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MAGAZIN Börse Frankfurt AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. Nr. 02/2016 3,80 April 2016 Amerika hat die Wahl Wenn die US-Bürger an die Urnen gebeten werden, schaut die ganze Welt gespannt zu markt.bericht Gedämpfter Optimismus mehr.wissen Geldspritze ohne Wirkung detail.blick Euro 2016: Volltreffer für die Wirtschaft?

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  • MAGAZINBörse Frankfurt

    AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    Nr. 02/2016 • 3,80 €

    April

    2016

    Amerika hat die WahlWenn die US-Bürger an die Urnen gebeten werden, schaut die ganze Welt gespannt zu

    markt.berichtGedämpfter Optimismus

    mehr.wissen Geldspritze ohne Wirkung detail.blick Euro 2016: Volltreffer für die Wirtschaft?

  • Frankfurt. Mein Platz zum Handeln.

    Das bietet Frankfurt: Ab dem 1. Januar 2016 entfällt beim Handel mit Hebelprodukten und Zertifikaten das Börsenentgelt für alle Orders bis 1.000,– Euro. Was bleibt, sind die schnelle

    Ausführung, die Sicherheit und die Vielfalt, die Sie von der Börse Frankfurt kennen. Also: Sparen Sie sich das Börsenentgelt. Leisten Sie sich Frankfurt. www.entgelt-entfaellt.de

    * Kein Börsenentgelt auf Zertifikate und Hebelprodukte bis 1.000,– Euro.

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    editorial 03

    Zwei Fragen werden die restlichen acht Monate dieses Jahres – unabhängig von allem, was noch passieren mag – viele Menschen in Deutschland beschäftigen: Holt Jogis Mannschaft auch noch den Europapokal, und bewahrt uns Hillary Clinton doch noch vor Donald Trump?

    Beide zentralen Fragen dürfen in dieser Ausgabe natürlich nicht fehlen. In der top.story schauen wir uns die Vereinigten Staaten im Wahljahr an: Welche Implikationen hat es auf die Wirtschaft und auf die Börsen? Und beim EM-Thema spannen wir den Bogen etwas weiter und versuchen herauszuarbeiten, wie wichtig und auch wertvoll sportliche Großereignisse für Ausrichter, Ausstatter und alle anderen Beteiligten sind.

    Nach eineinhalb Jahren Börse Frankfurt Magazin haben wir uns entschlossen, ein paar Rubriken umzustellen. Dies muss nicht dauerhaft der Fall sein, soll aber der Vielfalt des Magazins dienen. So analysieren wir in dieser Ausgabe keine Börsenweisheiten oder Börsenmythen, sondern beschäftigen uns mit berühmten Börsenpersönlichkeiten, bes-ser noch Börsenlegenden. Und wer, wenn nicht der Altmeister selbst, André Kostolany, darf den Anfang machen?

    In der Lifestyle-Ecke verlassen wir vorübergehend die Welt der Geldanlage und betrach-ten interessante Produkte, die unser Leben ausgeglichener und sicherer werden lassen.

    Freuen Sie sich auch auf ein interessantes Interview mit der bezaubernden Sandra Navidi, die ihre eigene Sicht auf die USA im Wahljahr 2016 geben wird.

    Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und eine schöne Europameisterschaft!

    Ihr Ralph Stemper

    [email protected]

    „Man muss nicht immer die absolute Mehrheit hinter sich haben, manchmal reichen auch 51 Prozent“

    Christoph Daum, Fußballtrainer

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    04 inhaltsverzeichnis

    24 meine.meinung

    26 börsen.legenden

    28 mehr.wissen

    31 investment.thema UN-Klimagipfel: Signal für nachhaltige Investments

    34 ein.blick Yahoo – Pionier des Internets

    06 info.grafik 08 short.news

    11 markt.bericht

    14 im.gespräch Sandra Navidi: „Selten war die Welt instabiler als heute“

    18 top.story Amerika hat die Wahl

    top.story

    18

    Amerika hat die Wahl Wenn die US-Bürger an die Urnen gebeten werden, schaut die ganze Welt gespannt zu

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    inhaltsverzeichnis 05

    46 aus.zeit Wo Kinder gerne Kinder sein dürfen

    50 ab.fahren Frischluft-Feeling im Frühling

    52 auf.ein.wort

    54 schnell.notiert

    36 detail.blick Euro 2016: Volltreffer für die Wirtschaft?

    38 lese.stoff Wegweisendes Wissen

    40 börse.historie

    42 für.sie.entdeckt

    44 aus.gehen Eine Frage des guten Geschmacks

    im.gesprächSandra Navidi: „Selten war die Welt instabilerals heute“

    14

    46 aus.zeit Wo Kinder gerneKinder sein dürfen

    40börse.historie Nervenkrieg am Rio de la Plata

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    Wie wird man Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika?

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    OF THE

    Verfassungsrechtliche Voraussetzungen für die Kandidatur

    Muss von Geburts wegen amerikanischer Staats-bürger sein

    Muss mindestens 35 Jahre alt sein

    Muss seit mindes- tens 14 Jahren in den USA leben

    2. Schritt: Nominierungsparteitage

    Schritt 3: Präsidentschaftswahlen

    Der Wahlkampf geht in die heiße Phase. In drei Fernsehduellen (am 26. September, 9. Oktober und 19. Oktober) müssen die beiden Kandidaten die Wähler überzeugen.

    Am 8. November werden die US-Bürger landesweit in allen Staaten an die Urnen gebeten. Sie wählen dabei aber nicht den Präsidenten direkt, sondern eine Gruppe von Wahlmännern (Electors). In fast allen Bundesstaaten gilt die Regel, dass der dortige Sieger (Demokrat oder Republikaner) alle Wahlmänner zugeteilt bekommt. Wie viele Stimmen ein Staat im »Electoral College« zu vergeben hat, hängt von seiner Bevölkerungsstärke ab.

    Ein weiterer Programmpunkt auf den Parteitagen: Der potentielle Vizepräsi-

    dent wird jeweils bekannt gegeben.

    Vom 18.07.-21.07. nominieren die Republikaner und vom 25.07.-28.07. die Demokraten den Mann

    bzw. die Frau, der/die für sie ins Rennen geht.

    ...AND I APPROVE THIS MESSAGE.

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    info.grafik 07

    Quelle: www.usa.gov, eigene Recherche; Gestaltung: Ifrah Syed

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    OF THE1. Schritt: Vorwahlen

    Menschen mit ähnlichen politischen Ansichten gehören der gleichen Partei an. Die US-Parteilandschaft wird von zwei Parteien dominiert: den Republikanern und den Demokraten. Aus deren Kreis werden die Präsidentschaftskandidaten zunächst in Vorwahlen bestimmt.

    Potentielle Präsidentschaftskandidaten beider Parteien versuchen möglichst viele Anhänger ihrer Partei auf ihre Seite zu bekommen. Auf zahlreichen Veranstaltungen und in Fernsehdebatten versuchen sie Stimmen zu sammeln.

    Schritt 4: Electoral College (Wahlmännerkollegium)

    Unabhängig von der Deligierten-wahl wählen bei den Vorwahlen

    die Parteimitglieder ihren Prä-sidentschaftskandidaten aus.

    Dieser entsendet dann seine Delegierten zum Nominierungs-

    parteitag im Juli.

    Nach zahlreichen Diskussionen und Beratungen in den regionalen Parteiverbänden werden die

    Delegierten gewählt, also diejenigen Personen, die auf dem Parteitag der Demokraten bzw. Repu-blikaner den Präsidentschaftskandidaten formal

    bestimmen werden.

    Der neue Präsident steht formal erst nach Auszählung der Wahlmännerstimmen (jeder Wahlmann hat eine Stimme) fest. Um Präsident zu werden, muss der Kandidat die absolute Mehrheit von 270 von 538 Wahlmännerstimmen bekommen. Erreicht keiner der Kandidaten die 270 Stimmen, wird der Präsident im Repräsentantenhaus und der Vizepräsident im Senat gewählt.

    Wahlmänner-stimmen

    Der neue Präsident und der neue Vizepräsident treten ihr Amt im Januar an, nachdem sie vereidigt wurden: „Ich schwöre, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausführen und die Ver-

    fassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen werde.“ (Verfassung, Artikel II, Abs. 1)

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    08 short.news

    Die Veranstaltung war Teil einer weltweiten Bell-Ring-ing-Aktion der Vereinigung „Women in ETFs“ vom 7. bis zum 11. März 2016. Die Kampagne von den „Women in ETFs“ wurde ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Position von Frauen im Kapital-markt, vor allem in der ETF-Industrie, zu stärken.

    Im Vordergrund der Bell-Ringing-Aktion steht die Be-deutung von Gleichstellungsfragen für eine nachhaltige Geschäftsentwicklung. Um dies zu unterstreichen, wurde mit Beteiligung des Deutschen Global Compact Netzwerks (DGCN) am 9. März die Börsenglocke der Frankfurter Börse zum Handelsstart geläutet. Das DGCN hilft Unter-nehmen durch Webinare und Coachings, Gleichstellung im Unter nehmen umzusetzen und Frauen zu fördern.

    Glockenläuten am FrauentagAm 9. März 2016 läutete die Börsenglocke auf dem Frankfurter Börsenparkett zu einem besonderen Anlass: der Internationale Frauentag am Tag zuvor.

    Ana Concejero (Board Member Women in ETFs EMEA)

    „Börsen können einen großen Einfluss ausüben, wenn sie sich für mehr Geschlechtervielfalt in börsennotierten Unternehmen aussprechen und den Zugang zu Kapital marktdienstleistungen für frau-engeführte Unternehmen und Unternehmerinnen sicherstellen“, bekräftigte auch Lise Kingo, Exekutiv-direktorin des UN Global Compact, die die globale Initiative „Ring the Bell for Gender Equality“ eben-falls unterstützt.

    Die Produktpalette der Deutschen Börse umfasst aktuell über 1.130 Exchange Traded Funds (ETF). Mit dieser Auswahl und einem durchschnittlichen monatlichen Handelsvolumen von rund 16 Milliar-den Euro ist Xetra® der führende Handelsplatz für ETF in Europa.

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    short.news 09

    Begehrte Beratung

    V iele Sparer sind ratlos, erst im März hat die Eu-ropäische Zentralbank den Leitzins auf null ge-senkt. Doch nur die wenigsten ziehen daraus die richtigen Konsequenzen, zeigt eine Umfrage von Union Investment. Rund 45 Prozent der befragten Sparer ka-pitulieren vor dem dauerhaften Niedrigzinsniveau und sind der Meinung, dass sie unabhängig von der Art der Geldanlage keine nennenswerte Verzinsung mehr be-kommen. Fast jeder Dritte sieht gar keinen Sinn mehr im Sparen und gibt sein Geld deshalb lieber aus. Ein kleiner Lichtblick: Rund ein Drittel der Umfrageteil-nehmer kann sich ein Aktieninvestment „auf jeden Fall“ vorstellen, ein weiteres Drittel „eventuell“. 40 Prozent lehnen Dividendenpapiere indes kategorisch ab. Knapp 75 Prozent der Befragten erklärten, dass aktienbasierte Anlagen für sie in Frage kämen – aber nur, wenn sie sich darauf verlassen könnten, dass sie damit über

    einen Zeitraum von 20 Jahren keinesfalls Verluste er-wirtschaften. „Leider haben viele Anleger ein falsches Bild von den Entwicklungen an den Kapitalmärkten“, kommentiert Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment, „denn genau diese Bedingungen haben die Märkte in der Vergangenheit immer erfüllt.“

    Es fehle an Verständnis für Aktien und für grundle-gende wirtschaftliche Zusammenhänge, so Gay. Die Hälfte der Befragten will ihre Investments näher unter die Lupe nehmen und zumindest möglicherwei-se etwas daran verändern. Bisher haben sich indes nur 47 Prozent der Umfrageteilnehmer ernsthaft mit der Suche nach Alternativen zum Sparbuch befasst. Angesichts des breiten Angebots ist jeder Zweite für Beratung durch einen Experten dankbar. Initiativen wie der Tag der Aktie (s. Beitrag S. 10) sind hierfür ebenso unverzichtbar.

    Experten sehen in diesem Schritt gleich mehrere Vorteile. So können Anleger nicht nur früher auf neue Nachrichten wie Unternehmensmeldungen reagieren und früher an Marktbewegungen partizipie-ren. Interessant ist der frühere Start auch für Neuemis-sionen, die künftig am ersten Handelstag bereits ab 8 Uhr ge- und verkauft werden können. Auf dem Parkett der Börse Frankfurt werden derzeit rund 27.700 An-leihen gehandelt. Spezialisten stellen kontinuerlich An- und Verkaufspreise und erhöhen damit die Handelbar-keit und überwachen die Preisfeststellung im System. Das sorgt für Transparenz und faire Preise – gerade bei Anleihen, in denen häufig Liquidität fehlt.

    Daniel Förtsch von der Walter Ludwig Wertpapier-handelsgesellschaft geht davon aus, dass sich der

    Handel vor 9 Uhr auf rund 5000 Anleihen beläuft. „Vor allem liquide Papiere profitieren“, glaubt der Experte. Dazu zählen etwa Unternehmens- und Hochzinsanleihen, Staatsanleihen aus Schwellen-ländern sowie festverzinsliche europäischer Staaten, Währungsbonds sowie Anleihen von Finanzinstituten.

    Insbesondere Privatanleger dürften vom früheren Handelsbeginn profitieren, weil die meisten Profis nach wie vor erst um 9 Uhr ihre Orderbücher öff-nen. Zum Ende des Tages bleibt alles beim Alten: Der Handel schließt weiterhin um 17.30 Uhr.

    Weitere nützliche Informationen zu Anleihen sind auf boerse-frankfurt.de zu finden.

    Längere Handelszeiten

    Nullzinsen machen das Sparbuch unattraktiv. Eine Umfrage zeigt, dass der Rat von Experten zunehmend gefragt ist.

    Die Börse Frankfurt kommt Frühaufstehern entgegen. Seit Anfang Februar ist der Start des Anleihehandels von 9 auf 8 Uhr vorverlegt worden.

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    10 short.news

    Anleger konnten anlässlich der Neuauflage des Tages der Aktie alle 30 DAX®-Aktien sowie ausgewählte börsengehandelte Indexfonds (ETF) ab einem Ge-genwert von 1.000 Euro kostenfrei kaufen. Nicht nur die Deutsche Börse verzichtete auf die Berechnung der übli-cherweise anfallenden Transaktions- und Handelsentgelte, sondern auch die an der Aktion beteiligten acht Banken.

    Initiativen der Börse Frankfurt wie der „Tag der Aktie“ sind ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Aktienkul-tur in Deutschland. „Mit dem ‚Tag der Aktie‘ am 16. März möchten die Deutsche Börse und die teilnehmenden Banken ein Zeichen setzen und die Popularität der Aktie in der Bevölkerung weiter steigern“, bekräftigte Deutsche Börse-Vorstandsmitglied Hauke Stars.

    Der Aktienhandel hierzulande ist längst nicht so stark etabliert wie in anderen Ländern. Viele Bundesbürger befassen sich nicht gerne mit Finanzthemen, einige finden es sogar lästig. Nur 14 Prozent der Deutschen investieren aktuell in Aktienanlagen – die Scheu davor scheint groß. „Bundesbürger sind nach wie vor leider sehr skeptisch“, berichtet Hauke Stars, „auch wenn nach einer Studie des Deutschen Aktieninstituts die Zahl der Aktionäre im letzten Jahr gestiegen ist. Immerhin 560.000 Aktionäre und Aktienfondsanleger sind hinzu-gekommen. Das ist erfreulich und ist der höchste Stand seit drei Jahren.“

    Im Dienst der AktienkulturAm 16. März fand in der Börse Frankfurt zum zweiten Mal der „Tag der Aktie“ statt.

    Hauke Stars (Vorstandsmitglied Deutsche Börse AG) führt die Besucher über’s Parkett

    Voller Erfolg

    Am 29. Februar ging es in die dritte und damit letzte Spielphase der fünften Staffel der Trading Masters (wir berichteten im BF Magazin 04/2015). Die Spielphase endete am 1. April, es gab mehr als 200 Preise im Gesamtwert von über 100.000 Euro zu gewinnen. Der Gesamtsieger darf auf der Anlegermesse Invest in Stuttgart seinen Preis, einen Mercedes GLA 220 D, entgegennehmen.

    Die Top 30 der Trading Masters wurden am 3. und 4. März von den Hauptsponsoren UBS und Börse Frankfurt in die Finanzmetropole am Main eingeladen. Die Gäste erwar-tete ein überaus interessantes Vortragsprogramm und eine exklusive Führung durch den Handelssaal der Börse. Abgerundet wurde das ganze mit einem gemeinsamen Kochabend. „Für manche ist der Börsenhandel einfacher als Kochen, aber es war richtig lustig“, freute sich ein Teilneh-

    mer, „so viele schöne Sachen gemacht, so viele interessante Menschen getroffen und vor allem sehr viel Spaß gehabt.“

    Die Trading Masters erfreuen sich immer größerer Beliebt-heit. Zuletzt nahmen mehr als 15.000 Teilnehmer an dem Börsenspiel mit seinem umfangreichen Schulungsangebot teil. In den 3 Spielphasen wurden die Teilnehmer in bis zu 55 Webinaren und ergänzenden Seminaren von Top-Referenten geschult.

    Erst im Februar dieses Jahres wurde das Spiel in London als „Beste Ausbildungsinitiative“ mit dem begehrten SRP-Award gekürt. Die Herangehensweise der Trading Masters über-zeugte die hochkarätige Jury gleich auf mehreren Ebenen: Den Ausschlag gaben vor allem die hohe Teilnehmerzahl, die Klarheit und der einfache Zugang zu Ausbildungsinhalten.

    In der letzten Spielphase der 5. Staffel der Trading Masters gibt es mehr als 200 Preise im Gesamtwert von über 100.000 Euro zu gewinnen.

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    Gedämpfter Optimismus

    markt.bericht 11

    Nach dem Ausverkauf an den Aktienmärkten sehen Experten allmählich wieder Licht am Ende des Tunnels.

    Die ersten Wochen des neuen Börsenjahres verschreck-ten selbst altgediente Profis. Schon der erste Han-delstag war für den DAX mit einem Minus von 4,3 Prozent so schlecht wie seit 28 Jahren nicht mehr. Auch anderswo lief es nicht besser. Zwischen Anfang Januar und Mitte Februar schmolz der Marktwert des MSCI Weltindex, der mit knapp 2500 Gesellschaften aus den Industrie- und Schwellenländern rund 85 Prozent des gesamten globalen Aktienvolumens abdeckt, um mehr als 5 Billionen Dollar. Beim europäischen Pendant Euro Stoxx 50 summierte sich das Minus bis dahin auf 445 Milliarden Euro. Neben Konjunktursorgen drückte vor allem der fallende Ölpreis auf die Stimmung. Binnen neun Monaten hat sich die Notierung des wichtigsten Schmierstoffs der Welt

    zeitweise mehr als halbiert. Kostete ein 159-Liter-Fass der Nordsee-Sorte Brent im Mai vergangenen Jahres noch rund 68 Dollar, war der Schmierstoff Mitte Januar für weniger als 29 Dollar zu haben. Inzwischen erholte sich die Notierung auf rund 40 Dollar je Barrel.

    Förderländer unter Druck

    Doch das ist nicht genug. Einige der größten Ölförder-länder brauchen einen Preis von mindestens 100 Dollar für einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Für Länder wie Saudi-Arabien, Russland, Bahrain, Nigeria und Venezuela dürfte es somit immer enger werden. Um ihre klammen Kassen zu füllen, bleiben oft nur Aktienverkäufe aus ihren

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    12 markt.berichtteils mehrere hundert Milliarden Dollar schweren Staats-fonds. Nach Angaben des Sovereign Wealth Fund Institute haben die Anlagepools der ölfördernden Länder im ver-gangenen Jahr Aktienpositionen mit einem Volumen von rund 213 Milliarden Dollar verkauft – mit entsprechenden Belastungen für die Aktienmärkte.

    Für das laufende Jahr erwarten die Experten keine Besse-rung. So könnten sich die Staatsfonds in diesem Jahr von Dividendentiteln im Wert von rund 400 Milliarden Dollar trennen, falls der Ölpreis zwischen 30 und 40 Dollar je Fass pendelt. Damit könnte der Wert der von den größten Staatsfonds gehaltenen Aktien auf 2,64 Billionen Dollar fallen – nach 3,04 Billionen Ende 2015.

    Vor allem deutsche Aktien könnten darunter leiden: rund 55 Prozent aller DAX-Aktien werden mittlerweile im Aus-land gehalten. Zwar lässt sich der Anteil der Staatsfonds nur grob taxieren, doch dürfte er 25 bis 30 Prozent betra-gen, was einem Volumen von 250 bis 270 Milliarden Euro gleichkommt. „Diese Summe entspricht fast genau der Aktienlücke, die bei den Kapitalsammelstellen in Deutsch-land permanent genannt wird“ (Anm. d. Red.: die Anla-gesumme, die Investmentfonds – Experten zufolge – in diesem Jahr in Aktien investieren werden), beschwichtigt Volker Schulz vom Aktionärsbrief, „gemessen am Volumen wäre es also problemlos möglich, dieses Material sinnvoll aufzunehmen.“ Fraglich bleibt für den langjährigen Markt-kenner indes, ob es auch markttechnisch gelingt.

    Auf Orientierungssuche

    Börsenprofis sind sich uneins, in welcher Phase sich der Markt nun genau befindet. Die US-Bank Morgan Stanley etwa hat in einer umfangreichen Studie 40 historische Abwärtsphasen mit Kursverlusten von mindestens 20 Prozent untersucht. Beim S&P 500 Index gab es seit An-fang der sechziger Jahre zwölf derartige Kurseinbrüche. Im Schnitt dauerten sie 272 Handelstage und führten zu Verlusten von 28 Prozent. Die aktuelle Abwärtsphase dau-erte bis Mitte März lediglich rund 210 Handelstage – mit einem maximalen Kursminus von 15 Prozent.

    Demnach hätte der US-Aktienmarkt sowohl bezogen auf die Dauer als auch auf die Dimension noch viel Luft nach unten. Einem möglichen Abwärtssog der Wall Street dürf-ten sich aller bisherigen Erfahrung nach auch deutsche Aktien nicht entziehen.

    Der seit sieben Jahren anhaltende Bullenmarkt bei Aktien ist der drittlängste der Geschichte – und aktuell gleichzeitig

    der meistgehasste, schreibt die Nachrichtenagentur Bloom-berg. Zwar zögen Investoren so schnell Gelder aus Aktien ab wie kaum zuvor. Doch genau dies sei ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Kurse weiter steigen. Denn solche Aufwärtsbewegungen endeten meist, wenn es übertrie-benen Optimismus gibt – aber der sei nirgendwo in Sicht.

    „Sieben Jahre im globalen Bullenmarkt und kein Opti-mismus weit und breit. Regionale Bärenmärkte verschre-cken die Anleger. Ein gutes Zeichen!“ sekundiert Thomas Grüner. Der Chef und Gründer der Rodenbacher Vermö-gensverwaltung Grüner Fisher Investments hält die Lage erst dann für gefährlich, wenn Sorglosigkeit und Euphorie ausbrechen. „Aktien sind nicht teuer“, macht der Invest-mentprofi Mut.

    Dicke Dividenden

    Zwar ist der deutsche Aktienindex weit von seinen histo-rischen Bestmarken vom Frühjahr vergangenen Jahres entfernt, dennoch wird 2016 ein Rekordjahr an der Börse. Schon jetzt steht nämlich fest, dass die Dividenden der deutschen Aktiengesellschaften so hoch sein werden wie nie zuvor in der Geschichte.

    Allein die 30 größten Gesellschaften werden ihren Akti-onären 30,2 Milliarden Euro an Dividenden ausschütten, hat die Commerzbank ausgerechnet. Für den breiteren deutschen Markt, also auch kleinere Unternehmen, bezif-fert die DZ Bank die Ausschüttungssumme auf 38 Milli-arden Euro. Unter dem Strich wirft der DAX mehr als drei Prozent ab, der Euro Stoxx 50 liegt gar über der Marke von vier Prozent.

    Gleichzeitig leiden Renditen von Festverzinslichen unter der Nullzinspolitik der Notenbanken. „Selbst Anleihen mit mittlerer Kreditwürdigkeit werfen mit 1,7 Prozent nur halb so viel ab wie DAX-Werte durch ihre Dividenden“, gibt Marktkenner Volker Schulz aus dem Bernecker Verlag zu bedenken, „zehnjährige Bundesanleihen rentieren mit jämmerlichen 0,27 Prozent.“

    Selbst wenn es weitere Abwärtsrisiken gebe, dürfe man sich bei vielen Werten sicher sein, dass sie auf Sicht von 12 bis 24 Monaten deutlich höher notieren werden als heute. Schulz: „Viele Titel notieren schon wieder nahe oder unter Buchwert.“

    Auch Jens Ehrhardt, Gründer und Chef der Münchner Ver-mögensverwaltung DJE Kapital, sieht den Markt ebenfalls durch die Zins-Diät unterstützt: „Klassische Sparmodelle

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    markt.bericht 13

    werden damit noch unattraktiver und Aktien mit hohen Dividendenrenditen umso interessanter. Zudem bieten die günstigen Kredite eine Chance für Unternehmen.“ Negativzinsen einerseits und Dividendenrenditen von bis zu fünf Prozent bei soliden deutschen Standardwerten andererseits passen für Ehrhardt nicht zusammen: „Dies wäre nur gerechtfertigt, wenn weltweit ein Konjunktur- absturz droht.“

    Stühlerücken in DAX und Co.

    Die Schweizer Großbank UBS rät vor diesem Hintergrund zur Übergewichtung von Aktien der Eurozone. „Das Wachstum der Unternehmensgewinne verbessert sich und wird durch allmählich steigende Margen und das solide Umsatzwachstum unterstützt.“ Zu den bevorzugten Sektoren von UBS-Investmentstratege Bert Jansen zählen Finanzen, Energie, Gesundheit und Technologie.

    11.000 Punkte im DAX erwartet die Landesbank Ba-den-Württemberg zum Jahresende – und sieht keinen

    Grund für Pessimismus. „Der Weg dorthin wird zwar holp-rig“, glaubt Aktienstratege Uwe Streich, „wir raten aber dennoch, Aktien überzugewichten.“

    Anleger, die über börsengehandelte Indexfonds (ETF) am Markt agieren, dürfte vor allem der kräftige Umbau der wichtigsten deutschen Börsenbarometer interessieren, der Ende März in Kraft getreten ist. So rückte ProSieben-Sat.1 Media in die im DAX gebündelte Riege der Top 30. Dafür musste K+S den Platz räumen und ist nun im MDAX notiert.

    In den Midcap-Index wurden zudem die Aktien der Stein-hoff International Holdings und Alstria office REIT auf-genommen, Klöckner & Co sowie ElringKlinger wurden in den SDAX verwiesen. Dort finden sich mit WashTec, Wüstenrot & Württembergische sowie Hapag-Lloyd weitere Neuzugänge. Weichen mussten dafür MLP, Sixt Leasing, Hornbach Baumarkt und Schaltbau Holding. Im Technologieindex TecDAX ersetzten SLM Solutions und Süss Microtec die Aktien von QSC und LPKF Laser.

    Auf Orientierungssuche .......

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    „Selten war die Welt instabiler als heute“Sie trifft regelmäßig die wichtigsten Wirtschaftsführer und ist bekannt für ihre skeptischen Prognosen. Sandra Navidi, Finanzmarktexpertin, Managementberaterin und Bestsellerauto-rin, hat sich vor einigen Jahren mit der Beratungsfirma BeyondGlobal LLC in New York selbst-ständig gemacht. Im Gespräch mit dem Börse Frankfurt Magazin spricht sie über die Netz-werke der Wirtschafts- und Finanzelite und die Instabilität des Finanzsystems.

    14 im.gespräch

    Zur Person:Sandra Navidi ist Gründerin der Unternehmensberatungsfirma BeyondGlobal. Zuvor arbeitete sie als Research Director mit Starökonom Nouriel Roubini, war Investmentbankerin und Chef- justiziarin. Sie ist in Deutschland und den USA als Rechtsanwältin zugelassen.

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    im.gespräch 15In Ihrem neuen Buch „Super-hubs – Wie die Finanz- elite und ihre Netzwerke die Welt regieren“ geben Sie Einblicke in die Zirkel der Macht. Was ist Ihre Bot-schaft?

    In unserem Finanzsystem bilden sich – wie in jedem System – aufgrund automatischer Dynamiken immer wieder die gleichen Netzwerkstrukturen und damit auch Machtgefüge, die sich mit der Zeit unweigerlich verfesti-gen und die Gesellschaft letztendlich in eine Schieflage bringen. Je gravierender diese Schieflage wird, desto größer werden die gesellschaftlichen Erschütterungen und systemischen Verwerfungen bestehender Strukturen. Teil der Botschaft ist auch, dass man in einem komplexen System Probleme nur im Gesamtzusammenhang lösen kann, weil man sonst unbeabsichtigte Konsequenzen auslöst.

    Nennen Sie uns bitte ein Beispiel.

    Die Bankenregulierung ist nur begrenzt effektiv, weil sie zur Folge hatte, dass ein Großteil risikoreicher Invest-menttätigkeiten auf das unregulierte Schattenbanken- system ausgewichen ist und dort neue Risiken geschaffen hat.

    Sie schreiben, dass die von Ihnen beschriebenen Netz-werke die Welt regieren. Riecht das nicht zu sehr nach Verschwörungstheorie?

    Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Ich erläutere, dass sich durch die auf der Netzwerktheorie beruhenden Ge-setzmäßigkeiten gleichsam naturgesetzlich immer wieder die gleichen Strukturen bilden. Das trifft auf alle Systeme zu, sei es in der Umwelt, dem Internet, unserem Gehirn oder der Finanzwelt.

    Haben die Politiker die Lage überhaupt noch im Griff oder liegt die Macht längst in Händen der „Su-per-hubs“?

    Politiker sind selbst Super-hubs, allerdings sind sie mit den Super-hubs der Finanzwelt durch Parteienfinanzie-rung und Lobbyismus eng verstrickt, was dazu führt, dass die Super-hubs der Finanzwelt einen ungebührlich großen und demokratisch grenzwertigen Einfluss auf die Politik haben. Eine wissenschaftliche Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hat die Verflechtungen und das unvorstellbare Ausmaß der Kon-trolle einiger weniger Finanzunternehmen auf über 80 Prozent global tätiger Unternehmen offengelegt.

    Welcher der Super-hubs beeindruckt Sie am meisten?

    Ich betreibe keine Heldenverehrung einzelner Super-hubs und sehe sie mit gemischten Gefühlen, denn sie sind nicht unfehlbar und haben auch viele Schwächen. Aber sie haben durchaus zahlreiche Eigenschaften, die beein-druckend sind. Dazu gehört ihre Fähigkeit, nachhaltige Beziehungen zu knüpfen und einflussreiche Netzwerke zu unterhalten, ihre intellektuelle Neugier und ihre Krea-tivität. Inspirierend ist auch ihre Widerstandsfähigkeit, mit der sie es immer wieder schaffen, Niederlagen zu überwinden. Gute Beispiele hierfür sind George Soros, Christine Lagarde und der Chef von JP Morgan, Jamie Dimon. Sie führen ein sehr interessantes, wenn auch anstrengendes Leben.

    Eine Handvoll Menschen im gleichen Netzwerk, die noch nicht einmal demokratisch gewählt sind, kann alles entscheiden. Wie gefährlich ist das?

    Ich würde nicht sagen, dass sie alles entscheiden können, aber sie haben einen überproportional großen Einfluss auf das System. Gefährlich ist dies, weil sie das System mithilfe ihrer Netzwerke zu ihrem Vorteil beeinflussen. In gewissem Rahmen ist das verträglich, aber das Problem ist, dass sich diese Dynamik kontinuierlich verstärkt. Dadurch wird das System immer homogener und ver-netzter – und gerät letztendlich aus dem Gleichgewicht. Normalerweise lösen in Systemen korrektive Schocks ausgleichende Mechanismen aus, zum Beispiel in der Natur. Aber in der Finanzwelt blockieren die Super-hubs reflexartig regulierende Korrekturmechanismen, um ihre Stellung zu zementieren.

    Wo zum Beispiel?

    Sie haben sich erfolgreich gegen eine Verkleinerung von Banken gewehrt, mit dem Ergebnis, dass diese heute noch größer sind als sie zum Zeitpunkt der Finanzkrise waren. Selten war die Welt in einem zerbrechlicheren Zustand als heute. An der Wurzel des Problems liegt das Finanzsystem, da es das Betriebssystem unserer Gesell-schaft ist.

    Sie fordern in Ihrem Buch mehr Verantwortung von der Finanzelite. Wie soll das gehen?

    Das ist in der Tat eine Herausforderung. Um ein System konstruktiv zu verändern, müssen seine Bestandteile, und damit wir alle, kooperieren. Allerdings fällt den Su-per-hubs aufgrund ihrer privilegierten Stellung und ihres

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    16 im.gesprächhin zu ölimportierenden Ländern statt. Staatsfonds aus dem Mittleren Osten haben im vergangenen Jahr 46,5 Milliarden Dollar von Vermögensverwaltern abgezogen

    – eine Summe, die 2016 vermut-lich noch größer ausfallen wird. Ölproduzierende Länder wie Russ-land, Saudi-Arabien und Brasilien steuern durch das Wegbrechen ihrer Einnahmen auf Staatspleiten zu und werden politisch instabil. Potenzielle Masseninsolvenzen von Ölförderern und verwandten Firmen würden weiteren enormen Druck auf das Finanzsystem ausüben.

    Ist unser Finanzsystem vor die-sem Hintergrund noch stabil?

    Nicht besonders stabil. Es gibt global zahlreiche Druckpunkte. Wann wo was einbricht, ist aber schwer vorherzusagen. Zur Instabilität trägt vor allem bei, dass die Verschuldung sowohl in den Industrienationen als auch in den Schwellenländern weiter stark angestiegen ist. Bei der

    letzten großen Finanzkrise haben die Schwellenländer, insbesondere China, die kriselnden Industrienationen stützen können. Jetzt schwächeln sie selbst. Hinzu kommt, dass viele Banken sich in einer prekären Lage befinden.

    Rechtfertigt das die Untergangsstimmung an den Finanzmärkten?

    Sie ist auf jeden Fall nachvollziehbar. Stimmung ist Psychologie und negative Schlagzeilen lösen negative Emotionen aus. Die Wahrnehmung ist, dass sich die Risiken häufen, keine nachhaltigen Lösungen in Sicht sind und die Politik und die Zentralbanken keine wirk-liche Kontrolle über das Geschehen haben. Viele globale Risiken verstärken sich gegenseitig und Anleger haben immer weniger Fixpunkte zur Orientierung.

    Wie verhalten sich die Super-hubs in diesem Umfeld?Sie wissen selbst aus solchen Situationen Kapital zu schlagen. Sie halten es mit Buffett: Wenn das „dumb money“ zuschlägt, halten sie sich zurück – und wenn das „dumb money“ sich zurückhält, schlagen sie zu.

    übergroßen Einflusses eine ganz besonders große Ver-antwortung zu und die muss von den Bürgern eingefor-dert werden, am effektivsten durch Druck auf Politiker. Auch die Medien können durch kritische Berichterstattung ei-nen wertvollen Beitrag leisten.

    Eine Gruppe, die ebenfalls zu den Super-hubs zählt, sind Zentralbanker. Deren Erfolg war zuletzt eher bescheiden. Was kann die Geldpolitik noch tun?

    Nicht mehr viel. Nach dem Ge-setz des abnehmenden Ertrags bewirkt die lockere Geldpolitik immer weniger, je länger sie andauert. Und nicht nur das: Je mehr sie ausgeweitet wird, desto größer ist das Risiko unbeabsichtigter Folgen, wie zum Beispiel der Blasenbildung. Unkonventionelle Maßnahmen wie Negativzinsen sind ein Ex-periment, dessen Auswirkungen auf globale Kapitalmärkte und Banken völlig offen sind. Indem Anleger in risikoreichere Invest-ments getrieben werden sollen, werden neue Risiken geschaffen. Vor allen Dingen aber können Zentralbanken nicht die Maßnahmen der Politik ersetzen. Nur die Fis-kalpolitik kann die Wirtschaft nachhaltig ankurbeln und Insolvenzen entgegenwirken.

    Die US-Notenbank hat die Zinsen erst im Dezember erhöht. Viele halten das für verfrüht. Ist es denkbar, dass die Zinsen in den USA sogar wieder sinken?

    Obwohl die Fed extrem vorsichtig agiert und sich alle Optionen offenlässt, sehe ich keine unmittelbar bevor-stehende Zinssenkung. Voraussichtlich wird die Noten-bank angesichts der globalen Risiken aber mit weiteren Zinserhöhungen abwarten.

    Sind niedrige Ölpreise wirklich gefährlich?

    In der gegenwärtigen Konstellation ja. Der dramatische Preisverfall auf einen historischen Niedrigstand hat tiefgreifende globale Umbrüche zur Folge. Es findet eine Umkehrung riesiger Kapitalflüsse von ölproduzierenden

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    The United States presidential election of 2016Wenn die US-Bürger an die Urnen gebeten werden, schaut die ganze Welt gespannt zu. Erst müssen noch auf den Parteitagen im Juni die Kandidaten von Republikanern und Demokraten gekürt werden, bevor es dann im November zum Showdown kommen kann.

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    Amerika hat die Wahl

    Es war ein guter Tag für Donald Trump. Mit klaren Siegen in den wichtigen Bun-desstaaten Florida und Illinois konnte der umstrittene US-Milliardär am zweiten „Super Tuesday“ am 15. März seinen Vorsprung im Ren-nen um die Präsidentschaftskandidatur weiter ausbauen. Weil auch Hillary Clinton überlegen gewonnen hatte, wird immer wahrscheinlicher, dass die Vertreterin der Demokraten und Donald Trump im November gegeneinander zum Show-down antreten.

    Was in der Politik passiert, wird an der New Yorker Wall Street genau verfolgt. Denn es wird weitreichende Auswirkungen auf die weltgrößte Volkswirtschaft haben, wer das Land regiert. „Die Wahlen sind für Anleger ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor, der an den Finanzmärkten für Turbulenzen sorgen könnte“, sagt Jeffrey Hirsch, Herausgeber des Börsenbriefes „Stock Trader’s Almanac“ – und erinnert an die beiden letzten starken Kurseinbrüche der Jahre 2000 und 2008, die eng mit dem Ende der achtjähri-gen Amtszeit eines US-Präsidenten zusammen- gefallen sind.

    Wettbörsen wie PredictIt beziffern die Wahr-scheinlichkeit auf 62 Prozent, dass Hillary Clin-

    ton im Weißen Haus einzieht. Ihr Widersacher Sanders kommt auf nur 8 Prozent. Für den repu-blikanischen Spitzenkandidaten Trump taxieren die Buchmacher die Chance auf einen Sieg auf 31 Prozent.

    Demokraten als Lieblinge der Börsen

    Behält die Wettbörse recht, wäre das ganz nach dem Geschmack der Anleger. Zwar gelten die Re-publikaner traditionell als wirtschaftsfreundlich. „Die Geschichte zeigt aber, dass es an der Börse besser laufen wird, wenn die Demokraten am Ruder bleiben“, weiß Sam Stovall, US-Aktienstra-tege von S&P Global Market Intelligence. Das zeigt auch eine Untersuchung der Fondsgesell-schaft Fidelity International. Danach rückte der S&P 500 Index seit 1928 im Jahresdurchschnitt jeweils knapp zehn Prozent vor, wenn ein demo-kratischer Präsident regierte. Kam der mäch-tigste Mann der Welt hingegen aus dem Lager der Republikaner, lag das Plus im Mittel nur bei 1,8 Prozent.

    Die französische Großbank BNP Paribas hat den Unterschied zwischen beiden Parteien in abso-luten Beträgen betrachtet. Dabei besitzen ein Republikaner und ein Demokrat im Jahr 1945

    Am 8. November stimmen die US-Bürger über die Nachfolge von Barack Obama ab. Börsianer verfolgen das Rennen um die Präsidentschaft mit Argusaugen – und müssen hoffen, dass die Wirtschaft auf Kurs bleibt.

    top.story 19

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    jeweils ein Depot im Wert von 10.000 Dollar. Hätten sie ihr Erspartes immer genau dann in den S&P 500 Index investiert, wenn ihre Partei den Präsidenten stellte, hätte ein Republikaner heute rund 46.000 Dollar erwirtschaftet – wäh-rend sich ein Demokrat über rund 300.000 Dollar freuen dürfte.

    Wie die Parteien auf die Märkte wirken, zeigen besonders eindrucksvoll auch die aus Börsen- sicht erfolgreichsten und unglücklichsten Präsidentschaften. Schlusslicht bildet hier der Republikaner George W. Bush mit einem Minus von 40 Prozent in acht Jahren, vor seinem Par-teifreund Richard Nixon, in dessen fünfeinhalb-jähriger Amtszeit amerikanische Aktien rund ein Fünftel ihres Wertes verloren.

    Am oberen Ende der Skala liegt der amtieren-de Demokrat Barack Obama auf Rang zwei mit einem Plus von 140 Prozent in gut sieben Jahren. Renditeträchtiger war nur die achtjäh-rige Amtszeit von Bill Clinton, die dem S&P 500 Index ein Plus von 210 Prozent bescherte.

    Nur Gerald Ford zeigte eindrucksvoll, dass auch in der Finanzgeschichte die Ausnahme die Regel bestätigt: Als der Republikaner nach dem Rück-tritt von Richard Nixon die Geschäfte im Weißen Haus übernahm, stiegen US-Aktien im Schnitt um 18,6 Prozent pro Jahr.

    Berlusconi mit Atomwaffen

    Donald Trump hingegen sorgt schon vor seiner möglichen Wahl zum nächsten Präsidenten der USA für Nervosität an den Börsen. Immer wenn der milliardenschwere Immobilien-Tycoon mit teils tumben Kommentaren um sich schlägt, schlägt das Fieberthermometer Vix aus, das die Schwankungsbreite des US-Aktienmarktes

    abbildet. Der Zusammenhang zwischen Vix und der Berichterstattung über den eigenwilligen Polit-Rabauken liegt bei 0,4 – ein auffallend ho-her Wert. Beobachter schließen daher schwere Verwerfungen an den Märkten nicht aus, sollte Trump seinen Siegeszug fortsetzen.

    „Sofern man Wert auf eine weltweit ausgerichte-te Politik und seriösen Umgang mit Andersden-kenden legt, überkommt einen beim Gedanken, dass der nächste US-Präsident Donald Trump heißt, das Gruseln“, meint Andreas Görler, Vermögensverwalter bei Wellinvest Pruschke & Kalm. An der Wall Street wird Trump schon als Berlusconi mit Atomwaffen verunglimpft. Sein Motto „Make America Great Again!“ bedeutet nach Auffassung vieler Börsianer einen Rück-schlag für die Globalisierung.

    Gleichwohl gibt es Unternehmen, die von Trump profitieren, etwa Waffenproduzenten wie Ray-theon, Lockheed, Smith & Wesson oder General Dynamics sowie der Gefängnisbetreiber Correc-tions Corp. Der Ölriese Exxon könnte wiederum von der Fokussierung auf US-Öl profitieren. Technologiekonzerne wie Apple könnten hin-gegen unter Druck geraten, weil Trump bereits verlauten ließ, die Hightechs zu zwingen, nur noch in den USA zu produzieren. Typischerweise profitieren auch Vertreter der Kernenergie und Pharmakonzerne von republikanischen Regie-rungen. Manche Experten bescheinigen selbst Gold gute Chancen, solange „The Donald“ im Rennen ist.

    Banken unter Druck

    Wer an Hillary Clinton glaubt, sollte sich Exper-ten zufolge die Bereiche Gesundheit, Bildung und erneuerbare Energien näher anschauen. Geht es um Clinton-Gewinner, nennen Analysten

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    „Make America Great Again!“

    Donald Trump

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    häufig den großzügigen Spendengeber Dream-works, den Konsumgüterhersteller Procter & Gamble sowie den Mischkonzern General Electric mit seiner großen Windenergie-Sparte. Auch Gesellschaften aus der Infrastruktur oder Telekommunikation sind typischerweise Favo-riten der Demokraten.

    Unter Druck geraten könnten unter der De-mokratin derweil die Aktienkurse von Phar-ma- und Biotech-Konzernen – traditionell die Favoriten demokratisch geführter Regierungen. Ihr erklärtes Ziel lautet nämlich, gegen „Wu-cherei“ bei Medikamentenpreisen vorzugehen, was bereits zu erheblichen Abgaben in diesem Sektor führte.

    Schlechte Karten in beiden Lagern haben hin-gegen die Banken. „Beide Parteien werden sich im weiteren Verlauf der Wahlen klar negativ gegenüber den großen US-Finanzinstituten po-sitionieren“, glaubt John Bailer vom Vermögens-verwalter The Boston Company. Gute Chancen attestiert Bailer dagegen der Medienbranche,

    der in diesem Jahr allein durch den Wahlkampf mehr als elf Milliarden Dollar zukommen dürf-ten.

    Kniffliges Wahlprozedere

    Trotz der klaren Siege von Trump und Clinton am „Super Tuesday“ Mitte März gilt deren Wahl zum Präsidentschaftskandidaten nicht als aus-gemacht. Das komplizierte Nominierungssystem in den USA birgt zu viele Besonderheiten und macht den Weg ins Weiße Haus unübersichtlich und kompliziert. So werden etwa die Kandidaten beider Parteien nicht durch direkte Wahlen bestimmt, sondern über die Stimmen von Dele-gierten, die zuvor von den Bürgern einen klaren Wahlauftrag erhalten haben.

    Superdelegierte bei den Demokraten wiederum sind hochrangige Mitglieder der Partei – darun-ter Kongressabgeordnete, Gouverneure und ehemalige Präsidenten –, die frei entscheiden können, wen sie unterstützen. Wird die Ent-scheidung knapp, können sie das Zünglein an

    Das US-Wahlsystem ist nicht ganz trivial und hat auch schon Präsidenten hervorgebracht, die eigentlich nicht die Mehrheit der Stimmen hatten.

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    der Waage sein und die Ergebnisse der Vor-wahlen konterkarieren. Zwar haben auch Repu-blikaner Superdelegierte, doch die müssen ihr Votum dem Bewerber geben, der die Vorwahl in ihrem Bundesstaat gewonnen hat.

    In allen US-Bundesstaaten werden bis Juni Vorwahlen abgehalten, um den Kandidaten zu wählen, der schließlich in das Rennen um die Präsidentschaft geschickt wird. Gekürt wird der Kandidat erst auf den jeweiligen Parteitagen im Juli, im Polit-Jargon als Konvent bezeichnet. Sie dauern mehrere Tage und gleichen Krönungs- zeremonien. Barack Obama etwa wurde 2008 im Football-Stadion von Denver vor über 80.000 Anhängern inthronisiert.

    Beim jeweiligen Konvent sind die Delegierten im ersten Urnengang zwar an das Resultat der Vorwahlen in ihrem jeweiligen Bundesstaat gebunden. Danach können die meisten von

    ihnen jedoch unabhängig für ihren persönlichen Favoriten stimmen. Somit, geben Beobachter zu bedenken, hätte theoretisch sogar ein Außen-seiter wie der frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney eine Chance, obwohl er bei den Vorwahlen nicht angetreten ist.

    Entscheidung vertagt

    Selbst der siegessichere Trump sitzt nicht so fest im Sattel wie es scheint. „Selbst wenn Trump mit den meisten Delegiertenstimmen zum Parteitag nach Cleveland geht, könnte so am Konvent ein Deal eingefädelt werden, um ihm die Nomination doch noch zu verweigern“, glaubt Allan Lichtman von der American University in Washington.

    Trumps Gegner in der Republikanischen Partei setzen derweil auf einen neuen Hoffnungsträger: John Kasich, der Sieger von Ohio, soll den Maul-helden aufhalten. Ohne die 66 Delegiertenstim-

    22 top.story

    Wer wird hier auf dem Capitol Hill in Washington für die nächsten vier Jahre den Ton angeben?

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    top.story 23men des bevölkerungsreichen US-Bundesstaats bleibt nämlich weiter offen, ob Trump es auf dem Parteitag in Cleveland tatsächlich gelingt, die notwendige Mehrheit von 1237 Stimmen zu erreichen. Ohne diese klare Stimmenmehrheit bleibt der Anti-Trump-Fraktion zumindest eine theoretische Möglichkeit, in einer Kampfabstim-mung einen Gegenkandidaten durchzusetzen. Kasich gab sich am Abend des „Super Tuesday“ optimistisch und verkündete, er werde den Milliardär am Ende an Delegiertenstimmen übertreffen.

    Bei den Demokraten spricht zwar viel für einen Sieg von Hillary Clinton. Ihr Einzug ins Weiße Haus könnte dennoch schwierig werden. Das legt zumindest ein Blick in die Geschichtsbücher nahe. „Seit dem Zweiten Weltkrieg haben nur Franklin D. Roosevelt und George H. W. Bush eine dritte Amtszeit in Folge für ihre Partei geholt“, weiß Ken Fisher, Gründer der gleichna-migen Investmentfirma in San Francisco.

    Roosevelt wurde überaus geschätzt, während Bush vom Erfolg seines Vorgängers Ronald Reagan profitierte. „Diesen Vorteil hat Clin-ton nicht“, meint Fisher, der sogar für den Fall einer Trump-Präsidentschaft steigende Kurse sieht. Andrew Jackson war 1828 ebenso ein politischer Maulheld wie Trump und avancierte nach der Wahl zum beliebten Präsidenten. „Auch wenn es keine genauen Börsendaten aus dieser Zeit gibt, deutet wenig darauf hin, dass die Wahl Jacksons die Aktienkurse belastet hat“, gibt sich Fisher optimistisch, der mit seinem Partner Thomas Grüner 2007 die nach ihnen benannte Vermögensverwaltung gründete.

    Hausgemachte Probleme

    2016 ist nicht nur aus politischer Sicht ein vertracktes Jahr für die Börsianer dies- und jenseits des Atlantiks. Es gibt weitere Belastungsfaktoren, die die Anleger beschäftigen. So sorgt etwa die Zinspolitik für Verwirrung. Zwar hat die US-Notenbank Fed unter dem Vorsitz von Janet Yellen Mitte Dezember erstmals seit fast zehn Jahren die Leitzinsen erhöht. Doch musste sie mit ihren Plänen einer weiteren geldpolitischen Normalisierung schon wieder ein Stück zurückrudern.

    Zudem legten die Finanzmärkte im Januar einen Fehlstart ins neue Jahr aufs Parkett. Dieser fiel in den USA trotz des Schlingerkurses bei den Zinsen zwar weniger stark als in den meisten Industrienationen aus, wurde aber trotz einer Kurserholung bis Mitte März noch nicht ganz aufgeholt.

    Heiße Phase

    Schließlich blicken Börsianer gespannt nach China und auf den Ölpreis. Während die Wirt-schaft im Reich der Mitte immer wieder Signale einer deutlichen Abkühlung sendet, sorgt sich die US-Finanzindustrie um schwache Ölpreise. Expertenschätzungen zufolge haben Öl- und Gasunternehmen in den USA und Kanada in den vergangenen fünf Jahren rund 1,3 Billionen Dollar Fremdkapital aufgenommen. Angesichts des tiefen Ölpreises übersteigen bei vielen Förderern die Finanzierungskosten das Einnah-menpotenzial. Die US-Banken müssen sich daher auf steigende Kreditverluste im Energiesektor einstellen, zumal das Ausfallrisiko bei Hochzins-anleihen steigt.

    Angesichts dieser Gemengelage verwundert kaum, dass die grundsätzlichen Erwartungen der Marktteilnehmer an die US-Börsen verhalten sind. Nur 31,2 Prozent der Marktteilnehmer sind bullish gestimmt – ein historisch niedriges Ni-veau. Genau darin sehen manche Experten indes eine Chance: fast immer, wenn der Anteil der Optimisten so niedrig lag, stiegen bald darauf die Kurse.

    Auch rein statistisch betrachtet stehen die Chan-cen nicht schlecht, dass die US-Börse das Jahr 2016 im Plus beenden wird. Seit 1900 endeten die 29 Wahljahre in den USA mit einem durch-schnittlichen Gewinn von mehr als acht Prozent für den Dow Jones Index. Dabei wich der Kurs-verlauf erheblich von den normalen Zyklen ab: Während die Notierungen im Frühjahr bis Ende Mai wegen der wahlkampfbedingten Unsicher-heit häufig abbröckelten, legten sie während des Sommers zu, bevor sie zum Jahresende teils einem starken Aufwärtstrend folgten. So betrachtet dürfte die „heiße Phase“ für die Wall Street nach dem zweiten „Super Tuesday“ erst begonnen haben.

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    Wie Pech und Schwefel – Geld- und Fiskalpolitik müssen jetzt zusammenhalten

    An den Finanzmärkten ist die EZB ein starker Hengst, aber in der Realwirtschaft leider nur ein schüchterner Wallach. Je mehr billige Liquidität von der EZB in die Finanzmärkte fließt, des-to mehr scheint Deflation die Folge zu sein. Und die wirtschaftliche Ladehemmung in der Eurozone ist ähnlich hartnäckig wie ein am Schuh klebendes Kaugummi.

    Die Notenbank zeigt sich jetzt bockig wie ein Esel und versucht, mit noch mehr billigem Geld die Konjunkturerholung kaltzustarten. Zuletzt hat die EZB mit ihrer Leitzinssenkung auf 0,00 sogar den Kapitalismus abge-schafft. Doch die Banken, denen es ohnehin an Eigen- kapital und damit an Kreditlust mangelt, treffen erschwerend auch noch auf eine Privatnachfrage, auf Konsumenten und Unternehmen, die sich angesichts üppiger Verunsicherungen verängstigt in Angstsparen und Investitionszurückhaltung üben. Es ist absurd: Europas Konjunktur verdurstet in der größten Sintflut billigen Geldes aller Zeiten!

    Die Eurozone hat also kein geldpolitisches Angebots-, sondern ein ernstes Nachfrageproblem. Allein an das geldpolitische Konjunkturwunder zu glauben, ist genauso erfolgverspre-chend wie auf einen Mückenstich-freien Sommer zu hoffen.

    Wenn Pferde, die zur geldpolitischen Tränke geführt werden, sich weigern zu saufen, muss die Fiskalpolitik nachhelfen

    Ist die Privatnachfrage zu schwach, muss die Staatsnach-frage Stärke zeigen. Und genau für sie bieten sich dank der Geldpolitik Schlaraffenland-ähnliche Zustände: Deutschland verdient zurzeit mit Schuldenaufnahme Geld. Und da die EZB auch noch deutsche Staatspapiere aufkauft, gibt es weder ein Finanzierungs- noch ein Absatzproblem.

    Bei der Schuldenaufnahme muss jedoch eine klare Ein-schränkung gelten: Der Staat darf nur in Infrastruktur

    investieren. Der deutsche Wirtschaftsstand-ort zwischen Flensburg und Passau bzw. Aachen und Cottbus soll wieder auf ein global wettbewerbsfähiges Niveau gehoben werden. Konkret geht es um die Sanierung von Brücken und Straßen, die konsequente Energiewende, den Netzausbau, die Digitali-sierung, und ganz wichtig, um Bildung. Diese staatliche Standortförderung schafft nicht nur einen wirtschaftsfreundlichen Nährboden für private Folgeinvestitionen. Würden die großen

    Kapitalsammelstellen daran beteiligt, kämen diese aus ihrem Niedrigzins-bedingten Anlagenotstand heraus und endlich wieder in den Genuss von renditeattraktiven Investment- objekten.

    Verbreitete sich diese Infrastrukturidee auch in anderen Euro-Ländern, würde die Sintflut der EZB nicht mehr einsei-tig nur in überhitzte Anlageblasen fließen, die damit immer mehr Gefahr laufen, zu platzen. Sie käme der Realwirtschaft, also Arbeitsplätzen, Konsum, Steuereinnahmen und damit sozialem Frieden zugute, der schließlich auch eine Therapie gegen die um sich greifende Eurosklerose, die Zersetzung Europas ist. Nicht zuletzt bekämen die Aktienmärkte endlich wieder fundamentales Fleisch an den abgenagten Knochen der reinen Liquiditätshausse.

    Die schwarze Null im Bundeshaushalt ist dagegen nur ein Fetisch, der volkswirtschaftlich große Chancen ähnlich un-genutzt vorbeiziehen lässt wie ein Löwe in der Savanne, der einem Gnu noch einen guten Tag wünscht.

    24 meine.meinung

    Der Autor Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG

  • IBAN: DE63370205000005023307BIC: BFSWDE33XXXStichwort: Flüchtlingshilfe

    www.Spenden-DRK.de/Flüchtlinge

    SCHENKEN SIE Menschen auf der Flucht Zuversicht!

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    Der Finanz-Entertainer

    André Kostolany gilt als Grandseigneur der Börse und Vaterfigur für Anleger. Zusammen mit einem en-gen Freund blickt das Börse Frankfurt Magazin auf das Leben des 1999 verstorbenen Ungarn zurück.

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  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

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    Er zählt zu den Urgesteinen der Börse und hat sich mehr als sieben Jahrzehnte lang mit der Finanzwelt beschäftigt. Selbst bezeichnete er sich als „Wander-prediger in Sachen Börse“. André Kostolany galt schon zu Lebzeiten als Legende.

    Der gebürtige Ungar mit amerikanischem Pass hat fast ein ganzes Jahrhundert erlebt und ist auf der ganzen Welt zu Hause gewesen. Er war mehrfacher Millionär – und er war zweimal pleite. André Kostolany war Ritter der französischen Ehrenlegion, sprach vier Sprachen und lebte in zehn Weltstädten. Zwölf Bücher schrieb er und äußerte sich in unzähligen Kolumnen über die Börse und Börsen-geschichten.

    Eigentlich wollte André Kostolany, 1906 in Budapest als Sohn einer Industriellenfamilie geboren, Musik studieren, später Philosophie und Kunstgeschichte. Seinem Vater allerdings schwebte etwas Bodenständiges vor: Er schickte seinen Sohn in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhun-derts nach Paris, wo er eine Ausbildung als Agent de change (deutsch: Börsenmakler) absolvieren sollte. Dort lernte er eine seiner wichtigsten Lektionen, die ihn später berühmt machen sollten: „An der Börse kommt es immer nur darauf an, ob derzeitig mehr Dummköpfe als Papiere oder mehr Papiere als Dummköpfe vorhanden sind.“

    Gewinne mit Ramschanleihen

    Schnell faszinierte ihn das irrationale Treiben auf dem Parkett, die schillernde Welt der Aktienzocker und Finanz-mogule ließ ihn nie wieder los. Schon früh stellte er sein außergewöhnliches Gespür für die Märkte unter Beweis: Im Maklerbüro eines Freundes setzte er kurz vor der Welt-wirtschaftskrise auf fallende Kurse. Das zahlte sich aus: Über Nacht wurde er wohlhabend. Die Freude war indes schnell verflogen. Kostolany setzte weiter auf fallende No-tierungen deutscher Aktien. Als US-Präsident Hoover den Deutschen unvermittelt enorme Reparationszahlungen stundete, schossen die Kurse in die Höhe. Kostolany verlor seinen ganzen Reichtum und hatte Schulden.

    Die Wirren des Zweiten Weltkriegs zwangen Kostolany 1940 zur Auswanderung nach New York, wo er an der Wall Street die Welt der Finanzen kennenlernte. Nach seiner Rückkehr nach Europa 1948 arbeitete er unter anderem als Makler an der Pariser Börse. Zwei Jahre später begann er seine Karri-ere als Finanzpublizist und Buchautor. Seine Werke wurden in sieben Sprachen übersetzt, zu seinem Buch „La Paix du Dollar“ schrieb der ehemalige französische Außenminister und Ministerpräsident Robert Schuman die Einleitung.

    Unvergessen sind seine Erfolge mit Ramschanleihen nach dem Krieg, die ihn für seine Vermögensverluste entschä-digten, die er erlitt, als er vor den Nazis aus Paris in die USA flüchten musste. Immerhin kokettierte er damit, mehrmals bankrott und hochverschuldet gewesen zu sein. Kostolanys Leben glich einer finanziellen Achterbahnfahrt. Insgesamt habe er bei seinen Spekulationen in 49 Prozent der Fälle verloren, berichtete er später einmal, aber zu 51 Prozent gewonnen – und von dieser Differenz habe er ganz einträglich gelebt.

    Französischer Esprit

    André Kostolany blieb den Märkten zeit seines Lebens treu. Noch im hohen Alter warnte er vor dem Platzen der Internet-Blase: „Es wird ein Blutbad geben!“ Die schwere Baisse nach der Jahrtausendwende mit den stärksten Kursverlusten seit der Weltwirtschaftskrise blieb ihm in-des erspart. Heute zweifeln Experten zunehmend, ob sein Credo „Aktien kaufen, Schlaftabletten schlucken und sich nach ein paar Jahren über einen hübschen Gewinn freuen“ in Zeiten extremer Kursschwankungen noch gilt.

    Gottfried Heller, der 1971 mit Kostolany die Fiduka Depotverwaltung in München gründete, erinnert sich besonders gern an seine Fähigkeit, rasch zum Kern eines Problems zu kommen: „Es machte Spaß, mit ihm geistig die Klingen zu kreuzen. Oft sagte er zu mir: ‚Sage etwas, damit ich Dich widerlegen kann.‘“ Er verband ungarisches Temperament mit jüdischer Chuzpe, fran-zösischem Esprit und Savoir-vivre. Er hatte viel Humor und erzählte gern Witze. Heller, heute Seniorpartner bei Fiduka und gefragter Börsenexperte, war beeindruckt, mit welcher Verve er krumme Machenschaften an den Finanzmärkten anprangerte – ohne Scheu, auch Ross und Reiter zu nennen. Daueroptimisten an der Börse pflegte er verächtlich „Hausse-Trottel“ zu nennen, besaß aber selbst einen gesunden Grundoptimismus. Kam er in Hel-lers Büro, sagte er nicht „Guten Morgen“, sondern fragte „Was gibt’s Neues?“

    Kostolany-Freund und -Geschäftspartner Gottfried Heller sah nicht nur Licht, sondern auch Schatten: „Mich hat manchmal gestört, dass er im Restaurant mit Kellnern und Kellnerinnen oft nicht gerade zimperlich umging.“ Gefragt, wie Kostolany die aktuelle Lage an den Märkten cha-rakterisieren würde, antwortet Heller: „Er würde sagen: Heute gibt es Geld in Hülle und Fülle, also gute Gründe, dass auch an der Börse die Musik spielt. Allerdings ist die Psychologie sehr wechselhaft – mal freundlich, mal verstimmt.“

  • Geldspritze ohne Wirkung

    Was macht Super-Mario? Bringt er seine Bazoo-ka erneut in Stellung oder holt er zum nächs-en Schlag mit seiner „Dicken Bertha“ aus? Was wie ein zweitklassiges Computerspiel anmutet, sind Fragen, die sich Börsianer rund um den Globus in schö-ner Regelmäßigkeit stellen.

    Mario Draghi bestimmt als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) die Geldpolitik der Eurozone. Seine Worte bewegen Milliarden an den Märkten, die Wirt-schaftswelt hängt an seinen Lippen. Zusammen mit den 25 Mitgliedern des EZB-Rates trifft er Entschei-dungen, die die Preisstabilität als Hauptziel der Geldpo-litik des Eurosystems gewährleisten sollen. Als Bazoo- ka bezeichnet der Börsen-Volksmund die Geldspritzen, mit denen Draghi eine deflationäre Abwärtsspirale aus fallenden Preisen, sinkenden Löhnen und rückläufigen Investitionen verhindern will. Die EZB will es nicht so weit kommen lassen und peilt eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent an, die sie als optimal für die

    Wirtschaftsentwicklung bezeichnet. Ein ambitioniertes Ziel, im Februar lagen die Preise 0,2 Prozent niedriger als vor Jahresfrist.

    Das wichtigste Instrument der EZB ist der Leitzins, also der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Noten-bank Geld leihen können, um es dann zum Beispiel als Kredit an Unternehmen und Verbraucher weiterzuge-ben. Nach dem Lehrbuch soll eine Senkung der Leitzin-sen über billigere Kredite die Geldmenge erhöhen und damit letztlich auch die Preise. Vereinfacht gesagt: Hat man (Privatpersonen oder Unternehmen) mehr Geld in der Tasche, gibt man auch mehr aus (Konsum oder In-vestitionen). Und steigt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, werden diese automatisch teurer.

    Doch dieses Instrument scheint ausgereizt, da sich die Geschäftsbanken auch bei einem Zins von null einfach kein Geld von der EZB leihen wollen. Weil sich also über den Zins als Werkzeug der Geldpolitik nichts ausrichten ließ, musste die EZB im März vergangenen Jahres zu einer unkonventionellen Maßnahme greifen, der sogenannten quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE). Über den Kauf insbesondere öffentlicher Anleihen der Euro-Länder wollten die Währungshüter Monat für Monat 60 Milliarden Euro in den Wirt-schaftskreislauf bringen – mit dem Ziel, damit die

    Mehr als eine Billion Euro der Europäischen Zentralbank reichten bislang nicht, um die Verbraucherpreise anzuheben. Experten fordern dennoch ein Ende der Politik des billigen Geldes.

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    Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

  • Preise anzuheizen. Mit 1,14 Billionen Euro sollte die Eurozone geflutet werden. Wilde Achterbahnfahrt

    Da die Banken wie bereits erwähnt auf die billigen Kredite nicht angesprungen sind, werden ihnen Anleihen quasi zwangsläufig abgekauft. Der Wunsch der EZB: Das frisch erhaltene Geld aus dem Verkauf der Anleihen soll als günstige Kredite an Unternehmen und Verbraucher weitergegeben werden. Es blieb aber beim Wunsch. Das frisch geschaffene Geld der europäischen Währungshüter blieb bei den Banken bzw. wurde am Aktienmarkt investiert. Das Problem ist: Unternehmen fragen die ihnen günstig angebotenen Kredite der Geschäftsbanken erst gar nicht ab. Zu groß ist die Unsicherheit, wie es mit der Weltkonjunktur, dem Ölpreis weitergeht. Kein gutes Umfeld für große Neuinvestitionen.

    Also treiben die nicht abgefragten Milliarden die Kurse für Vermögenswerte an und kommen nicht da an, wo sie hinsollten – in der Realwirtschaft. Grund genug für

    EZB-Chef Mario Draghi, seine Bazooka am 10. März erneut zu zünden. Mit seinem Spitzbubenlächeln ver-kündete der EZB-Präsident ein Paket, das die klassische Finanzwelt auf den Kopf stellte. Der Leitzins wurde weiter gesenkt – von bisher 0,05 auf 0,00 Prozent. Ein kleiner Schritt mit großer symbolischer Kraft: Die Finanzhäuser bekommen nun offiziell Geld zum Nulltarif – so viel sie wollen.

    Faktisch wurde damit der Zins, bisher die Belohnung für Sparer, abgeschafft. Fast 80 Prozent aller deut-schen Staatspapiere werden mittlerweile negativ ver- zinst – ein Gesamtvolumen von 880 Milliarden Euro. In der Eurozone ist die Summe aller negativ rentierenden Anleihen auf 3,3 Billionen Euro gestiegen.

    Mario Draghi gab sich selbst damit nicht zufrieden. Parkt eine Bank überschüssiges Geld bei der EZB, muss sie künftig als Strafe Negativzinsen zahlen. Das gilt zwar be-reits seit Mitte 2014. Doch im März wurde der sogenann-te Einlagensatz noch einmal von minus 0,3 auf minus 0,4 Prozent gesenkt. Zudem erhöhte die EZB ihre monatli-chen Anleihekäufe von 60 auf 80 Milliarden Euro.

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    Das billige Geld lässt die Kurse an den Börsen Achterbahn fahren

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    Die Märkte quittierten die Maßnahmen mit einer wilden Achterbahnfahrt. Anleger reagierten zunächst euphorisch, dann stürzten die Kurse regelrecht ab. Unmittelbar nach der Verkündung der neuen Maßnah-men stieg der DAX um zweieinhalb Prozentpunkte an und kratzte kurzzeitig an der magischen Marke von 10.000 Punkten – um dann binnen weniger Stunden rund 600 Punkte zu verlieren. Tags darauf holte der DAX seinen Absturz fast wieder auf und stieg um 3,5 Prozent auf 9.831 Punkte. Gleichwohl notierte der Lei-tindex mit rund 9.800 Punkten rund 20 Prozent unter dem Niveau, als die EZB im März 2015 mit Anleihe-käufen begann.

    Geld aus dem Hubschrauber

    Der Bankenverband kritisierte die EZB-Maßnahmen als „vollkommen unnötig“, der Geldmarkt sei faktisch stillgelegt. Die Deflationsrisiken würden von der EZB überzeichnet. Bundesfinanzminister Schäuble ge-brauchte das Wort „Unglück“.

    „Die reale Wirtschaft wird davon kaum berührt und eher positiv tangiert. Sämtliche bisherigen Umfragen und Statistiken belegen es“, moniert auch Hans Berne-cker, der seit über 50 Jahren die vielbeachtete Actien- Börse herausgibt. Für den Marktkenner ist damit nichts gelöst, sondern das Problem nur nach vorne verschoben: „Die nächsten Brandstellen sind bereits sicher, nach dem Muster: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer.“

    „Für mich stellt sich nicht die Frage, ob Mario Draghi die Erwartungen des Marktes eingehalten oder

    übertroffen hat“, brachte es TV-Börsenkommentator Markus Koch bildhaft auf den Punkt, „viel wichtiger ist die Tatsache, dass man mit einer höheren Dosierung des gleichen fragwürdigen Medikaments keinen neuen Weg einschlägt.“

    Ray Dalio, Gründer und Chef des weltgrößten Hedge-fonds Bridgewater Associates, mutmaßt in einem Brief an seine Investoren, dass QE „wirkungsloser als je zu-vor“ sei und Negativzinsen daher wohl die bevorzugte Maßnahme der Notenbanken darstellten, sich aber schließlich als ebenso wirkungslos erweisen würden.

    Er kann sich vorstellen, dass die Notenbanken in einer nächsten Stufe ihrer Krisenpolitik ein bisher nur in der Theorie bekanntes Werkzeug aus ihrem Instru-mentenkasten packen und Geld direkt an die Bürger ausschütten werden.

    Dieses Gedankenexperiment des „Helicopter Money“ hat Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman bereits vor Jahrzehnten formuliert. Die Zentralbank druckt Geld, packt es in einen Hubschrauber und lässt es auf die Menschen regnen. Die Konsequenz für die Preisentwicklung lag für Friedman auf der Hand: Die Preise werden durch die zusätzlich geschaffene Geld-menge steigen. „Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“, lautete Friedmans berühmtes Postulat.

    Mario Draghi betrachtet Helikoptergeld als ein sehr interessantes Konzept, das derzeit in akademischen Zirkeln diskutiert werde. „Wir müssen das beobach-ten“, so der EZB-Chef.

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    „Wir müssen das beobachten“

    Mario Draghi zu „Helikoptergeld“

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    UN-Klimagipfel: Signal für nachhaltige Investments

    Der Klimagipfel in Paris hat im vergangenen Jahr weitreichende Beschlüsse gefasst. Die nahezu 200 teilnehmenden Länder einigten sich darauf, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begren- zen. Für Anleger gibt es mindestens zwei gute Gründe, auf diesen Beschluss zu reagieren: Wer die Klimaziele unterstützen will, sollte auch bei der Zusammenstellung des Depots darauf achten. Zudem können Investoren mit verstärktem Fokus auf umweltfreundliche Unternehmen langfristig profitieren. Denn die Klimarisiken bei schad-stoffreichen Geschäftsmodellen steigen weiter an.

    Einige Anleger verzichten bereits auf Aktien von Ener-gie-, Rohstoff- oder besonders umweltschädigenden Unternehmen. Langfristig orientierte Anleger haben spätestens seit der Klimakonferenz auch wirtschaftliche Zweifel an deren Zukunft. Denn um das gesteckte Ziel zu erreichen, müssen Treibhausgase wie Kohlenstoff-dioxid (CO2) so weit wie möglich eingespart werden. Die Weltbevölkerung muss deshalb in Zukunft nahezu komplett auf fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas verzichten. Einige institutionelle Anleger haben ihren Ausstieg aus der Kohle bereits beschlossen. Zuletzt hat-

    Intelligente Indizes helfen, die CO2-Bilanz des Portfolios zu verbessern

    investment.thema 31

    Um das gesteckte Ziel der Klimakonferenz zu errei-chen, müssen Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) eingespart werden

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    te etwa die Allianz verkündet, dass sie die Kohleindustrie und kohlenahe Geschäftsmodelle nicht mehr finanzieren will. Auch andere große Investoren wie der Norwegische Pensionsfonds haben bereits ihren Rückzug erklärt.

    Der Verzicht auf Aktien von beispielsweise Energiever-sorgern und Förderunternehmen liegt nahe und bietet sich auch für Privatanleger an. Sie investieren allerdings häufig in Fondskonstrukte, um ohne großen Aufwand breit zu diversifizieren. Die Verbannung einzelner Titel ist somit nicht immer umsetzbar. Daher bieten sich für sie Anlagekonzepte an, die die Geschäftsmodelle aller Unternehmen, egal welcher Branche, auf ihre Treibhaus-gasemissionen hin untersuchen und die Gewichtung und Auswahl der Titel danach ausrichten. Dahinter verbirgt sich die sogenannte Low-Carbon-Strategie. Sie hat das Ziel, die CO2-Bilanz im Depot zu senken, um Klimari-siken zu vermeiden.

    Um die einzelnen Titel zu bewerten, werden qualitativ hochwertige und verlässliche Daten benötigt. Über 800 Investoren, die mehr als ein Drittel des weltweit inves-tierten Vermögens vereinen, vertrauen auf die Daten von CDP (vormals Carbon Disclosure Project). Die gemein-nützige Organisation veröffentlicht Umweltdaten der Unternehmen wie die Emission klimaschädlicher Treib-hausgase oder den Wasserverbrauch von Kommunen und Unternehmen. Sie verwaltet mittlerweile die weltweit

    größte Datenbank ihrer Art mit Informationen zu mehr als 2.000 börsennotierten Unternehmen.

    Nachhaltige Indexkonzepte bieten Orientierung

    Vielen Anlegern fehlt die Zeit und Expertise, die Umwelt-bilanz der Unternehmen detailliert auszuwerten. Zu-dem fehlt ihnen häufig der Zugang zu den Datensätzen. Indexlösungen als Grundlage für nachhaltige Konzepte geben hier eine Hilfestellung und stellen zusätzlich eine breite Diversifikation sicher. STOXX® bietet Investoren mit seiner neuen STOXX® Low Carbon Indexfamilie die notwendige Orientierung und verschiedene Möglich-keiten, diese Investmentidee einfach in das Depot zu integrieren. Die klimafreundlichen Konzepte basieren dabei auf den Datensätzen von CDP sowie zusätzlichen Informationen der South Pole Group, einem führenden Anbieter von Nachhaltigkeitslösungen.

    Mithilfe der STOXX Low Carbon Indizes etwa werden bekannte Indizes wie der STOXX® Europe 600 oder EURO STOXX 50® anhand der Kohlenstoffemissionen der Einzeltitel neu gewichtet. Die Indizes eignen sich für Anleger, die den Risiken des Klimawandels begegnen möchten, ohne auf den ihnen bekannten Referenzindex zu verzichten. Die Methodik schließt Unternehmen mit Treibhausgasemissionen nicht aus. Vielmehr wird die Ge-wichtung CO2-intensiver Unternehmen im Vergleich zum

    32 investment.thema

    STOXX Europe 600 Index

    STOXX Europe Low Carbon 100 Index

    Performancevergleich von STOXX Europe 600 und STOXX Europe Low Carbon 100 Index von 22.02.2013 bis 22.02.2016

    Quelle: STOXX Ltd., Stand: 22.02.2016

    02/13 08/13 02/14 08/14 02/15 08/15 02/16

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  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    investment.thema 33herkömmlichen Index reduziert und gleichzei-tig der Unterschied zum Vergleichsindex so gering wie möglich gehalten. So behalten die Low-Carbon-Indizes die Branchen- und Län-derallokation bei. Der europäische Leitindex reduziert mit der nachhaltigen Gewichtung in Form des EURO STOXX® Low Carbon Index die CO2-Emissionen um die Hälfte bei nahezu gleichbleibenden Investmenteigenschaften. Die jährliche Rendite lag mit 8,4 Prozent über die vergangenen drei Jahre sogar um 70 Ba-sispunkte über seiner Benchmark.

    Die STOXX® Industry Leaders Low Carbon In-dizes gehen einen Schritt weiter. Sie verändern nicht nur die Gewichtung entsprechend den CO2-Emissionen, sondern gestalten die Zusam-mensetzung grundlegend neu. So wählt etwa der STOXX® Europe Low Carbon 100 Index nur die 100 branchenführenden Unternehmen aus dem STOXX Europe 600 aus. Dieses Ver-fahren reduziert die CO2-Bilanz auf ein Zehntel des Ausgangswerts. Zudem erzielte der Index mit einer jährlichen Rendite von 16 Prozent eine deutliche Outperformance gegenüber der breiten Benchmark, die im gleichen Zeitraum eine jährliche Rendite von 9,3 Prozent auf-weist.

    Die klimafreundlichsten Unternehmen weltweit im Portfolio

    Wer sein Depot ganzheitlich klimafreund-licher aufstellen möchte, kann dies auf Basis der sogenannten CDP Climate A List tun. CDP wählt jährlich die führenden Unternehmen gemessen an den erbrachten Klimaschutzleis- tungen für diese Liste aus. Das Besondere: Ob ein Unternehmen gelistet wird, hängt nicht ausschließlich von den eigenen Emissionen ab. Die Bewertung bezieht die CO2-Bilanz der ge-samten Wertschöpfungskette mit ein. Laut CDP machen die unternehmenseigenen Schadstoff- emissionen häufig lediglich 15 bis 25 Prozent aus. Nur ein Drittel der Unternehmen kann zusätzlich umfassende Angaben zu den eigenen Zulieferern und Logistikpartnern machen. Eine kleine Gruppe davon entwickelt Strategien, die neben den eigenen Emissionen auch die der vor- und nachgelagerten Lieferkette miteinbe-ziehen. In der Fachwelt genießt diese Auswahl

    hohe Anerkennung, da sie das höchste Maß an Transparenz und tatsächlich erbrachter Klimaschutzleistungen widerspiegelt. Nur 113 Unternehmen weltweit sind in der CDP Climate A List enthalten. Mithilfe des STOXX® Global Climate Change Leaders Index, der auf dieser Liste basiert, können Anleger in den ganzheit-lichen Ansatz investieren. Sie unterstützen somit die fortschrittlichen und effektiven Stra-tegien und senken gleichzeitig signifikant die Klimarisiken im Portfolio. Der Index optimiert die CO2-Bilanz um 74 Prozent und erreicht eine durchschnittliche jährliche Rendite von 13 Prozent über die vergangenen drei Jahre.

    Der UN-Klimagipfel hat verdeutlicht, wie wichtig es in Zukunft sein wird, den welt-weiten CO2-Ausstoß zu minimieren. Viele Regierungen und Unternehmen sind sich dabei ihrer Verantwortung bewusst. Anleger können die Anstrengungen unterstützen. Ein nachhaltiges Investment muss entgegen der weitverbreiteten Annahme nicht mit Perfor-mance-Nachteilen behaftet sein. Im Gegenteil: Intelligente Konzepte verbessern die Rendite häufig bei etwa gleichbleibendem Risiko. Somit können sich Investoren optimal auf die zukünftigen Investmentvoraussetzungen vorbereiten.

    Der Autor Dr. Christian Bahr ist Head of Product Development bei STOXX Ltd.

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    In rund 20 Jahren sind 4.000 Mrd. Tonnen Eis verschwunden. Über die wirklichen Gründe

    streiten sich die Wissenschaftler. Die Klimaer-wärmung durch den erhöhten CO2-Ausstoß wird

    als ein wichtiger Faktor genannt.

  • Börse Frankfurt Magazin I AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE.

    34 ein.blick

    Pionier des Internets

    Y ahoo ist der Dinosaurier unter den Internet-Unter-nehmen. Im März 1995 ging der einstige Internet- gigant offiziell an den Start, damals noch als Web-katalog mit dem Ziel, die Seiten online zu verschlagworten und zu ordnen. Ein Jahr später folgte mit 46 Angestellten der Börsengang. 2009 arbeiteten insgesamt rund 13.500 Mitarbeiter für Yahoo.

    Anders als Lycos, Excite oder Altavista – damals ebenso führende Web-Portale – gibt es Yahoo bis heute. Doch die Gesellschaft muss längst hart kämpfen, seit dem Platzen der Dotcom-Blase befindet sich Yahoo auf Sinnsuche.Frischen Wind in die Aktie brachte der Antritt von Ma-rissa Mayer im Sommer 2012. Die Stanford-Absolventin zählt zu den schillernden Persönlichkeiten der Web-Welt. Bevor sie zu Yahoo stieß, bestimmte sie als Vice President bei Google das Design der Hauptseite und war maßgeblich an der Gestaltung von Google News und Gmail beteiligt. Damit war sie für die wichtigsten neuen Produkte des Suchmaschinen-Riesen zuständig, so dass die Los Angeles Times attestierte, wohl kein anderer Mensch habe so viel Einfluss darauf, wie Menschen das Internet erleben. Sie wurde 2008 vom US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin Fortune als jüngste Frau zu den 50 mächtigsten Frauen weltweit gezählt. Newsweek rechnete sie 2009 zu den „10 Tech Leaders of the future“.

    Als sie ihre Stelle als Chefin bei Yahoo antrat, gab sie noch am selben Tag ihre Schwangerschaft bekannt. Ihre Dienste waren Yahoo allein im ersten halben Jahr ihrer Amtszeit fast 37 Millionen Dollar wert. Nicht nur deshalb war es für Mayer ein Einstand nach Maß. Der Aktienkurs kletterte innerhalb von 30 Monaten von knapp 13 auf über 43 Dollar.

    Wertvolle Beteiligung

    Der Höhenflug war indes weniger der attraktiven Infor-matikerin zu verdanken als vielmehr der Beteiligung

    am chinesischen E-Commerce-Konzern Alibaba (s. Börse Frankfurt Magazin, Ausgabe 01/2015). 2005 erwarb Yahoo unter dem damaligen Vorstandschef Terry Semel für 1 Milliarde Dollar einen Anteil von 40 Prozent an Alibaba. Ein Schnäppchen, wie sich später herausstellen sollte: Im Herbst 2014 erlöste der Amazon-Rivale aus dem Reich der Mitte an der New York Stock Exchange beim größten Börsengang aller Zeiten 25 Milliarden Dollar.

    Die exorbitante Steigerung des Börsenwerts wurde von einer beeindruckenden Wachstumsstory begleitet: Setzte das Internetversandhaus beim Einstieg von Yahoo noch 50 Millionen Dollar pro Jahr um, waren es allein im letz-ten Quartal des vergangenen Jahres 5,2 Milliarden Dollar. Yahoo verkaufte beim Alibaba-Börsengang mehr als 120 Millionen Aktien – angesichts des Emissionspreises von 68 Dollar spülte der lukrative Deal mehr als 8 Milliarden Dollar in die Kasse des Unternehmens aus dem kalifor-nischen Sunnyvale.

    Heute besitzt Yahoo noch einen Anteil von 15 Prozent an Alibaba im Wert von 25 Milliarden Dollar. Dieser Betrag entspricht fast der gesamten Yahoo-Marktkapita-lisierung – und zeigt, dass das Kerngeschäft des Inter-netkonzerns kriselt. Mit anderen Worten: Auch die mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte Marissa Mayer fand keine Antwort auf die zentrale Frage, an der schon ihre Vorgänger scheiterten: Wie lässt sich die Reichweite von rund 700 Millionen Nutzern in ein profitables Geschäft ummünzen?

    Trend zeigt nach Süden

    Während Wettbewerber wie Google und Facebook ra-sant wuchsen, schrumpften die Umsätze von Yahoo. Der Marktanteil an den US-Suchmaschinen betrug im ver-gangenen Jahr lediglich gut 8 Prozent. Zum Vergleich: Die 2009 gestartete Suchmaschine Bing aus dem Hause Microsoft kam auf 11,3 Prozent, während Platzhirsch

    Yahoo zählte einst zu den beliebtesten Suchmaschinen im World Wide Web. Heute kämpft der Konzern ums Überleben.

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    Google die Konkurrenten mit 78,2 Prozent weit in den Schatten stellte. In Deutschland nutzten nicht einmal 2 Prozent der Internetgemeinde die Dienste von Yahoo.

    Der kriselnde Onlinepionier kündigte anläss-lich der Präsentation seiner Quartalszahlen Anfang Februar an, seine Produktpalette zu verkleinern, Immobilien und Patente zu verkau-fen sowie den Schwerpunkt künftig verstärkt auf Suchanfragen über Mobiltelefone und ähnliche Geräte zu legen. Sieben von elf unter der Ägide von Mayer kostspielig aufgesetzten Digital-Magazinen sollen verschwinden.

    Zudem soll jeder sechste der aktuell rund 11.000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Der Abbau soll 400 Millionen Dollar pro Jahr spa-ren, hofft man am Firmensitz in Sunnyvale.

    Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat der Time-Verlag das Kerngeschäft (Portal mit 700 Mio. Nutzern) des schwächelnden Internetpio-niers im Visier. Marktbeobachtern zufolge hat dieser Unternehmensteil einen Wert von 6 bis 8 Milliarden Dollar. Das „Wall Street Journal“ wie-derum berichtete Anfang Februar vom Interesse des Telekom-Riesen Verizon und des Medien-konzerns News Corp. an Teilen von Yahoo.

    Yahoo selbst lotet derzeit die eigene Zerschla-gung aus und stellt sich faktisch zum Verkauf. Demnach soll das Internet-Kerngeschäft in eine neue Firma ausgelagert werden. Yahoo-Finanz-chef Ken Goldman möchte diese Angelegenheit noch im Laufe dieses Jahres geklärt wissen. Am milliardenschweren Anteil am chinesischen Amazon-Rivalen Alibaba will man hingegen weiter festhalten.

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    Für viele Nutzer war Mitte der 90er diese Website die Startseite im Browser und damit das Tor zum Internet

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    Euro 2016: Volltreffer für die Wirtschaft?Sportliche Großereignisse sind heutzutage Milliardenveranstaltungen, an denen viele mit-verdienen. Doch nicht immer haben sich in der Vergangenheit alle Hoffnungen erfüllt .

    36 detail.blick

    F reitag, 10. Juni 2016, 21 Uhr: Im Pariser Stade de Fran-ce brennt das Flutlicht, auf dem Rasen stehen sich die Mannschaften von Frankreich und Rumänien gegen-über. 81.000 Zuschauer auf den Rängen fiebern dem Eröff-nungsspiel der „Euro 2016“ entgegen. Der Schiedsrichter schaut noch einmal auf die Uhr – dann gibt er das Spiel frei: Anpfiff zur 15. Fußball-Europameisterschaft in Frankreich.

    Mit dem Match des Gastgebers startet im Sommer nicht nur eines der größten Sport-Spektakel der letzten Jahre. Das Turnier ist auch ein wirtschaftliches Großereignis – mit einem geschätzten Gesamtvolumen in zweistelliger Milli-ardenhöhe. Zahlreiche Branchen, Unternehmen und nicht

    zuletzt die beteiligten Städte wollen davon profitieren. Doch für wen rechnet sich die „Euro“ wirklich auch in Euro? Und wer wird am Ende wirtschaftlich eher im Abseits stehen?

    Superlativ, aber nicht immer super-positiv

    Schon vom Umfang her sprengt die EM in Frankreich alle bisherigen Europameisterschaften. Erstmals sind 24 statt wie bisher 16 Mannschaften dabei. Bis zum Endspiel am 10. Juli dauert das Turnier mehr als vier Wochen, 51 Spiele werden von TV-Sendern in alle Welt übertragen. Allein ARD und ZDF zahlen für die Übertragungsrechte 180 Millionen Euro an den europäischen Fußballverband UEFA. Hinzu

  • AKTIEN. ANLEIHEN. ETF. FONDS. ZERTIFIKATE. I Börse Frankfurt Magazin

    detail.blick 37kommen 100 Millionen, die RTL für die Übertragung der Qualifikationsspiele überwiesen hat.

    Für die weltweite Aufmerksamkeit haben sich die Spielorte ordentlich herausgeputzt. Fünf Neubauprojekte sowie der Umbau weiterer Stadien haben im Vorfeld etwas mehr als zwei Milliarden Euro verschlungen. „Die französische Bau-branche hat sicherlich in den letzten Jahren im Sportsektor Zuwächse erzielen können“, sagt Ganesh Pundt, Redak-tionsleiter der Fachzeitschrift „Stadionwelt“. Langfristig werden nach Pundts Einschätzung allerdings vor allem die größeren Städte und traditionell starken Fußballstandorte von den umgesetzten Projekten profitieren. Der Fachjour-nalist: „Ein ähnlicher Boom wie in Deutschland nach der Weltmeisterschaft 2006 ist jedoch fraglich.“

    Schon bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine hatten sich die damit verbundenen wirtschaftlichen Hoffnungen nicht immer erfüllt. In Polen wurden damals rund 25 Milliarden Euro in Infrastrukturmaßnahmen wie Straßen-bau, die Erweiterung von Flughäfen und Bahnhöfen sowie Stadionbau und -erweiterung gesteckt. In der Ukraine waren es 11 Milliarden. Dennoch gingen davon zunächst keine wesentlichen Wachstumsimpulse aus, wie es in einer volkswirtschaftlichen Studie heißt. Die ökonomischen Aus-wirkungen einer solchen Großveranstaltung würden häufig schlicht überschätzt.

    Selbst bei der als „Sommermärchen“ gefeierten WM 2006 in Deutschland erscheinen die gesamtwirtschaftlichen Effekte bei näherer Betrachtung nicht gerade märchenhaft: Nach einer Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsfor-schung (DIW) lag der WM-Anteil am Bruttoinlandsprodukt 2006 bei gerade einmal 0,02 Prozent. Der Wirtschaft sei mehr geholfen, wenn Feiertage wie der 1. Mai oder der 3. Oktober auf ein Wochenende fallen und deshalb ein Tag mehr gearbeitet werde, so die DIW-Einschätzung.

    Konjunkturelle Impulse für die Austragungsorte und das Gastgeberland sind also überschaubar. Immerhin können künftig auch die kleineren EM-Städte von durchgeführten Infrastrukturmaßnahmen und dem Imagegewinn profitie-ren. In Euro und Cent beziffern lässt sich das jedoch kaum.

    Hospitality-Branche und Sportartikelhersteller freut es

    Dennoch wird auch bei dieser Europameisterschaft natürlich wieder viel Geld verdient. Hotel-, Kneipen- und Restaurantbetreiber freuen sich auf Mehrein-nahmen durch Millionen anreisende Fans. Nach den

    schrecklichen Anschlägen rund ums Länderspiel Frank-reich-Deutschland im vergangenen November wird außer-dem mehr als früher in den Sicherheitsbereich investiert, etwa im Bereich der Videoüberwachung und Personen-kontrollen. Frankreichs Sportminister Patrick Kanner hat bereits angekündigt, dass es vor jedem Spiel mindestens zwei Leibesvisitationen für Besucher geben wird.

    Traditionell gute Zeiten sind Welt- und Europameister-schaften sowohl für den Sportartikelhandel als auch für die Hersteller. So rechnet Adidas für 2016 aufgrund der Europameisterschaft mit einer Steigerung des Konzern- umsatzes von 10 bis 12 Prozent. Im selben Umfang soll der Gewinn steigen und laut Prognose bei etwa 800 Millionen Euro liegen. Das kommt auch den Aktionären zugute, denen Adidas mit 1,60 Euro pro Aktie eine um zehn Cent höhere Dividende zahlen will als bei der letzten Ausschüttung. So haben auch Privatanleger die Chance, vom Euro-Boom zu profitieren. Der Handel setzt vor allem auf den anziehenden Verkauf von Trikots der teilnehmenden Nationalmann-schaften, allen voran natürlich der deutschen. „Intersport international“ hofft für Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn auf einen Umsatz von insgesamt 3,44 Milliarden Euro – ein Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Sport 2000“ geht mit 1,1 Prozent von einem ähnlichen Plus aus.

    Nicht zuletzt sind große Turniere wie die EM immer auch ein gigantischer Werbefaktor für den Profifußball allge-mein – und dabei handelt es sich schon lange nicht mehr um „die schönste Nebensache der Welt“, sondern um ein Milliardengeschäft. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey ergab, dass damit in der Saison 2013/2014 fast 8 Milliarden Euro erwirtschaftet wurden. 110.000 Arbeits-plätze hängen vom Profifußball ab. Bis 2020 erwarten die Autoren der Studie einen weiteren Zuwachs u