Bpkmu 05 07_management4

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Mentoring, Teil 4 Kennzeichen einer Mentoring- Kultur im Unternehmen Sie haben mit den ersten Artikeln dieser Serie bereits wichtige Orientierungen im Mentoring kennen gelernt. Mentoring schafft ein Lernverhältnis für alle Beteiligten. Mentor und Mentoring-Partner bereichern ihre Fähigkeiten, Einstellungen, Verhaltensweisen und Vorannahmen, so gewinnen beide. Autor: Franz Stowasser M entoring kann auch sehr gut als ein Baustein für die Firmenkultur ge- braucht werden. In den folgenden Schritten wird dargestellt, wie Sie Kennzeichen einer Mentoring-Kultur schaffen können. Wählen Sie die Bereiche des Mentorings Kommunizieren Sie ganz klar, wo Sie Men- toring einsetzen werden. Bestimmen Sie die Bereiche des Unternehmens, in denen Daten und Informationen über Mentoring weiter- gegeben werden sollen. Gab es bisher schon strukturierten Informationstransfer in Ihrem Unternehmen und wurden dabei Überzeu- gungen sichtbar, die einen oder mehrere Lö- sungsversuche scheitern liessen? Zum Bei- spiel Überzeugungen wie: „Daten und Kennt- nisse weitergeben schwächt meine Position“ oder „Ich sage nicht alles, der Andere soll sich erst einmal eine blutige Nase holen“ oder „Ich habe mir das jahrelang erarbeitet, jetzt gebe ich das doch nicht einfach so wei- ter“. Formulieren Sie statt solchen begrenzen- den Einstellungen neue, förderliche Einstel- lungen und finden Sie Beispiele aus Ihrem Arbeitsalltag, wo Ihnen selbst Hilfestellungen gegeben wurden, die Ihnen geholfen haben. Förderliche Formulierungen können so lau- ten: „Wir vereinbaren Informationsziele und testen die Wirkung.“ „Wir vereinbaren Feed- back und verändern oder verbessern unser Vorgehen danach.“ „Wir gestalten den Infor- mationstransfer als Projekt in dem alle Betei- ligten gewinnen.“ Wechseln Sie die Denkrichtung Oft werden Neuerungen wie zum Beispiel ein Mentoring-Projekt in Unternehmen mit den Begleitsätzen eingeführt wie: „Wir müssen was tun“, „wir müssen strukturierter infor- 14 Blickpunkt:KMU 5/2007 MANAGEMENT

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Mentoring, Teil 4

Kennzeichen einer Mentoring-Kultur im UnternehmenSie haben mit den ersten Artikeln dieser Serie bereits wichtige Orientierungen im Mentoring kennen gelernt. Mentoring schafft ein Lernverhältnis für alle Beteiligten. Mentor und Mentoring-Partner bereichern ihre Fähigkeiten, Einstellungen, Verhaltensweisen und Vorannahmen, so gewinnen beide.

Autor: Franz Stowasser

Mentoring kann auch sehr gut als einBaustein für die Firmenkultur ge-

braucht werden. In den folgenden Schritten

wird dargestellt, wie Sie Kennzeichen einer

Mentoring-Kultur schaffen können.

Wählen Sie die Bereiche des MentoringsKommunizieren Sie ganz klar, wo Sie Men-

toring einsetzen werden. Bestimmen Sie die

Bereiche des Unternehmens, in denen Daten

und Informationen über Mentoring weiter-

gegeben werden sollen. Gab es bisher schon

strukturierten Informationstransfer in Ihrem

Unternehmen und wurden dabei Überzeu-

gungen sichtbar, die einen oder mehrere Lö-

sungsversuche scheitern liessen? Zum Bei-

spiel Überzeugungen wie: „Daten und Kennt-

nisse weitergeben schwächt meine Position“

oder „Ich sage nicht alles, der Andere soll

sich erst einmal eine blutige Nase holen“

oder „Ich habe mir das jahrelang erarbeitet,

jetzt gebe ich das doch nicht einfach so wei-

ter“. Formulieren Sie statt solchen begrenzen-

den Einstellungen neue, förderliche Einstel-

lungen und finden Sie Beispiele aus Ihrem

Arbeitsalltag, wo Ihnen selbst Hilfestellungen

gegeben wurden, die Ihnen geholfen haben.

Förderliche Formulierungen können so lau-

ten: „Wir vereinbaren Informationsziele und

testen die Wirkung.“ „Wir vereinbaren Feed-

back und verändern oder verbessern unser

Vorgehen danach.“ „Wir gestalten den Infor-

mationstransfer als Projekt in dem alle Betei-

ligten gewinnen.“

Wechseln Sie die Denkrichtung Oft werden Neuerungen wie zum Beispiel ein

Mentoring-Projekt in Unternehmen mit den

Begleitsätzen eingeführt wie: „Wir müssen

was tun“, „wir müssen strukturierter infor-

14 Blickpunkt:KMU 5/2007

MANAGEMENT

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mieren“. Sie erreichen diese Ziele leichter,

wenn Sie schildern, welche Möglichkeiten

entstehen, wenn Sie eine Mentoring-Kultur

nicht schaffen müssen, sondern die Chance

dazu haben, eine zu verwirklichen. Was kön-

nen Sie gewinnen? Was kann interessant für

Sie sein? Was könnte einen so grossen Reiz

auf Sie ausüben, dass Sie durch Mentoring

lernen und selbst weiterkommen wollen?

Diese Orientierung auf Möglichkeit und Ge-

winnchance stellt sich häufig als ein zentra-

ler Punkt im Mentoring dar. Um Befürchtun-

gen, die zu Reglementierungen und Zwängen

führen und sich als lernhemmend heraus-

stellen, abzubauen, lohnt sich der Aufbau

einer Mentoring-Kultur im Unternehmen.

Konkurrenz nach aussen, Kooperation und

Transparenz nach innen heisst ein Kernsatz,

der auch auf das Mentoring zutrifft.

Die neue Denkrichtung will den Zuwachs

an Fähigkeiten in der Mentoring Beziehung.

Gerade dann, wenn Sie zum Beispiel denken:

„Von diesem Anfänger kann ich nichts ler-

nen“, haben Sie sich selbst limitiert. Sie be-

obachten dann nicht mehr genau, lassen

sich von alten Emotionen leiten und treffen

mit hoher Wahrscheinlichkeit Fehlurteile.

Orientieren Sie sich darüber hinaus, starten

Sie durch, indem Sie Ihre Fähigkeiten berei-

chern und entdecken, wie Sie Ihre Erfahrun-

gen und Ihr Wissen inszenieren können,

damit andere Menschen, Kollegen und Mitar-

beiter erreicht werden. Vielleicht präsentiert

Ihnen ein junger Kollege ein Denkkonzept,

dass Ihnen in anderen Kontexten sehr nütz-

lich werden kann. Bleiben Sie neugierig.

Nutzen Sie Feedforward statt FeedbackPlanen Sie in die Zukunft, spielen Sie Szena-

rien durch und lernen Sie aus der Zukunft.

Feedback bezieht sich auf Daten aus der Ver-

gangenheit. Es taugt, um aus Erfahrung klug

zu machen. Tun Sie mehr! Schaffen Sie sich

einen Lösungsraum in der Zukunft und testen

Sie Ihr Vorhaben dort. Investieren Sie Ihre

Kenntnisse in dieses Zukunftsprojekt, füttern

Sie die Zukunft (Feedforward), nicht nur das,

was hinter ihnen liegt (Feedback).

Eine Methode, die Mentoren für eine Feed-

forward-Orientierung nutzen, heisst: „Neues

Verhalten generieren“. Sie können diese

Methode zum Beispiel mit dem Thema Dele-

gation in folgenden Schritten sofort auspro-

bieren:

Notieren Sie das Beispielthema „Delegation“

auf ein Blatt Papier. Achten Sie darauf, dass

es nach den Richtlinien des COACH-Modells

geschieht (in Artikel 2, BlickpunktKMU

3/2007).

Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst

und Ihre Mentoring-Partner auf einer Bühne

in etwa 3 Meter Entfernung vor sich sehen.

Beschreiben Sie Ihr Verhalten, wie Sie mit

Ihrem Mentoring-Partner das Thema Delega-

tion erörtern, ganz detailliert.

Wie stehen oder sitzen Sie? Aufrecht,

gebeugt, nach vorne, hinten gelehnt?

Wie ist Ihre Kopfhaltung?

Geneigt, nach oben oder unten schauend?

Wie klingt ihre Stimme? Sprechen Sie

laut/leise, hoch/tief, mit viel/wenig Volumen?

Erreichen Sie mit diesem Verhalten das, was

Sie erreichen wollen? Oder gibt es etwas

zu verbessern? Wäre es vielleicht besser,

Sie würden langsamer sprechen, mit tieferer

Stimme, oder weniger Fachjargon benutzen,

wäre es vielleicht besser, Sie würden Ihrem

Blickpunkt:KMU 5/2007 15

MANAGEMENT

Z u m A u t o r

Franz Stowasser (E-Mail: [email protected])Dipl.Soziologe, Betriebswirt, Ind. Kfm.,arbeitet seit über 20 Jahren in der Indus-trie und eigener Praxis als Coach undMentor. Als Autor mehrerer Fachbücherhat er sich intensiv mit dem Modellierenvon Know-how-Transfer beschäftigt.www.think-seminars.com

„Bleiben Sieneugierig“

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Gegenüber mehr Raum lassen, eine Visuali-

sierungsfläche wie ein Flipchart oder eine

Tafel nutzen, um das, was sie zu sagen haben

visuell zu veranschaulichen? Was geschieht,

wenn Sie sich bei diesem Gespräch bewegen?

Fügen Sie die Veränderungen, die Sie als

sinnvoll erachten, zu Ihrem Verhalten hinzu.

Sehen Sie sich bitte immer noch auf der

Bühne. Bemerken Sie, wie sich dabei viel-

leicht Ihre Körperhaltung, Ihr Stimmvolumen

oder/und Lautstärke ändert.

Testen Sie innerlich. Sieht, hört, fühlt sich

das besser an? Fällt Ihnen auf, welche Mög-

lichkeiten Sie noch hinzufügen könnten?

Blicken Sie auf die Bühne und machen Sie

die weiteren Veränderungen. Testen Sie nach

jeder Veränderung, was sich für Sie verbessert.

Vielleicht riskieren Sie auch einmal einen

Blick auf Ihren Mentoring-Partner: Haben Sie

den Eindruck, Ihr Partner sei glücklicher mit

den Veränderungen, die Sie an sich vorge-

nommen haben, oder wirkt er gestresster?

Testen Sie Ihr Befinden auch mit diesen

neuen Informationen. Nachdem Sie mit der

Szene vollkommen zufrieden sind, haben

Sie für Ihr Nervensystem eine Feedforward-

Instanz geschaffen. Ihr Nervensystem weiss

jetzt, worauf es hinarbeiten, worauf es sich

konzentrieren soll.

Lassen Sie sich von Ihrem Nervensystem un-

terstützen. So schaffen Sie Wirklichkeiten in

der Zukunft. Sie können diese Szenarien je-

derzeit verändern und haben die Gewissheit,

dass Sie an Ihrer eigenen Befindlichkeit in

zukünftigen Situationen schon heute etwas

tun können.

Nun können sie das Beispielthema „Delega-

tion“ inhaltlich bereichern. Sie können mit

Hilfe des BusinessNavigators Ihre eigenen

Planungs- und Überzeugungsstrategie kennen

lernen. So können Sie überprüfen, mit wel-

cher Delegationspraxis Sie sich selbst gut

fühlen und Sie finden heraus, wie Sie den

Mentoring-Prozess noch gestalten können.

Nutzen Sie den BusinessNavigator. Mit Hilfe

dieses EDV Programms erfahren Sie mehr

über ihr Planungsverhalten, ihre Orientierun-

gen und über die Art, wie Sie diese Orientie-

rungen kommunizieren. Wenn Sie zum Bei-

spiel beim Delegieren vom grossen Überblick

(Big Picture) ausgehen, von einer Grundidee,

einem generellem Ziel und kommen dann

Schritt für Schritt zu den Details, dann errei-

chen Sie viel bei einer Mentoring-Partnerin,

die ebenfalls dieses Muster nutzt. Manche

beginnen jedoch mit einem konkreten Punkt

und entwickeln von da aus Schritt für Schritt

eine Gesamtstruktur. Diese Mitarbeiter wol-

len von einer konkreten Erfahrung ausgehen.

Wenn Sie hier delegieren wollen, gelingt

das gut, nachdem der Mitarbeiter eine kon-

krete Erfahrung gemacht hat und weiss,

in welche Richtung er weiter Erfahrungen

organisieren soll.

Eine Frage der PerspektiveDazu ein Praxisbeispiel: Der Inhaber einer

Dreherei klagte über Nachlässigkeit einiger

seiner Mitarbeiter. Die Qualitätskontrollen

würden nicht eingehalten, Ausschuss pro-

duziert und er hatte dadurch Probleme mit

den Kunden bekommen. Dabei hätte er seine

Mitarbeiter auf solche Folgen hingewiesen

und immer wieder gesagt, wie streng die

Kontrollen bei den Abnehmern seien. Offen-

sichtlich ohne grossen Erfolg. Der Inhaber

hatte das Verhalten der Kunden im Fokus

seiner Aufmerksamkeit und vermutete,

dass einige seiner Mitarbeiter ihn sabotieren

würden, weil sie die Bauteile nicht in der

geforderten Qualität herstellten. Aus diesem

Denken heraus handelte er gekränkt, wurde

laut und wütend und verschlimmerte durch

dieses Führungsverhalten die Situation.

Er hatte den Überblick (Big Picture), in seinem

Kopf spielten alle Räder seines Betriebes in-

einander. Diejenigen, die dieses Zusammen-

spiel störten, mussten Saboteure sein, deren

einzige Absicht es sei, ihm zu schaden. Wie

Sie als Leser sicher wissen, ergab die Analyse

der betrieblichen Verhältnisse ein ganz an-

deres Bild. Welches? Und wie konnte der

Inhaber sein Verhalten so ändern, dass es

qualitativ hochwertige Arbeit förderte, statt

durch Beschuldigungen Widerstand zu schaf-

fen? Sie haben sich die Antwort längst gege-

ben. Überprüfen Sie die Konsequenzen Ihres

Ansatzes: Welche Firmenkultur kann sich

daraus entwickeln? ø

16 Blickpunkt:KMU 5/2007

MANAGEMENT

O n l i n e - T i p p

Sie haben die ersten Teile der Serie überMentoring verpasst? Im Wissensarchiv aufwww.blickpunktkmu.ch stehen die Artikelim pdf-Format in der Rubrik Managementzum kostenlosen Download bereit.

„InvestierenSie Ihre

Kenntnissein dieses

Zukunfts-projekt,füttern Sie die

Zukunft“