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1 Nordrhein-Westfalen/Hessen/Bauernverband Jahrgang 59 H 1318 F Herausgegeben von den BdV-Landesverbänden Hessen und Nordrhein-Westfalen www.bdv-nrw.de • www.bdv-hessen.de Hessen: Ostpreußentreffen in Kassel nordrHein-Westfalen: Politisches Schwer- gewicht im Vorstand BauernverBand: Die Reise nach Moskau 1-2014

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Verbandszeitschrift des BdV-Lantdesverbandes NRW

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1 Nordrhein-Westfalen/Hessen/Bauernverband Jahrgang 59 H 1318 F

Herausgegeben von den BdV-LandesverbändenHessen und Nordrhein-Westfalen

www.bdv-nrw.de • www.bdv-hessen.de

Hessen:Ostpreußentreffen in Kassel

nordrHein-Westfalen:Politisches Schwer-gewicht im Vorstand

BauernverBand:Die Reise nach Moskau

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2 Deutsche Umschau 1-2014

Inhalt In eigener Sache

Leitartikel

ISSN 0723-4295Organ des Bundes der Vertriebenen (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bauernverband der Vertriebenen).Herausgeber und Verlag: Bund der Vertrie-benen – Landesverbände Hessen e.V. und Nordrhein-Westfalen e.V.Die Ausgabe Hessen wird durch das Hessische Sozialministerium gefördert.Anschriften: BdV-Landesverband NRW e.V. Bismarckstraße 90, 40210 Düsseldorf, Tel. 02 11/35 03 61, Fax 02 11/36 96 76, E-Mail: [email protected] Hessen e.V., Friedrichstr.

35, 65185 Wiesbaden, Tel. 0611/ 36019-0, Fax: 0611/36019-22, E-Mail: [email protected]

Bankverbindungen: LV NRW: Commerzbank Düsseldorf, Kto.-Nr. 322 018 700, BLZ 300 800 00; LV Hessen: Volksbank Wiesbaden, Kto.-Nr. 34 59 03, BLZ 510 900 00

Redaktion:  Chefredakteur Markus Patzke, Ständige Mitarbeiter: Tobias Körfer (Bonn), Roswitha Möller,, Norbert Quaiser (Wiesba-den), Dr. Arwed Blomeyer (Berlin), Alexander Kühl (Neuss)

Druck und Vertrieb: Rautenberg Druck GmbH, Blinke 8, Postfach 1909, 26789 Leer

Erscheinungshinweise: Zum 1. eines jeden Quartals. Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist der 10. September 2014.Mit Signum oder Namen gezeichnete Bei träge geben die Meinung des Verfassers wieder.

Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Kassel 3

„Ännchen von Tharau ist’s, die mir gefällt …“ 5

„Sudetendeutsch“ 6

Mit politischem Schwergewicht im Vorstand 7

Deutsch-Tschechisches Verhältnis verbesserungswürdig 8

66. Landesverbandstag in Wiesbaden 9

Sudetendeutsche werben in Berlin 10

Deutschland geht nicht ohne uns 11

Nachbarschaftsvertrag Deutschland und Polen – nach 20 Jahren nur ein Stück Papier? 13

Umschau für den Landwirt 15

Die Reise nach Moskau oder 55 Jahre Mähdrusch (1952 – 2007) 16

Kulturtagung der Wolgadeutschen 17

Herbert Czajas Vermächtnis 18

180 Sudetendeutsche und Schlesier zum Heimattreffen 2014 20

Kommen Sie herein, dann können Sie rausschauen! 21

Kulturtagung der Wolgadeutschen 22

Was koche ich morgen? 23

Umschau für die Frau 23

Zu guter Letzt 28

TitelbildDas Foto entstand beim Jahresempfang es Bundes der Vertriebenen und zeigt (v.l.n.r.) Claus Hörrmann, Steffen Hört-ler, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Siegbert Ortmann, den hessischen Landesvorsitzenden.

Die Deutsche Umschau hat uns in den letzten Wo-chen und Monaten großes Kopfzerbrechen bereitet.

Die Landesverbände Hessen und Nordrhein-Westfalen wa-ren gezwungen, sich darüber Gedanken zu machen, wie es mit der Zeitung weitergehen soll. Eines der Hauptprobleme bestand und besteht darin, dass die Zeitung komplett eh-renamtlich erstellt wird. Das betrifft sowohl die Artikel wie auch den Satz. Das ist insgesamt für die Zwei-Mann-Redak-tion eine Herausforderung, die zunehmend schwieriger zu bewältigen ist. Die Landesver-bände Hessen und Nordrhein-Westfalen haben sich deshalb entschieden, die Deutsche Umschau nur noch quartalsweise herauszubringen, also vier Mal jährlich zu Quartals-beginn. Als Redaktion versprechen wir bei diesen Erscheinungsterminen ein pünktliches Erscheinen der Zeitung. Für die vor Ihnen liegenden Ausgabe müssen wir um Verständ-nis bitten, dass sie nicht in allen Bereichen aktuell ist. Selbstverständlich will eine Zei-tung über aktuelle Dinge informieren, aber sie hat auch eine Dokumentationspflicht. Sie finden deshalb auch Berichte über etwas länger zurück liegende Ereignisse. Auch diese sollen gedruckt dokumentiert werden. Die nächste Ausgabe ist dann wieder aktueller.

Die Problematik der Deutschen Umschau zeigt die Problematik der Vertriebenen-verbände insgesamt. Wir alle befinden uns in einem Prozess der Umstrukturierung.

Es wird nicht so bleiben, wie es einmal war. Dabei können wir uns über politische Unter-stützung nicht beklagen. Zum Tag der Heimat spricht bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr, nach dem Jahresempfang, Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Vertriebenen. Der Gedenktag für die deutschen Heimatvertriebenen steht im Koalitionsvertrag der Großen Koalition, drei Bundesländer haben ihn mittlerweile auf Landesebene eingeführt, und die Stiftung „Flucht,t Vertreibung, Versöhnung“ hat ihre Arbeit aufgenommen. Die Ar-beit des Zentrum gegen Vertreibungen läuft ungebrochen weiter, die Ausstellungen der Stiftung sind im ganzen Land zu sehen und erfreuen sich großer Besucherzahlen. Es scheint, dass das Thema Vertreibung Eingang in das nationale Gedächtnis gefunden hat. Jetzt muss es auch noch gelingen, die 800jährige deutsche Geschichte und Kultur der historischen Gebiete der Deutschen im Osten im historischen Bewusstsein zu veran-kern. In diesem Bereich gibt es noch deutlichen Nachholbedarf und niemand kann das besser leisten, als die deutschen Vertriebenen selber. Der Bedarf daran wird uns immer wieder vor Augen geführt. Ob beim Gedenken an den Ersten Weltkrieg oder beim be-vorstehenden Reformationsjubiläum: Die historischen deutschen Ostgebiete werden sel-ten beim Gedenken berücksichtigt. Unseren Verbänden bleiben daher Aufgaben, die ih-nen niemand abnimmt. Dafür lohnt es sich, auch in Zukunft zu arbeiten.

Markus Patzke

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3Deutsche Umschau 1-2014

Ostpreußen einbringen und die Zukunft Ostpreußens vor Ort mitgestalten – mit un-serem Wissen, mit unseren Ideen und mit unserer inneren Beziehung zu Ostpreußen. Ostpreußen hat Zukunft – wir auch. Ost-preußen haben Zukunft in Ostpreußen.

Es gibt hier im Lande noch Menschen, die denken, wir wollen gegen Grenzen anren-nen. Die sollten zur Kenntnis nehmen, wir haben sie überwunden.

Der Weg in eine Zukunft, die von Frie-den, Freiheit und Wohlstand geprägt ist, führt über Wahrheit und Verständigung und die gemeinsame Arbeit an der gemein-samen Sache.“

Anlehnend an das Motto der Veranstal-tung „Ostpreußen hat Zukunft“ schloss Grigat seine Ansprache mit dem freundli-chen, aber durchaus ernst gemeinten Aufruf an die rund 5000 Zuhörer im Saal: „Kom-men Sie mit uns in die Zukunft!“

Eingeleitet wurde die Kundgebung mit dem Glockengeläut des Königsberger Doms und dem traditionellen Einmarsch der Fahnen-staffel. Bundesvorstandsmitglied Dr. Wolf-gang Thüne sprach mit bewegenden Wor-ten die Totenehrung. Danach überbrachte Umweltstaatssekretär Mark Weinmeister die Grüße der Hessischen Landesregierung.

Politik

Fortsetzung auf Seite 4

Deutschlandtreffen der Ostpreußen in KasselProf. Baring spricht über „Putin für Anfänger“

Mehr als 5000 Besucher des Deutschlandtreffens nahmen an der Großkundgebung in der Rothenbach-Halle teil

Prof. Dr. Dr. h.c. Arnulf Baring beim Deutschlandtreffen der Ostpreußen

Am 17. und 18. Mai fand in Kassel das Deutschlandtreffen der Landsmannschaft Ostpreußen statt. In diesem Jahr stand das Treffen unter dem Motto „Ostpreu-ßen hat Zukunft.“ Doch wenn man den Trubel in den Kasseler Messehallen ver-folgte, fühlte man sich unwillkürlich auch an das Motto eines früheren Deutschland-treffens erinnert: „Ostpreußen lebt.“ Diese Begrüßungsworte wählte Stephan Grigat, Sprecher der Landsmannschaft Ostpreu-ßen, dann auch spontan beim Blick auf die fast 5000 Besucher, die bei der Groß-veranstaltung am Sonntag die Reihen bis auf den letzten Platz füllten.

Den Auftakt und zugleich einen der Höhe-punkte des Deutschlandtreffens bildete am Vortag der Hauptkundgebung die Verlei-hung des Ostpreußischen Kulturpreises an den emeritierten Rechtsprofessor Ingo von Münch, der für seine Forschungen zu den Massenvergewaltigungen durch sowjetische Soldaten in der Endphase des Zweiten Welt-krieges geehrt wurde, die er in dem Buch „Frau, komm!“? veröffentlichte. (Bespre-chung im DOD 1/2010, S. 26) In der Lau-datio zur Preisverleihung hieß es: „Top-Ju-rist bricht Tabu des Schweigens“ titelte eine große Tageszeitung dazu. Dass er sich an ein weitgehend tabuisiertes Kapitel der deut-schen Geschichte heranwagen würde, war Prof. von Münch von Anfang an bewusst. Doch er ist dieses Wagnis ebenso bewusst eingegangen – um der schlichten Wahrheit willen. ... Prof. Ingo von Münch ist zu dan-ken dafür, dass er sich dieses heiklen The-mas gegen alle Widerstände angenommen und damit einen lange überfälligen Beitrag

zur wahrheitsgemäßen Darstellung der Ge-schichte geleistet hat.“ Mit bewegenden Worten dankte Prof. von Münch für die Auszeichnung und führte dabei aus: „Viele Opfer schweigen; sie machen allenfalls An-deutungen; sie möchten darüber, was ihnen widerfahren ist, nicht sprechen, was durch-aus verständlich ist; denn die Vergewalti-gung einer Frau oder eines Mädchens ist nicht irgendeine Straftat oder irgendeine Körperverletzung – sie verletzt den Intim-bereich und die Seele des Opfers.

Die Täter schweigen, nicht etwa weil sie eine Bestrafung durch russische Gerichte befürchten müssten, sondern weil sie wissen, dass die oft unter Waffengewalt erzwungene Vergewaltigung einer Frau oder eines Mäd-chens keine Heldentat ist: Nicht die Opfer sondern die Täter müssen sich schämen.“

Ein weiterer Preis, der Gierschke-Dornburg-Preis, wurde an den Wissenschaftshistori-ker Dr. Christian Tilitzki für seine Arbeit über die Albertus-Universität Königsberg von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges verliehen.

Bei der Großkundgebung in der „Rothen-bach-Halle“ stellte der Sprecher der Lands-mannschaft Ostpreußen Stephan Grigat in seiner programmatischen Rede unter starkem Beifall fest, dass Ostpreußen wei-terhin lebe. Die in der Landsmannschaft zusammengeschlossenen Menschen woll-ten sich in die Entwicklung und Zukunft Ostpreußens, als inzwischen anerkannter Gesprächspartner, ernsthaft einbringen. „Es wird uns nicht nur gestattet, von uns wird geradezu erwartet, dass wir uns in

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Politik

Fortsetzung von Seite 3

Gut gefüllt war die Halle bei den „Familientreffen“ der Heimatkreisgemeinschaften, die sich gleichzeitig in beeindruckenden Ständen auch selbst vorstellten.

Heimatliches Brauchtum, Spezialitäten und Schmuck wurden an zahlreichen Stän-den der Aussteller beim Deutschlandtreffen angeboten

Für den „Bund Junges Ostpreußen“ sprach Stefan Hein ein „Wort der Jugend“, das sich vor allem mit landsmannschaftlichen Zukunftsthemen be-fasste. Dabei machte Hein, der auch Vorstandsmitglied des nord-rhein-westfä-lischen BdV ist, klar: „Darü-ber hinaus wollen wir unseren bundesdeut-schen Staat nicht aus seiner Pflicht entlassen und ihn an seine Verantwortung erinnern, die Geschichte und Kultur Ostpreußens in der deutschen Gesellschaft wach zu halten. Und dabei geht es nicht nur darum, Mu-seen neu zu konzipieren oder zu finanzieren, sondern vor allem auch darum, Ostpreu-ßen wieder in den Schulen und Hochschu-len zu etablieren. Denn die Zukunft Ost-preußens liegt in den Herzen und in den Köpfen der Menschen!“

Prof. Dr. Arnulf Baring brachte der Groß-kundgebung den eigentlichen Höhepunkt mit seiner Festrede unter dem bezeichnen-den Thema „Putin für Anfänger“. Dabei ging er in gekonnter Weise auf geschichtli-che Darstellungen und neuerliche Ausrich-tungen der russischen Politik unter dem, so Baring, „gegenwärtig größten Imperialis-ten“, Wladimir Putin, ein. Eine These, mit der Baring nicht nur auf Zustimmung stieß. Der 82-jährige Festredner sparte jedoch

auch nicht mit Kritik an der spürbaren Rat-losigkeit der westlichen Welt gegenüber der russischen Politik und dem Fehlen einer of-fenen Diskussion hierzulande über die er-kennbaren Absichten Moskaus. Prof. Baring rief zum Abschluss allen im Saal zu: „Blei-ben Sie fröhliche Patrioten, es lebe Deutsch-land, es lebe die Republik!“.

Das Grüppchen von rund 30 „Antifa“-Akti-visten, das sich vor dem Kasseler Messezen-trum aufgebaut hatte, muss sich eigentlich ziemlich dumm vorgekommen sein. Statt gefährlicher Nazis und Revanchisten, die ih-nen die Organisatoren der Protestveranstal-tung vom „Kasseler Bündnis gegen Rechts“, allen voran der Deutsche Gewerkschaftsbund, of-fenbar angekündigt hat-ten, strömten friedliche, zumeist schon in die Jahre gekommene, seriöse Herr-schaften dem Eingang zu. Die Tageszeitung „Hes-sische-/Niedersächsi-sche Allgemeine“ schrieb dazu: „Die Aktion vor den Messehallen hat vor allem Menschen tief ge-troffen, deren Leben ohne-hin von einer großen Ver-letzung geprägt ist. Richtig ist, dass wir alle uns ge-gen rechtes Gedanken-gut wehren sollten. Aber es ist armselig, Menschen, die unter dem Krieg ge-litten haben, pauschal als

rechtsradikal darzustellen.“ Buntes und re-ges Treiben herrschte in der Ausstellungs-halle, in der gewerbliche wie ideelle An-bieter und Kunstschaffende ihre Arbeit und ostpreußische Spezialitäten präsen-tierten. Ein ökumenischer Gottesdienst, Vorträge und kulturelle Darbietungen run-deten das Programm ab. Über 10.000 Besu-cher, zufriedene Aussteller, ein facettenrei-ches Programm und die Großkundgebung am Sonntag machten das große Treffen der Ostpreußen für die Besucher wieder zu ei-nem besonderen Erlebnis und für die aus-richtende LO zu einem großen Erfolg.

N.Q./J.H./M.P.

Vertreter der SL- u. BdV-Kreisgruppe Waldeck-Frankenberg aus Hessen waren ebenfalls bei der Großkundgebung auf dem Messegelände in Kassel beim Deutschlandtreffen der Ost-preußen. (v.l.nr.) Manfred Kreuzer, Stephan Grigat, Günter Krause

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Politik

„Ännchen von Tharau ist’s, die mir gefällt …“Anke-Freundeskreis am Rande des Deutschlandtreffens

Im ersten Teil des Abends brachten Betty Römer-Götzelmann (Rezitation) und Annette Subroweit (Gesang), einfühlsam begleitet von Nikolai Abramschuk (Akkordeon), die Verse des Ännchen-Liedes zu Gehör

Es kann vielleicht als das beliebteste deut-sche Volkslied gelten und ist gewiss Ost-preußens heimliche Hymne: Das Hoch-zeitslied auf das „Ännchen von Tharau“, die schöne junge Pfarrerstochter Anna Nean-der aus Tharau/Ostpreußen, im Jahre 1637 in samländischem Niederdeutsch verfasst von dem Barockdichter Simon Dach, später ins Hochdeutsche übertragen von Johann Gottfried Herder und vertont von Fried-rich Silcher. Das Ännchen, dessen Bronze-figur heute wieder einen Brunnen in Me-mel/Klaipeda ziert – es wurde im Laufe der

Jahrhunderte geradezu zum Mythos, einem Mythos, der indes kaum weniger gefährdet zu sein scheint als die Kirche des südlich von Königsberg gelegenen Ortes Tharau, bei der das Ännchen seine Kindheit verbrachte.

Zu der Soiree „Ännchen von Tharau – ihr Leben, ihr Lied, ihre Kirche – gestern und heute“ hatten die Bonner Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Akade-mische Freundeskreis Ostpreußen die Teil-nehmer des diesjährigen Kasseler Deutsch-landtreffens der Ostpreußen eingeladen. Hans-Günther Parplies, Vorsitzender der Kulturstiftung und gleichzeitig Mitglied des Freundeskreises, zeigte sich erfreut über den Zustrom der Besucher, die der Saal kaum zu fassen vermochte, unter ihnen auch Angehörige der deutschen Minder-heit aus Memel.

In einem ersten Teil des Abends brachten

Betty Römer-Götzelmann (Rezitation) und Annette Subroweit (Gesang), einfühlsam begleitet von Nikolai Abramschuk (Ak-kordeon), die Verse des Ännchen-Liedes gekonnt zu Gehör, auch auszugsweise in der niederdeutschen Urfassung und in der ersten zeitgenössischen Vertonung des Kö-nigsberger Domorganisten Heinrich Albert. Beeindruckend vermittelten sie die kraftvol-len sprachlichen Bilder des Liedes, eigent-lich eines Gelegenheitsgedichtes, dessen zeitlose Wirkung, über Jahrhunderte hin-weg, von Simon Dach gewiss nicht voraus-gesehen werden konnte. Die vortragenden Damen stellten das Lied dem von harten Schicksalsschlägen ebenso wie von glück-lichen Phasen geprägten Leben des „Änn-chen“ gegenüber und ermöglichen auf diese Weise spannende Einblicke die bewegte Ge-schichte und die reiche Kultur Ostpreußens im 17. Jahrhundert.

Hatte die mittelalterliche „Ännchen-Kir-che“ von Tharau, herausragendes Zeugnis der landschaftsprägenden Backsteinbau-kunst des Ordenslandes, samt ihrer wert-vollen Barockausstattung den Zweiten Welt-krieg unbeschadet überstanden, so teilte sie doch rasch das Schicksal eines Groß-teils der Kirchen des Königsberger Gebie-tes, fiel sie der Plünderung und dem Ver-fall anheim. Vom Glanz, Untergang und Wiederauferstehen der Tharauer Kirche be-richtete in einem zweiten Teil des Abends Dr. Dr. Ehrenfried Mathiak, Mitglied des „Förderkreises Kirche von Tharau“. Vor etwa 15 Jahren hatte sich diese Initiative unter dem Ein-druck der erschütternden Dokumentation des Rus-sen Anatoli Bachtin über den Untergang der ost-preußischen Landkir-chen gegründet. Dank der Unterstützung aus Politik und Wirtschaft ist es dem rührigen För-derkreis inzwischen ge-lungen, die Kirche mit neuen Dächern zu ver-sehen, das Mauerwerk zu stabilisieren und wei-terem Verfall Einhalt zu gebieten. Gleichwohl sind noch erhebliche

Anstrengungen erforderlich, um die Kir-che einer die Zukunft sichernden Nutzung zuzuführen. Erfreulich ist allerdings nicht zuletzt die wachsende Identifizierung der russischen Bevölkerung mit der „Ännchen-Kirche“, wie sie etwa kurioserweise darin zum Ausdruck kam, dass jemand mit ky-rillischen Buchstaben in einen Balken des Dachstuhls „Anke for ever“ ritzte.

Überhaupt kann man, so Hans-Günther Parplies, den Eindruck gewinnen, das Be-wusstsein für den Wert der preußisch-deut-schen Kultur Ostpreußens sei im heutigen russischen Umfeld lebendiger als im west-lichen Deutschland. Dies gilt nicht nur für die Baudenkmäler, sondern auch für das li-terarische Erbe, konkret eben auch für das Ännchen-Lied und die weitere Dichtung Si-mon Dachs, dessen Choräle aus den evan-gelischen Gesangbüchern weitgehend ver-schwunden sind. Parplies rief daher dazu auf, sich an der Gründung eines „Freundes-kreises Anke von Tharau“ zu beteiligen, der der Pflege des „Ännchen-Mythos“ gewidmet sein soll. Hieran Interessierte mögen sich gerne an die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Kaiserstr. 113, 53113 Bonn, Tel. 0228/ 91512-0) wenden. Der wohlwol-lenden Unterstützung der Anwesenden für sein Vorhaben konnte sich Parplies ange-sichts des als Abschluss der Veranstaltung inbrünstig gemeinsam gesungenen Änn-chen-Liedes sicher sein.

Ernst Gierlich

Hans-Günther Parplies beim Ännchen-Treffen

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Politik

Im Mai hatte das Institut für Kirchenge-schichte von Böhmen-Mähren-Schlesien zum traditionellen „Tag der offenen Tür“ im Haus Königstein in Geiß-Nidda einge-laden. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Vorstellung des, unter wissen-schaftlicher Leitung von Professor Rudolf Grulich im Rahmen des Katholischen Bil-dungswerkes entstandenen, 45-minütigen Films „Vertreibung und Neubeginn“.Grulich umriß zu Beginn kurz die Entste-hungsgeschichte des Films und berichtete über die Dreharbeiten an Originalschau-plätzen in Tschechien. Wie Grulich erklärte, skizziert der Film die politische Lage der Su-deten-deutschen zwischen den beiden Welt-kriegen und beginnt dabei nicht mit dem Schicksalsjahr 1938, sondern bereits 1916 mit dem Todesjahr von Kaiser Franz Joseph. Es kommen zahlreiche Zeitzeugen zu Wort. Dabei bringt Grulich objektiv die Situa-tionen jener Epoche zur Sprache, vor al-lem die Benachteiligung der Deutschen in der ersten Tschechoslowakischen Repub-lik nach 1918 und die politischen Fehler auf beiden Seiten. Betroffene, die diese Zeit als Kinder erlebten, berichten in dem Film vom Zusammenleben von Tschechen und Sudetendeutschen, aber auch von Über-griffen und der Tragödie der Vertreibung von drei Millionen Sudetendeutschen. In Viehwaggons mit jeweils 30 Personen wur-den die Deutschen in Zügen mit je 40 Wag-gons in das zerstörte Deutschland depor-tiert. Einige der Besucher hatten das selber erlebt, auch Pfarrer Wolfgang Stingl, der auf diese Weise 1946 nach Nidda kam und heute Vorsitzender des Trägervereines des Institutes ist. Der Film endet mit einem Beispiel der In-tegration Sudetendeutscher im heutigen Neugablonz. Zum besseren Verständnis konnte Grulich über die schwierigen Dreh-arbeiten in der Tschechischen Republik in-formieren, bei denen er mit Stefan Meining den Film drehen ließ. Besonders eindrucks-voll war die Tatsache, dass in diesem Film manches bisher nicht bekannte und nie ge-zeigte Fotomaterial aus amerikanischen Ar-chiven verwandt werden konnte. Eine rege Diskussion der seelisch ergriffenen Besucher schloss sich an, von denen manche staun-ten, welches wertvolle Material in der Bib-liothek und dem Archiv des Institutes vor-handen ist. NQ

Filmvorstellung „Vertreibung und Neubeginn“ „Sudetendeutsch“

Landesvorsitzender äußert sich zu einem BegriffBeim sudetendeutschen Stammtisch setzte sich der hessische Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Sieg-bert Ortmann, mit dem Begriff „sudeten-deutsch“ auseinander. Er leitete dies von jüngsten Äußerungen tschechischer Poli-tiker her, wonach man im Interesse gut-nachbarschaftlicher Beziehungen künf-tig tunlichst auf den Gebrauch des Wortes „sudetendeutsch“ verzichten sollte. Dass die „sudetendeutsche Heimatfront“ und die „Sudetendeutsche Partei“ diesen Volks-gruppenbegriff übernommen hätten, sei aber Beleg dafür, wie in wenigen Jahren die Popularität und die Bedeutung dieser

Zugehörigkeitsbezeichnung zugenommen hätten. Mit der Zeit sei dann auch der Be-griff „sudetendeutsch“ zum sprachlichen Allgemeingut geworden und bereits in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Deutschen, Tschechen und Slowaken gleichermaßen verwendet worden. „Des-halb sind die heute in Tschechien und auch bisweilen in Deutschland leider im-mer noch vorhandenen Ressentiments zu dem sudetendeutschen Volksgruppenbe-griff mehr als bedauerlich“, resümierte der BdV-Landesvorsitzende. Vorurteile könn-ten aber nicht dem Zusammenleben unter europäischen Partnerländern dienen.

Bei einem Empfang der bayerischen Staatsregierung anlässlich der Beiratssitzung des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende

der Sudetendeutschen Landsmannschaft Siegbert Ortmann, der gleichzeitig hessischer Lan-desvorsitzender des Bundes der Vertriebenen ist, am vergangenen Wochenende Gelegenheit, mit dem neuen tschechischen Kulturminister Daniel Herman, der nach seinem bisherigen kirchlichen beruflichen Werdegang auch der „tschechische Gauck“ genannt werde, ein sehr informatives Gespräch zu führen. Das Regierungsmitglied machte dabei deutlich, dass er in der Pflege und Förderung der zahlreichen Kulturgüter in der tschechischen Republik aus der gemeinsamen deutsch-tschechischen Vergangenheit eine wichtige Aufgabe für seine zukünftige Tätigkeit sehe, denn nach seiner Einschätzung seien „restaurierte Kulturgüter immer auch lebendige Erinnerungsorte für künftige Generationen“. Ortmann verwies auf seine sudetendeutsche Abstammung und seinen Geburtsort Dobrany/Wiesengrund bei Pilsen und war in diesem Zusammenhang tief beeindruckt von dem Verständnis seines tschechischen Gesprächspartners für die vielfältigen Anliegen der Sudetendeutschen, deren geschichtliche Aufarbeitung nach Einschätzung des Ministers aber noch jahrzehntelang andauern dürfte. „Aus den verständlichen Worten dieses hohen tschechischen Politikers, lassen sich wirklich nicht die geringsten Vorurteile gegenüber der sudetendeutschen Volks-gruppe erkennen“, so Ortmann voller Freude am Ende dieser beeindruckenden Begegnung mit dem tschechischen Kulturminister im Rittersaal der Kaiserburg zu Nürnberg. Auf dem Foto sind Kulturminister Daniel Hermann (l.) und Siegbert Ortmann

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Politik

Wegweisend war die Landesversammlung des BdV-Landesverbandes Nodrhein-West-falen, die dieser am letzten Märzwochen-ende in Düsseldorf durchführte. Wichtige Personalentscheidungen standen auf der Ta-gesordnung, nachdem Vorstandsmitglieder für ihre Ämter nicht wieder kandidierten.

Mit knapp 98 % der Stimmen wurde der Amtsinhaber Hans-Günter Parplies als Landesvorsitzender in seinem Amt bestä-tigt Zu seinen Stellvertretern wurden die Russlanddeutschen Alexander Kühl und Heinrich Zertik MdB gewählt, außerdem wurde Dr. Bärbel Beutner als Stellvertre-terin wiedergewählt. Sie hat zugleich auch das Amt der Kulturreferentin inne. Landes-schatzmeister bleibt Markus Patzke. Zum Kreis der weiteren Vorstandsmitglieder ge-hören Stefan Hein, Till Gensler und Edi-tha Schreiber. Qua Amtes sind die Be-zirksvorsitzende Roswitha Möller (Nord), Alfred Kottisch (Mitte) und Stephan Rau-hut (Süd) Mitglieder des Landesvorstandes, sie mussten nicht wiedergewählt werden. Der Vorstand ist verjüngt worden und hat, vor allem durch die Wahl des ersten russ-landdeutschen Abgeordneten im Deutschen Bundestag, Heinrich Zertik, auch an poli-tischem Gewicht gewonnen. „Wir werden

das in den kommenden zwei Jahren auch umzusetzen wissen“, kündigte der Landes-vorsitzende Parplies an.

Vor den Wahlen hatte dieser in einem um-fangreichen politischen und verbandspoli-tischen Jahrsesbericht die Arbeit des Jahres Revue passieren lassen. Er zeigte sich erfreut, dass ein guter Teil der Aufbruchstimmung

des Jahres 2012 mit in das Jahr 2013 hinü-bergerettet werden konnte. Als „absoluten Glanzpunkt“ bezeichnete Parplies die Groß-veranstaltung, die die CDU-Landtagsfrak-tion zum Tag der Heimat im Plenarsaal des

Landtages veranstaltet habe. „Nicht nur der Plenarsaal war gefüllt, sondern der An-drang war so groß, dass auch die Zuschau-ertribünen geöffnet werden mussten. Auch sie wurden gefüllt.“

Als höchst ärgerlich in der Landespolitik nannte Parplies das Fallenlassen des Vor-habens, auf dem Gelände des Lagers Unna-Massen einen öffentlichen Erinnerungsort einzurichten und sich an den Landtagsbe-schluss aus dem Jahr 2010 nicht mehr ge-bunden zu fühlen. Die Landesversammlung hat dazu eine deutliche Protest-Entschlie-ßung verabschiedet.

Zum Landesverband selber konnte der Lan-desvorsitzende ausführen, dass die umfang-reiche Strukturreform aus dem Jahr 2012 noch nicht in allen Bereichen umgesetzt sei. Trotzdem sei die Lage auf Kreisebene er-freulich stabil geblieben. Zum Schluss seines Berichts dankte Parplies den Mitarbeitern des Verbandes auf allen Ebenen: „Bei aller Genugtuung über das Geleistete ist sich der Vorstand sehr wohl bewusst, dass all sein Wirken letztlich ins Leere laufen und ver-puffen müsste, ohne Ihrer aller Tätigkeit in

Mit politischem Schwergewicht im Vorstand

den Kreisverbänden und landsmannschaft-lichen Landesgruppen. Nur gemeinsam sind wir stark. Nur gemeinsam sind wir die große Gemeinschaft der organisierten Heimatvertriebenen im Lande.“

Der Dank des Landesvorstandes richtete sich im Anschluss daran auch an die Lan-desgeschäftsstelle. Marina Saleev, die seit zwölf Jahren Sachbearbeiterin in der Ge-schäftsstelle ist und in dieser Zeit weit über das normale Maß hinaus für den Landesver-band gearbeitet hat, wurde mit der Silbernen Ehrennadel des Verbandes ausgezeichnet.

In drei wichtigen Entschließungen äußer-ten sich die Delegierten zur Landespolitik. So wird die Landesregierung aufgefordert, die Patenschaften zu den Landsmannschaf-ten der Oberschlesier und der Siebenbürger Sachsen weiter mit Leben zur füllen. Außer-dem soll eine Gedenkstätte in Unna-Massen „eine informative und vor allem mahnende Einrichtung über das Flüchtlingselend und die Unmenschlichkeit der Vertreibung sein, aber auch den hoffnungsvollen Neubeginn und die erfolgreiche Integration zeigen.“ Au-ßerdem wird die Landesregierung aufgefor-dert zu prüfen, wie eine finanzielle Förde-rung des Verbandes in Zukunft aussehen kann, um eine angemessene Betreuung der Spätaussiedler und kulturelle Breitenarbeit der Vertriebenen sicherzustellen. MP

Der neue stellv. Landesvorsitzende Heinrich Zertik MdB am Rednerpult. In der Vorstands-reihe dahinter (v.l.n.r.) die Vorstandsmitglieder Stefan Hein und Till Gensler, stellv. Landesvorsitzender Alexander Kühl, Landesvorsitzender Hans-Günther Parplies, stellv. Landesvorsitzende Roswitha Möller und die Vorstandsmitglieder Stephan Rauhut und Alfred Kottisch

Heinrich Zertik MdB wird stellvertretender Landesvorsitzender

Marina Saleev wurde mit der Silbernen Ehrennadel des Verbandes ausgezeichnet

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8 Deutsche Umschau 1-2014

Im einer öffentlichen Vortragsveranstaltung der Sudetendeutschen Landsmannschaft; Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, in Zu-sammenarbeit mit der Kreisgruppe Bochum hielt der Stellvertretende SL-Bundesvorsit-zende und Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen in Hessen, Siegbert Ort-mann, einen Vortrag zum Thema „Sude-tendeutsche Fragen 2014: Geschichte ver-stehen – Zukunft gestalten“.

Im voll besetzten Tagungsraum der Ost-deutschen Heimatstube in Bochum stellte der Referent gleich zu Beginn klar, dass er nicht auf Effekthascherei ziele, sondern mit seinen Ausführungen wider das allgemeine Vergessen die entscheidenden historischen Geschehnisse deutlich und unmissverständ-

lich ansprechen wolle. Ortmann ging zu-nächst auf die jahrhundertelange gemein-same deutsch-tschechische Geschichte bis hin zu der gewaltsamen Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg ein. Er setzte sich auch mit der von tschechischer Seite hierzu gegebenen Rechtfertigung dieser gigantischen Mensch-heitstragödie auseinander und merkte an, dass völkerrechtlich Unrecht niemals mit Unrecht aufgerechnet werden könne. In der kommunistischen Ära der Tschechoslo-wakei sei die unmenschlichen Vertreibung von 3,5 Mio. Sudetendeutschen aus ihrer an-gestammten Heimat von dem damaligen Regime völlig tabuisiert worden, und erst mit der Grenzöffnung finde nun endlich

erkennbar eine geschichtliche Aufarbeitung dieser unmenschlichen Vorkommnisse der Vergangenheit statt. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund be-fasste sich Siegbert Ortmann anschließend mit den heute leider immer noch unter-schiedlichen geschichtlichen Bewertungen der völkerrechtswidrigen Vertreibung und verwies in diesem Zusammenhang auf die bilateralen Abkommen bzw. Regierungser-klärungen zwischen der Tschechischen Re-publik und der Bundesrepublik Deutsch-land aus den Jahren 1992 und 1997 mit den Zusatzinstrumentarien des Deutsch-Tsche-chischen Zukunftsfonds und des auf den ge-meinsamen Dialog ausgerichteten Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums. Zwar handele es sich bei der Regierungserklärung

von 1997 nicht um einen völkerrecht-lich verbindlichen Ver t rag , doch sollte sie doch nach seiner Ansicht als „Richtschnur“ für künftiges Handeln unter den Beteilig-ten dienen und so-gar eine Art „Ver-haltenskodex“ für das gegenseitige versöhnliche Mit-einander sein.

Dazu passe dann aber beispielsweise nicht die vor eini-ger Zeit von dem Tschech i schen Staatsoberhaupt

Miloš Zeman gemachte Äußerung über die Vertreibung der Sudetendeutschen mit dem Zusatz, dass diese Vertreibung „eine moderatere Bestrafung gewesen sei als zum Beispiel die Todesstrafe“. Nicht nur für die sudetendeutschen Heimatvertriebenen, son-dern für alle rechtsempfindsame Menschen in Deutschland seien solche Bemerkun-gen eines angeblich freundschaftlich ver-bundenen Staatsoberhauptes im höchsten Maße zynisch und mit Sinn und Geist der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997 überhaupt nicht vereinbar, so Siegbert Ort-mann unter dem Beifall seiner Zuhörer. Für den Referenten weise auch der tsche-chische Umgang mit der sudetendeutschen

Volksgruppe immer noch gravierende Res-sentiments auf. Wenn so beispielsweise der frühere tschechische Botschafter in Deutschland František Černý kürzlich verlauten ließ, dass heute eigentlich nie-mand mehr Angst vor den Deutschen ha-ben müsse, auch nicht, wenn einige „mili-tante sudetendeutsche Stimmen“ sich noch zu Wort melden würden, weil diese ohnehin immer weniger würden und ihre Stimmen in Deutschland „Null Gewicht“ hätten, so bringe diese nicht gerade wohlwollende Ein-schätzung den derzeit leider immer noch in Tschechien praktizierten Umgang mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft und ihren Repräsentanten auf den Punkt.

Ortmann befasste sich weiter mit den ge-setzlich vorgegebenen Rechten der deut-schen Minderheit in Tschechien und kri-tisierte in diesem Zusammenhang die im europäischen Vergleich viel zu hohen Hür-den beispielsweise für das Anbringen von zweisprachigen Ortsschildern und Hinweis-tafeln auf dem Staatsgebiet der Tschechi-schen Republik. Auch die nach den bilatera-len Vereinbarungen vorgesehene Förderung der deutschen Sprache an den tschechischen Schulen existiere bislang überwiegend nur auf dem Papier und bedürfe dringend ei-ner Nachbesserung.

Und eines dürfe bei einer versöhnlichen Zukunftsgestaltung mit den tschechischen Nachbarn und deren inzwischen bestehen-den Mitgliedschaft in der Europäischen Union auf keinen Fall außer Acht bleiben, so Ortmann abschließend, und das sei die bedingungslose Forderung nach Aufhe-bung der so genannten „Beneš-Dekrete“ der Nachkriegszeit. Hier erwarte nicht nur die sudetendeutsche Volksgruppe schon aus rechtsstaatlichen Gründen ein wenngleich spätes, aber unmissverständliches Einlen-ken von der tschechischen Politik.

Dem Referat von Siegbert Ortmann schloss sich eine äußerst lebhafte Diskussion an, die den nordrhein-westfälischen Lan-desobmann Dr. Günter Reichert in seinem Schlusswort zu der Anmerkung veranlasste, dass die Sudetendeutsche Landsmannschaft seit jeher eine sehr „lebhafte Vertriebenen-organisation“ sei, die von der Vielfalt un-terschiedlichster Meinungen in einem brei-ten Konsens-Rahmen stets profitiert habe.

Siegbert Ortmann

Politik

Deutsch-Tschechisches Verhältnis verbesserungswürdigGemeinsame veranstaltung der NRW und Hessen Sudetens

Siegbert Ortmann: „Das Deutsch-Tschechische Verhältnis ist weiter verbesserungswürdig“.

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9Deutsche Umschau 1-2014

Politik

Der hessische BdV-Landesvorsitzende Sieg-bert Ortmann hat am 22. März den 66. Or-dentlichen Landesverbandstag des hessi-schen Bundes der Vertriebenen (BdV) im Haus der Heimat in Wiesbaden eröffnet. Der große Wappensaal erwies sich als bei-nahe zu klein, um alle Delegierten und die zahlreichen Ehrengäste aufzunehmen. Un-

ter den Anwesenden begrüßte Ortmann den Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, die Kultur-, Schul- und Mi-grationsdezernentin der Stadt Wiesbaden, Rose-Lore Scholz in Vertretung von Ober-bürgermeister Sven Gerich, die Landesbe-auftragte der Hessischen Staatsregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Margarete Ziegler-Raschdorf, Staatsminis-ter a.D. Florian Rentsch (FDP), den Stadt-verordneten Stephan Belz (SPD) und den Landes-Ehrenvorsitzenden Alfred Herold. Der Erstattung des Geschäftsberichtes, der Vorlage der Jahresrechnung 2013 und des Be-richts der Kassenprüfer, folgte einstimmige Entlastung des Vorstandes. Der Haushalts-plan für 2014 wurde von allen einstimmig verabschiedet. Landesschatzmeister Otto R. Klösel wurde wegen seiner umsichtigen Haushaltsplanung ganz besonders gedankt.

Für Gastredner Dr. Wolfgang Dippel war die Anwesenheit eine Premiere. Kaum zum Staatssekretär ernannt, führte ihn sein ers-ter Weg zum Landesverbandstag “zu Ihnen,

für die ich im Ministerium für Soziales und Integration zuständig bin.” Auf die Festle-gungen im Koalitionsvertrag eingehend er-klärte er, dass dadurch auch künftig eine si-chere Verbandsarbeit gewährleistet sei. Diese ehrenamtliche Arbeit wäre im Grunde nicht zu bezahlen. “Wenn wir Gutes tun, müs-sen wir das auch in der Öffentlichkeit prä-

sentieren, das Schlechte kommt von allein”. Immer mehr gerät auch die Frauenarbeit in den Mittelpunkt: „Frauenpower werden wir in den nächsten Jahren noch viel, viel mehr erleben und unterstützen“.

Landesvorsitzender Siegbert Ortmann hatte zuvor in seiner Ansprache betont, dass die Erhaltung der Zukunftsfähigkeit des Ver-bandes und die langfristige Anerkennung der Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler mit ihren urei-genen Problemen in der Gesell-schaft im Mittelpunkt seiner Arbeit steht. „Regional hat der Landesverband eine Fülle von Aufgaben vor sich“, wie Ort-mann erklärte. So die Errich-tung einer Gedenkstätte für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation auf dem Ge-lände des Hessischen Landtags in Wiesbaden und eine aktuelle Ergänzung der Dauerausstellung „Vertriebene in Hessen“ im Hes-senpark. Im Vordergrund steht

66. Landesverbandstag in WiesbadenKünftig mehr „Frauenpower“ im Landesvorstand

(V.l.n.r.) stellv. Landesvorsitzender Georg Stolle, Landesvorsitzender Siegbert Ortmann, Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel, Landesbeauftragte Margarete Ziegler-Raschdorf

auch die Erweiterung des digitalen An-gebotes von Hintergrundinformationen zum Thema „Flucht und Vertreibung“ für Schulen und Öffentlichkeit. Ein besonderes Anliegen ist ihm auch die Teilnahme von hessischen Landespolitikern an den bevor-stehenden Völkerverständigungsreisen des Deutsch-Europäischen-Bildungswerks, ei-ner Einrichtung des BdV-Hessen und die verstärkte Einbindung der Arbeit des hes-sischen Landesbeirates für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen bei Regierungsentscheidungen.

Ortmann erwähnte noch die nächsten Großveranstaltungen des Landesverban-des. Für den Brauchtums-Nachmittag „Sin-gende, klingende Heimat“ am 14. Juni 2014, im Rahmen des Hessentages in Bensheim, laufen schon die Vorbereitungen. Der „Zen-trale Tag der Heimat“ wird gemeinsam mit dem landesweiten „Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“ am 14. September im Hessischen Landtag begangen. Beide Veranstaltungen werden wieder über Hessen hinaus für Aufmerk-samkeit sorgen.

Schließlich stand noch die Wahl eines neuen Schriftführers im Landesvorstand an. Durch den Tod von Hartmut Saenger war diese Stelle unbesetzt. Die Delegier-ten entschieden sich einstimmig für Nor-bert Quaiser. „Ich bedanke mich bei jedem meiner Vorstandskollegen und bei Ihnen allen für die aktive Mitarbeit. Und lassen Sie mich persönlich hinzufügen: die geleis-tete Arbeit hat uns doch auch überwiegend Freude gemacht“ so der Landesvorsitzende.

Norbert Quaiser

Gut gefüllt war der Wappensaal im Haus der Heimat

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Grenzüberschreitende Arbeit

Sudetendeutsche werben in BerlinSudetendeutsche Landsmannschaft beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen

Am 9. April 2014 hatte der Bund der Ver-triebenen (BdV) zum diesjährigen Jahres-empfang in die Katholische Akademie nach Berlin eingeladen. Präsidentin Erika Stein-bach (MdB) konnte dabei sehr viele Besu-cher begrüßen, darunter Bundeskanzle-rin Angela Merkel, Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und den Beauftrag-ten der Bundesregierung für Aussiedlerfra-gen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk (MdB). Für die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) waren die drei stell-vertretenden Bundesvorsitzenden Siegbert Ortmann (Hessen), Steffen Hörtler (Bay-ern) und Claus Hörrmann (Sachsen) sowie der Präsident der SL-Bundesversammlung Reinfried Vogler unter den in- und auslän-dischen Gästen.

BdV-Präsidentin Erika Steinbach verwies eingangs auf die gute Tradition dieser all-jährlichen Veranstaltung und freute sich über das wiederholte Kommen der Bundes-kanzlerin, die damit ihre enge Verbunden-heit mit den Vertriebenen und diesen Teil

der Geschichte zeige. Sie zeichnete den His-toriker und Journalisten Prof. Dr. Guido Knopp mit der Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen aus und würdigte damit dessen Fernsehdokumentationen, durch die ein Millionenpublikum den Zugang zu un-serer jüngsten deutschen Geschichte gefun-den habe. Der Ausgezeichnete bedankte sich für diese hohe Ehre und löste ein be-reits früher gegebenes Versprechen ein, seine

Dokumentationsmaterialien der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Ber-lin zu schenken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beschei-nigte dem BdV, dass dieser fast 70 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges, noch im-mer wichtige förderungswürdige Aufgaben wahrnimmt. Wörtlich fügte sie hinzu: „Sie verwalten einen Schatz von Erinnerungen, den es unbedingt zu erhalten gilt!“ Nach den kurzen offiziellen Reden bat Erika Steinbach um einen zwangslosen Meinungsaustausch zwischen den Gästen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden. Die Repräsentanten der Sudetendeutschen Landsmannschaft nutz-ten das auch gerne zu Gesprächen mit dem Bundesinnenminister und dem Beauftrag-ten Koschyk.

Der Aufenthalt in Berlin war für die su-detendeutsche Delegation weiter verbun-den mit einem Besuch des Auswärtigen

(V.l.n.r.) Landesvorsitzender Siegbert Ortmann, Steffen Hörtler, Innenminister Thomas de Maizière

(V.l.n.r.) Der stellv. Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Claus Hörrmann, der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen Hartmut Koschyk, Steffen Hörtler, ebenfalls stellv. Bundesvorsitzender der SL und der hessische BdV-Landes-vorsitzende Siegbert Ortmann

Amtes. Dort wurden sie vom zuständigen Referatsleiters für Mitteleuropa, Karl Mat-thias Klause, Vortragender Legationsrat I. Klasse, empfangen. Bei dieser Gelegenheit wurden Probleme der sudetendeutschen Volksgruppe in der nationalen und interna-tionalen Darstellung sehr offen angespro-chen und diskutiert. Gemeinsam war man sich einig, solche Begegnungen in Zukunft zu wiederholen, um im politischen Berlin das Schicksal der Sudetendeutschen wieder verstärkt in das Bewusstsein zu bringen.

Siegbert Ortmann, zugleich auch BdV-Landesvorsitzender in Hessen, erklärte am Schluss des 2-tägigen Veranstaltungspro-gramms in der Bundeshauptstadt: „Diese Begegnungen und Kontakte in Berlin sind eine Sympathiewerbung für die gesamte sudetendeutsche Volksgruppe in Deutsch-land, die unbedingt noch zu vertiefen ist.“

Siegbert Ortmann

Besuchen Sie unsere Landesverbände auch im Internet

www.bdv-hessen.dewww.bdv-nrw.de

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11Deutsche Umschau 1-2014

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Vertriebene, Aussiedler und Spätaussied-ler haben Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig geprägt. Sie haben Deutschland gemeinsam mit den Einhei-mischen wiederaufgebaut.

Die Eingliederung der fast acht Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen in West-deutschland und vier Millionen in der damaligen sowjetischen Besatzungszone schien für viele eine bittere Lebenserfah-rung und schier unlösbare Aufgabe. Doch mit Mut, Energie und großem Leistungs-willen bauten sich die Vertriebenen aus dem Nichts neue Existenzen auf. In beiden Tei-len Deutschlands: Sie waren es im großen Maße, die durch ihre Arbeitskraft und Leis-tungsbereitschaft das „Wirtschaftswunder“ der 50er Jahre ermöglichten und damit der jungen Bundesrepublik ihre demokrati-sche Stabilität verliehen. Sie prägten auch den Wiederaufbau im Osten, auch wenn dort ihr Schicksal über Jahrzehnte tabu-isiert wurde.

Die Heimatvertriebenen konnten trotz zahl-loser Widrigkeiten in allen Lebensbereichen Fuß fassen. Ob in der Wirtschaft, Wissen-schaft, Politik, Kirche, in der Kultur oder beim Sport: die Heimatvertriebenen präg-ten den Aufbau Deutschlands und gestal-teten Politik mit.

Persönlichkeiten wie Paul Löbe (SPD) aus Schlesien, Kurt Schumacher (SPD), Rai-ner Barzel (CDU) aus Ostpreußen oder Erich Mende (FDP) aus Oberschlesien

beeinflussten die Politik der jungen De-mokratie nachhaltig. Viele mit Wurzeln im früheren deutschen Osten oder in Mit-tel-, Ost- und Südosteuropa prägen unsere Gesellschaft noch immer! Im öffentlichen Bewusstsein ist dieses kaum bekannt: Der CDU Politiker Volker Kauder hat elterli-che Wurzeln in der Batschka und die von Minister Sigmar Gab-riel (SPD) liegen sowohl in Schlesien als auch in Ostpreußen. Der frü-here Bundespräsident Horst Köhler ist Kind bessarabien-deutscher Eltern, der ehemalige Au-ßenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen), beein-flusste als Kind einer Ver-triebenenfamilie die Politik an der Spitze des Staates maßgeblich.

Unternehmer wie die Familie Merckle aus dem Sudentenland oder Beate Uhse aus Ostpreußen schufen durch ihr Engagement hundertausende von Arbeitsplätzen und ga-ben Nachkriegsdeutschland Impulse, die bis heute wirken. Quer durch Deutschland ha-ben Vertriebene kleine und mittlere Unter-nehmen aufgebaut, die bis in unsere heuti-gen Tage bestand haben. Vertriebene oder ihre Nachkommen prägen auch aktuell ak-tiv unser Wirtschaftsleben: So beispielsweise VW Chef Martin Winterkorn, dessen Eltern

ungarndeutsche Wur-zeln haben. Der ein-flussreiche Unterneh-mer Reinfried Pohl, Gründer der Deut-schen Vermögensbe-ratung, stammt aus Böhmen und der Ver-leger Herbert Fleißner hat seine Wurzeln in Eger. Meinhard von Gerkan, aus einer deutsch-baltischen Familie stammend, gehört zu den großen internationalen Archi-tekten Deutschlands.

Die Kulturlandschaft Deutschlands wäre

ohne den Beitrag der Vertriebenen kaum denkbar. Der Komponist Michael Jary aus Oberschlesien gab dem jungen Deutsch-land seine Schlager, Heinz Erhard prägte als deutsch-baltisches Kind mit seinem Humor eine ganze Epoche. Der Schauspieler Armin Mueller-Stahl tut es noch immer: Er hat in

Ostpreußen das Licht der Welt erblickt, wie auch der er-

folgreiche Komponist Siegfried Matthus und der Schrift-steller Rüdiger Sa-franski. Aus Mäh-ren stammt der Publizist, Schrift-steller und Lite-

raturkritiker Hell-muth Karasek. Nicht

nur er pflegt einen en-gen Kontakt in seine alte

Heimat. Der jüngst verstorbene Schriftsteller Otfried Preußler wurde in

Reichenberg, Böhmen, geboren, im selben Ort, wie der Maler Markus Lüpertz. Ohne die Nobelpreisträger Günter Grass aus Dan-zig und Herta Müller aus dem Banat wäre die deutsche Literatur ärmer.

Kinder von Vertrieben sind im öffentlichen Leben ständig präsent. Sei es im Sport oder in der Unterhaltungsbranche. So haben die Fußballtrainer Udo Lattek und Felix Ma-gath ostpreußische Wurzeln. Die Box-Euro-pameisterin Ina Menzer ist, wie die Sänge-rin Helene Fischer Russlanddeutsche. Auch eines der bekanntesten TV-Gesichter hat fa-miliäre Wurzeln in Oberschlesien: Der er-folgreiche Entertainer Thomas Gottschalk. Und mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, einem Donauschwaben, steht, ebenso wie mit dem Schlesier Kardinal Meissner, ein Vertrie-bener an herausragender Position in der Katholischen Kirche. So hat nicht nur die evangelische Theologin Margot Käßmann einen Vertriebenenhintergrund: Ein Vier-tel aller Deutschen sind Vertriebene oder ihre Nachfahren.

Der BdV will mit seinem Leitwort 2014 ein Fenster öffnen und den Blick auf den kre-ativen Beitrag der Vertriebenen und ihrer Nachkommen zur Entwicklung Deutsch-lands lenken. Denn wer genau hinsieht er-kennt: Deutschland geht nicht ohne uns!

Deutschland geht nicht ohne unsTag der Heimat in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr ist Bundeskanzlerin An-gela Merkel am 30. August zu Gast beim Bund der Vertriebenen

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Die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichtes über die Verfassungswidrigkeit des ZDF-Staatsvertrages begrüßt der Bundes-vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien.

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll die im Gemeinwesen vertretenen Meinungen facettenreich widerspiegeln;“, sagte der Vize-präsident des Gerichts, Ferdinand Kichhof.

„Die ostdeutschen Landsmannschaften so-wie die Landsmannschaften der vertriebe-nen Deutschen aus Mittel-Ost-Europa sind nicht ausreichend vertreten. Ein Sitz für den

Stephan Rauhut begrüßt Entscheidung zum ZDF

Bund der Vertriebenen reicht nicht. Er spie-gelt nicht die Vielfalt der Kultur der vertrie-benen und geflüchteten Deutschen wider. Es handelt sich dabei um etwa 14 Millio-nen Menschen sowie Spätaussiedler und deren Nachfahren. Das muß bei den Neu-verhandlungen des Staatsvertrages berück-sichtigt werden!“, so Rauhut.

Insbesondere die deutschen Volksgruppen in Polen werden fast gar nicht in der Berichter-stattung berücksichtigt und dadurch kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen.

Sitze für Landsmannschaften und deutsche Volksgruppen gefordert

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Redaktion: BdV-Landesverband NRW, Bismarckstr. 90, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211/ 350 361, Fax 36 96 76, Mail: [email protected].

Die Redaktion freut sich über alle Berichte, Artikel, Termin-ankündigungen und Leserbriefe aus dem Bereich des Bauernver-bandes der Vertriebenen. Zu Berichten aus der Arbeit Ihrer Verbände vergessen Sie bitte aussagekräftige Fotos nicht.

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Fortsetzung Seite 16

Nachbarschaftsvertrag Deutschland und Polen – nach 20 Jahren nur ein Stück Papier?

Das attraktive Thema des Hauptredners Tobias Körfer, Vorsitzender der AGMO: „Zwischen Recht und Wirklichkeit – Die Deutschen in der Republik Polen und das Menschenrecht auf Muttersprache“ lockte 38 Teilnehmern zum Jahrestreffen, das der Bauernverband der Vertriebenen e. V. (BVdV) für seine interessierten Mitglieder aber auch für die ehemaligen und noch tä-tigen Kreisvertrauenslandwirte und ihre Stellvertreter des früheren Landesverban-des Nordrhein-Westfalen ausrichtete. Die Veranstaltung konnte damit als gut besucht bezeichnet werden.

Wie immer ging dem Jahrestreffen eine Prä-sidiumssitzung des BVdV voraus, in dem Vizepräsident Karl Feller die Präsidentin des Heimatverdrängten Landvolkes (HvL), Frau Elisabeth besonders begrüßen konnte.

Es schloss sich die Totenehrung an, in der besonders des Ehrenmitgliedes Dr. Franz-Josef Herrmann, Pulheim, gedacht wurde, das im Alter von 88 Jahren verstorben war.

Präsident Walter konnte leider nicht an

der Sitzung teilnehmen. Er befindet sich jedoch auf dem Wege der Genesung. Er übermittelte jedoch einen Bericht zur Lage, den HGF Dr. Blomeyer im Verlauf der Ta-gung verlas.

Als besondere Gäste aus der Heimat wur-den auf der Tagung Paul Gollan, Bischofs-burg/Biskupiec – polnischer Teil Ostpreu-ßens – als stellvertretender Vorsitzender des deutsch-stämmigen ostpreußischen Bauern-verbandes, Ursula Trinczek, Ehrenvorsit-zende des schlesischen Landfrauenvereins, aus Deutsch-Müllmen/Wierzch, und Peter Anderwald, stellvertretender Vorsitzender des schlesischen Bauervereins, aus Kadlub herzlich begrüßt. Letztere waren aus Ober-schlesien angereist.

Vizepräsident Feller und Hauptgeschäfts-führer Blomeyer leiteten die Sitzung und auch den sich anschließenden verbandsin-ternen Teil der Tagung.

Der Vorstand des BVdV hatte Frau Präsi-dentin Salomon (HvL) eingeladen, damit die Mitglieder aus erster Hand und aus der Sicht der Wiedereinrichter und Alteigentü-mer erfahren, wie sich die Eigentümer der auf ihre Höfe in Mitteldeutschland zurück-gekehrten Bauern und Gutsbesitzer mit den staatlichen Institutionen auf Landes- und Bundesebene auseinandersetzen mussten, um ihr Eigentum zurück zu erhalten und bewirtschaften zu können.

Präsidentin E. Salomon berichtete über die Ziele des HvL. Das HvL bietet Hilfen zu Fragen der Rückgabe des Eigentums, zu Entschädigungen, zu Ausgleichszahlun-gen und zur Rehabilitierung, die sich nach der Wiedervereinigung (1990) in den neuen Bundesländern ergeben haben. Weiter

berichtete Präsidentin Salomon über die politisch vorhandenen Probleme. Finanz-politisch unterschiedlich bewertet werden von der BRD-Regierung Verfolgungsop-fer aus der Zeit der SBZ (1945-49) und der ab 1949 nach Gründung der DDR. In der SBZ-Zeit wurden Betriebsinhaber zu Op-fern, weil ihnen Straftaten unterstellt wur-den, wie: sie seien Kriegstreiber gewesen oder sie hätten einer staatlichen oder poli-tischen Organisation der Nazis angehört. Betroffen seien nicht nur Betriebe über 100 ha, sondern auch Betriebe, die eine weit ge-ringere Fläche aufwiesen. Die Möglichkeit, sich zu rehabilitieren, hat nicht zur Rück-gabe des Eigentums geführt. Dafür wird die Möglichkeit eingeräumt, ehemaliges Ei-gentum zurückzukaufen oder zu pachten.

Rückgabe oder Entschädigung für Enteig-nungen aus DDR-Zeiten ist in den politi-schen Gremien ein Tabu-Thema, berichtete Präsidentin Salomon. Heutige CDU-Mit-glieder aus den Neuen Ländern, sind in der DDR-Zeit überwiegend in landwirt-schaftlichen Genossenschaften tätig gewe-sen, waren Angehörige der Blockparteien CDU und DBD (Demokratische Bauern-partei Deutschlands) und üben heute als Abgeordnete des Bundestags entsprechen-den Einfluss aus. Einschränkungen beste-hen auch hier bezüglich der Rückgabe des Eigentums. So kann der ehemalige Eigen-tümer Teile seines Lands zu einem ermä-ßigten das übrige aber zu Marktpreisen kaufen. Rehabilitationen haben auch hier keinen Einfluss auf Rückgabe, Entschädi-gungen oder Begünstigungen.

Es wird noch die Frage an Präsidentin E. Salomon nach der Anzahl ihrer Mitglieder

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Bauernverband

gestellt: Das HvL hat 400 Mitglieder, wo-bei 1/3 adligen Familien zuzuordnen seien.

Weiter wurde über die Eigentumsfrage in den ehemaligen deutschen Ostgebieten dis-kutiert. Es wird festgestellt, dass diesbezüg-lich seitens der Parteien, insbesondere der großen, keine Unterstützung zu erwarten sei. Lichtblick mag die neue Partei „Alter-native für Deutschland“ bieten. Nur sei sie zu jung, um von ihr diesbezüglich Hinweise erwarten zu können. Somit gibt es zur Zeit keine bedeutende politische Kraft, bei der der BVdV oder der HvL Unterstützung bei der Eigentumsfrage, finden könnten.

Mit Dank und viel Beifall für ihre Ausfüh-rungen verließ Präsidentin Salomon die Ver-sammlung, da Sie am gleichen Tag noch auf ihren landwirtschaftlichen Betrieb in Oppendorf, Sachsen-Anhalt zurückkeh-ren möchte.

Anschließend verlas Dr. Blomeyer den von Präsident Walter verfassten Bericht zur Lage. Zu Beginn seiner Ausführungen ging er auf seit langem bestehenden guten Kontakte mit dem HvL ein und sagte wört-lich:“ Ich freue mich, dass die Präsidentin des HvL Frau Salomon an unserer Tagung teilnimmt. Wir pflegen seit Jahren mit ihr und Geschäftsführer Haars gute Kontakte, denn uns verbindet das gemeinsame Ziel im Streben nach Gerechtigkeit für die Opfer des Raubes von Heimat und Eigentum un-ter der stalinistischen Gewaltherrschaft“.

In der hier wiedergegebenen Kurzfassung des Berichtes zur Lage betonte Präsident Walter, dass sich die Situation in Europa leider nicht zum Guten gewendet habe. Die Geldpolitik, vor allem die Vergemein-schaftung der Staatshaushalte innerhalb der europäischen Gemeinschaft hat rie-sige Schuldenberge hinterlassen. „Nun sind es wieder die bösen Deutschen, die daran schuld sind“, meint Präsident Walter. Es gäbe Staaten (Polen), die tricksen, um noch mehr Fördermittel aus dem Geldtopf der europäischen Gemeinschaft zu schöp-fen. Doch werde leider in der Politik ver-gessen oder nicht wahr genommen, dass wirtschaftliche Entwicklungen und Men-talitäten in den Staaten Europas sehr un-terschiedlich seien. Ein friedliches Europa unter derzeitigen Verhältnissen zu schaffen, wird mit der Bürokratie aus Brüssel, wohl schwerlich möglich sein.

Wahlen in Österreich und Deutschland seien erfolgt. Politiker, die bestrebt sind, Deutschland abzuschaffen und indirekte

Politik für andere Staaten machen, seien weiterhin im Amt und üben Einfluss aus. Bewusst werde zerstört, was sich als Wert und als Tugend bewährt habe. Vieles erin-nere an die Ideologie und die Dogmen der DDR. Die jahrelange Untergrundarbeit im Westen habe Früchte getragen. Deut-lich sei dies in den Aktionen nach 1990, in der Festschreibung der stalinistischen Bo-denreform zu sehen, die zudem durch eine Lüge begründet wurden. Der Staat eigne sich Raubgut an. Nach 40 Jahre DDR-Er-fahrung eine massive Enttäuschung! Rechte werden missachtet, wenn Alteigentümern „zugestanden“ wird, eigenen Grund und Boden kaufen zu können.

Staaten, wie das Baltikum und in Südeuropa erkennen das Menschenrecht auf Eigentum an und versuchen gerechte Regelungen für eine Rückgabe zu schaffen. Dagegen wei-gern sich Polen und Tschechen, das Völ-kerrecht anzuerkennen. Immer noch sind die Thesen kommunistischer Propaganda verinnerlicht. Der Historiker Arnulf Ba-ring warb am Tag der Heimat in Berlin darum, dass die Deutschen wieder stärke-res politisches und geschichtliches Selbst-bewusstsein bekommen müssten. „Man kann nur hoffen, dass solche Worte, solche Meinungen auch bei verantwortlichen Po-litikern wahrgenommen werden,“ so Prä-sident Christian Walter.

Präsident Walter bedauerte am Ende sei-ner Ausführungen, dass die Landsleute in Schlesien so wenig Unterstützung durch die deutsche Regierung erfahren. Die EU

beanstandete bereits, dass die deutsche Min-derheit in Polen nicht korrekt behandelt würde. Wörtlich sagte er:“ Man kann nur hoffen, dass der Nationalismus in Polen sich bei den maßgeblichen Persönlichkei-ten recht bald verflüchtigt, damit die deut-sche Minderheit so normal leben kann, wie in es in Deutschland üblich sei“.

Zum Schluss wünschte Präsident Christian Walter allen Teilnehmern alles Gute, vor al-lem gute Gesundheit und ein Wiedersehen im kommenden Jahr.

Es schloss sich ein kurzer Tätigkeitsbericht von Bundesgeschäftsführer Dr. Blomeyer an. Er berichtete über die Bemühungen zur Satzungsänderung nach dem Ehren-amtsstärkungsgesetz und den Besuch auf dem CDU-Kongress „Versöhnung als Auf-gabe“ in der 2. Hälfte Oktober 2012 im Reichstagsgebäude. Veranstalter war die AG Vertriebene, Spätaussiedler und deut-sche Minderheiten der CDU-Bundestags-fraktion. Die Einführung gab der Vorsit-zende Klaus Brähmig.

Weiterhin berichtete Dr. Blomeyer über die Ergebnisse der Vorstandssitzungen im Feb-ruar, März u. Juli in Magdeburg, die Mit-gliederversammlung in Haus Schlesien und sein Grußwort auf der Mitgliederversamm-lung des HVL. Ende August habe er Paul Gollan im Namen des BVdV in Bischofs-burg zum 80. Geburtstag gratuliert.

Dem Tätigkeitsbericht schloss sich der Be-richt aus den Kreisverbänden an. Diesen Ta-gesordnungspunkt nahm Günther Hainke

Haus Düsse 2013 (v.l.n.r.) Henner Braach, Dr. Haumann, am Pult Tobias Körfer

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‚Keine Prognose - sondern Ent-wicklung: Landwirtschaft in 2023‘

Bis 2023 sind es keine zehn Jahre mehr. Wie es dann um die Landwirtschaft in Deutsch-land steht, haben Wissenschaftler ermittelt. Ihr Bericht ist keine Prognose - er zeigt die Entwicklung.

Wie steht es um die Land-wirtschaft in 2023, also in weniger a l s zehn Jahren? Es sieht offensichtlich so aus, dass sie wei-testgehend an die Agrarreform angepasst ist, die Dynamik beim Ausbau der Biogaserzeu-gung sinkt, die Milchproduktion um rund 20 Prozent gesteigert wurde, die Preise für tierische Erzeugnisse zweistellig zulegen. Was wohl bleibt, ist die große Herausforde-rung „Auswirkungen der Tierproduktion“. So geht es aus der „Baseline 2010-2023“ her-vor. Das Thünen-Institut spricht im Fazit von einer wettbewerbsstarken Landwirt-schaft in Deutschland, die sich gut an die Veränderungen der jüngsten Agrarreform anpasst und die Möglichkeiten zur Produk-tionsausdehnung, insbesondere im Milch-bereich, wahrnimmt.

NRW: Strukturwandel setzt sich fort

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Nordrhein-Westfalen geht weiter zurück und der Strukturwandel setzt sich fort. Da-rauf weist der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) hin.Laut der Erhe-bung des statis-tischen Landes-amtes hätten im Jahr 2013 in Nordrhein-Westfalen noch 34.303 landwirt-schaftliche Betriebe eine Fläche von insge-samt 1,46 Mio. ha bewirtschaftet. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sei damit im Vergleich zur Erhebung von 2010 um 4 % zurückgegangen. Allerdings sei die Größe der landwirtschaftlich genutzten Fläche von 2010 bis 2013 gleich geblieben. Im gleichen Zeitraum habe sich die durchschnittlich ge-nutzte landwirtschaftliche Fläche je Betrieb um 4,4 % auf 42,7 ha erhöht.

Bauernverband

Umschau für den Landwirt

Fortsetzung Seite 14

wahr, um ausführlich über den KV Iser-lohn und seine Aktivitäten zu informieren.

In der anschließenden verbandsinternen Diskussion wurden die Möglichkeiten zur weiteren Kooperation mit dem HvL erör-tert und die sich daraus ergebenden Kon-sequenzen aufgezeigt. Nach ½-stündiger Diskussion meldete sich Präsidiumsmit-glied Prof. Krog zu Wort und bat um Ab-stimmung ob der Weg der Kooperation mit dem HvL weiter gegangen werden soll. Das Votum ergab eine deutliche Mehrheit für die Fortführung der Gespräche bei drei Enthaltungen. Ablehnungen gab es keine.

Im öffentlichen Teil der Veranstaltung am Sonnabendvormittag konnte Vize-präsident Feller Herrn Henner Braach, Siegen, für den Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband und Dr. Hau-mann, Leiter des gastgebenden Landwirt-schaftszentrums Haus Düsse für die Land-wirtschaftskammer NRW begrüßen, die jeweils ein Grußwort an die Tagungsmit-glieder richteten.

Anschließend stellte sich Tobias Körfer, Vor-sitzender der Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbranden-burg, Pommern, Ost- und Westpreußen (AGMO) kurz vor. Er referierte über das Thema: „Zwischen Recht und Wirklich-keit – Die Deutschen in der Republik Polen und das Menschenrecht auf Muttersprache“.

Die Arbeit der AGMO gründe sich wesent-lich auf drei Säulen:

1. Unterstützung von Projekten der deut-schen Volksgruppe in der Republik Polen

2. Interessenvertretung gegenüber bun-desdeutschen Stellen und der europä-ischen Politik

3. Vortrags- bzw. Bildungsarbeit wie heute hier bei dieser Gelegenheit

Tobias Körfer führte aus, dass sich die die deutsche Volksgruppe in ihren Bestre-bungen nach sprachlicher und kulturel-ler Identität neben den beiden genannten europäischen Vertragswerken – das Rah-menübereinkommen zum Schutz natio-naler Minderheiten und die Europäischen Charta für Regional- und Minderheiten-sprachen auch auf den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 und das polnische Minderheitengesetz aus dem Jahr 2005 stützen könne.

Die AGMO e.V. habe bis ins Frühjahr 2007 hinein eine Befragung unter den deutschen Vereinigungen in der gesamten Republik

Polen durchgeführt. Mit Hilfe der Stu-die wurde u.a. untersucht, inwieweit sich der muttersprachliche Deutsch¬unterricht in Kindergärten und Grundschulen nach Abschluss des deutsch-polnischen Vertra-ges vom 17.06.1991 und unter den genann-ten Rahmenübereinkommen entwickelt hat. Nach Angaben von ca. 200 Ortsgrup-pen deutscher Vereinigungen in der Re-publik Polen wird festgestellt, dass es bis

Haus Düsse 2013: Blick über das Publikum

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16 Deutsche Umschau 1-2014

Bauernverband

Fortsetzung von Seite 15

Hier erzählt der dienstälteste Mähdrusch-fachmann Deutschlands, Peter Feiffer, Dr. sc. agr., Mitglied der Akademie der Wis-senschaften zu Erfurt.

1934 in einer weit verzweigten Landwirt-schaftsfamilie mit großen Besitzungen in Schlesien, Polen und Ostpreußen geboren, stellt er sich schon zeitig auf eigene Füße.

Als 13 jähriger steht er an einem kalten No-vembertag am Briefein-wurf mit Messingklappe an der Hauptpost seiner Kreisstadt. Er wirft frös-telnd und unsicher ein gro-ßes Kuvert ein. Drei kleine Fachbeiträge stecken in dem Umschlag – alle drei werden gedruckt. So wird er Volkskorrespondent ohne dass die Redakteure ahnen, wie alt er ist und verdient sein eigenes Geld.

Mit 16 gründete er das Kollektiv für Landtechnik und wird das jüngste Mit-glied der „Kammer der Technik“. Der junge Peter Feiffer ist fasziniert von den Dresch-maschinen, auf den polnischen Gütern ar-beiteten damals die Stahllanz, als 1952 die ersten russischen Mähdrescher „Stalinez“ in sein kleines Bördedorf kamen. Nun kann er endlich selbst eine solche Maschine be-dienen, wenn auch zunächst nur als Bei-fahrer neben seinem Freund, dem Mäh-drescherfahrer. Er will den Einsatz dieser Technik verbessern, aber es gibt keine An-leitungen und Dokumente. Noch glaubt er, dass diese in Russland zu finden sind, dort wo der Mähdrescher herkam. Mit Über-zeugungskraft beredet er die Staatssekre-tärin im Landwirtschaftsministerium ihn nach Russland zu entsenden. Und plötzlich sitzt er im Sonderzug Wünsdorf – Moskau, in dem eine Regierungsdelegation verbun-den mit einer Delegation der „Kammer der Technik“ nach Moskau reist. In einer Staats-karosse mit livriertem Fahrer erlebt er die unglaublichsten Sachen. Nur die erhofften Anleitungen und Erfahrungen zur Ernte-technik gibt es dort nicht. Dafür sah er vor 50 Jahren schon den Hochschnitt, der heute in Deutschland gerade in Mode kommt. Auf

Die Reise nach Moskau oder 55 Jahre Mähdrusch (1952 – 2007)

einem riesigen Schlag von 100.000 Hektar ernteten 1.000 Mähdrescher – generalstabs-mäßig organisiert. Reparaturkommandos rollten hinter der Mähdrescherflotte her, es wurde im Fahren abgetankt und endlose LKW-Kolonnen transportierten das Ge-treide ab. Nach vier Tagen war der Schlag abgeerntet und das Stroh „kontrolliert“ ab-gebrannt. Wieder zurück in Deutschland beginnt er selbst eine Erntetechnologie zu

erarbeiten und begründet damit das Wissensgebiet Mähdrusch auf dem er mit seiner Autorengruppe heute weltweit führend ist. Die Reise nach Mos-kau war der Beginn für das folgende Schaffen ei-nes halben Jahrhunderts.

Das die Kammer der Tech-nik in den ersten Aufbau-jahren (Jahrzehnten) die Basis der technischen In-telligenz war, wird in die-sem Buch an vielen Bei-spielen deutlich. Der

Autor hat mit diesem Buch der Kammer ein Denkmal gesetzt, wie es mit Sicher-heit nur ganz junge Spezialisten können, denen die Kammer der Technik von An-fang an die Hand gereicht hat, um sie in ihrem Schaffen zu fördern. So zeigt uns die „Reise nach Moskau“ den großen Wert die-ser Gemeinschaftsarbeit.

Das Werk, das bisher schon viel Anklang gefunden hat, motiviert auch heute noch zu einer ungeheuerlichen Gemeinschaftsarbeit.

Sein Buch über die Reise nach Moskau ist keine Reisebeschreibung. In den Erzählun-gen des jungen Peter Feiffer wird für die Mitreisenden ein Stück landwirtschaftliche Zeitgeschichte in seinem Bördedorf sicht-bar. Es ist ein sehr facettenreiches Zeitbild, wie es nur einer schildern kann, der dabei war, mit ganzem Herzen.

Andrea Klüßendorf

Das Buch ist im Dr. Ziethen Verlag Oschersleben erschienen. Der Preis beträgt 19,90 € zuzüglich Versandkostenpauschale, ISBN-Nr. 978-3-938380-48-5.

heute keine öffentlichen Kindergärten und Grundschulen mit Deutsch als Unterrichts-sprache gibt. Es bestehen lediglich seit kür-zerer Zeit zwei staatliche bilinguale Grund-schulen sowie drei bilinguale Grundschulen in privater Trägerschaft.

Besonders hervorgehoben zu werden ver-diene, dass der deutsch-polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaft-liche Zusammenarbeit vom 17.06.1991 ge-mäß Artikel 20 Absatz 3 vorsieht, „eigene Bildungseinrichtungen zu gründen und zu unterhalten“ sowie gemäß Artikel 21 Ab-satz 2 Möglichkeiten für den Unterricht der Muttersprache oder Unterricht in der Mut-tersprache in öffentlichen Bildungseinrich-tungen gewährleistet.

Polnische ministerielle Verordnungen er-möglichen – laut Lehrplan - Unterricht in folgender Weise:

1. Minderheitenschulen mit Deutsch als Unterrichtssprache in allen Fächern, außer Polnisch, Geschichte und Geo-graphie bzw. Gesellschaftskunde in Grundschulen.

2. Zweisprachige Schulen, in denen die Fächer in Polnisch und Deutsch un-terrichtet werden.

3. Deutsch als zusätzlicher Sprachunter-richt. Die Kinder haben dann allen-falls nur ca. drei Stunden Deutsch als Unterrichtsfach pro Woche, bei sons-tigem Unterricht auf polnisch.

Die tatsächliche Lage in der Republik Po-len weicht davon hingegen deutlich ab. Al-lein in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien, die in etwa das historische Ober-schlesien umfassen, gibt es offiziellen Anga-ben zufolge knapp 40.000 deutsche Schü-ler bzw. Schüler deutscher Abstammung. Doch deutsche Kindergärten und Grund-schulen sind nicht vorhanden und werden derzeit weder von der deutschen noch pol-nischen Regierung erfolgreich angestrebt.

Die Benachteiligung wird besonders deut-lich, wenn wir eine Studie des polnischen Sprachwissenschaftlers und Historikers Dr. Tomasz Kamusella aus dem Jahr 2005 zu Rate ziehen.

Diesen Artikel von Dr. Arwed Blomeyer setzen wir in der nächsten Ausgabe fort.

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17Deutsche Umschau 1-2014

Verbände

Vorbildliches Kulturerbe für ganz Europa64. Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl

Unter dem Motto „Heimat ohne Grenzen“ feierten rund 20 000 Siebenbürger Sachsen bei hochsommerlichem Wetter ihren 64. Heimattag vom 6. bis 9. Juni in Dinkels-bühl. Sie gedachten vor allem zweier his-torischer Ereignisse – der Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen vor 70 Jahren und der Wende in Osteuropa vor 25 Jah-ren – die zu Leid, Heimatverlust, aber auch Aufbruch geführt haben. Die Siebenbür-ger Sachsen brachten sich in den zurück-liegenden Jahrzehnten kraftvoll in die Ge-sellschaft ihrer neuen Heimat ein, pflegten aber auch ihre Kultur und ihre Verbindun-gen zu Siebenbürgen. Das brachte ihnen viel Anerkennung und neue Freunde ein, die zum Teil als Ehrengäste beim Heimat-tag zugegen waren.

Im Rahmen des Pfingstgottesdienstes ging Dekan i.R. Hermann Schuller, Vorsitzen-der der Gemeinschaft Evangelischer Sieben-bürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, unter ande-rem der Frage nach: „Welches Geistes Kin-der sind wir?“ Im Zusammenhang mit der problematischen Besetzung des EU-Kom-missionspräsidenten zitierte er die Bundes-kanzlerin Angela Merkel, die einige Tage zuvor gesagt hatte: „Die Entscheidungen, die über eine kontroverse Diskussion herbei-geführt werden, müssten in einem europä-ischen Geist stattfinden.“ Sicher werde eine solche Aussage unterschiedlich verstanden. Gemeint aber sei „mit Sicherheit der gute Geist, der dem christlichen Abendland ge-schenkt wurde, der leider nicht immer ver-standen und umgesetzt wurde, wie die Ka-tastrophen des 20. Jahrhunderts es zeigen: Es ist der Geist der Verständigung, in dem die Würde des Menschen voran steht, der Geist des Friedens und der Gerechtigkeit, und im Sinne des heutigen Tages, der Hei-lige Geist!“, so Schuller.

Eine positive Bilanz der 25 Jahre seit Zu-sammenbruch des Ostblocks zog Dr. Bernd Fabritius, MdB, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. „Wir feiern ein Vierteljahr-hundert ohne todbringende Grenzzäune. Wir leben in Wohlstand und Sicherheit – es geht uns gut“, so fasste es Fabritius in seiner Ansprache bei der Festkundge-bung am Pfingstsonntag zusammen. Er wehrte sich vehement gegen die Preisgabe

des siebenbürgisch-sächsischen Kulturer-bes und rief die Siebenbürger Sachsen auf, ihre reiche Kultur zu pflegen und sich ge-winnbringend in die Gemeinschaft ein-zubringen. Den Rahmen fürs Mitmachen biete der Verband, der sich vielseitig für die Rechte der Mitglieder engagiere. Um das zu erreichen, sei ein kontinuierlicher Dialog notwendig und man sei auf wohlgesinnte Gesprächspartner in der bundesdeutschen und zunehmend der europäischen Politik angewiesen.

Eine solche Stimme kam aus Baden-Würt-temberg. Innenminister Reinhold Gall, MdL, würdigte das in Gundelsheim an-sässige „bedeutendste siebenbürgisch-sächsi-sche Kulturzentrum in der Bundesrepublik“ und den „hohen fachlichen kulturpoliti-schen Rang“ des Siebenbürgischen Muse-ums. Seitens der Landesregierung sicherte der SPD-Politiker weitere Unterstützung für den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat und die Arbeit der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes zu.

„Deutschland kann stolz sein auf seine Sie-benbürger Sachsen!“ Mit diesen Worten würdigte Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, deren Aufbau- und Gemeinschaftsleistung in Deutschland. Sie seien zugleich ein „stabiler Brücken-faktor“ der deutsch-rumänischen Bezie-hungen, betonte der CDU-Bundestagsab-geordnete in seiner Festrede. Wenn man am Heimattag in Dinkelsbühl teilnehme, spüre man den „wunderbaren Dreiklang: Heimat, Identität, Glaube“. Koschyk zeigte sich überzeugt: „Nichts braucht der Mensch des 21. Jahrhunderts so dringend, um die Herausforderungen der Globalisierung auch seelisch-geistig zu bestehen, wie die Ver-ortung in Heimat, Identität und Glaube. Und es sind gerade unsere heimatvertriebe-nen Landsleute, unsere Aussiedler, die uns in Deutschland, aber weit darüber hinaus diese Bedeutung von Heimat, Identität und Glaube bewusst machen.“ Der Aussiedler-beauftragte sicherte seitens der Bundes-regierung zu: „Wir werden uns weiter be-mühen, das großartige kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Rumänien zu erhalten.“ Ein Grußwort vor der Schranne sprach Klaus Johannis, Bür-germeister der Stadt Hermannstadt und

interimistischer Vorsitzender der Natio-nalliberalen Partei in Rumänien. Er ging der Frage nach, was ist ein Europäer? „Ich denke, ein Europäer ist jemand, der, egal, wo er hingeht, seine Heimat im Herzen mitnimmt, seine Kultur und seine Tradi-tionen, wo es geht, pflegt. Und in diesem Sinne, liebe Landsleute, denk ich, sind wir Siebenbürger Sachsen recht gute Europäer.“

Der Bundestagsabgeordnete Dr. Christoph Bergner bezeichnete die siebenbürgisch-sächsische Kultur als eine der frühesten und sogar als „älteste Freiheitskultur Eu-ropas“ bezeichnet. In seiner Festansprache bei der Eröffnung des Heimattages am 7. Juni sagte der CDU-Politiker, das Erbe, das auf dem Königsboden in Siebenbür-gen gewachsen sei, zähle „zu den wertvol-len Kraftquellen für die geistig-kulturel-len Entwicklung unseres Kontinents“. Dr. Bergner hat als Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung (2006-2013) die Anliegen der Siebenbürger Sachsen ebenso dezidiert gefördert wie er sich als neuer Vorsitzender des Deutsch-Rumänischen Forums u.a. für den Erhalt des deutschsprachigen Schulun-terrichts in Rumänien einsetzt.Erstmals seit 1995 nahmen die Botschafter beider Länder, Werner Hans Lauk, deut-scher Botschafter in Bukarest, und Dr. Lazăr Comănscu, rumänischer Botschaf-ter in Berlin, am Heimattag in Dinkels-bühl teil. Sie betonten die herausragende Rolle der Siebenbürger Sachsen als „Mitt-ler, Bindeglied und Katalysator“ in den bi-lateralen Beziehungen.

Höhepunkt des Pfingstfestes war der Fest-umzug von 2.700 siebenbürgisch-sächsi-schen Trachtenträgern, der von vielen ju-gendlichen Gesichtern geprägt war und an dem Michael Skindell, US-Senator in Ohio, teilnahm, der sich stolz zu seinen Wurzeln bekennt. Mitausrichter des Heimattages war diesmal die Landesgruppe Baden-Württem-berg des Verbandes. Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland gestaltete in bewährter Weise die Volkstanzveran-staltung „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“, präsentierte den siebenbürgischen Nachwuchs in der Schranne und zeich-nete verantwortlich für die Sportturniere, beste Partystimmung im Festzelt auf dem „Schießwasen“ und vieles mehr.

Siegbert Bruss

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Verbände

Heikel mutet der Versuch allemal an, Le-ben und Werk des eigenen verstorbenen Vaters zu würdigen, zumal wenn dessen Credo als prominenter Politiker höchst um-stritten war und im Prozess der demokra-tischen Willensbildung ins Hintertreffen geriet. Allzu bereitwillig unterstellt man ei-nem nahen Verwandten kritiklose Ideali-sierung. Dass aber das Wirken ihres Vaters außerordentlich segensreich und sein Ver-mächtnis bis heute keineswegs obsolet ge-worden ist, konnte Herbert Czajas von zehn Kindern älteste Tochter Christine überzeu-gend vor Augen führen. Ihr Vortrag beim Bischof-Neumann-Kreis der Ackermann-Gemeinde in Schwäbisch Gmünd stieß auf breites Interesse.

Wie wohl kaum einem anderen Menschen sind Christine Czaja Lebensweg, Charak-ter, Glauben, Ziele und Wirken ihres Va-ters vertraut, hat sie ihn doch Jahrzehnte lang bis zu seinem Tod zu Hause in Stutt-gart und in Bonn tatkräftig unterstützt und viele seiner öffentlichen Auftritte miterlebt. Als vom Vater testamentarisch bestimmte Archiv-Nachlassverwalterin kennt die ehe-malige Lehrerin einschlägige Manuskripte, Briefe und Publikationen, Quellen und Ar-chive. Manchem deutschen und polnischen Doktoranden konnte sie daher nützliche Auskünfte erteilen. Sie selbst hat 2003 in dem Band „Herbert Czaja. Anwalt für Men-schenrechte“ aufschlussreiche Aufsätze ver-sammelt und damit eine erste Aufarbeitung zu einer noch wenig erforschten Gestalt der Zeitgeschichte von kaum zu überschätzen-der Wirkungsmacht geliefert.

Herbert Czaja, am 5. November 1914 in Te-schen, damals Österreichisch-Schlesien, geboren, wuchs behütet in einem katholi-schen, sozial engagierten und toleranten El-ternhaus auf. Als seine Heimat 1920 Polen zugeschlagen wurde, musste die Deutsche Minderheit um ihre nationale Selbstbehaup-tung ringen. Dennoch blieb der fließend polnisch sprechende Czaja stets versöhnlich gegenüber anderen Nationen und bewahrte seine Achtung vor den in ihrer Kultur und Geschichte begründeten Lebensrechten. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehr-macht in Polen weigerte er sich, der NS-DAP beizutreten. Der in Krakau 1939 über „Stefan George und sein autonomes Men-schentum“ promovierte Germanist war

Herbert Czajas Vermächtnis

Oberschullehrer, bevor er zum Gegner je-der Art von Atheismus, Chauvinismus und Radikalismus wurde. Seine polnischen und jüdischen Mitbürger unterstützte er coura-giert, konspirierte mit nicht gleichgeschalte-ten Studentengruppen, Professoren und Je-suiten, versteckte einen verfolgten Freund in seiner Bude, wurde zuerst vom polnischen Sicherheitsdienst, dann von der Gestapo überwacht und gesucht, 1942 des Hochver-rats angeklagt und ins Gefängnis geworfen, dann zum Wehrdienst einberufen, an der Ostfront verwundet, von den Amerikanern in Hungerlagern interniert und aus seiner Heimat vertrieben.

In Stuttgart, seiner Wahlheimat, gründete er 1948 mit der aus Bad Canstatt stammen-den Eva-Maria Reinhardt eine Familie und engagierte sich unermüdlich im Stadtrat der Landeshauptstadt wie auch später im Deutschen Bundestag für die Belange der Flüchtlinge wie Lastenausgleich, Eingliede-rung, Existenzförderung, Renten, Schul-, Gesundheits- und Familienpolitik. Mit dem Sozialen Wohnungsbau hatte er bis Mitte der 60-er Jahre ein einflussreiches Ressort im Bundestag inne. Diese Ziele ver-folgte er u. a. zusammen mit Politikern wie Fritz Bayer, Hermann Götz, Edmund Leu-kert, Hans Schütz und Josef Stingel. Eine enge Zusammenarbeit pflegte er mit dem sudetendeutschen Augustinerpater Dr. Pau-lus Sladek und dem schwäbischen Domkapi-tular Prof. Alfons Hufnagel, die wie er selbst hervorragende Kenner der scholastischen

Theologie waren, besonders des Albertus Magnus und Thomas von Aquin. Geprägt von diesen Kirchenlehrern und der christli-chen Gesellschaftslehre setzten die Freunde neue sozialpolitische Maßstäbe.

Sein Wirken und das seiner Frau als Für-sorgerin in den Flüchtlingslagern um Stutt-gart in der unmittelbaren Nachkriegszeit – Schlotwiese mit 1200 Menschen, Bergheim etc. – ist ein eigenes Kapitel, wurde aber ausführlich dokumentiert, vor allem von der Landsmannschaft der Donauschwa-ben, dem St. Gerhardswerk und dem Tü-binger Institut für donauschwäbische Ge-schichte und Landeskunde.

Czaja gehört zum politischen Urgestein der Bundesrepublik Deutschland. Er spielte eine maßgebliche Rolle bei der friedlichen Integ-ration von zwölf Millionen Vertriebenen in Westdeutschland, wie der Organisator der Veranstaltung Karl Sommer in seiner Ein-führung hervorhob. Am 5. November die-ses Jahres würde Czaja seinen 100. Geburts-tag feiern. Tochter Christine sei Anfang der 60-er Jahre Mitglied der „Jungen Ak-tion“ der Ackermann-Gemeinde und 1973-75 ihre Bundessprecherin gewesen. Sommer begrüßte auch Edith und Hedwig Czaja, Enkelinnen des namhaften Großvaters, die musikalisch an Klavier und Trompete mit Menuetten von Bach, Mozart und Daquin die Veranstaltung ins Festliche steigerten.

In seiner Treue zu Verfassung und Völ-kerrecht hielt der CDU-Politiker Herbert Czaja mehr als vier Jahrzehnte, bis zu sei-nem Tod 1997, daran fest, über die deut-schen Gebiete jenseits von Oder und Neiße nur in einem gerechten Interessenausgleich mit Polen innerhalb einer gesamteuropäi-schen Friedensordnung zu verhandeln. Mit seinem Kampf für das Recht auf die Hei-mat, den Schutz von Minderheiten und ih-ren Menschenrechten wurde er zum Geg-ner der Ostpolitik von Willy Brandt und geriet zuletzt selbst in den eigenen Reihen – zusammen mit weiteren Vertriebenen-politikern – in die Isolation. Jedoch hat er niemals die Wiederherstellung der Reichs-grenzen vom 31.12.1937 gefordert, wie ihm viele ohne Kenntnis seiner Argumentation vorwarfen. Manche seiner weitblickenden Intentionen haben sich mittlerweile durch die im europäischen Einigungsprozess ge-wonnene Freizügigkeit verwirklicht, andere

Herbert Czaja

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Verbände

sind Hoffnungszeichen geblieben, so dass sein auf dem Boden christlicher Glaubens-überzeugung gegründetes Lebenswerk in wesentlichen Zügen aus heutiger Sicht als bestandsfähig erscheint.

Zu seinen größten politischen Erfolgen zähl-ten diejenigen Verfassungsbeschwerden von 1973, durch die verhindert werden konnte, dass seine in der Heimat verbliebenen ober-schlesischen Landsleute samt sämtlichen Aussiedlern aus der deutschen Staatsang-hörigkeit entlassen wurden, wie es die Ost-verträge vorsahen. Trotz vielfacher Bemü-hungen, führte Christine Czaja aus, sei es durch die „Neue Ostpolitik“ lange nicht zu wesentlichen menschlichen Erleichterungen gekommen, die suspekte Vorgeschichte und zahlreiche Ungereimtheiten müssten wis-senschaftlich besser aufgeschlüsselt werden.

„Genau heute vor 44 Jahren“, sagte die Re-ferentin, wurde ihr Vater in Bad Godesberg zum Präsidenten des Bundes der Vertrie-benen gewählt, ein Ehrenamt, das eigent-lich einen Vollzeitberuf darstellt, nicht zu Karrierezwecken taugt, sondern viel Ver-schleiß mit sich bringt, wie der Kandidat schon am Wahlabend wusste. Dennoch übte er das Amt in einer schwierigen Zeit voller heftiger Auseinandersetzungen um die sogenannte „Neue Ostpolitik“ und po-litischer Umwälzungen 24 Jahre lang aus, ganz im Sinne einer engen Zusammenar-beit mit den osteuropäischen Nachbarn, des Friedens durch Menschenrechte, des Aus-gleichs durch Verständigung. Da die meis-ten Vorsitzenden des BdV bis dahin aus der SPD gekommen waren, sah sich Czaja zu-nächst nur als Übergangspräsident. Aber als Repräsentant der Heimatvertriebenen fiel ihm eine langfristig defensive Aufgabe zu, weil die damalige Regierungskoalition aus SPD und FDP eine in seinen Augen verfehlte Ostpolitik begonnen hatte. Seine unverbrüchliche Solidarität mit den Ver-triebenen trug ihm viel Feindschaft ein, im Plenarsaal musste er Spott und Häme über sich ergehen lassen, so etwa von dem Grünen-Realo Joschka Fischer, die links-liberale Presse hetzte, von links- wie auch rechtsextremer Seite kamen zahlreiche ano-nyme Anrufe und Drohbriefe vor allem ins Bonner Büro, aber auch in die Stuttgarter Privatsphäre. Czajas sonntägliche Spazier-gänge mit der Familie wurden selten, denn an den Wochenenden trat er als Redner bei Vertriebenenwallfahrten, Glaubenskund-gebungen, Tagen der Heimat auf, ab 1990 auch in der ehemaligen DDR, strapaziöse

Bahnfahrten für den schwer Kriegsversehr-ten. Alle seine Reden hat der unermüdliche Arbeiter selbst konzipiert und oft noch wäh-rend der Anfahrten ausgearbeitet. Zweifel-los ist es vor allem Herbert Czaja zu verdan-ken, wenn der Bund der Vertriebenen allen Versuchen, ihn zu marginalisieren, wider-standen hat und bis heute eine gesellschaft-liche Kraft geblieben ist.

Dieses verantwortungsvolle Amt nahm er neben seinem Mandat als Mitglied des Deutschen Bundestages wahr, das er 1953 bis Ende 1990 ununterbrochen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ebenso gewissen-haft versah, darüber hinaus behielt er seine Bürgersprechstunden in Stuttgarter Wahl-kreis bei. Intensiv kümmerte er sich um je-den einzelnen Menschen, der seinen Rat und seine Hilfe suchte, egal, ob der ihn ge-wählt hatte oder nicht. Es ging ihm – wie übrigens jedem christlich denkenden Ab-geordneten – um das Wohl der Menschen, nicht um seine spätere Wahl. Er engagierte sich als Berichterstatter für Menschenrechte im Humanitären Unterausschuss des Bun-destages für die unterdrückten Christen in Biafra. Durch mehrere Vorträge im Bonner Katholischen Büro konnte er eine Welle der Solidarität sowohl bei der evangelischen wie auch der katholischen Kirche in Deutsch-land auslösen und ein Hilfsprogramm auf den Weg bringen.

Herbert Czaja nahm im Mai 1993 gerade an einer Vertriebenenwallfahrt auf den Schö-nenberg teil, als der zu wenig um die eigenen

Ressourcen bekümmerte Schaffer einen Herzinfarkt erlitt. Während der zehn Tage, die er im Ellwanger Krankenhaus zubrin-gen musste, konzipierte er – wohl in der Ahnung, dass er nicht mehr lange zu leben habe – ein über tausendseitiges Werk, das 1996 unter dem vom amerikanischen Bot-schafter in Deutschland Vernon Walters stammenden Titel „Unterwegs zum kleins-ten Deutschland. Mangel an Solidarität mit den Vertriebenen. Marginalien zu 50 Jahren Ostpolitik“ im Knecht-Verlag in Frankfurt erschien. Ein Kapitel darin thematisiert den verehrten Konrad Adenauer. Gewidmet ist es seiner Frau, ohne deren Rat und qualifi-zierten Beistand er seiner Berufung nicht hätte nachkommen können.

Bezeichnenderweise bat der tiefgläubige Christ in seinem Testament seine Mitmen-schen um Verzeihung, falls er sie einmal un-gerecht behandelt haben sollte. Erst nach Herbert Czajas Tod am 18. April 1997 er-fuhr die Familie, dass er 37 Jahre lang bis 1990 vom polnischen Geheimdienst abge-hört worden war, und zwar nicht nur er-wartungsgemäß im Bonner Büro, sondern auch in den eigenen vier Wänden. Nur gut, meinte Tochter Christine, dass er am Te-lefon nie jemanden kompromittierte, stets vorsichtig war und häufig Abkürzungen verwendete, um Personen unkenntlich zu machen.

Ein einziger Vortrag könne nicht ein Leben darstellen, das noch eng mit dem österrei-chischen Kaiserreich verbunden war und

Hedwig (am Klavier) und Edith Czaja beim Musizieren, Christine Czaja im Hintergrund Foto: Karl Sommer

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Kultur

180 Sudetendeutsche und Schlesier zum Heimattreffen 2014

Bei strahlendem Frühlingswetter konnte BdV-Vorsitzender Manfred Schukat am 5. April fast 180 Landsleute aus Schlesien und dem Sudetenland im festlich geschmück-ten Volkshaus Anklam begrüßen. Musika-lisch umrahmt wurde das Heimattreffen 2014 vom Chor Lassan unter der Leitung von Renate Parakenings. Erstmals war auch der katholische Propst Frank Hoffmann aus Greifswald zum Treffen nach Anklam ge-kommen. In seinem geistlichen Wort sprach er über die Glaubenserfahrungen von Erz-vater Abraham, der seine Heimat im Ver-

trauen auf Gott verließ, und über Mose, der das Volk Israel aus der Knechtschaft in Ägypten herausführte, das verheißene ge-lobte Land aber nur von weitem zu sehen bekam. Beim feierlichen Totengedenken und anschließenden Vaterunser wurde der Heimgerufenen des letzten Jahres gedacht. Steffen Göritz aus Anklam sprach ein Gruß-wort für die Junge Union, die sich verstärkt für den Heimatgedanken einsetzen will. So soll das Pommernlied in der Öffentlich-keit wieder bekanntgemacht, aber auch in den Schulen unterrichtet werden. Weitere Grüße kamen von Vize-Kreistagspräsident a.D. Erhard Storch aus Ducherow, der als Kind mit seinen Eltern aus der Leitmerit-zer Gegend nach Vorpommern kam, sowie dem Sprecher des Präventionsrates der Stadt Anklam, David Wiechoczek. Weil seine El-tern aus Oberschlesien stammen, konnte er noch ein paar deftige Antek-Franzek-Ge-schichten zum Besten geben. Dazu pas-send hatten die fleißigen BdV-Mitarbeiter

Heimattreffen in Anklam

einen hochprozentigen Gruß aus der Hei-mat vorbereitet: Alle Gäste stießen mit je einem Gläschen Karlsbader Becher auf das Wiedersehen, die Gesundheit und das Dia-mantene Hochzeitspaar Charlotte und Wil-helm Partosch aus Anklam an. Nach dem Mittagessen gab der Sudeten-deutsche Chor aus Stralsund eine einstün-dige Probe seines Könnens. Vor allem die mundartlichen Vorträge, aber auch die ty-pischen Heimatlieder aus dem Riesenge-birge und dem Grulicher Ländchen ließen eine teils frohe, teils wehmütige Stimmung

aufkommen. So blieb den Stralsundern eine Zugabe nicht erspart – die „Hohen Tannen“. Während des folgenden obliga-torischen Verlesens der Anwesenheitslis-ten gaben sich wieder neue Teilnehmer mit interessanten Verbindungen vor allem aus der Nachkriegszeit zu erkennen. Einen gan-zen Tisch benötigten allein die ehemaligen Einwohner von Trautenbach im Riesen-gebirge für sich. Zum weiteren musikali-schen Höhepunkt wurde das Programm von Operettensänger Peter Schmidt aus Greifswald, der die Gäste mit Wiener und Berliner Melodien verzauberte. Er brachte dem Diamantenen Paar selbstverständlich ein Extra-Ständchen, so dass Charlotte und Wilhelm Partosch unter dem Beifall der Gäste recht flott das Tanzbein schwangen. Nach der Kaffeerunde und dem gemein-samen Volkslieder-Singen ging ein Tag zu Ende, der den Flüchtlingskindern von da-mals viel zu geben hatte - bis zuletzt waren sie aufmerksam dabei.

Friedhelm Schülke

bis zum Ende des 20. Jahrhunderts reichte, schloss Christine Czaja ihre Ausführungen, sie habe lediglich Marksteine setzen kön-nen. Eingehende Akten- und Archivstu-dien seien vonnöten, um ein geschlossenes Bild zu entwerfen.

Manche Anekdote und erhellende Betrach-tung konnte Christine Czaja noch einflech-ten, als Dr. Ernst Gierlich eine Stunde lang Fotos aus Herbert Czajas privatem und öf-fentlichem Leben an die Wand projizierte. Gierlich, der Geschäftsführer der Kultur-stiftung der deutschen Vertriebenen in Bonn, war eigens angereist, um die Mit-glieder des Neumann-Kreises kennenzuler-nen. Die Kulturstiftung hatte bis zum Jahr 2000 über 16 hauptamtliche Mitarbeiter ver-fügt und ihre für die Identität der ganzen deutschen Nation unverzichtbare Arbeit in einer auf drei Stockwerke verteilten Institu-tion entfaltet. Auch als Begründer der Kul-turstiftung wollte sich Czaja im Sinne des § 96 BVFG um Pflege und Weiterentwick-lung der Kultur in den historischen deut-schen Siedlungsgebieten Osteuropas küm-mern und auf dieser ohne Selbstverleugnung auskommenden Basis grenzübergreifende, brückenschlagende Kulturarbeit leisten.

Zum Ausklang äußerten sich vier Zeitzeu-gen aus persönlicher Sicht zu Leben und Wirken Czajas. Mercedes Kröger aus Stutt-gart lobte Herbert Czajas Verständnis für die Menschen und seine große Hilfsbereit-schaft etwa bei seinen Bürgersprechstunden im Eigenheim in Stuttgart-Roth, die bis in den späten Abend zu dauern pflegten und bei denen sich oft lange Warteschlangen bil-deten. Mit seiner Hilfe konnten viele dem tristen Lager- und Bunkerleben nach dem Krieg in der zerstörten Stadt entkommen. „Von seiner Menschenfreundlichkeit könn-ten wir uns alle ein Stück abschneiden“, meinte Frau Kröger. „Solche Politiker gibt es heute leider nicht mehr.“ Josef Grill aus Wört beschrieb Czaja als Vordenker und le-bendiges Lexikon. Er hob sein Rechtsbe-wusstsein, sein Demokratieverständnis, sein soziales Engagement hervor und bezeichnete ihn als oft verleumdeten, aber weitsichtigen Friedenspolitiker für Deutschland und Eu-ropa, der Stalin die Stirn bot, ein „Vorbild und Ansporn für uns alle“.

Eine kleine, von der Ackermann-Gemeinde und der Kulturstiftung der deutschen Ver-triebenen vorbereitete Bücherausstellung zum Thema rundete die gelungene Veran-staltung ab.

Stefan P. Teppert

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21Deutsche Umschau 1-2014

Kultur

Kommen Sie herein, dann können Sie rausschauen!

Flaggen vor dem modernen Museumsbau, eine eigene Bushaltestelle, Hinweisschilder an der vorbeiführenden Bundesstraße: Der Weg zum Oberschlesischen Landesmuseum (OSLM) im Ratinger Ortsteil Hösel ist nicht zu verfehlen. In Zusammenhang mit der Mobilitätsausstellung hat das Museum die technikhistorische Sammlung erweitert. „Fahren, Gleiten, Rollen“ ist nicht nur eine Beschreibung eigenen mobilen Wirkens, es bezeichnet auch verschiedene Fortbewe-gungsmittel. Das OSLM hat Beispiele der Produktion von Verkehrsmitteln in seiner Bezugsregion, auch dank seiner internati-onal hervorragend vernetzten Partner, ge-funden. Ein Motorrad der Breslauer Pro-duktion von Herbert Ernst aus der Mitte der 1920er Jahre ist gegenwärtig das älteste Verkehrsmittel im Besitz des OSLM. Da-mals war die Zweiradherstellung noch eine Tüftlerarbeit, die in kleinen Werkstätten vollzogen wurde. Doch wurden die schwe-ren Krafträder auch zum Motorsport he-rangezogen. Genauso wie mit den Autos wurden Erprobungsfahrten durchgeführt, wovon die ADAC-Sternfahrtplaketten zeu-gen, die anschließend stolz an die Motor-haube geschraubt wurden.

Für den Museumsdirektor Stephan Kai-ser belegen die ausgestellten Fahrzeuge die Besonderheiten der sozialistischen Plan-wirtschaft. Er erklärt: „Jede Fahrzeugpro-duktion unter Wettbewerbsbedingungen unterliegt einem steten Wandel. Der tech-nologische Fortschritt führt dann zu neuen Typen oder veränderter Ausstattung. Eine abgeschottete Wirtschaft hingegen kann über lange Zeit unveränderte Produkte her-stellen und findet dafür dennoch einen Ab-satz. Wer sich die Autos im OSLM an-sieht, der versteht, warum die Produkte nicht mehr konkurrenzfähig waren. Mit der Marktöffnung 1989 kamen Kraftfahrzeuge, die sofort die Rückständigkeit der polni-schen Fahrzeuge aufzeigten.“ Ergänzend zur Mobilitätsausstellung bietet die Sommer-saison 2014 neue Ausblicke auf das breit-gelagerte Museumsgebäude. Im Außenbe-reich wurde an der Grundstücksgrenze ein Eisenbahnwaggon aufgestellt. Dieser kann betreten werden und dann ist Hereinkom-men verbunden mit Herausschauen. Wa-rum nun ein solches Großexponat für das OSLM? „Im Bahnhof Troppau sah ich zahl-reiche dieser Waggons ungenutzt abgestellt

Neuer Aussichtspunkt zeigt Oberschlesisches Landesmuseumund so kam mir die Idee: Einer dieser Wag-gons kann die oberschlesische Eisenbahnge-schichte in Ratingen vergegenwärtigen. Als zusätzliches Motto hat sich unser Museum im 30. Jubiläumsjahr 2013 wörtlich auf die Fahnen geschrieben: Kultur. Geschichte. Leben.“, so der OSLM-Chef angesichts des nun größten Objektes. Tatsächlich ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit so weit fortgeschritten, dass sich das Ratinger Team 2013 die zeitgerechte Beschaffung des 14m langen und 14 Tonnen schweren Objek-tes zutrauen konnte. Produziert wurde der

Personenwaggon in Stauding / Studénka, einer Kleinstadt an der oberen Oder, die einst zum Herzogtum Troppau gehörte. In Serienproduktion produzierte dort an der traditionsreichen Eisenbahnstrecke der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn der Waggon-hersteller Vagonka Studénka zwischen 1976 und 1983 knapp 1.000 motorlose Beiwagen sowie gleichzeitig rund 500 Schienenbusse mit Dieselantrieb für die damalige Tsche-choslowakische Staatsbahn. Wie der Fiat 126 das Rückgrat der polnischen Motori-sierung, so war dieses Gespann von Trieb-wagen und Anhängern die Basis der Fahr-gastbeförderung auf den Nebenstrecken in Böhmen, Mähren und der Slowakei. Durch eine EU-geförderte neue Fahrzeugflotte än-dert sich dies gegenwärtig. Darum war die Idee des OSLM im Zusammenwirken mit dem Kulturverein für Schlesien und Mäh-ren (Düsseldorf) und der Generaldirektion der Tschechischen Bahn zu realisieren. Der

Beiwagen vom Typ 780 ist eine wesentliche Bereicherung im Außengelände des OSLM. Mit Filmen, u.a. über das schlesische Eisen-bahnwesen und zur Dislozierung des Expo-nates über 1.000 km in den Westen, wird auch nach dem Ende der Sonderausstel-lung im Herbst 2013 die lange und bedeu-tungsvolle Verkehrsgeschichte Schlesiens verdeutlicht. Es gibt eine weitere Parallele zwischen dem Auto und dem Waggon. Sie sind Produkte aus der Wertschöpfungskette der oberschlesischen Montanindustrie. Die dortige Kohle wurde für die Stahlerzeugung

eingesetzt. In der Nähe fand die Weiterver-arbeitung, sei es durch Hüttenwerke wie auch den Maschinen-, Anlagen- und Gerä-tebau statt. Bezeichnenderweise ist die Wag-gonbaufabrikation aus Stauding 2001 nach dem benachbarten Mährisch Ostrau verlegt worden, wo sie seitdem als Teil des Śkoda-Konzerns moderne Schienenfahrzeuge aus dem örtlichen Stahl herstellen kann.

Für den OSLM-Chef mag der begehbare Waggon auch eine persönliche Note und Erfüllung bringen: „Als unsere Luftfahrt-ausstellung und dann die schlesische Adels-ausstellung in München gastierten, ließ ich mich von der Verkehrsabteilung des Deut-schen Museums auf der Theresienhöhe in-spirieren“, erzählt OSLM-Direktor Kaiser. Seine Faszination für Museen begann schon im Kindesalter. So kramt er aus seiner Bib-liothek den „Illustrierten Wegweiser durch die Sammlungen des Deutschen Museums“,

Großexponat im Oberschlesischen Landesmuseum: Der Zug aus Oberschlesien

Fortsetzung auf S. 22

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22 Deutsche Umschau 1-2014

Kultur

Kulturtagung der Wolgadeutschen46 Prozent aller Flüchtlinge weltweit Kinder und Jugendliche unter

den er als Siebenjähriger in München von seinem Taschengeld kaufte, und den Vor-kriegsführer seines Großvaters heraus. „An-sehen, was andere machen und was eben-falls zu machen ist“ wurde ihm später eine unerschöpfliche Quelle für eigenes Handeln und erfolgreiche Grundlage seines Teams. „Ich war 1990 bei der Einbringung des Sa-lonwagens 10 205 in den Neubau des Bon-ner Hauses der Geschichte dabei. Dann träumte ich von einem Güterwagen für Ausstellungen im schlesischen Kloster Leu-bus“, so Kaiser. Seine Bilanz kurz vor dem 50. Geburtstag: „Jetzt sind wir gemeinsam ans Ziel gelangt“. Denn Ideen für die Re-alisierung des logistischen Großvorhabens mit Kranverladung und Schwerlastfahr-zeugaufgebot kamen auch bei Besuchen und Gesprächen in den Bahnmuseen Bo-chum-Dahlhausen, Königszelt, Lüttich und Utrecht. Besonders sei auf die unmittelbare Umsetzung von Inhalten des im Herbst 2013 unterzeichneten Kooperationsvertrages des OSLM mit dem schlesischen Eisenbahn-museum in Jaworzyna Śląska hingewiesen. Museumsgäste in Ratingen, auch kleinere Gruppen für Besprechungen oder Treffen, können statt zu träumen diese neue Reali-tät fassen. Mit der S-Bahn 6 zum Bahnhof Hösel, mit dem Rheinbahn-Bus zur Bushal-testelle „Oberschlesisches Landesmuseum“ und dann im Waggon aus dem Mährisch-schlesischen Kreis hinein in die Vielfalt der Kultur, der Geschichte und des Lebens der schlesischen Regionen mit faszinierenden Ausstellungen. Lange nicht ausgeschöpft sind die Möglichkeiten dieses bedeutenden schlesischen Museums, das über die größ-ten Sonderausstellungsflächen vergleichba-rer Einrichtungen der einst deutschen Be-zugsregionen im östlichen Europa verfügt. Die spannende Zeitreise durch Schlesiens Mobilitätsgeschichte kann der Besucher in der Sonderausstellung „Fahren, Gleiten, Rollen. Mobil sein im Wandel der Zeit“ noch bis zum 5. Oktober 2014 unterneh-men. Die erworbenen Großobjekte bleiben dauerhaft in Ratingen präsent.

Öffentliche Sonntagsführungenmit wechselnden Schwerpunkten jeweils um 15 Uhr am: 27.7., 31.8. und 5.10.2014 (Finissage); Anmeldung erwünscht unter: Tel.: 02102/965-256 oder 965-356 / E-Mail: [email protected], 26.9.2014, 18-24 UhrFührungen durch die Ausstellung, Mit-machaktionen für Jung und Alt. Eintritt frei.

Bei der Kulturtagung der Landsmannschaft der Wolgadeutschen sprach die Landesbe-auftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, ein Gruß-wort für die Landesregierung und über-brachte die Grüße von Ministerpräsident Volker Bouffier und von Sozial- und Inte-grationsminister Stefan Grüttner. „Seit nunmehr fast 30 Jahren hat das Land Hessen die Patenschaft über die Lands-mannschaft der Wolgadeutschen. Anlässlich

dieser Kulturtagung in Büdingen möchte ich Ihnen allen meine Verbundenheit ver-sichern. Im Sinne dieser Verbundenheit kann ich der Landsmannschaft der Wolga-deutschen und ihrem Vorsitzenden Herrn Kotke eine sehr gute Arbeit bescheinigen. Ich freue mich über das in den Jahren ge-wachsene Vertrauen und unsere gute Zu-sammenarbeit“, so die Landesbeauftragte.

Sie habe sich auch darüber gefreut, dass diese Kulturtagung genutzt werde, die Er-innerung an den russlanddeutschen Dich-ter Eduard Huber wieder zu beleben und

seinen Namen der Vergessenheit zu entrei-ßen. Dieser habe sich seit frühester Jugend mit der russischen Literatur beschäftigt und auch Gedichte in deutscher und latei-nischer Sprache geschrieben. Später habe er als Erster in Russland Goethes „Faust“ ins Russische übersetzt. Zweifellos sei Edu-ard Huber ein Brückenbauer zwischen der russischen und der deutschen Kultur ge-wesen. Er habe es verdient, dass auch die deutsche Öffentlichkeit auf ihn aufmerk-sam gemacht werde.

In ihrem Grußwort blickte sie auf die Ver-anstaltungen aus An-lass des 250. Jahrestages der Veröffentlichung des Einladungsmani-festes von Zarin Ka-tharina II. im letzten Jahr 2013 zurück und erinnerte besonders an den großen Festakt im Hessischen Landtag mit der Festrede des Ministerpräsidenten und der Uraufführung des Films „Der Ruf der Zarin“.

Sie hob weiter hervor, dass der landesweite „Hessische Gedenk-tag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“ in diesem Jahr erstmals und zwar am 14. Sep-tember 2014 im Rah-men einer Festveran-staltung im Hessischen

Landtag begangen werde. Mit dem Begriff „Deportation“ beziehe der Gedenktag aus-drücklich auch die Russlanddeutschen ein.

Margarete Ziegler-Raschdorf beendete ihr Grußwort mit der Versicherung: „die Hes-sische Landesregierung steht an der Seite der Spätaussiedler. Hessen wird auch in Zukunft ein verlässlicher Partner der Wol-gadeutschen sein. Für ihr Engagement bei der Kulturarbeit und der Integrationsar-beit spreche ich Ihnen den Dank und die Anerkennung der Hessischen Landesregie-rung aus, die das Ehrenamt in besonderer Weise würdigt“.

Bei der Kulturtagung in Büdingen: Herr Alexander Neufeld, Ge-schäftsführer der Landsmannschaft der Wolgadeutschen (2.v.r.), Herr Waldemar Eisenbraun, Bundesvorsitzender der Lands-mannschaft der Deutschen aus Russland (5.v.r.), Frau Margarete Ziegler-Raschdorf, Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler (6.v.r.), Frau Svetlana Paschenko, stellvertretende Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russ-land (7.v.r.), Herr Otto Kotke, Bundesvorsitzender der Lands-mannschaft der Wolgadeutschen (8.v.r.) und Dr. Robert Korn, ehemaliger Vorsitzender der Landsmannschaft der Wolgadeut-schen (3.v.l.) mit weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kulturtagung

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23Deutsche Umschau 1-2014

Einsam sein macht krank

In Deutschland fühlt sich jeder dritte Mensch einsam, alleingelassen und unge-liebt. Eine erschreckende Zahl, wenn man davon ausgeht, dass Deutsch-land eine Be-v ö l k e r u n g s -dichte von über 82.000.000 hat. Einsamkeit tut weh und zwar mehr als so manche kör-perliche Krankheit. Viel schlimmer noch, Einsamkeit macht körperlich krank. Men-schen, die unter Einsamkeit leiden, weisen gleichzeitig eine große Anhäufung an kör-perlichen Beschwerden auf.Wieso steigt die Anzahl der Menschen, die unter Einsamkeit leiden, so schnell? In ei-ner modernen Zeit, in der wir blitzschnell Kontakt zu anderen aufnehmen können, per Mail, per Brief oder Bildtelefon? Ein-samkeit bedeutet nicht Alleinsein. Viele ver-wechseln das, fürchten sich vor dem Allein-sein, haben Angst davor, keine Menschen mehr um sich zu haben.

Syrien: Das Leid der Frauen

Rund 2,8 Millionen Menschen haben auf-grund des Krieges in Syrien ihre Heimat ver-lassen – die Flüchtlingslager in den Nach-b a r l ä n d e r n quillen über. Vie le Mä n-ner haben die Kämpfe mit ih-rem Leben be-zahlt, oft müs-sen deshalb die Frauen sich und ihre Familien alleine durch-bringen. „Wir haben ein finanzielles Hilfs-programm für bedürftige Familien. Bei einem Viertel der Familien, die wir unter-stützen, ist das Oberhaupt eine Frau. Wir haben nicht genügend Mittel”, sagt Antonio Guterres, Flüchtlingskommissar der UN.Zur materiellen Not käme oft die gesell-schaftliche Ächtung hinzu, heißt es in ei-nem Bericht des Flüchtlingshilfswerkes. Frauen werden nach dem Verlust ihrer Ehe-männer häufig ausgegrenzt oder belästigt.Da ein Ende des Konflikts nicht in Sicht ist, dürfte die Zahl der Flüchtlinge und Vertrie-benen weiter steigen. Einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge könnten es am Ende des Jahres bereits 3,6 Millionen sein.

Frau und Familie

Umschau für die FrauWas koche ich morgen?Kleine Rezeptecke

An dieser Stelle wollen wir Ihnen demnächst bekannte und weniger bekannte Gerichte vor-stellen. Wenn Sie ein ganz spezielles Rezept haben, können Sie es an die Redaktion sen-den, wir veröffentlichen es gerne. Die einzige Bedingung ist, dass es einen Bezug zu einer ostdeutschen Landschaft hat. So bleibt die ostdeutsche Küche für die Nachwelt erhalten.

Ostpreußische Steckrübensuppe2 große Steckrübe(n), (1 ½ bis 2 Kilo), 2 1/2 kg Kartoffel(n), festkochende, 1 kg Schwei-nebauch oder Kasseler, 3 Lorbeerblätter, 9 Körner Piment, Senf, Salz und Pfeffer, 150 g Crème fraîche oder Schmand

Das Bauchfleisch mit Was-ser bedeckt mit Lorbeer-blättern und Piment 35-40 Minuten kochen. In der Zwischenzeit die Steck-rüben 30-35 Minuten mit Wasser bedeckt kochen. Danach lassen sie sich leicht schälen und und in Würfel schneiden. Zum Fleisch geben. Die rohen Kartoffeln schä-len, klein würfeln und ebenfalls in den Topf geben und alles weitere 30-35 Minuten ko-chen. Darauf achten, dass genügend Was-ser im Topf ist, ggf. nachfüllen, so dass alle Zutaten gut bedeckt sind. Wenn die Kartof-feln und Steckrüben weich sind, Lorbeer-blätter und Pimentkörner heraus fischen, das Fleisch heraus nehmen und in mund-gerechte Stücke schneiden.

Einen Teil der Flüssigkeit aus dem Topf schöpfen und die Rüben und Kartoffeln mit einem Kartoffelstampfer bearbeiten, so dass ein Mus entsteht, nach Geschmack feiner oder stückiger. So viel von der abge-schöpften Flüssigkeit wieder zufügen, bis die Suppe die gewünschte Konsistenz hat. Nun mit Senf, Salz und Pfeffer würzen und pikant abschmecken, man muss den Senf gut schmecken können. Crème fraîche oder Schmand unterrühren und das klein ge-schnittene Fleisch wieder in die Suppe ge-ben und alles wieder heiß werden lassen. Noch einmal abschmecken und servieren.Salz- und Pfeffermühle bei Tisch bereit stellen, damit jeder nach Wunsch nach-würzen kann.

Weiße Bohnensuppe aus Schlesien

250 g Bohnen, weiße, über Nacht eingeweicht, 4 m.-große Kartoffel(n), festkochende, gewür-felt, 1 Bund Suppengemüse, alles fein gehackt, 1 Karotte(n), gewürfelt, 2 Knoblauchzehe(n), gepresst, 4 Stück Schweineschwanz, (beim Metzger vorbestellen), 300 g Rindfleisch (Hohe Rippe), klein gewürfelt, 1 1/2 Liter Brühe, selbst gemacht (oder auch nicht), Salz, Essig - Essenz

Bohnen in einem Sieb abgießen. Zusam-men mit der Brühe in einem ausreichend großen Topf zum Kochen bringen und etwa 1.5 Stunden kochen. Nun die gewürfelte Hochrippe zugeben und für weitere 30 Mi-

nuten kochen lassen.Schweineschwänzchen zugeben und alles noch-mals 30 Minuten kochen.Dann die Kartoffeln, das Gemüse und den Knob-lauch hinzufügen und wei-tere 25 Minuten sieden las-sen, bis alle Zutaten weich sind. Mit Salz und Essig-Essenz

(optional) abschmecken – fertig.

Buttermilchsuppe auf pommersche Art

1 kg Kartoffel(n), in Würfel geschnitten, 1 Liter Buttermilch, 2 Zwiebel(n), gewürfelt, 1 Ei(er), Lorbeerblatt, 150 g, Speck, fetter ge-würfelt, 1 EL Mehl, Ei(er) (pro Person 1 - 2 Spiegeleier), Wacholderbeeren

Die Kartoffeln mit 1 Zwiebel, Lorbeerblatt und Wacholderbeeren im Suppentopf gar kochen. Das Kartoffelwasser auffangen, die Kartoffeln bei Seite stellen und Lorbeerblatt und Wacholderbeeren wieder entfernen.In der Zwischenzeit den fetten Speck aus-lassen und die Zwiebeln darin bräunen.Das Fett aus der Pfanne (nicht die Speck-grieben und Zwiebeln) in den Suppentopf umgießen und mit dem Mehl abstäuben. Mit dem Kartoffelwasser die Mehlschwitze in mehreren Schritten ablöschen. Die But-termilch zugeben und zum Kochen brin-gen. Nun das verschlagene Ei unterziehen. Die Kartoffeln und die Speck-Zwiebel-Mi-schung zugeben. In den Teller 1 Spiegelei geben und mit der Suppe auffüllen.

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Bereits im April fand die Landesversamm-lung der Sudetendeutschen Landsmann-schaft, Landesgruppe Nordrhein-Westfa-len, in Bochum statt.

Eine offene Diskussion über heimatpoliti-sche und organisatorische Fragen sowie ein harmonisches Einvernehmen über die per-sonelle Ausrichtung der SL-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen für die nächsten zwei Jahre prägten die jüngste Landesversamm-lung in der Ostdeutschen Heimatstube Bo-chum ebenso wie die Ehrung verdienter Funktionsträger. Die vollständig erschiene-nen Delegierten bzw. Bevollmächtigten aller 20 Kreisgruppen sowie der 70 Einzelmitglie-der der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Nordrhein-Westfalen wählten jeweils ein-stimmig den neuen Landesvorstand, der in einer wichtigen Funktion eine erhebliche Verjüngung mit sich brachte.

Nach 14 Jahren als Landesvermögensverwal-ter teilte der im Jahr 1936 in Römerstadt im Altvatergebirge geborene Gottfried König (KG Krefeld) mit, dass er für diese Funktion nicht mehr zur Verfügung stehe. Als sein Nachfolger wurde der im Jahr 1962 gebo-rene Roland Janik (KG Bonn) gewählt, der in der dritten Legislaturperiode Mitglied der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft ist und dessen Vater aus dem Kuhländchen stammt. Mit ergreifen-den Worten verabschiedete sich Gottfried König nach der Präsentation seines letzten Jahresabschlusses 2013 und des Wirtschafts-plans 2014 von seiner Funktion und erklärte gleichzeitig seine Bereitschaft, künftig als Organisationsreferent und Kontaktperson des Landesvorstands zu den Kreisgruppen und Einzelmitgliedern – jetzt als Beisitzer – im Landesvorstand mitzuarbeiten. Der Bericht der Rechnungsprüfer Karin Füh-rich (KG Münster) und Dietmar Hein (KG Mülheim/Ruhr) bescheinigte dem scheiden-den Landesvermögensverwalter eine in jeder Hinsicht akkurate wie umsichtige Wahr-nehmung seiner Tätigkeit. Die weiteren Mitglieder des Landesvorstands wurden je-weils einstimmig in ihren Ämtern bestätigt: Günter Reichert (KG Bonn) als Landesob-mann; Karin Fuhrmann und Rüdiger Gold-mann (beide KG Düsseldorf) sowie Franz Zinecker (KG Bochum) als Stellvertretende Landesobleute; Irmgard Abelsmann (Wesel) als Schriftführerin sowie Rüdiger Eichhorn

Kontinuität und Verjüngung

(KG Minden) und Brigitta Gottmann (KG Lüdenscheid) als Beisitzer. Auf Vorschlag der Versammlung der Frauenreferentinnen wurde Brigitta Gottmann auch als Landes-frauenreferentin wiedergewählt.

Im Bericht des Landesvorstands 2013/2014 erinnerte Landesobmann Günter Reichert an das großartige Landestreffen im Juni 2013 im Haus Schlesien in Königswinter sowie an bemerkenswerte Vortragsveran-staltungen in Kooperation mit der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf, bei denen unter anderen die jetzige Arbeits-ministerin der Tschechischen Republik Mi-chaela Marksová-Tominová und der frühere tschechische Botschafter in Berlin František Černý als Referenten zu Gast waren. Eine besondere Würdigung fand die Tätigkeit der Landesfrauenreferentin Brigitta Gott-mann, des Landeskulturreferenten Franz Zinecker, sowie der äußerst rührigen Arbeit der Arbeitsgemeinschaft „Sudetendeutsche Mittlere Generation“ unter der engagier-ten Leitung von Walter Zinecker (Velbert).

Mit großem Beifall quittierten die Dele-gierten die Auszeichnung der Stellvertre-tenden Landes- und Kreisobfrau von Düs-seldorf Karin Fuhrmann, der Kreisobfrau

von Bielefeld Christa Gálfalvi, der Lan-desgeschäftsführerin Erika Hoppe (KG Krefeld), der Kreisobfrau von Bergheim/Erft Gertrud Ladwig, des Stellvertreten-den Landesobmanns Rüdiger Goldmann (KG Düsseldorf) und des Kreisobmanns von Coesfeld Walter Suchanek mit der Ru-dolf-Lodgman-Plakette, der Landesschrift-führerin Irmgard Abelsmann (Wesel), der Kreisobfrau von Wuppertal Elisabeth Nit-sche, der Kreisobfrau von Gelsenkirchen Helene Springer und des bisherigen Besit-zers im Landesvorstand Roland Janik (KG Bonn) mit dem Großen Ehrenzeichen so-wie der neuen Kreisobfrau von Mönchen-gladbach/Rheydt Ingeborg Fastenrath-Wla-schek, der Kreisobfrau von Siegen Inge Stoll und des Kreisobmanns des Rhein-Sieg-Krei-ses Günter Wolf mit dem Ehrenzeichen der Sudetendeutschen Landsmannschaft.Ein herzlicher Dank aller Teilnehmer galt der gastgebenden Kreisgruppe Bochum und ihrem Kreisobmann Leo Köhler für die or-ganisatorische Hilfestellung bei der Durch-führung der Landesversammlung in der Ostdeutschen Heimatstube und die Betreu-ung mit einem schmackhaften Mittages-sen, einer heimatlichen Kuchentafel sowie einem reichhaltigen Getränkeangebot. rt

Ehrung verdienter Funktionsträger der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Nordrhein-Westfalen (v. l.): Landesobmann Günter Reichert mit Rüdiger Goldmann und Roland Janik (obere Reihe), Helene Springer, Elisabeth Nitsche, Walter Suchanek, Christa Gálfalvi und Günter Wolf (Mitte) sowie Gertrud Ladwig, Irmgard Abelsmann, Erika Hoppe und Inge Stoll (vorn).

Landesversammlung der Sudetendeutschen in Bochum

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Für die bewusst im kleinen Rahmen konzi-pierte Veranstaltungsreihe der CDU-Werk-stattgespräche war es eine beeindruckende Anzahl an Teilnehmerinnen und Teilneh-mern, die am 17. Juni den Weg in den Frak-tionssaal der CDU im Düsseldorfer Land-tag gefunden hatte. Fraktionschef Armin Laschet deutete die hohe Teilnehmerzahl gleich zu Beginn richtig: „Mit dem Werk-stattgespräch zur Erinnerungskultur trifft die CDU-Landtagsfraktion den Nerv all jener, die sich von der rot-grünen Landes-politik zu Recht vernachlässigt fühlen.“ In seiner Begrüßungsansprache stellte der Fraktionsvorsitzende klar, dass Geschichte und Erinnerung sich nicht allein auf NS-Gedenkstätten beschränken dürfe. Laschet weiter: „Wir wollen, dass die Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen deutsch besiedelten Gebieten im Osten in die Ge-schichtsbücher aufgenommen wird.“

Werner Jostmeier, der als Beauftragter der CDU-Landtagsfraktion für Vertriebene, Spätaussiedler und deutsche Minderhei-ten zu dem Werkstattgespräch eingeladen hatte, griff die Worte des Vorsitzenden auf und betonte, dass die landsmannschaftli-chen Verbände und die Anliegen, die sie bewegen, Teil der gesamtdeutschen Kultur-landschaft seien. „Wir müssen heute Pers-pektiven der Erinnerungskultur entwickeln, die tragfähig und umfassend sind. Die Be-ratungen des heutigen Werkstattgesprächs fließen in die parlamentarische Arbeit un-serer Fraktion ein“, so Jostmeier.

Die geladenen Experten positionierten sich klar für eine lückenlose Geschichtsvermitt-lung an die junge Generation. Dr. Stephan Kaiser, Direktor des Oberschlesischen Lan-desmuseums in Ratingen, bemängelte, dass in den letzten 70 Jahren „so vieles verges-sen wurde“. Erinnerungskultur müsse „ein Selbstverständnis in der Gesellschaft sein“, kein bloß zeitlich oder lokal punktueller Ak-zent. Zumal – wie Eleonora Heinze, Büro-leiterin des ersten russlanddeutschen Bun-destagsabgeordneten Heinrich Zertik in Berlin betonte – das Geschichtsbewusst-sein der Spätaussiedler zunehmend erwa-che. Für die Deutschen aus Russland sagte sie, diese seien inzwischen „selbstbewusst genug, ihre Wurzeln zu zeigen“.

Stephan Krüger, Vorsitzender des Bundes

Erinnerungskultur muss auch Geschichte der Vertriebenen und Spätaussiedler umfassen

der Vertriebenen in Köln, arbeitete in sei-nem Statement eine weitere Nuance hervor: „Landsmannschaften müssen stärker zu-sammenarbeiten, um öffentlichkeitswirksa-mer agieren zu können.“ Zwar habe jede ein-zelne Volksgruppe ihre eigene Geschichte, allerdings bringe eine Abschottung keiner-lei Vorteile. Dr. Winfrid Halder, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Düs-seldorf, riet den Teilnehmern aus den Rei-hen der Vertriebenenverbände und Lands-mannschaften, die historische Dimension im Blick zu behalten: „Wenn Sie Veranstal-tungen konzipieren, gilt es darauf zu achten, dass Flucht und Vertreibung der Deutschen nicht als isolierter Aspekt dargestellt wird.“

Zahlreiche Fragen zur vorgelegten Neukon-zeption der Erinnerungskultur in Nord-rhein-Westfalen bestätigten die Annahme, dass weder Spätaussiedler noch Vertriebene

mit dem Konzept der rot-grünen Landesre-gierung zufrieden sind. Rückfragen zu För-dermöglichkeiten zur Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flüchtlinge und För-derung der wissenschaftlichen Forschung nach Paragraf 96 des Bundesvertriebenen-gesetzes beantwortete der geladene Refe-rent Sebastian Wladarz (Landesgeschäfts-führer der OMV NRW). Das Schlusswort sprach der CDU-Abgeordnete Heiko Hen-driks aus Mühlheim: „In Nordrhein-West-falen und vor allem hier im Landtag wird Erinnerungskultur sehr einseitig verstan-den. Bis auf die CDU gibt es leider keine andere Partei, die die Belange und die Ge-schichte der Vertriebenen und der Spätaus-siedler auf der politischen Agenda hält. Nur wer Geschichte kennt, kann daraus lernen. Ich hoffe, wir werden immer mehr, die wir gegen das Vergessen ankämpfen.“

Der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Armin Laschet MdL (l.) und der Beausftragte der CDU-Landtagsfraktion für Vertriebenen- und Spätaussiedlerfragen Werner Jostmeier MdL

In eigener Sache

Im Editorial ist bereits auf die Schwierigkeiten hingewiesen worden, die wir in den letzten Monaten mit der Deutschen umschau hatten. In diesem Jahr erhalten Sie zum 1. Oktober und zu Weihnacht noch eine Ausgabe, danach jeweils zu Quartalsbeginn (1.3.,1.6.1.10. usw.) Wir bitten um Verständnis, dass wir an der Rechnungsstellung, die jetzt beginnt, nichts ändern können. Eine Zeitung wie die umschau ist leider nicht mehr komplett ehrenamtlich herzustellen. In Zukunft werden wir einige Änderungen vornehmen müssen, die nicht kostenlos sind. Wir bitten dafür um Ihr Verständnis.

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Der Beamte kommt zum Arzt und lässt sich untersuchen. Er meint: „In letzter Zeit fühle ich mich wie gerädert!“ - „Arbeiten Sie zuviel?“ - „Ach, das geht eigentlich, Herr Doktor, vor einem Jahr mussten wir mit Überstunden noch ca. 42 Stunden arbeiten und heute sind es nur noch 37,5 Stunden.“ - „Sehen Sie“, stellt der Doktor die Diag-nose, „Ihnen fehlen wahrschein-lich diese 4,5 Stunden Schlaf!“

Kommt ein Unterhändler von Coca-Cola in den Vatikan. Er bietet 100.000 Dollar, wenn das „Vaterun-ser“ geändert wird. Es soll in Zukunft heißen: „Unser täglich Coke gib uns heute!“ Der Sekretär lehnt kategorisch ab. Auch bei 200.000 und 500.000 Dollar hat der Vertreter keinen Er-folg. Er telefoniert mit seiner Firma und bietet schließlich 10 Millionen Dollar. Der Sekretär zögert, greift dann zum Haustelefon und ruft den Papst an: „Chef, wie lange läuft der Vertrag mit der Bäckerinnung noch?“

Sherlock Holmes und Dr. Wat-son sind am Zelten. Mitten in der Nacht wird Dr. Watson von Sherlock Holmes geweckt. Er wird von ihm gefragt, was er sieht. „Ich sehe Sterne am Himmel.“ „Und was hat dieses zu bedeuten?“ Da-rauf hin antwortet Dr. Watson. „Das es im Universum sicherlich intelligentes Leben gibt. Und sehr viele Planeten.“ „Quatsch. Man hat uns gerade das Zelt geklaut.“

Zwei Jäger gehen durch den Wald, als einer von ihnen plötzlich zu-sammenbricht. Er scheint nicht zu atmen, seine Augen sind glasig. Der andere Jäger greift zu seinem Mo-biltelefon und betätigt den Notruf.„Ich glaube mein Freund ist tot. Was soll ich tun?“, fragt er in Panik.„Ganz ruhig“, bekommt er zur Antwort. „Überzeugen sie sich zunächst ob er wirklich tot ist.“Stille, dann ist ein Schuss zu hören. Der Jäger fragt: „Gut, und was jetzt?“

Rätselecke für jung und alt

Zu guter Letzt

Wenn Sie auch dieses Mal das Rätsel richtig lösen, senden Sie uns die Antwort an BdV NRW, Bismarckstr. 90, 40210 Düssel-dorf, E-Mail [email protected]. Unter den richtigen Ein-sendungen verlosen wir einen tollen Buchpreis.

Rebus

Logikrätsel - Kinderleichte Rechnung

56784 = 411111 = 072348 = 388652 = 5

88811 = 675213 = 065465 = 362257 = ?

Tip: Dieses Rätsel wurde Erstklässlern, Abiturienten, Studenten und Ma-thematikern vorgelegt. Während die Mathematiker stundenlang an der Lösung tüftelten hatten die Erstklässler bereits nach wenigen Minuten das Rätsel gelöst.

Welche Zahl wird gesucht?

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27Deutsche Umschau 1-2014

Anschriften und Termine

Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Landesverband Hessen e.V.

Bauernverband der Vertriebenen e.V.

Bund der VertriebenenLandesverband Hessen e.V.

Friedrichstraße 3565185 Wiesbaden

Tel.: 0611 – 36019-0Fax: 0611 – 36019-22eMail: [email protected]

www.bdv-hessen.dewww.bund-der-vertriebenen-hessen.de

Bund der VertriebenenLandesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Bismarckstr. 9040210 DüsseldorfDeutschland

Telefon:0211 – 350361Telefax: 0211 – 369676eMail: [email protected]: [email protected]

www.bdv-nrw.dewww.bdv-buchdienst.dewww. facebook.com/bdv.nrw

Termine

30. 08. Zentrale Festveranstaltung zum „Tag der Heimat“31.08. - 03.10. Veranstaltungen der BdV-Kreisverbände in NRW zum Tag der Heimat 2014November Landeskulturtagung

Bauernverband der Vertriebenen e.V. – Bundesverband –

Seestr. 4412589 Berlin

Tel.: 030 – 64 39 92 64Fax: 030 – 64 39 92 64

E-Mail: [email protected]

Geschäftsführer Dr. Arwed Blomeyer

Termine

21.07. - 26.07. Seminar aus der Reihe „Begegnung und Verständigung“ des Deutsch- Europäischen Bildungswerks in Hessen e.V.11.08. - 14.08. Kulturelle Sommertage 201430. 08. Zentrale Festveranstaltung zum „Tag der Heimat“31.08. - 19.10. Veranstaltungen der BdV-Kreisverbände in Hessen zum Tag der Heimat 201414.09 „Tag der Heimat“, gemeinsam mit dem „Hessischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation“, Wiesbaden

Termine

10.-12.10.2014 Jahrestagung Haus Düsse

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Absender:Bund der VertriebenenLandesverband Nordrhein-Westfalen e.V. 40210 DüsseldorfPostvertriebsstückEntgelt bezahltH 13 18 F

Zu beziehen über BdV-Buchdienst, Bismarckstr. 90, 40210 Düsseldorf

Tel. 0211/350 361 Fax 369676, E-Mail: [email protected]

www.bdv-buchdienst.de

Die Katalog-Trilogie zu den Ausstellungen des Zentrums gegen Vertreibungen:

„Die Gerufenen“ • „Erzwungene Wege“ • „Angekommen“

Drei Bände im praktischen Schuber für nur

35,- €

Einzelkataloge 12,95 €