Hausarbeit Grundkurs II Strafrecht - Blog | Johannes … · Hausarbeit Grundkurs II Strafrecht...

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Johannes Pogoda 11. Oktober 2010 Große Scharrnstr. 27 15230 Frankfurt (Oder) +49(0)179 4686868 [email protected] Matrikelnr.: 33097 2. Semester Hausarbeit Grundkurs II Strafrecht Übung für Anfänger Prof. Dr. Gerhard Wolf Sommersemester 2010

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Johannes Pogoda 11. Oktober 2010 Große Scharrnstr. 27 15230 Frankfurt (Oder) +49(0)179 4686868 [email protected] Matrikelnr.: 33097 2. Semester

Hausarbeit Grundkurs II Strafrecht

Übung für Anfänger

Prof. Dr. Gerhard Wolf

Sommersemester 2010

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Sachverhalt

„Der Gang ins Stahlwerk“

Graf Günther von Savern (G) ist Inhaber eines großen Stahlkonzerns. Seine junge Frau Seraphine (S) engagiert sich karitativ und arbeitet gelegentlich in der Geschäftsführung mit. Der neue Praktikant der Geschäftsführung, Fridolin (F), ist sehr diensteifrig und hat ein einnehmendes Wesen, weshalb er von S oft gelobt wird. Prokurist Robert (R) schwärmt seit langem heimlich für S und hat nun eine schwere Eifersucht auf den „Emporkömmling“ F entwickelt. Er erzählt dem als gewalttätig und hitzköpfig bekannten G wahrheitswidrig, dass F sich das Vertrauen der S erschlichen und ein Verhältnis mit ihr begonnen habe. Als R dem zunächst ungläubigen G noch einen angeblich auf dem Schreibtisch des F gefundenen, von R gefälschten Liebesbrief des F vorlegt, bekommt G wie von R erwartet einen cholerischen Anfall und entschließt sich, F umbringen zu lassen.

Dazu möchte er zunächst den R gewinnen und bittet diesen, den F mit seiner Jagdflinte zu erschießen. R lehnt dies jedoch ab, da seine Waffe registriert sei. Stattdessen verweist er auf die Arbeiter A und B, die zwar nicht besonders intelligent, aber skrupellos und wegen einiger Gewaltdelikte vorbestraft seien. Daher begibt sich G zu den beiden, die am Koksschacht des Hochofens im Stahlwerk arbeiten. Er instruiert A und B, dass sie die Person, die zu ihnen an die Anlage kommt und fragt „Habt ihr den Auftrag des Chefs erledigt?“, in den Hochofen werfen. Sodann lässt er den F zu sich kommen und bittet ihn, schnell bei A und B nachzufragen, ob sie seinen Auftrag erledigt hätten. F macht sich gerade auf zum Hochofen, als er auf dem Weg die S trifft, die ihn überredet, vor dem Gang ins Stahlwerk für sie eine Geldspende zum diakonischen Werk zu bringen. Inzwischen hat G seinen Vertrauten R zur „Erfolgskontrolle“ zum Hochofen geschickt. R fragt A und B zwar wörtlich nur „Habt ihr F in den Ofen geworfen?“, doch interpretiert A diese Frage sinngemäß als die Frage nach dem Auftrag des G, da dieser lautete, den Ersten, der nach der Erledigung des Auftrags fragt, zu töten, und R doch gerade fragte, ob sie jemanden – F – getötet hätten.

B meldet zwar gegen diese Theorie Bedenken an, da der Satz nicht wie angekündigt gesprochen wurde. A kann den einfältigen und ihm intellektuell unterlegenen B aber schließlich ebenfalls überzeugen, dass R das richtige Opfer sei. Gemeinsam halten sie den sich heftig wehrenden und auf die Verwechslung hinweisenden R fest und wollen ihn trotzdem in das über tausend Grad heiße Feuer werfen. Während das Handgemenge am Schachteingang noch in vollem Gange ist, kommt der verspätete F ebenfalls an den Hochofen und fährt A und B an, sofort aufzuhören, er würde sonst die Polizei rufen. Nur B ist von dieser Drohung beeindruckt, lässt R los und flüchtet vom Betriebsgelände. Alleine kann A den R nicht länger halten, so dass diesem die Flucht gelingt. Bei dem Kampf haben A und B ihm allerdings einen Arm ausgekugelt.

Nach der Festnahme des A wird bei ihm eine schwere schizophrene Psychose diagnostiziert, die ihn bereits bei seinem Entschluss zur Tat in einen Zustand versetzte, der ihm diesbezüglich weder logisches Schließen noch normale Hemmungsmuster erlaubte.

Bearbeitervermerk: Prüfen Sie die Strafbarkeit von A, B, G und R in einem Rechtsgutachten! §§ 211, 224 sind nicht zu prüfen. Erforderliche Strafanträge sind gestellt.

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Literaturverzeichnis

Ahrens, Claus: Vermeintliche Mittäterschaft und

Versuchsstrafbarkeit, JA 1996, 664-670

Alwart, Heiner: Der praktische Fall. Strafrecht: Die

Geschichte von dem Zimmermann Schieble,

dem Gymnasiasten Ernst Harnisch, dem

Holzhänder Rosahl und von dem Arbeiter

namens Rose, JuS 1979, 351-357

Baumann, Jürgen / Weber, Ulrich / Mitsch,

Wolfgang:

Strafrecht. Allgemeiner Teil, 10. Auflage,

1995

(11. Auflage in der UB nicht verfügbar)

(Zitiert: B/W/M)

von Heintschel-Heinegg, Bernd: Beck’scher Online-Kommentar. StGB, 11.

Edition, 2010

(Zitiert: B-OK – Bearbeiter)

Bemmann, Günter: Zum Fall Rose-Rosahl, MDR 1958, 817-823

Bloy, René: Grenzen der Täterschaft bei fremdhändiger

Ausführung, GA 1996, 424-442

Bottke, Wilfried: Strafrechtswissenschaftliche Methodik und

Systematik bei der Lehre vom

strafbefreienden und strafmildernden

Täterverhalten, 1979

(Zitiert: Bottke)

Conceicao Valdagua, Maria da: Versuchsbeginn des Mittäters bei den

Herrschaftsdelikten, ZStW 1986, 839-873

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IV

Erb, Volker: Zur Konstruktion eines untauglichen

Versuchs der Mittäterschaft bei scheinbarem

Ansetzen eines vermeintlichen Mittäters zur

Verwirklichung des Tatbestandes. Zugleich

eine Besprechung des BGH-Urteils vom

25.10.1994 – 4 StR 173/94 –, NStZ 1995,

424-428

Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 57.

Auflage, 2010

(Zitiert: Fischer)

Geppert, Klaus: Die Nötigung (§ 240 StGB), Jura 2006, 31-

41

Zur Abgrenzung von Vorsatz und

Fahrlässigkeit, insbesondere bei

Tötungsdelikten, Jura 2001, 55-59

Gropengießer, Helmut / Kohler, Marius: Übungsklausur StR (für Anfänger): Glück

und Unglück eines römischen Feldherrn, Jura

2003, 277-282

Hauf, Claus-Jürgen: Neuere Entscheidungen zur Mittäterschaft

unter besonderer Berücksichtigung der

Problematik der Aufgabe der Mitwirkung

eines Beteiligten während der Tatausführung

bzw. vor Eintritt in das Versuchsstadium.

Zugleich Anmerkung zu: BGHSt 37, 289

und BGHSt 39, 326, NStZ 1994, 263-266

Heckler, Andreas: Versuchsbeginn bei vermeintlicher

Mittäterschaft, GA 1997, 72-80

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V

Hillenkamp, Thomas: Die Bedeutung von

Vorsatzkonkretisierungen bei abweichendem

Kausalverlauf, 1971

(Zitiert: Hillenkamp)

Ingelfinger, Ralph: Schein-Mittäter und Versuchsbeginn, JZ

1995, 704-714

Jähnke, Burkhard / Laufhütte, Heinrich

Wilhelm / Odersky, Walter:

Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch.

Erster Band. Einleitung; §§ 1 bis 31, 11.

Auflage, 2005

(12. Auflage in der UB nicht verfügbar)

Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch.

Fünfter Band. §§ 146 bis 222, 11. Auflage,

2005

(12. Auflage in der UB nicht verfügbar)

Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch.

Sechster Band. §§ 223 bis 263a, 11. Auflage,

2005

(12. Auflage in der UB nicht verfügbar)

(Zitiert: LK – Bearbeiter)

Joecks, Wolfgang: Anmerkung zu: BGH-Urteil vom 25.10.1994

– 4 StR 173/94 – (Versuchsbeginn bei

vermeintlicher Mittäterschaft), wistra 1995,

58-60

Strafgesetzbuch. – Studienkommentar –, 8.

Auflage, 2009

(9. Auflage in der UB nicht verfügbar)

(Zitiert: StGB-SK)

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VI

Joecks, Wolfgang / Miebach, Klaus: Münchener Kommentar zum

Strafgesetzbuch. Band 1: §§ 1-51 StGB,

2003

Münchener Kommentar zum

Strafgesetzbuch. Band 3: §§ 185-262 StGB,

2003

(Zitiert: MK – Bearbeiter)

Kindhäuser, Urs / Neumann, Ulfrid /

Paeffgen, Hans-Ullrich:

Nomos Kommentar. Strafgesetzbuch. Band

1: §§ 1 – 145d, 3. Auflage, 2010

(Zitiert: NK – Bearbeiter)

Kratzsch, Dietrich: Die Bemühungen um Präzisierungen der

Ansatzformel (§ 22 StGB) – ein absolut

untauglicher Versuch? (Teil 2), JA 1983,

578-587

Krey, Volker: Deutsches Strafrecht. Allgemeiner Teil.

Band 2. Täterschaft und Teilnahme,

Unterlassungsdelikte, Versuch und Rücktritt,

Fahrlässigkeitsdelikte, 2. Auflage, 2005

(Zitiert: Krey, AT2)

Krüger, Matthias: Zum „Bestimmen“ i. S. von §§ 26, 30 StGB,

JA 2008, 492-498

Kudlich, Hans: Zur Übung – Strafrecht: Schwieger-(Groß)-

Mutterliebe, JuS 2002, 27-30

Kühl, Kristian: Strafgesetzbuch. Kommentar, 26. Auflage,

2007

(Zitiert: Kühl)

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VII

Küpper, Georg / Mosbacher, Andreas: Untauglicher Versuch bei nur vermeintlicher

Mittäterschaft. Anm. zu BGH NJW 1995,

142, JuS 1995, 448

Letzgus, Klaus: Vorstufen der Beteiligung, 1972

(Zitiert: Letzgus)

Loewenheim, Ulrich: Error in obiecto und aberratio ictus – OLG

Neustadt NJW 1964, 311, JuS 1966, 310-315

Maatz, Rüdiger: Kann ein nur versuchtes schweres Delikt den

Tatbestand eines vollendeten mittleren

Delikts verdrängen? Die Konkurrenz-

Rechtsprechung in Fällen versuchten

Totschlags/Mordes, versuchter

Vergewaltigung und versuchter Nötigung auf

dem Prüfstand, NStZ 1995, 209-213

Maurach, Reinhart / Gössel, Karl Heinz /

Zipf, Heinz:

Strafrecht. Allgemeiner Teil. Teilband 2.

Erscheinungsformen des Verbrechens und

Rechtsfolgen der Tat. Ein Lehrbuch, 7.

Auflage, 1989

(Zitiert: Maurach/Gössel/Zipf)

Müller, Jürgen: Das Urteil des BGH zu Anstiftung und „error

in persona“, MDR 1991, 830-831

Otto, Harro / Petersen, Harald: Examensklausur Strafrecht: Dirty Harry’s

Fernwirkung, Jura 1999, 480-484

Puppe, Ingeborg: Strafrecht Allgemeiner Teil im Spiegel der

Rechtsprechung. Band 2. Sonderformen des

Verbrechens, 1. Auflage, 2005

(Zitiert: Puppe)

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VIII

Wie wird man Mittäter durch konkludentes

Verhalten?, NStZ 1991, 571-574

Roxin, Claus: Über den Rücktritt vom unbeendeten

Versuch, Festschrift für Ernst Heinitz zum

70. Geburtstag, 1972, 251-276

(Zitiert: Roxin, FS Heinitz)

Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Auflage,

2006

(Zitiert: Roxin, TuT)

Rudolphi, Hans-Joachim / Horn, Eckard: Systematischer Kommentar zum

Strafgesetzbuch. Band 1. Allgemeiner Teil

(§§ 1 bis 79b), 8. Auflage – 112. Lieferung,

2008

Systematischer Kommentar zum

Strafgesetzbuch. Band 4. Besonderer Teil

(§§ 201 bis 266b), 8. Auflage – 112.

Lieferung, 2008

(Zitiert: SK – Bearbeiter)

Schilling, Georg: Der Verbrechensversuch des mittelbaren

Täters und des Mittäters, 1975

(Zitiert: Schilling)

Schönke, Adolf / Schröder, Horst: Strafgesetzbuch. Kommentar, 27. Auflage,

2006

(Zitiert: S/S – Bearbeiter)

Schulz, Joachim: Anstiftung oder Beihilfe, JuS 1986, 933-942

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IX

Ulsenheimer, Klaus: Grundfragen des Rücktritts vom Versuch in

Theorie und Praxis, 1976

(Zitiert: Ulsenheimer)

Weißer, Bettina / Kreß, Claus: Klausur Strafrecht: Strafrechtliche

Hausarbeit zu den Brandstiftungsdelikten, JA

2003, 857-866

Wessels, Johannes / Beulke, Werner: Strafrecht Allgemeiner Teil. Die Straftat und

ihr Aufbau, 39. Auflage, 2009

(Zitiert: Wessels/Beulke)

Zopfs, Jan: Die aktuelle Entscheidung: Vermeintliche

Mittäterschaft und Versuchsbeginn. BGH-

Urteil vom 25.10.1994 – 4 StR 173/94, Jura

1996, 19-24

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X

Gliederung

A.   STRAFBARKEIT VON A UND B..................................................................................1  

I.   §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: IN MITTÄTERSCHAFT BEGANGENER VERSUCHTER TOTSCHLAG AM R........................................................................................................................1  

1.  Vorprüfung ........................................................................................................................1  a.   Strafbarkeit des versuchten Totschlags ........................................................................1  b.   Keine Vollendung.........................................................................................................1  

2.   Tatbestand .........................................................................................................................1  a.   Gemeinsamer Tatentschluss .........................................................................................1  b.   Unmittelbares Ansetzen zur gemeinschaftlichen Tatbegehung ...................................2  

3.   Rechtswidrigkeit................................................................................................................3  4.   Schuld................................................................................................................................4  5.   Persönlicher Strafaufhebungsgrund für B: § 24 II 1 .........................................................4  

a.   Verhinderung der Tatvollendung .................................................................................4  (1)   Möglichkeit des Weiterhandelns.....................................................................4  (2)   Nicht weitergehandelt .....................................................................................5  (3)   Kausalität des Nichtweiterhandelns für die Tatverhinderung .........................5  

b.   Freiwilligkeit ................................................................................................................6  

II.   §§ 223 I, 25 II: VOLLENDETE KÖRPERVERLETZUNG IN MITTÄTERSCHAFT..........................7  1.   Tatbestand .........................................................................................................................7  

a.   Erfolg............................................................................................................................7  b.   Gemeinschaftliche Handlungen....................................................................................7  c.   Gemeinsamer Tatentschluss .........................................................................................8  

2.   Rechtswidrigkeit und Schuld ............................................................................................8  

III.   §§ 239 I ALT. 2, 25 II: FREIHEITSBERAUBUNG IN MITTÄTERSCHAFT.................................8  1.   Tatbestand .........................................................................................................................9  

a.   Erfolg: Freiheitsberaubung...........................................................................................9  b.   Handlung ......................................................................................................................9  c.   Gemeinsamer Tatentschluss .......................................................................................10  

2.   Rechtswidrigkeit und Schuld ..........................................................................................10  

IV.   §§ 240 I, II, 25 II: MITTÄTERSCHAFTLICH BEGANGENE, VOLLENDETE NÖTIGUNG ..........10  1.   Tatbestand .......................................................................................................................11  

a.   Nötigung .....................................................................................................................11  aa.   Nötigungsmittel: Gemeinschaftliche Gewaltanwendung...................................11  bb.   Nötigungserfolg (Duldung) und Kausalität .......................................................11  

b.   Gemeinsamer Tatentschluss .......................................................................................11  2.   Rechtswidrigkeit..............................................................................................................11  3.   Schuld..............................................................................................................................12  

V.   ERGEBNIS...........................................................................................................................12  

B.   STRAFBARKEIT VON G UND R................................................................................12  

I.   AUFHETZEN DES G DURCH R...............................................................................................12  

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XI

1.   R: § 25 I Alt. 2 iVm § 212 I: Versuchte mittelbare Täterschaft beim Totschlag am F durch G.................................................................................................................................12  2.   R: § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I: Anstiftungsversuch zum Totschlag ..................................12  

a.   Vorprüfung .................................................................................................................13  b.   Tatbestand...................................................................................................................13  

aa.   Tatentschluss......................................................................................................13  (1)   Vorsatz bzgl der Hervorrufung des Tatentschlusses beim G ........................13  (2)   Vorsatz bzgl vorsätzlich begangener, rechtswidriger Haupttat.....................13  

bb.   Unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen..........................................................14  c.   Rechtswidrigkeit und Schuld......................................................................................14  

3.   R: § 267 I Alt. 1: Urkundenfälschung .............................................................................14  a.   Tatbestand...................................................................................................................15  

II.   BITTE DES G ZUM ERSCHIEßEN DES F.................................................................................15  1.  G: § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I: Anstiftungsversuch zum Totschlag ..................................15  

a.   Vorprüfung .................................................................................................................15  b.   Tatbestand...................................................................................................................15  

aa.   Tatentschluss......................................................................................................15  (1)   Vorsatz bzgl der Hervorrufung des Tatentschlusses beim R ........................16  (2)   Vorsatz bzgl vorsätzlich begangener, rechtswidriger Haupttat.....................16  

bb.   Unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen..........................................................16  c.   Rechtswidrigkeit.........................................................................................................17  d.   Schuld .........................................................................................................................17  

2.   R: § 138 I Nr. 5 Alt. 2: Nichtanzeige geplanter Straftaten..............................................18  a.   Tatbestand...................................................................................................................18  b.   Rechtswidrigkeit und Schuld......................................................................................18  

III.   VERWEIS DES R AUF A UND B SOWIE DIE INSTRUKTIONEN DES G ....................................18  1.  G: § 25 I Alt. 2 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Von G in mittelbarer Täterschaft begangener versuchter Totschlag am R ...............................................................................18  

a.   Tatbestand...................................................................................................................18  aa.   Straftat ................................................................................................................18  bb.   Tatbestand der mittelbaren Täterschaft .............................................................18  

(1)   Zurechnung des versuchten Totschlags aufgrund Tatherrschaft...................19  (a)   Tatherrschaft kraft überlegenen Willens ..................................................19  (b)   Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens .................................................19  (c)   Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate ...............................19  

2.  G: § 25 II iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: In Mittäterschaft von A, B und G begangener, versuchter Totschlag am R ..............................................................................20  

a.   Vorprüfung .................................................................................................................20  b.   Tatbestand...................................................................................................................20  

3.  G: § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II : Anstiftung zum versuchten Totschlag von A und B am R ..........................................................................................................................20  

a.   Tatbestand...................................................................................................................20  aa.   Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat durch A und B ........................................21  bb.   Anstiftung: Hervorrufen des Tatentschlusses bei A und B ...............................21  cc.   Kausalität der Anstiftung für die Tat .................................................................21  dd.   Vorsatz bzgl Tat und Anstiftung .......................................................................21  

b.   Rechtswidrigkeit und Schuld......................................................................................22  4.   R: § 26 iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Anstiftung des G zur Anstiftung von A und B zum Tötungsversuch.......................................................................................23  

a.   Strafbarkeit .................................................................................................................23  

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XII

b.   Tatbestand...................................................................................................................23  aa.   Vorsätzlich, rechtswidrig begangene Haupttat ..................................................23  bb.   Anstiftung ..........................................................................................................23  cc.   Kausalität der Anstiftung für die Haupttat .........................................................23  dd.   Vorsatz bzgl der Haupttat und der Anstiftung...................................................24  

5.   § 27 I iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Beihilfe zur Anstiftung von A und B zum Tötungsversuch ............................................................................................................24  6.  G: § 26 iVm §§ 223 I, 25 II: Anstiftung zur vollendeten Körperverletzung in Mittäterschaft am R..............................................................................................................25  

a.   Tatbestand...................................................................................................................25  aa.   Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat durch A und B ........................................25  bb.   Anstiftungshandlung: Hervorrufen des Tatentschlusses ...................................25  cc.   Kausalität der Anstiftungshandlung für die Tat .................................................25  dd.   Vorsatz bzgl Tat und Anstiftung .......................................................................26  

b.   Rechtswidrigkeit und Schuld......................................................................................26  7.   R: § 26 bzw § 27 I iVm § 26 iVm §§ 223 I, 25 II: Anstiftung des G bzw Beihilfe zur Anstiftung von A und B zur vollendeten Körperverletzung in Mittäterschaft am R...........26  

IV.   ERFOLGSKONTROLLE DURCH R: § 27 I IVM §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II BZW §§ 223 I, 25 II: BEIHILFE ZUM VERSUCHTEN TOTSCHLAG BZW ZUR VOLLENDETEN KÖRPERVERLETZUNG VON A UND B AM R...................................................................................................................26  

V.   ERGEBNIS...........................................................................................................................26  

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Gutachten

A. STRAFBARKEIT VON A UND B

I. §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II1: In Mittäterschaft begangener

versuchter Totschlag am R

A und B haben sich je nach §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II des in

Mittäterschaft versuchten Totschlags durch das versuchte Werfen des R

in den Hochofen strafbar gemacht, wenn der Versuch eines Totschlags

strafbar ist, keine Vollendung vorliegt und sie ferner tatbestandsmäßig,

rechtswidrig und schuldhaft handelten.

1. Vorprüfung

a. Strafbarkeit des versuchten Totschlags

Nach § 23 I ist nur der Versuch eines Verbrechens strafbar. Verbrechen

sind gemäß § 12 I rechtswidrige Taten, die eine Mindestfreiheitsstrafe

von einem Jahr vorsehen. § 212 I sieht für den Totschlag eine

Mindestfreiheitsstrafe von 5 Jahren vor, somit handelt es sich um ein

Verbrechen iSv2 § 12 I. Der Versuch eines Totschlags ist mithin strafbar.

b. Keine Vollendung

Ferner dürfte auch keine Vollendung vorliegen. Dazu müsste der

tatbestandliche Erfolg ausgeblieben sein. Aus dem Sachverhalt geht

hervor, dass R noch lebt und folglich der Taterfolg von § 212 I, der Tod

eines Menschen, ausgeblieben ist.

2. Tatbestand

A und B müssten auch tatbestandsmäßig gehandelt haben. Beim

versuchten Totschlag in Mittäterschaft bedarf es eines gemeinsamen

Tatentschluss aller Mittäter sowie eines unmittelbaren Ansetzens zur

gemeinschaftlichen Tatbegehung.

a. Gemeinsamer Tatentschluss

Es müsste also einen gemeinsamen Tatentschluss von A und B bzgl. des

versuchten Totschlags gegeben haben. Dieser liegt zumindest dann vor,

wenn ein gegenseitiges, auf einem gemeinsamen Willen basierendes

Einverständnis bzgl der Begehung einer Tat mittels gemeinsamen,

1 Normen sind vorbehaltlich anderweitiger Angaben solche des StGB. 2 Es werden die üblichen Abkürzungen verwendet (vgl Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., 2006).

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2

arbeitsteiligen Handelns hergestellt wurde.3

Im vorliegenden Fall haben A und B die Instruktionen des G beide

vernommen und durch ihr gemeinsames Handeln konkludent gezeigt,

dass sie diesen Instruktionen Folge leisten wollen. Fraglich ist jedoch, ob

ein konkludenter Tatentschluss reicht. Dabei wird teilweise in Frage

gestellt, ob die Rechtsfigur des konkludenten Handelns hier Anwendung

finden kann,4 gleichzeitig wird jedoch eingeräumt, dass es bei

eindeutigen Verhaltensweisen und Handlungen auch konkludent

geschehen kann.5 In dem A und B beide mit der Tatausführung beginnen,

zeigen beide dem jeweils anderen ihre eindeutige Bereitschaft, weshalb

also ein gemeinsamer Tatentschluss vorlag und darüber hinaus ist auch

nicht ersichtlich, dass A oder B sich bis zum Eintritt in das

Versuchsstadium wieder von diesem distanzierten.

Den Instruktionen des G zufolge sollten sie die Person, welche sich

zuerst nach der Beendigung des Auftrags des Chefs erkundigt, in den

Hochofen werfen und so töten. Für den G stand dabei fest, dass dies der

F sein wird. A und B konkretisierten diese Vorstellung jedoch nicht auf

den F sondern nur auf den potenziellen Fragesteller. A und B hatten also

den gemeinsamen Tatentschluss, den vermeintlichen Erfolgskontrolleur –

nicht aber konkret F – durch das Werfen in den Hochofen zu töten.6

b. Unmittelbares Ansetzen zur gemeinschaftlichen Tatbegehung

A und B müssten auch unmittelbar zur gemeinschaftlichen Tatbegehung

angesetzt haben. A und B setzten jedenfalls unmittelbar nach der in §§

22, 23 gesetzlich normierten subjektiv-objektiven Theorie7 zur Tat an,

wenn sie Handlungen ausführten, die nach ihrer Vorstellung von der Tat

bei ungestörtem Fortgang ohne weitere wesentliche Zwischenakte oder

zeitliche Zäsuren direkt in die Tatausführung einmünden sollten8, sodass

die räumlich-zeitliche Sphäre des Opfers9 bereits betreten wurde sowie

3 Kühl, § 25, Rn 10 mwN. 4 NStZ 1991, 571 (573). 5 NStZ 1991, 571 (574). 6 Irrtümer beim Tatentschluss sind unbeachtlich, da diese sich ausschließlich an Tätervorstellungen orientieren und Irrtümer immer die Abweichung von Realität und Vorstellung bedeuten. Vorstellung und Vorstellung können nicht divergieren. 7 B-OK – Beckemper, § 22, Rn 31; S/S – Eser, § 22, Rn 32; Fischer, § 22, Rn 7; Kühl, § 22, Rn 4; SK – Rudolphi, § 22, Rn 8. 8 S/S – Eser, § 22, Rn 39; BGHSt 26, 201. 9 BGH NStZ 1989, 473.

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das gefährdete Rechtsgut bereits bedroht10 schien und sie ferner die

Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschritten hatten, wobei es keiner

weiteren Willensimpulse mehr bedurfte11.

Fraglich ist jedoch, ob alle Mittäter unmittelbar angesetzt haben müssen

oder ob über § 25 II das unmittelbare Ansetzen eines Mittäters auch allen

anderen Mittätern zuzurechnen ist.

Nach der strengen Einzellösung12 setzt jeder Mittäter einzeln an, indem

er unmittelbar zu dem Tatbeitrag ansetzt, welcher auch seine

Mittäterschaft begründet, da er nur so Tatherrschaft erlangt, welche ihn

überhaupt erst zum Täter macht. § 25 II schafft jedoch gerade die

Möglichkeit der Zurechnung der anderen Tatbeiträge, sodass durch die

strenge Einzellösung diese ausgehöhlt würde, denn durch den

gemeinsamen Tatplan wissen alle Mittäter um die Handlungen des

anderen, welche ihnen dann auch zugerechnet werden können.

Daher setzen nach der weiten Gesamtlösung13 alle Mittäter unmittelbar

an, wenn ein Mittäter aus objektiver Sicht mit dem Vollzug des

gemeinsamen Tatplans beginnt. Die rein objektive Betrachtung und das

Einbeziehen nicht-tatbestandlicher Handlungen erfordern jedoch eine

Begrenzung der Gesamtlösung: Der engen Gesamtlösung14 zufolge

setzen alle Mittäter dann unmittelbar zur Tat an, wenn ein Mittäter

tatbestandliche Handlungen entsprechend dem gemeinsamen Tatplan

ausführt und willentlich als Mittäter agiert.

Vorliegend kann dieser Streit jedoch dahingestellt bleiben, da sowohl A

als auch B bereits Handlungen ausführten, welche nach ihrer Vorstellung

von der Tat notwendig und ausreichend für den Taterfolg sein sollten.

Die Mittäter A und B haben also beide unmittelbar zur gemeinsamen

Tatbegehung angesetzt. Der Tatbestand wurde somit erfüllt.

3. Rechtswidrigkeit

In Ermangelung von Hinweisen im Sachverhalt bzgl etwaiger

10 BGHSt 30, 363; BGHSt 43, 177 (182). 11 BGH NJW 2008, 1460. 12 ZStW 1986, 839 (872); JA 1983, 578 (587); Puppe, § 37, Rn 7; § 39, Rn 13; § 44, Rn 1; Schilling, 104 ff. 13 BGHSt 40, 209 (302 ff.); Fischer, § 22, Rn 21 ff.; NStZ 1994, 265 f.; GA 1997, 76; MK – Herzberg, § 22, Rn 151 f.; JA 2003, 857 (861). 14 BGHSt 39, 236; BGH wistra 1987, 27; NStZ 1995, 427; JZ 1995, 713; wistra 1995, 59; JuS 1995, 492; JA 1996, 664 (668 ff.); Jura 1996, 23; Jura 1999, 482; JuS 2002, 29; Jura 2003, 282; Krey, AT2, Rn 440; Wessels/Beulke, Rn 612.

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Rechtfertigungsgründe wird die Rechtswidrigkeit der Tat hier unterstellt.

4. Schuld

Wohingegen bei B keine Gründe ersichtlich sind, welche seine

Schuldfähigkeit ausschlössen; so ist fraglich, ob die beim A

diagnostizierte, bereits bei Tatbegehung existente, schwere

Schizophrenie dessen Schuldfähigkeit wegen einer krankhaften

seelischen Störung iSv § 20 Alt. 1 ausgeschlossen ist.

Krankhafte seelische Störungen sind dabei sämtliche psychischen

Anomalien, die als Krankheit angesehen werden können und für welche

es einen organischen Ursprung gibt.15

A hat eine schwere Schizophrenie, welche zu den endogenen Psychosen

zählt – also eine krankhafte seelische Störung, bei der eine

Nachweisbarkeit des organischen Ursprungs nicht möglich ist, diese

jedoch postuliert wird.16 Seine Psychose war zum Zeitpunkt des

Tatentschlusses auch derartig akut, dass in diesem Zusammenhang auch

nicht von einem „lichten Moment“17 gesprochen werden kann und seine

Schizophrenie zum Zeitpunkt der Tat seine Schuldunfähigkeit

begründete und ihm die Fähigkeit nahm, das Unrecht der Tat einzusehen.

A war also mithin schuldunfähig nach § 20 Alt. 1 bei Begehung der Tat,

B jedoch schuldfähig.

5. Persönlicher Strafaufhebungsgrund für B: § 24 II 1

B könnte jedoch nach § 24 II 1 strafbefreiend von der Tat zurückgetreten

sein. Dazu müsste B freiwillig die Vollendung der Tat verhindert haben.

a. Verhinderung der Tatvollendung

B hat die Tat nicht vollendet18 und müsste darüber hinaus den

Erfolgseintritt verhindert haben. Dabei kann nach § 13 I die

Verhinderung bei der Mittäterschaft nicht nur durch

Verhinderungshandlungen sondern auch durch das Nichtweiterhandeln

trotz Möglichkeit erreicht werden19.

(1) Möglichkeit des Weiterhandelns

Es müsste also aus der Sicht des B möglich gewesen sein, weitere 15 MK – Streng, § 20, Rn 31. 16 MK – Streng, § 20, Rn 34. 17 B-OK – Eschelbach, § 20, Rn 18. 18 Die fehlende Tatvollendung wurde bereits in A.I.1.b ausgeführt. 19 BGH StraFo 2003, 207; MK – Herzberg, § 24, Rn 188; S/S – Eser, § 24, Rn 89; B-OK – Beckemper, § 24, Rn 62.

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Ausführungshandlungen vorzunehmen.

Fraglich ist dabei, ob die Beurteilung vom Tatplan oder vom

Rücktrittshorizont her erfolgt. Nach dem Tatplan hatten A als auch B

bereits Handlungen vorgenommen, welche für den Tod des R ausreichen

sollten; folglich wäre demnach ein Rücktritt nach § 24 I 1 Alt. 1 nicht

mehr möglich. Zum Zeitpunkt des Rücktritts bedurfte es jedoch noch

weiterer Handlungen von A und B um den Tod herbeizuführen, diese

waren ihnen auch möglich. Ausgehend vom Rücktrittshorizont wäre also

ein Rücktritt vom unbeendeten Versuch möglich. Sowohl die Lehre von

der goldenen Brücke20 als auch die Gnadentheorie21 als auch die

Strafzwecktheorie22 gewähren dabei dem Täter möglichst lange die

Möglichkeit zum Rücktritt um der Teleologie von § 24 gerecht zu

werden, folglich ist bei der Beurteilung der Rücktrittshorizont

maßgeblich. Somit war für B die weitere Tatausführung möglich,

außerdem war sie auch notwendig aus seiner Sicht.

(2) Nicht weitergehandelt

Gleichwohl B die Möglichkeit als auch die Notwendigkeit weiterer

Ausführungshandlungen sah, hat er keine weiteren Handlungen

vorgenommen, um den Tatbestand zu verwirklichen, sodass er insgesamt

trotz Möglichkeit nicht weitergehandelt hat.

(3) Kausalität des Nichtweiterhandelns für die Tatverhinderung

Das Nichtweiterhandeln müsste aber auch kausal gewesen sein für die

Verhinderung der Tatvollendung. Der Kausalzusammenhang kann in

diesem Fall bejaht werden, wenn die unterlassene Handlung nicht

hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit

grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten würde.

Innerhalb der gemeinsamen Tatbegehung kann A die Tat nicht vollenden,

da er alleine nicht fähig ist, den R weiter festzuhalten und ihn in den

Hochofen zu werfen. Nach lebensnaher Auslegung ist andererseits davon

auszugehen, dass skrupellose, mehrfach verurteilte Straftäter, die an

einem Hochofen arbeiten, gemeinsam einen Prokuristen in selbigen

werfen könnten, sodass die Handlungen des B nicht hinzugedacht werden

20 MK – Herzberg, § 24, Rn 21 ff. 21 MK – Herzberg, § 24, Rn 30 ff. 22 MK – Herzberg, § 24, Rn 33 ff.

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können, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender

Wahrscheinlichkeit eintreten würde. Dementsprechend ist auch der

Kausalzusammenhang zu bejahen. B hat also die objektiven

Voraussetzungen von § 24 II 1 erfüllt.

b. Freiwilligkeit

Nach § 24 II 1 müsste er diese auch freiwillig aufgegeben haben. Strittig

ist dabei, ob ein freiwilliger Rücktritt überhaupt noch möglich ist,

nachdem A und B von F entdeckt wurden und dieser ihnen mit dem

Rufen der Polizei drohte.

Grds schließt die Entdeckung der Tat und die damit verbundene

nachträgliche Risikoerhöhung die Möglichkeit zum freiwilligen Rücktritt

nicht aus, gleichwohl es ein Indiz für die Unfreiwilligkeit darstellt.23

Einerseits wird darauf abgestellt, ob der Täter sich entdeckt glaubt, und

mit der Bejahung dessen automatisch die Möglichkeit zum freiwilligen

Rücktritt verwehrt.24 Andererseits wird in Anlehnung an die Franksche

Formel die Unfreiwilligkeit nur dann bejaht, wenn die Furcht des Täters

vor der Entdeckung so immens war, dass er psychisch nicht mehr zu

einer freien Willensbildung und -entscheidung fähig war.25

Bei einem derartigen Kontrastieren wird jedoch die Vorstellung des

Täters über die mit der Entdeckung verknüpften Folgen vollkommen

unterschlagen, welche jedoch bei der Beurteilung der Freiwilligkeit

ausschlaggebend sind.26 Strittig ist also auch, welche Motive B der

Tataufgabe zugrunde legte, nachdem sie vom F entdeckt wurden.

Nach dem psychologisierenden Ansatz27 dürfte B lediglich aus

autonomen Motiven28 zurückgetreten und müsste Herr seiner

Entschlüsse29 gewesen sein. Dabei orientiert sich die Autonomie seines

Entschlusses an der freien Selbstbestimmung und die Herrschaft über

seinen Entschluss ergibt sich aus der Abwesenheit von etwaigen

zwingenden Rücktrittsgründen. Vorliegend sah sich B mit einer

wesentlichen Verschlechterung der Lage infolge der Entdeckung durch F 23 BGH StV 1982, 219; BGH NStZ 1999, 300 (301); S/S – Eser, § 24, Rn 49; Kühl, § 24, Rn 21. 24 BGH StV 1982, 467. 25 Bottke, 504 (505). 26 Ulsenheimer, 333 (333 f.). 27 B-OK – Beckemper; § 24, Rn 30. 28 S/S – Eser, § 24, Rn 43. 29 B-OK – Beckemper, § 24, Rn 31 mwN; MK – Herzberg, § 24, Rn 142.

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konfrontiert, sodass die äußeren Umstände ihn zu einer Flucht forcierten,

weshalb kein freiwilliger Rücktritt angenommen werden kann.30

Die normative Auslegung31 stellt hingegen bei der Beurteilung des

jeweiligen Einzelfalls auf die ratio legis, also die mit dem Rücktritt vom

Gesetzgeber verfolgten Ziele, ab. Danach sei der Rücktritt freiwillig,

wenn er „nach den Maßstäben seines Gewerbes unvernünftig“ agierte.32

B zeigte sich von der Androhung der Polizei beeindruckt und flüchtete

vom Tatort; ein solches Verhalten kann für einen Verbrecher in

Anbetracht der Sachlage nicht als unvernünftig eingestuft werden, womit

er nach der normativen Auslegung nicht freiwillig zurückgetreten wäre.

Beide Ansätze kommen zum selben Ergebnis, sodass eine

Streitentscheidung hier dahingestellt bleiben kann: B ist nicht freiwillig

iSv § 24 II vom versuchten Totschlag zurückgetreten. Folglich ist er

nicht strafbefreiend nach § 24 II 1 vom Versuch zurückgetreten.

A ist infolge seiner Schuldunfähigkeit gemäß § 20 Alt. 1 nicht strafbar; B

hat sich jedoch nach §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II des versuchten

Totschlags in Mittäterschaft strafbar gemacht.

II. §§ 223 I, 25 II: Vollendete Körperverletzung in Mittäterschaft

A und B haben sich nach §§ 223 I, 25 II der in Mittäterschaft

begangenen, vollendeten Körperverletzung strafbar gemacht, wenn sie

mit den Versuchen den R in den Hochofen zu werfen den Tatbestand der

Körperverletzung rechtswidrig und schuldhaft verwirklichten.

1. Tatbestand

Sie müssten R körperlich misshandelt, die Tat gemeinschaftlich

begangen und sich auch zu dieser gemeinsam entschlossen haben.

a. Erfolg

R wurde durch Auskugeln seines Armes körperlich misshandelt, weil

dies einer üblen, angemessenen, nicht nur unerheblichen

Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit entspricht. Der von

§ 223 I geforderte Erfolg ist also eingetreten.

b. Gemeinschaftliche Handlungen

A und B müssten auch gemeinschaftlich Handlungen ausgeführt haben,

30 vgl auch BGH NStZ 2007, 265 (266). 31 MK – Herzberg, § 24, Rn 144. 32 So der Versuch Roxins dies greifbarer zu machen: Roxin, FS Heinitz, 256.

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welche für den Erfolg kausal und diesem objektiv zurechenbar waren.

Durch den arbeitsteiligen Versuch der beiden den R in den Hochofen zu

werfen, schufen sie Bedingungen, welche nicht hinweggedacht werden

können, ohne dass der Erfolg entfiele. Darüber hinaus schufen sie auch

unzulässiger Weise eine von ihnen steuerbare Gefahr, welche sich in dem

ausgekugelten Arm realisierte. Die beiden haben also gemeinschaftlich

kausale und objektiv zurechenbare Handlungen ausgeführt.

c. Gemeinsamer Tatentschluss

A und B hatten wie bereits in A.I.2.a dargestellt einen gemeinsamen

Tatentschluss zum Totschlag, welcher auch einen gemeinsamen

Tatentschluss zur Körperverletzung nach § 223 I impliziert.

Der Tatbestand der Körperverletzung in Mittäterschaft wurde vollführt.

2. Rechtswidrigkeit und Schuld

Sie handelten rechtswidrig; A ist schuldunfähig, B jedoch schuldfähig.33

Wohingegen A infolge seiner Schuldunfähigkeit nicht nach §§ 223 I, 25

II strafbar ist, hat B sich wegen vollendeter Körperverletzung in

Mittäterschaft nach §§ 223 I, 25 II strafbar gemacht.

Fraglich ist dabei, in welchem Konkurrenzverhältnis die vollendete

Körperverletzung zum Tötungsversuch steht. Vorliegend tritt aufgrund

fehlender Vollendung des Totschlags34 § 223 I nicht zurück, gleichwohl

die Tötungsabsicht den Willen zur Körperverletzung impliziert35. Die

objektive Klarstellungsfunktion eines Richterspruchs36 sowie die diesem

zugrunde gelegten Rechtsgutsverletzungen verlangen eine umfassende

Berücksichtigung der vollendeten Körperverletzung37, sodass der

versuchte Totschlag in Tateinheit mit der vollendeten Körperverletzung38

begangen wurde. So wird ua gewährleistet, dass es zur keiner doppelten

Bestrafung der Tat und des mit ihr verbundenem Unrechts kommt39.

III. §§ 239 I Alt. 2, 25 II: Freiheitsberaubung in Mittäterschaft

A und B haben sich auch nach §§ 239 I Alt. 2, 25 II der in Mittäterschaft

33 Aufgrund keinerlei ersichtlicher Rechtfertigungsgründe wird die Rechtswidrigkeit an dieser Stelle unterstellt. Siehe auch A.I.4. 34 BGHSt 16, 122 (123). 35 BGHSt 22, 248 ff. 36 LK – Jähnke, § 212, Rn 43; MK – Schneider, § 212, Rn 71. 37 NStZ 1995, 211; S/S – Eser, § 212, Rn 23. 38 SK – Horn, § 212, Rn 32; BGHSt 44, 196 (198 f.); LK – Jähnke, § 212, Rn 43; MK – Schneider, § 212, Rn 71; S/S – Eser, § 212, Rn 23. 39 BGHSt 39, 100 (109); LK – Lilie, vor § 223, Rn 18.

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begangenen, vollendeten Freiheitsberaubung strafbar gemacht, wenn sie

durch das Festhalten des R den Tatbestand des § 239 I Alt. 2 rechtswidrig

und schuldhaft verwirklichten.

1. Tatbestand

Sie müssten R gemeinschaftlich in seiner Freiheit auf andere Weise

beraubt haben und sich dazu auch gemeinsam entschlossen haben.

a. Erfolg: Freiheitsberaubung

R wurde in seiner Freiheit iSv § 239 I beraubt, wenn ihm für einen nicht

völlig unerheblichen Zeitraum die Fähigkeit entzogen wurde, seinen

Aufenthaltsort entsprechend seinen Vorstellungen zu ändern40.

Fraglich ist, ob das Handgemenge im vorliegenden Fall die temporäre

Erheblichkeitsschwelle überschritten hat. Dabei kann bereits der Entzug

der Bewegungsfreiheit für eine Minute41 oder über mehrere Sekunden42

eine Freiheitsberaubung iSv § 239 I darstellen, sofern dieser

Freiheitsentzug besonders intensiv war43. Im gegenwärtigen Fall

entzogen A und B dem R seine Bewegungsfreiheit über einen vermutlich

relativ kurzen Zeitraum (unter einer Minute), wobei die genaue Dauer

nicht aus dem Sachverhalt hervorgeht. Fest steht jedoch, dass sie ihm

seine komplette Bewegungsfreiheit entzogen haben und somit in

besonders intensiver Weise in die Bewegungsfreiheit des R eingriffen.

Folglich wurde die Erheblichkeitsschwelle überschritten und A sowie B

haben R seiner Freiheit iSv § 239 I beraubt.

b. Handlung

A und B müssten auch gemeinschaftlich Handlungen ausgeführt haben,

welche die Freiheitsberaubung auf andere Weise begründen sowie kausal

und dieser objektiv zurechenbar waren. Damit sie R auf andere Weise der

Freiheit beraubt haben, müssten sie gemeinsam Mittel angewandt haben,

die geeignet waren, dem R seine Fortbewegungsmöglichkeit zu

nehmen44. Bei einem Festhalten durch 2 körperlich hart arbeitende

Männer kann bei lebensnaher Auslegung davon ausgegangen werden,

dass diese im Stande sind eine durchschnittlich gebaute Person wie den R

40 SK – Horn/Wolters, § 239, Rn 3. 41 BGH NJW 1967, 941. 42 OLG Hamm JMB1 NRW 1964, 131. 43 LK – Träger/Schluckebier, § 239, Rn 18; MK – Wieck-Noodt, § 239, Rn 15. 44 S/S – Eser, § 239, Rn 6.

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seiner Freiheit zu berauben. Das gemeinschaftliche Festhalten stellt also

eine Freiheitsberaubung auf andere Weise (§ 239 I Alt. 2) dar. Ferner

können die von ihnen geschaffenen Bedingungen nicht hinweggedacht

werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Sie schufen auch in unzulässiger

Weise eine für sie steuerbare Gefahr, welche sich in der

Freiheitsberaubung realisierte.

A und B haben also mithin gemeinschaftlich Handlungen ausgeführt,

welche kausal für die Freiheitsberaubung auf andere Weise und dieser

ebenfalls objektiv zurechenbar waren.

c. Gemeinsamer Tatentschluss

Wie bereits in A.I.2.a dargestellt, hatten A und B einen gemeinsamen

Tatentschluss zum Totschlag; dabei sah es ihr Tatplan vor, den R so in

seiner Bewegungsfreiheit zu behindern, dass sie ihn in den Hochofen

werfen konnten. Der gemeinsame Tatentschluss zum Totschlag impliziert

also auch hier den gemeinsamen Vorsatz zur Freiheitsberaubung, sodass

der gemeinsame Tatentschluss bejaht werden kann.

A und B erfüllten sämtliche erforderlichen Tatbestandsmerkmale.

2. Rechtswidrigkeit und Schuld

Beide agierten rechtswidrig; B ist schuldfähig, A schuldunfähig.45

Wohingegen A aufgrund seiner Schuldunfähigkeit nicht nach §§ 239 I,

25 II strafbar ist, hat B sich wegen Freiheitsberaubung in Mittäterschaft

nach §§ 239 I Alt. 2, 25 II strafbar gemacht. Die Strafbarkeit nach § 239 I

ist jedoch subsidiär zur Strafbarkeit nach § 223 I, da die begangene

Freiheitsberaubung zeitgleich mit dieser ist und diese auch nur begangen

wurde, um das Opfer während der Tat zum Dableiben zu forcieren46.

IV. §§ 240 I, II, 25 II: Mittäterschaftlich begangene, vollendete

Nötigung

A und B haben sich auch nach §§ 240 I Alt. 1 Alt. 2, II, 25 II der in

Mittäterschaft begangenen, vollendeten Nötigung strafbar gemacht, wenn

sie durch das Festhalten des R den Tatbestand des § 240 I Alt. 1, Alt. 2,

rechtswidrig und schuldhaft verwirklichten.

45 Aufgrund keinerlei ersichtlicher Rechtfertigungsgründe wird die Rechtswidrigkeit an dieser Stelle unterstellt. A ist schuldunfähig; B hingegen schuldfähig. Siehe auch A.I.4. 46 SK – Horn/Wolters, § 239, Rn 13; LK – Träger/Schluckebier, § 239, Rn 40.

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1. Tatbestand

Dazu müssten sie R mit Gewalt zu einer Duldung genötigt haben, die Tat

gemeinschaftlich begangen und sich gemeinsam entschlossen haben.

a. Nötigung

aa. Nötigungsmittel: Gemeinschaftliche Gewaltanwendung

A und B setzten dem R eine willensbrechende Kraft (vis absoluta)47

durch das Hinzufügen eines gegenwärtigen, empfindlichen Übels zum

Zwecke der Überwindung seines bestehenden Widerstands unter

Einsetzung von Kraft ihrerseits48, indem sie den sich heftig wehrenden R

gemeinsam festhielten und ihn in den Hochofen werfen wollten. Somit

können die in Rspr und Literatur vorhandenen Dispute bzgl der

Auslegung des Gewaltbegriffs49 dahingestellt bleiben, da A und B in

jedem Falle Gewalt anwendeten und somit gemeinschaftlich

Tathandlungen ausführten.

bb. Nötigungserfolg (Duldung) und Kausalität

Durch die Gewalteinwirkung war der R gezwungen, die Versuche von A

und B ihn in den Hochofen zu werfen, zu dulden, wobei diese Duldung

auch als unmittelbare, spezifische Folge des angewendeten

Nötigungsmittels anzusehen ist50, sodass auch ein auf dem

Nötigungsmittel beruhender Nötigungserfolg eingetreten ist.

b. Gemeinsamer Tatentschluss

A und B hatten wie schon in A.I.2.a dargestellt einen gemeinsamen

Tatentschluss zum Totschlag, zu dessen Verwirklichung mussten sie R

gewaltsam festhalten, um ihn in den Hochofen zu werfen. Sie handelten

willentlich und zielgerichtet bzgl des abgenötigten Verhaltens51.

A und B erfüllten mithin den Tatbestand der Nötigung.

2. Rechtswidrigkeit

Einerseits sind keine Rechtfertigungsgründe im Sachverhalt ersichtlich

und andererseits ist die Tat auch verwerflich und somit rechtswidrig nach

§ 240 II, da die Nötigung im Kontexte eines Totschlagsversuch einen

47 StGB-SK, vor § 232, Rn 13. 48 StGB-SK, § 240, Rn 28. 49 Zusammenfassung des Disputs: StGB-SK, vor § 232, Rn 12 ff. 50 vgl BGHSt 37, 350 (353 f.). 51 S/S – Eser, § 240, Rn 34.

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sehr hohen Grad an sittlicher und sozialer Missbilligung52 aufweist.

3. Schuld

A ist schuldunfähig nach § 20 Alt. 1. B ist hingegen voll schuldfähig.53

A ist aufgrund seiner Schuldunfähigkeit nicht nach §§ 240 I, 25 II

strafbar; B hat sich jedoch wegen Nötigung in Mittäterschaft nach §§ 240

I Alt. 1 Alt. 2, II, 25 II strafbar gemacht.

Jedoch ist § 239 spezieller im Hinblick auf das Nötigungsmittel54 und

jede Freiheitsberaubung impliziert auch immer eine Nötigung in Form

einer durch Gewalt erzwungenen Duldung des freiheitsberaubenden

Zustands55, sodass § 240 hier hinter § 239 zurücktritt.

V. Ergebnis

Infolge seiner Schuldunfähigkeit gem § 20 Alt. 1 hat sich Arbeiter A

keiner Straftaten schuldig gemacht.

Arbeiter B hat sich nach §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II dem in

Mittäterschaft begangenen, versuchten Totschlags sowie in Tateinheit der

in Mittäterschaft begangenen, vollendeten Körperverletzung nach §§ 223

I, 25 II strafbar gemacht. Dabei erfüllte er zwar jeweils in Mittäterschaft

auch die Tatbestände der Freiheitsberaubung (§§ 239 I Alt. 2, 25 II) und

der Nötigung (§§ 240 I Alt. 1 Alt. 2, II, 25 II); diese stehen jedoch

innerhalb der Gesetzeskonkurrenz in einem Subsidiaritätsverhältnis zur

vollendeten Körperverletzung.

B. STRAFBARKEIT VON G UND R

I. Aufhetzen des G durch R

1. R: § 25 I Alt. 2 iVm § 212 I: Versuchte mittelbare Täterschaft

beim Totschlag am F durch G

R ist nicht nach § 25 I Alt. 2 iVm § 212 I strafbar, da kein Totschlag am

F vorliegt und zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefährdung bestand;

damit wiederum keine Tat dessen mittelbarer Täter R sein könnte.

2. R: § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I: Anstiftungsversuch zum Totschlag

R hat sich durch die wahrheitswidrigen Aussagen sowie den von ihm

gefälschten Liebesbrief nach § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I dem Versuch der

52 StGB-SK, § 240, Rn 31 mwN. 53 Dies wurde bereits in A.I.4 dargestellt. 54 SK – Wolters/Horn, § 239, Rn 13; ders, § 240, Rn 55; LK – Träger/Schluckebier, § 239, Rn 41; LK – Träger/Altvater, § 240, Rn 124; S/S – Eser, § 240, Rn 40. 55 MK – Gropp/Sinn, § 240, Rn 163; Jura 2006, 31 (41).

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Anstiftung des G zum Totschlag strafbar gemacht, wenn die Anstiftung

nicht vollendet werden konnte und er ferner rechtswidrig und schuldhaft

den Tatbestand erfüllte.

a. Vorprüfung

G bekommt zwar wie erwartet einen cholerischen Anfall, dieser ist

jedoch kein so hochgradiger Affekt, dass er unmittelbar zur Tötung des F

ansetzt, sodass die Anstiftung nicht vollendet wurde.

b. Tatbestand

R erfüllte den Tatbestand, wenn er einen Tatentschluss gefasst hatte und

entsprechend diesem auch unmittelbar dazu ansetzte, den G zum

Totschlag zu bestimmen.

aa. Tatentschluss

R fasste einen Tatentschluss, wenn er einerseits den Vorsatz zur

Hervorrufung des Tatentschlusses beim G bzgl des Totschlages hatte56

und andererseits er selbst Vorsatz bzgl des vom G vorsätzlich zu

begehenden, rechtswidrigen Totschlags am F hatte57.

(1) Vorsatz bzgl der Hervorrufung des Tatentschlusses beim G

Damit R vorsätzlich den Tatentschluss des G hervorrief, müsste er mit

Wissen und Wollen bzgl der Tatbestandsverwirklichung gehandelt

haben58. R wusste um den zu Gewalt neigenden Hitzkopf G und

erwartete auch einen cholerischen Anfall bei diesem. Er wusste folglich

auch um die Gefahr, dass G sich entschließen würde, den F zu töten,

nahm diese jedoch billigend in Kauf. R handelte also zumindest mit

Eventualvorsatz bzgl der Hervorrufung des Tatentschlusses.

(2) Vorsatz bzgl vorsätzlich begangener, rechtswidriger Haupttat

Der vorhandene Streit um die zu wählende Perspektive bei der

Beurteilung, ob es sich um ein Verbrechen oder ein Vergehen handelt,59

kann hier dahin gestellt bleiben, da sowohl R als auch G den Totschlag

zutreffenderweise als Verbrechen einordneten.

Fraglich ist jedoch, ob er seine Vorstellungen von der Tat auch

hinreichend konkretisiert hat.60 Dazu muss geklärt werden, welche

56 StGB- SK, § 30, Rn 7. 57 NK – Zaczyk, § 30, Rn 18 ff. 58 Kühl, § 15, Rn 3; Jura 2001, 55 (56). 59 Zusammenfassung des Streits: StGB-SK, § 30, Rn 8. 60 LPK-StGB, § 30, Rn 2.

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Merkmale G jedoch zwingend gekannt haben musste. Eine Ansicht

verlangt lediglich die Konkretisierung hinsichtlich der zu begehenden Tat

und des Täters61, eine 2. zusätzlich die Konkretisierung bzgl der

Angriffsrichtung62 und eine 3. fordert, dass sich die Tat selbst als

konkret-individualisierbares Geschehen darstellen muss63. Dabei räumen

alle Ansichten ein, dass es einen gewissen Grad an Ungenauigkeit gibt,

da die Anstiftung sich immer auf eine zukünftige Handlung bezieht.64

Vorliegend wusste R, wer Opfer und Täter sein sollte, hatte jedoch keine

genaueren Vorstellungen, wie die Tat erfolgen sollte, konnte diese jedoch

auch bzgl Tatort und -zeit weitestgehend einschränken. R hatte also

nahezu alle Tatmerkmale konkretisiert, sodass er insgesamt seine

Vorstellung von der Tat hinreichend konkretisiert hat und mithin Vorsatz

bzgl des vom G auszuführenden Totschlags hatte. G hat den geforderten

Tatentschluss gefasst.

bb. Unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen

Er müsste auch unmittelbar dazu angesetzt haben, den G zu bestimmen.

Dabei tat R bereits alles, was nach seiner Ansicht nötig war, um den G

zur Tat zu bestimmen, indem er diesem von dem angeblichen Verhältnis

von S und F berichtete und den gefälschten Liebesbrief vorlegte. Die

Anstiftungshandlung wurde also bereits vollständig durchgeführt, sodass

er auch unmittelbar zur Bestimmung angesetzt hat. R erfüllte den

gesamten Tatbestand.

c. Rechtswidrigkeit und Schuld

Aufgrund der Abwesenheit von Hinweisen im Sachverhalt bzgl

möglicher Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sowie etwaiger

Mängel an der Schuldfähigkeit wird hier von der Rechtswidrigkeit und

der Schuld ausgegangen.

R hat sich nach § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I strafbar gemacht.

3. R: § 267 I Alt. 1: Urkundenfälschung

R hat sich nach § 267 I Alt. 1 durch die Fälschung des Liebesbriefes

strafbar gemacht, wenn dies der Herstellung einer unechten Urkunde

gleichkommt und er dies vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft tat.

61 Jescheck/Weigend, § 64, II, 2, b. 62 Maurach/Gössel/Zipf, § 51, Rn 8. 63 BGHSt 34, 63 (67). 64 Jura 2008, 514 (519).

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a. Tatbestand

Der Tatbestand müsste also vollführt sein. Dazu müsste u a der

gefälschte Liebesbrief eine unechte, vom R hergestellte Urkunde sein.

An der Unechtheit bestehen infolge der Täuschung bzgl des

Ausstellenden65 keine Zweifel bei einem gefälschten Brief. Fraglich ist

jedoch, ob ein Liebesbrief eine Urkunde sein kann. Urkunden sind dabei

jedenfalls alle körperlichen Erklärungen, die dem gedanklichen Inhalt

nach geeignet und bestimmt sind, ein Rechtsverhältnis zu beweisen, und,

die Rückschlüsse auf den Ausstellenden zulassen.66 Problematisch ist

dabei, dass ein Liebesbrief nicht der rechtlichen Beweisbarkeit dient und

er auch nicht einem Rechtsverhältnis zugrunde gelegt wurde67, weshalb

dieses Merkmal hier verneint werden muss. Infolgedessen handelt es sich

bei dem Liebesbrief um keine Urkunde iSv § 267.

Der Tatbestand der Urkundenfälschung wurde mithin nicht erfüllt.

R hat sich nicht nach § 267 I Alt. 1 strafbar gemacht.

II. Bitte des G zum Erschießen des F

1. G: § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I: Anstiftungsversuch zum Totschlag

G hat sich durch die Bitte gegenüber dem R den F zu erschießen nach §

30 I Alt. 1 iVm § 212 I dem Versuch der Anstiftung zum Totschlag

strafbar gemacht, wenn die Anstiftung nicht vollendet werden konnte und

er ferner rechtswidrig und schuldhaft den Tatbestand erfüllte.

a. Vorprüfung

Die Anstiftung konnte nicht vollendet werden, da R es vollkommen

ablehnt, den F mit seiner registrierten Waffe zu erschießen.

Dementsprechend kommt auch keine Anstiftung zum versuchten

Totschlag in Betracht.

b. Tatbestand

G erfüllte den Tatbestand, wenn er einen Tatentschluss gefasst hatte und

entsprechend diesem auch unmittelbar dazu ansetzte, den R zum

Totschlag zu bestimmen.

aa. Tatentschluss

G fasste einen Tatentschluss, wenn er einerseits den Vorsatz zur

65 S/S – Cramer/Heine, § 267, Rn 48. 66 S/S – Cramer/Heine, § 267, Rn 2. 67 wie zB in RGSt 67, 117.

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Hervorrufung des Tatentschlusses beim R bzgl des Totschlages hatte68

und andererseits er selbst Vorsatz bzgl des vom R vorsätzlich zu

begehenden, rechtswidrigen Verbrechens hatte69.

(1) Vorsatz bzgl der Hervorrufung des Tatentschlusses beim R

G stellte sich vor, dass R entsprechend seiner Bitte den F tötet, und hatte

somit den Willen beim R einen Tatentschluss hervorzurufen.

(2) Vorsatz bzgl vorsätzlich begangener, rechtswidriger Haupttat

Der vorhandene Streit um die zu wählende Perspektive bei der

Beurteilung, ob es sich um ein Verbrechen oder ein Vergehen handelt,70

kann auch hier dahin gestellt bleiben, da sowohl G als auch R den

Totschlag zutreffenderweise als Verbrechen kategorisieren mussten.

Fraglich ist jedoch, ob er seine Vorstellungen von der Tat auch

hinreichend konkretisiert hat.71 G hatte seine Vorstellung im aktuellen

Fall in Sachen Täter, Tatwaffe und Opfer konkretisiert, sodass von einer

hinreichenden Konkretisierung ausgegangen werden kann. Er hatte also

Vorsatz bzgl der vorsätzlich, rechtswidrig zu begehenden Haupttat.

G agierte mit Tatentschluss.

bb. Unmittelbares Ansetzen zum Bestimmen

Er müsste auch unmittelbar dazu angesetzt haben, den R zu bestimmen.

G hat bereits alles Erforderliche getan, um R aus seiner Sicht zur Tat zu

bestimmen, und seine Bitte ist ihm auch direkt mündlich zugegangen,

sodass der Streit um die Notwendigkeit des Zugangs der Bestimmung72

dahingestellt bleiben kann.

Strittig in diesem Fall ist ausschließlich, ob man überhaupt von einer

Bestimmung zur Tat reden kann. Eine Ansicht verlangt ein unmittelbares

Einwirken auf den Täterwillen iS eines kollusiven Zusammenwirkens73,

eine 2. Ansicht verlangt grds nur die Verursachung des Tatentschlusses74

und eine 3. Ansicht verlangt lediglich eine Beeinflussung des Täters iS

einer Mitursächlichkeit durch Kommunikation75. Im vorliegenden Fall

hat G alles getan, was nach seiner Ansicht zur Bestimmung des R nötig 68 StGB- SK, § 30, Rn 7. 69 NK – Zaczyk, § 30, Rn 18 ff. 70 Zusammenfassung des Streits: StGB-SK, § 30, Rn 8. 71 LPK-StGB, § 30, Rn 2. 72 Diesen zusammenfassend: LPK-StGB, § 30, Rn 3-5; StGB-SK, § 30, Rn 9. 73 LK – Roxin, § 26, Rn 4; SK – Hoyer, § 26, Rn 12. 74 Kühl, § 26, Rn 2. 75 Jescheck/Weigend, § 64, II, 1; S/S – Cramer/Heine, § 26, Rn 4; Fischer, § 26, Rn 3b.

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war, indem er diesen mündlich bat, den F zu erschießen.

Dementsprechend hätte er nur nach der 2. und 3. Ansicht den R

bestimmt. Die 1. Ansicht beruht dabei weitestgehend auf der Rspr zur

Fassung vor 1953, welche eine Aufforderung verlangte und somit sehr

viel restriktiver war. Durch Änderung der Begrifflichkeiten (heute

Bestimmung anstatt Aufforderung) stellte der Gesetzgeber deutlich

heraus, dass jedes Mittel ausreichend ist, welches auch für eine

Anstiftung nach § 26 genügt.76 Insofern ist die 1. Ansicht obsolet und G

hat auch zur Bestimmung des R unmittelbar angesetzt.

G erfüllte mit der Bitte zum Erschießen des F den gesamten Tatbestand.

c. Rechtswidrigkeit

Aufgrund der Abwesenheit von Hinweisen im Sachverhalt bzgl

möglicher Rechtfertigungsgründe wird hier von der Rechtswidrigkeit

ausgegangen.

d. Schuld

G könnte jedoch nach § 20 Alt. 2 wegen einer tiefgreifenden

Bewusstseinsstörung anlässlich seines cholerischen Anfalls

schuldunfähig gewesen sein. Dazu müsste eine solche Störung

vorgelegen haben und diese müsste seine Einsichts- und

Steuerungsfähigkeit aufgehoben haben.

Dass das Bewusstsein des G durch den cholerischen Anfall gestört war,

daran besteht kein Zweifel. Bedenklich ist nur, ob es auch tiefgreifend

gestört war. Dazu müsste diese einen Grad erreicht haben, bei der ihre

Intensität der Intensität einer krankhaften seelischen Störung

gleichkommt77 und dementsprechend die Fähigkeit des G zu sinnvollem

Handeln ungewiss werden lässt78. Dabei handelt G trotz seines

cholerischen Anfalls noch recht überlegt, indem er zuerst für sich

konstatiert, dass der R eine potentielle Tatwaffe besitzt und dann noch

seine Bitte dem R anträgt. Dies deutet darauf hin, dass ihm keineswegs

seine komplette Handlungsfähigkeit abhanden kam und keine

tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorlag.

G hat sich nach § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I strafbar gemacht.

76 LK – Roxin, § 30, Rn 13; MK - Joecks, § 30, Rn 32 ff. 77 BGH NStZ 1990, 231. 78 LK – Jähnke, § 20, Rn 26.

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2. R: § 138 I Nr. 5 Alt. 2: Nichtanzeige geplanter Straftaten

R hat sich nach § 138 I Nr. 5 Alt. 2 wegen der Nichtanzeige eines

geplanten Totschlags strafbar gemacht, wenn er den Tatbestand

rechtswidrig und schuldhaft erfüllte.

a. Tatbestand

R hatte glaubhaft zu einer Zeit, zu der die Ausführung und der Erfolg

noch hätten abgewendet werden können, Kenntnis vom Vorhaben Gs

einen Totschlag zu begehen. Er unterließ es dies rechtzeitig Behörden

anzuzeigen und verhinderte diese nicht tatbestandsausschließend nach §

139 IV, sodass er den Tatbestand vollführte.

b. Rechtswidrigkeit und Schuld

Unter Berücksichtigung der fehlenden Hinweise im Sachverhalt bzgl

möglicher vorliegender Rechtfertigungsgründe wird die Rechtswidrigkeit

hier vorausgesetzt. R ist wie bereits dargestellt voll schuldfähig.

R hat sich nach § 138 I Nr. 5 Alt. 2 strafbar gemacht.

III. Verweis des R auf A und B sowie die Instruktionen des G

1. G: § 25 I Alt. 2 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Von G in

mittelbarer Täterschaft begangener versuchter Totschlag am R

G hat sich des in mittelbarer Täterschaft begangenem Tötungsversuch

nach § 25 I Alt. 2 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II strafbar gemacht,

wenn er die Tat durch A und B vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft

begangen hat, indem er sie instruierte, den R in den Hochofen zu werfen.

a. Tatbestand

Es bedarf also einer Haupttat, die vorsätzlich, rechtswidrig und

schuldhaft begangen wurde, und der mittelbaren Täterschaft sowie eines

diese beiden Kriterien umfassenden Vorsatzes.

aa. Straftat

Wie unter A.I dargestellt beging B eine Straftat, einen

tatbestandsmäßigen, vorsätzlichen, rechtswidrigen und schuldhaften

Totschlagsversuch am R; wohingegen A diesen nicht schuldhaft beging.

bb. Tatbestand der mittelbaren Täterschaft

Damit G mittelbarer Täter iSv § 25 I Alt. 2 war, müsste ihm der

versuchte Totschlag aufgrund seiner Tatherrschaft zugerechnet werden

können und er müsste Vorsatz bzgl Tat sowie -herrschaft gehabt haben.

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(1) Zurechnung des versuchten Totschlags aufgrund Tatherrschaft

G müsste also Tatherrscher über den versuchten Totschlag gewesen sein.

(a) Tatherrschaft kraft überlegenen Willens

G könnte Herrscher über die Tat aufgrund seines überlegenen Willens

gewesen sein, da es seitens des A Mängel bei seiner Schuldfähigkeit

bestanden. Dazu müsste der Wille des G für den A so übermächtig

gewesen sein, sodass dieser seinem eigenen Willen nicht nachkommen

kann und er infolgedessen schuldunfähig nach § 20 wurde.79

Vorliegend wurde A jedoch infolge seiner Schizophrenie schuldunfähig

und unterlag dabei nicht dem übermächtigen Druck seitens des G.

Folglich hatte G auch keine Willensherrschaft über den A.

(b) Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens

Möglicherweise war er jedoch Tatherrscher kraft überlegenen Wissens

bzgl der Schuldunfähigkeit des A. Dazu hätte der G im Gegensatz zum A

positive Kenntnis von dessen Schizophrenie und dessen rechtlicher

Erheblichkeit haben müssen80, was jedoch nicht aus dem Sachverhalt

hervorgeht. G hatte also auch kein überlegenes Wissen gegenüber dem A

und somit ebenso keine Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens.

(c) Tatherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate

Eventuell liegt jedoch eine Organisationsherrschaft des G gegenüber A

und B vor, da diese auch gegenüber voll verantwortlichen

Vordermännern möglich sein kann81. Dafür müssten A und B als

Vordermänner fungibel82 bzw sie müssten ein leicht ersetzbarer

Systemteil gewesen sein83. Im aktuellen Fall instruierte zwar der

Vorgesetzte von A und B, G, diese bzgl des Totschlags, gleichwohl ist

die Organisationsstruktur des Stahlwerks kein Machtapparat, der auf das

Begehen von Straftaten gerichtet ist. Zudem wäre die Tat in dieser Form

wohl nicht geschehen, wenn A und B sich gegen die Instruktionen des G

gestellt hätten, sodass sie keine beliebig austauschbaren Systemteile sind.

Dementsprechend lag auch keine Organisationsherrschaft vor.

G hatte keine Tatherrschaft über den versuchten Totschlag und erfüllte

79 MK – Joecks, § 25, Rn 52. 80 MK – Joecks, § 25, Rn 71. 81 Roxin, TuT, 610; GA 1996, 424 (441). 82 Roxin, TuT, 245; LK – Roxin, § 25, Rn 128. 83 LK – Roxin, § 25, Rn 128.

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somit nicht den Tatbestand eines in mittelbarer Täterschaft begangenen

versuchten Totschlags.

G ist nicht nach § 25 I Alt. 2 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II strafbar.

2. G: § 25 II iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: In Mittäterschaft

von A, B und G begangener, versuchter Totschlag am R

G könnte jedoch wegen seiner Instruktionen nach § 25 II iVm §§ 212 I,

22, 23 I, 12 I, 25 II des in Mittäterschaft mit A und B begangenen,

versuchten Totschlags am R strafbar sein. Dazu müsste der Versuch

eines Totschlags strafbar sein und dieser dürfte nicht vollendet worden

sein. Außerdem müsste er den Tatbestand des versuchten Totschlags

rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht haben.

a. Vorprüfung

Der Totschlagsversuch ist strafbar und es kam zu keiner Vollendung.84

b. Tatbestand

G müsste also tatbestandsmäßig gehandelt haben, dazu müsste er

unmittelbar zur gemeinschaftlichen Tatbegehung angesetzt haben und

gemeinsam mit den Mittätern A und B einen Tatentschluss gefasst haben.

Dies scheitert jedoch an einem fehlenden Tatbeitrag des G, da er

lediglich im Vorbereitungsstadium durch seine Instruktionen mitwirkte,

welche jedoch nicht als Tatbeitrag von einigem Gewicht85 angesehen

werden können. Sein fehlender Tatbeitrag bedingt auch seine fehlende

funktionale Tatherrschaft86, sodass G nicht den Tatbestand des in

Mittäterschaft begangenen versuchten Totschlags erfüllte.

G ist nicht nach § 25 II iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II strafbar.

3. G: § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II : Anstiftung zum

versuchten Totschlag von A und B am R

G hat sich nach § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II der Anstiftung

zum mittäterschaftlich begangenen, versuchten Totschlag am R durch

das Instruieren von A und B strafbar gemacht, wenn diese eine

vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat begingen und sie zu dieser durch G

vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft angestiftet wurden.

a. Tatbestand

84 Siehe A.I.1. 85 B-OK – Kudlich, § 25, Rn 45. 86 B-OK – Kudlich, § 25, Rn 44.

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Damit G dem Tatbestand entsprach, ist Prämisse, dass es eine

vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat anderer gab. Darüber hinaus müsste

G zu dieser angestiftet haben und die Anstiftung müsste auch kausal für

die Tat gewesen sein. Ferner müsste er bzgl allem Vorsatz gehabt haben.

aa. Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat durch A und B

Wie unter A.I dargestellt begingen sowohl A als auch B in Mittäterschaft

einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, versuchten Totschlag am R. Es steht

der Strafbarkeit der Anstiftung nicht entgegen, dass A und B den

Totschlag nicht vollendeten, solange sie in das Versuchsstadium

kamen87, in dem sie sich aber in diesem Fall befanden88.

bb. Anstiftung: Hervorrufen des Tatentschlusses bei A und B

G rief den Tatentschluss hervor, wenn er A und B zu einer konkreten Tat

bestimmt hat.89 Dabei ist umstritten, ab wann man von einer Bestimmung

reden kann. Während einerseits ein Unrechtspakt90 gefordert wird, bei

dem noch differenziert wird nach einem vom Anstifter beherrschten

Motiv91 oder Plan92, so wird andererseits eine bloße Mitursächlichkeit für

den Tatentschluss gefordert, um dieses Merkmal auszufüllen. Zwischen

diesen beiden extremen Ansätzen fordert eine weitere Ansicht lediglich

die kommunikative Beeinflussung durch den Anstifter.

G instruierte im vorliegenden Fall A und B bzgl des genauen Tatablaufs

und hatte auch das herrschende Tatmotiv, sodass er auch die vom

restriktiven Ansatz geforderten Kriterien erfüllte, wodurch eine

Streitentscheidung hier unnötig wird, da alle 3 Ansätze zu dem Ergebnis

führen, dass G bei A und B den Tatentschluss hervorrief.

cc. Kausalität der Anstiftung für die Tat

A und B hatten bis zu den Instruktionen keinerlei Entschluss zu diesem

Totschlag, sodass die Instruktionen als Form der Anstiftung nicht

hinweggedacht werden können, ohne dass die Tat entfiele. Die

Anstiftung war also mithin auch kausal für die Tat.

dd. Vorsatz bzgl Tat und Anstiftung

G müsste auch über Vorsatz bzgl der Tat und der Anstiftung verfügt 87 LK – Roxin, § 26, Rn 45; StGB-SK, § 26, Rn 28. 88 Siehe auch A.I.2.b. 89 B-OK – Kudlich, § 26, Rn 12. 90 MK – Joecks, § 26, Rn 11. 91 SK – Hoyer, § 26, Rn 13. 92 JuS 1986, 933.

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haben. Dazu müsste er jeweils mit Wissen und Wollen gehandelt haben.

Unzweifelhaft ist dabei, dass G die beiden zu einem Totschlag angestiftet

hat, und, dass er dies auch willentlich tat. Umstritten ist nur, inwiefern

der vorliegende Irrtum beachtlich ist; denn G stellte sich vor, dass der F

das Opfer sein würde – real war es jedoch der R. Dabei gibt es 2

unterschiedliche Ansichten: Nach der ersten Ansicht ist der error in

persona grds wie ein aberratio ictus zu behandeln93 und somit hätte G

vorsatzlos infolge seines Irrtums gehandelt. Dabei beschreibt jedoch ein

aberratio ictus abstrakt das Fehlgehen des Tatmittels, jedoch liegt keine

mittelbare Täterschaft seitens des G gegenüber A und B vor, sodass diese

auch keine Tatmittel sind. Diese Auffassung missachtet also die

Abgrenzung von Formen der Täterschaft und solchen der Teilnahme.

Die zweite Ansicht stellt bei der Beachtlichkeit auf die

Wahrscheinlichkeit eines Irrtums basierend auf der Konkretheit der

Anweisungen des Anstifters ab. Demnach ist der Irrtum dann

unbeachtlich, wenn er sich innerhalb dessen bewegt, womit nach

allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen war94, und, wenn die Täter sich

innerhalb der Vorgaben des Anstifters bewegten95.

Wie bereits unter A.I.2.a dargestellt, konkretisierten A und B aufgrund

Gs Anweisungen ihre Vorstellung vom Opfer nur auf einen

Erfolgskontrolleur, sodass sie sich innerhalb dieser befanden, als sie den

R zu töten versuchten. Es ist dabei nicht fern jeder Lebenserfahrung, dass

in einer Fabrik ein Mitarbeiter andere fragt, ob sie den Auftrag

ausgeführt haben. G hat also seine Weisungen bzgl des Opfers nicht

hinreichend gegenüber den Tätern konkretisiert, sodass der Irrtum für ihn

unbeachtlich ist und er vorsätzlich bzgl Tat und Anstiftung handelte.

G handelte tatbestandsmäßig.

b. Rechtswidrigkeit und Schuld

Gs Tat war rechtswidrig und schuldhaft.96

G hat sich nach § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II strafbar gemacht.

93 MDR 1958, 817 (821); JuS 1966, 310 (314); Hillenkamp, 54 ff.; Letzgus, 58; JuS 1979, 351 (355); MDR 1991, 830 (830); GA 1992, 307 (307); JuS 1993, 837 (839); Jura 1994, 37 (42); LK – Roxin, § 26, Rn 90 ff. 94 JR 1992, 294 (296); JuS 1991, 913 (917); B/W/M, § 30, Rn 89; Jakobs, 22/29, 21/45. 95 MK – Joecks, § 26, Rn 73; S/S – Heine, § 26, Rn 23; B-OK – Kudlich, § 26, Rn 24. 96 Keine Rechtfertigungsgründe und Mängel an der Schuldfähigkeit: B.II.1.c; B.II.1.d.

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4. R: § 26 iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Anstiftung

des G zur Anstiftung von A und B zum Tötungsversuch

R hat sich möglicherweise nach § 26 iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12

I, 25 II strafbar gemacht, wenn er G zur Anstiftung zum versuchten

Totschlag in Mittäterschaft angestiftet hat, indem er G auf die beiden

potentiellen Täter A und B hinwies. Dazu bedarf es einerseits einer

vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat, zu der er andererseits vorsätzlich,

rechtswidrig und schuldhaft anstiftete.97

a. Strafbarkeit

Wenn § 30 I Alt. 2 den Versuch zur Bestimmung zur Anstiftung unter

Strafe stellt, dann ist erst recht die Bestimmung zur Anstiftung strafbar.

b. Tatbestand

Zur Erfüllung bedarf es einer vorsätzlich, rechtswidrig begangenen

Haupttat, zu der R angestiftet hat. Darüber hinaus verlangt der subjektive

Tatbestand Vorsatz seitens des R bzgl der Haupttat und der Anstiftung.

aa. Vorsätzlich, rechtswidrig begangene Haupttat

Siehe B.III.3.a.aa

bb. Anstiftung

R verursachte den Tatentschluss von A und B, wenn er G dazu

bestimmte, A und B anzustiften. Auch hier besteht wieder der unter

B.III.3.a.bb bereits dargestellte Streit. R verursachte wie unter B.I

dargestellt beim G überhaupt erst den Entschluss zur Tötung des F,

woraufhin dieser sich nach möglichen Tätern umschaut. Nun gibt er auch

hier den entscheidenden Hinweis, welcher G veranlasst, A und B zum

Totschlag anzustiften. Das den Sachverhalt beherrschende Motiv der

Eifersucht des R auf den F ist auch hier erneut vorherrschend, sodass

wiederum alle Merkmale des restriktivsten Ansatzes erfüllt werden und

er den G mithin zur Tat anstiftete.

cc. Kausalität der Anstiftung für die Haupttat

Der Hinweis des R an den G bzgl der potenziellen Täter A und B kann

nicht hinweggedacht werden, ohne dass der versuchte Totschlag als

solcher entfiele, da dieser sonst nicht auf die beiden gekommen wäre und

97 Die Kettenanstiftung steht der einfachen Anstiftung gleich, da sie auch zu der Haupttat anstiften will und sich nur in ihrer Mittelbarkeit unterscheidet, die jedoch unbeachtlich ist: Kühl, § 26, Rn 8 mwN.

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sie nicht instruiert hätte. Die Anstiftung war also kausal für die Haupttat.

dd. Vorsatz bzgl der Haupttat und der Anstiftung

R müsste Vorsatz bzgl der Tat und der Anstiftung gehabt haben. Dazu

bedarf es jeweils Wissen und Wollen. Zweifellos wusste R bei dem

Hinweis auf A und B, dass G diese zum Totschlag anstiften würde, weil

er erst kurz zuvor den R selbst zum Totschlag anstiften wollte, sodass er

mithin über Vorsatz bzgl der Anstiftung verfügte.

Er wollte jedoch zum Totschlag am F anstiften, in der Realität richtete

sich der versuchte Totschlag jedoch dann gegen ihn, sodass seitens des R

ein Irrtum vorliegt. Fraglich ist nunmehr, ob diese Abweichung vom

vorgestellten Kausalverlauf wesentlich und somit rechtlich relevant ist.

Wie bereits unter B.III.3.a.dd ausgeführt, kommt es dabei entscheidend

auf die Individualisierung an. Im vorliegenden Fall bestand zwischen R

und G die identische Vorstellung, dass F dem Totschlag zum Opfer fallen

sollte. Anlass zum Irrtum gab dann jedoch die offensichtlich nicht

ausreichende Opferbeschreibung durch den G. Dementsprechend konnte

R das Entstehen des Irrtums nicht beeinflussen und muss sich diesen

folglich auch nicht zurechnen lassen. Ferner besitzt er auch keine

Täterqualität, da er über sein eigenes Leben frei verfügen kann und dies

ihm gegenüber kein geschütztes Rechtsgut ist98. Der Irrtum ist also

beachtlich, weshalb R gem § 16 I 1 vorsatzlos bzgl der Haupttat agierte.

Aufgrund dessen handelte R nicht tatbestandsmäßig.

R hat sich aufgrund fehlender Tatbestandsmäßigkeit nicht nach § 26 iVm

§ 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II strafbar gemacht.

5. § 27 I iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II: Beihilfe zur

Anstiftung von A und B zum Tötungsversuch

Der vorhandene Streit bzgl der rechtlichen Beurteilung einer Beihilfe zur

Anstiftung99 kann dahingestellt bleiben, da die Beihilfe nur in

Konstellationen möglich ist, in denen das angegriffene Rechtsgut auch

98 S/S – Heine, § 26, Rn 23; MK – Joecks, § 26, Rn 66. 99 1. Ansicht (S/S – Heine, § 27, Rn 18): Schwerpunkt liegt auf der Beihilfe zur Anstiftung und nicht auf der zur Haupttat, da diese nicht die eigentliche Tat sondern hauptsächlich die Tatinitiierung fördern will; 2. Ansicht (BGH NStZ 1996, 562): Die Förderung der Tatinitiierung impliziert auch die Förderung der eigentlichen Tat; 3. Ansicht (NStZ 2000, 421 (422)): Rechtliche Beurteilung muss darauf abstellen, ob Gehilfe hauptsächlich die Förderung der Anstiftung oder der Haupttat beabsichtigte.

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gegenüber dem Gehilfen geschützt ist,100 und die Strafbarkeit des R nach

§ 27 I iVm § 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I letztlich erneut daran

scheitert, dass das angegriffene Rechtsgut, das Leben des R, nicht vor

dem R selbst geschützt ist.101

6. G: § 26 iVm §§ 223 I, 25 II: Anstiftung zur vollendeten

Körperverletzung in Mittäterschaft am R

G hat sich nach § 26 iVm §§ 223 I, 25 II der Anstiftung zur

mittäterschaftlich begangenen Körperverletzung am R durch das

Instruieren von A und B strafbar gemacht, wenn diese eine vorsätzliche,

rechtswidrige Haupttat begingen und sie zu dieser durch G vorsätzlich,

rechtswidrig und schuldhaft angestiftet wurden.

a. Tatbestand

Damit G dem Tatbestand entsprach, bedarf es einer von anderen

begangenen, vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat. Darüber hinaus

müsste G zu dieser angestiftet haben und diese Anstiftung müsste auch

kausal für die Tat gewesen sein. Ferner müsste er bzgl aller eben

genannten Merkmale vorsätzlich gehandelt haben.

aa. Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat durch A und B

Wie unter A.II dargestellt begingen sowohl A als auch B in

Mittäterschaft eine vorsätzliche, rechtswidrige, vollendete

Körperverletzung am R.

bb. Anstiftungshandlung: Hervorrufen des Tatentschlusses

Wie unter B.III.3 bereits dargelegt wurde, rief G bei den beiden

Haupttätern den Tatentschluss zum Totschlag hervor, welcher den

Entschluss zur Körperverletzung miteinschließt, sodass G auch zur

Körperverletzung anstiftete.

cc. Kausalität der Anstiftungshandlung für die Tat

A und B hatten bis zu den Instruktionen keinerlei Entschluss zu einer

Körperverletzung, sodass die Instruktionen nicht hinweggedacht werden

können, ohne dass die Tat entfiele. Die Anstiftung war also mithin auch

kausal für die Tat.

100 MK – Joecks, § 27, Rn 4. 101 Ausführlicher zu diesem Problem bereits unter B. III. 4. b. dd.

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dd. Vorsatz bzgl Tat und Anstiftung

G verfuhr vorsätzlich bzgl der Anstiftung als auch bzgl der Tat.102

G handelte tatbestandsmäßig.

b. Rechtswidrigkeit und Schuld

G beging die Tat rechtswidrig und schuldhaft.103

G hat sich ebenfalls nach § 26 iVm §§ 223 I, 25 II strafbar gemacht.

Wenn der versuchte Totschlag in Tateinheit mit der vollendeten

Körperverletzung begangen wird104, so wird auch die durch eine einzelne

Anstiftungshandlung vorgenommene Anstiftung zum Tötungsversuch

und zur vollendeten Körperverletzung in Tateinheit begangen.

7. R: § 26 bzw § 27 I iVm § 26 iVm §§ 223 I, 25 II: Anstiftung des

G bzw Beihilfe zur Anstiftung von A und B zur vollendeten

Körperverletzung in Mittäterschaft am R

Da der vorhandene Irrtum beim R zur Vorsatzlosigkeit nach § 16 I 1

führt105 und das durch die Haupttat verletzte Rechtsgut ihm gegenüber

nicht geschützt ist106, hat R sich sowohl nicht nach § 26 iVm § 26 iVm

§§ 223 I, 25 II der Anstiftung des zur Anstiftung von A und B als auch

nicht nach § 27 I iVm § 26 iVm §§ 223 I, 25 II der Beihilfe zur

Anstiftung von A und B strafbar gemacht.

IV. Erfolgskontrolle durch R: § 27 I iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25

II bzw §§ 223 I, 25 II: Beihilfe zum versuchten Totschlag bzw

zur vollendeten Körperverletzung von A und B am R

Auch die durch den R ausgeführte Erfolgskontrolle begründet keine

Strafbarkeit nach § 27 I iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II aufgrund der

Beihilfe zum versuchten Totschlag oder nach § 27 I iVm §§ 223 I, 25 II

wegen Beihilfe zur Körperverletzung, da es wiederum am Schutz des

angegriffenen Rechtsguts gegenüber dem R mangelt.107

V. Ergebnis

Graf Günther von Savern hat sich sowohl des Versuchs der Anstiftung

zum Totschlag (§ 30 I Alt. 1 iVm § 212 I) als auch der Anstiftung zum

versuchten Totschlag (§ 26 iVm §§ 212 I, 22, 23 I, 12 I, 25 II) in 102 Der vorliegende Irrtum ist unter diesen Umständen unbeachtlich (siehe B.III.3.a.dd). 103 Wie bereits unter B.II.1.c und B.II.1.d dargestellt. 104 Bereits in A. II. 4. nachgewiesen. 105 Umfassender dazu bereits unter B. III. 4. b. dd. 106 MK – Joecks, § 27, Rn 4. 107 In B. III. 4. b. dd. bereits detailliert dargestellt.

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Tateinheit mit der Anstiftung zur vollendeten Körperverletzung (§ 26

iVm §§ 223 I, 25 II) strafbar gemacht.

Prokurist Robert hat sich einerseits nach § 30 I Alt. 1 iVm § 212 I der

versuchten Anstiftung zum Totschlag und andererseits der Nichtanzeige

von Straftaten gem § 138 I Nr. 5 Alt. 2 strafbar gemacht.

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Persönliche Erklärung

Hiermit versichere ich, Johannes Pogoda, als Verfasser dieser Arbeit, dass ich

allein und nur unter Zuhilfenahme der angegebenen Literatur diese Hausarbeit

angefertigt und auch keine Textpassagen aus anderen Quellen kopiert habe.