1 Strafrecht BT Bestechungsstraftaten FS 2009 Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Institut...
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Strafrecht BT
Bestechungsstraftaten
FS 2009
Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber
Institut für Strafrecht und Kriminologie
Universität Bern
Prof. Dr. H. Vest / Ass.-Prof. Dr. J. Weber Bestechungsstraftaten 2
Bestechungsstraftaten (Neunzehnter Titel) – Allgemeines
> Bestechungsstraftaten = Korruptionsstraftaten
> Rechtsgut: (Vertrauen der Allgemeinheit in die) Objektivität und Sachlichkeit staatlicher (=amtlicher) Tätigkeit
- Unkäuflichkeit von Amtsträgern und Sachlichkeit staatlicher Entscheidun-gen; unverfälschter Staatswille bzw. unverfälschte staatliche Entscheidfindung; Sachlichkeit des staatlichen Handelns
- Schutz gegen Beeinträchtigungen von innen (passive Bestechung) wie auch gegen Beeinträchtigungen von aussen (aktive Bestechung)
- Art. 322ter bis 322octies regeln bloss die Bestechung von (staatlichen) Amtsträgern
- die Bestechung von Privatpersonen ist im UWG (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) geregelt
> abstrakte Gefährdungsdelikte (Tätigkeitsdelikte)
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Bestechungsstraftaten (Neunzehnter Titel) – Allgemeines: Gliederung
Neunzehnter Titel: Bestechung
1. Bestechung schweizerischer Amtsträger
Art. 322ter: Bestechen (Aktive Bestechung)
Art. 322quater: Sich bestechen lassen (Passive Bestechung)
Art. 322quinquies: Vorteilsgewährung
Art. 322sexies: Vorteilsannahme
2. Bestechung fremder Amtsträger
Art. 322septies
3. Gemeinsame Bestimmungen
Art. 322octies
Zudem: Art. 4a i.V.m. Art 23 UWG: Privatbestechung
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Bestechen (Art. 322ter) – Allgemeines
Art. 322ter: Bestechen
Wer einem [Amtsträger] im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlas-sung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
> Bestechung eines Amtsträgers durch eine Privatperson (aktive Bestechung)
> strafbares Verhalten: unrechtmässige Vereinbarung (Bestechungs-vertrag) bzw. unrechtmässige "Offertstellung" zu einer entsprechenden Vereinbarung
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Bestechen (Art. 322ter) – Obj. TB: Täterkreis und Adressatenkreis
> Täterkreis: alle Personen kommen als Täter in Frage
> Adressaten: nur schweizerische Amtsträger
- Mitglied einer Behörde
- Beamter (Art. 110 Abs. 3)
- amtlich bestellter Sachverständiger
- amtlich bestellter Übersetzer oder Dolmetscher
- Schiedsrichter
- Angehöriger der Armee
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Bestechen (Art. 322ter) – Obj. TB: Tathandlung allgemein
> Tathandlung: versprechen, anbieten oder gewähren eines nicht gebührenden Vorteils für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen des Amtsträgers stehende Handlung oder Unterlassung
> zwei Hauptkomponenten: Leistung des Bestechenden und avisierte Gegenleistung des Adressaten (= Hauptleistungen des "Bestechungsvertrags")
- Äquivalenzverhältnis bzw. Austauschverhältnis
- Problem: Dauverhältnisse (anhaltende "Geschäftsbeziehungen")
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Bestechen (Art. 322ter) – Tathandlung: Leistung des Bestechenden
> Leistung des Bestechenden: anbieten, versprechen oder gewähren eines ungebührenden Vorteils
- ungebührender Vorteil
- Vorteil: unentgeltliche Zuwendung materieller oder immaterieller Art
- = jede rechtliche, wirtschaftliche oder auch persönliche Besserstellung des Zuwendungsempfängers
- materiell: objektiv messbare, wirtschaftliche oder rechtliche Besserstellung
- immateriell: gesellschaftliche oder berufliche Besserstellung, Ehrung oder etwa "sexuelle Zuwendung"
- ungebührend: jede unentgeltliche Leistung, auf die der Amtsträger keinen Rechtsanspruch hat
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Bestechen (Art. 322ter) – Tathandlung: Leistung des Bestechenden (Forts.)
> Leistung des Bestechenden: anbieten, versprechen oder gewähren eines ungebührenden Vorteils (Fortsetzung)
- anbieten, versprechen oder gewähren (eigentliche Tathandlung)- anbieten: anzeigen der Bereitschaft, einen Vorteil gegenwärtig zu
gewähren- ausdrücklich (mündlich oder schriftlich) oder konkludent- Angebot muss dem Amtsträger zur Kenntnis gelangen
- versprechen: anzeigen der Bereitschaft, einen Vorteil in der Zukunft zu gewähren; Verpflichtung zur Erfüllung
- Kenntnisnahme erforderlich- unerheblich, ob sich der versprochene Vorteil auch verwirklichen
lässt und ob der Täter sein Versprechen tatsächlich erfüllen will
- gewähren: geben oder zukommen lassen eines Vorteils- geben: setzt Zustimmung des Amtsträgers voraus- zukommen lassen: Einschaltung einer Mittelsperson
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Bestechen (Art. 322ter) – Tathandlung: Gegenleistung des Amtsträgers
> avisierte Gegenleistung: pflichtwidrige oder im Ermessen stehende Handlung des Amtsträgers
- Handlung des Amtsträgers- Amtshandlung im engeren Sinn ist nicht zwingend erforderlich- Handlung des Amtsträgers muss lediglich auf seine amtliche Tätigkeit
bezogen sein (= pflichtwidriges Ausnützen der amtlichen Stellung)- immer bei eigentlicher Amtshandlung- zudem bei einer Handlung ausserhalb des Kompetenzbereichs der
Amtsperson, soweit sich diese der betreffenden Behörde zurechnen lässt
- Pflichtwidrigkeit- muss die Handlung betreffen, die mit der Vorteilsgewährung angestrebt
wird
- im Ermessen stehend- Handlung zwar sachlich vertretbar; jedoch Gefahr für die Neutralität der
Amtshandlung
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Bestechen (Art. 322ter) – Subj. TB
> Vorsatz, wobei Eventualvorsatz ausreicht
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Sich bestechen lassen (Art. 322quater) – Allgemeines
Art. 322quater: Sich bestechen lassen
Wer als [Amtsträger] im Zusammenhang mit seiner amtlichen Tätigkeit für einepflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung fürsich oder einen Dritten einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich verspre-chen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geld-strafe bestraft.
> = passive Bestechung; spiegelbildliches Gegenstück zur aktiven Bestechung
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Sich bestechen lassen (Art. 322quater) – Obj. TB: Täterkreis
> Täterkreis der passiven Bestechung entspricht dem Adressatenkreis der aktiven Bestechung in Art. 322ter: Behördenmitglieder; Beamte; amtlich bestellte Sachverständige, Übersetzer bzw. Dolmeschter; Schiedsrichter
- als Ausnahme im Unterschied zu Art. 322ter nicht erfasst: Armeeangehörige(analoge Norm in Art. 142 MStG)
> = Sonderdelikt
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Sich bestechen lassen (Art. 322quater) – Obj. TB: Tathandlung
> Tathandlung: fordern, annehmen oder sich versprechen lassen eines nicht gebührenden Vorteils für eine pflichtwidrige oder im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung
- unerheblich, ob Initiative vom Bestechenden oder vom Bestochenen ausgeht
- fordern: einseitiges Verlangen einer Leistung
- Vollendung erfordert Kenntnisnahme der Forderung
- annehmen: in Empfang nehmen
- sich versprechen lassen: sich eine nicht geforderte Gegenleistung in Aussicht stellen lassen
- Amtsträger muss Angebot akzeptieren; nicht nur entgegen nehmen
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Sich bestechen lassen (Art. 322quater) – Subj. TB
> Vorsatz, wobei Eventualvorsatz ausreicht
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Vorteilsgewährung (Art. 322quinquies) und Vorteilsannahme (Art. 322sexies) – Allgemeines
Art. 322quinquies: Vorteilsgewährung
Wer einem [Amtsträger] im Hinblick auf die Amtsführung einen nicht gebüh-renden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zudrei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Art. 322sexies: Vorteilsannahme
Wer als [Amtsträger] im Hinblick auf die Amtsführung einen nicht gebührendenVorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe biszu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
> Täter und Adressatenkreis sind identisch mit Art. 322ter bzw. Art. 322quater
> Vorteilsgewährung entspricht der aktiven Bestechung gemäss Art. 322ter
> Vorteilsannahme entspricht der passiven Bestechung gemäss Art. 322quater
> Ziel: Erfassen des Anfütterns (Vorbereitung einer eigentlichen Bestechung)
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Vorteilsgewährung (Art. 322quinquies) und Vorteilsannahme (Art. 322sexies) – Anfütterung
> kein vollwertiges Äquivalenzverhältnis (Austauschverhältnis); kein konkreter Bezug zu einer bestimmten Amtshandlung (Unterschied zur Bestechung gemäss Art. 322ter bzw. Art. 322quater)
> erforderlich ist jedoch ein Bezug zum Amt
> Tathandlung beschränkt sich auf Vorteilszuwendung (Art. 322quinquies) bzw. Vorteilsannahme (Art. 322sexies), die scheinbar ohne Gegenleistung erfolgt
> zwei Grundtypen der Anfütterung (beide sind tatbestandsmässig)
- gezielte Anfütterung: gelockertes Äquivalenzverhältnis; dem Vorteil steht keine bestimmte oder bestimmbare Gegenleistung gegenüber
- Klimapflege: soll den Amtsträger gegenüber dem Aussenstehenden wohlgesinnt machen
- blosse Möglichkeit der Gefährdung- muss immerhin eine generelle Beeinflussung des Amtsträgers
anvisieren
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Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies) – Allgemeines
Art. 322septies: Bestechung fremder Amtsträger
Wer einem [Amtsträger], die für einen fremden Staat oder eine internationaleOrganisation tätig sind, im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlas-sung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührendenVorteil anbietet, verspricht oder gewährt,
wer als [Amtsträger] eines fremden Staates oder einer internationalen Organi- sation (…) fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafebis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
> OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung auslän-discher Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr: aktive Beste-chung (in Kraft getreten am 30. Juli 2000)
> Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption: passive Bestechung fremder Amtsträger (in Kraft getreten am 1. Juli 2006)
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Bestechung fremder Amtsträger (Art. 322septies) – Täter- und Adressatenkreis
> Ergänzung der Umschreibung des Adressaten- (Abs. 1) bzw. Täterkreises (Abs. 2): Ausübung einer Amtstätigkeit für einen fremden Staat oder Amtstätigkeit für eine internationale Organisation
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Gemeinsame Bestimmungen (Art. 322octies)
Art. 322octies: Gemeinsame Bestimmungen
1. (aufgehoben)2. Keine nicht gebührenden Vorteile sind dienstrechtlich erlaubte sowie gering-
fügige, sozial übliche Vorteile.3. Amtsträgern gleichgestellt sind Private, die öffentliche Aufgaben erfüllen.
Ziff. 2.> dienstrechtlich erlaubt: Harmonisierung mit einschlägigen Regelungen
für Beamte> geringfügig, sozial üblich: nicht rein vom Wert abhängig, sondern auch
von sozialen Konventionen
Ziff. 3: Gleichstellung von Privaten, die öffentliche Aufgaben erfüllen> ergibt sich bereits aus dem funktionalen Beamtenbegriff
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Konkurrenzen (hinsichtlich passiver Bestechung)
> Verhältnis zum Amtsmissbrauch gemäss Art. 312, zur Gebührenüber-forderung gemäss Art. 313, zur Urkundenfälschung im Amt gemäss Art. 317 sowie zur Verletzung von Amtsgeheimnissen gemäss Art. 320
- echte Konkurrenz (Idealkonkurrenz); unterschiedliche Schutzobjekte
> Verhältnis zur ungetreuen Amtsführung gemäss Art. 314- unechte Konkurrenz; Art. 322quater bzw. Art. 322sexies gehen als
Spezialtatbestände vor
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Privatbestechung (Art. 4a i.V.m. Art. 23 UWG)Art. 4a UWG: Bestechen und sich bestechen lassen
1 Unlauter handelt, wer:a. einem Arbeitnehmer, einem Gesellschafter, einem Beauftragten oder einer anderen Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit dessen dienstlicher oder geschäftlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt; (aktive Privatbestechung)
b. als Arbeitnehmer, als Gesellschafter, als Beauftragter oder als andere Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor im Zusammenhang mit seiner dienstlichen oder geschäftlichen Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung für sich oder einen Dritten einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. (passive Privatbestechung)
2 Keine nicht gebührenden Vorteile sind vertraglich vom Dritten genehmigte sowie geringfügige, sozial übliche Vorteile.
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Privatbestechung (Art. 4a i.V.m. Art. 23 UWG)4. Kapitel: Strafbestimmungen
Art. 23 UWG: Unlauterer Wettbewerb
1 Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 4a, 5 oder 6 begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2 Strafantrag stellen kann, wer nach den Artikeln 9 und 10 zur Zivilklage berechtigt ist.