Post on 24-Aug-2020
© Friederike Hogrebe
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Integration von Schülerinnen und Schülern mit einer
Sehschädigung an Regelschulen
Didaktikpool
Umsetzung des Bilderbuches „Die kleine Maus sucht einen Freund“ von Eric Carle
Adaptiertes Material - für blinde, sehbehinderte und sehende Kinder
Friederike Hogrebe, 2013
Technische Universität Dortmund Fakultät Rehabilitationswissenschaften
Rehabilitation und Pädagogik bei Blindheit und Sehbehinderung
Projekt ISaR 44221 Dortmund
Tel.: 0231 / 755 5874
Fax: 0231 / 755 6219
E-mail: isar@tu-dortmund.de
Internet: http://www.isar-projekt.de
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Umsetzung des Kinderbuches "Die kleine Maus sucht einen Freund" von Eric Carle
Friederike Hogrebe, 2013
Das Bilderbuch „Die kleine Maus sucht einen Freund“ von Eric Carle erzählt die Geschichte einer
kleinen Maus, die auf der Suche nach einem Freund verschiedenen anderen Tieren begegnet, die
aber das Freundschaftsangebot jeweils verneinen. Am Ende des Buches trifft die kleine Maus
schließlich auf eine andere kleine Maus und findet in ihr einen echten Freund.
Im Originalbuch "Die kleine Maus sucht einen Freund" sind die Tiere jeweils so gestaltet, dass der
hintere Teil des Tieres auf einer und das Vorderteil des Tieres auf der Umseite abgebildet sind. Auf
diese Darstellung, die im Original zum Mitraten einlädt, wurde in dieser Umsetzung bewusst
verzichtet, um die Tiere vollständig in einem Tastraum abbilden zu können. Aus diesem Grund war
der Erste Schritt der Umsetzung die Verkleinerung der Originalzeichnungen mithilfe eines Kopierers
um 10%, denn nur so war es möglich, die Gesamtdarstellung eines Tieres auf einer Seite abzubilden.
Bei dieser Umsetzung wurden, aus Zeitgründen, vier von zehn Tieren (Pferd, Löwe, Krokodil, Fuchs)
und die Schlussszene des Buches ausgewählt. In der Originalversion schlängelt sich eine Schlange
über die Gesamtheit aller Seiten des Buches am unteren Bildrand. Diese Darstellung ist meiner
Meinung nach bereits für sehende Kinder der Adressatengruppe sehr schwer verständlich. Aus
diesem Grund wurde auf dieses Detail verzichtet.
Zuerst erfolgte ein Abpausen der Abbildungen der Tiere mithilfe von Transparentpapier und
anschließend wurde dieses Transparentpapier auf Tonkarton aufgeklebt. Die auf diese Wiese
hergestellten Schablonen dienten dazu, die Umrisse der einzelnen Körperteile der Tiere auf die
ausgewählten Materialien zu übertragen. Diese Materialien wurden anschließend ausgeschnitten
und in Schichten nacheinander aufgeklebt.
Herstellung der Tastabbildungen
Für die Herstellung der taktilen Grafiken wurden Materialien ausgewählt, die möglichst nah an den
Tasteindruck des Originaltieres heranreichen. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Materialien
war ein angenehmer Tasteindruck.
Die einzelnen Körperteile wurden aus dem für das einzelne Tier ausgewählten Material
ausgeschnitten und anhand von visuell-räumlichen Gesichtspunkten übereinander angeordnet. Als
Grundlage des Tastbilderbuches wurde 160g starkes Papier ausgewählt und die einzelnen
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Körperteile mit Holzleim darauf geklebt. Um die Teile genau positionieren zu können, wurde der
Umriss der Tiere vorher auf das Papier übertragen.
Der Protagonist des Buches ist die kleine Maus, die auf der Suche nach einem Freund ist. Kopf und
Körper der Maus wurden bei dieser Umsetzung aus grauem Filz hergestellt. Die Darstellung der
Augen erfolgte durch kleine schwarze aufgenähte Perlen und die der Schnurrhaare durch kurze
eingezogene Nylon-Fäden. Der Schwanz des Tieres wurde durch Jutegarn abgebildet. Zur leichteren
Identifikation und Wiedererkennung der Maus geschah eine Platzierung in der Begegnung mit
anderen Tieren jeweils an der gleichen Stelle der Buchseite.
Das erste Tier, dem die kleine Maus begegnet, ist ein Pferd. Pferdekörper und –kopf bestehen aus
braunem Filz, Schweif und Mähne dagegen aus aufgeklebten Wollfäden. Die Hufe sind aus
Moosgummi ausgeschnitten worden.
Als nächstes tritt ein Krokodil auf. Das Krokodil besteht aus Moosgummi. Die Struktur des Rumpfes
wurde durch schräge Einschnitte in das Obermaterial des Moosgummis hergestellt. Besonders
markant bei einem Krokodil sind die scharfen Zähne. Diese wurden bei dieser Umsetzung aus
laminiertem Papier ausgeschnitten.
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Der Löwe besteht aus Samtpapier, die Mähne und die Schwanzspitze aus Fellimitat. Auch bei diesem
Tier wurden Schnurrhaare aus Nylon angebracht.
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Den Fuchs, dem die Maus als nächstes begegnet, wurde aus orangenem Filz ausgeschnitten und der
Schwanz aus Samt.
Die beiden Bäume bestehen aus Strukturpapier und die Schlange aus Schlangenlederimitatfolie.
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Überlegungen zur Perspektive
Besonders bei den ersten 4 Tieren dieser Umsetzung stellte sich die Frage der Perspektivität und der
Darstellung der Körperpositionen der jeweiligen Tiere. In diesem Fall wird deutlich, dass taktile
Grafiken immer nur ein Annäherungsversuch darstellen, die an die Vorstellungen der Visualität der
Proportionen von sehenden Menschen angelehnt sind.
Ein Kind, welches unter Umständen noch keine Vorstellung von den abgebildeten Tieren entwickelt
hat, kann Schwierigkeiten haben, beispielsweise die Besonderheiten der Beinstellung vierbeiniger
Tiere in der Seitenansicht zu verstehen. Dennoch wurde sich bei dieser Umsetzung dafür
entschieden, die Körperteile der Tiere in mehreren Schichten aufzutragen und somit zumindest
einen Eindruck von der Perspektivität zu erhalten. So sind die Beinpaare der Tiere, die in der
visuellen Ansicht „weiter vorne im Bild“ sind, auch in der taktilen Grafik, als vorstehende oberste
Lage der Abbildung zu ertasten.
Schrift und Aufbau des Buches
Bei diesem Tastbilderbuch wurde die Schriftart Arial in Größe 28 verwendet. Dieser Schriftgrad ist
etwas größer als die empfohlene Mindestgröße für Schülerinnen und Schüler mit einer
Sehschädigung, allerdings kann dies aufgrund des geringen Textumfangs des Buches realisiert
werden. Als Untergrundmaterial für die Texte wurde 160g-Papier verwendet.
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Die bedruckten Seiten sind mit matter Folie laminiert. Dadurch ist die Haltbarkeit erhöht und die
Textseiten vor Verschmutzung geschützt. Matte Laminierfolien verhindern eine Spiegelung und
damit eine Blendung von Schülerinnen und Schülern, deren Blendempfindlichkeit erhöht ist.
Die taktilen Grafiken wurden jeweils so ergänzt und mit Holzleim auf den laminierten Seiten
aufgeklebt, dass diese auf der linken Seite liegen, während der Text auf der rechten Buchseite
aufgebracht wurde.
Die Punktschrift wurde auf selbstklebende Folie gedruckt und jeweils unter die Schwarzschrift
geklebt (auf dem Bild nicht zu erkennen). So können einzelne Reihen mit Punktschrift gegebenenfalls
ausgetauscht werden. Die Punktschrift ist jeweils satzweise unter den Sätzen der Schwarzschrift
aufgebracht, sodass eventuell eine Simultanerfassung durch Punktschrift- und Schwarzschriftleser
möglich ist.
Die Seiten sind quer in einen Din-A4-Ordner eingeheftet.
Kritische Reflexion des Gesamtergebnisses
Bei einer erneuten Umsetzung wäre es eventuell sinnvoll die Verteilung der Seiten zu verändern,
sodass der Text über ein bestimmtes Tier immer auf der Rückseite des Bildes zu finden ist. In diesem
Fall könnten die Seiten leichter um weitere ergänzt oder nur eine Auswahl verwendet werden.
Außerdem wäre möglicherweise die Verwendung von Wackelaugen sinnvoller, da die Augen aus den
Perlen schwer zu ertasten sind.
Fraglich ist es, ob die Mäuse vergrößert werden sollten. Einerseits würde dies das Ertasten
erleichtern, aber andererseits würde es die Proportionen zwischen den Mäusen und den anderen
Tieren verfälschen.