Bestandsaufnahme: Ein Jahr neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff · 5 Grade der Pflegebedürftigkeit...

Dr. Peter Pick, Geschäftsführer MDS

Bestandsaufnahme: Ein Jahr neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff Kongress Pflege 2018 am 19./20. Januar 2018 in Berlin

Gliederung

1. Einführung 2. Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und neue Pflegebegutachtung

3. Erste Erfahrungen mit der neuen Pflegebegutachtung 4. Die neue Pflegebegutachtung in Zahlen 5. Die weitere Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 6. Fazit

19.01.2018 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS Seite 2

Pflegestärkungsgesetze und neue Begutachtung ➞ Die Pflegereform und der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff sind seit ca. einem Jahr in Kraft

➞ Die neue Begutachtung (Neues Begutachtungsinstrument) konnte in einem Kraftakt durch die MDK umgesetzt werden ➞ Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ändert die Begutachtung und die Einstufung der Pflegebedürftigen

➞ Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff schafft die Voraussetzungen für einen grundlegenden Systemwechsel in Richtung einer ganzheitlichen Gestaltung von Pflege, Betreuung und Entlastung


Gliederung




Neuer Maßstab für Pflegebedürftigkeit ist … ➞ der Grad der Selbstständigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten oder der Gestaltung von Lebensbereichen,

➞ die Abhängigkeit von personeller Hilfe und zwar nicht nur bei einigen Verrichtungen der Grundpflege,

➞ sondern in allen relevanten Bereichen der elementaren Lebensführung, ➞ neuer Maßstab ist der Grad der Selbstständigkeit und nicht mehr der Zeitaufwand des Hilfebedarfs,

➞ der ressourcenorientierte Ansatz ermöglicht zudem eine systematische Erfassung von Präventions- und Rehabilitationsbedarf.


Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungs-Verfahren

Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS 19.01.2018 Seite 6

5 Grade der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrade)

Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS Seite 7 19.01.2018

Gliederung




Das neue Begutachtungsinstrument hat den ersten Praxistest erfolgreich bestanden ➞ Pflegebedürftige und ihre Angehörigen äußern sich positiv zum neuen Verfahren

➞ Gutachterinnen und Gutachter geben positive Rückmeldung zur neuen Begutachtung

➞ die Beeinträchtigungen des Pflegebedürftigen, aber auch die Möglichkeiten, dessen Selbstständigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen, werden besser erfasst

➞ Es wird klarer als bisher erkennbar, welche präventiven Maßnahmen und welche medizinischen und rehabilitativen Leistungen zusätzlich angezeigt sind


Rückmeldungen der Gutachterinnen und Gutachter aus der Begutachtungspraxis

➞ Gute Anwendbarkeit des neuen Instruments in der Praxis:

– „Ich bin froh, dass die „Minutenzählerei“ ein Ende hat.“ – „Wir schauen nun viel umfassender.“ – „Ich finde es gut, dass die Kriterien genau definiert sind.“ – „Mir fällt die Bewertung grundsätzlich leichter.“

– „Das Begutachtungsinstrument ist praktikabel, gut strukturiert und nachvollziehbar.“

– „Die eigenen Begutachtungs-Richtlinien für Kinder sind sehr hilfreich.“


Gliederung




Aufträge zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit sind deutlich angestiegen

527.355 518.051 496.889 569.338

652.758 538.380 555.720 534.266

Q1 16 Q2 16 Q3 16 Q4 16 Q1 17 Q2 17 Q3 17 Q4 17


-5,0%

9,3%

-0,4%

17,2% 31,0%

3,9% 11,8%

-6,2%

Veränderung zum Vorjahreszeitraum

Hinweis zu Aufträgen: Auftragseingänge sind Brutto-Aufträge der Pflegekassen. Darin enthalten sind auch Aufträge zu Begutachtungen mit verkürzter Begutachtungsfrist (sogenannte Überleitungsfälle), die lediglich eine grundsätzliche Feststellung zur Pflegebedürftigkeit (und keine vollständige Begutachtung) beinhalten. Diese Fälle sind bei den dargestellten Erledigungen nicht enthalten. In den Brutto-Aufträgen sind zudem auch spätere Stornierungen enthalten. Im Jahr 2016 betrug der Anteil von vollständigen Gutachten (mit Pflegestufenempfehlung) an den Brutto Aufträgen 79%.

Pflegebegutachtungen deutlich gesteigert

417.215 425.913 415.484 418.710 456.308 451.216 474.275 493.217

Q1 16 Q2 16 Q3 16 Q4 16 Q1 17 Q2 17 Q3 17 Q4 17

Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS Seite 13

-0,5%

5,1% 1,7%

5,1% 9,4%

5,9%

14,1% 17,8%

Veränderung zum Vorjahreszeitraum

19.01.2018

Ergebnisse Pflegebegutachtungen ambulant


23,1% 7,2% 41,4% 20,8% 7,4% 2016

nicht pfl.-bed. PEA unter Stufe I Stufe I Stufe II Stufe III

19.01.2018

12,7%

14,2%

14,9%

17,7%

18,6%

18,9%

20,1%

22,1%

33,1%

32,3%

32,1%

31,2%

22,1%

21,4%

20,3%

18,2%

9,9%

9,7%

9,2%

7,9%

3,7%

3,6%

3,4%

3,0%

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal

nicht pfl.-bed. PG 1 PG 2 PG 3 PG 4 PG 5

2017

Ergebnisse Erstbegutachtungen ambulant


17,2%

18,1%

19,0%

22,0%

24,0%

24,1%

25,3%

27,2%

37,8%

36,9%

36,1%

33,7%

15,4%

15,2%

14,4%

12,8%

4,4%

4,4%

4,1%

3,4%

1,3%

1,3%

1,2%

0,9%

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal


2017

32,3% 9,5% 45,7% 10,0%

2,5%

2016


Ergebnisse Pflegebegutachtungen stationär


4,8%

3,1%

24,8% 41,8% 25,6% 2016


1,5%

2,6%

2,0%

4,9%

2,1%

2,4%

3,4%

7,4%

12,5%

13,1%

14,7%

18,6%

30,8%

30,4%

31,1%

28,2%

33,7%

32,8%

31,4%

26,5%

19,3%

18,8%

17,4%

14,3%

4. Quartal

3. Quartal

2. Quartal

1. Quartal


2017

Pflegebedürftige mit psychisch-kognitiven Einschränkungen

Kein Pflegegrad 0,8% 0,2% Pflegegrad 1 6,4% 3,0% Pflegegrad 2 20,4% 10,8% Pflegegrad 3 32,5% 30,5% Pflegegrad 4 25,8% 34,4% Pflegegrad 5 14,2% 21,1%

Personen mit mindestens 7,5 Punkten in den

Modulen 2/3 Anteil an gesamt=

39,3%

Personen mit mindestens 11,25

Punkten in den Modulen 2/3

Anteil an gesamt= 25,9%

19.01.2018 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS

Datengrundlage: Daten aus drei Medizinischen Diensten; 30,8% aller bundesweiten Gutachten Januar – Juli 2017

Seite 17 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS 19. 01. 2018

Seite 18 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS

Pflegebedürftige mit somatischen Einschränkungen

Kein Pflegegrad 0,0% Pflegegrad 1 12,2% Pflegegrad 2 31,9% Pflegegrad 3 27,8% Pflegegrad 4 18,6% Pflegegrad 5 9,5%

Personen mit mind. 2,5 Punkten in Module 1 und mindestens 10 Punkten in

Modul 4 Anteil an gesamt= 60,4%

19.01.2018 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS

Datengrundlage: Daten aus drei Medizinischen Diensten; 30,8% aller bundesweiten Gutachten Januar – Juli 2017

19. 01. 2018

19.01.2018

820.652 neue Pflegebedürftige nach Begutachtung mit dem neuen Verfahren


19.01.2018

240.939

356.223

155.790

50.764 [WERT]

Pflegegrad 2

Pflegegrad 1 Pflegegrad 3

Pflegegrad 4 Pflegegrad 5

19.01.2018

Rund 304.000 zusätzliche neue Leistungsempfänger gegenüber 2016


19.01.2018

Neue Leistungsempfänger 2017

begutachtet mit dem NBI 820.652

begutachtet nach alter Rechtslage 106.492

Neue Leistungsempfänger 2016 623.483

zusätzliche neue Leistungsempfänger 2017 gegenüber 2016 303.661

19.01.2018

Ausgabenentwicklung in der Pflege

(in Mrd. Euro und prozentuale Entwicklung zum Vorjahreszeitraum)

Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS Quelle: GKV-Spitzenverband

Leistungsausgaben in den ersten drei Quartalen

19.01.2018 Seite 21 I Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS

15,226 15,608 16,308 17,208 18,066 19,662

20,997

26,168

0

5

10

15

20

25

30

09/2010 09/2011 09/2012 09/2013 09/2014 09/2015 09/2016 09/2017

5,5% 5,0% 8,8%

6,8%

24,6%

4,5%

2,5%

Ausgabenentwicklung in der Pflege Leistungsausgaben in den ersten drei Quartalen in Mrd. Euro

Expertentag Pflege der MDK-Gemeinschaft l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS Quelle: GKV-Spitzenverband

19.01.2018 Seite 22 Kongress Pflege 2018 in Berlin l Dr. Peter Pick I Geschäftsführer MDS

Leistungsbereich 2016/09 2017/09 absolute Änderung

prozentuale Änderung

Pflegesachleistung 2,850 3,337 0,487 17,1% Pflegegeld 4,960 7,264 2,304 46,5% Vollstationäre Pflege 8,173 9,713 1,540 18,8% Soziale Sicherung der Pflegeperson 0,737 1,068 0,331 44,9% Hilfsmittel/ Wohnumfeldverbesserung 0,602 0,642 0,040 6,6% Tages- / Nachtpflege 0,383 0,494 0,111 29,0% Sonstige Leistungsausgaben 3,290 3,649 0,359 10,9% Leistungsausgaben GESAMT 20,997 26,168 5,171 24,6%

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Neues Verständnis von Pflege ➞ Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ändert nicht nur die Begutachtung und die Einstufung der Pflegebedürftigen

➞ Kernelemente sind eine ganzheitliche Sicht von Pflegebedürftigkeit, die gleichberechtigte Einbeziehung von körperlichen, kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen sowie die Betonung der Teilhabe am Leben

➞ Aus dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff leitet sich ein Verständnis von Pflege ab, das alle Bereiche von Pflege von den Inhalten der Leistungen bis hin zum Qualitätsverständnis prägt

(s. dazu Wingenfeld und Büscher 2017)

➞ Das neue Verständnis von Pflege zielt stärker darauf, die Selbstständigkeit und Fähigkeiten der Pflegebedürftigen möglichst lange zu erhalten und zu stärken


Impulse für eine verbesserte Versorgung ➞ Mit der neuen Einstufung und den verbesserten Leistungen ist die Grundlage für eine bessere Versorgung der Pflegebedürftigen gelegt

➞ Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen haben die Versorgung auf das neue Verständnis von Pflege auszurichten

➞ Dazu können u.a. beitragen:

- Der Unterstützungsbedarf von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ist zu klären und zu einem tragfähigen Pflegearrangement zu verbinden - Bei der Gestaltung der Leistungen ist die Verrichtungsorientierung zugunsten eines Maßnahmenbündels aus verschiedenen Hilfen zu überwinden


Impulse für eine bessere Versorgung - Pflegekonzeptionen und Pflegehandlungen sind von den Pflegeeinrichtungen so auszurichten, dass sie den Erhalt und die Stärkung der Selbstständigkeit und von Fähigkeiten stärker fördern ➞ Die Beratung durch Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen, Beratungsstellen und Pflegestützpunkten hat sich an einer erweiterten Sichtweise von Pflege, Betreuung und Entlastung zu orientieren. Beratung sollte als Bestandteil pflegerischen Handelns verstanden werden

➞ Die dargelegten Impulse bedürfen einer personellen Unterfütterung. Personalbemessung und Kompetenzentwicklung erhalten deshalb in der Zukunft einen zentralen Stellenwert


Gliederung




Fazit

➞ Die neue Pflegebegutachtung hat den ersten Praxistest erfolgreich bestanden und stößt bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen auf eine positive Resonanz

➞ Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff führt dazu, dass deutlich

mehr Pflegebedürftige Anspruch auf Pflegeleistungen haben und mehr Pflegebedürftige in die höheren Pflegegrade 4 und 5 gelangen

➞ Die Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs geht nun in eine

zweite Phase: Die Versorgung von Pflegebedürftigen ist durch Aktivitäten aller Akteure an dem neuen Verständnis von Pflege auszurichten


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