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In Zeiten der Rezession kann Coaching helfen, zumindest persönliche Krisen gut zu bewältigen. 16 Kommunikation & Seminar 4/2009 THEMEN Coaching in Zeiten der Krise Coaching in Zeiten der Krise Von Heidrun Vössing

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In Zeiten der Rezession kann Coaching helfen, zumindest

persönliche Krisen gut zu bewältigen.

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16 Kommunikation & Seminar 4/2009

THEMEN Coaching in Zeiten der Krise

Coaching in Zeiten der Krise

Von Heidrun Vössing

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Wirtschaftliche Talfahrt, Kurz ar-beit, bedrohte Arbeitsplätze und

Nullwachstum – in vielen Branchenhängt das Überleben der Unternehmendavon ab, dass sie angemessen auf dieKrise reagieren. Verantwortliche Ma-nager müssen dafür Sorge tragen, dasseine angstbesetzte, niederdrü cken deoder auch aggressive Stimmung – beiihnen selbst oder auch in der Mitar-beiterschaft – die Krise nicht noch ver-stärkt. Doch auch ihr Image hat sichmit der Krise deutlich verschlechtert.Gestern noch waren sie die Stars inden Unternehmen, denen man ein gro-ßes Potenzial und eine schier unbe-grenzte Belastbarkeit attestierte, undheute werden sie als gierig, unfähigund verlogen beschimpft. Auch in denChefetagen gibt es jetzt keinen siche-ren Arbeitsplatz mehr.

Das gesellschaftliche Bild ist – ausge-hend von den Bankmanagern – zurzeitganz klar negativ und es wird auf Füh-rungskräfte anderer Branchen übertra-gen: Sie gelten als viel zu hoch be-zahlt, abgehoben, rücksichtslos undpotenzielle Steuerbetrüger. Damit ste-hen Führungskräfte derzeit enorm un-ter Druck. Zum einen werden sie vonaußen angefeindet. Zum anderenkämpfen sie seit Monaten um dasÜberleben ihrer Unternehmen und da-mit auch um ihren Job. Nach den Ban-ken hat es Automobilzulieferer, Ma-schinenbauunternehmen und großeTeile der Logistikbranche getroffen.Aufträge und Finanzierungen brechenweg. Es gibt einen harten Preiskampfum immer knapper werdende Margen.All das lässt selbst die belastbarstenFührungskräfte nicht kalt, sie sind die-jenigen, die harte Entscheidungen fäl-len und unbequeme Maßnahmendurch setzen müssen.

Die Belastungen, denen sie ausgesetztsind, sind enorm und dieser Eindruckwird durch eine Umfrage unter tau-send Führungskräften bestätigt1.80 Prozent der Befragten gaben an,dass der Leistungsdruck seit Beginnder Krise gestiegen ist. 87 Prozent wa-

ren der Meinung, dass sich das Bilddes Managers in der letzten Zeit durchdie Krise drastisch verschlechtert hat,und jeder dritte Befragte sieht sein Pri-vatleben negativ beeinflusst. Der per-manent hohe Verantwortungsdruck,die enorme Arbeitsbelastung und dieErwartung „alles im Griff zu haben“ –all diese Belastungen nehmen in derKrise zu. Führungstätigkeiten sinddurch kurze, ständig wechselnde Ar-beitszyklen bestimmt, mit häufigenUnterbrechungen und einem unge-plan ten Tagesverlauf. Dies lässt kaumRaum für notwendige Reflexionenoder die Analyse von Veränderungs-maßnahmen, ganz zu schweigen vonder Bearbeitung emotional belastenderThemen.

Auch Entscheider und Männer der Tatfinden sich nun in einer Situation wie-der, in der sie nicht immer wissen, wiees weitergeht. Dennoch müssen sienach ihrem Selbst- und Rollenver-ständnis entscheiden und handeln.Ratlosigkeit oder die Erkenntnis, jetztnicht weiter zu wissen, erleben vieleFührungskräfte als bedrohlich, denn eswiderspricht zutiefst ihrem Selbstver-ständnis. Ihr Selbstwertgefühl hängtvielmehr stark davon ab, auch inschwierigen Zeiten hochleistungsfähigzu bleiben und für jedes Problem einepassende Lösung parat zu haben.

In dieser Lage steigt der Bedarf anCoaching, wie eine Umfrage des Wei-terbildungsmagazins ManagerSemi-nare bestätigt. 46 Prozent der deut-schen Weiterbildner rechnen mit einerverstärkten Anfrage von Einzelperso-nen, und die meisten Anbieter (54 Pro-zent) rechnen mit einer verstärktenCoa ching-Nachfrage.2

Für das Thema Coaching ist die Frageinteressant, wie sich die Krise auf Be-troffene auswirken kann und welcheDynamiken dadurch in Gang gesetztwerden können. In einer Krise sind dieBetroffenen mit einer schmerzhaftenWirklichkeit konfrontiert, wie demVerlust des Jobs oder einer Degradie-

rung. Zunächst können sie die Unab-änderlichkeit des Widerfahrenen nichtakzeptieren und sie halten am Vergan-genen fest. Der neuen Situation kann(noch) kein Sinn abgewonnen werden.Die Betroffenen sind aufgefordert, ih-ren Verständnishorizont grundlegendzu ändern, was Zeit beansprucht –eben die Zeit der Krise.

Krisen können mit einer grundlegen-den Verwandlung einhergehen, in dersich Neues entwickelt und Altes ver-abschiedet werden muss. Eine einfa-che Rückkehr zum Vorherigen ist nichtmehr möglich. Aus psychologischerSicht lässt sich eine Krise als Prozessbeschreiben, der verschiedene Phasendurchläuft. Die erste Phase beginnt mitder Ungewissheit oder Verleugnung, inder die Betroffenen annehmen, esginge alles so weiter wie bisher – diesgeht häufig mit einem Schockzustandeinher. Diese Phase endet mit demWahrnehmen einer nicht mehr abzu-leugnenden Gewissheit einer grundle-gend veränderten Situation. Die zweitePhase wird als Durchgangsstadium be-zeichnet, das als schmerzhaft erlebtwird und das häufig mit starken Emo-tionen wie Wut, Zorn, Enttäuschungoder auch Trauer verbunden ist. Nega-tive Gedanken, beispielsweise „Wa -rum gerade ich“, „Was habe ich falschgemacht“, „Ich habe versagt“ oder„Ich bin schuld“, spielen in dieserPhase eine große Rolle. Die dritte undletzte Phase ist schließlich die Phaseder Annahme, in der sich die Betroffe-nen von dem unmöglich Gewordenentrennen, neue Sichtweisen entwickelnund das Neue auch emotional anneh-men können.

Hier einige Impulse und Hypothesenzu der Frage, was Coaching in Zeitender Krise leisten kann und welche In-terventionen hilfreich und unterstüt-zend sein können:

Coaching sollte eine stabilisierende Funktion haben.Gerade in Zeiten der Krise sollteCoaching den Klienten stabilisieren,

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denn aus systemischer Sicht ist eineKrise ein instabiler Systemzustand.Das Alte existiert nicht mehr und dasNeue existiert noch nicht, die aktuellePhase des Lebens ist voller Ungewiss-heiten und Unsicherheiten – all daswird als Stress erzeugende Instabilitäterlebt. Wahrscheinlich liegt der Fokusder Aufmerksamkeit des Klienten aufdem, was nicht mehr da ist oder aufden Dingen, die sich verändern. Einehilfreiche Intervention im Coachingkann hier sein, durch entsprechendeFragen die Aufmerksamkeit auf das zulenken, was trotz der Krise stabil bleibt,beispielsweise die eigenen Stärkenoder Menschen, auf die der Klient sichauch in schwierigen Zeiten verlassenkann. Die Arbeit mit Kraft spendendenund stabilisierenden inneren Bildernkann ebenfalls hilfreich sein.3

Coaching sollte dabei helfen, den Sinn zu erkennen. Eine Krise wird ja auch deshalb als be-drohlich erlebt, weil die Betroffenenkeinen Sinn erkennen können und weildie bisher bewährten Bewältigungs-strategien nun nicht mehr funktionie-ren. Bei der Bewältigung des Durch-gangsstadiums ist das Erkennen vonSinn ein entscheidender Aspekt. Hierkönnen die folgenden Fragen hilfreichsein: Was kann ich aus der Krise ler-nen? Einmal angenommen, diese Er-fahrungen könnten auch einen Nutzenfür mich haben, welcher könnte dassein?

Gerade jetzt ist die Arbeit mit Ressourcen sehr wichtig.Eine Ressource ist eine Kraftquelle –eben alles was hilft, schwierige Zeitengut zu überstehen. Also sollte derCoach während des gesamten Coa-ching prozesses die Ressourcen desKlienten im Blick haben und diese im-mer wieder gezielt adressieren. Dieskann wahlweise durch entsprechendeFragen geschehen: Wer oder waskönnte Ihnen jetzt helfen oder Sie gutunterstützen? Was würde Ihnen in die-ser Situation gut tun? Welche IhrerStärken und Fähigkeiten können Sie

jetzt besonders gut gebrauchen? Waskönnte Ihnen dabei helfen, Abstand zuder Situation zu bekommen? Wann ha-ben Sie schon mal eine ähnliche Si-tuation gut überstanden?

Unterstützende und positive, realis tische Einstellungen erarbeiten.Gerade Führungskräfte haben oft an-spruchsvolle Ziele und hohe Erwar-tungen an ihre Leistungsfähigkeit,sonst wären sie wahrscheinlich in ih-rer Karriere auch nicht so weit ge-kommen. Soweit zu den positivenAspekten ihres eigenen Modells vonder Welt. Auf der anderen Seite jedochkönnen bestimmte Einstellungen, wie„Ich bin unendlich belastbar“, „Esmuss immer weiter bergauf gehen“,„Ich bin unersetzlich“ oder „Ich mussjedes Problem allein bewältigen“, dieich als Hero-Beliefs bezeichne, das ei-gene Modell von der Welt erschüttern.Wenn diese Einstellungen überhandnehmen, erhöht sich das Stresspoten-zial. Minimale Ereignisse können dasnegative Empfinden im Krisengesche-hen noch verstärken. Derartige Hero-Beliefs oder irrationale Einstellungengilt es im Coa ching zu identifizierenund so zu verändern, dass es für denKlienten zu einer Entlastung führt.Denn Einstellungen können nicht nurdabei helfen, kleinere oder größereProbleme zu bewältigen. Eine geeig-nete oder hilfreiche Einstellung zu fin-den kann vor allen Dingen auch hel-fen, schwere Schicksalsschläge undKrisen zu meis tern.4

Coaching sollte die emotionale Ver-arbeitung und Integration unter-stützen. Emotionen spielen im Krisenerlebender Betroffenen eine große Rolle. DerStress, den die Menschen erleben, istdurch starke negative oder unange-nehme Emotionen spürbar. Die Be-troffenen fühlen sich ängstlich, hilflos,wütend oder verzweifelt. Die emotio-nale Beteiligung ist dann mit großerWahrscheinlichkeit so hoch, dass un-ser Gehirn im „Notfallmodus“ arbei-tet. Denn wenn wir uns bedroht fühlen,

werden im Gehirn die drei limbischenNotfallprogramme Angriff, Flucht oderTotstellen aktiviert. In solchen Situa-tionen kommt es darauf an, Methodeneinzusetzen, mit deren Hilfe die nega-tiven Emotionen rasch bearbeitet undabgemildert werden können, um so fürden Klienten eine sofortige Entlastungzu schaffen. Hier ist beispielsweise dieArbeit mit der Wavivid-Methode sehreffektiv und hilfreich.

Wavivid-Coaching ist ein von mir ent-wickeltes integratives, dynamischesVerfahren. Es eignet sich besondersfür alle Themen im Coaching, die mitstarkem Stressempfinden und emotio-nalen Blockaden verbunden sind. Sol-che Themen lassen sich meist nur sehrmühsam auf ausschließlich kognitiverEbene bearbeiten, da die Emotionennicht direkt adressiert werden. Einwichtiges methodisches Element istdas Erzeugen schneller Augenbewe-gungen oder wacher R.E.M-Phasen.Dieses methodische Kernelement wirdauch im EMDR eingesetzt. EMDRwurde von Francine Shapiro zur Bear-beitung von posttraumatischem Stressfür den klinischen Bereich entwickelt.Im Coaching geht es zwar nicht um dieBearbeitung von posttraumatischemStress, dennoch spielen natürlich bela-stende Erfahrungen, die mit negativenEmotionen und Stress verbunden sind,häufig eine Rolle. Beim Erzeugenschneller Augenbewegungen winkt derCoach vor den Augen des Klienten,während der Klient an die belastende,Stress erzeugende Situation denkt. Diedamit verbundenen negativen Gefühlewerden so rasch neutralisiert und auf-gelöst.

Diese Intervention wirkt direkt und ge-zielt auf die Verarbeitung negativerGefühle und ermöglicht so eine rascheDistanzierung vom negativen Erleben.Der Klient erlebt schnell eine emotio-nale Entlastung und auf dieser Basisist es leichter und einfacher, positiveEinstellungen zu erarbeiten. Somitadressiert Wavivid-Coaching auch diekognitive Ebene. Ein weiteres metho-

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disches Element der Wavivid-Methodeist die Arbeit mit Imaginationen – dasheißt, die Vorstellungskraft des Klien-ten wird gezielt genutzt, um Lösungenzu entwickeln.5

Attraktive Perspektiven sind wichtig. Für die Motivation, schwere Zeiten gutdurchzustehen, sind attraktive Zielbil-der und Visionen sehr wichtig. WelchePerspektiven gibt es für die Zeit da-nach? Was könnte positiv an demNeuen sein? Was wünsche ich mir fürdie Zukunft? Die Kunst im Coachingbesteht für den Coach wahrscheinlichdarin, den richtigen Zeitpunkt für die-

ses Thema zu finden, denn wenn es zufrüh adressiert wird, kann dies einenstörenden Einfluss auf die Beziehungs -qualität haben.

Gerade in Zeiten der Krise kann Coa -ching betroffene Führungskräfte un-terstützen, es bietet einen geschütztenRahmen, um außergewöhnliche undbelastende Erfahrungen zu verarbeitenund neue Perspektiven im Denken undHandeln zu entwickeln. Dies setzt al-lerdings voraus, dass der Coach überentsprechende Erfahrungen, psycholo-gisches Wissen und das geeignete me-thodische Repertoire verfügt.

Anmerkungen

1 Nienhaus, Lisa: Manager im Stress-test. In: Frankfurter Allgemeine Sonn-tagszeitung vom 10. Mai 2009

2 Karp, Daliah: Coaching und Training„on the job“. Umfrage zur Krise: Wei-terbildner verändern Angebotspaletteund bleiben optimistisch. In: „Kom-munikation & Seminar“, Heft 2/2009,S. 57

3 Methodische Tipps und Empfehlun-gen dazu gibt es in dem Buch „DieKraft innerer Bilder“ von Heidrun Vös-sing, Junfermann Verlag, Paderborn2007.

4 Das Buch „Einstellungen erkennen,beeinflussen und nachhaltig verän-dern“ von Jens-Uwe Martens (Stutt-gart 2009, Kohlhammer Verlag) bein-haltet vielfältiges Material zu der Ar-beit mit Einstellungen und Überzeu-gungen.

5 Alle Informationen über die MethodeWavivid-Coaching finden Sie unterwww.wavivid.com.

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Heidrun Vössing, Lehrtrainerin und Lehrcoach (DVNLP), leitet das NLP- und Coaching-Institut „Art of NLP“ in Bielefeld. www.art-of-nlp.de

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