rus-Stämme genauer ausgewertet: G1zeigte die höchste Prävalenz in Südafrika,G12 in Malawi (Abb. 2). Bei G2 lag die Ef-fektivität der Schluckimpfung bei 79,2%,bei G12 bei 51,5%. Die Gesamtanalysezeigte, dass alle neun relevanten Rotavirus-stämme in Afrika durch die Impfung gutabgedeckt werden und schwere Fälle vonRVGE im ersten Lebensjahr signifikant re-duziert werden konnten.

Und wie sieht dies in Europa aus?

Eine belgische Arbeitsgruppe präsen-tierte auf dem ESPID eine retrospektiveUntersuchung über die Auswirkung desnationalen Impfprogrammes gegen Rota-

Abb. 1: Effektivität der Impfung im ersten Le-bensjahr

Verhinderte schwere RVGE-Infektionen inSüdafrika und Malawi

100

9080706050403020100

Kein signifikanter Unterschied zwischen 2maliger oder 3maligerImpfstoffgabe (p = 0.686)

Vacc

ine

effic

acy

(%)

Pooled vaccine groups Pooled 2-dose groups Pooled 3-dose group(n=2974) (n=1496) (n=1478)

61,2 58,7 63,7

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

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viren (3): Die Zahl der schwerwiegendenRotavirusinfektionen konnte halbiert wer-den. Hierzu wurden die belgischen Datenvon Oktober 2005 bis Mai 2006 (vor Impf-programm) mit denen von Oktober 2007bis Mai 2008 verglichen: Nach Einführungder Impfung wurden 50% weniger Rota-positive Stuhlproben detektiert, zudemwar der Peak der stärksten Verbreitung ver-zögert (April statt März).

3-Jahres-Daten aus Asien zeigenhohe Effektivität

Wichtig sind jedoch nicht nur die Datenein Jahr nach Impfung: Wie sieht es nachdrei Jahren aus, besteht auch da noch einausreichender Schutz?

Diese Frage konnten K.B. Phua undKollegen aus Singapur eindeutig bejahen:Sie beobachteten 8687 asiatische Kinder,die entweder zwei Dosen Rotarix® oderPlazebo erhalten hatten (4). In der Verum-gruppe trat kein Fall einer schwerwiegen-den Rotavirusinfektion auf, bei Plazebo 14Fälle. „Dies ist eine Effektivität von 100%

auch drei Jahre nach derImpfung“ fasste Prof. K. B.Phua seine Ergebnisse aufeinem Pressegespräch inBrüssel zusammen.

Frühchen profitierenauch von der Imp-fung

Gerade für europäischeÄrzte ist eine weitere, aufdem ESPID präsentierteStudie hoch interessant.Auch „Frühchen“ profitie-ren von der Rotarix®-Impfung und können sieproblemlos verabreicht

Arztbrief:Diagnose Gastroenteritis,Rotavirus positiv

Der Gießener Pädiater erlebte selbst ei-nen schweren Fall einer Rotavirusinfektionin seiner Praxis: „Der acht Monate alteJunge wurde am Montag früh in die Praxisgebracht. Schon am Empfang konnte mansehen in welch schlechtem Allgemeinzu-stand sich das Kind befand – es war grauund apathisch. Das Erscheinungsbild undder Bericht der Mutter wies eindeutig aufeine Entgleisung der Blutwerte hin. ....Wirdachten zwar nicht sofort an Rotaviren, sa-hen es aber als absolut notwendig an, dasKind sofort in die Notaufnahme bringenzu lassen.“ Dort wurde es sofort intensiv-medizinisch behandelt – die Diagnose lau-tete „Gastoenteritis (Rota positiv), hyper-tone Dehydratation, Elektrolytentgleisungmit Hypernatriämie und Hypokaliämie“(siehe Arztbrief auf Seite ••••). „Das Kindmusste sieben Tage in der Klinik verblei-ben, bis es einigermaßen stabilisiert wiedernach Hause entlassen werden konnte!“

In der Gießener Gemeinschaftspraxiswird das Thema Impfen groß geschrieben:Wenn Eltern die von der STIKO empfohle-nen Impfungen nicht zulassen wollen,müssen sie sich leider einen anderen Kin-derarzt suchen – schon allein zum Schutzderjenigen Kinder, die aufgrund des Altersnoch nicht geimpft werden dürfen. „DasThema Rotavirus-Impfung sprechen wirbereits bei der U3 mit einem gesondertenInformationsblatt an – doch wenn sich El-tern dagegen entschließen, betreiben wirhier keine Ursachenforschung. Allerdingsweisen wir sie darauf hin, dass wir denImpfstoff immer vorrätig haben, sie sichdas Ganze also daheim in Ruhe nochmalsüberlegen können... . Und seit wir den ano-nymisierten Arztbrief der Klinik haben,nutzten wir auch dieses Instrument.“

Wichtig sei, den Eltern klar zu machen,dass dies keine Infektion nur in Entwick-lungsländern sei, sondern auch in einerGießener Praxis vorkäme. „Dieser Arzt-brief des Klinikums wirkt sehr viel ein-drücklicher als das Zitieren von Fachlitera-tur – Stichwort Authentizität!“ so Gamer-dinger abschließend.

Literatur

(1) Cunliffe NG et al. Poster 28. ESPID 2009

(2) Neuzil K et al. Abstract 820. ESPID 2009

(3) Strens D. et al., Abstract 652. ESPID 2009

(4) Phua K.B. et al., Abstract 599, ESPID 2009

(5) Omenaca F. et al., Abstract 594, ESPID 2009

bekommen. F. Omenaca aus Madrid zeigteeine plazebokontrollierte Studie mit 1008Frühgeborenen (Gestationsalter 27.-30.Woche: n=206; 31-36. Woche. N=802). Dieerste Dosis wurde jeweils sechs bis 14 Wo-chen nach Geburt verabreicht. Das Ergeb-nis war deutlich: Auch Frühgeborene pro-fitieren von der Rotavirus-Impfung. Dienach zehn bzw. acht Wochen gemessenenAntkörpertiter lagen bei 75,9% in derGruppe der sehr früh geborenen Kinder(27.-30. Woche) und bei 88,1% in derGruppe der späten Frühgeborenen (31.-36. Woche). Bei den Plazebo-Kindern hin-gegen wurden Antikörpertiter von 23,1bzw. 14,7% gemessen (5).

Deutschland – Bewusstsein schaf-fen für Schwere der Infektion

Sind Rotaviren in Deutschland einThema? Wie wird die Impfung akzeptiert,bei Eltern und Ärzten? Anlässlich desESPID hatte die Redaktion Gelegenheit,mit Dr. Florian Gamerdinger, niedergelas-sener Kinder- und Jugendarzt aus Gießen,

Abb. 3: Nach Einführung der Rotavirus-Impfung inBelgien: 50% weniger positive Stuhlproben in denKliniken

Abb. 2: Verteilung der Rotavirusstämme hospitali-sierter RV-positiver Patienten (< 5 Jahre) mit RV-Diarrhoe

Monatliche Verteilung der positiven Rotaviren-Stuhlproben in Prozent

Okt Nov Dez Jan Febr Mar Apr Mai

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0%

Winter 05-06Winter 07-08

zu sprechen. „Wichtig istnach wie vor, ein Be-wusstsein in der Bevöl-kerung für die Schweredieser Infektion zuschaffen“, so Gamerdin-ger. „Sicherlich wird dieWHO-Empfehlung mit-helfen, dass künftigmehr Eltern ihre Kinderimpfen lassen. Auch dieneuen 3-Jahres-Datensind für uns Ärzte selbstsehr wichtig – zu wissendass die Impfung auchnach drei Jahren nochgenauso effizient ist.“

WHO Regionen weltweit (2001-2008)

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

629

Rotaviren nicht unterschätzen – eine Impfung schützt!Auszug aus dem Arztbrief desPerinatalzentrums, das den achtMonate alten Rotavirus-Patien-ten vom 16.03.2009 bis23.03.2009 in Behandlung hatte (...= gekürzt)

Diagnosen: GastroenteritisHypertone DehydratationElektrolytentgleisung mit Hypernatriä-mie und Hypokaliämie

Anamnese: Die Aufnahme des Patienten verfolgte

bei seit 2 1/2 Tagen bestehendem akutenErbrechen (nach jeder Mahlzeit) sowiewässrigem Durchfall (ca. 15mal pro Tag).Gewichtsverlust ca. 10% (höchst gemes-senes Gewicht: 8,8 kg). Trinkmenge amVortag 50 ml, danach keine Nahrungsauf-nahme mehr. Keine Polyurie, keine Dyp-sie.

Eigenananmese: unauffällige Geburt,keine Vorerkrankungen, keine reg. Medi-kamenteneinnahme. Familienanamnese:unauffällig insbesondere kein Diabetesmelitus.

Untersuchungsbefund:Untersuchungsbefund bei Aufnahme:

8 Monate alter männlicher Säugling instark reduziertem Allgemeinzustand.Blass-zyanotisches Hautkolorit, halo-nierte Augen, seltener Lidschlag, sehr tro-ckene Schleimhäute, Turgor vermindert,peripher kalt (ab Mitte OA bzw. OS), ein-gefallenes Abdomen, Pulse peripher nichtpalpabel, tachykard. Nicht hyperexzita-bel, nackensteif. Abdomen: weich, Darm-geräusche ubiquitär reg. auskultierbar,keine pathologischen Geräusche, keineHepatosplenomegalie, keine AS. Geni-tale: reizlos. Cor: tachykard, soweit beur-teilbar, keine pathologischen Geräusche.Lunge: stgl. belüftet, keine RGs, keine Ob-struktion, Tachypnose. HNO reizlos,Länge 75 cm (P97), Gewicht 7.7 kg (P25),Kopfumfang 47 cm (P90-97), Tempera-tur bei Aufnahme 41 °C, HF 240/Minute,O2-Sättigung 100%.

Untersuchung bei Übernahme auf In-tensiv: Stabiler Allgemeinzustand,schlapp, aber erweckbar, dreht sich vonallein auf die Seite, weint Tränen. AmStamm Turgor knapp wieder gefüllt. Sehrrege Darmgeräusche, Cor rhythmischund rein, Lunge frei belüftet, Fontanelleim Niveau, Augen noch haloniert, PSR

und BSR bds lebhaft auslösbar, Pupillenisocor und isoreaktiv.

Gewicht 8,7 kg bei Verlegung zu Ihnen,RR 90/30 mmHg.

Untersuchung bei Entlassung: sehr gu-ter AEZ, agil, wach, stgl. rege Spontanmo-torik, altersentsprechend unauffällige In-teraktionen mit dem Untersucher. Internpädiatrisch unauffällig. Neurologie: al-tersentsprechend. Gewicht: 8490 g (P50),RR 78/66 (69) mmHg.

Labordiagnostik:16.03.09 Hemoglobin 151+ (100-140 g/l) He-

matokrit 0,51+ (0,32-0,45 l/l), Osmolali-taet 360+ (280-300 mosm/kg) Kreatinin1,3 mg/dl, Eiweiß 86+(65-82 g/l), Albu-min 56+(35-50 g/l), Normwerte fürTransaminasen, CrP negativ.

BGA:PH 7,09. BE -19,9 mmol/l, Na174 mmol/l, Glucose 270 mg/dl, Lactat5,1 mmol/l, im Verlauf Normalisierungam 19.03.2009 ausgeglichen.

Na-Werte: initial 174 mmol/l im Ver-lauf auf 141 mmol/l (19.03.2009) fallend.

BZ: intital 270 mg/dl im Verlauf Nor-malisierung.

Influenza-Schnelltest: negativ.Hormonanalyse vom 17.03.2009: An-

drostendion <30 (16-44 ng/dl) DHEA-Sulfat 26- (60-250 µg/dl), Cortisol 21,0+(5,0-20 µg/dl).

Mikrobiologie:Augenabstrich 17.03.2009, massen-

haft Hämophius influenza – u.a. sensibelauf Erythromycin. Die bei uns abgenom-menen Kulturen bzw. Abstriche erbrach-ten keinen pathologischen Befund.

Stuhl: Campylobactor, Salmonellen,Clostridium difficile negativ.

Virologie:Stuhl: Rota positiv, Noro negativ....

Therapie und Verlauf:Die Aufnahme des Patienten erfolgte

notfallmäßig bei schwerer Exsikkose imRahmen eines gastrointestinalen Infekts.Patient befand sich inital in einem starkreduziertem Allgemeinzustand, war ta-chykard bei kaum tastbaren Pulsen, at-mete jedoch noch spontan. In der durch-geführten Blutgasanalyse zeigte sich eineausgeprägte hypertone Dehydratation(Na 174 mmol/l, BE -19,9, PH 7,09) mitHyperglykämie (270 mg/dl). In der Poli-klinik wurde zunächst isotone Kochsalz-lösung im Bolus verabreicht (20 ml NaCI0,9%/kgKG über 30Min.).

Auf Station wurde die Infusionsthera-pie mit isotonische Kochsalzlösung dannweitergeführt. Darunter sank der Na-Wert jedoch kaum. Aufgrund der beste-henden Elektrolytstörung und derschwierigen Venenverhältnisse erfolgtedie Verlegung auf unsere Intensivstation.Nach ZVK Anlage wurde dort eine Thera-pie mit einem halbisotonen Infusionsge-misch begonnen.

Unter diesen Maßnahmen zeigte sichein konstanter Natriumabfall von ca.1 mmol/h. Am 18.03.2009 konnten wirden Patienten in stabilem Allgemeinzu-stand rückübernehmen.

Die bei Aufnahme beobachtete Hyper-glykämie werten wir am ehesten als Glu-koseverwertungsstörung in Rahmen desInfekts. Im Verlauf kontrollierte Blut -zuckerwerte lagen sämtlich im Normbe-reich.

...

Im Verlauf konnte die Infusionsthera-pie reduziert werden. Patient begann zuessen, dass Trinkverhalten zeigte sich somäßig wie zu Hause auch, die Stuhlfre-quenz normalisierte sich. Am 23.03.2009können wir den Patienten in gutem Allge-meinzustand nach Hause entlassen.

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Nachrichten der Industrie630

Ziel der klinisch-molekulargenetischenUntersuchungen des Forschungsverbun-des ist die Identifizierung von genetischenAuffälligkeiten, die mit der Legasthenie inZusammenhang stehen. Derzeit werdendie Arbeiten des Forschungsverbundes ineiner europaweiten multizentrischen Stu-die weitergeführt.

Hermann Emminghaus gilt als Wegbe-reiter der deutschen Kinder- und Jugend-psychiatrie. Ihm zu Ehren wird seit 1981alle zwei Jahre der Hermann Emming-haus-Preis für hervorragende wissen-

schaftliche Arbeiten auf dem Gebiet derKinder- und Jugendpsychiatrie – insbe-sondere der biologischen Kinder- und Ju-gendpsychiatrie – verliehen. Seit 1995 wirdder mit 5.500 Euro dotierte Preis von derLilly Deutschland GmbH gesponsert.

Weitere Informationen zum HermannEmminghaus-Preis finden Sie im Internetunter www.emminghaus-preis.de.

Nach Informationen des Hermann Emminghaus Kuratoriums

In Anerkennung ihrer klinisch molekulargenetischen Untersuchungen im Bereich der Legasthenie wurde der Hermann Emminghaus-Preis in diesem Jahr an Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne, Prof. Dr. Markus Nöthen und Prof. Dr. Bertram Müller-Myhsok verliehen. In Vertretung für den Forschungsverbund nahm Professor Schulte-Körne den Preis vom Kuratoriumsvorsit-zenden Prof. Dr. Dr. Martin H. Schmidt am 4. März 2009 im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des XXXI. Kongresses derDeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) in Hamburg entge-gen. Der von der Firma Lilly Deutschland GmbH mit 5.500 Euro dotierte Preis wurde damit zum zwölften Mal zur Förderungwissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie verliehen.

Hermann Emminghaus-Preis 2009 geht an interdisziplinär besetztes Wissenschaftler-Trio

Forschungsverbund „Genetik derLegasthenie“ erhält Auszeichnung

Nur Ihr Urteil bringt uns weiter!Wir wollen mehr

Informationsqualitätfür Sie.

Helfen Sie mit, damit Ihnen weiterhin eine guteFachpresse und ein opti-males Informationsange-bot zur Verfügung stehen.

In diesen Monaten befragtdie ArbeitsgemeinschaftLA-MED Kommunikations-forschung im Gesundheits-wesen e.V. Sie und Ihre

Kollegen zum Leseverhal-ten und zu Ihren Präferen-zen in der Fachpresse.

+Platz für Ihr Logo!

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„Meine erste Begegnung mit der Mikro-biologie bestand darin, dass mir mein Va-ter lebende Enterokokken eintrichterte“,erinnert sich der Sohn des Firmengrün-ders, Dr. Volker Rusch. Er ist heute Gesell-schafter der SymbioPharm GmbH in Her-born. Vorbild des Vaters Dr. Hans PeterRusch und seiner Arztkollegen Dr. ArthurBecker und Dr. Hans Kolb war der russi-sche Forscher Ilja Iljitsch Metschnikow, der1908 zusammen mit Paul Ehrlich einenNobelpreis für Medizin erhielt und sich in-tensiv mit der Probiotik beschäftigte.

Was sich zu Metschnikows Zeiten aufJoghurt und Kefir beschränkte, hat schonlange Einzug in die seriöse Wissenschaftgefunden. Inzwischen werden unter-schiedliche Bakterienspezies zur Präven-tion und Therapie eingesetzt. Hier findenwir nicht-pathogene E. coli und E. faecalisZubereitungen, aber natürlich auch die be-kannte Gruppe der Milchsäurebakterien,die es inzwischen selbst in die Regale derDiscounter geschafft haben. Aber auch inApotheken werden inzwischen immermehr probiotische Produkte angeboten.

Überzeugend wirksam

„Wir wissen letztendlich seit den 80erJahren des letzten Jahrhunderts, dass Kin-der, die frühkindlich bakteriellen Endoto-xinen ausgesetzt sind, später seltener Aller-gien entwickeln“, sagte Priv.-Doz. Dr. Mar-kus Rose im Rahmen eines Expertenge-sprächs. Der Leiter der Poliklinik undFacharzt für Pneumologie, Allergologieund Infektiologie am Zentrum für Kinder-und Jugendmedizin der Universität Frank-furt am Main berichtete: „Wir waren dieErsten in Deutschland, die Probiotika zurAllergieprävention eingesetzt haben – zurSekundär-, aber teilweise auch Primärprä-vention. Und wir sehen, und zwar plazebo-

KINDER- UND JUGENDARZT 40. Jg. (2009) Nr. 9

Auf 55 Jahre Firmenbestehen kann dasUnternehmen SymbioPharm als einer derführenden Hersteller im Bereich mikro-biologischer Präparate in diesem Jahr zu-rückblicken. Für Pädiater schon langeselbstverständlich, sprechen Expertender Mikrobiologischen Therapie ein nochlange nicht ausgeschöpftes Potenzial zu.

Nachrichten der Industrie631

SymbioPharm kompetent und erfolgreich:55. Geburtstag eines Familienunternehmens

kontrolliert und objektiv anhand einesspezifischen IgE im Labor gemessen, dassdarunter weniger neue Allergien auftre-ten.“

Mit der Zeit gehenDas Unternehmen SymbioPharm nutzt

seine 55-jährige Erfahrung, um neben em-pirischen auch evidenzbasierte Ergebnissezu den eigenen Produkten liefern zu kön-nen. Studien haben die Wirksamkeit ein-deutig bewiesen. Das Unternehmen be-schreitet den Weg der evidenzbasiertenMedizin derzeit auch mit einer Studie ander Charité Berlin: Placebokontrolliert,randomisiert und doppelblind wird hieruntersucht, ob die Gabe eines mikrobiolo-gischen Präparats im ersten halben Le-bensjahr den Ausbruch einer Neurodermi-tis verzögern oder gar verhindern kann.

Mehr als genug BeweiseWas heute unter Fachleuten als gesi-

chert gilt und von Praktikern nicht ange-zweifelt wird: Probiotische Arzneimittelmindern den Verlauf von Rotavirus-Er-krankungen bei Kindern und tragen dazubei, schwerwiegende Magen-Darm-Kom-plikationen bei Frühgeborenen zu verhin-dern. Tatsachen, die mit einem Placebo-Ef-fekt nichts zu tun haben. Der ImmunologeProfessor Dr. Harald Renz, Leiter der Ab-teilung klinische Chemie und molekulareDiagnostik an der Universitätsklinik Mar-

burg, stellte dar: „Ich denke, der wirklicheDurchbruch aus immunologischer Sichtist, dass Bakterien eine enorme immun-modulierende und immunprogrammie-rende Eigenschaft entfalten können.“Diese Fähigkeiten der Bakterien nutztSymbioPharm GmbH seit Jahren. Die inSymbioflor® 1 enthaltenen Enterococcus feacalis Stämme helfen durch ihre immun-modulierende Wirkung bei chronisch-re-zidivierender Sinusitis und Bronchitis.

Hervorragendes PotenzialDie genannten Punkte geben Symbio-

Pharm die Möglichkeit, seine Erfahrungund Kompetenz im Bereich der mikrobio-logischen Präparate auch weiterhin zu nut-zen. Immer mehr „harte Daten“ sagen derHilfe zur körpereigenen Immunregulie-rung mit mikrobiologischen Arzneimit-teln im Sinne einer ursachenbezogenenTherapie bei gleichzeitig ausgezeichneterVerträglichkeit eine Zukunft voraus, diedie bereits erfolgreiche Vergangenheit inden letzten 55 Jahren womöglich nochübertrifft.

Kontaktadresse:Dr. Lilian SchoeferWeidenweg 435745 Herborn

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632Wichtige Adressen

Geschäftsstelle des BVKJ e.V.Hauptgeschäftsführer: Dipl.-Kfm. Stephan Eßer Chausseestr. 128/129, 10115 Berlin

Tel.: 030/28047510, Tfx.: 0221/[email protected]

Geschäftsführerin: Christel Schierbaum Mielenforster Str. 2, 50169 KölnTel.: 0221/68909-14, Tfx.: 0221/[email protected]

Mitgliederverwaltung E-Mail: [email protected] der Verwaltungsabteilung: Doris Schomburg Tel.: 0221/68909-0, Tfx.: 0221/683204

Kongressabteilung E-Mail: [email protected] des BVKJ www.kongress.bvkj.deLeiterin der Kongressabteilung: Christel Schierbaum Tel.: 0221/68909-15/16, Tfx.: 0221/68909-78

Präsident Tel.: 02732/762900Dr. med. Wolfram Hartmann E-Mail: [email protected]

Vizepräsident Tel.: 08671/5091247Prof. Dr. med. Ronald G. Schmid E-Mail: [email protected]

Pressesprecher des BVKJ e.V. Tel.: 030/3626041Dr. med. Ulrich Fegeler E-Mail: [email protected]

Redakteure „KINDER- UND JUGENDARZT“Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Christen E-Mail: [email protected]. Dr. med. Peter H. Höger E-Mail: [email protected]. Dr. med. Frank Riedel E-Mail: [email protected]. med. Wolfgang Gempp E-Mail: [email protected] Hauch E-Mail: [email protected]

Kinder- und Jugendarzt www.kinder-undjugendarzt.deKinderärzte im Netz www.kinderaerzte-im-netz.deDeutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin www.dakj.dePädiatrisches Intranet PädInform www.kinderumwelt.de/kontakt.htm

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Ju-gendärzte e.V.Begründet als „der kinderarzt“ von Prof. Dr. Dr. h.c.Theodor Hellbrügge (Schrift leiter 1970 – 1992).

Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Ju-gendärzte e.V. in Zusammenarbeit mit weiteren pä-diatrischen Verbänden.

Geschäftsstelle des BVKJ e.V.: Hauptgeschäfts -führer: Dipl.-Kfm. Stephan Eßer, Chausseestr.128/129, 10115 Berlin, Tel. (030) 28047510, Fax(0221) 683204, [email protected]; Ge-schäftsführerin: Christel Schierbaum, MielenforsterStr. 2, 51069 Köln, Tel. (0221) 68909-14, Fax (0221)6890978, [email protected].

Verantw. Redakteure für „Fortbildung“: Prof. Dr.Hans-Jürgen Christen, Kinderkrankenhaus auf derBult, Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,Tel. (0511) 8115-3320, Fax (0511) 8115-3325, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Frank Riedel, Altonaer Kinderkrankenhaus, Bleicken allee 38,22763 Hamburg, Tel. (040) 88908-201, Fax (040)88908-204, E-Mail: [email protected]ür „Welche Diagnose wird gestellt?“: Prof. Dr. Pe-

ter H. Höger, Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelm-stift, Liliencronstr. 130, 22149 Hamburg, Tel. (040)67377-202, Fax -380, E-Mail: [email protected]

Verantw. Redakteure für „Forum“, „Magazin“und „Berufsfragen“: Regine Hauch, Salierstr. 9,40545 Düsseldorf, Tel. (0211) 5560838, E-Mail: [email protected]; Dr. Wolfgang Gempp, Sonnenrain 4, 78464 Konstanz, Tel. (07531)56027, E-Mail: [email protected]

Die abgedruckten Aufsätze geben nicht unbedingtdie Meinung des Berufsverbandes der Kinder- undJugendärzte e.V. wieder. –

Die „Nachrichten aus der Industrie“ sowie die „In-dustrie- und Tagungsreporte“ erscheinen außerhalbdes Verantwortungsbereichs des Herausgebers undder Redaktion des „Kinder- und Jugendarztes“.

Druckauflage 12.500

lt. IVW II/2009

Mitglied der ArbeitsgemeinschaftKommunikationsforschung imGesundheitswesen

Redaktionsausschuss: Prof. Dr. Hans-Jürgen Chris-ten, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, Dr.Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düssel-dorf, Dr. Wolfram Hartmann, Kreuztal, StephanEßer, Köln, Christel Schierbaum, Köln, und zweiweitere Bei sitzer.

Verlag: Hansisches Verlagskontor GmbH, Meng -str. 16, 23552 Lübeck, Tel. (04 51) 70 31-01 – Anzeigen: Verlag Schmidt-Römhild, 23547 Lübeck,Chris tiane Kermel, Fax (0451) 7031-280 –Redaktionsassis tenz: Christiane Daub-Gaskow,Tel. (0201) 8130-104, Fax (02 01) 8130-105, E-Mail:[email protected] – Druck: Schmidt- Römhild, 23547 Lübeck – „KINDER- UND JUGENDARZT“ erscheint 12mal jährlich (am 15. je-den Monats) – Redaktionsschluss für jedes Heft 8Wochen vorher, Anzeigenschluss am 15. des Vor-monats.

Anzeigenpreisliste: Nr. 42 vom 1. Oktober 2008

Bezugspreis: Einzelheft € 9,90 zzgl. Versand kosten,Jahresabonnement € 99,– zzgl. Versand kosten (€7,70 Inland, € 19,50 Ausland). Kündigungsfrist6 Wochen zum Jahres ende. – In den Mitgliedsbeiträ-gen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugend -ärzte e.V. und des Berufsverbandes Deutscher Kin-derchirurgen e.V. ist der Bezugspreis enthalten.

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