Venöse Thromboembolien

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Venöse Thromboembolie und KrebserkrankungBevölkerungsbezogene Inzidenz-Studie

Orthopädische HochrisikochirurgieMaßnahmen der Thromboseprophylaxe

lungsprogramms für Semulopa-rin insgesamt als erfolglos be-zeichnet werden, zumal die Blu-tungsraten unter Semuloparin im Trend etwas höher lagen als unter Enoxaparin.

FazitZumindest auf dem Feld der pri-mären VTE-Prophylaxe in der orthopädischen Hochrisikochir-urgie hat sich gezeigt, dass die Weiterentwicklung des Wirk-prinzips der Heparine hin zu sehr kleinen Molekülen mit aus-schließlicher oder weit überwie-gender Präsentation der soge-nannten Pentasaccharidsequenz keinen qualitativen Fortschritt erbracht hat.

nose. Für das Pankreaskarzinom z.B. betrug sie in den ersten zwei Monaten 151, in den Monaten 3-2 109 und danach 44/1.000 Perso-nenjahre. Ein überraschender Befund war ein Ansteigen der In-zidenz von 10,3 auf 19 im Zeit-raum von 1997 bis 2006; dieser Anstieg konnte bei Kontrollen nicht beobachtet werden.

FazitAls Erklärung führen die Auto-ren eine steigende Aufmerksam-keit gegenüber dem Problem VTE bei Krebserkrankung zu-rück sowie auf die Einführung von höher thrombogenen Tu-mortherapien.

gegenübergestellt werden, die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,0 bzw. 2,6 Jahre. Die VTE-Inzidenz bei den Tu-morpatienten betrug 13,9/1.000 Personenjahre (95 % CI 13,4–14,4), in der Kontrollgruppe 3,0 (95 % CI 2,9–3,1), entsprechend einer für Alter, Geschlecht und Kalenderjahr korrigierten ha-zard ratio (HR) von 4,7 (95 % CI 4,5–4,9). Je nach Tumorart waren die Inzidenzen weit gestreut, von 98 (Pankreas) über 44 (Lunge) und 17 (colorektal) bis 8,9 (Brust). Die Inzidenzen stiegen signifi-kant mit dem Alter, sie sanken jedoch deutlich mit zunehmen-dem Abstand von der Erstdiag-

diesem Pool wurden Patienten mit einer ersten Diagnose einer Krebserkrankung zwischen Ap-ril 1997 und Dezember 2006 aus-gewählt, mit einem Follow-up bis zum 31.12.2010. Die Diagno-se einer VTE wurde aus den Re-gisterdaten geschöpft und vali-diert anhand der Rezeptur eines Antikoagulanz oder einer Be-handlung in einer Antikoagula-tionsklinik. Zusätzlich zu den Patienten mit einer Krebsdiag-nose wurde eine altersgematchte Vergleichspopulation von Pa-tienten ohne Krebsdiagnose ge-bildet. Zum Schluss konnten 83.000 Patienten mit Krebs-erkrankung 577.000 Kontrollen

Phlebographie. Es wurden 2.326, 1.003 bzw. 1.150 Patienten rando-misiert. In allen drei Studien traten nu-merisch weniger tiefe Venen-thrombosen unter Semuloparin auf als unter Enoxaparin. Der Unterschied war jedoch lediglich bei Patienten nach elektivem Hüftgelenksersatz statistisch sig-nifikant. Keine signifikanten Unterschiede fanden sich bei Pa-tienten nach elektivem Kniege-lenksersatz und nach hüftge-lenksnaher Schenkelhalsfraktur. Da alle drei Studien auf Überle-genheit angelegt waren, abgelei-tet aus den Ergebnissen der Do-sisfindungsstudien, die Ver-gleichdosis Enoxaparin bei der einzig erfolgreichen Studie je-doch geringer als bei der Kniege-lenksersatzstudie war, muss die-ser Teil des klinischen Entwick-

In einer zusammenfassenden Übersicht stellten Lassen und Coautoren drei Studien zur VTE-Prophylaxe in der orthopädi-schen Hochrisikochirurgie vor (SAVE-HIP I, SAVE-HIP II und SAVE-KNEE). Alle drei Studien folgten dem klassischen Design des doppelblinden Vergleichs der einmal täglichen Injektion von entweder Enoxoaparin oder Se-mulopraxin über 7 bis 10 Tage, gefolgt von einer beidseitigen

Die Datenbasis dieser Studie ist die englische „General Practice Research Database“ (CPRD), ein prospektives Patientenregister, in das 600 Hausärzte seit 1987 kontinuierlich Einträge machen. Mit diesen Daten wurden Kran-kenhausbehandlungsdaten seit 1997 verknüpft, ebenso spezifi-sche Krebsregisterdaten. Aus

Originalpublikation

Walker AJ, Card TR, West J et al (2013) Incidence of venous throm-boembolism in patients with can-cer - A cohort study using linked United Kingdom databases. Eur J Cancer 49(6):1404-13

Originalpublikation

Lassen MR, Fisher W, Mouret P et al (2012) Semuloparin for prevention of venous thromboembolism after major orthopedic surgery: results from three randomized clinical tri-als, SAVE-HIP1, SAVE-HIP2 and SA-VE-KNEE. J Thromb Haemost 10.5: 822-32

Update Gefäßmedizin · Venöse Thromboembolien

Korrespondenzadresse

680 | Gefässchirurgie 8 · 2013

Prof. Dr. Sebastian SchellongKrankenhaus Dresden Friedrichstadt II. Medizinische Klinik Friedrichstraße 41 01067 Dresden schellong-se@khdf.de

Die Beiträge stammen aus dem Handbuch Gefaessmedizin 2013 und entsprechen den Seminarunterlagen des 4. Angio Update 2013 der med update GmbH.

Gefässchirurgie 2013 · 18:680–681 DOI 10.1007/s00772-013-1252-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

D Veranstaltungshinweis

Köln, 21.-22. März 2014 Angio Update 20145. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin Unter der Schirmherrschaft der DGIM, DGA, DGG, DGP, SGA, DRG, DeGIR

Thromboseprophylaxe bei internistischen ErkrankungenKonzept der verlängerten Thromboseprophylaxe

Im Rahmen einer Metaanalyse wurde das Konzept der verlänger-ten Thromboseprophylaxe insge-samt im Vergleich zu einer Stan-dard-Prophylaxedauer von 10 Ta-gen untersucht. Bei Betrachtung des allen Studien zugrundeliegen-den kombinierten Endpunktes aus asymptomatischer und sympto-matischer Beinvenenthrombose

Originalpublikation

Sharma A, Chatterjee S, Lichstein E et al (2012) Extended thrombopro-phylaxis for medically ill patients with decreased mobility: does it improve outcomes? J Thromb Hae-most 10.10: 2053-60

Originalpublikation

Penaloza A, Kline J, Verschuren F et al (2012) European and American suspected and confirmed pulmo-nary embolism populations: com-parison and analysis.“ J Thromb Haemost 10.3: 375-81

sowie nicht-tödlicher Lungenem-bolie und VTE-assoziiertem Tod war ein relatives Risiko von 0,75 (95 % CI 0,64–0,88) zu beobach-ten. Die individuellen klinischen Endpunkte dagegen waren nicht signifikant reduziert: Asympto-matische proximale Thrombosen RR 0,85 (95  % CI 0,68–1,05), sym-ptomatische tiefe Venenthrombo-se RR 0,44 (95 % CI 0,19–1,00), symptomatische nicht-tödliche Lungenembolie RR 0,80 (95 % CI 0,43–1,48), VTE-assoziierter Tod RR 0,64 (95 % CI 0,38–1,10). Blu-tungsereignisse dagegen waren unter verlängerter Prophylaxe sig-nifikant vermehrt mit einem Risi-koverhältnis von 2,68 (95 % CI 1,78–4,05).

FazitDie Autoren folgern daher, dass eine Verlängerung der medika-mentösen Thromboseprophyla-xe bei internistischen Patienten über den Krankenhausaufent-halt hinaus nicht routinemäßig indiziert ist.

DiagnosealgorithmenEuropa und USA im Vergleich

Eine belgische Arbeitsgruppe hat aus drei prospektiven Manage-mentstudien, zwei davon aus Frankreich und eine aus den USA, Daten für 3.174 bzw. 7.940 Patienten mit Verdacht auf Lun-genembolie extrahiert. Ermittelt wurden die Prävalenz der Lun-genembolie in den verschiede-nen Kategorien von Wahrschein-lichkeit, der Ressourcenver-brauch bis zur endgültigen Diag-

nosestellung sowie das Outcome der tatsächlichen Lungenembo-lie-Patienten. Insgesamt waren Patienten mit Verdacht auf Lungenembolie in Europa älter als in den USA, der Anteil an Patienten mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit war signifikant höher. Es fanden sich deutlich unterschiedliche Präva-lenzen mit 26,5 % in Europa und 7,6 % in den USA. Dieser Unter-schied war auch in allen Grup-pen von Vortestwahrscheinlich-keit zu beobachten. Die Präva-lenz in der Niedrigwahrschein-lichkeitsgruppe in Europa war immer noch höher als diejenige der Hochwahrscheinlichkeits-gruppe in den USA. Die durch-schnittliche Zahl der diagnosti-

schen Tests pro Fall von Lungen-embolie betrug dementspre-chend in Europa 7,4 und in den USA 21,6.

FazitDie Autoren nehmen diese be-deutsamen Unterschiede zum Anlass darauf hinzuweisen, dass alle Einzelschritte diagnostischer Algorithmen in Abhängigkeit von der Prävalenz der Erkran-kung unterschiedlich bewertet werden müssen. Die Daten lassen darauf schließen, dass in den USA die Schwelle wesentlich niedriger liegt, den Verdacht auf Lungenembolie zu äußern.

Ticker

681Gefässchirurgie 8 · 2013 |

▶ Risiko und ProphylaxeEine Studiengruppe aus Leiden ist der Frage nachgegangen, ob andere der bekannten Risikofaktoren für die venöse Thromboembolie (VTE) ein ähnliches Paradox zeigen, und damit die Annahme erhärten, dass Beinve-nenthrombose und Lungenembolie zwar verwandte Erkrankungen, aber nicht in allen Fällen gleichzusetzen sind.

Zu diesem Zweck betrieben die For-scher eine systematische Literaturre-cherche, zum anderen verwendeten sie Daten der in Leiden durchgeführ-ten MEGA-Studie, einer mehrere tau-send Erkrankte und Kontrollperso-nen umfassende Fall-Kontrollstudie über die Risikofaktoren der VTE. Aus-gehend von der epidemiologischen Tatsache, dass auf zwei Erkrankte mit Beinvenenthrombose jeweils ein Fall von Lungenembolie kommt, defi-nierten sie, dass ein Risikofaktor die Beinvenenthrombose begünstigt, wenn das Verhältnis der Risikoerhö-hung zugunsten der Beinvenen-thrombose mehr als eins beträgt; dass aber umgekehrt ein Risikofak-tor das Auftreten einer Lungenem-bolie begünstigt, wenn die Zahl an Lungenembolien im Vergleich zur Beinvenenthrombose mehr als ver-doppelt wird. Sie untersuchten vier Klassen von Risikofaktoren: 1. demo-graphische und morphometrische Kennzeichen, 2. erworbene vorüber-gehende Risikofaktoren, 3. erworbe-ne dauerhafte Risikofaktoren sowie 4. genetische Eigenschaften.

Unter diesen Risikofaktoren begüns-tigten das Auftreten einer Beinve-nenthrombose gegenüber der Lun-genembolie: Orale Kontrazeptiva, Schwangerschaft, Wochenbett, Ver-letzung eines Beins und Überge-wicht; das Auftreten einer Lungen-embolie gegenüber der Beinvenenthrombose begünstigten COPD, Lungenentzündung und Si-cherzellerkrankung. Für erstere Gruppe vermuten die Autoren einen gemeinsamen Pathomechanismus über das Phänomen der APC-Resis-tance (mit Ausnahme des lokalen Ef-fekts bei Beinverletzung). Für die Gruppe von Risikofaktoren zuguns-ten der Lungenembolie werden lo-kal entzündliche bzw. gerinnungs-fördernde Effekte angenommen.

van Langevelde K et al (2012) Blood 120.5: 933-46

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