ZWÖLF 17 - Zürichs Häuptlinge

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RUBRIK 1 März/April 2010 CHF 6.– #17 www.zwoelf.ch ZÜRICHS HÄUPTLINGE WOLFISBERG FÜR HITZFELD Hannu Tihinen Boris Smiljanic

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In dieser Ausgabe: Boris Smiljanic und Hannu Tihinen im grossen Interview. Sowie die nächste Episode des ZWÖLF Waldes - Klassentreffen. Unser Mann in Londen über John Terry und seine dubiosen Familie. Die Schweizerreise macht in Basel beim FC Nordstern halt. und noch vieles mehr..

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März/April 2010

CHF 6.– #17www.zwoelf.ch

ZÜRICHS HÄUPTLINGE

WoLfISbERGfÜR

HITZfELd

Hannu Tihinenboris Smiljanic

S.46

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6 Planet Constantin: Der Walliser Sonnenkönig im O-Ton

6 Wie gesagt, äh…: Fussballer reden

7 Die Single: «On va gagner» aus Lausanne

8 Die Liste: kleinkriminelles aus der NLA

8 Das Fundstück: Nati-Poster aus den Sechzigern

10 Auswärtsfahrt: Totenstille im Emirates Stadium

11 Mämä erklärt: Was Fussballfans in ihren Hirnen gespeichert haben

12 Feld-Studien: Gesamtkunstwerk in Palézieux, fotograf iert von Markus Scherer

14 DIE HÄUPTLINGE VON ZÜRICH

16 «Hin und wieder bereue ich es, nicht Einzelsportler geworden zu sein»: Boris Smiljanic im Gespräch

24 «Es ist ein Glück, einen solch guten Klub gefunden zu haben»: Ein Treffen mit Hannu Tihinen

32 Im ZWÖLF-Wald köbi und Alice laden zum klassentreffen

36 Kater in der Bierkurve Aufstieg und Fall der Schaffhauser Fan-Szene

40 Liga im Koma Ein abenteuerlicher besuch in bulgarien

44 Unser Mann in London: Peter balzli über die Affäre John Terry

46 Schweizerreise: Der Nordstern verglüht in kleinbasel

54 Die NLA-Legende: John Eriksen – der unsichtbare Torjäger

56 Weisch no: Das gescheiterte Experiment Hallenmasters

58 Schwarzes Brett: bücher, Theater, DVD

59 Abschiedsbrief an den Kaiser: Letztes update aus der Schweiz für beckenbauer

60 Wettbewerb von ZWÖLF & Teleclub: Schweden in der Schweiz

62 ZWÖLF war dabei: Die Lieblingsgeschäftspartner von Spielervermittler H.P.

63 Smalltalk und Impressum

S.40

S.54

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Häuptlinge

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Zürich ist die Stadt der baustellen, Abzocker, Zwinglikirchen, Szenis - und des fussballs. für den fCZ hält Hannu Tihinen seinen kopf hin, in Interviews und im Luftkampf. Schlachtross des Stadtrivalen GC ist boris Smiljanic – ein baum von einem Mann und selbstbewusst wie José Mourinho. Noch geben beiden den Ton an, auf dem feld wie auch in der kabine. Sie sind die Zürcher Häuptlinge. doch als bald 34-jährige sind Tihinen und Smiljanic auf dem Weg in den Ruhestand. Mit ZWöLf unterhielten sie sich über ihre Rolle als Cap-tains, ihre Trainer und die eigene Zukunft. Machen sie einen auf Alain Sutter? oder sieht man die beiden bald auf der Trainerbank?

Häuptlingezürichs

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ZWÖLF: Boris Smiljanic, welches ist deine früheste Erinnerung an den Pro-fifussball?Die WM 1986, da war ich knapp 10 Jahre alt. Zu Hause schauten wir nur selten Fussball. Deshalb habe ich erst das Turnier in Mexiko so richtig miterlebt. Wie Maradona zauberte, das fand ich cool.

Trotzdem bist du heute nicht Offen-sivkünstler, sondern Verteidiger.Das habe ich Erich Vogel zu verdanken. bei den Junioren spielte ich im Mittel-feld, in der Schweizer u18-Auswahl gar im Sturm. Als ich Mitte der 90er-Jahre in die erste Mannschaft von GC kam, beschied mir Vogel jedoch, nur einen Platz in der Verteidigung für mich zu

haben – obwohl Christian Gross ande-rer Meinung war.

Gross liess sich dies gefallen?Ja, damals ging das noch. Vogel war der erfahrene Sportchef und er der junge Trai-ner. Fürs Mittelfeld plante Vogel immer nur teure Zuzüge ein, vor allem solche aus dem Ausland.

Die Umfunktionierung zum Verteidi-ger scheint dir aber nicht geschadet zu haben. Seit Jahren zählst du in deinen Teams zu den Leadern oder bist gar Captain.Das stimmt. Dennoch glaube ich, dass im Mittelfeld eine grössere karriere möglich gewesen wäre. ich bin zwar kein riesenta-lent, aber manchmal denke ich, der Posten

des innenverteidigers biete zu wenig. ich hätte gerne mehr ballkontakte und wäre stärker ins Spiel involviert. Dieses bedürf-nis lebe ich nun einfach im Training aus. Da bin ich nicht vom ball zu trennen. (Lacht.)

Anschauungsunterricht als zentraler Verteidiger erhieltst du zu Karrierebe-ginn von Mats Gren und Alain Geiger. Im defensiven Mittelfeld stand Marcel Koller. Und vorne schossen Moldovan, Subiat und Türkyilmaz die Tore. Wie war es für dich als Jüngling zu Zeiten des grossen GC?Der umgangston war viel rauer als heute. Da überlegte keiner, ob es dir schlecht geht nach einer Schelte. Was die Teamführer sagten, hast du gemacht, ohne Widerrede.

Du hast ihre Anweisungen nie hinter-fragt?Nein, denn wir Jungen wussten ja, dass uns die erfahrenen Spieler nur helfen wollten. Wenn ein Gren, koller oder Gämperle forsch auftrat, war das nichts ungewöhn-liches. Es hat dich mental nur stärker ge-macht.

Aber nicht gerade eigenständiger.Das würde ich nicht sagen. ich entwickelte viel Eigeninitiative und -verantwortung. Denn solange die Mannschaft Erfolg hat-te, konntest du auch als Junger einiges auf dem Platz probieren.

boris Smiljanic sagt uns die Meinung: zu hohen Löhnen und tiefen Ansprü-chen, vogel und Gross, GC und dem fCb, Homosexuellen und Machos. der Routi-nier übt kritik, steckt aber auch ein. Und schafft sich mit diesem Interview nicht nur freunde.

«Ich wünschte mir, die Jungs wären härter, richtige Männer»interview: Silvan Lerch / bilder: Florian kalotay

boRIS SMILJANIC

Früher machte Opoku Nti die Spielfelder der NLA unsicher, heute die Strassen von Zürich.

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Nationalmannschaft lachen wir manch-mal darüber, dass wir die älteste Fussball-Mannschaft der Welt haben. Es gibt meh-rere Spieler, die über 30 Jahre alt sind. ich beobachte aber, dass jetzt ein paar Spieler nachkommen. in Zukunft gibt es sicher einige gute finnische Spieler.

«

Will ein finnischer Fussballer internatio-nal karriere machen, so muss er südwärts ziehen. 23 Jahre alt war Tihinen, als er mit dem Wechsel zu Viking Stavanger den Sprung ins Ausland wagte. im Laufe der Jahre verschlug es den Finnen immer weiter nach Süden. Vom norwegischen Stavanger über einen kurzen Abstecher nach London (West Ham united) zu Anderlecht nach brüssel und im Som-mer 2006 nach Zürich. Das Element Wasser scheint dabei eine besondere rolle zu spielen. Sowohl kemi als auch Helsinki und Stavanger sind Hafenstäd-te am Meer. und auch in Zürich lebt Tihinen mit seiner Familie nahe am Wasser – in küsnacht, mit Aussicht auf den Zürichsee.

in West Hams Abwehrreihe spielte Hannu Tihinen neben Stuart Pearce. Der Aussenverteidiger und ehemalige eng-lische Nationalspieler wurde wegen sei-ner harten Spielweise «Psycho» genannt. Über Pearce weiss Tihinen eine lustige Anekdote zu erzählen, die er gestenreich untermalt: «Vor einer Partie blieb er im-mer drinnen in der kabine. Er blieb nur im warmen bad und machte einfach sei-ne alten Muskeln warm. Wir liefen ein und fragten uns: ,Wo bleibt Psycho?‘ – ,Oh, er ist im bad und macht seine Mus-keln warm.‘ Aber nachher war er immer bereit und brüllte (brüllt in voller Laut-stärke): ,Fucking come on!‘ Das habe ich nie vergessen. ich weiss nicht, ob es das warme Wasser war, das ihn plötzlich so motiviert hat.»

bei West Ham spielte Tihinen aber nur während dreier Monate. Zwar handelten West Ham und Stavanger einen Vertrag für eine definitive Übernahme aus – für 2 Millionen Pfund. «Aber vielleicht lief es dann zu gut für mich», sagt der Finne.

Jedenfalls verlangte Stavanger plötzlich mehr Geld für ihn. So bestritt er sein letztes Spiel für West Ham gegen Arsenal. Zwei Wochen später war er schon wieder in Norwegen. Ein paar Monate lang sei es sehr schwierig gewesen, gibt Tihinen zu. Jeder habe den Traum, in der Premier League zu spielen. Ein Jahr später war er jedoch bereits bei Anderlecht, ein Enga-gement, das er als «sehr guten Schritt in meiner karriere» bezeichnet.

Wo Tihinen ist, scheint der Erfolg nicht weit zu sein. Ausser in der kurzen Zeit bei West Ham hat er überall Titel geholt. Der Finne weiss, wie man Pokale gewinnt. Seine erfolgreichste Zeit erlebte er bei Anderlecht. Mit den belgiern fei-erte er zweimal den Gewinn des Meister-titels (2004 und 2006) und nahm drei-mal hintereinander an der Champions League teil. Als der mehrsprachige Finne nach vier Jahren bei Anderlecht noch einmal ein neues Land und eine neue kultur kennen lernen wollte, suchte der FC Zürich einen Patron für die Abwehr als Nachfolger für den rumänen iulian Filipescu.

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Sie sprechen verschiedene Sprachen und entsprechen überhaupt nicht dem Klischee des schweigsamen Finnen.Etwas sehr interessantes im Leben eines Fussballers ist, dass du mehrere kulturen und Sprachen kennenlernen kannst. Es ist jeden Tag immer wieder schön, sich in der kabine auf Finnisch, Englisch, Französisch, Schwedisch oder Deutsch zu unterhalten.

Was wussten Sie vor dem Wechsel in die Schweiz über den FC Zürich und den Schweizer Fussball?Eigentlich nicht so viel. Aber es war sehr einfach, informationen zu sammeln und mich vorzubereiten.

Sie sollen ZSC-Goalie Ari Sulander gefragt haben.(Lacht.) Das stimmt. Sulo kannte ich vorher zwar nicht. ich dachte einfach an ein paar Finnen, die hier lebten. und

Sulo kennt Zürich und die Schweiz sehr gut.

Sind Sie hier heimisch geworden?ich bin ein Typ, der sich fast überall zu Hause fühlt. in der Schweiz und in Zürich habe ich mich schnell eingelebt. Alles funktioniert hier sehr gut, und es gibt Schnee. Darum ist das Gefühl fast so gut wie in Finnland.

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Auch auf dem Platz hat sich Tihinen sehr gut eingelebt. Er wurde schnell zur integrationsfigur und zum Vorbild für die jungen Spieler. Als Abwehrchef trug er massgeblich dazu bei, dass der FCZ in der Saison 2006/2007 die beste Ab-wehr stellte und einen Punkt vor dem FC basel den Meistertitel verteidigte. Die Zürcher waren nicht nur erfolg-reich, sie spielten auch den attraktivsten Fussball. Schnelle, kurze Pässe lautete die Devise unter Trainer Lucien Favre. Danach kam es zum grossen bruch. Ne-ben Favre und dessen Assistent Harald Gämperle verliessen vor der Saison auch die Schlüsselspieler blerim Dzemaili, Gökhan inler und Xavier Margairaz das Team. im August folgten die Abgänge von Steve von bergen und César, in der Winterpause jener von raffael. Die Aufgabe für den neuen Trainer bernard Challandes war deshalb äusserst schwie-rig, der FCZ erreichte jedoch immerhin rang 3. Doch schon in der darauf fol-genden Saison wurden die Zürcher zum zwölften Mal Meister.

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Sie sind vom FCZ als Leitfigur ver-pflichtet worden. ich war schon als kind Captain meiner Mannschaft. Auch später in Helsinki, in Norwegen bei Stavanger und bei Ander-lecht. ich finde es schön, wenn ich Ver-antwortung übernehmen kann.

Haben Sie das auch gesucht?Gesucht nicht. Das kommt automa-tisch.

HANNU TIHINEN

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Text: Stefan Schürer, illustration: André bex

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Schweizerreise

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den fC Nordstern prägt eine traditionsreiche vergangen-heit. Einst spielte er auf dem grössten fussballfeld der Welt, total 35 Jahre hielt er sich in der höchsten Spiel-klasse der Schweiz. Heute hin gegen fehlt einiges, um richtige Ambitionen zu haben.

die Sterne von kleinbasel

Text Guido Herklotzbilder: Stefan bohrer