Bodenbelastung durch Schwermetalle - Nationalatlas -...

Post on 21-Jun-2019

215 views 0 download

Transcript of Bodenbelastung durch Schwermetalle - Nationalatlas -...

112Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser

Bodenbelastung durch SchwermetalleJörg Völkel

In der Natur treten Metalle und metall-ähnliche Elemente selten � gediegensondern in Form von Erzen auf. Wäh-rend die Leichtmetalle Silizium, Alumi-nium, Calcium, Eisen, Kalium, Magne-sium und Titan mit einem Anteil vonüber 99% in Verbindung mit Sauerstoffdie feste Erdkruste aufbauen, zählen dieweiteren Metalle zu den so genanntenSpurenelementen. Unter ihnen be-zeichnet man Metalle, deren Dichte ei-nen Wert von 4,5 g/cm3 überschreitet,als Schwermetalle. Während aus derSicht des Stoffwechsels von Organis-men die Schwermetalle Kupfer undZink bis zu einer gewissen Menge zu den

Betrieben werden jährliche Pb-Deposi-tionen von >10 kg/ha angegeben. InBallungsgebieten sind es generalisiertimmerhin noch 280 g/ha/a gegenübereinem bundesweit gemittelten Wertvon 27 g/ha/a. Die Werte sind im lang-jährigen Trend stark rückläufig.

Zur atmosphärischen Depositionkommen die Verunreinigung der Ge-wässer und die Kontamination der Bö-den mit industriell, von der Landwirt-schaft, durch Hausbrand und Verkehrfreigesetzten oder aufgetragenen Stof-fen, sowohl in heutiger als auch in his-torischer Zeit. In den Sedimenten derElbauen als einem industriell besondersstark verschmutzten Fluss liegen dieGehalte an Cadmium (Cd) im Unter-strombereich der Zuflüsse von Triebischund Mulde bei Spitzenwerten von230 mg/kg. Die Bleigehalte von Elbsedi-

menten erreichen Werte von bis zu1500 mg/kg. Für unbelastete Böden wer-den Cd-Werte von <0,5 mg/kg und Pb-Werte von <60 mg/kg angegeben. Ver-ursacht durch die Auswirkungen desjahrhundertelang betriebenen Bergbausweisen die Sedimente der Flüsse Okerund Innerste im Harzvorland Cd-Ge-halte von 200 mg/kg auf. Die Bleigehal-te können bis zu 4000 mg/kg betragen.Zink und Kupfer erreichen Werte von5000 mg/kg und 650 mg/kg. Das Bei-spiel zeigt, dass eine Dekontaminationvon Flusssedimenten keineswegs aus-schließlich von den aktuellen Einlei-tern der modernen industriellen Pro-duktion abhängig ist. Grundsätzlichsind in allen Regionen Deutschlandsmit historischem Bergbau in den Auese-dimenten der Flüsse Altlasten ver-steckt, die durch natürliche oder künst-

Adsorbenzien – Bodenbestandteile, andie sich Stoffe anlagern

Deposition – Ablagerung, Stoffeintrag

gediegen – in Reinform

Immission – Eintrag eines verunreini-genden Stoffs in die (Reinst)Luft

Moldanubikum – westlicher Teil desböhmischen Grundgebirges, bestehendaus metamorphen und magmatischenGesteinen mit geringmächtiger Sedi-mentbedeckung

Olivin – meist oliv- bis flaschengrünes� Silikat in magmatischen und metamor-phen Gesteinen

Saxothuringikum – Grundgebirge imBereich der � variskischen Gebirgsbil-dung von den Nordvogesen bis ThüringerWald, Erzgebirge und Sudeten

Serpentinit – metamorphes olivinrei-ches Gestein

ultrabasisches Gestein – magmatischesGestein mit einem Gehalt an Kieselsäurevon unter 45% SiO2

�����

����

����

������ ��

�����

���

��

�����

����

�����

���

��

�������

�����

�����

�����

����

-�������

(���

�� ������������

!'��2)

%� ��

#�� �����

&�� ��

'�$��

#��� ��

�����

�������������

*���� ��

#����

&��� ��$

!�����

�����"��

�����

�������

)�������

.��������/�!������

.����$����/#/

(+��

'��

!����$��

(���

&�����

���������

2����������$������%��3�������===���-� :��������"���!+ ����� ���� ������

2����$����:� ����� �;���������844< #�J����6T�5444444

4 54 644���85 75

9�!�� ������$����������� �$����� ��� �$$�

2����������$�����,/,

��� �������

>4 , B4C4 , >484 , C4

?84A

=644

essentiellen Spurenelementen zählen,wirken Cadmium, Kobalt, Chrom,Quecksilber, Nickel, Blei und Selenbereits in sehr geringen Mengen to-xisch. Natürlicherweise kommen sie inhöherer Konzentration nur in eng be-grenzten Lagerstätten vor. Vor allem in-folge � technogener Prozesse wie derErzverhüttung und der industriellenWeiterverarbeitung von Verhüttungs-produkten, aber auch bei der Verbren-nung fossiler Energieträger werdenSchwermetalle jedoch in der Umweltangereichert.

Der � Pedosphäre als einer engräumi-gen, aber äußerst effektiven Schnittstel-

le zwischen � Lithosphäre, � Hydro-sphäre und � Atmosphäre kommt imÖkosystem die Rolle eines Puffers undeines Filters zu. Das gilt auch für Schad-stoffe. Allerdings besitzen Böden nichtdie Fähigkeit zur Selbstreinigung, sodass dort eine Anreicherung der überVerwitterung und Einträge zugeführtenStoffe stattfindet. Auch Schwermetallewerden in hohem Maße in den Bödengebunden. Je nach Element treten imBodenprofil charakteristische Vertei-lungsmuster auf, die sich an den Boden-horizonten orientieren �. Denn die Fä-higkeit von Böden, Schwermetalle zuimmobilisieren, hängt vor allem vomphysikochemischen Bodenmilieu undvon der Präsenz von � Adsorbenzien wie� Humusstoffen und reaktionsfreudigenEisenoxiden im Boden ab. Je nach Artdes Schwermetalls variieren die biologi-sche Verfügbarkeit innerhalb eines Bo-denhorizontes und die Tiefenverteilungim gesamten Bodenprofil erheblich. Be-züglich der Bewertung einer ökotoxiko-logischen Relevanz einzelner Schwer-metalle bedarf es daher unabhängig vonden jeweils ermittelten Gesamtgehaltenstets einer bodenkundlichen Standort-bewertung.

Anthropogen freigesetzteSchwermetalle in BödenÜber den atmosphärischen Pfad werdenSchwermetalle den Böden auch in in-dustriefernen Regionen sowohl in Formtrockener als auch nasser � Depositionzugeführt. Vor allem die Waldgebiete� kämmen Schwermetalle aus der Luftund den Niederschlägen aus. Das gilt inden organischen Auflagehorizonten derWaldböden vor allem für Blei, Cadmi-um und einen Teil des Zinks und Kup-fers, die fast vollständig aus � Immissio-nen stammen. Blei (Pb) zum Beispielwird vor allem über Verbrennung � fos-siler Energieträger freigesetzt. Im Bodenist es ausgesprochen immobil und wirdim Auflagenhumus angereichert. HoheJahresniederschläge von über 1400 mmund das Auskämmen von Nebel führenbeispielsweise dazu, dass die durch-schnittlichen Bleigehalte in den Bödenauf den Höhenzügen des industriefernenund als so genanntes Reinluftgebiet be-kannten Nationalparks BayerischerWald mit etwa 250 mg/kg um das Fünf-fache über den durchschnittlichen Wer-ten der Waldböden im stadtnahen Um-feld einer Großstadt wie Regensburgliegen (642 mm Niederschlag/Jahr). Diein der Europäischen Union maximal zu-lässige Bleikonzentration in Böden be-trägt 300 mg/kg. Innerhalb industriellerBallungsräume und in ihrem Umfeld istdie atmosphärische Belastung jedochweitaus höher. Für das Umfeld Bleierzeverarbeitender Verhüttungsanlagen und

113Bodenbelastung durch Schwermetalle

liche Verlagerungen der Uferränderjederzeit wieder freigesetzt werden kön-nen.

Bekannt für ihre Befrachtung mitSchwermetallen sind Klärschlämme. Sieenthalten unter anderem erheblicheMengen an Cadmium, welches den Bö-den zudem auch über Dünger und denKfz-Verkehr (vor allem Reifenabriebund Dieselöl) zugeführt wird. Die Klär-schlammverordnung gibt das Maß anGehalten unterschiedlicher Schwerme-talle vor, die in industriellen Reststof-fen, welche der Umwelt wieder zuge-führt werden sollen, enthalten sein dür-fen. Dazu zählen die überall als Rück-stände der Abwasserreinigung anfallen-den Klärschlämme, von denen inDeutschland jährlich insgesamt etwa 60Mio. Tonnen (BMU 2002) anfallen, be-zogen auf ein Trockensubstanzvolumenvon 5%. Industrieschlämme und kom-munaler Kompost sind hier nicht einbe-zogen. Die nach Ausfaulung und Trock-nung verbleibenden Mengen wurdenvor dem Jahre 2001 zu etwa 37% in derLandwirtschaft vor allem aufgrund ho-her Organikanteile und weiterer Haupt-bestandteile in Form von Stickstoff, Ka-lium, Calcium, Magnesium und Phos-phor zur Bodenverbesserung eingesetzt.Der Herkunft des Klärschlamms ent-sprechend variieren die Schwermetall-konzentrationen erheblich, weshalbeine ständige Überprüfung erforderlichist. Im Falle zu hoher Schadstoffgehaltemüssen auch Klärschlämme auf geeigne-ten Deponien eingelagert werden, wasfür Industrieschlämme generell gilt.

Im Falle industrieller Produktions-und Altlastenstandorte können Schwer-metalle in besonders hoher Konzentrati-on in Böden auftreten. Ein Beispiel ei-ner räumlich eng begrenzten Schwer-

metallkontamination der Böden vor al-lem mit hochgiftigem Quecksilber (Hg)und Antimon (Sb) ist der 1985 auf-grund einer behördlichen Anordnungstillgelegte Standort der ChemischenFabrik Marktredwitz (CFM) in der Ob-erpfalz. Seit 1837 wurden dort unter-schiedlichste chemische Verbindungenhergestellt, im Rahmen der Produktionvon Pflanzenschutzmitteln neben ele-mentarem Quecksilber nahezu alle be-kannten anorganischen und organi-schen Quecksilberverbindungen. Nebendem Betriebsgelände selbst wurden auchdas Umfeld, wozu das Stadtgebiet vonMarktredwitz zählt, und die angrenzen-den Vorfluter erheblich kontaminiert.Die durchschnittlichen Konzentratio-nen an Quecksilber im Boden lagen imUmfeld bei 27,64 mg Hg/kg Trocken-substanz (TS) mit Belastungsspitzenvon 2,4 g Hg/kg TS, dabei in der Regelin hochmobiler Bindungsform. DieBundes-Bodenschutz- und Altlastenver-ordnung (BBodSchV) gibt für Quecksil-ber als Hintergrundwert in nicht belas-teten Böden eine Spannbreite von 0,05bis 0,5 mg Hg/kg TS an. Die Sanierungdieses Standortes konnte 1996 abge-schlossen werden.

Allgemeine Hintergrundwertevon Schwermetallen in BödenAuch auf natürliche Weise reichern Bö-den Schwermetalle an, allerdings inweitaus geringerem Maße als durchmenschliche Einflüsse. Diese Gehalteresultieren vor allem aus der Verwitte-rung der bodenbildenden Sedimenteund Gesteine im Zuge der Bodenent-wicklung. Im Gegensatz zu anthropogenfreigesetzten Schwermetallen werdendiese daher als � geogen bezeichnet. De-ren jeweilige Gehalte sind stark von der

�����

����

����

������ ��

�����

���

��

�����

�����

���

��

����� ��

�����

�����

�����

����

����

-�������

(���

�� ������������

!'��2)

%� ��

#�� �����

&�� ��'�$��

#��� ��

�����

�������������

*���� ��

#����

&��� ��$

!�����

�����"��

�����

�������

)�������

.��������/�!������

.����$����/#/

(+��

'��

!����$��

(���

&�����

���������

2����������$������%��������===���-� :��������"���!+ ����� ���� ������

#�J����6T�5444444

4 54 644���85 75

2����$����:� ����� �;���������844< 9�!�� ������$����������� �$����� ��� �$$�

2����������$�����,/,

=654685 , 654644 , 68575 , 64454 , 75

? 54

��� �������

A

���,�������#����#���#�������#��������($������(�5���('�2������#,��%����'������"

(���������(��$�������� ��������!�����%�����������)�������)��

-�������� ������$� -��� - �-�-�-�-�-�-�!-�!!!!!!!"��!"��22!"���

�,/,4 64 84 <4 C4 54 >4 74

9�2����$����:� ����� �;���������844<

0��&��������������%�� ��$����������'��$����� ����� �� ���%���������!�������������%���������� ����)�� ����K���;������&����� ��$

chemischen Beschaffenheit der Bodenbildenden Substrate abhängig. Sie vari-ieren daher in charakteristischer Artund Weise mit dem � lithologischenBau der naturräumlichen Einheiten. InVerbund mit der Nutzung einer Land-schaft (Forst, Grünland, Acker, Dauer-kulturen, Siedlungs- und Industrieflä-che) bilden sie Hintergrundwerte, derendeutschlandweite Darstellung sich aufdie bodenökologisch besonders relevan-ten humosen Oberbodenhorizonte be-zieht. Das Beispiel Blei verdeutlicht –losgelöst von anthropogenen Einträgen– den hohen Einfluss, welchen die Ge-steine auf die Schwermetallgehalte inBöden nehmen. Die Grundgebirgsein-heiten in Deutschland wie RheinischesSchiefergebirge, � Saxothuringikum,� Moldanubikum, der Schwarzwald undder Harz treten ausnahmslos über er-höhte Gehalte hervor �. Das Beispieldes Harzes lässt zudem lithologisch be-dingte Verteilungsmuster innerhalb ei-

ner naturräumlichen Einheit erkennen.Ein Gegenbeispiel ist Nickel, welchesauf den ersten Blick am allerwenigsteneinen Zusammenhang mit den das Bo-densubstrat stofflich mitbestimmendenGesteinen erkennen lässt �. Zwar sindauf der Karte teilweise auch naturräum-liche Einheiten kraft des Einflusses ih-rer Gesteinstypen auf die Schwermetall-gehalte der Böden erkennbar. Auchwird das Vorkommen ultrabasischer Ge-steine mit hohen Olivingehalten sowievon Serpentiniten klar nachgezeichnet.Bayerischer Wald und Oberpfälzer Waldals Teile der kristallinen Grundgebirgs-provinz des Moldanubikums setzen sichindes beispielsweise nicht von den li-thotypisch völlig anders gearteten� Lockersedimenten des südbayerischenRaumes ab, dessen bodenbildende Sub-strate aus � quartär- und � tertiärzeitli-chen Lockersedimenten bestehen.�