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Lea Mertens: Zentrale Wörter der Atomenergie- Debatte vor und nach den Ereignissen von Fukushima. Eine korpusbasierte Untersuchung. © Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2012 Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik |Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet.

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Lea Mertens:

Zentrale Wörter der Atomenergie-

Debatte vor und nach den Ereignissen von Fukushima. Eine

korpusbasierte Untersuchung.

© Redaktion LINSE (Linguistik-Server Essen); Erscheinungsjahr: 2012 Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften - Germanistik/Linguistik |Universitätsstraße 12, 45117 Essen | http://www.linse.uni-due.de Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet.

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1. Einleitung

Diese Arbeit geht von der grundlegenden Annahme aus, dass Sprache und

Gesellschaft eng miteinander verbunden sind. Die Sprache und ihre Verwendung

haben einerseits einen Einfluss auf die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens,

während die Sprache sich andererseits mit den gesellschaftlichen Veränderungen

und Entwicklungen wandelt. Ein wesentlicher Bestandteil gesellschaftlichen

Lebens besteht in einer Reihe sozialer Handlungen, die durch die in einer

Gesellschaft lebenden Individuen mittels Sprache vollzogen werden.

Aus Sicht der pragmatisch orientierten Semantik werden mit Hilfe von Sprache

nicht nur Informationen übermittelt, sondern eine sprachliche Äußerung stellt

immer auch eine Handlung dar. Dies wird vor allem in gesellschaftlichen

Bereichen deutlich, die zum einen stark von Sprache geprägt sind, sich zum

anderen der Sprache bedienen. Dies gilt vor allem für politisches Handeln, denn

dieses wird vor allem mittels Sprache vollzogen werden; dazu gehören das

Debattieren, Verhandeln, Abgeben von Stellungnahmen, Halten von Reden,

Beraten, Formulieren von Gesetzentwürfen und ähnliches. In all diesen Fällen

wird deutlich, dass die Verwendung von Sprache an Handlungen geknüpft ist.

Wenn Sprechen bzw. Schreiben also Handeln ist, muss auch dem sprachlichen

Handeln eine Handlungsabsicht unterstellt werden. Es stellt sich also auch die

Frage danach, was der Sprachbenutzer mit seinem Sprachhandeln erreichen will.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Situation, also der Kontext, in dem eine

solche Handlung getätigt wird. Die situativen Bedingungen beeinflussen die

Ausgestaltung der sprachlichen Handlung. Auch die Wirkung auf die Rezipienten

ist unter dieser Perspektive von Interesse, denn (soziales) Sprachhandeln findet

nicht isoliert statt, sondern steht in einem Handlungskontext; es gehen ihm auf der

einen Seite Handlungen voraus, und auf der anderen Seite folgen weitere

Handlungen darauf. In diesem Zusammenhang ist die Feststellung, dass es nicht

möglich ist, sich nicht zu verhalten („Verhalten hat kein Gegenteil […]“

(Watzlawick/Beavin/Jackson, S. 58, Zeile 25)), entscheidend, welche letztlich

auch beinhaltet, dass es nicht möglich ist, nicht zu kommunizieren. Dies liegt

daran, dass jedes wahrgenommene Verhalten in der Regel interpretiert wird und

somit Kommunikation darstellt (vgl. Schröter/ Carius, S. 9, f.;

Watzlawick/Beavin/Lackson, S. 57, f.).

Kommunikation verläuft allerdings nicht immer reibungslos. In jeder Sprache gibt

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es Wörter, die in irgendeiner Weise erklärungsbedürftig sind. Dazu gehören

solche Wörter, deren intentionale Bedeutungen im reellen Sprachgebrauch

komplexer sind, als zunächst aus der Bedeutungsbeschreibung durch Lexika

ersichtlich ist. Bei jeder konkreten Verwendung eines solchen Wortes unterliegt

es stärker als andere Wörter der innovativen Reinterpretation und

Wiederbestimmung, ihm werden neue extensivierende oder einengende

Bedeutungsaspekte verliehen. Bestimmte Wörter, die im politischen Gebrauch

von Sprache auftauchen, weisen genau diese Eigenschaften auf. Als wichtige

Ursachen für eine derartige erhöhte Komplexität nennen Strauß, Haß und Harras

neben unterschiedlichen Wertsetzungen, die mit einem Wort zum Ausdruck

gebracht werden können, auch beschönigende oder übertragene Gebrauchsweisen.

Zudem spielen die generelle Vagheit bestimmter Lexeme sowie die Möglichkeit,

dass unterschiedliche Sachverhalte mit demselben sprachlichen Ausdruck belegt

sein können, eine Rolle. Auch die Verwobenheit eines Ausdrucks mit

fachsprachlicher Terminologie kann für das Verständnis problematisch sein, da

abweichende, teilweise wertende Gebrauchsweisen in der öffentlichen

Kommunikation bestehen können. Hinzu kommt das Problem, dass für das

Verstehen vieler Begriffe unterschiedliche Arten von Welt- und Kontextwissen

notwendig sind. Strauß, Haß und Harras bezeichnen Wörter, auf die diese

Eigenschaften zutreffen, als brisante Wörter. (vgl. El Bitawy, S. 1; Strauß/ Haß/

Harras, S. 9, f.)

In dieser Arbeit wird der Fokus auf einigen ausgewählten Wörtern, bzw.

lexikalischen Einheiten liegen, welche die Atomkraft-Debatte prägen. Einige der

untersuchten Lexeme sind in der Literatur bereits als brisante Wörter untersucht

und beschrieben worden. Da aber wie gesagt eine Wechselwirkung zwischen

Gebrauchsregeln einzelner Wörter und der Veränderung gesellschaftlichen Lebens

angenommen wird, ist diese Arbeit von der Annahme motiviert, dass auch über

relativ kurze Zeiträume sich ändernde Gebrauchsregeln nachweisen lassen. Da der

Wandel von Gebrauchregeln auch auf die Veränderung mentaler Einstellungen

zurückgeführt werden kann, sollten sich bestimmte Ereignisse der

außersprachlichen Welt auch auf die konkreten Sprachhandlungen und langfristig

möglicherweise auf die Bedeutungen auswirken. Diese (außersprachlichen)

Ereignisse müssen natürlich einen möglichst großen Anteil der Menschen in einer

Sprachgemeinschaft betreffen, ihre mentalen Einstellungen beeinflussen und

ihnen als derart bedeutsam erscheinen, dass sie an der gesellschaftlichen

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Kommunikation über das Ereignis teilnehmen (und sei es nur als Hörer bzw.

Leser). Dann kann man auch davon ausgehen, dass ein solches Ereignis

nachweisbaren Einfluss auf die Gebrauchsweisen bestimmter Wörter hat. In der

Atomkatastrophe von Fukushima, die am 9. März 2011 begann, wird ein solches

Ereignis vermutet.

Für die Untersuchung bedeutet dies, dass ein Vergleich von drei Sprachständen

angestrebt wird. Zunächst sind dafür die jeweiligen Sprachstände vor und nach

den Ereignissen von Fukushima im Sinne einer synchronen Sprachanalyse zu

beschreiben. Um den reellen Sprachgebrauch abbilden zu können, wird eigens für

diese Untersuchung ein Korpus erstellt. Leider kann nicht auf große, gut

annotierte Korpora wie das Korpus des IDS Cosmas II zurückgegriffen werden,

da der festgesetzte Betrachtungszeitraum in dem Korpus (noch) nicht abgedeckt

wird. Es kann aber auch Vorteile haben, ein Korpus eigens für eine bestimmte

Untersuchung anzulegen, denn in diesem Fall kann durch eine Vorauswahl der

Texte bzw. Textauszüge auch ein kleines Korpus den Anforderungen genügen.

Dabei ist jedoch zu bedenken, dass das Nichtvorkommen bestimmter Lexeme

oder Gebrauchsweisen, noch eher als in einem großen, unspezifischen Korpus,

keinen Rückschluss auf ein Nichtvorkommen im reellen Sprachgebrauch zulässt.

Der Zeitraum von je sechs Monaten vor und sechs Monate nach dem

einschneidenden Ereignis, für den die Untersuchung gemacht wurde, wurde nach

folgenden Überlegungen gewählt:

Er ist einerseits lang genug, um eine ausreichende Anzahl an leicht zugänglichen

Texten zu diesem Thema zusammenzutragen und zudem zu garantieren, dass alle

wichtigen Sprechergruppen Gelegenheit hatten, Anteil an der Diskussion zu

nehmen, und andererseits nicht so lang, dass die beobachtete Sprachverwendung

nicht mehr als synchron betrachtet werden kann. Eine beschreibbare Veränderung

im Sprachgebrauch einzelner Begriffe wird zwar innerhalb des untersuchten,

relativ kurzen Zeitraums erwartet, allerdings wird dabei unterstellt, dass die

zeitliche Dimension im Verhältnis zu einem einschneidenden, außersprachlichen

Ereignis bei der Veränderung eine untergeordnete Rolle spielt. Dies wird im

Laufe der Untersuchung zu zeigen sein. Zunächst wird also der Sprachstand zu

zwei gewählten „Zeitpunkten“, die hier je sechs Monate umfassen, beschrieben.

In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Ergebnisse miteinander

verglichen, so dass Aussagen über gegebenenfalls erfolgte Änderungen in den

Gebrauchsweisen getroffen werden können. Im letzten Schritt dienen die

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Ergebnisse aus einer Untersuchung von 1989 zu brisanten Wörtern von Strauß,

Haß und Harras als weitere Vergleichsgrundlage, da aus ihnen der Sprachstand im

Jahre 1989 abgeleitet werden kann.

Den theoretischen Rahmen dieser Arbeit bilden grundlegende Theorien zur

Semantik, dabei wird besonders auf die lexikalische Semantik näher eingegangen,

da sie die Bedeutungsbeschreibung von der Ebene der Lexeme aus vornimmt.

Dies entspricht der Konzeption dieser Arbeit, da auch hier von einzelnen zentralen

Begriffen, also Lexemen, als Untersuchungsgegenstand ausgegangen wird. Deren

Bedeutung zu einem bestimmten Zeitpunkt soll ähnlich einem Lexikonartikel

beschrieben werden. Allerdings liegt der Schwerpunkt der Beschreibung nicht auf

den denotativ-deskriptiven Bedeutungsaspekten, sondern auf den konnotativ-

deontischen und soziokulturellen Bedeutungsanteilen. Zudem sind die Fragen

nach sprechergruppen-spezifischen Verwendungsweisen und dem Einfluss des

Kontextes, in den ein Lexem eingebettet ist, vorrangig. Es sollen die Inhalte der

(erweiterten) Bedeutungsbeschreibung im Sinne einer Gebrauchsbeschreibung

dargestellt werden. In diesem Zusammenhang werden auch die pragmatische

Betrachtung von Sprache und die handlungstheoretische Semantik eine Rolle

spielen.

Der Begriff der Diskursanalyse ist wie viele andere Begriffe auch in der

Linguistik nicht unumstritten, und eine Festlegung erscheint schwierig. Mit Blick

auf den Nutzen und die Möglichkeiten, welche die unterschiedlichen

Begriffsauslegungen bieten, habe ich mich in dieser Arbeit für den Diskursbegriff

nach Busse und Teubert (Busse, Teubert, 1994) entschieden, der für diese

Untersuchung besonders geeignet erscheint.

Die Atomkraft-Debatte ist seit Jahrzehnten ein zentrales Thema der

gesellschaftspolitischen Kommunikation, wie linguistische Untersuchungen zu

diesem Thema zeigen (Haß 1989, Strauß, Haß, Harras 1989; Jung 1994a; Jung

1994b, Jung 1995). Da die Regierungen ihre politischen Entscheidungen immer

auf Grundlage von und mit Rücksicht auf den jeweiligen aktuellen

gesellschaftspolitischen Diskurs treffen müssen, ist es von jeher ein Bestreben der

politischen Handlungsträger, Einfluss auf den Diskurs zu nehmen. Dies tun sie in

der Regel mit bestimmten Sprachhandlungen. Daraus ergeben sich einige

Besonderheiten politischen Sprachgebrauchs, die ebenfalls kurz zusammengefasst

werden. Die Diskurse, welche gesellschaftspolitische Themen zum Inhalt haben,

sind gerade auch durch das Phänomen des Wortwandels geprägt. Am Schluss der

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theoretischen Überlegungen wird auf das Arbeiten mit Korpora eingegangen.

Die Analyse der Korpusdaten erfolgt in drei Schritten. Um zunächst den

Untersuchungsgegenstand endgültig festzulegen, wird eine Frequenzliste aus dem

Korpus extrahiert. Diese sollte dann die Begriffe enthalten, die einerseits typisch

für die Thematik und die Debatte sind und andererseits auch so häufig auftreten,

dass sie als zentrale Begriffe der Debatte bezeichnet werden können. Für die so

festgelegten Begriffe werden die Gebrauchsweisen einmal für den Zeitraum 11.

September 2010 bis 11. März 2011 und einmal für den Zeitraum nach der

Atomkatastrophe von Fukushima, nämlich 12. März 2011 bis 11. September 2011

beschrieben.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich mich entschieden, die Untersuchung,

ihre Ergebnisse und ihre Interpretation sowie auch den anschließenden Vergleich

nicht für alle Begriffe zusammenzufassen, sondern die Begriffe in Einzelartikeln

bzw. Gruppenartikeln zu behandeln. In diesen einzelnen Artikeln sind dann also

nicht nur, wie dies in einem Lexikon zu erwarten wäre, Angaben zur Bedeutung

und zu den Verwendungsweisen sowie den Sprechergruppen zu finden, sondern

auch die Daten aus der Korpusanalyse, aus denen die Ergebnisse abgeleitet

wurden. In den Artikeln wird auch der Vergleich zwischen den beiden

untersuchten Zeiträumen vorgenommen. In einem letzten Schritt werden diese

Ergebnisse zu jedem Begriff mit Ergebnissen aus anderen Untersuchungen (hier

vor allem Strauß, Haß, Harras 1989) abgeglichen. Einzelartikel werden für die

Begriffe erstellt, die keine besondere semantische Relation zu anderen zentralen

Begriffen aufweisen. In Gruppenartikeln werden dagegen Begriffe in einem

Artikel behandelt, die intensive Beziehungen zu anderen untersuchten Begriffen

aufweisen; so können die Begriffe inhaltliche Verwandtschaft aufweisen oder

Bezeichnungsalternativen darstellen. Gerade Bezeichnungsalternativen müssen

unter dem Gesichtspunkt der sprechergruppen-spezifischen Verwendungsweisen

genau analysiert werden, was die Behandlung von zwei oder mehreren solcher

Begriffe in einem Artikel sinnvoller erscheinen lässt.

Zusätzliche Erkenntnisse, die sich aus der Untersuchung ergeben könnten, oder

neue Hypothesen sollen neben einem kurzen Resümee im Fazit einen Platz finden.

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2. Lexikalische Semantik

Wörter werden als die kleinsten selbstständigen und damit grundlegenden

Einheiten der Sprache betrachtet. Nach der bilateralen Zeichenkonzeption von de

Saussure setzen sich Wörter aus zwei Komponenten zusammen: der Ausdrucks-

und der Inhaltsseite. Diese Verbindung ist untrennbar und arbiträr, also

weitgehend willkürlich, durch Konvention entstanden und geprägt. Die lautliche

oder schriftliche Realisierung eines Zeichens wird dabei als Ausdrucksseite

bezeichnet; die Inhalte stellen die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke dar. Zeichen

sind dabei wahrnehmbare Dinge, die etwas vermitteln, was an sich nicht

unmittelbar wahrnehmbar ist (vgl. Busse, D. (2009) S. 22 ff., de Saussure, F.

(2001), S. 76, ff.; Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 14 ff.).

Als Bedeutungen von Wörtern werden nach Schwarz und Chur an sprachliche

Ausdrücke gekoppelte konzeptuelle Informationseinheiten im Langzeitgedächtnis

verstanden (vgl. Busse, D. (2009), S. 33, f., Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 15).

Konzepte sind mentale Einheiten, die aus Erfahrungen mit der Umwelt entstehen.

Als Type-Konzepte repräsentieren sie Informationen über einzelne Gegenstände,

Personen oder Situationen. Im Langzeitgedächtnis wird neben diesem individuell-

episodischen Wissen auch kategoriales Wissen gespeichert. „Kategoriales Wissen

ist allgemeines Wissen über die Welt, Wissen über Klassen von Gegenständen.

Einheiten, die Informationen über ganze Klassen repräsentieren, werden als Type-

Konzepte bezeichnet.“ (Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 24, Z. 26-28) „Ein

Konzept für eine Art, oder ‚Kategorie‘, von Entitäten ist Wissen, das es uns

erlaubt, Entitäten dieser Art von Entitäten anderer Art zu unterscheiden. Man darf

ein Konzept nicht mit einer visuellen Vorstellung gleichsetzen.“ (Schwarz, M.;

Chur, J. (2004), S. 24, Z. 36 – S. 25, Z. 4) Die kognitive Fähigkeit der

Kategorisierung ermöglicht die Einordnung von Umweltreizen, ihre

Klassifizierung und Identifizierung; nicht zuletzt baut das Sprachsystem auf dieser

elementaren Fähigkeit auf und nutzt sie zum Kreieren von Bedeutungen. Beide

Gedächtnissysteme wirken wechselseitig aufeinander ein, wobei das kategoriale

Wissen zur Einordnung und Vernetzung von Token-Konzepten genutzt wird,

während das individuell-episodische Wissen die Type-Konzepte erweitert oder

modifiziert (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 24 f.).

Es handelt sich beim semantischen Wissen allerdings um implizites Wissen, das

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zwar bei Bedarf ganz automatisch angewendet wird, aber nur schwer sprachlich

formuliert, also explizit gemacht werden kann. In kommunikativen Situationen

läuft der Prozess der Bedeutungszuordnung weitgehend unbewusst, ähnlich einem

Reflex ab. Die Bedeutungszuordnung wird den Kommunikationspartnern selbst

nur selten bewusst oder sogar von ihnen im Gespräch thematisiert; dies ist meist

dann der Fall, wenn sich Verständnisschwierigkeiten ergeben, die metasprachlich

gelöst werden können (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 19 f.).

Das bilaterale Zeichenmodell beschreibt nur das Zeichen an sich, nicht aber seine

Beziehung zur Welt. Diese Beziehung kann mit der Erweiterung um die

Komponente Referent beschieben werden: Die Inhalte/Bedeutungen, welche an

den Ausdruck geknüpft sind, beziehen sich auf einen oder mehrere Referenten,

also auf ein Ding bzw. eine Entität oder mehrere. So ermöglicht die Bedeutung

Referenz zwischen Ausdruck und Gegenstand in der Welt (vgl. Schwarz, M.;

Chur, J. (2004) S. 22). Bedeutung und Referent müssen dabei unterschieden

werden, da in einigen Fällen Zeichen mit unterschiedlichen Bedeutungen

denselben Referenten haben. Man stelle sich ein (Streit-) Gespräch über eine

Person, ein Auto oder sonst etwas vor, wobei unterschiedliche Meinungen über

einen Referenten ausgetauscht werden.

Die angenommene Funktion von Zeichen ist eine kommunikative. Nach Karl

Bühler können dabei drei zentrale Funktionen beschrieben werden: das Zeichen

als Symptom, also Ausdruck von Empfindungen; das Zeichen als Signal, also als

Appell an den Hörer; das Zeichen als Symbol, also Darstellung eines

Sachverhaltes. Diese drei Funktionen sind meist in unterschiedlichen Anteilen in

einer sprachlichen Äußerung enthalten (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 23).

Obwohl nach Schwarz und Chur vor allem die Symbol-Funktion für die

lexikalische Semantik von Bedeutung ist, muss bei Äußerungen und Texten aus

Politik und Medien ein erheblich gesteigerter Anteil der Signal-Funktion

angenommen werden. Dieser Einfluss auf die Wortbedeutung bzw. auf die

Dekodierung durch die Hörer soll in Kapitel 5 „Politischer Sprachgebrauch“

untersucht werden.

Die lexikalische Semantik beschäftigt sich mit den wörtlichen,

kontextunabhängigen Bedeutungen. Diese Bedeutungsrepräsentationen sind im

mentalen Lexikon jedes einzelnen gespeichert und dürfen sich nur geringfügig

zwischen Kommunikationspartnern unterscheiden, damit eine Verständigung

möglich ist. Da sie sich aus den Type-Konzepten ableiten, ist die

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Übereinstimmung je nach Konzept unterschiedlich groß, besonders groß sind die

Unterschiede bei Abstrakta. Je nach Kontext und Kotext können die

Wortbedeutungen zwar mehr oder weniger stark variieren, sie behalten aber meist

zentrale Aspekte ihrer Bedeutung (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 17). Der

Kontext kann aber andererseits auch die wörtliche Bedeutung spezifizieren, so

dass die aktuelle Bedeutung im Sprechakt von den lexikalischen Bedeutungen und

dem Kontext bestimmt ist. Die lexikalische Bedeutung ist der Anteil der

Äußerung, der auf direkte Weise vermittelt wird, während die konversationellen

Implikaturen indirekte Bedeutungen sind. Diese können von der lexikalischen

Bedeutung weitgehend unabhängig sein und im Gegensatz zu ihr im Gespräch

zurückgenommen werden. (vgl. Busse, D. (2009), Seite 94, f., Schwarz, M.; Chur,

J. (2004), Seite 29). Dabei versucht die lexikalische Semantik, die

intersubjektiven Bedeutungsrepräsentationen zu ermitteln, wobei die aktuellen

Bedeutungen und individuellen Assoziationen eher von geringem Interesse sind

(vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004), S. 17). So kann auch die Arbeit mit Korpora,

also großen, anonymisierten Textmengen, gegenüber einer rein deduktiven

Vorgehensweise gerechtfertigt werden.

Die handlungstheoretische Semantik, die in ihren Ursprüngen auf Wittgenstein

zurückgeht, beschreibt eine Sprache als eine Reihe unterschiedlicher Sprachspiele.

Die Wörter werden danach in unterschiedlichen Handlungszusammenhängen in

unterschiedlichen Funktionen verwendet, daraus ergibt sich ihre Bedeutung. Es

werden Verwendungsregeln angenommen, welche die Sprecher nutzen, um die

Bedeutung sprachlicher Ausdrücke zu erlernen, zu modifizieren und zu verändern.

Der Fokus dieser Theorie liegt gerade auch auf der Kontextabhängigkeit, der

semantischen Unschärfe und der Verwendungsvielfalt von Wörtern. Diese

Aspekte der Wortbedeutung sind im Besonderen auch bei der Untersuchung von

Schlüsselwörtern, Stigma- oder Fahnenwörtern, in der Politik und von politischer

Sprache allgemein bedeutsam, wie noch in Kapitel 2.1 erläutert werden soll. Die

Bedeutungen sprachlicher Zeichen werden im sozialen Handeln deutlich. So muss

die Grenze zwischen Semantik und Pragmatik als fließend akzeptiert werden (vgl.

El Bitawy, M. (2004), S. 4 ff.). Für diese Untersuchung ergibt sich daraus, dass

der Autor bzw. die Sprechergruppe, deren Ansichten er wiedergibt, berücksichtigt

werden müssen, ebenso wie der unmittelbare Kontext und vorausgegangene

kommunikative Handlungen. Der Forderung, bei der Untersuchung politischer

Sprache die gesellschaftlichen und diskursiven Situationen und Abläufe zu

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beachten, kann die Arbeit mit annotierten Korpora in Teilen gerecht werden.

Besonders wichtig wäre, in diesem Zusammenhang das Korpus mit

Metainformationen zu Textherkunft, Autor und Datum der Veröffentlichung

anzureichern.

„Die Wortbedeutung wird als Vorgang des Bezugnehmens auf die Wirklichkeit

interpretiert, die die Menge der außersprachlichen Sachverhalte und Objekte

determiniert, die durch die Wörter bezeichnet oder unter ihnen subsumiert

werden.“ (El Bitawy, M. (2004), S. 15, Z. 18-21) Bedeutungen sind

konventionalisierte, immer wieder in konkreten Sprechakten wieder eingeführte

und somit erneuerte Einheiten. Sie können mit der relativen Konstanz, mit der

Zeichen verwendet werden, gleichgesetzt werden. Diese Konstanz ist relativ, weil

die Bedeutungen der Zeichen als geistige Einheiten an Sprecher und Hörer sowie

an Kommunikationssituationen gebunden sind (El Bitawy, M. (2004), S.15, f.).

„Die Darstellung des Bedeutungswandels ist zumeist eine Darstellung der

Geschichte von Zuständen und Veränderungen der Verwendungsregeln des

jeweiligen Wortes.“ (El Bitawy, M. (2004), S. 4, Z. 25-27) Sich wandelnde

Faktoren, die auf den Gebrauch von Wörtern einwirken können, sind unter

anderem: kognitive Entwürfe, materielle Entwicklungen, politische Verhältnisse

(vgl. El Bitawy, M. (2004), S. 6). Ich möchte an dieser Stelle auf medial

vermittelte Großereignisse verweisen, welche für die oben genannten Faktoren

ursächlich sein können. So stellt die Katastrophe von Fukushima ein derart

einschneidendes Ereignis dar, dass ein unmittelbarer Einfluss auf kognitive

Entwürfe und politische Verhältnisse beobachtet werden konnte. Dieser Einfluss

zeigt sich auch am veränderten Sprachgebrauch und möglicherweise auch im

Bedeutungswandel einzelner Wörter. Dies soll im Laufe dieser Arbeit untersucht

und exemplarisch für zwölf ausgewählte Wörter bzw. Wortfelder beschrieben

werden.

Als geistige Einheiten sind Bedeutungen der unmittelbaren Betrachtung nicht

zugänglich. Als Methoden stehen der Semantik die Introspektion, das Experiment

und die Paraphrase zu Verfügung. Die Introspektion, also die Analyse und

Reflexion der eigenen sprachlichen Intuition, kann entsprechend nur zu

subjektiven Erkenntnissen führen und unbewusste Prozesse nicht erfassen. Mit

Hilfe von experimentellen Verfahren, beispielsweise Informantenbefragungen,

können durch Introspektion gewonnene Erkenntnisse überprüft werden. Auch mit

Experimenten können Daten gesammelt werden, so dass je nach

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Versuchsanordnung bewusst, also auch durch Introspektion, erfahrbare

Kompetenzen abgefragt oder auch Rückschlüsse auf unbewusst ablaufende

Vorgänge gezogen werden können. Die Beschreibung von Bedeutungen kann

unterschiedlich erfolgen: Während die Beispielnennung und die Zerlegung in

Bedeutungsbestandteile oft schnell an ihre Grenzen kommen, kann mit der

Methode der Paraphrase die Wortbedeutung zumindest umschrieben werden.

Dabei wird die Bedeutung eines Wortes durch andere Wörter beschrieben, welche

allerdings wiederum erklärungsbedürftig wären (vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004)

S. 34 f.). Die Wortbedeutung durch Äquivokation zu bestimmen, hat auch in der

Psychologie, der Philosophie und der Soziologie Tradition (vgl. Bitawy, M.

(2004), S. 15). Ein Problem der Linguistik im Allgemeinen besteht darin, dass sie

nicht, wie etwa die Mathematik, über zwei getrennte Sprachen verfügt, sondern

Metakommunikation und Kommunikation sich letztendlich nur der natürlichen

Sprache bedienen können (vgl. Watzlawick, P.; Beavin, J.; Jackson, D. (2011),

Seite 47 f.). Insgesamt ergibt sich aus dem Bestreben der Semantik, mit dem Geist

etwas über den Geist zu erfahren, also ein Zirkelschluss (vgl. Schwarz, M.; Chur,

J. (2004) S. 34 f.). Es ist meines Erachtens also nicht sinnvoll, künstliche

Metasprachen zur linguistischen Beschreibung heranzuziehen.

Neben der Wortbedeutung untersucht die lexikalische Semantik auch die

Sinnrelationen zwischen Wörtern. Die Art der Beziehung zwischen einzelnen

Wortbedeutungen wird genauer analysiert; diese kann dann beispielsweise als

semantisches Feld beschrieben werden. Auch der Kontext spezifiziert die

Bedeutung von Wörtern, dabei kann es zu starken Differenzen zwischen der

lexikalischen Bedeutung und den aktuellen Bedeutungen im Kontext kommen

(vgl. Schwarz, M.; Chur, J. (2004) S. 18). Da der Kontext eine entscheidende

Rolle für die Verschiebung von Wortbedeutungen spielt, ist seine Analyse ein

entscheidender Bestandteil der Korpusrecherche. Hier wird besonders nach

Lexemen gesucht, die überdurchschnittlich häufig mit dem zu untersuchenden

Wort auftreten, den so genannten Kollokationen bzw. Kookkurrenzen. Es gilt nun

zu untersuchen, ob es Lexeme oder semantische Felder gibt, welche die

Wortbedeutung auf eine spezifische Weise verändern; dies ist dann jeweils im

Kontext zu überprüfen.

2.1 Politischer Sprachgebrauch

In der politolinguistischen Forschung werden vor allem autosemantische Wörter

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betrachtet, die für politische Kommunikation typisch zu sein scheinen. Es muss

allerdings beachtet werden, dass es sich nicht um eine festgelegte Teilmenge von

Lexemen handelt. Gerade im Sprachbereich der politischen Auseinandersetzung,

welche vor allem auch an politische Laien gerichtet ist und über die Medien

ausgetragen wird, sind die verwendeten Wörter stärker themengebunden (vgl.

Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 16). Die politische Semantik beschäftigt sich

also nicht mit allgemeinsprachlichen Bedeutungen, welche oft relativ zeitstabil

sind. Im Fokus der Untersuchungen liegen vielmehr die „[…] relativ zum

entsprechenden Diskurs changierenden Bedeutungen von (Schlag-)Wörtern im

politischen Sprachgebrauch.“ (Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 26, Z. 1-3).

Bei Schlagwörtern handelt es sich um Lexeme, die über einen bestimmten

Zeitraum hinweg in öffentlicher politischer Kommunikation häufig auftreten, mit

denen „… oft ein ganzes politisches Programm kondensiert erfasst und

gleichzeitig die positive oder negative Einstellung gegenüber dem bezeichneten

Programm transportiert wird.“ (Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 20, Z. 18-20).

Man darf sie also keineswegs als Worthülsen betrachten, vielmehr haben sie eine

komplexe Bedeutungsstruktur, aus der sie ihr Wirkungspotential beziehen (vgl.

Klein, J. (1989), S. 12, Naser Shrouf, A. (2005), S. 32). Sie vereinfachen zum

einen die Kommunikation über komplexe Sachverhalte, haben also einen

programmatischen Gehalt, zum anderen haben sie auch einen Meinungsgehalt:

Der Sachverhalt wird gleichzeitig vor dem Hintergrund einer bestimmten

Zielvorstellung bewertet.

Schlagwörter sind häufig gruppengebunden. Dienen sie vor allem der positiven

Selbstdarstellung und Profilbildung, nennt man sie Fahnenwörter. Auch

Stigmawörter sind gruppengebunden; sie haben die Funktion, eine konkurrierende

politische Gruppierung negativ zu bewerten. Versuche, bestimmte Schlagworte

für die eigene politische Gruppe zu beanspruchen oder Gegenentwürfe zu

Fahnenwörtern anderer politischer Gruppen zu machen, lassen sich immer wieder

beobachten. Als Instrumente der politischen Beeinflussung erfüllen sie einen

Mobilisierungszweck, der nicht als manipulierend, sondern als demokratie-

erhaltend betrachtet werden kann (vgl. Naser Schrouf, A. (2005), S.

33).Schlagworte werden auch gezielt von Sprechergruppen verändert bzw. neu

geschaffen, um auf die Äußerungen von konkurrierenden politischen Gruppen

reagieren zu können. Um noch einmal die Waffenmetaphorik zu bemühen: Es

findet ein andauerndes Wettrüsten statt. Ein weiterer Indikator für semantische

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Konkurrenz sind die sogenannten Sprachthematisierungen. Dabei wird ein von

einer politischen Sprechergruppe verwendetes Schlagwort selbst zum Gegenstand

der Auseinandersetzung. Diese Metakommunikation hat zum Ziel, die eigene

Perspektive auf den Sachverhalt mittels Sprachregelung zu stärken bzw. die des

politischen Gegners zu schwächen (vgl. Schröter, M.; Carius, B. (2009), S. 30 f.,

Strauß, G.; Haß, U.; Harras, G. (1989), S. 32 ff.).

2.2 Bedeutungswandel

Die Tatsache, dass zwischen einem Wort und seiner Bedeutung kein direkt-

kausales Verhältnis besteht, ermöglicht den Bedeutungswandel, denn so kann ein

Lexem mehrere Bedeutungen tragen und neue Verwendungsweisen übernehmen.

Zu den bestehenden Gebrauchsregeln kommen weitere hinzu, oder bestehende

Gebrauchsregeln werden weniger frequentiert und fallen schließlich weg; dies

kann als extensiver bzw. reduktiver Bedeutungswandel bezeichnet werden (vgl. El

Bitawy, M. (2004), S. 51; Keller, R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 101).

Bei der Differenzierung oder Bedeutungsverengung nimmt die Menge der

möglichen Denotate ab; die Menge der essentiellen Merkmale wird gleichzeitig

größer. Die neue Bedeutung steht also zu der alten Bedeutung in der semantischen

Relation der Hyponymie. Wird ein Ausdruck metaphorisch gebraucht, überträgt

man Merkmale eines anderen Konzepts auf das mit dem Ausdruck bezeichnete

Konzept. Ein Ausdruck wird in der Kommunikation aber erst als metaphorisch

interpretiert, wenn dem Rezipienten der wörtliche Sinn unter den gegebenen

Äußerungsumständen irrational erscheint und er annehmen muss, dass der

Sprecher diesen auch nicht intendiert hat. Die Voraussetzung dafür ist

gemeinsames (Welt-)Wissen. Der metaphorische Gebrauch von Sprache ist selbst

noch kein Bedeutungswandel. Dieser liegt erst vor, wenn die Metapher

lexikalisiert, also „[…] zu einer sprachlichen Bedeutung verregelt […]“ (Keller,

R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 36) wurde. Auch hier kann die alte Bedeutung neben

der neuen erhalten bleiben. Das metonymische Verfahren ist ein weiteres

wichtiges Verfahren, um neue Sinnvarianten zu erzeugen. Während bei der

Metapher eine Beziehung zwischen verschiedenen Konzepten hergestellt wird,

wird hier die Bedeutung innerhalb eines häufig recht komplexen Konzeptes

verschoben (vgl. Keller, R.; Kirschbaum, I. (2003), S. 15 ff.).

Keller und Kirschbaum weisen darauf hin, dass Sprecher dazu neigen, „… den

Gebrauch eines mehrdeutigen Wortes in einer seiner Bedeutungen zu vermeiden,

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15

wenn sie mögliche Missverständnisse antizipieren.“ (Keller, R.; Kirschbaum, I.

(2003), S. 101) Dadurch können bestimmte Bedeutungsvarianten sehr schnell aus

dem Sprachgebrauch und somit auch aus der Sprache verschwinden.

In Sprachgemeinschaften gibt es bestimmte Sprechergruppen, Themen und

Kommunikationsformen, die auffällig häufig semantische Innovationen

herbeiführen. Dazu gehören auch soziale und politische Themen. In ihnen finden

individuelle, gruppenspezifische oder institutionelle Festlegungen statt, durch die

neue Konzepte, also Auffassungen von der Welt, geschaffen werden. In diesem

Zusammenhang finden auch sprachnormative oder sprachplanerische Eingriffe

statt (vgl. El Bitawy, M. (2004), S. 59 ff.).

2.3 Diskursbegriff und Diskursanalyse

Unter dem Begriff „Diskurs“ verstehen Busse und Teubert „[…] im

forschungspraktischen Sinn virtuelle Textkorpora, deren Zusammensetzung durch

im weitesten Sinne inhaltliche (bzw. semantische) Kriterien bestimmt wird.“

(Busse, D.; Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 14, Z. 1-3). Die Texte können

sich dabei mit einem als Forschungsgegenstand gewählten Thema,

Wissenskomplex oder Konzept, befassen und/oder sie stehen in einem

gemeinsamen Zusammenhang bezüglich Aussage, Kommunikation, Funktion

oder Zweck. Weiterhin müssen sie den durch den Forschungsrahmen gesetzten

Eingrenzungen in Hinblick auf Zeitraum, Areal, Gesellschaftsausschnitt,

Kommunikationsbereich und Texttypik entsprechen. Auch Texte, die durch

explizite oder implizite Verweise aufeinander Bezug nehmen und so einen

intertextuellen Zusammenhang bilden, gehören dem Diskurs an. Reale Korpora

stellen nur Auszüge dieser Diskurse dar, da sie nur eine begrenzte Teilmenge des

Diskurses enthalten. Für Busse und Teubert steht bei der Diskursdefinition also

das Forschungsinteresse des Wissenschaftlers im Mittelpunkt (vgl. Busse, D.;

Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 14 f.; Jung, M. (1994b), S. 60).

Entsprechend setzt die Konstitution eines Diskurses bereits

Interpretationshandlungen seitens des Forschers voraus. Busse und Teubert

machen aber deutlich, dass dies auch für die lexikalische Semantik gilt, deren

Forschungsgegenstand keineswegs eindeutig bestimmbar ist, sondern ebenfalls in

seiner Deutung vom Forschungsinteresse abhängt (vgl. Busse, D.; Hermanns, F.;

Teubert, W. (1994), S. 16).

Das sprachwissenschaftliche „[…] Interesse an Diskursen entspringt der Absicht,

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16

die sprachlichen Manifestationen alternativer Sichtweisen und

Vorstellungswelten, Gedanken- und Bedeutungsparadigmen, der epistemischen

Voraussetzungen und Leitelemente, die das Thema bzw. den

Untersuchungsgegenstand bestimmen, ausfindig zu machen, zu dokumentieren

und zueinander in Beziehung zu setzen.“ (Busse, D.; Hermanns, F.; Teubert, W.

(1994), S. 18, Z. 19-23) Als möglichen Zugang nennen sie die Analyse von

Lexemen in ihren kontextabhängigen Verwendungsweisen. Dabei können

Phänomene wie begriffliche Äquivalenz oder Bedeutungswandel (siehe Kapitel 5)

ermittelt und für die weitergehende Diskursanalyse genutzt werden. Die

Wortanalyse kann aber immer nur ein Teil der Diskursanalyse sein (vgl. Busse,

D.; Hermanns, F.; Teubert, W. (1994), S. 18).

Nach dem Diskursverständnis von Busse und Teubert kann auch die Atomkraft-

Debatte im Rahmen einer Forschungsarbeit mit entsprechender Zielsetzung als

Diskurs bezeichnet werden. Es ist dann unter anderem Ziel einer solchen

Untersuchung nachzuweisen, dass zwischen den ausgewählten Texten, die für den

Diskurs repräsentativ sein sollen, eine Reihe von semantischen Beziehungen

bestehen. Ein Nachweis solcher semantischer Netze kann möglicherweise in

dieser Arbeit erbracht werden. In diesem Zusammenhang kann die vorliegende

Arbeit ihrer Ausrichtung nach als Diskursanalyse betrachtet werden, auch wenn

der Fokus primär auf den zentralen Lexemen der Debatte liegt. Über die

Beschreibung der Verwendungsweisen, Frequenz und gegebenenfalls

Veränderungen der zentralen Begriffe in den beiden untersuchten Zeiträumen

hinaus sollen aber auch Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden mentalen

Konzepte gezogen werden. Auch Jung bedient sich in seiner historisch sehr breit

angelegten Arbeit dieses Diskursbegriffs (vgl. Jung, M. (1994a), S. 12 f.).

2.4 Korpuslinguistik

In der Wissenschaft gibt es grundsätzlich zwei Herangehensweisen, eine stark

theoriegeleitete und eine stärker empirisch geprägte. Die Korpuslinguistik ist

dabei eine Forschungsrichtung, in der Wissenschaftler mit einer enormen Menge

an authentischen Sprachdaten empirisch arbeiten kann. Damit lässt sich der

tatsächliche Sprachgebrauch betrachten und beschreiben. Gegenüber anderen

Zugängen zu empirischem Material handelt es sich tatsächlich um authentischen,

weitgehend unreflektierten Sprachgebrauch. Bei Sprecherbefragungen,

Fragebögen und den meisten Experimenten kann man solche Daten nicht

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17

gewinnen; zudem sind diese Vorgehensweisen auch sehr aufwendig und die

gesammelten Daten sind dementsprechend weniger umfangreich (vgl. Scherer, C.

(2006) S. 1 f.).

Lemnitzer und Zinsmeister definieren ein Korpus als Sammlung schriftlicher oder

gesprochener Äußerungen, die typischerweise digitalisiert sind. Die Bestandteile

des Korpus sind Texte, welche aus den Daten selbst bestehen und gegebenenfalls

aus Metadaten, welche die Daten beschreiben, sowie aus linguistischen

Annotationen, die den Daten zugeordnet sind. Eine solche Textsammlung kann

zufällig entstanden oder Resultat sorgfältiger Planung sein (vgl. Lemnitzer, L.;

Zinsmeister, H. (2006), S. 7).

Scherers Definition für den Begriff (Text-)Korpus ist enger gefasst: „Ein Korpus

ist eine Sammlung von Texten oder Textteilen, die bewusst nach bestimmten

sprachwissenschaftlichen Kriterien ausgewählt und geordnet werden.“ (Scherer,

C. (2007), S. 3) Unter Texten werden hier nicht nur schriftsprachliche

Äußerungen verstanden, sondern auch mündliche Äußerungen wie Vorträge,

Radiosendungen, Telefongespräche oder Alltagsgespräche. Der Zweck eines

Korpus besteht darin, einen Ausschnitt der Sprache zu repräsentieren, die man

untersuchen möchte. Je nach Untersuchungsgegenstand und Fragestellung können

auch kleine Korpora recht zuverlässige Aussagen ermöglichen. Die Bedingung

dafür ist, dass die zu untersuchenden sprachlichen Elemente in ausreichender Zahl

vorkommen. Neu angelegte Korpora sind heute in der Regel elektronische

Korpora, die mit Hilfe eines Computers ausgelesen und mit Hilfe spezieller

Analyseprogramme bearbeitet werden können und so einfacher zu handhaben sind

(vgl. Scherer, C. (2007), S. 3 ff.).

Bei der Untersuchung von Sprache mit Hilfe von Korpora kann man zwischen

drei unterschiedlichen Ansätzen unterscheiden.

Der korpusbasierte, quantitative Ansatz ist ein extrem empiristisch geprägter

Forschungsansatz, bei dem aus nicht linguistisch annotierten Korpora quantitative

Daten gewonnen werden. So können absolute und relative Häufigkeiten von

Zeichenketten ermittelt und in eine Rangfolge gebracht, zu der Anzahl der Texte

in Beziehung gesetzt und untereinander bezüglich Häufigkeit oder gemeinsamen

Vorkommens verglichen werden. Das n-Gramm-Verfahren ermöglicht durch

Analyse der Vorkommenshäufigkeit von Untereinheiten linguistischer Einheiten,

formähnliche Wörter in Anfrage und Text aufeinander abzubilden (vgl.

Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 33 ff.).

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Der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Ansatz ist dem zuvor beschriebenen

sehr ähnlich. Das Korpus bildet die einzige Ausgangsbasis für die linguistische

Untersuchung. Das Ziel liegt in der Beobachtung und Beschreibung von reellem

und damit kontextgebundenem Sprachverhalten. Allerdings bleiben die aus dem

Korpus extrahierten Daten nicht uninterpretiert. Den größten Nutzen hat dieser

Ansatz in der Lexikographie, der Übersetzungswissenschaft für den

Sprachunterricht und auch für sprachkritische Untersuchungen erbracht (vgl.

Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 36 f.).

Bei korpusgestützten Ansätzen dienen die im Korpus enthaltenen Daten nicht

dazu, eine Theorie aus ihnen abzuleiten, sondern nur als zusätzliche Quelle der

Evidenz. Das Korpus an sich ist nicht von Interesse, sondern darin wird gezielt

nach syntaktischen Konstruktionen gesucht, die Voraussagen aus einer Theorie

bestätigen oder widerlegen sollen. Diese syntaktischen Konstruktionen sind aber

häufig so komplex, dass die meisten Korpusabfragesprachen dem nicht

gewachsen sind (vgl. Lemnitzer, L.; Zinsmeister, H. (2006), S. 37).

In dieser Arbeit wird der korpusbasierte, quantitativ-qualitative Forschungsansatz

verfolgt. Zum einen soll reelle Sprachverwendung untersucht werden, ohne dass

zuvor unnötige Einschränkungen getroffen werden, zum anderen eröffnen sich

durch die gewonnenen Daten möglicherweise ganz neue Denkansätze, die aus

dem eigenen Sprachverständnis nicht abgebildet werden können und die deshalb

unberücksichtigt bleiben würden.

Die Grundvoraussetzung für die Anerkennung von Forschungsergebnissen als

wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Nachprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit;

beides kann ein Korpus in vielen Fällen leisten (vgl. Lemnitzer, L.; Zinsmeister,

H. (2006), S. 10).

3. Korpusrecherche und Interpretation der Ergebnisse

Der Fokus dieser Arbeit liegt also auf den zentralen Begriffen der Atomkraft-

Debatte, wie sie zwischen dem 11. September 2010 und dem 11.Semptember

2011 im medial vermittelten Sprachgebrauch verwendet wurden und wie sie sich,

möglicherweise durch die Ereignisse von Fukushima beeinflusst, verändert haben;

das Korpus enthält für diese Untersuchung Texte, die zwischen dem 28.10.2010

und dem 30.10.2011 veröffentlicht wurden. Für die Untersuchung der einzelnen

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Begriffe werden zunächst zwei Teilkorpora gebildet; im Abschnitt 3.1 wird der

Aufbau des Korpus näher erläutert. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der

leichteren Nachvollziehbarkeit habe ich mich entschlossen, die einzelnen Begriffe

in eigenen Artikeln zu beschreiben, wobei auf eine kurze Darstellung der

Rechercheergebnisse zunächst deren Interpretation und dann der Vergleich der

gewonnenen Ergebnisse folgen. In einem letzten Schritt möchte ich die

Ergebnisse meiner Untersuchung mit den in „Brisante Wörter von Agitation bis

Zeitgeist“ von Haß dargestellten Untersuchungsergebnissen zum Themenbereich

„Umwelt“ aus dem Jahr 1989 vergleichen (soweit dies möglich ist). Die einzelnen

untersuchten Begriffe werden nach dem Vorbild der oben genannten

Untersuchung teilweise zu Gruppenartikeln zusammengefasst, um weitgehend auf

Verweise zwischen den Artikeln verzichten zu können. Auf eine alphabetische

Sortierung der Artikel wird verzichtet, da die Zahl recht übersichtlich ist und

inhaltliche Kriterien sowie die absolute Häufigkeit im Korpus eine Rolle spielen.

Artikel, die besonders geläufige Begriffe bezeichnen, sollen dabei am Anfang

stehen, Artikel zu spezifischeren Begriffen dagegen am Schluss. Zur leichteren

Orientierung sind die einzelnen Artikel im Inhaltsverzeichnis aufgeführt. Die

Belege zu den einzelnen Artikeln sind im Anhang zu finden; die Nummerierung

ist fortlaufend und orientiert sich an der Reihenfolge der Artikel; nach jedem

Begriff wird auf die zugehörigen Belege verwiesen.

3.1 Das Korpus

Die Grundlage für das Erstellen eines Korpus ist eine wissenschaftliche

Fragestellung, aus der hervorgehen muss, was der Untersuchungsgegenstand ist,

in welcher Varietät er untersucht werden soll, welcher Zeitraum berücksichtigt

werden soll und welche sprachlichen Einheiten und Strukturen für die

Fragestellung relevant sind. Der Gegenstand dieser Untersuchung sind die

zentralen Begriffe der Atomkraftdebatte, also vor allem auch die sogenannten

Schlagworte (siehe Kapitel 4.1). Als Ausschnitt aus der Sprachwirklichkeit wird

die durch die Presse medial vermittelte politische Auseinandersetzung im Sinne

eines erweiterten Politikverständnisses nach Schröter und Carius gewählt. Dies

hat verschiedene Gründe: Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass in der

medial vermittelten politischen Auseinandersetzung Schlagwörter und daran

gekoppelte persuasive Absichten noch deutlicher zu Tage treten als beispielsweise

in Bundestagsreden oder parteiinternen Debatten. Zum anderen ermöglicht die

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leichtere Zugänglichkeit zu diesen Texten nicht nur eine ökonomische

Arbeitsweise, sondern garantiert einer breiten Leser- und Hörerschaft, an einer

solchen Debatte (zumindest passiv) teilzuhaben. Da im Rahmen dieser

Untersuchung auch der mögliche Bedeutungswandel von einzelnen Lexemen

betrachtet werden soll, spielt die Größe der Leser- bzw. Hörerschaft durchaus eine

Rolle, denn nur intensiv gebrauchte (und rezipierte) Verwendungsweisen haben

auch die Chance, einmal lexikalisiert zu werden. Dafür werden Artikel aus den

online verfügbaren Archiven der Wochenzeitung ‚Die Zeit’ (www.zeit.de) und der

Nachrichtenmagazine ‚Der Spiegel’ (www.spiegel.de), ‚Der Stern’

(www.stern.de) und ‚Focus’ (www.focus.de) sowie aus zwei bekannten

Tageszeitungen, nämlich ‚Die Welt’ (www.welt.de) und ‚Bild’ (www.bild.de),

herangezogen. Die Texte wurden den aufgeführten Internetauftritten der Magazine

bzw. Zeitungen zwischen dem 28.10.2011 bis 30.10.2011 entnommen.

Der Zeitraum der Untersuchung ist durch ein Ereignis, dessen einschneidender

Charakter auch für den Sprachgebrauch angenommen wird, in zwei

Untersuchungszeiträume getrennt. In Folge der Atomkatastrophe von Fukushima,

die von einem Erdbeben am 9.März 2011 und einem darauf folgenden Tsunami

ausgelöst wurde, fand in der deutschen Energiepolitik eine anscheinend

endgültige Abkehr von der Atomkraft als Energiequelle statt. Diese war zwar

bereits im Jahr 2000 von der rot-grünen Regierung durch ein Verbot des Neubaus

von Atomkraftwerken und eine Begrenzung der Laufzeiten bis zum Jahr 2022

beschlossen worden. Die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzlerin Merkel

forderte jedoch im Herbst 2010 immer wieder eine Verlängerung der Laufzeiten

von Atomkraftwerken. Diese wurde am 28.10.2010 im Bundestag mit der elften

Änderung des Atomgesetztes beschlossen. Erst die Atomkatastrophe von

Fukushima verlagerte den Inhalt der Atomkraft-Debatte von einer Verlängerung

der Laufzeiten auf eine Beschleunigung des im Jahr 2002 erneuerten

Atomgesetzes, auch als Atomkonsens bezeichnet, festgeschriebenen

Ausstiegsplans. Schließlich traf die schwarz-gelbe Regierung im März 2011 die

Entscheidung, die Laufzeit aller deutschen Atomkraftwerke stufenweise bis 2022

zu beenden. Dazu wurde im Juni 2011 vom Deutschen Bundestag das 13. Gesetz

zur Änderung des Atomgesetzes beschlossen. Der Einfluss der Ereignisse von

Fukushima auf die Einstellungen und das Denken der Menschen in Deutschland

ist unbestritten; es stellt sich aber die Frage, ob sich ein derartiger Umbruch in

Einstellungen und Denken auch in der Sprachverwendung niederschlägt. Dies soll

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an den zentralen Begriffen untersucht werden. Dafür muss wie im Kapitel 3.5.

bereits angedeutet, die Synchronie der Diachronie vorausgehen, wobei der

Zeitraum vom 11. September 2010 bis zum 11. März 2011, also sechs Monate vor

Fukushima, einem entsprechend großen Zeitraum nach dem entscheidenden

Ereignis, also der 12. März 2011 bis 11. September 2011, gegenübergestellt

werden. Der Untersuchungszeitraum nach dem Ereignis beginnt erst mit dem

12.März, weil erst zu diesem Zeitpunkt die nukleare Katastrophe medial bekannt

wurde. Die Resultate sollen noch mit Ergebnissen aus einer anderen

Untersuchung (Strauß, G; Haß, U.; Harras, G. (1989), S. 397-557) verglichen

werden. Es wäre dabei interessant, den Einfluss von Großereignissen mit dem

verändernden Einfluss großer Zeiträume, in diesem Fall über 20 Jahre, zu

vergleichen.

Um ein einerseits aussagekräftiges und andererseits handhabbares Korpus zu

erhalten, werden ca. 200 Texte mit je mindestens 150 laufenden Textwörtern

ausgewählt. Je 100 Texte davon wurden aus dem Zeitraum vom 11. September

2010 bis 11. März 2011 (Teilkorpus 1) bzw. aus dem Zeitraum 12. März 2011 bis

11.September 2011 (Teilkorpus 2) ausgewählt. Die Auswahl erfolgt gemäß

inhaltlichen Kriterien, wie oben in Kapitel 2 erklärt. Im Teilkorpus 1 sind je 15

Texte, die von „Stern“, „Welt online“, „Bild“, „Focus“ und „Spiegel online“

veröffentlicht wurden, und 25 Texte aus dem Internetauftritt der Wochenzeitung

„Zeit online“ enthalten. Das Teilkorpus 2 besteht aus ebenfalls 100 Texten, in

gleicher Verteilung.

Die einzelnen Texte werden mit Metadaten zu Quelle und Datum der

Veröffentlichung versehen, um sie bei den folgenden Analysen entsprechend

einschätzen zu können und die Belege eindeutig zu kennzeichnen. Auf eine

Annotation des Korpus wird verzichtet; es ergibt sich dabei jedoch die

Schwierigkeit, dass bei allen untersuchten Lexemen alle grammatischen

Kategorien des Wortes berücksichtigt oder aber einige begründet ausgeschlossen

bzw. hervorgehoben werden. Dazu werden die Suchbegriffe so eingegeben, dass

die flexionsbedingt abweichenden Endungen durch die Eingabe ‚*’ ersetzt sind;

so werden vom Analysetool alle Wortformen im Korpus gesucht, die mit der

eingegebenen Buchstabenfolge beginnen.

Zur Analyse des Korpus wird das Korpusanalysetool Antconc verwendet, das im

Internet kostenlos verfügbar ist (www.antlab.sci.waseda.ac.jp/software.html) und

alle wichtigen Analysefunktionen zur Verfügung stellt.

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3.2 Auswahl der untersuchten Lexeme

Im Rahmen dieser Arbeit habe ich mich für ein korpusbasiertes Vorgehen

entschieden, was auch Auswirkungen auf das Vorgehen bei der Auswahl der zu

untersuchenden Begriffe hat. Diese sollten idealerweise nicht ausschließlich aus

der Sprachwahrnehmung der forschenden Person abgeleitet werden, sondern auch

aus empirischen Untersuchungen. Dazu dient hier das Gesamtkorpus: Mit Hilfe

der Wortliste, in der die Wortform-Types nach ihrer absoluten Häufigkeit im

Korpus sortiert werden, können die Begriffe ausfindig gemacht werden, die

besonders oft im Korpus vorkommen. Aus dieser Liste werden die Begriffe

ausgewählt, die für die Thematik typisch sind und dabei häufig im Korpus

vorkommen. Es kann dann angenommen werden, dass diese Begriffe im

untersuchten Diskurs eine wichtige Rolle spielen. Natürlich muss diese

Interpretation auf Grundlage der Sprachwahrnehmung des Forschenden

stattfinden.

Die Auflistung der Wortform-Types nach ihrer absoluten Häufigkeit im Korpus

ergab wie erwartet, dass die oberen 50 Ränge weitgehend von Wortformen

verschiedener Funktionswörter besetzt waren. Auch Parteinamen wie Grüne oder

CDU nahmen einen hohen Rang in der Liste ein. Ab dem Rang 62 traten die

ersten Wortform-Types auf, die in einem thematisch anders gestalteten Korpus

nicht (in dieser Zahl) zu erwarten wären und die somit als typisch für die

Atomkraft-Debatte angesehen werden können (siehe Anhang: Wortliste des

Gesamtkorpus). Dazu zählen beispielsweise Atomkraft auf Rang 62 mit 227

Einzeltreffern, Atomausstieg auf Rang 70 mit 197 Treffern, Atomkraftwerke auf

Rang 78 mit 169 Treffern und viele mehr. Im Folgenden werden die

Zusammenstellungen der einzelnen Artikel einzeln begründet, wobei auch der

Ranglistenplatz und die Trefferzahl der Wortform-Types angeführt wird, die zum

jeweiligen Artikel angeregt haben.

Der Artikel Atomkraft wird mit den Begriffen Atomenergie, Rang 144 mit 94

Treffern, und Kernenergie, Rang 145 mit ebenfalls 94 Treffern, sowie Kernkraft

mit 33 Treffern auf Rang 446 zu einem Gruppenartikel zusammengefasst, da es

sich bei diesen Begriffen um Alternativbezeichnungen handelt. Die denotativ-

deskriptiven Bedeutungsaspekte dieser vier Begriffe sind weitgehend identisch;

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23

die Tatsache, dass diese vier Begriffe dennoch nebeneinander existieren, weist

darauf hin, dass sie sich in anderen Bedeutungsaspekten unterscheiden.

Das Lexem Atomausstieg, das als dieses Wortform-Type mit 197 Treffern Rang

70 belegt, soll zusammen mit den Lexemen Energiewende, Rang 89 mit 145

Treffern, und Energiekonzept mit 39 Treffern auf Rang 372 in einem

Gruppenartikel behandelt werden. Dabei ist zu diesem Zeitpunkt allerdings noch

nicht klar, ob einige Bedeutungsvarianten von Energiekonzept und Energiewende

Bezeichnungsvarianten für Atomausstieg sind.

Besonders auffällig war die Vielzahl der Bezeichnungsvarianten für

Atomkraftwerk, als Wortform-Type Atomkraftwerke auf Rang 78 mit 169

Treffern. Neben dem daraus gebildeten Akronym AKW auf Rang 79 mit 168

Treffern traten auch die Bezeichnungen Meiler, Rang 112 mit 117 Treffern, das

Kurzwort für Atommeiler, Rang 340 mit 42 Treffern, und Kernkraftwerk, als

Wortform-Type Kernkraftwerke mit 47 Treffern auf Rang 306, und auch das

Lexem Reaktor auf Rang 395, 37 Treffer, auf. Das Akronym von Kernkraftwerk

(KKW) kommt im Korpus nicht vor und wird somit nicht berücksichtigt.

Mit einem seiner Wortform-Types auf Rang 113 und 116 Treffern scheint auch

der Begriff Laufzeitverlängerung einer der zentralen Begriffe der Atomkraft-

Debatte zu sein. Er soll in einem Einzelartikel behandelt werden.

Auch der Begriff Castor wird in dieser Untersuchung berücksichtigt, da das

Wortformtype Castor mit 114 Treffern den Rang 117 einnimmt. Es ist im

Folgenden zu prüfen, ob die Häufigkeit (einigermaßen) gleichmäßig auf die

beiden Teilkorpora verteilt ist und ob auch hier mögliche Unterschiede bei den

signifikanten Kollokationen ausfindig zu machen sind. Im gleichen Artikel wird

auch Atommüll, Rang 196 mit 74 Treffern, behandelt, da es sich bei einem Castor

um einen Spezialbehälter zum Transport hoch-radioaktiver Abfälle handelt.

Auf Rang 210 ist der Eigenname Fukushima zu finden, dazu gibt es 70 Treffer.

Das Lexem ist jedoch polysem, neben der Region nördlich von Tokio kann damit

auch auf den dort stehenden Kernreaktor oder auf die nukleare Katastrophe Bezug

genommen werden. Dies soll im Folgenden näher untersucht werden. Mit den

Begriffen Katastrophe, Rang 466 mit 31 Treffern, und GAU, der nicht unter den

ersten 500 Rängen der Wortliste gefunden werden konnte, soll Fukushima in

einem Gruppenartikel behandelt werden.

Bei den Begriffen Endlager, das auf Rang 277 mit 51 Treffern zu finden ist, und

Zwischenlager, mit 48 Treffern auf Rang 302, erscheint vor allem der

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Wortbildungsstamm –Lager interessant. Hier ist auch darauf einzugehen, dass die

Alternativbezeichnung Entsorgungspark, die im Schlagwörterbuch „Brisante

Wörter von Agitation bis Zeitgeist“(1989) von Strauß, Haß und Haaras noch

aufgeführt war, im Korpus nicht auftaucht.

Auch der Begriff erneuerbare Energien scheint in der Atomkraft-Debatte, wie sie

durch das Korpus abgebildet ist, eine wichtige Rolle zu spielen. Auf Rang 72

befinden sich mit 195 Treffern das Wortform-Type Energien und auf den Rängen

148 und 267 mit 93 bzw. 53 Treffern verschiedene grammatische Formen des

Lexems erneuerbar. Ob diese Lexeme wirklich zusammen im Begriff

erneuerbare Energien auftreten, soll im Wortartikel geklärt werden. Der Begriff

der alternativen Energien soll dagegen gestellt werden. Auch der Begriff

Ökostrom soll berücksichtigt werden, auch wenn er mit nur 18 Treffern nicht als

zentraler Begriff bezeichnet werden kann.

Auf Rang 365 steht mit 40 Treffern das Wortform-Type Risiken. Hier erscheint

zunächst erstaunlich, dass der bekannte Begriff Restrisiko nur sieben Mal im

Korpus zu finden ist. Im Wortartikel sollen beide Begriffe gegeneinander

abgegrenzt und die Dominanz des Ausdrucks Risiken erklärt werden.

In einem Einzelartikel wird der Begriff der Brückentechnologie behandelt. Er ist

(als dieses Wortform-Type) zwar nur mit 19 Treffern im Korpus enthalten,

allerdings scheint der Begriff insofern interessant zu sein, als er eine Metapher ist.

Ob die Verwendungsweisen in der Atomkraft-Debatte immer auf die Atomenergie

bezogen sind, soll in der Analyse geklärt werden.

Am Anfang der Analyse sollen die Wortbildungseinheiten Atom-/atom- und Kern-

/kern- bezüglich ihrer Produktivität betrachtet werden. Interessant sind hier vor

allem solche Komposita, die nicht oder nur selten mit Atom-/atom- statt Kern-

/kern- gebildet werden oder umgekehrt.

3.3 Atom-/Kern-, atom-/kern- Die Suchanfrage atom* zu der Wortbildungseinheit Atom-/atom- ergab für das Teilkorpus 1895 Treffer. Auf den ersten Blick sind in der KWIC-Anzeige zahlreiche Wortbildungen zu sehen. In der Cluster-Anzeige mit einer gewählten Größe von zwei können Kollokationen und Wortbildungen mit Atom-/atom- betrachtet werden, die nach ihrer absoluten Häufigkeit geordnet sind. Darunter sind folgende Wortbildungen zu nennen: Anti-Atomkraft-Bewegung (5 Treffer), Atomaufsicht (10 Treffer), Atomausstieg (44 Treffer), Atomdeal (13 Treffer), Atomenergie (36 Treffer), Atomgesetz (39 Treffer), Atomindustrie (18 Treffer), Atomlobby (3 Treffer), Atomkraft (106 Treffer), Atomkraft-Gegner (66 Treffer), Atomkraftwerke (110 Treffer), Atomkompromiss (12 Treffer), Atomkonzerne (17 Treffer), Atomlaufzeiten (25 Treffer), Atommeiler (27 Treffer), Atommüll (63 Treffer), Atommüll(end)lager (7 Treffer), Atommüll-Transport (10 Treffer), Atompaket (4 Treffer), Atompolitik (30 Treffer) und viele mehr. Unter den signifikanten Kollokationen sind Atomkraft auf Rang drei, Atomkraftwerke auf Rang vier Atommüll auf Rang

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neun und Atomkraftgegner auf Rang 13 zu nennen. (Siehe dazu Anhang 2) Im Teilkorpus 2 ergab die Suchanfrage atom* 804 Treffer; auch hier sind wieder zahlreiche verschiedene Wortbildungen zu beobachten. Besonders häufige Wortbildungen sind: Anti-Atom(kraft)-Bewegung (12 Treffer), Atomausstieg (198 Treffer), Atomenergie (57 Treffer), Atomindustrie (8 Treffer), Atomlobby (3 Treffer); Atomkatastrophe (12 Treffer), Atomkonzerne (12 Treffer), Atomkraft (122 Treffer), Atomkraftgegner (20 Treffer), Atomkraftwerk (109 Treffer), Atom-Moratorium (9 Treffer), Atompolitik (15 Treffer), Atomsteuer (6 Treffer), Atomstrom (24 Treffer), Atomzeitalter (5 Treffer). Zu der Suchanfrage anti-atom* wurden 24 Treffer gefunden; darunter auch Anti-Atom-Aktivisten, Anti-Atom-Protest, Anti-Atom-Organisation, Anti-Atom-Stimmung. Die Ergebnisse der Korpusrecherche zeigen, dass Atom-/atom- eine äußerst

produktive Wortbildungseinheit im Atomkraft-Diskurs ist. Dabei ergibt sich aus

den Rechercheergebnissen beider Teilkorpora, dass Atom- vor allem von

Sprechern benutzt wird, die den damit gekennzeichneten Sachverhalt als

gefährlich, durch wirtschaftliche Interessen fehlgeleitet und aus Gründen des

Umwelt- und Bürgerschutzes moralisch nicht verantwortbar darstellen möchten.

Diese Wortbildungseinheit enthält also eine starke negative

Bedeutungskomponente; Wortbildungen wie Atomdeal, Atomlobby, Atommüll und

die Wortbildungen mit Anti- zeigen deutlich die Werthaltung.

Im Teilkorpus tritt noch ein weiterer Begriff auf, der in diese Reihe einzufügen

ist: Atomkatastrophe lässt schließlich keinen Zweifel an der Haltung des

Sprechers. Aber auch der Begriff Atomzeitalter ist, wie der Kontext zeigt, ‚etwas,

das es zu beenden gilt’ und ‚über dessen Ende man nur erleichtert sein kann’

(„Die Grünen streben an, das Atomzeitalter in Deutschland in der kommenden

Legislaturperiode zu beenden.“ (Spiegel online, 18. 03.2011). (Siehe dazu Belege

1 bis 3)

Die Suchanfrage kern* liefert dagegen nur 106 Treffer im Teilkorpus 1. Es konnten folgende Wortbildungen ermittelt werden: Kernbrennstoff (2 Treffer), Kernbrennstoffsteuer (3 Treffer), Kernenergie (21 Treffer), Kernforschungsprojekt (1 Treffer), Kernforschungszentrum (2 Treffer), Kernkraft (11 Treffer), Kernkraftgegner (11 Treffer), kernkraftkritisch (1 Treffer), Kernkraft-Sommer (2 Treffer), Kernkraftwerk (42 Treffer), Kernreaktor (2 Treffer), Kernschmelze (1 Treffer), Kernspaltung (1 Treffer) Für das Teilkorpus 2 ergibt die gleiche Suchanfrage 167 Treffer. Auffällige Wortverbindungen waren dabei: Kernbrennstoff (2 Treffer), Kernbrennstoffsteuer (2 Treffer), Kernenergie (73 Treffer), Kernkraftgegner (6 Treffer), Kernkraftnutzung (1 Treffer), Kernkraftwerk (43 Treffer), Kernkraftwerkbefürworter (2 Treffer), Kernschmelze (2 Treffer), kerntechnisch (3 Treffer). Die Wortbildungseinheit Kern-/kern- ist dagegen stärker an Ausdrücke des

technischen Bereichs gebunden, wie aus den Wortbildungen Kernbrennstoff,

Kernschmelze und kerntechnisch abgeleitet werden kann. Sie ist dabei eher positiv

wertend bis wissenschaftlich neutral. Allerdings kann Kern- auch von Sprechern

benutzt werden, um die Unangemessenheit von Protesten zu betonen, so

kernkraftkritisch, Kernkraftgegner, Kernkraft-Sommer (siehe dazu Belege 4 bis

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6). Das Lexem Kernenergie scheint infolge der Ereignisse von Fukushima eine

deutliche Wiederbelebung erfahren zu haben, siehe dazu Kapitel 3.4.

Im Vergleich der beiden Wortbildungseinheiten kann für die Ergebnisse von Haß

aus dem Jahr 1989 zu den Wortbildungseinheiten Atom-/atom- und Kern-/kern-

gesagt werden, dass sie die Verwendung auch heute noch treffend beschreiben.

Während Atom- besonders abwertend und vor allem von linksliberal

einzustufenden Sprechern gebraucht wird, ist Kern- eher aufwertend gemeint und

wird vor allem von Befürwortern dieser Energietechnik und von Experten auch in

fachsprachlichen Ausdrücken verwendet. Auch das starke Überwiegen von

Wortbildungen mit Atom- im Gegensatz zu Kern- in Texten der öffentlich-

politischen Kommunikation kann anhand der absoluten Trefferzahlen bestätigt

werden.

3.4 Atomkraft/Atomenergie/Kernkraft/Kernenergie Im Teilkorpus 1 ergab die Suchanfrage nach dem Wortformtype Atomkraft 106 Treffer, wobei Texte aus Focus online seltener vertreten sind als die übrigen Quellen. Es wurden insgesamt 105 Cluster bei einer Clustergröße von zwei Tokens gefunden; besonders häufig sind die Cluster Atomkraft-Gegner, Anti-Atomkraft, gegen Atomkraft mit einer absoluten Anzahl von mindestens acht im Teilkorpus. Die Kollokationsanalyse ergab als signifikante Kollokationen die Präposition gegen, das Nomen Gegner, das Wortbildungsmorphem Anti- sowie die Partikel nein; daneben sind noch weitere Kollokationen zu nennen: Sicherheit, Schluss, Bewegung, protestieren und Großdemonstration, die jeweils zwei bis drei Mal in der Nähe von Atomkraft auftreten. Für das Teilkorpus 2 wurden 122 Treffer angezeigt. Auch hier finden sich wieder die Cluster Anti-Atomkraft, Atomkraft-Bewegung und ohne Atomkraft. Die Wörter gegen, Anti-, Bewegung, ohne, nein und Schluss sind als signifikante Kollokationen zu bezeichnen. Der Vergleich zwischen den beiden Teilkorpora ergibt, dass das Lexem Atomkraft

im Teilkorpus 2 geringfügig häufiger verkommt. Auffällig sind die Ergebnisse aus

der Kollokationsanalyse: Die Kollokationspartner Gegner sowie Sicherheit und

Großdemonstration kommen im Teilkorpus 2 nicht mehr vor, dafür erscheint

ohne häufiger in Verbindung mit Atomkraft. Der Begriff ist zwar immer noch

stark negativ konnotiert bzw. wird mit der gegen diese Technologie gerichteten

Bewegung verbunden, bestimmte Cluster scheinen andere aber verdrängt zu

haben. So scheint die Anti-Atomkraft-Bewegung ein weitgehend feststehender

Begriff zu sein. Dies könnte dafür sprechen, dass die damaligen Gegner der

Atomkraft sich nun als Bewegung verstehen und auch von außen als solche

betrachtet werden. Mit diesem Wechsel ist natürlich eine enorme Aufwertung

verbunden, denn der Begriff Bewegung lässt sich mit Fortschritt und

Rechtmäßigkeit verbinden, während die Wortverbindungen Atomkraft-Gegner

oder gar Anti-Atomkraft-Aktivisten deutlich negativer konnotiert sind. (Siehe dazu

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Korpusbelege 7-12.)

Die Suche nach Atomenergie ergab 37 Treffer im Teilkorpus 1. Als signifikante Kollokation sind das Nomen Nutzen und die Präposition gegen zu nennen. Weitere Kollokationen sind Brückentechnologie, protestiert und Übergangsnutzung. Im Teilkorpus 2 kommt das Lexem dagegen 57 Mal vor. Auffällig war die hohe Frequenz des Clusters Atomenergie aussteigen, welches so fünf Mal im Korpus auftritt. So zählt aussteigen auch zu den signifikanten Kollokationen. Im Vergleich der Rechercheergebnisse zeigt sich, dass bestimmte Kollokationen

nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Korpus nicht mehr auftreten. Da

das Lexem aber sogar häufiger geworden ist, kann angenommen werden, dass der

Begriff der Atomenergie in den letzten sechs untersuchten Monaten im Diskurs

mit anderen Themen in Verbindung gebracht wurde als vorher. Wie die nicht

mehr nachweisbare Kollokation zu Brückentechnologie zu erklären ist, soll unten

im Abschnitt 3.13 erläutert werden. Es scheint aber, dass Atomenergie im

Teilkorpus 2 eher mit einem Ausstieg (und seinen möglichen Problemen)

assoziiert wird als mit Protesten, die dies fordern; sie als Übergangslösung zu

bezeichnen ist nicht mehr möglich. (Siehe dazu Belege 13 bis 16) Das Lexem Kernkraft ist elf Mal im Teilkorpus 1 zu finden. Als inhaltlich auffällige Kollokationen können Nutzung, und Kohle betrachtet werden. Mit 22 Treffern ist Kernkraft im Teilkorpus 2 stärker vertreten. Signifikante Kollokationen sind nicht auszumachen. Auch wenn der Begriff Kernkraft im Teilkorpus 2 häufiger vertreten ist, scheint er

dort unspezifischer verwendet zu werden als im Teilkorpus 1. Hier verhält es sich

ähnlich wie bei dem Begriff Kernenergie: Kernkraft wird nicht länger als

‚zukunftsfähige Alternative’ betrachtet, sondern es wird vor allem die Problematik

eines Ausstiegs aus der Kernenergie mit dem Begriff verknüpft. Die

Herausstellung der aktuellen Bedeutung dieser Technologie für die

Energiewirtschaft dient hier letztlich dazu, den Ausstieg aus der Atomenergie, der

nicht mehr zu verhindern ist, in die Länge zu ziehen (siehe dazu Belege 17 bis

20). Im Teilkorpus 1 kommt der Begriff Kernenergie 21 Mal vor. Bedeutsame Kollokationen sind Nutzung und Deutschland. Auch bei diesem Lexem ist die absolute Anzahl, nämlich 73 Treffer, im zweiten Teilkorpus höher. Die Cluster Kernenergie aussteigen und Kernenergie auszusteigen sowie ohne Kernenergie weisen leicht erhöhte Frequenzen auf; in der Kollokationsanalyse zeigt sich, dass sie auch signifikante Kollokationen sind; eine weitere interessante Kollokation bildet das Wort unumkehrbar. Es zeigt sich ein ähnliches Bild wie schon bei Atomenergie und Kernkraft.

Während der Ausstieg bis zu den Ereignissen von Fukushima umstritten war, steht

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seitdem nur die Frage zur Diskussion, wie dieser zu bewerkstelligen ist (siehe

dazu Belege 21 bis 23).

Im Vergleich der Bezeichnungsalternativen untereinander kann festgehalten

werden, dass Atomkraft besonders von solchen Sprechergruppen verwendet wird,

welche den damit bezeichneten Sachverhalt negativ darstellen möchten und dazu

auch Slogans wie „Atomkraft? Nein danke.“ (Stern 26.03.2011) nutzen. Der

Begriff wird aber auch zur Bezeichnung von Personen (-Gruppen) verwendet, die

der Nutzung der Atomenergie kritisch gegenüber stehen. Auch wenn die

Sicherheit dieser Technologie in Frage gestellt wird, tritt der Begriff Atomkraft

häufiger auf als bei den Bezeichnungsalternativen.

Diese sind bei Weitem nicht so negativ konnotiert, sondern können (vor allem

Kernenergie und Atomenergie) in einer breiteren Bedeutung gebraucht werden.

Für sie alle ist auch die Kollokation Nutzen typisch, die bei Atomkraft so nicht zu

finden ist. Kernkraft ist unter den Bezeichnungsalternativen am deutlichsten

positiv konnotiert und wird dementsprechend auch bevorzugt von

Sprechergruppen gewählt, die dieser Technologie gegenüber positiv eingestellt

sind.

Diese Untersuchungsergebnisse entsprechen im Wesentlichen auch denen aus der

Untersuchung von U. Haß (siehe Strauß, G.; Haß, U.; Harras, G. (1989)). Der

Begriff der Atomkraft wird allerdings nicht länger als unangemessen oder gar

falsch betrachtet. Der durch die Ereignisse von Fukushima ausgelöste Prozess des

Umdenkens schlägt sich auch in der Sprache nieder, wie die teils stark

veränderten Kollokationspartner zeigen: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist

nicht mehr umstritten, sondern nur noch der Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

3.5 Atomkraftwerk/AKW/Kernkraftwerk/Meiler/Reaktor Im Teilkorpus 1 ergibt die Suchanfrage nach dem Begriff Atomkraftwerk, für den die Eingabe als Atomkraftwerk* erfolgte, 135 Treffer. Mit einer Frequenz von zwölf ist deutschen Atomkraftwerke das auffälligste Cluster. Bei der Kollokationsanalyse tritt deutschen jedoch erst auf Rang neun auf. Die Verbindung zwischen den Wörtern Atomkraftwerk und Laufzeitverlängerung kommt relativ zur Anzahl der einzelnen Wörter häufiger vor. Dies liegt auch daran, dass die Lexeme deutsch und Deutschland ohnehin recht häufig im Korpus vertreten sind, wie die Wortliste aus dem Gesamtkorpus ergeben hat. Deutschland nimmt dementsprechend auch Rang 16 ein. Davor, auf Rang 13, findet man den Begriff Laufzeitverlängerung, der in einem eigenen Artikel behandelt wird. Auch die Wortform-Types auf den Rängen 22, bauen mit sechs Treffern, und 47, gefährden mit drei Treffern, sind für die Beschreibung der Gebrauchsweisen zu berücksichtigen. Die Gesamttrefferzahl im Teilkorpus 2 mit 111 etwas geringer; in ihrer Häufigkeit besonders auffällige Cluster sind deutschen Atomkraftwerke und acht Atomkraftwerke. Diese Wörter tauchen auch als Kollokationsparnter auf den Rängen fünf und elf wieder auf. Mit sechs Treffern befindet sich der Begriff Netz auf Rang 16. Kollokationen mit geringerer Stärke sind stilllegen, abschalten

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und Laufzeiten. Der Vergleich zwischen den Daten zeigt, dass sich der Kontext, in dem das Wort

verwendet wird, aufgrund äußerer Bedingungen stark verändert hat. Während die

Daten und Belege aus dem Teilkorpus 1 darauf hindeuten, dass die Gefährlichkeit

dieser Technologie betont und zu Protest aufgefordert wird, zeigen die Belege im

Teilkorpus 2, dass die Diskussion um die Beherrschbarkeit dieser Technologie

weitgehend beendet ist und nur noch die Art und Weise eines Ausstiegs aus der

Kernenergie zu diskutieren ist. Der Begriff Atomkraftwerk scheint indes bei

Weitem nicht so negativ konnotiert zu sein wie erwartet; auch die erwartete

Produktivität bei der Wortbildung ist nicht nachzuweisen (siehe Belege 24 bis 29). Die Suchanfrage nach dem Akronym AKW ergab im Teilkorpus 186 Treffer. Auch hier ist eine der signifikanten Kollokationen Laufzeiten, auf Rang drei mit 28 Treffern. Auch Verlängerung auf Rang acht und Laufzeitverlängerung auf Rang 12 sind aus der Analyse von Atomkraftwerk bekannt. Aber auch Anti und Bewegung, die Rang fünf bzw. sechs einnehmen, zählen eindeutig zu den signifikanten Kollokationen. Auch die Ortbezeichnungen Krümmel, Rang 13, Brunsbüttel, Rang 24, kommen als Kollokationen vor. Inhaltlich interessant sind auch die Kollokationen auf den Rängen 21, Pannen, und 22, Gegner. In den Einzelbelegen zeigt sich, dass AKW scheinbar bevorzugt zur Kompositabildung herangezogen wird. Es finden sich Zusammenstellungen wie AKW-Streit, AKW-Laufzeitverlängerung, Pannen-AKW, AKW-Renaissance und viele mehr. Die absolute Trefferzahl ist im Teilkorpus 2 höher, sie beträgt 102. Unter den Kollokationen befinden sich in diesem Teilkorpus Anti (Rang vier) und Bewegung (Rang 6) auf den vorderen Plätzen. Auch abschalten ist noch als signifikante Kollokation zu nennen. Aus den Belegen gehen wiederum innovative Wortbildungen hervor, so beispielsweise AKW-Wrack, Stand-By-AKW, Uralt-AKW. Der Nutzen von Kurzwörtern kann zum einen darin bestehen, beim Sprechen Zeit

zu sparen, die Aussprache komplizierter Begriffe zu vermeiden, oder zum anderen

auch in der Verschleierung oder Hervorhebung seiner Bedeutung oder bestimmter

Bedeutungsaspekte. Im Fall von AKW zeigen sich mehrere dieser Effekte

nebeneinander. Zunächst scheint die Kürze des Begriffs ihn für die Bildung von

Komposita zu prädestinieren, viele der Komposita sind jedoch als stark wertend

einzustufen wie beispielsweise Pannen-AKW oder auch Uralt-AKW. Nicht zuletzt

zeigt auch die Nähe zu der Wortbildungseinheit Anti und dem Wort Bewegung die

bevorzugte Verwendung des Begriffs mit negativer Konnotation. Ein erkennbarer

Unterschied zwischen den Verwendungsweisen vor und nach Fukushima besteht

in dem fast völligen Fehlen der Kollokationspartner Laufzeit,

Laufzeitverlängerung und Verlängerung, die teilweise auch zur Bildung von

Komposita mit AKW gebraucht worden waren (siehe dazu Belege 30 bis 36). Das Lexem Kernkraftwerk kommt 42 Mal im Teilkorpus 1 vor. Die Kollokationsanalyse ist bei Weitem nicht so ergiebig wie bei den bisher untersuchten Lexemen dieses Artikels; nur die Kollokation Laufzeitverlängerung, die mit drei Treffern immerhin noch Platz zwölf erreicht, kann

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als signifikant betrachtet werden. Die übrigen Ränge sind weitgehend von Funktionswörtern besetzt. (Siehe dazu Belege 37 bis 40) Im Teilkorpus 2 ist Kernkraftwerk 44 Mal vertreten. Die signifikanten Kollokationen sind acht auf Rang sechs, abgeschaltet auf Rang sieben und verbleibenden auf Rang acht. Auffällig ist auch der Begriff Kaltreserve mit zwei Treffern, der bis jetzt noch gar nicht als Partnerwort auftrat. Der Begriff Kernkraft scheint nach den Ergebnissen der Korpusrecherche kein

besonders stark wertender Begriff zu sein. Auch die Belege zeigen, dass

zumindest keine ausgeprägte negative Konnotation zu finden ist. Im Teilkorpus 2

zeigt sich deutlicher, dass der Begriff eher positive deontische Bedeutungsaspekte

enthält. Er wird meist in Kontexten benutzt, in denen die aktuelle Bedeutung der

Atomkraft für die Energieversorgung herausgestellt wird (siehe dazu Belege 37

bis 40). Im Teilkorpus 1 ist das Lexem Meiler 38 Mal und Atommeiler 27 Mal enthalten; die Suchanfrage *Meiler* ergibt aber noch das Kompositum Pannenmeiler. Auffällige Kollokationen sind Netz auf Rang sechs, Weiterbetrieb auf Rang 14 sowie Uralt und umstrittene auf den Rängen 15 bzw. 16. Unter den Clustern wird schließlich das Kompositum Uralt-Meiler aufgeführt. Dieselben Suchanfragen ergeben im Teilkorpus 2 zusammengezählt deutlich mehr Treffer, nämlich 93 für Meiler* und 23 für Atommeiler*. Als signifikante Kollokation ist wieder Netz zu nennen. Auf Rang zehn mit 18 Treffern steht der Eigenname Krümmel, darauf folgt abgeschaltet auf Rang elf, stillgelegten ist auf Rang 21 mit vier Treffern zu finden. Eine extrem starke Wertung enthält die Zusammensetzung Methusalem-Meiler (siehe Beleg 44). Mit der Bezeichnung Meiler wird die funktionale Seite der Anlagen betrachtet.

Diese wird vor allem als unzureichend bewertet, wie die Formulierungen Uralt-

Meiler und ähnliche erkennen lassen. Diese Formulierungen werden nach der

Katastrophe von Fukushima noch intensiviert. Mit dem Gebrauch dieser

Bezeichnungsvariante wird impliziert, dass das Alter der Atomkraftwerke deren

Sicherheit negativ beeinflusst (siehe dazu Belege 41 bis 45). Die Suchanfrage *Reaktor* ergab insgesamt 61 Treffer, allerdings sind darunter zahlreiche Komposita aus der Fachsprache zu finden, die nicht die gesamte Anlage, sondern Teile davon bezeichnen; dazu zählen Reaktorkessel, Reaktorblock, Reaktorkühlkreislauf und andere. Die Suche nach auffälligen Clustern ergab Reaktorsicherheit und (schweren) Reaktorunfall. Die Kollokationen Umweltministerium auf Rang 19 sowie Abteilungsleiter auf Rang 23 und Sicherheit auf Rang 31 sollen bei der Analyse berücksichtigt werden. Im Teilkorpus 2 ist das Lexem 58 Mal enthalten. Es sind allerdings nur zwei Komposita zu finden, die auf einen Teil der Anlage referieren, nämlich Reaktorgebäude, ein Treffer, und Reaktorblöcke, ein Treffer. Allerdings treten die Bezeichnungen Reaktorsicherheitskommission acht Mal und Reaktorsicherheitsabteilung einmal auf. Das ansonsten bei Weitem überwiegende Kompositum ist Reaktorkatastrophe mit neun Belegen; darauf folgt Reaktorunglück mit fünf Treffern. Signifikante Kollokationen sind Fukushima mit elf Belegen auf Rang sieben, Japan mit fünf Treffern auf Rang 14 und Netz auf Rang 19 mit noch drei Treffern. Die Zusammensetzung Uralt-Reaktor kann einmal im Korpus nachgewiesen werden. Auch mit dieser Bezeichnungsvariante werden vor allem Bedeutungsaspekte

hervorgehoben, die auf die Funktionstüchtigkeit bezogen sind. In diesem

Zusammenhang wird die Reaktorsicherheit diskutiert. Nach den Ereignissen von

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Fukushima wird Reaktor zur Bildung der zentralen Komposita, welche diese

bezeichnen, verwendet und dabei den anderen Bezeichnungsvarianten

vorgezogen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bezeichnungsvariante

Atomkraftwerk, die ebenso wie AKW besonders häufig vorkommt, nicht so stark

wertend ist wie die Ergebnisse aus der vorangegangenen Analyse von Atomkraft

(siehe 3.4 Atomkraft/ Atomenergie/ Kernkraft/ Kernenergie) hätte vermuten

lassen. Diese Rolle kommt besonders dessen Akronym AKW zu. Zudem ist die

Produktivität von AKW bezüglich Komposita enorm hoch, höher als die aller

anderen Bezeichnungsvarianten, was auch mit seiner kurzen Form

zusammenhängt. Viele Partnerwörter lassen die negative Konnotation eindeutig

erkennen (Pannen-AKW, Uralt-AKW). Letzteres gilt auch für die

Bezeichnungsvariante Meiler, mit der die Sicherheit nicht unbedingt generell in

Frage gestellt wird, sondern stark mit dem technischen Stand und damit dem Alter

der Anlage in Verbindung gebracht wird. Auch Reaktor ist eine

Bezeichnungsvariante, die ebenfalls stärker die Technologie in den Mittelpunkt

rückt, dabei können aber auch Mängel beschrieben werden; nach den Ereignissen

von Fukushima wird sie den anderen Begriffen und auch der Wortbildungseinheit

Atom- bei der Bezeichnung des Unglücks vorgezogen. Kernkraftwerk kann

dagegen als deutlich wertneutraler, wenn nicht sogar positiv konnotiert bezeichnet

werden.

3.6 Castor/ Atommüll Im Teilkorpus 1 ergibt die Suchanfrage *Castor* 138 Treffer. Signifikante Kollokationen sind die Wortform-Types Transport und Gegner auf den Plätzen zwei bzw. fünf zu finden; Castor tritt mit diesen Begriffen auch als Kompositum auf. Auf Castortransport entfallen dabei neun, auf die Schreibvariante Castor-Transport 32 Treffer. Bei dieser Suche kommen auch weitere Komposita vor, nämlich Castor-Transportstrecke und Castor-Transportbehälter. Aus den einzelnen unmittelbaren Kontexten, die über die KWIC-Ansicht schnell abfragbar sind, ergeben sich noch weitere Möglichkeiten der Wortbildung für Castor, darunter Castor-Protest, Anti-Castor-Demo, Castor-Atomtransport, Castor-Export, Castor-Zug und Castorstrecke. Die Suchanfrage *Castor* ergab im Teilkorpus 2 nur vier Belege, in denen der Begriff jeweils als Kompositum auftritt; zwei Mal als Castor-Gegner und je ein Mal als Castor-Transport und Castor-Behälter. Bei dem Begriff Castor handelt es sich um ein Akronym aus dem

wissenschaftlichen Sprachgebrauch, das aus dem Englischen übernommen wurde

(cask for storage and transport of radioactive material). In der über die Medien

geführten Atomkraftdebatte ist der Begriff insofern spezifisch, als damit in

irgendeiner Weise auf radioaktives Material referiert wird. Der Aspekt des

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Transports ist dabei stärker betont, wie die zahlreichen Komposita erkennen

lassen. Interessant ist die Zusammensetzung Castor-(Transport-)Behälter, der

erkennen lässt, dass der Begriff Castor alleine als nicht eindeutig genug zur

Kennzeichnung des Gegenstandes ausreicht. Dies kann darauf zurückgeführt

werden, dass der Begriff Castor ganz generell auch für ‚die Thematik des

Transports von Atommüll’ gebraucht wird. Er ist also polysem. Darauf deuten die

anderen Komposita wie Castor-Gegner oder Castor-Protest hin; hier richtet sich

der Protest natürlich nicht gegen das Transport- und Lagerbehältnis für

hochradioaktiven Müll, das durch die aus dem wissenschaftlichen Sprachgebrauch

stammende Bedeutungsvariante bezeichnet wird.

Die enorme Differenz zwischen den Trefferzahlen aus den beiden Teilkorpora ist

die auffälligste Veränderung. Die verschiedenen Komposita sind aber trotz der

geringen Anzahl der Belege ein Hinweis darauf, dass sich die

Bedeutungsvarianten so wie oben dargestellt erhalten haben. Es kann festgestellt

werden, dass die Thematik des Diskurses sich nach den Ereignissen von

Fukushima stark verschoben hat. Dies ist auch damit zu erklären, dass in den

letzten sechs Monaten des untersuchten Zeitraums keine Castor-Transporte

stattgefunden haben. (Siehe dazu Belege 50 bis 53). Für die Suchanfrage *Atommüll* sind 88 Belege im Teilkorpus 1 zu finden. Als Partnerwörter können der Ortname Asse auf Rang sieben sowie der Begriff Transport auf Rang acht und Zwischenlager auf Rang elf; Endlager ist auf Rang 17 mit drei Treffern zu finden. Mit den Begriffen Lager bzw. Endlager oder Zwischenlager und Transport finden sich Komposita. Es tritt zudem das Cluster radioaktiver Atommüll auf. Im Teilkorpus 2 kommt Atommüll 21 Mal vor. Auch hier treten wieder verschiedene Komposita auf, so ist Atommüllendlager sechs Mal unter den Suchergebnissen zu finden, je ein Mal kommen Atommülltransport, Atommüllfragen und Atommüllproblem. Auch mit dem Begriff Atommüll wird auf radioaktives Material referiert, das aus

Kernanlagen stammt und nicht mehr für die Gewinnung von Energie nutzbar ist.

Hier liegt die Betonung jedoch nicht nur auf der Tatsache, dass dieses

transportiert wird, sondern es wird vor allem auch die Problematik der (End-)

Lagerung betont (siehe dazu auch 3.7 Endlager/Zwischenlager). Dies zeigen vor

allem auch die Komposita Atommüllfragen und Atommüllproblem, die im

Teilkorpus 2 auftreten. (Siehe dazu Belege 54 bis 57).

Die Berücksichtigung der Sprechergruppen zeigt, dass im Zusammenhang mit

dem Transport von hochradioaktivem Material von Seiten der Gegner bevorzugt

der Begriff Atommüll verwendet wird, während die Gegner von Castortransporten

vor allem von Kritikern (der Art und Weise) des Vorgehens beispielsweise als

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Atommüll-Gegner bezeichnet werden. Generell wird Castor aber selten im

Zusammenhang mit dem Vorhaben einer endgültigen Lagerung verwendet. Für

diesen Zweck scheint Atommüll vorbehalten zu sein, obwohl das radioaktive

Material natürlich in Castoren endgelagert wird.

3.7 Endlager/Zwischenlager Die Suchanfrage nach *Endlager ergab 34 Treffer; vier Mal ist darunter die Variante Atommüll-Endlager und ein Mal Atomendlager vertreten. Mit Hilfe der modifizierten Suchanfrage *Endlager* traten auch folgende Komposita auf: Endlagerfrage, Endlagerstandort, Endlagerstätte, Endlagerlösung und Endlagerexperte. Im Teilkorpus 2 ergab die gleiche Anfrage 24 Treffer. Auch die Varianten Atommüll-Endlager und Atomendlager kommen dabei vor. Interessante Kollokationen sind hier vor allem Suche auf Rang vier mit vier Belegen, mögliches und möglichen auf Rang 13 bzw. 14 mit je zwei Treffern. Auch Gorleben auf Rang 15 und Frage auf Rang 16 sollen der Vollständigkeit halber genannt werden. Die Rechercheergebnisse aus dem Teilkorpus 1 zeigen, dass der Begriff Endlager

tatsächlich als ‚endgültige Lagerstätte für hochradioaktive Abfälle’ verstanden

wird und nicht die Vorstellung besteht, dass der dort gelagerte Atommüll in einen

wirtschaftlichen Kreislauf eingebettet ist. Sowohl der Atommüll an sich als auch

die Möglichkeiten für dessen endgültige Lagerung werden als sehr problematisch

betrachtet. Auch nach den Ereignissen von Fukushima ist die Problematik immer

noch von der Diskussion über mögliche Endlagerstandorte geprägt. Die in

„Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist“ unter dem Kapitel Umwelt

beschriebenen Bezeichnungsalternativen Entsorgungspark, Entsorgungszentrum,

Entsorgungsanlage, Atommüllzentrum oder Atommülldeponie sind allesamt nicht

im Korpus nachweisbar. Bei dem seit ca. 1976 verwendeten Begriff

Entsorgungspark handelt es sich um einen Gegenstand intensiver Sprachkritik, da

er positive Assoziationen weckt, die mit dem Sachverhalt nicht vereinbar sind. So

ist auch zu erklären, dass dieser Begriff sowie zahlreiche

Bezeichnungsalternativen im untersuchten Diskursausschnitt nicht auftreten.

(Siehe dazu Belege 58 bis 61). Im Teilkorpus 1 ist der Begriff Zwischenlager mit 47 Treffern vertreten. Vier davon entfallen auf die Varianten Atommüll-Zwischenlager, zwei auf Castor-Zwischenlager. Signifikante Kollokationen sind vor allem Ortsnamen wie Gorleben mit 16 Belegen und Lubmin mit sechs. Auch das Wortform-Type Transport ist mit vier Treffern auf Rang 14 zu finden. Zwischenlager kommt im Teilkorpus 2 nur zwei Mal vor; beide Belege sind im Anhang zu finden. Es fällt auf, dass bei diesem Begriff in der Regel kein Atom- bzw. Atommüll- vorangestellt wird.

Auffällig ist vor allem das geringe Auftreten des Begriffs Zwischenlager im

Teilkorpus 2; die Diskussion scheint sich also vor allem auf die Problematik einer

endgültigen Lagerung verschoben zu haben. (Siehe dazu Belege 62 bis 65).

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Gerade der Wortbestandteil –Lager macht im Vergleich zu den praktisch nicht

mehr verwendeten Bezeichnungsvarianten klar, dass die dort eingelagerten Dinge

gerade nicht in den Wirtschaftskreislauf einbezogen sind. Zudem zeigt die

Abnahme der gebrauchten Konkurrenzausdrücke, dass die Diskussion um den

Sachverhalt (‚endgültige Lagerstätte für hoch radioaktive Abfälle’) weitgehend

abgeschlossen ist.

3.8 Restrisiko/Risiken Es wurde im Teilkorpus 1 die Suchanfrage *Risiko* eingegeben, unter den 17 Treffern kommt der Begriff Restrisiko kein einziges Mal vor. Es traten aber folgende Komposita auf: Unfallrisiko, GAU-Risiko, Risikotechnologie und Investitionsrisiko, Hochrisikopolitik. Auch das Adjektiv risikoreich ist zwei Mal im Teilkorpus vertreten. Die Kollokationsanalyse ergibt als Partnerwort das Wortformtype Stromausfälle mit zwei Treffern. Die Belege zeigen aber, dass nur mit speziellen Komposita wie Risikotechnologie auf die Kerntechnologie Bezug genommen wird. Die gleiche Suchanfrage ergab im Teilkorpus 231 Treffer; darunter sieben Mal der Begriff Restrisiko, ein Mal ist er allerdings in Anführungszeichen gesetzt. Unter den Clustern finden sich die Zusammensetzungen grenzenloses Risiko und tödlichen Risiko. Des Weiteren treten auch die Komposita Risikotechnologie (drei Mal), Atomrisiko (ein Mal) sowie je ein Mal Hochrisikotechnik und Hochrisikotechnologie. Aus den Ergebnissen der Korpusrecherche lässt sich ableiten, dass der Begriff

Risiko in der Atomkraft-Debatte vor den Ereignissen von Fukushima nur dann auf

die Nutzung der Atomkraft oder die technischen Anlagen bezogen ist, wenn die

Komposita dies ausdrücklich anzeigen, wie dies bei Risikotechnologie der Fall ist.

Stattdessen wird der Begriff vor allem benutzt, um auf die Probleme zu

verweisen, die durch ein Abschalten der Atomkraftwerke entstehen können. Auch

eine interessante bereichsinterne Metaphorisierung tritt im Teilkorpus 1 auf, wenn

die politische Haltung und das politische Handeln der Regierung im

Zusammenhang mit der Atomkraft als Hochrisikopolitik bezeichnet werden („Sie

werden deutlich machen, was sie von der schwarz-gelben Hochrisikopolitik halten

[sic!] und gegen die verheerenden Atompläne von Merkel und Co. laut

protestieren.“ (Bild, 18.09.2010)).

Im Teilkorpus 2 kommt auch Restrisiko vor, welches im Teilkorpus 1 vergeblich

gesucht wurde. Insgesamt wird der Begriff nun deutlich stärker wieder

unmittelbar auf die Atomkraft bezogen verwendet. Formulierungen wie

grenzenloses Risiko und tödliches Risiko machen dabei deutlich, dass die

Bedeutungskomponenten, die Risiko eigentlich enthält, nämlich berechenbar bzw.

kalkulierbar, beim Gebrauch ausgeblendet werden. Auch der Begriff des

Restrisikos wird eher kritisch verwendet. Dies zeigt auch die Beurteilung von

Restrisiko als ‚unverantwortliche Gefährdung’; immer wieder wird auch darauf

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verwiesen, dass es trotz des geringen Restrisikos zu Katastrophen wie Fukushima

kommen kann.

Ein Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen zum Begriff Restrisiko von Haß

in „Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist“ (Strauß, Haß, Harras (1989), S.

518) zeigt, dass die Ablehnung, auf die der Begriff schon bei seiner Einführung

gestoßen war, Auswirkungen gehabt hat. Im Korpus war er in Texten vor der

Katastrophe von Fukushima nicht vorgekommen, so dass daraus geschlossen

werden kann, dass er den meisten Sprechern, die auf die Gefahren der Atomkraft

verweisen wollen, nicht als angemessen erscheint. Nach dem einschneidenden

Ereignis wurde sich aber des umstrittenen Begriffs erinnert, und er wurde erneut

zur Diskussion gestellt; in dieser wurde er als unangemessen beurteilt. So ist auch

die Wortbildung Atomrisiko zu erklären. (Siehe dazu Belege 66 bis 69). Die Suchanfrage *Risiken* ergab neun Treffer im Teilkorpus 2; unter ihnen befindet sich allerdings kein einziges Kompositum. Es ist außerdem das Cluster atomare Risiken zu finden. Die Einzelbelege in der KWIC-Ansicht lassen zudem erkennen, dass Risiken vor allem in Bezug auf die ökonomische Nutzung von Kerntechnologie verwendet wird. Im Teilkorpus 2 steigt die Trefferzahl auf 35 an; unter ihnen kommt das Kompositum Sicherheitsrisiken zwei Mal vor. Eine besonders auffällige Wortbildung stellt Restrisiken dar, welche als bereichsinterne Metaphorisierung verwendet wird. Risiken wurde also im Teilkorpus 1 deutlich spezifischer verwendet als der

Singular Risiko; dies zeigt auch die spezifische Zusammensetzung atomare

Risiken. Im Teilkorpus 2 kommt Risiken zwar noch deutlich häufiger vor, hier

wird es aber weniger oft spezifisch auf Atomkraft bezogen verwendet. Es finden

sich auch Verwendungsweisen, die im Teilkorpus 1 nur mit dem Singular Risiko

auftraten, nämlich ‚Risiken für die Stromversorgung, wenn die Atomkraftwerke

abgeschaltet werden’. Die bereichinterne Metaphorisierung führt dazu, dass die

gesamte Problematik, die mit dem Begriff Restrisiko verbunden ist, darunter vor

allem die tatsächliche Unberechenbarkeit für Wissenschaftslaien, auf die

Atompolitik der Regierung übertragen wird. (Siehe dazu Belge 70 bis 73).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Plural des Begriffs Risiken vor

den Ereignissen von Fukushima spezifischer verwendet wurde als Risiko. Dieses

Bild verschiebt sich infolge der Katastrophe, da ein bis dahin weitgehend aus der

Diskussion verschwundener, weil umstrittener Begriff (Restrisiko) wieder erinnert

und als erneut diskussionsbedürftig betrachtet wird. Dies hat auch Auswirkungen

auf die beiden untersuchten Begriffe: Die Singularform wird nun (zumindest in

durch Adjektive verstärkter Form) auch in Bezug auf die Atomkraft verwendet.

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3.9 Alternative Energien/erneuerbare Energien/ Ökostrom Der Begriff alternative Energien ist im Teilkopus 1 nur ein einziges Mal nachweisbar. Die Bezeichnung alternative Energiepolitik tritt vier Mal auf, die Belege zeigen in Formulierungen wie ‚an ihrem Ende angekommen’, eine stark negative Wertung. Im Teilkorpus 2 ist er drei Mal enthalten, zusätzlich ist ein Mal der Begriff alternative Energiegewinnung zu finden. Aus den Belegen geht weiterhin hervor, dass diese Bezeichnungsvariante vor

allem, aber nicht ausschließlich, von Sprechergruppen gebraucht wird, die dem

Sachverhalt skeptisch gegenüber stehen und vor allem die Probleme betonen, die

im Zusammenhang mit dem Umstieg auf eine solche Energietechnik bestehen.

Der Vergleich mit den Untersuchungsergebnissen von Haß zum selben Begriff

(Strauß, Haß, Harras (1989), S. 416) zeigt, dass der Begriff immer noch in der

dort beschriebenen Bedeutung verwendet wird, seine Popularität aber stark

eingebüßt hat: Das Adjektiv alternativ wird hier in der dort mit (c) bezeichneten

Bedeutungsvariante verwendet, es bezeichnet in dieser Wortverbindung einen

Gegenstand, der als Gegenentwurf und zugleich Kritik an den bestehenden

inhumanen bzw. umweltschädlichen Verhältnissen verstanden wird. (Siehe dazu

Belege 74 bis 77). Für die Suchanfrage erneuerbare* konnten 94 Treffer gefunden werden; die bei Weitem häufigste Wortverbindung ist dabei erneuerbare Energien. Eine andere Wortverbindung kommt mit fünf Belegen im Teilkorpus vor: ‚Energie/Strom aus erneuerbaren Quellen’. Die Trefferzahl für das Teilkorpus 2 ist mit 114 nur geringfügig höher. Interessant ist dabei, dass neben der Zusammensetzung erneuerbare Energien nicht nur die Schreibweise Erneuerbare Energie zu finden ist, sondern auch nur von Erneuerbare gesprochen wird. Sonne und Wind können mit je zwei Treffern und einem Rang von 18 bzw. 11 als Partnerwörter bezeichnet werden. Der Vergleich der Rechercheergebnisse aus den beiden Teilkorpora zum Begriff

erneuerbare Energien zeigt, dass der Begriff sich inhaltlich zwar nicht verändert

hat, dass seiner Bedeutung im Diskurs aber auf verschiedene Weise Rechnung

getragen wurde. So weist die Großschreibung des Adjektivs darauf hin, dass es

sich nicht um eine beliebige Zusammensetzung handelt, sondern um einen

feststehenden Ausdruck. Gesteigert wird dieser Eindruck noch durch die

Reduktion des Mehrwortlexems auf nur dessen Adjektiv Erneuerbare. Die

Sprechergruppen, die diesen Begriff benutzen, werten den Sachverhalt zwar

positiv, betonen aber im Verwendungskontext häufig, dass der Umstellung der

Energiewirtschaft noch Hindernisse entgegenstehen, wie Belege aus dem

Teilkorpus 1 zeigen. (Siehe dazu Belege 78 bis 81). Im Teilkorpus 1 tritt der Begriff Ökostrom elf Mal auf; davon drei Mal als Kompositum Ökostrom-Anteil und ein Mal in der Wortverbindung Ökostrom- und Netzausbau. Die

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Einzelbelege lassen erkennen, dass neben der Erzeugung auch andere Aspekte der Energiewirtschaft im Kontext mitberücksichtigt werden. Die Suchanfrage Ökostrom* ergibt im Teilkorpus 2 14 Treffer; darunter sind die Zusammensetzungen Ökostromanteil, drei Treffer, und Ökostromausbau, Ökostromprojekte, Ökostrom-Anbieter, Ökostrombranche sowie Ökostromförderung mit je einem Beleg. Aus den Einzelbelegen geht hervor, dass vor allem die Problematik des Ausbaus in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Mit Blick auf die Untersuchung von Haß zur Wortbildungseinheit Öko-(siehe

Strauß/Haß/Harras (1989), S. 477) lässt sich die Verwendungsweise von Öko- hier

mit der dort unter (a) angegebenen Bedeutung umschreiben: Gegenstände,

Handlungsweisen, Zustände und Personen werden damit in ihrem Verhältnis zum

Thema Umwelt und Umweltschutz gekennzeichnet.

Es lässt sich festhalten, dass der Begriff Ökostrom häufiger als seine

Bezeichnungsvarianten zur Bildung von Komposita herangezogen wird.

Außerdem scheint er weniger häufig in Auseinandersetzungen um die

grundsätzliche Rechtfertigung von erneuerbaren Energien verwendet zu werden.

Er wird vor allem von Befürwortern dieser Energietechnik in Diskussionen um

die Verteilung der Stromproduktion auf verschiedene Energiequellen gebraucht.

In Kontexten, in denen der Begriff verwendet wird, kommt auch stärker die

technische und wirtschaftliche Seite der Thematik zur Sprache. Zwischen den

beiden Teilkorpora sind keine großen Unterschiede erkennbar, bis auf die

Tatsache, dass die Produktivität hinsichtlich der Wortbildung noch gesteigert ist.

(Siehe dazu Belege 82 bis 85).

Die Verteilung der Trefferzahlen zu den einzelnen Bezeichnungsvarianten zeigt

deutlich die Dominanz des Begriffs erneuerbare Energie, welcher zudem als

feststehender Ausdruck betrachtet werden kann, wie die neue Schreibvariante

zeigt. Auch die Verkürzung auf Erneuerbare zeigt die Gebräuchlichkeit im

Diskurs. Auffällig ist vor allem die geringe Anzahl der Belege für alternative

Energien; diesem Begriff war in der Untersuchung von Haß aus dem Jahre 1989

noch ein eigener Artikel gewidmet worden. Es scheint aber, dass alternative

Energien durch die Bezeichnungsvariante erneuerbare/Erneuerbare Energien

abgelöst wurde. In den wenigen Fällen, in denen er dennoch verwendet wird, ist

die Konnotation zudem eher negativ. Ökostrom ist schließlich die

Bezeichnungsvariante, die in Bezug auf die Wortbildung am produktivsten ist,

dies hängt vermutlich damit zusammen, dass es sich nicht um ein Mehrwortlexem

handelt. So lässt sich beobachten, dass mit dieser Bezeichnungsvariante eher die

technische und nicht die ideologische Seite thematisiert wird.

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3.10 Atomausstieg/Energiekonzept/Energiewende Der Begriff Atomausstieg konnte im Teilkorpus 41 Mal gefunden werden; unter den Treffern ist nur ein Kompositum zu finden, nämlich Atomausstiegsszenario. Als Cluster werden Atomausstieg beschlossen, grünen Atomausstieg, beschlossener Atomausstieg und bestehender Atomausstieg angezeigt; signifikante Kollokationen sind aber nicht zu finden. Die Trefferzahl ist im Teilkorpus 2 mit 191 Treffern deutlich höher. Die einzigen Komposita sind Atomausstiegsplan bzw. –Pläne und Atomausstiegsdebatte. Signifikante Kollokationen sind schnell mit drei Treffern auf Rang 18 sowie kritisiert mit ebenfalls drei Treffern. Die Daten aus dem Korpus zeigen, dass der Begriff Atomausstieg wie erwartet mit

der Politik von Rot-Grün in Verbindung gebracht wird. Dabei wird immer wieder

durch hinzugefügte Adjektive betont, dass die Abkehr von der Atomkraft

beschlossen ist, was impliziert, dass sie nicht rückgängig gemacht werden sollte.

Die Ergebnisse aus dem Teilkorpus 2 zeigen ein etwas anderes Bild: Allein

die enorme Menge der Belege lässt vermuten, dass der Begriff hier in einer

deutlich allgemeiner gefassten Bedeutung verwendet wird als im Teilkorpus 1.

Auch die Kollokationen legen nahe, dass mit Atomausstieg generell ‚die Abkehr

von der Atomkraft als zukunftsfähige Technologie’ gemeint ist und nicht die

Beschlüsse der rot-grünen Regierung aus dem Jahr 2002. Der Atomausstieg soll

zum einen schnell erfolgen, zum anderen ist er Gegenstand von Diskussionen und

muss sorgfältig geplant werden. (Siehe dazu Belege 86 bis 89). Auf den Begriff Energiekonzept entfallen 34 Treffer im Teilkorpus 1. Es sind keine Komposita zu finden. Signifikante Kollokationen sind Bundesregierung, mit fünf Treffern auf Rang drei, sowie auch Regierung, mit zwei Treffern auf Rang fünf. Auch die Kollokationen Atomlaufzeiten auf Rang 11 und längeren auf Rang acht sollen hier genannt werden. Im Teilkorpus 2 sind nur noch zehn Belege zu Energiekonzept zu finden. Aus den unmittelbaren Kontexten geht hervor, dass mit diesem Begriff fast ausschließlich auf die Pläne der Bundesregierung aus dem Herbst 2010 referiert wird. Der Begriff Energiekonzept wurde von der schwarz-gelben Regierung

aufgegriffen, um dem Atomausstieg von Rot-Grün nicht nur eine

Bezeichnungsalternative entgegenzusetzen, sondern es werden damit auch andere

Aspekte des Ausstiegs aus der Atomenergie betont. Einerseits impliziert das Wort

Konzept, dass es sich um eine Reihe von konkreten Plänen handelt. Damit wird

hervorgehoben, dass es sich bei dem von Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg

nicht um einen planvollen, geregelten Ausstieg aus der Atomenergie handelt, der

mit den Interessen der Bürger und der Wirtschaft vereinbar ist. Es kann also als

Fahnenwort bezeichnet werden. Andererseits wird der Atomausstieg begrifflich

nicht mehr ins Zentrum der Überlegungen gestellt, und die Laufzeitverlängerung

(siehe Kapitel 3.12) wird so als Teil des Energiekonzeptes gerechtfertigt. (Siehe

dazu Belege 90 bis 93).

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Im Teilkorpus 1 entfallen 15 Treffer auf den Begriff Energiewende. Aufgrund der geringen Trefferzahl sind keine signifikanten Kollokationen auszumachen, aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht kann aber abgelesen werden, dass Energiewende vor allem von Gegnern der Atomkraft verwendet wird bzw. auf eine Veränderung in der Industriewirtschaft bezogen ist, wobei der schnellstmögliche Ausstieg aus der Atomkraft maßgebend ist. Auch für den Begriff Energiewende steigt die Trefferzahl stark an und zwar auf 133 Belege. Energiewendepaket ist die einzige Zusammensetzung, die zu finden ist. Signifikante Kollokationen zu Inhaltswörtern treten nicht auf. Unter den Clustern finden sich allerdings einige interessante Wortnachbarschaften, so beispielsweise Merkels Energiewende, geplante Energiewende und beschleunigte Energiewende. Der Begriff Energiewende wird als Antwort auf das Fahnenwort Energiekonzept

benutzt, um entgegen dem von Schwarz-Gelb geprägten Begriff Energiekonzept

die schnellstmögliche Hinwendung zu erneuerbaren Energien zu betonen. Hier

liegt der Bedeutungsschwerpunkt nicht auf dem planvollen Vorgehen, sondern auf

der Abkehr von den traditionellen Energieerzeugungsarten Kohle, Gas und

Atomkraft und einer Hinwendung zu den erneuerbaren Energien (siehe dazu 3.9

alternative Energien/ erneuerbare Energien/ Ökostrom).

Ähnlich wie bei Atomausstieg verändern sich nach den Ereignissen von

Fukushima auch die Gebrauchsweisen von Energiewende. Der Begriff wird in

einer stark erweiterten Bedeutung verwendet, wie die Vielzahl der Belege schon

vermuten lässt. Es werden generell alle Bemühungen der Politik,Einfluss auf die

Energiewirtschaft zu nehmen, so auch das Energiekonzept der schwarz-gelben

Regierung, als Energiewende bzw. als Merkels Energiewende bezeichnet. So ist

auch die Zusammensetzung beschleunigte Energiewende zu verstehen, die

ebenfalls auf das Energiekonzept Bezug nimmt, das infolge der Atomkatastrophe

noch einmal überarbeitet wurde. (Siehe dazu Belege 94 bis 97).

Es zeigt sich also, dass die Begriffe keine Bezeichnungsvarianten darstellen,

zumindest nicht zu allen untersuchten Zeitpunkten. Energiekonzept ist ein Wort,

das seiner Funktion im Diskurs nach (zumindest vor den Ereignissen von

Fukushima) als Fahnenwort bezeichnet werden kann, denn es wertet das Handeln

der Regierung im Bereich der Energiewirtschaft als deutlich positiv und

kennzeichnet es dabei als überlegt und planvoll. Es kann als Gegenentwurf zum

Begriff Atomausstieg verstanden werden. Interessant ist dabei, dass ein

Bestandteil des Energiekonzepts die Verlängerung der Laufzeiten für

Atomkraftwerke war. Von der Opposition und von Atomkraft-Gegnern wurde

entsprechend eine Energiewende gefordert, eine Formulierung, welche die Abkehr

von den traditionellen Arten der Energieerzeugung betonen sollte.

Nach der Atomkatastrophe verschiebt sich das Verhältnis der Begriffe zueinander:

Atomausstieg und Energiewende werden nun in einer annähernd identischen,

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weiter gefassten Verwendung gebraucht. Sie können dort als

Bezeichnungsvarianten betrachtet werden.

3.11 Fukushima/GAU/Katastrophe Wie erwartet liefert die Suchanfrage Fukushima* keine Ergebnisse im Teilkorpus 1. Das Teilkorpus 2 enthält dagegen 69 Belege für das Wort Fukushima. Als signifikante Kollokationen treten Katastrophe, mit 15 Treffern auf Platz drei, und japanischen, mit sieben Treffern auf Rang sieben. Die Ränge elf und zwölf sind von Atomkatastrophe bzw. Reaktorkatastrophe besetzt. Aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht geht hervor, dass zahlreiche Wortverbindungen zur Bezeichnung der Ereignisse infolge des Bebens vom 09.03.2011 in Japan auftreten: Katastrophe von Fukushima, Fukushima-Katastrophe, Reaktorkatastrophe von Fukushima, Atomkatastrophe von Fukushima, Atomunglück von Fukushima, Atomkrise im japanischen Fukushima, Atomunfall von Fukushima, Ereignisse von Fukushima, Reaktorunglück im japanischen Fukushima, Nuklearkatastrophe in Fukushima Die Rechercheergebnisse lassen erkennen, dass die Ortsbezeichnung Fukushima

vor den Ereignissen vom 11.03.2011 im hier abgebildeten Diskurs nicht als

Standort einer Kernanlage bekannt war bzw. nicht als solcher thematisiert wurde.

Infolge der Katastrophe wird er natürlich zur genauen Kennzeichnung des

gemeinten Vorfalls benutzt; insofern ist der Gebrauch ähnlich wie bei anderen

Standortbezeichnungen für Atomkraftwerke auch. Die Einzelbelege zeigen

deutlich, dass für die Bezeichnung der Ereignisse zahlreiche

Bezeichnungsvarianten nebeneinander genutzt werden, dazu zählen auch

Komposita mit Katastrophe, die erst unter diesem Begriff näher beschrieben

werden sollen. Die übrigen Ausdrücke wie Atomkrise, Atomunfall, Ereignisse

oder Reaktorunglück werden durch den Zusatz von Fukushima spezifiziert.

Ähnlich wie auch bei dem schweren Atomunglück von Tschernobyl 1986 war zu

beobachten, dass der Eigenname allein schon als Verweis auf den Sachverhalt

genügt und die eigentlichen Bezeichnungen für den Sachverhalt, beispielsweise

Katastrophe oder Unglück, nicht mehr notwendigerweise im Ausdruck enthalten

sein müssen. Dies ist so zu erklären, dass der Eigenname Fukushima bisher in der

Atomkraft-Debatte nicht vertreten, also auch nicht inhaltlich besetzt war, so dass

er als Kurzform für die Wortverbindungen dienen kann, ohne dass

Missverständnisse entstehen. Ein weiterer Grund für die Wahl der kurzen Form

kann auch darin bestehen, dass eigentlich nicht ganz klar ist, wie die Katastrophe

von Fukushima nun eigentlich zu bewerten ist. Mit der Wahl des Begriffs

Fukushima kann also vermieden werden, sich auf eine der Bezeichnungsvarianten

wie Katastrophe, Unfall, Krise oder Ereignisse festzulegen. (Siehe dazu Belege

98 bis 100).

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Im Teilkorpus 1 ist der Begriff GAU drei Mal zu finden. In einem der Belege tritt GAU als Kompositum mit Risiko auf. Besonders interessant ist hier die bereichsinterne Metaphorisierung: (Beleg (102) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. Die befürchtete Vollbremsung in dieser Schlüsseltechnologie wäre ein GAU für die deutsche Volkswirtschaft. (Stern, 18.10.2010)) Für GAU sind im Teilkorpus 14 Einzelbelege zu finden; darunter kommt aber vier Mal der Eigenname Gauland vor, der natürlich nicht berücksichtigt wird. Von den verbleibenden zehn Treffern entfallen drei auf die intensivierte Form Super-GAU, einmal tritt die Zusammensetzung Atom-GAU auf. Aus den Einzelbelegen geht hervor, dass mit GAU vor allem auf das Atomunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 referiert wird. Die Ereignisse im Atomkraftwerk von Fukushima werden dagegen nur einmal als GAU bezeichnet; die restlichen vier Belege weisen darauf hin, dass mit GAU auf ein potenziell eintretendes Ereignis Bezug genommen wird und nicht auf bereits geschehene Atomkatastrophen. Das Akronym GAU, gebildet aus größter anzunehmender Unfall, wird in der

Atomkraft-Debatte, wie sie durch dieses Korpus abgebildet ist, eher selten

gebraucht. Im Teilkorpus 1 wird der Begriff vor allem unspezifisch, also nicht auf

ein bestimmtes Ereignis bezogen verwendet; so wird die Zusammensetzung GAU-

Risiko im Sinne von unvertretbares Restrisiko (siehe 3.8 Restrisiko/Risiken)

verwendet. Durch die bereichsinterne Metaphorisierung werden die

Bedeutungsaspekte Zerstörung, massive langfristige Schädigung und

Verseuchung auf die Ausbremsung der Entwicklung erneuerbarer Energien

übertragen, die von der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke erwartet wird.

Auffällig ist, dass auch im Teilkorpus 2 die Trefferzahl für GAU bei weitem

nicht so stark steigt wie für die Begriffe Fukushima oder Katastrophe. Die

wenigen Belege, in denen der Begriff vorkommt, nehmen damit entweder auf das

Atomunglück von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 Bezug oder referieren auf

mögliche, zukünftige atomare Katastrophen. Nur in einem einzigen Beleg sind mit

GAU tatsächlich die Ereignisse von Fukushima gemeint. (Siehe dazu Belege 101

bis 104). Auch der Begriff Katastrophe kommt nur zwei Mal im Teilkorpus 1 vor. Das eine Mal ist er als uneigentliches Sprechen markiert; in diesem Beleg kann die Verwendung auch als bereichsinterne Metaphorisierung betrachtet werden. (Beleg (106) Manche Sicherheitsvorkehrungen wie die zur Beherrschung von Störfällen seien so wichtig, dass es eine „Katastrophe“ sei, sei auf die lange Bank zu schieben, kritisierte Renneberg. (Spiegel online, 29.09.2010) Auch für den Begriff Katastrophe steigt die Trefferzahl im Teilkorpus 2 stark an, nämlich auf 55. Komposita sind, wie auch aus der Suchanfrage für Fukushima hervorging, Atomkatastrophe, Reaktorkatastrophe, Fukushima-Katastrophe, Tschernobyl-Katastrophe, Nuklearkatastrophe und Naturkatastrophe. Weitere signifikante Kollokationen sind nicht zu finden. Während im Teilkorpus 1 kaum Belege zum Begriff gefunden werden können,

steigt auch für diesen Begriff, wie für alle anderen dieses Artikels, die absolute

Trefferzahl im Teilkorpus 2 an. Es fällt auf, dass im Teilkorpus 1 mit dem Begriff

Katastrophe auf die Ereignisse von Tschernobyl aus dem Jahr 1986 referiert wird

oder er als bereichsinterne Metaphorisierung verwendet wird. Hier werden die

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Folgen, die aus einem Fehlverhalten resultieren, nämlich aus dem Aufschieben

der Sicherheitsvorkehrungen bei Störfallen, auf das Aufschieben an sich

übertragen (Siehe Beleg (106)). Im Teilkorpus 2 zeigt sich ein anderes Bild. Mit

dem Begriff Katastrophe wird vor allem auf die dramatischen Ereignisse von

Fukushima referiert, wie auch die zahlreichen Komposita mit Lexemen aus dem

Bereich der Kerntechnologie wie Atom-, Reaktor-, Nuklear- anzeigen.

Gelegentlich wird auch auf andere Sachverhalte Bezug genommen, dies wird aber

dann in der Regel durch Kompositabildung klar hervorgehoben, so beispielsweise

Tschernobylkatastrophe oder Naturkatastrophe. (Siehe dazu Belege 105 bis 108).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass vor der atomaren Katastrophe

vom März 2011 die Begriffe Fukushima, GAU und Katastrophe sehr gering bis

gar nicht frequentiert waren. Der Schwerpunkt der Diskussion lag, wie

beispielsweise die Artikel 3.6 Castor/ Atommüll und 3.7 Endlager/ Zwischenlager

zeigen, nicht auf der akuten, lebensbedrohlichen Gefährdung durch Unfälle in

Kernanlagen. Infolge der Ereignisse von Fukushima ist diese Bedrohung jedoch

wieder ins Bewusstsein der Sprecherinnen und Sprecher gerückt und verdrängt

einen Großteil der anderen Themen, die im Zusammenhang mit der

wirtschaftlichen Nutzung von Atomkraft diskutiert worden waren. Allerdings

wird es vermieden, die atomare Katastrophe als GAU zu bezeichnen. Ein Blick in

die Untersuchung von Haß zum Begriff GAU liefert hier einige erhellende

Erkenntnisse (siehe Strauß, Haß, Harras (1989), S. 470). Dass die Ereignisse von

Fukushima nicht als GAU bezeichnet werden, kann damit begründet werden, dass

mit dem Begriff GAU ein Ereignis ‚allgemein superlativistisch als Katastrophe‘

gekennzeichnet wird; bei dem Unfall im Atomkraftwerk von Fukushima wird

allerdings nicht von einem dramatischen Verlauf ausgegangen, wie dies bei

Tschernobyl der Fall war. Da Tschernobyl aber schon mit der Bezeichnung GAU

besetzt ist, kann das bei weitem nicht als so verheerend empfundene Ereignis von

Fukushima nicht ebenfalls als GAU bezeichnet werden. Auch kann hier

hineinspielen, dass GAU im Gegensatz zu Katastrophe als im weitesten Sinne

durch technisch-industrielle Zivilisation verursacht betrachtet wird, wobei die

Ereignisse von Fukushima im Gegensatz zu Tschernobyl nicht von menschlichem

Versagen, sondern von einer Naturkatastrophe ausgelöst worden waren.

Die schier unglaubliche Vielfalt der Bezeichnungsalternativen bei einer relativ

geringen Trefferzahl zeigt die große Unsicherheit, die bei der Wahl eines

passenden Ausdrucks zur Beschreibung der Ereignisse herrscht. Auch die

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Informationen zum Verlauf der Katastrophe waren zunächst immer wieder

korrigiert, das Ausmaß des Unfalls nicht eindeutig kommuniziert worden.

Möglicherweise wurde der Ausdruck GAU auch vermieden, da angenommen

wurde, dass Japan technisch im Stande gewesen wäre, die Lage schnell wieder

unter Kontrolle zu bringen. Die grundlegende Kennzeichnung als Katastrophe

zeigt aber, dass die Ereignisse als dramatisch und einschneidend bewertet werden.

3.12 Laufzeitverlängerung Die Suchanfrage Laufzeitverlängerung* ergab im Teilkorpus 1103 Treffer; darunter traten dreimal die Zusammensetzung AKW-Laufzeitverlängerung und einmal Laufzeitverlängerungs-Präsent vor. Als signifikante Kollokationen können Atomkraftwerke mit neun Treffern auf Rang acht, geplante mit acht Treffern auf Rang neun und gegen mit elf Treffern auf Rang fünf betrachtet werden. Wie aus den Einzelbelegen hervorgeht, wird der Begriff nicht spezifisch von einer Sprechergruppe verwendet, sondern von verschiedenen Sprechergruppen mit unterschiedlichen Werturteilen belegt.

Im Teilkorpus 2 liefert dieselbe Anfrage nur noch 24 Treffer. Überdurchschnittlich häufig tritt der Begriff zusammen mit den Wortform-Types beschlossene auf Rang vier und zurückgenommen auf Rang sechs auf. Auch hier ist aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht ersichtlich, dass der Begriff von vielen verschiedenen Sprechergruppen genutzt wird. Mit dem Begriff der Laufzeitverlängerung wird die geplante bzw. durchgeführte

Gesetzesänderung unter der schwarz-gelben Regierung bezeichnet, welche die

2002 beschlossenen Restlaufzeiten von Atomkraftwerken um teilweise 20 Jahre

verlängert hatte. Der Begriff wird unabhängig vom Zeitpunkt von verschiedenen

Sprechergruppen, sowohl Atomkraftgegnern als auch –befürwortern, verwendet.

Im Teilkorpus 1 wird die (geplante) Laufzeitverlängerung von Atomkraftgegnern

sehr kritisch gesehen und zu verhindern versucht, wie die Belege (110) und (111)

zeigen. Auch die Bezeichnung als ‚Präsent an die großen Energiekonzerne‘ macht

deutlich, dass von den Atomkraftgegnern hinter dem Vorhaben ausschließlich

wirtschaftliche Interessen vermutet werden. Dagegen wird die

Laufzeitverlängerung von Seiten der Atomkraft-Befürworter als ‚notwendige

Maßnahme zur Stabilisierung der Energiewirtschaft‘ betrachtet. Dies geht sehr

klar aus dem Beleg (109) hervor, in dem die ‚Laufzeitverlängerung als Rettung

für die bedrohte Energiebranche’ dargestellt wird.

Die Rechercheergebnisse aus dem Teilkorpus 2 zeigen, dass die Bedeutung des

Themas in der Diskussion stark abgenommen hat. Die Haltung zum Sachverhalt

hat sich nun auf Seiten der schwarz-gelben Regierung drastisch geändert, auch sie

sieht den Beschluss im Lichte der Ereignisse von Fukushima als nicht mehr

haltbar an, wie aus Beleg (114) hervorgeht. Die Formulierungen auf Seiten der

Atomkraft-Gegner sind dabei noch drastischer, so spricht Roth (Grüne) von der

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unsäglichen Laufzeitverlängerung (siehe Beleg (113)). Die Formulierung

beschlossene Laufzeitverlängerung kann dabei auch als Kritik am politischen

Handeln der Regierung verstanden werden, denn die Tatsache, dass ein gerade

erst gefasster Beschluss nun wieder rückgängig gemacht werden soll, zeugt von

Inkonsequenz bzw. Inkompetenz. Der Begriff der Laufzeitverlängerung, der

eigentlich die wirtschaftliche Kompetenz der schwarz-gelben Regierung im

Gegensatz zum übereilten Ausstieg aus der Atomkraft, wie er von Rot-Grün

beschlossen worden war, hervorheben sollte, ist nun nur noch geeignet, um auf

das inkonsequente bzw. inkompetente Handeln der schwarz-gelben Regierung zu

verweisen. (Siehe dazu Belege 109 bis 114).

3.13 Brückentechnologie Die Suchanfrage Brücke* liefert 24 Treffer. Davon entfallen zehn Treffer auf das Lexem Brücke, auf Brückentechnologie ebenfalls neun und je einer auf Brückenthese und Brücken-Lüge, die restlichen drei Treffer zeigen das Kompositum Brückenfunktion. Als Kollokationen können Atomkraft mit drei Nachweisen und Atomenergie mit zwei genannt werden. Aus den Einzelbelegen lässt sich ablesen, dass der Begriff von verschiedenen Sprechergruppen unterschiedlich bewertet wird. Im Teilkopus 2 sind für die gleiche Anfrage 22 Treffer zu finden. Es treten allerdings nur die Lexeme Brücke und Brückentechnologie auf. Aus den unmittelbaren Kontexten in der KWIC-Ansicht geht hervor, dass der Begriff je nach Kontext nicht mehr ausschließlich auf die Atomkraft bezogen ist. Mit den Formulierungen neue Brückentechnologien oder wahre Brückentechnologie wird nicht auf die Kernenergie referiert. Mit Brückentechnologie wird von Seiten der Atomkraft-Befürworter die

‚Atomenergie als tragfähige Lösung für den Übergang von den traditionellen

Arten der Stromerzeugung zur Deckung des Bedarfs durch erneuerbare Energien’

dargestellt. Der Ausdruck ist als metaphorisch zu beurteilen, da

Bedeutungsaspekte aus dem Herkunftsbereich BRÜCKE wie stabil, zuverlässig

sowie die Fähigkeit, zwei sonst getrennte Bereiche miteinander zu verbinden, auf

den Zielbereich ATOMKRAFT übertragen werden. Damit soll ein

problematischer Sachverhalt aufgewertet werden, da er mit Eigenschaften

versehen wird, die ihm so noch nicht zugeschrieben worden waren. So wird nicht

nur von Brückentechnologie, sondern auch von Brückenfunktion der Kernenergie

oder einfach Brücke gesprochen. Dieser in den Koalitionsverhandlungen der

Union und FDP geprägte Begriff wird von Atomkraft-Gegnern und politischen

Gegnern immer wieder angegriffen. Die Angriffe richten sich dabei sowohl gegen

den Begriff selbst als auch gegen die in seinem Kontext aufgestellten

Behauptungen, wie die Belege (117) und (118) zeigen.

Nach der Katastrophe von Fukushima wird von einigen Sprechergruppen

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versucht, die Metapher Brückentechnologie aufrechtzuerhalten, andere

Sprechergruppen (darunter CDU, CSU) modifizieren den Begriff und sprechen

von neuen oder wahren Brückentechnologien, womit sie entweder auf Kohle und

Gas oder auf Energieeffizienz referieren. Besonders das gedankliche Festhalten an

der Atomkraft als Brückentechnologie wird stark kritisiert; das zeigen

Formulierungen wie ‚Brücke in die Katastrophe‘ oder auch Beleg (122) besonders

drastisch.

Brückentechnologie kann also als politisches Schlagwort betrachtet werden, das

von der schwarz-gelben Regierung als Fahnenwort in den Diskurs eingeführt

worden ist. Mit diesem Fahnenwort sollte die Atompolitik der Regierung als

zukunftsweisend, stabilisierend und auf die erneuerbaren Energien hinführend

charakterisiert werden. Bereits bei seiner Einführung in den Diskurs stand der

Begriff allerdings in der Kritik. Infolge der Atomkatastrophe vom März 2011

konnte Brückentechnologie den Status eines Fahnenwortes nicht aufrechterhalten.

(Siehe dazu Belege 115 bis 122).

4. Fazit

Die Grundlage dieser Arbeit besteht in der prinzipiellen Annahme, dass Sprache

und Gesellschaft eng miteinander verflochten sind. So können die Auswirkungen,

die gesellschaftliche Veränderungen, wissenschaftliche Innovationen und

Ereignisse der außersprachlichen Welt auf den Gebrauch von Sprache haben, an

den einzelnen Sprechakten abgelesen werden. Auf der anderen Seite wirkt der

veränderte Gebrauch von Sprache auch auf das Denken und damit Handeln der

Sprecher zurück. Das kann vor allem an den so genannten

Sprachthematisierungen erkannt werden, in denen Bedeutungen,

Verwendungsweisen und Absichten bei der Wortverwendung selbst zum Thema

werden; es handelt sich also um einen Fall von Metakommunikation. Diese

intensive Wechselwirkung zwischen Sprache und Gesellschaft konnte anhand von

einigen der untersuchten Lexeme gezeigt werden.

Für diese Arbeit wurde eine zusätzliche Hypothese aufgestellt: Gebrauchsregeln

für einzelne Lexeme ändern sich nicht nur über längere Zeiträume auf Grundlage

eines langwierigen schleichenden Umbaus von mentalen Konzepten, sondern es

wird angenommen, dass einschneidende Ereignisse der außersprachlichen Welt

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sich massiv und vor allem kurzfristig auf die Einstellungen und Werthaltungen

der Sprecher auswirken und damit die Gebrauchsregeln von Wörtern verändern

können. Der Einfluss solcher einschneidenden Ereignisse wurde sogar als größer

eingeschätzt als die langsame, schleichende Veränderung von Sprache durch die

Zeit (und damit ihren Gebrauch in der Zeit). Es stellte sich außerdem die Frage,

ob die Atomkatastrophe von Fukushima als ein solches singuläres Ereignis die

angenommenen Auswirkungen auf den Sprachgebrauch in der Atomkraft-Debatte

gehabt hat.

Die einzelnen Ergebnisse aus der Korpusrecherche liefern dabei ganz

unterschiedliche Erkenntnisse: Die Bezeichnungsvarianten Atomkraft,

Atomenergie, Kernkraft und Kernenergie haben sich in ihren Bedeutungen nicht

wesentlich verändert, auch über den relativ langen Zeitraum von 20 Jahren waren

keine wesentlichen Veränderungen erkennbar. Allerdings hat sich der Begriff

Atomkraft im Laufe der Zeit insofern verändert, als er auch in politischen

Diskussionen nicht mehr als falsch und unwissenschaftlich betrachtet wird. Er

spiegelt vielmehr vor allem eine bestimmte Werthaltung wider. Allerdings zeigen

die stark veränderten Kontexte, in denen die Bezeichnungsalternativen auftraten,

eine Verlagerung der gesamten Thematik der Atomkraft-Debatte, die natürlich auf

die Ereignisse von Fukushima zurückzuführen sind. Auch bei den

Bezeichnungsalternativen Atomkraftwerk, AKW, Kernkraftwerk, Meiler, Reaktor

zeigt sich zumindest für einen der Begriffe eine interessante Veränderung. Das

Akronym AKW ist nach Fukushima in Bezug auf die Wortbildung ausgesprochen

produktiv, wobei AKW im Vergleich zu allen anderen Bezeichnungsvarianten

besonders negativ konnotiert ist. Hier zeigt sich eindeutig der Einfluss der

außersprachlichen Ereignisse auf den Sprachgebrauch, denn da es sich bei den

katastrophalen Ereignissen um die Zerstörung eines Atomkraftwerks durch

Naturgewalten handelte, wird das unsichere AKW nun zum Feindbild.

Auch die Untersuchung anderer Begriffe hat gezeigt, dass sich die Thematik des

Diskurses stark verschoben hat, und zwar von der Problematik des Transports und

der (End-)Lagerung von hochradioaktivem Müll hin zu der potentiellen

Gefährdung durch Atomkraftwerke. So kommen die Begriffe Castor und

Castortransport in der Atomkraft-Debatte nach dem März 2011 kaum noch vor.

Auch die Gebrauchsweisen von Laufzeitverlängerung verändern sich

entsprechend dem thematischen Schwerpunkt; auch bei den Sprechergruppen, die

dem Sachverhalt gegenüber positiv eingestellt waren, ist nach dem März 2011 ein

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Umdenken zu erkennen. Die Laufzeitverlängerung wird nicht länger als Chance,

sondern als Fehler betrachtet. Infolge der Atomkatastrophe wurde auch der

Begriff Fukushima in die Atomkraft-Debatte aufgenommen, zunächst zur

Spezifizierung der Begriffe Katastrophe oder Unfall, später steht der Begriff

Fukushima auch selbst für die Katastrophe. Auch an der Frequenz des Begriffs

Katastrophe lässt sich zeigen, dass sich die Thematik des Diskurses verschoben

hat. Nicht zuletzt liefern auch die Begriffe Atomausstieg und Energiewende einen

Hinweis auf diese Veränderung. Während die Begriffe vor den Ereignissen von

Fukushima vor allem in sehr spezifischen Gebrauchsweisen verwendet wurden,

erweitern sich die Gebrauchsweisen nach dem März 2011 enorm. Atomausstieg

war zunächst nur auf die Beschlüsse von Rot-Grün aus dem Jahr 2000 bezogen

worden, und Energiewende war als Gegenentwurf zu Begriff Energiekonzept in

die Debatte eingeführt worden.

Das Schlagwort Brückentechnologie, das von Schwarz-Gelb während der

Koalitionsverhandlungen 2009 in den Diskurs eingeführt worden war und bereits

zu diesem Zeitpunkt in der Kritik stand, konnte infolge der stark veränderten

Einstellungen und Werthaltungen der Wählerinnen und Wähler seinen Status als

Fahnenwort nicht aufrechterhalten. Nach der Atomkatastrophe wird mit ihm von

Sprechergruppen, welche die positive Verknüpfung mit Atomkraft nicht

aufrechterhalten wollen, auf andere Sachverhalte, beispielsweise auf die ‚Nutzung

von Kohle und Gas zur Energiegewinnung’, referiert. Diese Beispiele zeigen

deutlich, dass die Atomkatastrophe von Fukushima den Diskurs und auch die

Gebrauchsweisen einzelner Begriffe verändert hat. Wie nachhaltig diese

Veränderungen jedoch sind, kann anhand dieser Untersuchung nicht festgestellt

werden. Zu diesem Zweck müsste eine ähnliche Untersuchung zu einem

Zeitpunkt angestellt werden, in der die Katastrophe von Fukushima kein aktuelles

Thema im Diskurs mehr darstellt.

Die Untersuchungsergebnisse zu anderen Begriffen zeigen, dass diese sich

innerhalb des untersuchten Zeitraums kaum verändert haben. Es lassen sich

deutlichere Veränderungen zwischen den Verwendungsweisen, wie sie im Jahr

1989 dokumentiert worden waren, und den hier dokumentierten Ergebnissen

feststellen. Zu diesen Begriffen gehören die Bezeichnungsalternativen alternative

Energien und erneuerbare Energien. Dabei scheint sich der Begriff erneuerbare

Energien gegenüber seiner Bezeichnungsalternative durchgesetzt zu haben, wie

auch die Verkürzung zu Erneuerbare erkennen lässt. Das lässt sich auch für den

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48

Begriff Endlager feststellen.

Einige Begriffe, die im Korpus mit einer größeren Häufigkeit erwartet worden

waren wie Moratorium oder Stresstest, kamen nicht in ausreichender Anzahl vor,

so dass aussagekräftige Ergebnisse erwartet werden konnten. Sie wurden deshalb

von der Untersuchung ausgeschlossen. Zur Untersuchung dieser Begriffe müsste

vermutlich ein spezielleres Korpus bezüglich der zeitlichen Eingrenzung und der

Thematik erstellt werden. Auch um das erste Auftreten von Begriffen wie

Ökostrom, Energiekonzept, Energiewende oder Laufzeitverlängerung zu belegen,

wäre ein anderes Korpus, das vor allem einen größeren Zeitraum abdeckt,

erforderlich.

Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass die in der Einleitung formulierten

Ziele im Wesentlichen erreicht werden konnten, wobei die Hypothese

dahingehend zu verändern ist, dass einschneidende außersprachliche Ereignisse,

ebenso wie die zeitliche Dimension, einen Einfluss auf die Verwendungsweisen

von zentralen Begriffen eines Diskurses haben können.

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49

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Inhaltsverzeichnis Anhang

Anhang Teil1: Belege zu den Artikeln Seite 51

Anhang Teil 2:

Screenshot Wortliste 1 Seite 59

Screenshot Wortliste 2 Seite 60

Screenshot KWIC-Ansicht Atomkraft Seite 61

Screenshot Cluster-Ansicht Atomkraft Seite 62

Screenshot Collocates-Ansicht Atomkraft Seite 63

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Anhang Teil 1:

Belege zu den Artikeln

(1) Gut 40 Menschenketten gegen Atomkraft (Bild, 25.02.1011)

(2) Der Protest richtet sich gegen die Atompolitik der schwarz-gelben Koalition. (Bild, 17.09.2010)

(3) Jeder Minute, in der kein Atomstrom produziert werde, sei ein Gewinn für die Sicherheit. (Focus online, 28.04.2011, 2)

(4)Kernkraftgegner hatten dazu aufgerufen, Schottersteine aus dem Gleisbett zu entfernen. (Stern, 06.11.2010)

(5)Damit stünden nur geringe Reserven zur Verfügung, um im Zweifelsfall eine Kernschmelze zu verhindern. (Spiegel online, 21.01.2011)

(6)Überall sonst gilt die Kernenergie noch als Zukunftstechnik. (Bild, 27.03.2011)

(7) Die Konferenz der „Alternativen Nobelpreisträger“ …. „Die Atomkraft gehört ins Naturkundemuseum, als warnendes Beispiel für Technologien, die nicht gesellschaftsfähig sind.“ (Zeit online, 20.09.2010)

(8) Die Täter sollen demnach militante Anti-Atomkraft-Aktivisten sein. (Zeit online, 02.11.2010)

(9) Massenproteste gegen die Atomkraft. Großdemonstrationen gegen Atomkraft gibt es in Deutschland seit mehr als 30 Jahren. (Focus online, 06.11.2010)

(10) Bürgermeister Olaf Scholz: „Das Zeitalter der Atomkraft ist vorbei.“ (Bild 13.04.2011)

(11) Der Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland hat die letzte Hürde genommen. (Spiegel online, 01.08.2011)

(12) Die neue Anti-Atomkraft-Bewegung feiert sich nun selbst – laut und deutlich. (Stern, 26.03.2011)

(13) Das norddeutsche Bundland trägt besonders große Lasten aus der Nutzen der Atomenergie in Deutschland. (Bild, 08.02.2011)

(14) Natürlich kann man gegen Atomenergie sein, natürlich gegen längere Laufzeiten der AKW, um nicht noch mehr atomaren Müll zu erzeugen. (Welt online, 09.11.2010)

(15) Die Atomenergie biete sich "insbesondere wegen der nicht vernachlässigbaren Risiken schwerster Schadensfälle, der ungeklärten Endlagerungsproblematik und dem Risiko unkontrollierter Proliferation" nicht als Ausweg an. (Stern, 07.04.2011)

(16) Strahlenschützer König über den Atom-Alleingang und den Umgang mit dem Müll: „In der Vergangenheit sind die wahren Kosten der Atomenergie nicht transparent gewesen.“ (Welt online 2, 07.07.2011)

(17) Normalerweise preist sie die Vorzüge der Kernkraft. (Zeit online, 09.11.2010)

(18) RWE-Chef Jürgen Großmann hat die Entscheidung der Bundesregierung für längere Atomlaufzeiten begrüßt und ein Ende der Kampagne gegen die Kernkraft gefordert. (Focus online 28.09.2010)

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(19) Aus der „Brückentechnologie“ Kernkraft ist im Zeitraffer eine „Risikotechnolgie“ geworden. (Zeit online, 26.03.2011)

(20) Interview mit Jürgen Hambrecht (64), Ex-BASF-Chef und Mitglied der Ethikkommission: Wenn 2022 die Kernkraft vom Netz gehen soll, werden wir mehr Kohle und Gas brauchen … (Bild, 30.05.2011)

(21) RWE-Chef Jürgen Großmann … „Es ist Zeit, die Kampagne gegen die deutsche Kernenergie zu beenden, die aus Teilen der Öffentlichkeit betrieben wird.“ (Focus online 28.09.2010)

(22) Die Geschwindigkeit des Ausstiegs aus der Kernenergie muss vom Aufbau der erneuerbaren Energien bestimmt werden. (Welt online, 11.05.2011)

(23) Die Akzeptanz eines Ausstiegs aus der Kernenergie scheint bei den Deutschen jedoch an Bedingungen geknüpft zu sein. (Stern, 07.04.2011)

(24) In den Geschichtsbüchern wird einmal stehen: Die Schweinsjagd von Wyhl war die allererste Protestaktion gegen ein Atomkraftwerk in Deutschland. (Stern, 18.10.2010)

(25) Gegen die geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke machen die Grünen mobil.

(26) "Todsichere" Atomkraftwerke. Die Formulierung "todsicherer" eines Journalisten gefällt Brüderle in diesem Zusammenhang aber ganz und gar nicht. Er würde sie einfach sicher nennen. (Stern, 28.09.2010)

(27) Die übrigen neun Atomkraftwerke sollen ab 2015 schrittweise abgeschaltet werden: … (Focus online, 30.06.2011)

(28) Durch die Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke und des Meilers Krümmel wird das Aufkommen aus der Brennelementesteuer um rund eine auf etwa 1,3 Milliarden Euro sinken.(Focus online, 22.06.2010)

(29) Der Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Hubert Weiger: „Nicht erst seit dem Bericht der Reaktorsicherheitskommission ist bekannt, dass kein Atomkraftwerk gegen den Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs gesichert ist.“ (Zeit online, 22.05.2011)

(30) Die tot geglaubte Anti-AKW-Bewegung ist wieder da. (Bild, 18.09.2010)

(31) Die Nachrüstung des Pannen-AKW ist komplzierter als gedacht: … (Spiegel online, 22.10.2010)

(33) Das AKW Mühlheim-Kärlich war nur wenige Monate in Betrieb… (Stern, 18.10.2010)

(34) Intern ist die Entscheidung umstritten, die Anti-AKW-Bewegung warnt die Grünen sogar vor einer Zustimmung. (Bild, 17.06.2011)

(35) In Japan steht ein Uralt-AKW vor dem Super-GAU. (Spiegel online, 18.03.2011)

(36) Wann das letzte AKW vom Netz geht, spielt für den Strompreis keine Rolle, sagt Klimaexpertin Knopf. (Zeit online, 21.06.2011)

(37) N. Röttgen: „Ganz einfach: Die Kernkraftwerke sind auf 40 Jahre ausgelegt.“ (Stern, 18.10.2010)

(38) Gerade hat die Regierung die Laufzeiten für Kernkraftwerke verlängert. (Spiegel online, 22.10.2010)

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(39) Das Netz ist nach der Abschaltung von acht Kernkraftwerken deutlich instabiler geworden, … (Focus online, 01.07.2011)

(40) Bis 2022 sollen die Kernkraftwerke abgeschaltet sein, fordert die CSU-Spitze (Zeit online, 20.05.2011)

(41) Der letzte Atommeiler würde somit um das Jahr 2035 vom Netz gehen. (Zeit online, 26.02.2011)

(42) Gegen fünf weitere Atommeiler, die unzureichend gegen den Aufprall eines Flugzeugs geschützt seien, liefen bereits Klagen. (Stern, 14.09.2010)

(43) Umweltschützer kritisieren Mängel an Uralt-Meiler. (Spiegel online, 21.01.2011)

(44) Auch in Deutschland sind Methusalem-Meiler wie Biblis am Netz. (Spiegel online, 18.03.2011)

(45) Die sieben ältesten Meiler und Krümmel werden sofort stillgelegt. (Welt online, 12.06.2011)

(46) ZEIT ONLINE: Ein gewichtiges Argument gegen die Atomkraft ist die Sicherheit der Reaktoren. (Zeit online, 22.09.2010)

(47) Die Bundesregierung beruhigt das Volk mit dem Märchen von den modernsten und sichersten Reaktoren der Welt … (Stern, 18.10.2010)

(48) Nach der Reaktorkatastrophe in Japan werden alle deutschen Atommeiler einer umfassenden Sicherheitsanalyse unterzogen. (Bild, 03.05.2011)

(49) Der wegen seiner vielen Pannen berüchtigte Uralt-Reaktor Isar 1 bei Landshut ist abgeschaltet worden … (Zeit online, 20.05.2011)

(50) Sorgen macht sich der DPolG-Chef vor allem mit Blick auf eine mögliche Straßenschlacht mit gewaltbereiten Castor-Gegnern. (Bild, 08.11.2010)

(51) Eigentlich sollte hier längst der Castor fahren , doch seit Sonntagmittag saßen Tausende Menschen auf den Gleisen bei Harlingen, knapp 15 Kilometer vom Verladebahnhof Dannenberg entfernt. (Zeit online, 08.11.2010)

(52) In der Asse lagert insgesamt ein Zweihundertstel der Radioaktivität, die sich in einem einzigen Castor-Behälter befindet. (Welt online, 07.07.2011)

(53) "Wir werden auch in Zukunft gegen Castor-Transporte protestieren, denn die Endlagerfrage ist weiterhin nicht geklärt", kündigte Höhn an. (Zeit online, 12.06.2011)

(54) Ein Teil des Geldes aus der Besteuerung von Brennelementen soll auch in die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse fließen (Focus online, 26.11.2010)

(55) Fünf Castor-Transportbehälter mit hoch radioaktivem Atommüll sind am frühen Mittwochmorgen von Karlsruhe auf die Reise nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern gegangen. (Stern, 16.02.2011)

(56) Laut Bekennerschreiben wollten die Verfasser mit ihrer Tat ein Signal vor allem gegen die Atomindustrie und gegen Waffentransporte setzen. In dem Text heißt es: "Über die Schienen der Deutschen Bahn werden Atomtechnik und Atommüll transportiert." (Zeit online, 24.05.2011)

(57) Die beiden Bundesländer, in denen mit am meisten Atommüll produziert wird, haben potenzielle Endlagergebiete.(11.09.2011)

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(58) Lösungsvorschläge für die drängende Atommüll-Endlagerfrage zog die Parteichefin auch nicht aus der Lederkutte, man wolle „ergebnisoffen prüfen“. (Welt online, 12.11.2010)

(59) Bei der Suche nach einem Endlager sind als letzter Weg auch wieder Enteignungen vorgesehen. (Spiegel online, 26.11.2010)

(60) Beim Thema Endlager forderten die Länder eine rasche Lösung. (Stern, 03.06.2011)

(61) Im Zuge der Energiewende will die CDU nun auch die Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll vorantreiben. (Welt online (10.05.2011)

(62) Rund 50.000 Demonstranten wollten verhindern, dass elf Container mit Atommüll per Zug und Tieflader ins Zwischenlager Gorleben gelangten. (Welt online, 12.11.2010)

(63) Fast 20 000 Polizisten haben den zwölften Castor-Transport in das niedersächsische Atommüll-Zwischenlager Gorleben geschützt. (Bild, 09.11.2010)

(64) Die beiden Altmeiler Isar 1 und Biblis A seien mit neuen Brennstäben befüllt worden. Die müssten auch nach einer Abschaltung fünf bis zehn Jahre zum Abkühlen in den Reaktoren bleiben, heißt es in dem Rechtsgutachten. Erst danach könne man sie in ein Zwischenlager bringen. (Spiegel online, 20.06.2011)

(65) Zudem müsse es eine ergebnisoffene Suche nach einem Endlager und einen Baustopp im Zwischenlager Gorleben geben, verlangte Künast. (Spiegel online, 30.06.2011)

(66) Das Risiko von Stromausfällen in Deutschland wächst: Das Bundeswirtschaftsministerium befürchtet schon in naher Zukunft gravierende Störungen im deutschen Stromnetz. (Stern, 23.01.2011)

(67) Mit ihrer strikten Absage an die Risikotechnologie wurden Realos und Fundis gemeinsam bei den Regionalwahlen im Frühjahr zur drittstärksten politischen Kraft, rund ein Viertel der Franzosen votierte für sie. (Spiegel online, 12.09.2010)

(68) "Warum setzen uns die Bundesregierung und die Atomkonzerne weiterhin diesem tödlichen Risiko aus?", fragte Christoph Bautz vom Aktionsbündnis Campact. (Stern, 26.03.2011,2)

(69)Stey sagte, er habe große Sorge, dass das Atomrisiko länger als nötig weiter bestehe. (Zeit online, 25.06.2011)

(70) Für 92 Prozent ist die bedeutendste Eigenschaft der erneuerbaren Energien die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, 86 Prozent bewerten sie im Gegensatz zur Atomkraft als eine Energiequelle mit geringen Gefahren und Risiken. (Bild, 26.10.2010)

(71) Die Subventionen lägen sogar noch weitaus höher, wenn die Risiken der Atomkraftnutzung in die Berechnung einbezogen würden. (Zeit online, 13.10.2010)

(72) …- und die prozessualen, handwerklichen Restrisiken dieses revolutionären Blitzausstiegs nicht klein reden.(Stern, 09.06.2011)

(73) In dieser Zeit lässt die Regierung die Risiken der Atomkraft durch die Reaktorsicherheitskommission neu überprüfen. (Zeit online, 13.04.2011)

(74) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. (Stern, 18.10.2010)

(75) Wer die Vorschläge der alternativen Energiepolitik über einen längeren Zeitraum verfolgt, fühlt sich an ein Hütchen-Spiel erinnert. (Welt online, 19.10.2010)

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(76) Die Grünen betonen, dass parallel zum Abschalten der Atomkraftwerke massiv in alternative Energien und moderne Infrastruktur investiert werden müsse. (Spiegel online 18.03.2011)

(77) Vier Platzhirsche beherrschten auch danach den Markt – und alternative Energien konnten sich ihren Platz nur erobern, weil sie auf staatliches Geheiß bis heute von den Verbrauchern finanziert werden.(Zeit online, 10.08.2011)

(78) Solche Kollisionen werden sich häufen, je entschlossener der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreitet. (Zeit online, 13.11.2010)

(79) Umweltminister Norbert Röttgen fehlte, als der Bundesrat die Atomgesetze beschloss. Aus gutem Grund - denn das für die Zukunft wichtige Thema erneuerbare Energien wurde damit abgesetzt. (Stern, 26.11.2011)

(80)Viel wichtiger sind die Alternativen: Der Ausbau der Erneuerbaren und deren Integration ins Netz. (Zeit online, 21.06.2011)

(81)Hintergrund der Zurückhaltung sind angeblich ungeklärte Fragen zum Netzausbau, den Erneuerbaren Energien und der Versorgungssicherheit. (Stern, 26.05.2011)

(82) Die Zukunft: Ökostrom und Energiesparen (Stern, 28.09.2010)

(83) Wer die Vollversorgung mit Ökostrom will, muss neben den grünen Kraftwerken vor allem das Stromnetz ausbauen, das Energiemanagement einführen und Langzeitspeicher für Strom weiterentwickeln. (Zeit online, 04.10.2010)

(84) Der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Dietmar Schütz, sagte, bis 2020 würden vor allem Windkraft und Solaranlagen massiv ausgebaut und Ökostrom könne den Atomstrom ersetzen. (Focus online, 28.04.2011, 2)

(85) Sie (Anmerk.: SPD und Grüne) halten das Ziel von Union und FDP, den Ökostrom-Anteil von derzeit rund 19 Prozent bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern, für zu gering. (Zeit online, 30.06.2011)

(86) Ein ambitionierter Plan, den Merkel und ihr Kabinett jedoch selbst nicht sonderlich ernst zu nehmen scheinen. Sonst hätten sie gerade wohl kaum den Ausstieg aus dem Atomausstieg beschlossen: (Zeit online, 04.10.2010)

(87)Man habe einen bestehenden Atomausstieg, an dem man festhalten werde. Auch eine schwarz-grüne Koalition sei nun nicht mehr möglich. (Spiegel online, 21.09.2010)

(88)Die Grünen wollen dem Konzept der Bundesregierung zum Atomausstieg bis 2022 zustimmen. (Bild, 17.06.2011)

(89)In der Diskussion über einen schnellen Atomausstieg warnen die Grünen vor Panikmache wegen der Entwicklung der Strompreise. (Focus online, 16.04.2011)

(90) Der Atomkompromiss ist Teil des Energiekonzeptes, das eine weitgehende Umstellung auf Öko-Energien bis 2050 vorsieht. (Stern, 28.09.2010)

(91) In der Union formiert sich nach SPIEGEL-Informationen Widerstand gegen das Energiekonzept der Bundesregierung. (Spiegel online, 18.09.2010)

(92) Allerdings müsse Deutschland nach den Ereignissen von Fukushima schneller auf die Atomkraft verzichten, als dies ursprünglich im schwarz-gelben Energiekonzept vorgesehen sei. (Zeit online, 09.04.2011)

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(93) Im Parlament kritisierten Opposition und Regierungsfraktion ihre Energiekonzepte gegenseitig aber als unglaubwürdig und weltfremd. (Bild, 13.04.2011)

(94) “Heute, zu den Zeiten der von Grün-Rot eingeleiteten Energiewende, sind wir noch Netto-Stromexporteur. (Stern, 28.09.2010)

(95) Die Grünen würden vor der Bundestagswahl 2013 durchgerechnete Konzepte für eine Energiewende, mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Bildung vorlegen. (Stern, 19.11.2010)

(96) Die Energiewende ist beschlossen. Sie nimmt Gestalt an – aber sie wird anders aussehen, als Deutschlands Atomkraftgegner und eigentlich das ganze Land sie sich erträumt haben: ungemütlicher, teurer und, das vor allem, verheerend für das Klima. (Zeit online, 27.07.2011)

(97) Schließlich seinen bei der Energiewende die Interessen der Verbraucher und der Wirtschaft auf eine kostenverträgliche Umsetzung zu beachten. (Stern, 31.05.2011)

(98) Nach Fukushima waren dann die deutschen Atomkraftwerke innerhalb von drei Tagen plötzlich doch irgendwie unsicher, und es wurde der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen.(Zeit online, 19.07.2011)

(99) Nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima habe sich lediglich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung verändert, die deutschen Atomkraftwerke gehörten aber nach wie vor zu den sichersten der Welt. (Stern, 28.04.2011)

(100) Der Bundesgesundheitsminister und künftige Vizekanzler betonte zugleich, die Atomkatastrophe von Fukushima sei ein dramatischer Einschnitt. (Focus online, 16.04.2011)

(101) Für die Gegner der Atomkraft bedeutet jedes weitere Jahr Laufzeit ein weiteres Jahr GAU-Risiko (Stern, 18.10.2010)

(102) Die Laufzeitverlängerung des Atomstroms nimmt Forschung, Entwicklung und Investitionen in alternative Energien einen Großteil ihrer Attraktivität. Die befürchtete Vollbremsung in dieser Schlüsseltechnologie wäre ein GAU für die deutsche Volkswirtschaft. (Stern, 18.10.2010)

(103) Sechs Wochen nach dem GAU gründet die Bundesregierung unter CDU-Kanzler Helmut Kohl das Bundesumweltministerium. (Focus online, 26.04.2011)

(104) Wie kann man der Bevölkerung nach dem GAU in Japan noch weismachen, es sei verantwortungsbewusst, uralte Reaktoren zu betreiben. (Spiegel online, 18.03.2011)

(105) Tschernobyl. Diese Katastrophe hat nach unterschiedlichen Angaben zwischen 4000 und 60000 Menschenleben gefordert. (Zeit online, 06.11.2010)

(106)Manche Sicherheitsvorkehrungen wie die zur Beherrschung von Störfällen seien so wichtig, dass es eine „Katastrophe“ sei, sei auf die lange Bank zu schieben, kritisierte Renneberg. (Spiegel online, 29.09.2010)

(107) Die Atomkatastrophe in Japan müsse „auch für uns ein Anlass sein, über unsere Position zur Kernenergie neu nachzudenken.“ (Welt online, 10.05.2011, 2)

(108) Unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan ändern auch die Grünen ihre Haltung zur Atomkraft – und fordern einen schnelleren Ausstieg als Rot-Grün ihn 2000 beschloss. (Spiegel online, 18.03.2011, 2)

(109) Der Energiemangel werde durch die bundespolitischen Beschlüsse zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke „gerade noch rechtzeitig“ verhindert, heißt es in einem Energiebericht der IHK. (Welt online, 25.09.2010)

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(110) Bei kaltem Nieselregen haben am Samstag in Greiswald Tausende Atomkraftgegner gegen den bevorstehenden Castor-Transport ins Zwischenlager Nord bei Lubmin demonstriert. Sie forderten zugleich einen Verzicht auf die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. (Focus online, 12.12.2010)

(111) Angela Merkel hat ihr Laufzeitverlängerungs-Präsent nicht an Ausstiegsverhandlungen für die schmutzigen Kohlekraftwerke gebunden. (Zeit online, 13.11.2010)

(112) Schwierige Zeiten für die Regierung, erst wird sie für die 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung vom Volk abgestraft und musste schmerzliche Stimmverluste bei Landtagswahlen hinnehmen. (Bild, 01.06.2011)

(113) Die Rücknahme der „unsäglichen Laufzeitverlängerung“, nach der die Atomkraftwerke bis weit über 2040 gelaufen wären, sei Grünes Ziel gewesen, sagte Roth. (Zeit online, 25.06.2011)

(114) Dagegen hofft die Regierung, dass Wulf das Gesetz nach der Entscheidung von Bundestag und Bundesrat rasch unterschreibt, damit die erst im Herbst 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung als Konsequenz aus der Atomkatastrophe von Fukushima wieder zurückgenommen werden kann. (Spiegel online, 10.07.2011)

(115) Union und FDP bezeichnen die Atomenergie als nötige Brückentechnologie auf dem Weg in das Zeitalter erneuerbarer Energien. (Focus online, 13.09.2010)

(116) Die Kernenergie wird in diesem Konzept lediglich die Funktion einer Brückentechnologie haben. (Focus online, 26.09.2010)

(117) Die Brücken-Lüge (Stern, 18.10.2010)

(118)“…Und es ist auch eine Lüge, dass Atomkraft eine unverzichtbare Brückentechnologie ist“, erklärte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl. (Spiegel online, 21.03.2011)

(119) Teyssen sagte, ohne die Kernenergie als Brücke in das Zeitalter der erneuerbaren Energien müsse Deutschland mehr Kohle- und Atomstrom importieren, Strompreise für energieintensive Betriebe könnten um zehn Prozent steigen und man brauche mehr Gas- und Kohlekraftwerke, was die deutschen Verpflichtungen beim Klimaschutz gefährde. (Focus online, 28.04.2011, 2)

(120) Dirk Seifert von der Umweltschutzorganisation Robin Wood. „Atomenergie ist nichts anderes als eine Brücke in die Katastrophe.“ (Spiegel online, 25.04.2011)

(121) Doch schon im Koalitionsvertrag wurde die Rolle der Kernenergie etwas zurückhaltender formuliert, der Begriff der „Brückentechnologie“ wurde geboren. (Welt online, 12.06.2011)

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Anhang Teil 2: Wortliste I

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60

Anhang Teil 2: Wortliste 2

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61

Anhang Teil 2: KWIC-Ansicht Atomkraft

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62

Anhang Teil 2: Cluster-Ansicht Atomkraft

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63 Anhang Teil 2: Collocates-Ansicht Atomkraft