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1 Rechtsfragen der Unternehmenskrise und-sanierung K. Die komplikationslose Entsorgung einer Gesellschaft (Liquidation, Amtslöschung, Konkurs) WS 2014/2015 Dr. Ulla Reisch Vorlesung

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Rechtsfragen der Unternehmenskrise und-sanierung

K. Die komplikationslose Entsorgung einer Gesellschaft (Liquidation,

Amtslöschung, Konkurs)

WS 2014/2015

Dr. Ulla Reisch

Vorlesung

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A. Liquidation

I. Einleitung

Regelungen zur Liquidation/Abwicklung von Gesellschaften finden sich in den §§ 89 ff GmbHG.

Bei der Liquidation wird vorhandenes Vermögen der Gesellschaft verwertet, wobei ein nach Befriedigung von Gesellschaftsverbindlichkeiten verbleibender Überschuss an die Gesellschafter zu verteilen ist. Liquidation setzt daher grundsätzlich ausreichendes Vermögen zur Befriedigung aller Verbindlichkeiten oder eine entsprechende Regelung mit den Gesellschaftsgläubigern (außergerichtlicher Ausgleich) voraus.

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A. Liquidation

II. Ablauf der Liquidation

- Einleitung der Liquidation grundsätzlich durch Beschluss der Gesellschafter, der der notariellen Beurkundung (Notariatsakt) bedarf (§ 84 Abs 1 Z 2 GmbHG).

- Als Liquidatoren treten die bisherigen Geschäftsführer ein.

- Allerdings besteht gem. § 89 Abs 2 GmbHG die Möglichkeit einer gerichtlichen Bestellung von Liquidatoren über Antrag des Aufsichtsrats oder über Antrag von Gesellschaftern, deren Stammeinlagen den zehnten Teil des Stammkapitals oder den Nennbetrag von € 700.000,-- erreichen (Änderungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag).

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A. Liquidation

II. Ablauf der Liquidation

- Die Tatsache der Einleitung der Liquidation sowie die Liquidatoren sind gem. § 89 Abs 4 GmbHG im Firmenbuch einzutragen.

- Weiters sind die Einleitung der Liquidation und ein sog. Gläubigeraufruf in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft (meist Wiener Zeitung) zu veröffentlichen.

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A. Liquidation

II. Ablauf der Liquidation

- Liquidatoren sind zur Aufstellung einer Liquidationseröffnungsbilanz sowie zur Erstellung laufender Jahresabschlüsse verpflichtet (§ 91 Abs 1 GmbHG).

- Die Liquidatoren haben das vorhandene Vermögen der Gesellschaft zu verwerten (z.B. Einbringlichmachung von Forderungen). Bei Auflösung der Gesellschaft vorhandenes Vermögen und während der Liquidation eingehende Gelder sind zur Befriedigung der Gläubiger zu verwenden (§ 91 Abs 2 GmbHG).

- Nach Befriedung der Gläubiger darf eine Verteilung/Ausschüttung an Gesellschafter erst erfolgen, wenn seit dem Tag der Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs zumindest 3 Monate vergangen sind (§ 91 Abs 3 GmbHG).

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A. Liquidation

II. Ablauf der Liquidation

Die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch setzt die Vorlage folgender Urkunden/Nachweise voraus:

- Nachweis über erfolgen Gläubigeraufruf (der zumindest 3 Monate zurückliegen muss);

- Nachweis über Entlastung der Liquidatoren (Gesellschafterbeschluss);

- Nachweis über die Verwahrung der Bücher der Gesellschaft in den kommenden sieben Jahren (Gesellschafterbeschluss und Bestätigung des Verwahrers);

- Steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (Bestätigung des Finanzamts, dass aus steuerlicher Sicht kein Einwand gegen die Löschung besteht – setzt Bezahlung sämtlicher Steuern voraus).

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A. Liquidation

II. Ablauf der Liquidation

Nach Einbringung eines entsprechenden Firmenbuchgesuchs durch die Liquidatoren unter Anschluss der zuvor erwähnten Urkunden erfolgt gem. § 93 GmbHG die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch.

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A. Liquidation

III. Zeitdauer Liquidation

Auf Grund der Frist für den Gläubigeraufruf dauert die Liquidation zumindest 3 Monate.

Da die Liquidation meist eine steuerliche Prüfung der Gesellschaft zur Folge hat – deren Abschluss Voraussetzung für die Erwirkung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist – dauert die Liquidation meist erheblich länger als 3 Monate (1 bis 2 Jahre).

Eine längere Dauer der Liquidation kann sich weiters dadurch ergeben, dass im Zuge der Abwicklung der Gesellschaft alle vertraglichen Kündigungsfristen und -termine (etwa bei Bestand- oder Dienstverhältnissen) einzuhalten sind.

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A. Liquidation

IV. Kosten/Nachteile der Liquidation- Kosten der anwaltlichen und notariellen Betreuung der

Liquidation belaufen sich auf etwa € 5.000,-- bis € 10.000,-- (exkl. Ust.);

- Kosten des Gläubigeraufrufs belaufen sich auf rund € 500,--;

- Hinzu kommen Kosten des Steuerberaters für Erstellung der Bilanzen und im Zusammenhang mit der Erwirkung der Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Nachteile der Liquidation:- Keine Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung von Dienst-

und Bestandverhältnissen;- Aufwand für Erwirkung der Unbedenklichkeitsbescheinigung

oft relativ hoch;- Keine geordnete Forderungsfeststellung wie im

Konkursverfahren.

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B. Amtslöschung

I. Auflösung mangels kostendeckenden Vermögens gem. §

39 FBG

Gem. § 39 FBG ist jede im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses mit dem ein Konkursverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird (s. dazu unter C.II.3.), aufgelöst.

Die Auflösung hat noch nicht die Löschung der Gesellschaft zur Folge. Sollte Vermögen (wenn auch nicht in einer zur Eröffnung eines Konkursverfahrens erforderlichen Höhe) vorhanden sein, ist die Gesellschaft zu liquidieren und in weiterer Folge gem. § 93 GmbHG zu löschen (s. dazu oben unter A.).

Wenn die Gesellschaft vermögenslos ist, ist sie gem. § 40 FBG zu löschen.

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B. Amtslöschung

II. Löschung gem. § 40 FBG:Gem. § 40 FBG ist eine im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft

- über Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen Interessenvertretung;

- über Antrag der Steuerbehörde- von Amts wegen

zu löschen, wenn die Gesellschaft kein Vermögen besitzt, wobei keine Liquidation stattfindet. Eine amtswegige Löschung wegen Vermögenslosigkeit erfolgt insbesondere im Fall der Aufhebung eines Insolvenzverfahrens gem. § 123a IO und bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Schlussverteilung gem. § 139 IO sowie bei Vermögenslosigkeit einer gem. § 39 FBG aufgelösten Gesellschaft. 11

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B. Amtslöschung

II. Löschung gem. § 40 FBG:

Sofern das Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wen sie trotz Aufforderung durch das Gericht die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollständig vorlegt.

Von offenkundigem Vermögen ist etwa dann auszugehen, wenn sich entsprechende Vermögenswerte aus dem Grundbuch ergeben. Der Beweis für das Fehlen jeglichen Vermögens ist von demjenigen zu erbringen, der die Löschung geltend macht (z.B. Steuerbehörde); es handelt sich dabei um einen Negativbeweis, der nur durch Indizien erbracht werden kann (OGH 07.08.2008 6 Ob 138/08z):

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C. Konkurs

I. Einleitung Konkurs

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1. Abweisung des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckendes Vermögen bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit Auflösung gem § 39 Abs 1 FBG

- Bei Vermögenslosigkeit: Amtslöschungsverfahren gem § 40 FBG- Bei Vermögen: Liquidation gem. §§ 93 ff. GmbHG

2. Eröffnung (Auflösung gem. § 84 GmbHG

2.1. § 123 a IO

Amtslöschung Gemäß § 40 FBG

2.2. Aufhebung eines Konkursverfahrens nach Schlussverteilung gem § 139 IO

Amtslöschung gemäß § 40 FBG

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C. Konkurs

- Überblick Insolvenzverfahren/ außergerichtlicher

Ausgleich

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Insolvenzverfahren

Sanierungs-verfahren mit

Insolvenzverwalter

• Sanierungsplan bis Insolvenzeröffnung

• 20 %• 60/90 Tage - SPTS• = inhaltlich Zwangsausgleich wie bisher

Sanierungsverfahren mit

Eigenverwaltung unter Aufsicht des

Sanierungsverwalters

•Sanierungsplan bis Insolvenzeröffnung

• 30 %

Schuldenregulierungs-verfahren

• wie bisher•Sanierungsverfahren ist nach § 166 ausgeschlossen

Insolvenzverfahren mit

Insolvenzverwalter

• Sanierungsplan nach Insolvenzeröffnung• = Zwangsausgleich wie bisher

Liquidation

außergerichtlicher Ausgleich

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtliche

Überschuldung und kostendeckendes Vermögen - §§ 66, 67, 167 Abs 2 IO sehen als Voraussetzung

für die Insolvenzeröffnung das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit, insolvenzrechtliche Überschuldung, drohende Zahlungsunfähigkeit vor.

(keine gesetzliche Begriffsdefinition ZU, Überschuldung)

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II. Konkursvoraussetzungen- Zahlungsunfähigkeit, insolvenzrechtliche Überschuldung

INSOLVENZTATBESTÄNDE

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C. Konkurs

ZahlungsunfähigkeitZahlungsunfähigkeit

Freie Zahlungsmittel

fällige Verbindlichkeiten--

Zahlungsunfähigkeit - Zahlungsstockung (dauernd) (vorübergehend)

Überschuldung*Überschuldung*

AVAV

UVUV FKFK

EKEK

- Rechnerische Überschuldung oder(zu Liquidationswerten)

- Fortbestandsprognose NEGATIV

§69KO: Konkursantrag Ohne schuldhaftes Zögern, max. 60 Tage Frist

§69KO: Konkursantrag Ohne schuldhaftes Zögern, max. 60 Tage Frist

*nur bei Kapitalgesellschaften

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

- Konsequenz Insolvenzantrag (§ 69 IO) ohne schuldhaftes Zögern (max. 60 Tage Frist)

- Kein Ingangsetzen der 60-Tage Frist bei sorgfältiger / zügiger Prüfung der Möglichkeit einer Fortbestehensprognose (auch wenn das Ergebnis dann negativ ist). Ausnützung der 60-Tage Frist nach gescheiterter Fortbestehensprognose ? wenn Sanierungsmöglichkeiten erwartet werden können.

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

- persönlicher Geltungsbereich:• ZU, drohende ZU für: alle Schuldner• Insolvenzrechtliche Überschuldung für:

Juristische Personen Handelsgesellschaften, bei denen kein

persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist

Verlassenschaften

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit- Nach § 66 Abs 2 IO: ZU ist insbesondere dann

anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Nach OGH (z.B.: ZIK 2001/270, 2003/84): „ZU liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung seine fälligen Geldschulden zu begleichen und sich die erforderlichen Mittel voraussichtlich auch nicht binnen angemessener Frist verschaffen kann“.

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit- Probe: „ob die am relevanten Stichtag fälligen

Forderungen in den vorhandenen liquiden Mitteln wie Kassa, Bankguthaben, offene Kreditlinien und den binnen angemessener Frist verschaffbaren Mitteln Deckung finden oder nicht“. • ZU= Nichtbedienbarkeit fälliger

Geldforderungen • Kurzfristige Liquiditätsprognose anhand von

Finanzplanung zu erstellen20

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit

- Zahlungsunwilligkeit begründet keine ZU- Zahlungsstockung begründet keine ZU=

vorübergehender, voraussichtlich in kurzer Zeit behebbarer Mangel an liquiden Mitteln

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit

„binnen angemessener Frist“:- Unklar- OLG Wien ( 6 R 103/93; 6 R 57/94) – 60 Tage - OGH (10 Ob 90/04i): Angemessenheit ergibt sich

im Einzelfall aus Verkehrsauffassung - Ölit: 10 Tage; 3-6 Monate; Abstellen auf jeweilige

Verkehrsauffassung (branchenübliche Zahlungspünktlichkeit nach Gläubigergruppen)

- BGH (24.05.05, ZinsO 2005, 807): 3 Wochen, sofern Liquiditätslücke des Schuldners 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten ist

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit

- neue Grenzziehung ZU/Zahlungsstockung: OGH (19.01.2011, 3 Ob 99/10w):

Zahlungsfähigkeit: wenn Schuldner 95% oder mehr seiner fälligen Schulden bezahlen kann

Zahlungsunfähigkeit: wenn Schuldner mehr als 5% aller fälligen Schulden nicht begleichen können

- nur Zahlungsstockung: ex ante Prüfung ergibt, hohe Wahrscheinlichkeit, dass Schuldner in kurzer Frist alle seine Schulden, (100%) pünktlich bezahlen kann

kurze Frist = im Durchschnittsfall nicht mehr als 3 Monate; längere Frist = höchstens 5 Monate, zulässig, wenn mit an Sicherheit

grenzende Wahrscheinlichkeit mit Beseitigung der Liquiditätsschwäche zu rechnen ist

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit

- Stichtags-ZU“: zum Stichtag fällige Verbindlichkeiten- Gläubigermehrheit, Gläubigerandrang = keine

Voraussetzung für ZU- Umstand, dass Gläubiger teilweise bezahlt werden,

rechtfertigt nicht Schluss auf Zahlungsfähigkeit- Mittelbeschaffung durch redliche wirtschaftliche

Gebarung, das heißt ohne Täuschung neuer Gläubiger über die tatsächliche wirtschaftliche Lage

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

1. Zahlungsunfähigkeit

- Gesellschafter-Darlehen/Sicherheiten (EKEG): Rückzahlungsansprüche in Krise nicht fällig, d.h. nicht zu berücksichtigen; gilt auch für Verbindlichkeiten (ausgenommen Ausfall) des Drittkreditgebers, die eigenkapitalersetzend von einem Gesellschafter besichert sind bei Kenntnis/Kennenmüssen der Krise durch Kreditgeber – sonst sind Verbindlichkeiten des Drittkreditgebers hineinzurechnen, außer Rangrücktrittserklärung liegt vor

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung - insolvenzrechtliche Überschuldung

• keine gesetzliche Definition (auch nicht in § 67 IO)• OGH (SZ 59/216): zweistufige

Überschuldungsprüfung:a. wenn Vermögen der Gesellschaft unter Ansatz

von Liquidationswerten und Einbezug von stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten (alle, nicht nur die fälligen) nicht deckt = rechnerische Überschuldung laut Überschuldungsstatus und

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

• OGH (SZ 59/216): zweistufige Überschuldungsprüfung: b. die Fortbestehensprognose negativ ist,

d.h. die Liquidation oder Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlich erscheinen

keine bestimmte Prüfungsreihenfolge (zweckmäßig: mit dem Element zu beginnen, von dem eher Entkräftung der Überschuldung zu erwarten ist) 27

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

Zeitpunkt der Überschuldungsprüfung: Wenn Fortbestand des Unternehmens zweifelhaft ist und die Deckung der Schulden bei Ansatz von Liquidationswerten nicht gesichert istJedenfalls:• bei Ausweis eines negativen Eigenkapitals

(Erläuterungspflicht gem. § 225 Abs 1 UGB)• Verlust des halben Nennkapitals• Vermutung von Reorganisationsbedarf

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- Überschuldungsstatus• ausgehend von JA ist ein Status auf Basis

Liquidationswerte aufzustellen• Aktiva:

- Immat. Vermögensgegenstände nur ansetzbar, wenn selbständig verwertbar (z.B. Firmenwert)

- Bilanzierungshilfen wie Ingangsetzungsaufwendungen; aktive Rechnungsabgrenzungsposten sind nicht anzusetzen (außer bei Entstehen von Erstattungsansprüchen bei vorzeitiger Auflösung)

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung • Aktiva:

- Vermögensgegenstände erreichbarer Marktpreis unter Aufdeckung stiller Reserven

- Vermögensgegenstände mit Aus-, Absonderungsrechten im Insolvenzverfahren zu aktivieren, da auch gesicherte Verbindlichkeiten aktiviert werden (Ausweis extra)

- Forderungen Ansatz nach Einbringlichkeit - Forderungen gegen Gesellschafter aus dem

Gesellschaftsverhältnis (ausstehende Einlagen, Nachschüsse) nach Maßgabe der Einbringlichkeit

- Insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche sind nicht zu aktivieren

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

• Passiva: - Eigenkapitalposten sind nicht anzusetzen - Verbindlichkeiten alle fälligen und nicht fälligen,

bedingten, die im Zuge der Liquidation zu bezahlen sind

- Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten zu passivieren, wenn Inanspruchnahme droht; bei Realisierung stiller Reserven sind latente Ertragssteuern zu passivieren; ebenso zu erwartende Verbindlichkeiten aus vorzeitiger Vertragsauflösung

- Passive Rechnungsabgrenzungsposten zu passivieren als Leistungsverbindlichkeiten, wenn eigene Leistung für die bereits Einnahmen erzielt wurden, noch zu erbringen ist

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

• Passiva:- Betriebsstilllegungskosten

Bildung von Rückstellungen, wenn diese Kosten nicht schon durch Abzug bei Aktiva berücksichtigt wurden

- Kosten eines Insolvenzverfahrens sind nicht zu passivieren

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- ÜberschuldungsstatusExkurs:„Rangrücktrittserklärung“ beinhaltet Erklärung, dass Gläubiger Befriedigung erst nach Beseitigung eines negativen Eigenkapitals (§ 225 Abs 1 UGB) oder im Fall der Liquidation nach Befriedigung aller Gläubiger begehrt und dass wegen dieser Forderung kein Insolvenzverfahren eröffnet zu werden braucht

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

Eigenkapitalersetzend besicherte Drittkredite sind zu passivieren; gibt sichernde Gesellschafter Rangrücktrittserklärung ab und ist der gegen ihn gerichtete im Rangrücktritt anerkannten Anspruch werthaltig kann dieser Anspruch aktiviert werden

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- Fortbestehensprognose• Positive Fortbestehensprognose kann dann erstellt

werden, wenn nach sorgfältiger Analyse der Verlustursachen und der Zukunftsaussichten des Unternehmens, nach Erstellung von Finanz- und Erfolgsplänen unter Berücksichtigung der Auswirkungen geplanter Sanierungsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit des Fortbestandes des Unternehmens im Beobachtungszeitraum 50% übersteigt (ÖBA 1987, 332; ÖBA 1989, 1120, 1122)

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung- Fortbestehensprognose

• In Fortbestehensprognose sind folgende Angaben aufzunehmen: - Analyse der Verlustursachen in der

Vergangenheit und Darlegung, wie diese beseitigt und die Ertragsverbesserung erreicht werden soll (Kosteneinsparung, Marketing etc.)

- Künftige Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

- Darlegung der Finanz- und Ertragsplanung, insbes. als Begründung für die Verbesserung

- Prämissen der Sanierung und Form der Eigen- bzw. Fremdkapitalzufuhr

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- In Fortbestehensprognose sind folgende Angaben aufzunehmen:

- Bei „innerbetrieblichen Maßnahmen“ genügt: konkrete Planung, feste Absicht, verwirklichbar erscheinen

- Bei „außerbetrieblichen Maßnahmen“ wie finanziellen Beiträgen von Gesellschaftern und Dritten: ist Rechtsverbindlichkeit zu fordern (Zuschüsse, Kapitalerhöhung, Forderungsnachlässe)

- Bei Fremdkapitalzufuhr: Kreditwürdigkeit ist erforderlich „Beobachtungszeitraum“: unklar; 6 Monate, laufendes Geschäftsjahr, Zeitraum von 2-3 Jahren, in begründeten Fällen mehr als 3 Jahre nach § 6 URG soll die für die Durchführung der Reorganisation vorgesehene Frist tunlichst 2 Jahre nicht übersteigen

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- Fortbestandsprognose/Leitfaden:

Primärprognose: Nachweis der Zahlungsfähigkeit für die nähere Zukunft (6 Monate – 1 Jahr)

Sekundärprognose: Nachweis eines „turn around“ und Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit in weiterer Zukunft (2-3 Geschäftsjahre)

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- Fortbestandsprognose/Leitfaden:

Zahlungsunfähigkeit muss während des gesamtenBeobachtungszeitraum gesichert sein (SZ 59/216; 61/122)- Wiederherstellung eines positiven Eigenkapitals in JA,

Beseitigung der rechnerischen Überschuldung: wird nicht verlangt

- Rsp (SZ 59/216): pos. Prognose, wenn künftig Zahlungs- und Lebensfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gesichert ist

- Leitfaden: in weiterer Zukunft „turn around“ bzw. längerfristige positive Entwicklung zu erwarten

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C. KonkursII. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

2. Überschuldung

- Zahlungsunfähigkeit – ÜberschuldungZU und Überschuldung müssen nicht gleichzeitig

auftreten!• überschuldeter Schuldner ist zahlungsfähig,

wenn er offene Kreditlinien hat• zahlungsunfähiger Schuldner ist nicht

überschuldet, wenn er zwar keine liquiden Mittel hat, aber (nicht rasch verwertbares) Vermögen

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C. Konkurs

II. Konkursvoraussetzungen

3. Kostendeckendes Vermögen (§ 71 IO)- Muss „Anlaufkosten“ decken; muss weder sofort noch ohne

Aufwand verwertbar sein; € 4.000!- Wenn nicht vom Schuldner erlegt, dann haften

organschaftliche Vertreter (inkl. jener der letzten 3 Monate vor Einbringung des Antrages) solidarisch für Anlaufkosten (§ 72, 72a IO);ebenso Gesellschafter, der mehr als 50% der Anteile hat (§72d IO)

- Wenn Kostenvorschuss nicht geleistet wird, ist Vermögensverzeichnis abzugeben und IV hat Kostenvorschuss geltend zu machen.

Beschluss über Verpflichtung zur Erstattung des Kostenvorschusses ist sofort exekutierbar.

Rückforderungsanspruch für geleisteten Kostenvorschuss ist Masseforderung (§ 47 Abs 2 Z 3 IO)

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

1. Legitimation/Schuldner

- Verpflichtung trifft bei juristischen Personen organschaftlichen Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator, Notgeschäftsführer). Insolvenzantragspflicht trifft jeden Vertreter einzeln, auch bei kollektiver Zeichnungsberechtigung

- Antragspflicht ist unabhängig vom Vorhandensein kostendeckenden Vermögens (dieses ist jedoch Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens)

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

1. Legitimation/Schuldner

- GesRÄG 2013 - § 69 Abs 3a IOAbs 3a führt die Insolvenzantragspflicht des Mehrheitsgesellschafters einer Kapitalgesellschaft im Fall der Führungslosigkeit der Gesellschaft ein.→ Führungslosigkeit: analoge Anwendung des §15a GmbHG; es bedarf eines formellen oder faktischen Fehlens eines ordentlich bestellten organschaftlichen Vertreters→ unbeachtlich sind gesellschaftsvertragliche Regelungen über andere Mehrheitserfordernisse oder Bestellungsrechte einzelner Gesellschafter

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

1. Legitimation/Schuldner- Exkurs: Haftung des faktischen Geschäftsführers

• Person, die das Unternehmen tatsächlich leitet, ohne wirksam zum GF bestellt worden zu sein; muss nicht nur im Innenverhältnis, sondern nach dem Gesamterscheinungsbild auch im Außenverhältnis die Gesellschaft leiten

• Gesellschafterstellung ist irrelevant (vgl OGH 8 Ob 124/07d, 8 Ob 108/08b)

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

1. Legitimation/Schuldner

- Gemäß § 69 Abs 1 IO ist auf Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren sofort zu eröffnen.

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

2. Legitimation/Gläubiger- Bei Gläubigerantrag unverzüglich zu eröffnen, bei:

• Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtliche Überschuldung

• Kostendeckendes Vermögen • „glaubhaft gemachte“, Insolvenzforderung des Gläubigers

Insolvenzgericht entscheidet auch bei Forderungsrückziehung des Gläubigers

Achtung: seit IRÄG 2010 Beschleunigung des Verfahrens gem § 70 Abs 2 IO

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C. Konkurs

III. Konkursantrag

2. Legitimation/Gläubiger

• Belehrung über Möglichkeit Sanierungsverfahren / Sanierungsplan erfolgt in gerichtlicher Ladung zur Se-TS, nicht erst in dieser

• TS dürfen zum Zwecke des Abschlusses von Ratenvereinbarungen nicht erstreckt werden

→ PRAXIS: Ratenvereinbarungen, die nach der Se-TS abgeschlossen werden, werden nur mehr in Ausnahmefällen berücksichtigt (geringe Deckungslücke die für sich allein keinen Insolvenzgrund darstellt)

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C. Konkurs IV. Konkursverfahren mit Liquidation 1. Verfahrensablauf

- Eröffnungsbeschluss (Bekanntmachung in Ediktsdatei); hat Auflösung der Gesellschaft gem. § 84 Abs 1 Z 4 GmbHG zur Folge

- Insolvenzverwalter wird tätig• Schließung des Unternehmens• Auflösung der Verträge• Forderungsprüfung• „Versilberung“ des Vermögens• Anfechtung• Betreibung der offenen Forderungen• Geltendmachung von Ansprüchen Achtung vor „Leichen im Keller“ (Einlagenrückgewähr, Verrechnungskonten, Eigenkapitalersatz, etc.)

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C. Konkurs

1. Verfahrensablauf- Berichts- und Prüfungstagsatzung:

Forderungsprüfung (Titel)- Schlusstagsatzung: Schlussrechnung

(=SR/Verteilungsentwurf)- Konkursforderungen, die später als 14

Tage vor der Schlusstagsatzung angemeldet wurden, nehmen nicht mehr teil.

→Amtswegige Löschung gemäß § 40 FBG

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C. Konkurs

2. „Konkurs in Konkurs“ (Masseunzulänglichkeit gem §124 a IO)

- Konkursmasse reicht nicht aus, um Masseforderungen zu erfüllen:

• Insolvenzgericht veröffentlicht dies in Ediktsdatei• IV hat mit der Befriedigung der Massegläubiger innezuhalten• IV hat dies dem Insolvenzgericht mitzuteilen (Wegfall ebenso)• IV darf Rechtshandlungen zur Verwaltung und Verwertung

vornehmen und dafür MF befriedigen

→ Massegläubiger dürfen klagen, aber Exekutionen führen nur jene, die der IV wegen Verwaltung und Verwertung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit beauftragt hat.

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

- Gesetz – Judikatur• keine gesetzlichen Sonderregelungen für Insolvenzfall in

§§ 277 ff und § 283 UGB (auch nicht in ErlRV) vorgesehen • Akt 47 der Bilanz-Richtlinie (78/660/EWG) enthält keine

Ausnahme von der Verpflichtung zur Offenlegung für Insolvenzfall

• Jud: 6 Ob 25/01x, 6 Ob 154/05y, 6 Ob 246/07f, 6 Ob 130/11b, 6 Ob 133/11v, 6 Ob 189/11d

- Klarstellungen durch Rechtsprechung des OGH• Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über eine

Kapitalgesellschaft treffen die Offenlegungspflichten nach §§ 277 ff UGB den Insolvenzverwalter

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

• Insolvenzverwalter hat Offenlegungspflicht bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahren zu erfüllen: nicht nur für Zeitraum nach Insolvenzeröffnung, sondern auch für Zeitraum vor Insolvenzeröffnung; auch bei zwischenzeitig geschlossenem Unternehmen

• Insolvenzverwalter hat Unmöglichkeit od. Untunlichkeit (Unwirtschaftlichkeit) spätestens im Einspruch geltend zu machen; keine amtswegige Ermittlungspflicht des FB Gerichtes.

• gesetzliche Pflicht zur Aufarbeitung der unternehmensrechtlichen Buchführung und zur unternehmensrechtlichen Rechungslegung (als Maßnahme der Massevervollständigung!) vor Insolvenzeröffnung durch Insolvenzverwalter kann sich auch aus § 81 Abs 1 IO ergeben

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

Grenzen der Offenlegungspflicht im Insolvenzverfahren

„offenkundig“ durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis“ (§ 283 UGB) – Unmöglichkeit, Untunlichkeit, Unwirtschaftlichkeit nach der Judikatur des OGH (vgl. ua. Fragberger/Riel in ZIK 2008/70,41)• Unmöglichkeit Grundsätze ordnungsgemäße Buchführung aufgrund

fehlender und nicht rekonstruierbarer Unterlagen nicht einhaltbar (zB. keine Belege, kein Kassabuch); daher Bilanzierungsgrundsätze nicht umsetzbar (keine Eröffnungsbilanz möglich)

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

VfGH (VfSlg 11260, 13295, 13523, 14406) hält die Buchführung so lange für rekonstruierbar, als tatsächlich Bücher geführt wurden und das Rechenwerk dem Grunde nach geeignet ist, den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden, auch wenn es in Teilbereichen lückenhaft ist. Die Mängel der Buchführung dürfen jedoch nicht so weit gehen, dass sie nach Art und Umfang auf das gesamte Rechenwerk ausstrahlen und auch nach einer Richtigstellung und Ergänzung eine periodengerechte Erfassung der maßgeblichen Daten insgesamt nicht möglich erscheinen lassen.

identifiziert sich OGH mit Aussagen des VfGH?, nicht erkennbar (6 Ob 134/11s)

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

Nachweis (Bescheinigung): Berichte an das Insolvenzgericht, Strafanzeige gegen frühere Organe

Achtung: Nachweis (Bescheinigung) von erfolgten Versuchen zur Beschaffung der fehlenden Unterlagen ist zu erbringen (Beschlagnahme: Ablichtungsmöglichkeit ausgeschöpft?)

Achtung: für Zeit nach Insolvenzeröffnung kein Einwand; Mehrwert eines nicht an Vorperioden anknüpfenden Rechenwerks fraglich!!

lt. OGH: „Masseunzulänglichkeit“ = Unmöglichkeit iSd § 283 UGB (Insolvenzverwalter hat darzulegen, dass aus diesem Grund Erstellung des JA unmöglich ist!!!)

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

• Unwirtschaftlichkeit JA Erstellung wäre möglich; aber auf Kosten der Befriedigung der

Gläubiger lt. OGH jedenfalls bei Massearmut iSd § 124a IO lt. OGH ist Hinweis, dass bei JA Erstellung wg Kostenaufwand

hierfür „geringere - Quote“ zu erwarten ist, nicht stichhaltig (vgl. Untunlichkeit Folie 26 f)

bisher keine Entscheidung zu fixe Prozentgrenze zwischen Kosten und verteilbarer Masse (vgl. Untunlichkeit Folie 26 f)

Argument (unter Nachweis durch ziffernmäßige Angaben der Kosten, etc.), dass durch Kosten für Erstellung JA, Massearmut eintritt, wird wohl stichhaltig sein!!

lt. OGH kann für Zeiträume vor und nach Insolvenzeröffnung herangezogen werden (nach Insolvenzeröffnung: aber nur bei rascher Schließung)

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

• Untunlichkeit JA Erstellung möglich mit vertretbarer Kosten – aber mangelnde

Sinnhaftigkeit der Offenlegung nach Lit argumentierbar, wenn Liquidation (Betriebsschließung)

im Insolvenzverfahren erfolgt und die nicht erstellte Buchhaltung/ fehlenden JA keinen Mehrwert für Gläubiger und Insolvenzabwicklung (Insolvenzmasse) haben

OGH verweist auf Art 47 der Bilanz-Richtlinie, die keine Ausnahme von Offenlegungsverpflichtung bei Insolvenzfall vorsieht

lt OGH ist notwendige Neuberechnung des Verteilungsentwurfes und damit kurze Verfahrensverzögerung kein zu berücksichtigendes Argument

lt OGH kann Argument, dass Erstellung des JA „mangels eines ersichtlichen Vorteils für jemanden“ untunlich ist, nicht herangezogen werden (wg Art 47 der Bilanz-Richtlinie)

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

lt OGH widerspricht „bewegliches System“ (aufgebrachte Mittel / angestrebter Zweck der Information der Öffentlichkeit) den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, der innerstaatlichen Umsetzung durch §§ 227 ff UGB und der Rechtssicherheit

Kritik an OGH: Jelinek in Glosse in GesRZ 2012,137: „handfeste teleologische Absicherung“ des Auslegungsergebnisses (des 6.Senats), dass Art 47 der Bilanz-Richtlinie keine Ausnahme von Offenlegungspflicht für Insolvenzverwalter enthalte und diese daher auch bei Liquidation im Insolvenzverfahren verpflichtend ist, ist vom 6. Senat nachzutragen“

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C. Konkurs

3. FB/JA (Grenzen der Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des IV)

•Ergebnis: zielführende Argumente (samt Nachweis) durch

Insolvenzverwalter:a)Massearmut; Massearmut entsteht durch Kosten für

Erstellung JAb)Grundsätze ordnungsgemäße Buchführung und

Bilanzierung aufgrund fehlender und nicht rekonstruierbarer Unterlagen nicht einhaltbar

Praxis: unterschiedlich gehandhabt;

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C. Konkurs

4. Finanzamt, GKK- Schätzung gem. 184 BAO- Schätzung gem. § 42 Abs 3 ASVG - Prüfungstätigkeit der Organe der

Sozialversicherung für die Finanzbehörden gem. § 41a ASVG

- Haftung GF für Steuern/Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge gem. §§ 9 iVm 80 BAO und 67 Abs 10 ASVG;

- Möglichkeit für den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer, gegen die Haftung eigenes Vorbringen zu erstatten (z.B. Einwand, dass Schätzung unrichtig war). 61

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C. Konkurs

5. Medien

aktive Medienpolitik empfohlen!

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D. Außergerichticher Ausgleich

1. Einleitung- Sanierung, die auf freiwilliger Änderung der

Rechtsposition eines/mehrerer Gläubiger beruht• setzt daher die Zustimmung des/der betroffenen

Gläubiger voraus!• auch vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder

Überschuldung• zulässig auch in der 60-Tagesfrist des § 69 (2) IO,

wenn nicht von vornherein aussichtslos und diese ernsthaft und sorgfältig betrieben wird

Ziel: • grundsätzlich positive Fortbestehensprognose !!!• bei Liquidation: keine Zahlungsunfähigkeit, keine

rechnerische Überschuldung (Status); nach Abwicklung des außergerichtlichen Ausgleichs: Löschung gem. § 93 GmbHG

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D. Außergerichticher Ausgleich

2. Vorteile

- Formlose Abwicklung• keine gesetzlichen Verfahrensvorschriften• keine Tagsatzung und einzuhaltende Fristen• Möglichkeit der raschen Abwicklung

- Keine Publizitätswirkung (durch öffentliches Verfahren)• höhere Diskretion („stiller Ausgleich“)• geringerer/kein Imageverlust

- Keine Bindung an Mindestquoten• Quoten und Teilnehmer können ind. festgelegt

werden

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D. Außergerichticher Ausgleich

2. Vorteile

- Die Zahlungs-/Erfüllungsfristen sind frei wählbar

- Beibehaltung der vollen Verfügungsberechtigung über Vermögen und Geschäftsinhalt

- Wesentlich geringerer Kostenaufwand- Größere Chancen für

Unternehmensfortführung- Insolvenztatbestände sind keine

Voraussetzung für den a.g. Ausgleich

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D. Außergerichticher Ausgleich

3. Nachteile

- Keine gerichtliche Forderungsfeststellung- Keine Prozess-/Exekutionssperre• keine Unterbrechung von

Rechtsstreitigkeiten• kein Schutz gegen Exekutionen oder

Insolvenzanträge- 100%ige Zustimmung der

(teilnehmenden) Gläubiger notwendig- Erschwernis durch „lästige“ Gläubiger- Sanierungserfolg z.T. vom Willen der

Gläubiger abhängig

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D. Außergerichticher Ausgleich

3. Nachteile

- Gefahr der Bevorzugung einzelner Gläubiger- Keine Beendigungsrechte für

Dauerschuldverhältnisse- Volle Befriedung von bestimmten Gläubigern

notwendig• Sozialversicherungsträger (Krankenkasse),

Mitarbeiter, Kleingläubiger- Geringere Entschuldung als bei

Sanierungsplan- Einhaltung der 60 Tage-Frist – hoher

Zeitdruck!- Keine begünstigte

Sanierungsgewinnbesteuerung (vgl. § 23a KStG)

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D. Außergerichticher Ausgleich

4. Rechtliche Entscheidungskriterien

- Anfechtung/außergerichtliche Sanierung• Keine Anfechtung nach IO;

Interesse der Anfechtungsgefährdeten an Finanzierung außergerichtlicher Ausgleich

- Verwirklichung von GF (Gesellschafter)-Haftungen (gegenüber Behörden, etc.)• Interesse des GF (-Gesellschafter) an

Finanzierung (strukturierten) ag Ausgleich

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D. Außergerichticher Ausgleich5. Voraussetzungen für eine ag Sanierung

- Überschaubare Anzahl an großen (unbesicherten) Gläubigern

- Geringe Verbindlichkeiten ggü. nicht teilnehmenden Gläubigern

- Interesse der Gläubiger an „stiller Liquidation“- (Rasch) verfügbare Liquidität- Positive Erträge und Cash-Flows aus dem

laufenden Betrieb bis Liquidation- Verläßliches Rechnungswesen

va aktuelle und korrekte Buchhaltung mit vollständiger OP-Liste Kreditoren

- Realisierbares Konzept mit Angemessenheit des Vorschlages und ausgewogenen Beiträgen aller Beteiligten

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D. Außergerichticher Ausgleich

6. Außergerichtlicher Ausgleich - Ablauf

- Gläubigergleichbehandlung- Nicht zustimmende Gläubiger- Krisenmanagement der Banken- Bürgschaften & Haftungen- Gläubigerschutzverbände- Kreditversicherungen- Förderstellen

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

- Unternehmen versus Unternehmensträger• Unternehmen: organisierte Wirtschaftseinheit,

mittels derer der Unternehmer (=Unternehmensträger) am Markt auftritt- Gesamtsache iSd Sachenrechts- Gegenstand des Rechtsverkehrs- Keine Rechtspersönlichkeit

• Unternehmensträger: Zuordnungssubjekt der Rechte und Pflichten des Unternehmens, juristische Person

• share deal – asset deal

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

- Loslösung des operativen Unternehmens, Unternehmensteils, Betriebs, Betriebsteils von seinem bisherigen Rechtsträger zwecks Fortführung durch einen anderen Rechtsträger (= Auffanggesellschaft)

- aber Achtung: Nachfolgehaftung• Bei der außergerichtlichen Sanierung kommen

sämtliche Bestimmungen über die Nachfolgehaftung zur Anwendung

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D. Außergerichticher Ausgleich7. Übertragende Sanierung

7.1. Haftung des Übernehmers nach § 1409 ABGB• Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein

Unternehmen, so ist er unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen musste, unmittelbar verpflichtet.

• Vgl aber § 1409a ABGB: Wer ein Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der Zwangsvollstreckung, der Insolvenz, des Ausgleichsverfahrens oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger erwirbt, haftet nicht.

• Übernahme = Rechtsgeschäft unter Lebenden (Kauf, Schenkung, Einbringung; auch konkludent erfolgen; rein faktische Übernahme genügt nicht; Übernahme einer OHG durch Gesellschafter)Umgehung: sukzessive Vermögensübertragung an eine Person oder mehrere, wenn diese voneinander Kenntnis habenVgl ähnlich § 15 SpaltG

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

7.1. Haftung des Übernehmers nach § 1409 ABGB

- Vermögen• Aktivvermögen? (Abzug von Verbindlichkeiten,

sofern diese pfandrechtlich gesichert sind)• im wesentlichen handelt es sich um das gesamte

Vermögen -> nichts Erhebliches bleibt zurück• einzelne Gegenstände? (Aber: Erwerberhaftung

nur, wenn Erwerber wusste oder nach besonderen Umständen wissen musste, dass es sich dabei um das ganze Vermögen handelt-> er musste dies ohne Mühe in Erfahrung bringen können

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D. Außergerichticher Ausgleich7. Übertragende Sanierung

7.1. Haftung des Übernehmers nach § 1409 ABGB- Unternehmen

• Unternehmen wird als Ganzes übernommen, nicht nur einzelne Vermögenswerte-> d.h. wesentliche Teile müssen übertragen werden, die dessen Substanz und individuellen Charakter ausmachen (Umfang strittig!!)

- Zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Sachen:-> wirtschaftlicher Zusammenhang (Verbindlichkeiten zum Zweck des Betriebes, Verwaltung des Unternehmens)-> „alle Arten“ von Schulden, die im Zeitpunkt der Übergabe bestanden; auch für bedingte Verbindlichkeiten

- Haftungsbeschränkung• mit Höhe des Wertes der übernommenen Aktiva• Erwerber muss Gläubiger bis zur Ausschöpfung des Haftungsfonds

in der zeitl. Reihenfolge der Geltendmachung der fälligen Forderungen befriedigen. 75

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D. Außergerichticher Ausgleich7. Übertragende Sanierung7.1. Haftung des Übernehmers nach § 1409 ABGB

- Er wird aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt. -> d.h. Käufer befriedigt mit Kaufpreis im Auftrag des Verkäufers dessen Gläubiger od. Verkäufer nimmt dies selbst vor (Gläubigergleichbehandlung bei Schulden?)

- Kennen und Kennenmüssen:Erwerber haftet nur für solche Schulden, die er bei Erlangen der Verfügungsgewalt kannte oder kennen musste.

-> Sorgfaltspflicht des Erwerbers bei Unternehmensübernahme besteht in Einsichtnahme in die Geschäftsbücher, Befragung des Veräußerers über Verbindlichkeitsstand und Prüfung dieser Unterlagen; Auskunft des Steuerberaters reicht nicht.

Ausnahme: Erwerber einer Einzelsache, treffen keine besonderen Nachforschungspflichten, wenn ihm nicht bekannt war, dass diese Sache das gesamte Vermögen darstellt.

-> Ab dem Zeitpunkt des Titelgeschäfts schadet Kennen/Kennenmüssen nicht mehr.

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

7.1. Haftung des Übernehmers nach § 1409 ABGB

- Naher Angehöriger: Beweislast betreffend Kenntnis, Kennenmüssen.

- Geltendmachung durch Insolvenzverwalter od. einzelne Gläubiger in späteren Insolvenzverfahren des Verkäufers strittig.

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

7.2. § 38 UGB

- Haftung des Erwerbers

- Unabhängig davon, ob Rechtsverhältnisse übernommen werden oder nicht, haftet Erwerber für Altverbindlichkeiten, wenn nicht einvernehmlich ausgeschlossen und Gläubiger darüber informiert.

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

7.2. § 38 UGB

- Kein zwingendes Recht• Ausschluss möglich• Aber beachte § 1409 ABGB• Haftungsausschluss bei Erwerb aus einem

Exekutions- oder Insolvenzverfahren

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung7.3. Haftung des Erwerbers nach § 14 BAO• Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines

Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb

des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;

b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren

• Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung diese Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten ans Finanzamt nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

• Diese Bestimmungen gelten nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Insolvenzmasse, im Weg des Sanierungsverfahrens mit EV oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger.

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

7.4. Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 67 Abs 4 ASVG

• Wird ein Betrieb übereignet, so haftet der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, für die Zeit von höchstens zwölf Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet. Im Fall einer Anfrage beim Versicherungsträger haftet er jedoch nur mit dem Betrag, der ihm als Rückstand ausgewiesen worden ist.

• Die Haftung gilt nicht bei einem Erwerb im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, bei einem Erwerb aus einer Insolvenzmasse, im Wege des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger.

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D. Außergerichticher Ausgleich7. Übertragende Sanierung

7.5. Haftung nach §§ 3 und 6 AVRAG• Geht ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf

einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein gilt beim Kauf, Verpachtung, Verschmelzung, Umwandlung,

Einbringung, Zusammenschluss, Realteilung, Spaltung, außergerichtlichen Ausgleich, Ausgleich

• Sofern andere gesetzliche Regelungen oder Gläubigerschutzbestimmungen für den Arbeitnehmer nicht günstigeres bestimmen, haften für Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis zum Veräußerer, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs begründet wurden, der Veräußerer und der Erwerber zur ungeteilten Hand, wobei hinsichtlich der Haftung des Erwerbers § 1409 ABGB anzuwenden ist. gilt nur für nicht übergegangene Dienstverhältnisse

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung• § 3 Abs 2 AVRAG: kein ex-lege Übergang der AV in der

Insolvenz• „Betriebsübergangs-RL“ (2001/23/EG): Ausnahmen vom

Übergang der AV nur dann zulässig, wenn die Veräußerung des Unternehmens in einem Insolvenzverfahren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers erfolgt (vgl auch EuGH Rsp dazu: Abels (Slg 1985/469), d‘Urso (C-362/89), Spano (C472/93), Dethier Equipement (C-319/94), Europièces SA (C-399/96)

• OGH (7.2.2008, 9 ObA 161/07b, ZIK 2008/102): eine teleologische Reduktion des § 3 Abs 2 AVRAG dahingehend, dass er nur auf jene Insolvenzverfahren anzuwenden ist, in denen es tatsächlich zur Auflösung des Unternehmens kommt, ist auch europarechtlich nicht geboten.

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D. Außergerichticher Ausgleich

7. Übertragende Sanierung

- Ausnahme § 3 Abs 2 AVRAG nur für Betriebsübergänge in der Insolvenz• Keine Anwendung in dem Fall, in dem eine

Betriebsübernahme zwar vor, aber in Hinblick auf die Insolvenzeröffnung stattfindet. (vgl 9 ObA 41/03z: kein Betriebsübergang in der Insolvenz, wenn AN in der Zeit zw Insolvenzantragstellung und Insolvenzeröffnung in Auffanggesellschaft übertreten)

• Keine Anwendung im Fall einer Insolvenzabweisung mangels Kostendeckung (RIS-Justiz RS0109295)

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D. Außergerichticher Ausgleich

8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen Unternehmenssanierung8.1. Gläubigergleichbehandlung

8.1.2. Gleichbehandlungsgrundsatz im Strafrecht- Beachte § 158 StGB

• Wer nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

- Tathandlung: Verletzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung• Gültigkeit schon vor der formellen Eröffnung der Insolvenz• Bevorzugungen durch Dritte, welche nicht aus dem

Schuldnervermögen stammen, werden vom Tatbestand des § 158 StGB nicht erfasst

• Gläubiger, die den Schuldner zur Sicherstellung oder Leistung der Begünstigung verleitet oder die Sicherstellung oder Zahlung annimmt, ist vom § 158 StGB ausdrücklich ausgeschlossen

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D. Außergerichticher Ausgleich

8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen Unternehmenssanierung

8.1.3. Gleichbehandlungsgrundsatz im Zivilrecht

- § 879 ABGB: ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig• Verstöße gegen Strafrechtsnormen sind Verstöße

gegen gesetzliche Verbote iSd § 879 ABGB• Ein Vergleich, der in strafrechtswidriger Weise gegen

den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung verstößt, ist auch zivilrechtlich als nichtig zu qualifizieren

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D. Außergerichticher Ausgleich8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen

Unternehmenssanierung

8.1.4. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

- der außergerichtliche Ausgleich ist bei Verletzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung, welche im Wesentlichen dann vorliegt, wenn einzelne Gläubiger oder Gläubigergruppen aus dem Schuldnervermögen bevorzugt und die übrigen Gläubiger über diese Bevorzugung nicht entsprechend informiert werden, zivilrechtlich nichtig iSd § 879 ABGB

- Folge: der außergerichtliche Ausgleich bedarf keiner Anfechtung, sämtliche Gläubiger sind berechtigt, ihre Forderungen in voller Höhe und ohne Rücksicht auf Sondervereinbarungen einzuklagen!

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D. Außergerichticher Ausgleich8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen

Unternehmenssanierung

8.1.5. Gläubigergleichbehandlung: Lösungsansatz- Unter der Voraussetzung, dass alle Beteiligten mit einbezogen

werden, ist es zulässig, Abweichungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren

- Abgehen von der Gläubigergleichbehandlung ist daher dann und nur dann zulässig, wenn jeder benachteiligte Gläubiger vor Vertragsabschluss über die Besserbehandlung anderer informiert wird

- Vollständige Information der betroffenen Gläubiger über die Begünstigung eines oder mehrerer Gläubiger und deren Zustimmung ist als tatbestandsausschließendes Einverständnis zu qualifizieren

- Umfang der Offenlegung• Nennung der Gläubigergruppen, Größenordnung der

Forderungshöhe, Ausmaß und Art der Bevorzugung, Verlustursachen, Vermögen/Einkommen, Verbindlichkeiten 88

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D. Außergerichticher Ausgleich8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen

Unternehmenssanierung

8.1.6. Gleichbehandlungsgrundsatz in der Praxis - Es ist üblich, dass bestimmte Gläubigergruppen voll

befriedigt werden:• Kleingläubiger• Dienstnehmer

• Nach hA sind die Dienstnehmerforderungen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses unverzichtbar – „Drucktheorie“

• Vorenthaltung des Entgelts bewirkt Austrittsrecht aus wichtigem Grund

• Sozialversicherungsträger• Erlass des BMS (1994): mangels gesetzlicher Grundlage

ist es verwehrt, Sozialversicherungsbeiträge nachzusehen oder eine Beitragsschuld herabzusetzen

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D. Außergerichticher Ausgleich

8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen Unternehmenssanierung

8.2. Anfechtung

- Ergebnis des außergerichtlichen Ausgleichs = positive Fortbestehensprognose; keine rechnerische Überschuldung und Zahlungsfähigkeit

dann keine Anfechtung von Abschlagszahlungen, Sicherheitengewährungen in einem allfälligen späteren Insolvenzverfahren gem. §§ 28 ff IO

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D. Außergerichtlicher Ausgleich

8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen Unternehmenssanierung

8.3. Einlagenrückgewähr

- § 82 ff GmbHG- Anwendungsfälle in der Praxis:

• die Tochtergesellschaft finanziert den außergerichtlichen Ausgleich der Muttergesellschaft

• die Tochtergesellschaft verzichtet auf die Forderung gegen die Muttergesellschaft

• die Tochtergesellschaft verbürgt sich für die Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft

• gilt auch im Verhältnis zu Schwestergesellschaften

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D. Außergerichtlicher Ausgleich

8. Gefahren und Risken der außergerichtlichen Unternehmenssanierung

8.4. Sanierungsgewinne bei außergerichtlichem Ausgleich

- vgl § 23a Abs 1 KStG und § 36 Abs 1 EStG- Zu den Einkünften gehören Sanierungsgewinne, das sind

Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind!

- Volle Besteuerung!

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E. Pflichten und Haftungen für geschäftsführende Organe

- zivilrechtliche Ansprüche- URG-Haftung- strafrechtliche Verurteilungen- abgaben- und sozialversicherungsrechtliche

Verantwortungen- FB-Strafen

Wahl des Weges zur komplikationslosen Entsorgung der Gesellschaft wird sich daher primär aus den gesetzlichen Pflichten der geschäftsführenden Organe und der daraus resultierenden Haftungsrisiken ergeben

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Dr. Ulla ReischUrbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG

Praterstraße 62-64A-1020 Wien

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