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Spannungsfeld Religion und Entwicklungszusammenarbeit Nr.4 | 2013 Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden © ACT Alliance / Paul Jeffrey

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Spannungsfeld Religion undEntwicklungszusammenarbeit

Nr.4|2013Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden

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INHALT

contigoMitteilungen der evangelischenWerke für die KirchgemeindenHerausgegeben von Brot füralle, HEKS, mission 21 undden OeME-Fachstellen

Erscheint viermal jährlich im März, Juni, September und Dezember

ISSN 1660-3788

Brot für alleBürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64Mail: [email protected], Web: www.brotfueralle.chSpendenkonto: 40-984-9

HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen SchweizSeminarstrasse 28, Postfach, 8042 ZürichTel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01Mail: [email protected], Web: www.heks.chSpendenkonto: 80-1115-1

mission 21 – evangelisches missionswerk baselMissionsstrasse 21, 4003 BaselTel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22Mail: [email protected], Web: www.mission-21.orgSpendenkonto: 40-726233-3

OeME-Fachstellen der KantonalkirchenWeb: www.oeme.ch

RedaktionDorothee Adrian (da), mission 21Peter Dettwiler (ped), OeMEChristine Spirig (cs), HEKSUrs Walter (uw), Brot für alle

RedaktionsleitungUrs Walter Tel. 031 380 65 71Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]

Adressänderungen und AbonnementsverwaltungAdministration Brot für alle Bürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected] Tel. 031 380 65 65Fax 031 380 65 64

Layoutgrafik.trieb, 2560 Biel

Druckrubmedia, 3084 Wabern

Titelbild: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Das gilt nicht nur für Katastrophen wie im Bild aus Haiti. Auch Entwicklungszusammenarbeit braucht den religiösen Rückhalt und die christliche Wertebasis muss in die Arbeit der Werke integriert sein.

Rückseite: Ein kleines Mädchen und sein Vater aus Belem (Kolumbien) – Sinnbild dafür, dass Religion und Entwicklungszu-sammenarbeit Hand in Hand zum Vorteil der Menschen im Süden arbeiten können.

S4 – 9 DOSSIER Religion: Vom Tabuthema zum

wichtigen Faktor von EntwicklungEntwicklungszusammenarbeit bedeutet gemeinsame Ar-

beit auf das Ziel hin, allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Re-ligion. Diese neutrale Haltung führte lange zu einer Vernach-lässigung der Religion als Faktor von Entwicklung. Doch in vielen Kontexten spielt sie so eine grosse Rolle, dass es wichtig ist, sie mit zu berücksichtigen. Das erläutert die Wissenschaft-lerin Esther Imhof und das zeigen Erfahrungen in Peru oder im Südsudan. uw

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S10 bROt füR allE – Konferenz: Wie viel Blut steckt in unseren Computern und Handys?S11 bROt füR allE – Ökumenische Kampagne 2014: Versand der Agenda wird einfacherS12 bROt füR allE – Viele Protestmails gegen Nahrungsmittelspekulation

S14 HEKS – Sammelkampagne: Zugang zu Land schafft in Südindien EntwicklungS15 HEKS – Wasser für ein besseres Leben dank der Aktion ‹Hilfe schenken›S16 HEKS – Agenda / Spendenaufruf für Syrien

S18 mISSIOn 21 – Jugend und Mission: «Es kommt auf mich an!»S19 mISSIOn 21 – Peru: Junge Intellektuelle suchen ihre Identität S21 mISSIOn 21 – Missionskinder suchen sich

S22 Vierzig Jahre BananenfrauenS23 agEnDa unD mEDIEntIpp

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dern. Die frage nach dem Zusammenhang von Religi-

on und Entwicklungszusammenarbeit hat in den letz-

ten Jahren an aktualität gewonnen. Das verdeutlichen

die beiträge im Dossier.

unsere drei evangelischen Werke tragen den religiösen

bezug bereits in ihrem namen. HEKS ist mit dem E

für ‹evangelisch› dem Evangelium verpflichtet. Brot für

alle meint wirklich für ‹alle› und nicht nur für Chris-

ten. Das anfängliche brot für brüder (und Schwes-

tern) verdeutlicht, dass ich dem nächsten bruder

oder Schwester bin. und mission 21 weiss sich dem

auftrag von Jesus verpflichtet, das Evangelium in Wort

und tat hinauszutragen in alle Welt.

Was immer die Motivation unseres Handelns ist – be-

zugspunkt, so meine ich, bleibt Jesus, der uns mit

seinem Wort und seinem leben herausfordert und

motiviert – zum Handeln im Dienst an jenem Mitmen-

schen, der mir zum nächsten wird.

liebe leserinnen,

liebe leser

Er war ein ‹Heide›, gehör-

te nicht zum Volk gottes

und wurde doch zum pro-

totypen für christlich-di-

akonisches Handeln: der

barmherzige Samaritaner.

Er hatte Mitleid mit dem

überfallenen und handel-

te, während die gläubigen

den Kopf abwandten und

vorbeigingen. Die frage

«Wer ist mein nächster?» kann in solchen Momenten

unbequem werden. Jesus kehrt die frage um: «Wem

bin ich (wenn’s drauf ankommt) der nächste?»

Doch: Kann Mitleid allein als grund für unser helfen-

des Handeln genügen? Es braucht heute auch profes-

sionalität, sagen die einen. unser Handeln muss im

(christlichen) glauben gegründet sein, mahnen die an-

EDITORIAL

Bezugspunkt und AntriebskraftPeter Dettwiler, OeME-Beauftragter der Zürcher Landeskirche

Die Leiterinnen und Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.

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Religion und Entwicklungszusammenarbeit stehen für

Esther Imhof in einem angespannten Verhältnis. Es

ist «ein Spannungsfeld zwischen säkular und religiös

geprägten Kulturen.» Imhof plädiert für mehr Trans-

parenz und Selbstreflexion sowie einen moderaten

Einbezug des Religiösen.

Esther Imhof stiess bei ihrem Aufenthalt in Kamerunim Auftrag von mission 21 auf die Thematik: «mission 21war mutig, den Begriff ‹Mission› im Namen zu behalten. ImVorfeld meines Einsatzes musste ich viele skeptische Fragenbeantworten und mich für meinen ‹Missionseinsatz› recht-fertigen. Die Vorbehalte gegenüber Religion und ‹Mission›sind in unserer Gesellschaft massiv.» In Kamerun erfuhr

Imhof dann völlig anderes. « ‹Missionar› ist ein Ehrentitel.ReligiöseWürdenträger geniessen, imGegensatz zu Politike-rinnen oder Politikern und Regierungsbeamten, einen Ver-trauensvorschuss, selbst über die Religionsgrenzen hinweg,jedenfalls im ländlichen Kontext.» Ihr wurde bewusst, dassdieser Gegensatz auch die Entwicklungszusammenarbeitbetrifft. Das bewog sie zu einem erneuten Afrikaaufenthaltim Norden von Nigeria, wo sie am Beispiel eines Dorfent-

wicklungsprojektes die Bedeutung der Religion untersuchte.Sie beobachtete dabei eine grosse Spannung zwischen demAnspruch der europäischen Geldgeber nach einer religiösund konfessionell neutralen Projektarbeit und dem missio-narisch geprägten Selbstverständnis der lokalen kirchlichenAkteure. Diese passten sich notgedrungen den Geldgebernaus dem Norden an, allerdings ohne innere Überzeugung.

DOSSIER

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«Für einen moderaten Einbezug des Religiösen»Peter Dettwiler

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Esther Imhof plädiert dafür, das Religiöse moderat in die Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren.

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Da wurde ihr deutlich, «dass wir erst besser mit den religiösgeprägten Identitäten der südlichen Akteure der Entwick-lungszusammenarbeit umgehen können, wenn wir unsereeigene säkulare Identität besser verstehen.»

Verklärung der EntwicklungszusammenarbeitEsther Imhof stellt fest, dass der Entwicklungszu-

sammenarbeit «oft und meines Erachtens zu Recht qua-

sireligiöse Züge zugeschrieben werden». Ein «säkularerHumanismus» spiele als unreflektierte Grundannahmeeine wichtige Rolle. Doch «der hohe Wert des einzelnenLebens, der Glaube an unsere Vernunft zur Verbesserungder materiellen Lebenssituation sowie das menschlicheMitgefühl für die Leidenden sind für Imhof Grundwer-te, die durchaus im Christentum wurzeln. Sie wurden je-doch in der Aufklärung teils gegen die Kirchen vertreten

oder finden sich auch in anderen Religionen. «Ich würdesie nicht vorschnell als ‹christlich› reklamieren», betontImhof und fragt: «Warum reden wir von ‹christlichenWerten›? Wollen wir uns damit politisch gegen anders-gläubige Migrantinnen und Migranten absetzen odermeinen wir eher: ‹Ich bin zwar nicht Christin, vertreteaber ‹christliche Werte›?»

Ambivalenz beachten – und doch integrierenEsther Imhof sieht durchaus die Ambivalenz des Reli-

giösen. «In Afrika habe ich Religion als eine grosse Quellevon Kraft und Freude zur Lebensbewältigung erlebt, ver-bunden mit einem tragenden Gemeinschaftsgefühl.» Armeoder wenig gebildete Menschen würden ermächtigt, mitihren Talenten in der Kirche eine wichtige Rolle zu über-nehmen. Doch könne die religiöse Exklusivität Konfliktefördern, etwa durch die Bevorzugung von Regierungspos-ten für die Leute der eigenen Religion oder Kirche.

Esther Imhof plädiert für «eine bessere Integration desReligiösen in die Entwicklungszusammenarbeit». ZweiAspekte sind ihr dabei wichtig: «Zuallererst die Fähigkeit,dessen Bedeutung sowohl in fremden Kulturen wie auch inunserer eigenen Kultur besser wahrzunehmen und zu ver-stehen.» Dazu sei es wichtig, die eigene Motivation besseraufzuarbeiten und unsere Grundannahmen zu hinterfra-gen. Unsere negative Einschätzung der Religion hängt mitder eigenen europäischen Geschichte zusammen, in der Re-ligion über viele Jahrhunderte auch eine der Ursachen fürKriege war und als Hindernis für die Modernisierung undEntwicklung angesehen wurde.

Ein zweiter Aspekt: Die Entwicklungszusammenar-beit «soll sich von ihrer säkularen Prägung nicht dazuverleiten lassen, die religiöse Dimension grundsätzlichabzuwerten». Imhof plädiert deshalb für eine «moderateIntegration, die dem Religiösen in der Entwicklungszu-sammenarbeit als einer Dimension menschlichen Wohl-ergehens neben anderen Raum schafft. Religion ist einwichtiger Faktor von Lebensqualität, der jedenfalls nichtausgeklammert werden darf.»

DOSSIER

Religion ausklammern – unvorstellbarEine Ausklammerung der Religion aus gewissen Lebensbereichen ist für den Grossteil der Menschen in Nigeria weder vorstellbar noch

erstrebenswert, wohl gerade weil der Religion so viele Werte zugeschrieben werden und sie damit auch im Bereich des öffentlichen

Raums als unverzichtbar erscheint. Das europäische Ideal der Säkularität wird von vielen mit einem gottlosen Zustand verbunden und

daher abgelehnt. Man tendiert eher in die Richtung, die Herausforderung des Zusammenlebens verschiedener Religionen im nigeriani-

schen Staat über das Prinzip der Multireligiosität zu meistern: Auf das morgendliche Gebet wird in der öffentlichen Schule also gerade

nicht verzichtet, sondern es werden je ein christliches und ein muslimisches Gebet gesprochen.

Esther ImhofEsther Imhof leitet seit 2010 das Zentrum für Migrationskirchen in

Zürich (www.migrationskirchen.ch). Für ihre Dissertation zum The-

ma ‹Entwicklungszusammenarbeit und Religion› erhielt sie den Jah-

respreis 2011 der Theologischen Fakultät. Die Schrift leiste «einen

innovativen Beitrag zum besseren Verständnis der Bedeutung von

Religion als Ressource und Hindernis im Rahmen der Entwicklungs-

zusammenarbeit», heisst es in der Begründung. Esther Imhof war

2004/05 im Auftrag von mission 21 Dozentin am Presbyterian Theo-

logical Seminary in Kumba im Südwesten Kameruns.

Esther Imhof, Entwicklungszusammenarbeit und Religion.

Fallstudie und ethische Reflexion zu einem angespannten Verhältnis.

2012, W. Kohlhammer, Stuttgart /35.- Fr.

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Zugehörigkeiten definieren, fügtPeter Gai LualMarrow hinzu. Diestädtische Bevölkerung sei durch-mischter. Hier gebe es auch schon‹Unitiy Prayers› : Angehörige ver-schiedener, teilweise verfeindeterethnischer Gruppen versammelnsich zu gemeinsamen Andachten.Die Bibel sei voller Botschaftendes Friedens, so der Pfarrer. SeinWunsch: «Wir bauen eine Nati-on in Gott statt eine Nation vonStämmen.»

Doch wie läuft diese Arbeitin der Praxis ab? «Dorfgemein-schaften besuchen wir als Predi-ger bewusst in ethnisch gemisch-ten Teams», erläutert Deng. «Dasist eine starke Botschaft.Wir sindein lebendiges Beispiel für ein friedliches Miteinander.»Nach Einschätzung der beiden PCOSS-Pfarrer werden diesüdsudanesischen Kirchen nach dem Chaos der Kriegsjah-re nun wieder wichtiger und geben Halt und Orientierung.Während des Unabhängigkeitskampfes seien die Menschenverstreut gewesen und hätten keine Gelegenheit gehabt, Got-tesdienste zu besuchen.

Macht braucht WeisheitAuch die südsudanesische Regierung nimmt die Kir-

chen zunehmend als unterstützende Kraft im Bemühenum Frieden und den Aufbau des Landes wahr. Früher warsie der Ansicht, die Kirche solle sich nicht in Politik einmi-schen. Heute bindet sie die PCOSS als Beraterin in wichtigeGremien für die Überarbeitung der Verfassung ein. Es sei ander Zeit, Macht mit Weisheit zu verbinden, erklärt Marrow.«Vom Staat kann auch Gewalt ausgehen, um die Situation zustabilisieren oder um seinen Machtanspruch durchzusetzen.Die Kirche jedoch hat sich seit jeher für friedliche Lösungenengagiert. Alle ethnischen Gruppen sind in ihr vertreten.»

DOSSIER

Durch den Glauben tief verwurzelte ethnische Kon-

fliktlinien im mehrheitlich christlichen Südsudan auf-

lösen – das wollen die Pfarrer Peter Gai Lual Marrow,

Präsident, und John Yor Deng, Generalsekretär der

Presbyterianischen Kirche des Südsudans (PCOSS).

Nach zwei jahrzehntelangen Bürgerkriegen erlangte derSüdsudan im Juli 2011 die Unabhängigkeit. Der jüngste StaatAfrikas steht vor gewaltigen Herausforderungen: Das Ver-hältnismit demSudan ist wegen Streitigkeiten umGrenzver-läufe und Ölressourcen angespannt. Der Verteilungskampfum Macht, Land und Vieh verschärft sich und führt immerwieder zu Gewaltausbrüchen, vor allem im Bundesstaat Jon-glei, wo besonders viele zurückgekehrte Flüchtlinge leben.Es fehlt an grundlegender Infrastruktur wie Strassen, Schu-len oder Spitälern. Ethnische Identität für den Konflikt um

überlebenswichtige Ressourcenverantwortlichmachen zuwollen,würde zu kurz greifen. Dennochentzündet sich die Gewalt entlangethnischer Grenzen. Bündnissewie zwischen den Volksgruppender Nuer und der Murle, die vorder Unabhängigkeit gegen den‹gemeinsamen Feind› Sudan ent-standen, zerfallen.

Glaube alsgemeinsame IdentitätSüdsudanesen töten Südsu-

danesen, Christen töten Christen,das istmomentan traurigeRealitätim Südsudan. «Die gemeinsamereligiöse und die neue nationaleIdentität sind noch nicht stark ge-nug, um die Gräben zwischen den

Volksgruppen zu überwinden», sagt John Yor Deng. Vor al-lem in ländlichenGegendenwürden traditionelle Lebenswei-sen vorherrschen und dieMenschen sich stark über ethnische

SÜDSUDAN

Eine verbindende KraftKatrin Pilling

Pfarrer Peter Gai Lual Marrow, Präsident

der Presbyterianischen Kirche des

Südsudans (PCOSS).

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John Yor Deng, Generalsekretär

der Presbyterianischen Kirche des

Südsudans (PCOSS).

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Aurora Luna (54) leitet das Projekt ‹Alfalit en el

Perú›, ein Bildungsprojekt für Frauen in Lima und in

den Südanden. Welche Rolle spielen christliche Wer-

te für ihre Arbeit vor Ort und für die Zusammenarbeit

mit mission 21?

«Ursprünglich war Alfalit, das es seit den 60er-Jahren inPeru gibt, ein Evangelisations-Projekt, das von verschiedenenKirchen getragen wurde. Das Ziel war, dass Menschen die Bi-bel lesen können. Nach und nach weitete sich die Arbeit aus.Da vor allem die Frauenwenig oder keine Schulbildung erhal-ten hatten, konzentrierte sich das Angebot von Alfalit auf sie.

Heute definiere ich es so: Die Bibel spricht von der gu-ten Nachricht. Was ist die gute Nachricht für eine Frau, dieAnalphabetin ist, die schon als Kind unterdrückt wurde undvon ihrem Ehemann geschlagen wird, von dem sie wirt-schaftlich völlig abhängig ist? Die gute Botschaft ist für sie,dass sie wertvoll ist. Dass sie etwas erreichen kann. Dass sieunabhängig werden kann.

Mehr als lesen und schreiben lernenDie Frauen lernen in den Kursen viel mehr als nur lesen

und schreiben. Sie lernen, Kunsthandwerk oder Lebensmittelherzustellen und diese zu verkaufen. Oder, in den ländlichenRegionen, wie sie ihren Ackerbau und ihre Viehzucht ver-bessern können. Alles, was sie lernen, soll direkt mit ihremtäglichen Leben zu tun haben. Im Distrikt Puno in den Süd-anden arbeiten wir zweisprachig, weil die Muttersprache derMenschen hier Quechua ist. Wir sehen, wie sich viele Frauenentwickeln, ihre Stärken entdecken, sicherer werden. Es istschön zu sehen, wie Gott an Menschen auf dieser Seite derErde arbeitet.

Die christlichen Werte sind für mich die «Verhaltensre-geln» unserer Arbeit. Die direkte Konsequenz meines Glau-bens ist die Nächstenliebe. Ich bin mir dessen bewusst, dassich nicht nur gegenüber den Personen, mit denen ich zusam-menarbeite, verantwortlichbin, sondern auchgegenüberGott.

Gemeinsam für dieselben ZieleDas Verhältnis zu unserer Partnerorganisation missi-

on 21 würde ich so beschreiben:Wir gehören demselben Or-ganismus an, in unseren Adern fliesst dasselbe Blut. Natür-lich gibt es auch Unterschiede und wir sind geografisch sehrweit voneinander entfernt. Doch wir spüren, dass wir denGlauben an einen guten Gott teilen und an gemeinsamenZielen arbeiten. Wir wünschen uns, dass Zeichen des Got-tesreiches sichtbar werden: Die Ungerechtigkeiten in Peru,wo immer noch viele Menschen benachteiligt werden, sollenabnehmen. Wir gehen als Brüder und Schwestern miteinan-der um und es gibt immer weniger Trennendes. Und wirk-lich alleMenschen sind gleichviel wert – ungeachtet von eth-nischerHerkunft, Geschlecht, Religion oder sozialem Status.

mission 21 unterstützt die gemeinsamenWerte und Zieledurch Beratung und finanzielle Hilfe, und wir bringen unsmit unserer Arbeitskraft vor Ort ein. Gemeinsam verteidi-gen wir die Würde und das Recht derjenigen Menschen, dieammeisten leiden. Unsere tägliche Aufgabe ist es, das Lebenin allen seinen Facetten zu fördern. Dabei hat Alfalit ein Ohrbeim Evangelium und das andere Ohr bei den Menschen.»

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«Das Ohr bei den Menschen haben»Aurora Luna, aufgezeichnet von Dorothee Adrian

Aurora Luna, die Leiterin des Bildungsprojekts ‹Alfalit en el Perú›.

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ligion und Spiritualität zur Geltung zu bringen und mög-liche negative Auswirkungen zu vermeiden», wie AnnetteDietschy ausführt. Dietschy begleitete zu Beginn den vonBrot für alle ausgelösten Prozess. Sie hatte zuvor 2005 fürdie Deza, die Direktion für Entwicklung und Zusammen-arbeit des Bundes, zumThema ein Reflexions- und Arbeits-papier verfasst.

Darin weist die Autorin in den Folgerungen auf dieüber Jahre gewachsene Säkularisierung der Gesellschaf-ten des Nordens hin – und deren Auswirkungen. «Es ste-hen sich zwei Sprachwelten gegenüber, die einander nichtmehr verstehen: die Sprache derTheologie und die Sprache derEntwicklungszusammenarbeit.»Das wirke sich auch auf die Zu-sammenarbeit mit kirchlichenPartnern im Süden aus, «die einweniger kritisches Glaubensver-ständnis haben und ihren Part-nern im Norden vorwerfen, sieseien nicht gläubig genug», wieAnnette Dietschy schreibt. Eineherausfordernde Ausgangsla-ge. Ziel des Reflexionsprozes-ses bleibt, «herauszufinden, mitwelchen Vorgehensweisen mandie Rolle des Glaubens, der Hoff-nung und der religiösen Pra-xis als Potentiale für Entwick-lung fruchtbar machen kann».

*) Zur KoGe gehören Brot für alle, cfd, Connexio, DM, Heilsarmee, Horyzon,IBK, MEB Mission Evangélique Braille, mission 21, SME Suisse, Tearfund; inFachgruppen arbeiten HEKS und Fastenopfer mit.

Lange war das Thema ‹Religion und Spiritualität› in

der Entwicklungszusammenarbeit weitgehend Tabu.

Heute befasst sich eine Fachgruppe der Kooperati-

onsgemeinschaft Brot für alle mit dem Einfluss von

religiösen und kulturellen Werten.

Elf Entwicklungsorganisa-tionen im Umkreis der evan-gelischen Kirchen der Schweizarbeiten in der Kooperationsge-meinschaft Brot für alle KoGe *)zusammen. Gemeinsam versu-chen die in vielen Belangen sehrunterschiedlichen Werke Lösun-gen für praktische Fragen ihrerArbeit zu finden. Eine betrifft dieZusammenhänge von Religionund Kultur und Entwicklungszu-sammenarbeit. Seit 2012 arbeiteteine Fachgruppe am Programm-schwerpunkt Religion und Ent-wicklung. Ein Ziel ist, dass einneues Verständnis für professio-nelle Entwicklungszusammenar-beit gefördert wird, welches die

Bedeutung von Religion konsequent einbezieht. «Für dieseArbeit bildet der gemeinsame Bezugspunkt die spezielleAusgangslage der KoGe und ist unsere Kompetenz», um-schreibt die Koordinatorin der KoGe, Barbara Lutz.

Dies aus gutem Grund: «Für eine nachhaltige Entwick-lung kann die religiöse und kulturelle Dimension eineentscheidende Rolle spielen», steht in einem Grundlagen-papier zum Reflexionsprozess Religion und Spiritualität.Werde sie einbezogen und nicht ignoriert, könne bessereArbeit geleistet werden, sagt Barbara Lutz. Um falschen In-terpretationen gleich vorzubeugen: «Das heisst nicht, dassBegünstigte nach Religion ausgewählt werden». Doch derReflexionsprozess soll ermöglichen, die «Stärken von Re-

REFLEXIONSPROZESS

Glaube, Hoffnung und religiöse Praxis nutzenUrs Walter

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Barbara Lutz

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– Ecumenical Advocacy Alliance (EAA) heisst das ökumeni-sche Aktionsbündnis. Ziel des internationalenNetzwerkesaus Kirchen und kirchengebundenenOrganisationen istder gemeinsameKampf gegen die globale Ungerechtigkeit.ImMittelpunkt steht die Sensibilisierung der Öffentlich-keit durch gemeinsameKampagnen.www.e-alliance.ch

– Aprodev ist ein Zusammenschluss von 17 europäischenEntwicklungsorganisationen aus demUmfeld desWelt-kirchenrates. Sie möchten so besser die internationaleEntwicklungspolitik insbesondere in der EuropäischenUnion beeinflussen.www.aprodev.eu

– Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK), derWeltkirchen-rat, ist die weltweit grösste und wichtigste Dachorganisati-on der christlichen Kirchen. Er vertritt über 550MillionenChristinnen und Christen. Im vergangenenNovembertraf sich die Vollversammlung, sein oberstes Leitungsor-gan, in Busan (Südkorea).www.oikoumene.org

Die gemeinsame Wertebasis der FBO bedeutet abernicht, dass diese Organisationen bereits mit einer Stimmeauftreten oder eine Art Gemeinschaft bilden würden. «DieFBO Community ist ein Mythos und wenn es diese dochgibt, wäre sie dominiert von christlichen Werken des Nor-dens», sagt dazu Bruno Stöckli, bei Brot für alle Verantwort-licher für das Projekt Dialogplattform. Stöckli gehört demBeratungsgremium Entwicklungspolitik und -praxis (Ad-visory Group Development Policy and Practices) an. «Dochder gemeinsame Auftritt aller christlichen Organisationensoll spürbarer werden.» Diese Aufgabe wurde ACT Allianceübertragen, die dafür eng mit Caritas Internationalis undanderen glaubensbasierten Netzwerken zusammenarbeitet.

NETZWERK

Mehr Erfolg dank demweltweitenNetz von Allianzen

Urs Walter

«Wenn du weit kommen willst, geh mit anderen»:

Getreu diesem afrikanischen Leitsatz gehören die drei

Werke Brot für alle, HEKS und mission 21 mehreren

christlichen Organisationen der Entwicklungszusam-

menarbeit und humanitären Hilfe an.

Die Arbeit der Entwicklungsorganisationen der evange-lischen Kirchen in der Schweiz richtet sich an Begünstigteim Süden und mit politischer Ein-flussnahme und mit Information andie Bevölkerung in der Schweiz. Dankeinem teils weltweiten Netz von Orga-nisationen, die sich aus einer christli-chen Grundhaltung für ein Leben inWürde für alle Menschen einsetzen,erhöht sich die Wirkung in beiden Be-reichen. Gemeinsam bringen die glau-bensbasierten Organisationen (FBOFaith Based Organisations) auch ihrenStandpunkt besser in die allgemeinenAnstrengungen zur Entwicklung derZivilgesellschaft ein. Diese Anstren-gungen werden oft mit der englischenAbkürzung CPDF Civil Society Part-nership for Development Effectivenessbezeichnet, umfassen sie doch mehrals Entwicklungszusammenarbeit. Siesind zum Teil entwicklungspolitisch,zum Teil humanitär ausgerichtet.

Die bedeutenden NetzwerkeDie bedeutendsten christlichen Netzwerke sind ACT

Alliance, Aprodev und die EAA Ecumenical AdvocacyAlliance:

– ACTAlliance ist ein Internationaler Zusammenschlussvon über hundert Organisationen, die in der Entwick-lungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe aktivsind. Der Zusammenschluss arbeitet insbesondere mitseiner Advocacy-Arbeit auf eine nachhaltige Verbesserungder Lebensbedingungen der von Armut undUngerechtig-keit betroffenenMenschen hin.www.actalliance.org

Diese Afrikanerin in Kenya baut an ihrem neuen Haus. Ebenso bauen die Entwicklungsorganisationen der reformierten Kirchen

der Schweiz weltweit an besseren Lebensbedingungen und arbeiten dazu in vielen Organisationen mit.©

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sich bereits beim Öffnen eines Telefons: Seine vielen Bauteilebestehen aus bis zu 60 unterschiedlichen Rohstoffen.

Zu oft stammen diese Rohstoffe aus Konfliktregionen.Eine ist derOstenKongos, woherGabriel Kamundala Byembavom Expertenzentrum für Minenfragen in Bukavu berichtet.Die Realität in denMinen zeigt unmenschliche Arbeitsbedin-gungen, Kinderarbeit, undurchsichtige Absatzwege und aus-beuterische Löhne auf. Der Erlös finanziert letztlich die Kon-fliktparteien imKrisengebiet. «Die etwa 8000Minen sind aberauch der wirtschaftlicheMotor der Region. Darum braucht esbessere Lösungen als einen Boykott», betont Byemba.

Doch Transparenz über die Herkunft der Rohstoffe fehlt.Deshalb können Konsumentinnen und Konsumenten ihreEinkaufsmacht wenig nutzen. «80 Prozent der europäischen

Grossfirmen, die an einer Börse kotiertsind, äussern sich nicht zur Herkunftder Rohstoffe und übernehmen keineVerantwortung», sagt Tim SteinwegvomCenter for Research onMultinati-onal Corporations SOMO. Der nieder-ländische Lampenhersteller und Elek-tronikkonzern Philips analysiert dieLieferkette der verwendeten Rohstoffebis auf die Stufe der Schmelzhütten,erkärt Jan-Willem Scheijgrond, Leiterdes Bereiches Nachhaltigkeit. Philipsträgt auch die ‹Conflict Free Tin Initi-ative› mit, und verpflichtet sich damit,nur Zinn aus sauberen Minen zu kau-fen. Um die Prüfverfahren zu standar-disieren, arbeitet Philips mit anderenUnternehmen zusammen. Ziel sei zu-dem, die kritischen Minen nicht fallenzu lassen, sondern gemeinsam zu einersauberen Produktion ohne Verletzungvon Menschenrechten oder Finanzie-rung von Konfliktparteien zu gelan-gen, führt Scheijgrond weiter aus.

Initiativen verantwortungsbewuss-ter Unternehmen sind gut. «Danebenbraucht es aber auch gesetzliche und

verbindliche Vorgaben für alle Firmen», erklärt Beat Diet-schy. Dafür wirdmit der Kampagne ‹High Tech –No Rights›weiterhin politisch Druck gemacht. Konsumentinnen undKonsumenten sollten künftig sicher sein, dass in einem neugekauften Gerät keine Konflikt-Rohstoffe verwendet und dieMenschenrechte und Arbeitsgesetze in der Produktion ein-gehalten wurden.

Informationen zur Tagung und zur Kampagne ‹High Tech – No Rights›:

www.brotfueralle.ch/computer

KONFERENZ

Wie viel Blut steckt in unserenComputern undHandys?

Urs Walter

Bei der Herstellung von Computern und Handys

liegt vieles im Argen. Die Konferenz «Wie viel Blut

steckt in unseren Computern und Handys? Von

Konflikt-Rohstoffen zur smarten Elektronik» zeigt:

Fair produzierte Geräte müssen das Ziel sein.

«EinHandy ist keine Banane, es lässt sich nicht so einfachmit einem Label für faire Herstellung versehen», bemerktBeat Dietschy, Zentralsekretär von Brot für alle, in seinemFazit zur erfolgreichen Tagung. Rund 180 Teilnehmendefolgten den Vorträgen der von Brot für alle und Fastenop-fer eingeladenen neun Fachleuten, die aus der ganzen Weltund mit unterschiedlichstem Fachwissen nach Bern gereistwaren. Die Referate verdeutlichten den anspruchsvollenWegzu fair produzierten elektronischen Geräten und zu einertransparenten Lieferkette. Wie komplex die Sache ist, zeigt

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«Die Realitäten im Osten Kongos sind unmenschlich», sagte Gabriel Kamundala. Byemba. Abhilfe brächten aber nur

gemeinsame Anstrengungen der Industrie und der Minen.

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zentrale Arbeitsrechte einzuhalten.Dazu gehören existenzsichernde Löh-ne, Gewerkschaftsfreiheit, verbindlicheschriftliche Arbeitsverträge und einVerzicht auf Kinderarbeit. Kontrolliertwird doppelt: einmal im direkten Auditder FWF, einmal indirekt durch Befra-gen der Beschäftigten. Die FWF zähltheute 90 Mitglieder, die rund 120 Klei-dermarken (aus der Schweiz Blackout,Mammut, Manroof, Odlo und Swit-cher) anbieten, oder wie die SchweizerPost nur Kleidung aus FWF-geprüftenTextilfabriken einkaufen. uw

FASTENGRUPPEN

Leiterinnen und Leitersind bereit

Rund fünfzig Frauen und Männerhaben im November 2013 den Einfüh-rungskurs ‹Fastengruppen› besucht.Ziel des neuen Angebotes ist es, dasssich in möglichst vielen Kirchgemein-den während der Passions- oder ebenFastenzeit professionell geleitete Fas-tengruppen treffen und die Fastenzeitgemeinsam begehen.

Kontakt: Dorothea Loosli-Amstutz,

Fastenkoordinatorin, 079 377 84 73,

[email protected]

ÖKUMENISCHE KAMPAGNE

Ein Reiseführer durch40 Tage Fastenzeit

Die jährlich erscheinende Agen-

da ist ein wichtiger Pfeiler der

Ökumenischen Kampagne. Des-

halb wird erstmals den Kirchge-

meinden ein Gesamtpaket zum

Versand der Agenda angeboten.

Der Fastenkalender 2014 beglei-tet Sie auf eine Reise um die Welt undzu sich selbst. Bilder, Gedanken undAnregungen führen durch die vierzigTage der Passionszeit. Die Texte regenan, die Konsumgewohnheiten zu hin-terfragen. Sie zeigen Zusammenhängezwischen unserem Konsum und demLeben der Menschen im Süden auf. Sovertiefen Beiträge und Bilder das The-ma der Kampagne, die Gerechtigkeitzwischen den Generationen unter demMotto «Die Saat von heute ist das Brotvonmorgen».

Mit der möglichst breiten Vertei-lung des Fastenkalenders in Ihrer Ge-meinde leisten Sie einen wichtigen Bei-trag zur Verankerung und Verbreitung

und der Stärkung der ökumenischenKampagne. Um Ihnen den Versand zuerleichtern, bieten wir neu ein Gesamt-paket an. Dieses Angebot umfasst denDruck eines standardisierten oder vonIhnen formulierten Begleitbriefes sowiedas Verpacken und den Versand desKalenders in Ihrer Gemeinde. uw

Über Ablauf und Kosten informiert Sie:

Karin Fritz, [email protected], 031 380 65 86;

Informationen und Musterbrief:

www.sehen-und-handeln.ch/versand

Jeans lassen sich nochlange nutzen

Das Kampagnenplakat 2014 wirbt

nicht etwa für Jeans, sondern für

den Anbau von Baumwolle ohne

Gifteinsatz und faire Arbeitsbe-

dingungen in den Textilfabriken.

Jeans tragen Frauen und Männerfast aller Generationen auf der ganzenWelt. Doch die Produktion von Jeanserfolgt grösstenteils weder nachhal-tig noch unter Berücksichtigung derMenschenrechte oder Arbeitsgesetze.Auf diese Missstände weist das Sujetauf dem ab Januar verfügbaren Plakatder Ökumenischen Kampagne 2014hin. Auch unser KonsumverhaltenbeimKauf und der Pflege vonKleidernist zu überdenken. Kreative Ideen er-lauben, auch ausgediente Jeans nochweiter zu nutzen.

Begleitend zur Kampagnewird einePetition die Forderung nach fair produ-zierter Kleidung aufnehmen. Mit einergrossen Unterschriftensammlung solldie Spitze der SBB überzeugt werden,der Fair Wear Foundation (FWF) bei-zutreten. Diese von Brot für alle undFastenopfer mitgegründete Organi-sation hat einen Verhaltenskodex fürTextilfabriken erarbeitet. Mitgliederder FWF verpflichten sich dazu, acht

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Nachhaltigkeit pur: Kreative Ideen erlauben, ausgediente Jeans noch

weiter zu nutzen.

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wicklungspolitik bei Brot für alle. «Ziel des Vorsorgeprinzipsist, vorausschauend mögliche Belastungen oder Schäden fürdie Umwelt oder die menschliche Gesundheit und selbstver-ständlich auch die Ernährungssicherung zu vermeiden oderzumindest so weit wie möglich zu verringern.»

Das gelte auch bei fehlender letzter wissenschaftlicherGewissheit. Ob Hunger eine Folge der Spekulation ist, wirdin der Wissenschaft teils heftig debattiert. Neuste Studienbejahen jedoch den Zusammenhang zwischen der Preisent-wicklung an Terminmärkten und den realen Preisen klar. uw

Protestbriefe: www.stopp-spekulation.ch

Informationen und das Video: www.brotfueralle.ch/spekulation

Kampagne auf Facebook weiterverbreiten: www.facebook.com/brotfueralle

Fachpublikation ‹EinBlick›: Die Ausgabe ‹Preisexplosion wegenNahrungsmittelspekulation› enthält die Recherche zu den Geldanlagen inNahrungsmitteln der Schweizer Banken und Hintergrundtexte zu den Folgen.

KLIMAFONDS

Seit fünf Jahren auf ErfolgskursDer gemeinsam von Brot für alle und Fastenopfer

getragene Spezialfonds Klima und Entwicklung ist

auf Erfolgskurs.

Seit fünf Jahren besteht der Spezialfonds Klima und Ent-wicklung. «Immer mehr Projekte werden eingereicht undkönnen unterstützt werden», bilanziert Evelyn Kamber, Ver-antwortliche des Spezialfonds bei Brot für alle. Der Fonds fi-nanziert Projekte, dank derer sich die Bevölkerung im Südenbesser an unerwünschte Folgen der Klimaerwärmung anpas-sen kann. Aufforstungen und der Bau von energieeffizientenKochstellen sind erfolgreiche Beispiele der Arbeit. Die Projek-te des Klimafonds sind eng verzahnt mit den Klimatrainings,die von Brot für alle und seinen Partnerorganisationen durch-geführt werden. In den Trainings tauschen sich betroffeneFrauen und Männer über die Auswirkungen des Klimawan-dels auf ihre Lebenssituation aus und entwickeln gemeinsamAbwehrmassnahmen.

Kirchgemeinden könnenden SpezialfondsKlimaundEnt-wicklungmit einer Spende begünstigen. uw

Weitere Angaben im beiliegenden Flyer oderwww.brotfueralle.ch/klima➞ KirchgemeindenSpenden an: Spezialfonds Klima und Entwicklung,Brot für alle/Fastenopfer, 3001 BernSpendenkonto 30-763778-3Projektnummer 500.000Auskunft: Brot für alle, 031 380 65 65

STOPP–SPEKULATION

Brady Dougans Briefkasten füllt sich

Über 3200 Frauen und Männer haben im Rahmen

der Kampagne ‹Stopp-Spekulation› Brady Dougan,

CEO der Credit Suisse, eine Protestnachricht ge-

schrieben. Die Recherche zur Spekulation mit Nah-

rungsmitteln hat intensive Diskussionen ausgelöst.

Mitte September 2013 veröffentlichten Brot für alle undFastenopfer erschreckende Zahlen zur Spekulation mit Nah-rungsmitteln: Zehn Schweizer Banken bieten Fonds mit sol-chen Finanzprodukten und Termingeschäften an: Totalbe-trag 3,6 Milliarden Franken. Auf die Credit Suisse entfallen2,4 Milliarden Franken. Das sei unethisch, denn mit Essenspiele man nicht, kritisieren die Werke. Mit der von den bei-den Organisationen lancierten E-Mail-Kampagne könnenKundinnen und Kunden ihre Bank auffordern, die Spekula-tionmit Essen einzustellen. Bis November wurden über 3200Protestmails an Brady Dougan gesandt. Sie können weiter-hin schreiben und sich für das Thema engagieren.

In einem nächsten Schritt wollen Brot für alle und Fas-tenopfer verstärkt die Pensionskassen ins Visier nehmen.Dort haben viele Menschen ihr grösstes Vermögen ange-spart. Als Alterskapital sollte das Geld besonders nachhal-tig und langfristig angelegt sein und nicht (wie bei einigenPensionkassen) zur Spekulation mit Nahrungsmitteln die-nen. Zugleich droht der gute Ruf zu leiden. «Aus der Sichtvon Brot für alle muss zwingend das Vorsorgeprinzip zurAnwendung kommen», betont Miges Baumann, Leiter Ent-

Explodieren die Preise für Grundnahrungsmittel an denWeltmärkten, leidenmehr Menschen Hunger.

Dagegen wendet sich die Kampagne ‹Stopp-Spekulation›.

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TEPPICHKAUF

Neustart für dasLabel STEP

Ab 2014 wird das Label STEP

eigenständig. Der Verein ‹La-

bel STEP – fair trade Teppiche›

übernimmt das Gütesiegel von der

Stiftung Max Havelaar.

Das Label STEP zeichnet seit 1995gute Arbeits- und Lebensbedingungenbei der Produktion von handgefertig-ten Teppichen aus. Brot für alle undandere Werke hatten das Label STEPgegründet, um missbräuchliche Kin-derarbeit zu verhindern sowie guteArbeitsbedingungen, faire Löhne undökologisch verträgliche Herstellungs-verfahren zu fördern. Zudem werdenProjekte für die Knüpferinnen undKnüpfer sowie ihre Familien und Dör-fer unterstützt. Die Produktionsstättender Lizenznehmer werden unabhän-gig, unangemeldet und regelmässigüberprüft. Rund vierzig Verkaufsstel-len in der Schweiz bieten STEP-geprüf-te Teppiche an.

Bisher gehörte dasLabel STEP zur MaxHavelaar-Stiftung(Schweiz). Aufgrundder Neuausrichtung

ihrer Dachorganisation Fairtrade In-ternational übergibt die Stiftung dieGeschäftseinheit an eine eigenständigeTrägerschaft. Deren Präsident ist YvanMaillard-Ardenti, Entwicklungspoli-tik Brot für alle. Geschäftsleiter wirdReto Aschwanden, der bisher bei LabelSTEP für die Bereiche Kommunika-tion und Handel verantwortlich war.Als führendes Label für fairen Tep-pichhandel tritt STEP unter unverän-dertem Logo auf und kontrolliert dieArbeitsbedingungen weiterhin nachdenselben Standards. uw

www.label-step.org

PERSONEN

Christian BosshardEin klarer Auftritt im Internet

und Präsenz in den Sozialen Medienerhalten bei Brot für alle mehr Ge-wicht. Seit Anfang November 2013betreut Christian Bosshard als ‹Cam-paigner Neue Medien› diese Bereiche.Zuvor arbeitete er bei der Gesellschaftfür bedrohte Völker. uw

Tina GoetheMitte November 2013 hat Tina

Goethe bei Brot für alle die Stelle‹Recht auf Nahrung› übernommen.Ab 2014 leitet sie im Bereich Entwick-lungspolitik das Team ‹Recht auf Nah-rung und Klimawandel›. Die Soziolo-gin und Entwicklungspolitikerin wardie letzten zehn Jahre bei Swissaid fürdas Dossier Ernährungssouveränität,Gentechnologie, Agrotreibstoffe undPatente zuständig. uw

Julia JawtuschAb Anfang 2014 betreut Julia Jaw-

tusch im Bereich Entwicklungspolitikdas Themenfeld Klima und Landwirt-schaft. Sie hat biologische Landwirt-schaft studiert. Zuletzt war Julia Jaw-tusch wissenschaftliche Mitarbeiterinam Forschungsinstitut für biologi-schen Landbau (FiBL) und hat auch ander von Brot für alle in Auftrag gegebe-ne Studie ‹Mitigating Greenhouse Ga-ses in Agriculture› mitgearbeitet. uw

NACHRICHTEN

Beschwerde gegen Bio-Zertifikat für Addax

Das Grossprojekt von Addax in Si-erra Leone zur Herstellung von Agro-treibstoffen aus Zuckerohr läuft an. Brotfür alle und ihre PartnerorganisationSilnorf in Sierra Leone weisen seit Jah-ren auf Mängel im Projekt hin. Konkretbezeugte das Abass Kamara, Gast der

ökumenischen Kampagne 2013 vonBrot für alle. Dennoch hat Addax dasNachhaltigkeitszertifikat des Roundta-ble on Sustainable Biofuels (RSB) erhal-ten. Auch die Schweiz trägt die RSBmit.

Gegen diese Auszeichnung vonAddax haben Brot für alle und Sil-norf Beschwerde erhoben. Laut YvanMaillard-Ardenti, Programmverant-wortlicher Entwicklungspolitik beiBrot für alle, hat Addax mindestensdrei Vorgaben von RSB verletzt. Auchsei die Prüfung durch RSB large unddie Kriterien ungeeignet, um die Qua-lität eines Projektes für Agrotreibstoffezu beurteilen. RSB will die Einwändeuntersuchen, hat dafür aber keinenZeitrahmen genannt. uw

Dossier von Brot für allein ‹welt-sichten›

Im Oktober 2012 haben Brot füralle und Fastenopfer eine Studie ver-öffentlicht, die zeigt, wie öffentlicheGelder über die Engagements der Ent-wicklungsbanken Land Grabbing mit-finanzieren. Im umfangreichen Dossier‹Entwicklungsbanken und Land Grab-bing› wurde das Thema jetzt in der an-erkannten Fachzeitschrift ‹welt-sichten›vertieft. Brot für alle gehört zu den Trä-gerorganisationen von ‹welt-sichten›. uw

Bezug: www.welt-sichten.org [email protected] (ca. 11.- Fr.)

Mit schwerem Gerät wird Platz für Zuckerrohr geschaffen – oft zu

Lasten der Felder der Bevölkerung.

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HEKS SAMMELKAMPAGNE 2013

Zugang zu Land schafftEntwicklungText: Hanspeter Bigler, Fotos: Christian Bobst

Die Familie Chittiboini lebt im südindischen Dorf

Kotagadda. Ihr Leben war lange Zeit gezeichnet von

bitterer Armut und Ausgrenzung. Die HEKS-Partneror-

ganisation DROPS hat sie beim Zugang zu Land und

auf dem Weg in eine bessere Zukunft unterstützt.

Genug zu essen zu haben ist für Lakshmi Devi und Kris-hnaja Chittiboini keine Selbstverständlichkeit. Das Ehepaarlebt mit seinen drei Töchtern in dem kleinen südindischenDorf Kotagadda im Bundesstaat Andhra Pradesh. Von nureiner Mahlzeit am Tag wurden sie selten satt. Hunger war ander Tagesordnung.

Landtitel explizit für FrauenMangelernährung ist auch aus menschenrechtlicher

Sicht eine der grossen Herausforderungen in Indien. Hungerbetrifft Menschen aus den niederen Kasten besonders, weilihnen der Zugang zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichenRessourcen verwehrt ist. Das gilt auch für LakshmiDevi undKrishnaja Chittiboini, die der niederen Fischerkaste angehö-ren. Ohne eigenes Land konnten sie nichts anbauen, um so

die Familie ausreichend zu ernähren.Ihre Situation hat sich verbessert, seitdie lokale HEKS-PartnerorganisationDROPS in dem Gebiet aktiv wurde.DROPS half den Dorfbewohnerinnenund -bewohnern, Landtitel für dasbrachliegende Gemeinschaftsland zuerstreiten. Den Fokus legte DROPSauf die Frauen, die lange Zeit diskri-miniert und unterdrückt wurden. Soblieb ihnen jegliche eigene finanzielleGrundlage verwehrt. DROPS hat er-wirkt, dass das erkämpfte Land aufden Namen der Frauen eingetragenwird. Damit sind die Frauen auchLandbesitzerinnen und dabei erstmalsals gleichwertig anerkannt.

Im Zuge des Landkampfs sam-melten HEKS und DROPS Daten überbrachliegendes Staatsland. Zugleichermittelten sie mögliche Begünstigte,welche die gesetzlichen Anforderun-gen erfüllen, um von der staatlichenLandverteilung profitieren zu kön-nen. Das von HEKS gegründete An-dhra Pradesh Forum for Land Rights(APFLR) half der betroffenen Bevöl-kerung, sich zu organisieren und sichgegenüber den Behörden für gerechteLandverteilungen einzusetzen.

Starthilfe bringt viele ImpulseDie Chittiboinis gehören zu den

über 4000 Familien in Andhra Pra-desh, die seit 2007 gesicherten Zugangzu Land erhalten haben. Um ihr Landauch effizient zu nutzen, erhielten dieFamilien von DROPS eine Starthilfe

Dank eigenem Land und an das lokale Klima angepasstem Saatgut gedeihen die Tomaten von Lakshmi Devi und

Krishnaja Chittiboini und bringen reiche Ernte.

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in Form von traditionellem, an die lokalen klimatischenBedingungen angepasstem Saatgut. Dieses soll helfen, dieErträge zu erhöhen und die Abhängigkeit von Kunstdüngerund Pestiziden zu vermindern. Aus einer erfolgreichen Erntebringen die Bäuerinnen die doppelte Menge des erhaltenenSaatguts ins DROPS-Saatgutzentrum zurück. So könnenimmer mehr Familien vom Projekt profitieren.

Lakshmi Devi hat bereits einen hohen Grad an Unab-hängigkeit erreicht. Aus ihren Pflanzen gewinnt sie selbst-ständig neue Samen und bezieht nur noch einen kleinenTeil aus dem Saatgutzentrum. Von DROPS erhielt das Paarzudem eine Schulung in der Einrichtung von Küchengärtenund der Wurmkompostierung. Damit hat die Familie auchwährend der Trockenzeit Gemüse, Früchte und Kräuter. Dashat ihre Ernährung und damit die Gesundheitssituationmassiv verbessert. Ausserdem gedeihen die Tomaten so gut,dass die Chittiboinis von deren Verkauf gut leben können.

Startchancen für eine bessere ZukunftDROPS hat den Familien auch Baumaterial vermittelt,

damit sich diese selber ein kleines Haus aus Stein mit einemoder zwei Räumen bauen können. Daneben haben sie dieMöglichkeit, sich am staatlichen Beschäftigungsprogrammzu beteiligen, für das sie einen garantierten Mindestlohn er-halten. Diese bezahlten Arbeiten sind insbesondere währendder Trockenzeit gefragt, wenn die Familien kein anderesEinkommen haben.

Mit dem Verkauf von Tomaten, Milch, Ziegen und dankdem staatlichen Beschäftigungsprogramm verdient die Fa-milie rund 1300 Franken pro Jahr. Vorher waren es knapp200 Franken. Damit haben sie nicht nur genug zu essen, siekönnen sogar einen bescheidenen Betrag sparen. LakshmiDevi und ihr Mann Krishnaja haben selbst nie eine Schulebesucht undmöchten deshalb, dass ihre drei Töchter bessereStartchancen für ihr Leben erhalten. Für eine gute Ausbil-dung ihrer Kinder arbeiten die beiden hart. Die älteste Toch-ter Hairita besucht die vierte Klasse. Sie ist das ersteMitgliedihrer Familie, das lesen und schreiben kann.

Am Anfang war das LandDer Zugang zu Land setzte eine Entwicklungsspirale in

Gang, die weit über wirtschaftliche Aspekte hinausgeht: Daseigene Land hat der Familie Chittiboini ein höheres Einkom-men und damit eine sichere Existenzgrundlage ermöglicht.Landbesitz bedeutet aber auch sozialen Status und kann dieTüre zum lang ersehnten anerkannten Platz in der Gesell-schaft öffnen. Land verleiht Identität und Würde. Laksh-mi Devi ist glücklich, dass ihr Land ihren Namen trägt. Fürsie und viele andere Menschen in Indien heisst Land habenMensch sein.

Indien ist das Schaufensterland zur diesjährigen HEKS-Sammelkampagne

‹Entwicklung ermöglichen›.

Mehr Informationen zur Kampagne sowie umfangreiches Kampagnenmaterial

für Kirchgemeinden und Pfarrpersonen finden Sie auf

www.heks.ch/news-service/kampagnen/entwicklung-ermoeglichen-2013/

Die ganze Familie hilft, die Tomatenernte aufzubereiten. Dank des Erlöses besucht die älteste

Tochter die Schule und kann als erstes Familienmitglied lesen und schreiben.

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Filmtipp: ‹Naa Boomi –Mein Land›Der eindrückliche Dokumentarfilm zeigt den Weg der Familie Chittiboini. Sie hat den Kampf um ihr Land geführt. Und

gewonnen. Mit Unterstützung von HEKS und der lokalen Partnerorganisation DROPS konnte sie die Landrechte, welche die

indische Regierung der Landbevölkerung eigentlich zugesteht, auch tatsächlich einfordern.

Zudem auf der DVD: Kurzfilme, 4 x 3,5 Minuten, mit Szenen aus ‹Naa Boomi – Mein Land› sowie der TV-Spot Indien 2013, 23

Sekunden

Zeigen Sie den Film in Ihrer Kirchgemeinde oder im Religionsunterricht. cs

Bestellen: www.heks.ch/news-service/kampagnen/entwicklungermoeglichen-2013/ oder per Mail: [email protected]

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‹HILFE SCHENKEN›

Wasser für ein besseres LebenText: Hanspeter Bigler, Fotos: Christian Bobst

Alle Jahre wieder ermöglicht HEKS mit der Aktion

‹Hilfe schenken› eine stressfreie, originelle und sinn-

volle Art des Schenkens. Die Geschenke kommen den

Ärmsten im Süden und sozial Benachteiligten in der

Schweiz zugute.

Früher begann der Tag für Christine aus Nyarbanga inder südsudanesischen Provinz Central Equatoria um ein Uhrnachts.Dannmachte sie sich jeweils auf denWeg zumachtKi-lometer entfernten Fluss, umWasser zu holen.Mit vollemKa-nister kam sie um fünf Uhr wieder zu Hause an – um für dienächsten zwanzig Liter nochmals hin- und zurückzugehen.Heute braucht die Bäuerin für einen Kanister Wasser kaumeine halbe Stunde. Mit der Unterstützung von HEKS habendie Dorfbewohnerinnen und –bewohner einen Brunnen ge-baut. Das Wasser, das mit einer Handpumpe aus fünfzig Me-tern Tiefe gefördert wird, versorgt 45 Haushalte.

Ein elfköpfiges Brunnenkomitee wacht über die korrekteBenützung des Brunnens unddie Einhaltung derHygienevor-schriften. Ein Teil des Brunnenbeckens ist beispielsweise spe-ziell für das Tränken des Viehs vorgesehen. «Weil das Wassernun sauber ist, haben wir endlich keine Wurm- und Durch-fallerkrankungenmehr», sagt Christine.

DasWasser wird aber auch zur Bewässerung desGemüse-gartens genutzt, den einige Frauen undMänner beimAuslaufdes Brunnens angelegt haben. Dort pflanzen sie Tomaten, Au-berginen, Okra und Grünkohl an. Seit Christine nachts nichtmehr Wasser holen gehen muss, kann sie ihren Kindern amMorgen Frühstück machen, bevor diese ihren zweistündigenSchulweg in Angriff nehmenmüssen. Und sie selbst hat mehrEnergie für die tägliche Haus- und Gartenarbeit.

Für 38 Franken können Sie sauberes Trinkwasser ver-schenken. Mit diesem Betrag versorgen Sie eine Person imSüdsudan mit. Der Bau eines neuen Brunnens kostet rund11500 Schweizerfranken und dient 300 Personen.

Auf www.hilfe-schenken.ch finden Sie 45 weitere origi-nelle Geschenkideen für jedes Budget. Ihr Geld geht je nachWahl in einen von sieben Fonds mit fest definiertem Ver-wendungszweck. Sie selbst erhalten eine stilvolle Geschenk-urkunde, die Sie Ihren Liebsten unter den Weihnachtsbaumlegen können.

Der Brunnen im Dorf erspart den Frauen von Nyarbanga im Südsudan acht Kilometer Weg – für jeden 20-Liter-Kanister Wasser, den sie nach Hause tragen.

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Inselgruppe dem Wiederaufbau gros-ses Gewicht beigemessen werden. cs

Spenden bitte auf das Postkonto 80-1115-1,Vermerk «Taifun Asien»‚ oder per SMS an 2525,Keyword TAIFUNASIEN 25 (1 bis 99 Frankenmöglich).

AGENDA

DEZEMBER

Das Programm EAPPI:Seit zehn Jahren berichten Au-genzeugen aus Israel/PalästinaEine Ausstellung des Hilfswerks derEvangelischen Kirchen Schweiz HEKS

Vernissage mit Apéro:Donnerstag, 12. Dezember 2013,18.30 Uhr, KunstraumWalcheturm,Kanonengasse 20, 8004 Zürich

Vor zehn Jahren reisten zum ers-ten Mal Schweizer Freiwillige für dasökumenische Begleitprogramm EAP-PI nach Israel und Palästina, um dieMenschenrechtslage zu beobachten.Aus diesem Anlass zeigt HEKS zu-sammen mit ehemaligen Einsatzleis-tenden die Ausstellung ‹Zaungäste›.Nicht die Politik, sondern die Men-schen, die für EAPPI im Konfliktge-biet waren, stehen dabei im Fokus. Ineindrücklichen Collagen aus Texten,Fotos, Ton- und Videodokumentenerzählen sie, was sie bewirkt habenund was nicht, was sie bewegt hat, wasfrustriert und was motiviert. cs

Die Ausstellung ist vom 12. bis15. Dezember (14 bis 18 Uhr) imKunstraum Walcheturm zu sehen.

Danach geht sie auf Wanderschaftin der Schweiz. Ehemalige Menschen-rechtsbeobachterinnen und -beob-achter werden jeweils anwesend sein.

Die Ausstellung steht interessier-ten Veranstaltern zur Verfügung. cs

Kontakt: Ruedi Lüscher, [email protected]: www.heks.ch/zaungaeste

JANuAR

HEKS Osteuropatag: Span-nungsfeld Politik in OsteuropaSamstag, 25. Januar, 2014,Kirchgemeindehaus Schwamen-dingen, Zürich, 9.15 – 15.30 Uhr

Auch bald 25 Jahre nach der Wen-de sind die demokratischen Struktu-ren in Osteuropa alles andere als ge-festigt. Die Politik in den jeweiligenStaaten ist von Regierungen mit au-tokratischen Tendenzen oder labilenpolitischen Koalitionen geprägt.

Die Spannungen haben auch Aus-wirkungen auf die Projektarbeit vonHEKS in Osteuropa, weil sie eine ver-lässliche Zusammenarbeit mit denstaatlichen Stellen schwierig machen.Der diesjährige Osteuropatag bietetGelegenheit, sich vertieft mit den po-litischen Verhältnissen in Osteuropaauseinanderzusetzen. SRF-Osteuro-pakorrespondent Marc Lehmannwird in seinem Referat einen Über-blick über die politische Situation inOsteuropa geben. In den Workshopsberichten die HEKS-Partner über dieHerausforderungen in der Zusam-menarbeit mit staatlichen Stellen unddie Auswirkungen auf die Projektar-beit. Aus Ungarn berichtet der prä-sidierende Bischof der ReformiertenKirche Ungarn, Gusztáv Bölcskei. cs

Programm und die Online-Anmeldung:www.heks.ch/osteuropatagAnmeldeschluss ist der 10. Januar 2014

AKTUELL

Syrische Flüchtlingebrauchen Ihre Hilfe!

HEKS und seine Partnerorganisa-tion Najdeh hatten seit Mai dieses Jah-res Soforthilfe für 600000 Franken imFlüchltingslager Nahr el Bared imNor-denLibanons geleistet und 841Familenunterstützt. Per Ende Oktober wurdedie Arbeit in Nahr el Bared eingestellt.Seit November dieses Jahres führenHEKS und Najdeh ein Soforthilfepro-jekt im Flüchtlingslager Shatila in Bei-rut für weitere 500000 Franken durch.In Shatila sind die Lebensbedingungender Flüchtlinge noch prekärer; rund20000 Familien leben in ärmlichstenVerhältnissen, zusammengedrängt aufeinemQuadratkilometer. cs

Spenden bitte auf Postkonto 80-1115-1, Vermerk «Syrien»‚ oder per SMS an 2525,Keyword Syrien 25 (1 bis 99 Franken möglich).

Soforthilfe für die Taifun-Opfer auf den PhilippinenDie Philippinen sind am 8. No-

vember von einem verheerenden Tai-fun heimgesucht worden. TausendeMenschen sind bei der Katastropheums Leben gekommen, zehntausen-de Überlebende haben ihre Lebens-grundlage verloren. HEKS ist seit Jahr-zehnten auf den Philippinen tätig undhat nach dem Unglück umgehendAbklärungen durch seine Partneror-ganisationen sowie auch durch eigeneFachleute vor Ort veranlasst. Die Hu-manitäreHilfe vonHEKS umfasst vor-erst 500000 Franken. In einem erstenSchritt werden die Menschen Trink-wasser, Nahrung, medizinische Ver-sorgung und Zelte sowie Hygieneuten-silien und Kleider brauchen. Zudem istwichtig, dass die Fischer- und Klein-bauernfamilien unterstützt werden, soschnell wie möglich wieder im AlltagFuss zu fassen. In einer späteren Phasewird angesichts der Zerstörung auf der

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JUGEND UND MISSION

«Es kommt aufmich an!»Katrin Pilling

Jugendliche und junge Erwachsene haben hierzulan-

de eine Unmenge an Möglichkeiten. Diese erfordern

Entscheidungen. Wofür möchte ich meine Energie,

Talente und Lebenszeit einsetzen? Wer seine persön-

liche «Mission» entdeckt, ist auf seinem Weg schon

ein Stück weiter.

Wer in der Bildungsabteilung von mission 21 auf Entde-ckungstour geht, merkt schnell: Hier geschieht der Brücken-

schlag zwischen den weit entfernten Partnerländern und derSchweiz. Warum geht uns soziale Gerechtigkeit in Bolivienoder interreligiöse Gewalt in Nigeria etwas an? Solche Fra-gen haben auch mit dem eigenen Leben etwas zu tun.

Mehr Freundschaft braucht die WeltDass dabei ausgerechnet die weltweite Kirche und das

Thema Religiosität spannend sein sollen, ist zunächst ein-mal eine Behauptung. So vieles fordert die Aufmerksamkeit:Schule, Familie, Freunde, Berufswahl… die Möglichkeitenscheinen unendlich. Christian Weber, Studienleiter in derAbteilung Bildung Austausch Forschung (BAF) ist über-zeugt, dass mission 21 jungen Menschen Interessantes zubieten hat. Vor allem aus zwei Gründen, so der Pfarrer. Zumeinen sei die internationale Begegnung eine «faszinierendeHorizonterweiterung». Zum anderen werden junge Kurs-teilnehmende angeregt, zunächst über ihre persönliche Mis-sion nachzudenken: Was ist meine Aufgabe im Leben? Dermission 21-Kurs «Mehr Freundschaft braucht dieWelt» fragt:WelchenFreundschaftsdienst braucht dieWelt dennvonmir?

Begegnungscamp in Ghana 2013: Gemeinsamer Ausflug von schweizerischen und ghanaischen Jugendlichen zum Staudamm von Akosombo. Tina Honegger ist links im Bild (im roten T-Shirt).

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Einen unterschied machen«Im westlichen Kontext gibt es häufig ein Gefühl der

Übersättigung und des Überangebotes», so Christian We-ber. Da könne leicht der Eindruck entstehen, alles sei beliebigund es komme auf den einzelnen nicht wirklich an. Das Zielder Bildungsarbeit von mission 21 sei, eben dieses Gefühl zuüberwinden und einen Bezug von «Missionsthemen» zumeigenen Leben herzustellen. «Wie werde ich ganz persönlichzum Friedensstifter oder zur Friedensstifterin?» So möchteChristian Weber Mission verstanden wissen: Sie macht auseinem reinen Sachthema eine persönliche Angelegenheitund wird damit zur Kraftquelle für Aktion.

Gerechtigkeit und Taschengeld«Stark gefragt ist dasThema Fairer Handel», erklärt Bar-

bara Moser, ebenfalls Studienleiterin in der Abteilung BAF.«Den Gerechtigkeitsbegriff benutzen Jugendliche ja selbstviel in Bezug auf Lehrer oder Eltern. Hier bekommt er eineandereDimension. Ausserdem entscheiden sie beimEinkau-fen, besonders bei Kleidern, oft schon selbständig.»

Betroffenheit könne auch entstehen, wenn es darumgeht, wie viele lebensrettende Operationen in Afrika sichmit dem für viele üblichen Taschengeld finanzieren liessen,erzählt Christian Weber, der sechs Jahre lang in der Demo-kratischen Republik Kongo gearbeitet hat und daher aus rei-cher Erfahrung erzählen kann. «Dann wird es immer ganzleise, selbst in schwierigeren Gruppen». Immer wieder erhälter positive Rückmeldungen: «Ich war beeindruckt, dass manandere Länder schon mit so wenig Geld unterstützen kann»,ist da zu hören. Oder: «Mir hat Jesus gefallen.» Oder schlicht:«Der Tag war spannend und megacool.»

Zwischen Jugend und Erwachsenenalter«Für die Altersgruppe zwischen Konfirmation und

Familiengründung gibt es in der Regel kein Angebot inden Gemeinden», so Barbara Moser. Diese Lücke schliesstmission 21 gemeinsam mit einzelnen Gemeinden oder Kan-tonalkirchen. Davon profitierte auch die 19-jährige TinaHo-negger. Die junge Frau aus Uster hat im Sommer ihre Ma-tura abgeschlossen und war eine von 14 Teilnehmenden aminternationalen Begegnungscamp in Ghana. «Ich war nochnie zuvor ausserhalb Europas und sehr neugierig auf dieseErfahrung. Allein hätte ichmich aber kaum getraut», sagt siezu ihrer Motivation, am Camp teilzunehmen.

Der tägliche Austausch in der Gruppe über die Erlebnis-se waren Tina sehr wichtig: Wie es ist, die einzige hellhäuti-ge Person zu sein. Wie schwierig es sein kann, gemeinsameThemen mit den ghanaischen Jugendlichen zu finden, die ineiner so anderenWelt zuHause sind und nicht viel zu Instru-mentalunterricht oder Fussballvereinen sagen können. Daszeigte auch, dass die Erfahrung von Fremdheit nicht immermit Kultur zu tun hat, sondern auch mit unterschiedlicher

Schulbildung. Aber auch, wie schön und verbindend dieGastfreundschaft oder das gemeinsame Singen und Feiernwaren, bleiben für Tina wichtige Erfahrungen aus Ghana.Spannend sei auch das tiefe Eintauchen in die Geschichte derMission gewesen, so die Maturandin. «Wir haben das Kran-kenhaus in Agogo besucht, das von der Basler Mission imJahr 1931 gegründet wurde und heute noch wichtige Arbeitleistet. Die Menschen in Ghana haben, auch wegen solcherKrankenhäuser, einen positiven Missionsbegriff. Das warsehr überraschend für mich.»

Mit PEP! unterwegsBesonders beliebt bei jungen Erwachsenen ist das Pro-

gramm PEP! (Professionals Exposure Program). Nach demStudiumoder der Lehre arbeiten sie als Fachkräfte für einhal-bes oder ganzes Jahr in einem Projekt von mission 21. DavidBuschor aus Winterthur hat ein Jahr lang an einer Schule inChina Englisch unterrichtet. Das sei eine nicht immer einfa-che, aber sehr gute Erfahrung gewesen, so der 26-jährige Poli-tikwissenschaftler. Das intensive Erleben von Fremdheit habeihn zum Relativieren des eigenen Standpunktes gezwungen:«Warum empfinde ich zum Beispiel die extreme Zurückhal-tung vieler Chinesinnen und Chinesen als frustrierend undlege es ihnen alsmangelndes Einfühlungsvermögen aus?Wassind vielleicht die Vorzüge ihrer Einstellung?»

Mit seinen Erlebnissen aus dem PEP!-Einsatz möchteDavid Buschor «auf eine sanfte Weise» zu mehr Weltoffen-heit in der Schweiz beitragen. «Schon allein dadurch, dassich dort gearbeitet habe und nun vom Leben in China erzäh-le, merken die Leute: Das ist ein Ort, an dem man durchausleben und arbeiten, interessante Erfahrungen machen undschöne Erlebnisse haben kann.» Dieser Brückenschlag ist ei-ner seiner «Freundschaftsdienste an der Welt».

mission 21 für junge Erwachsene

Auf unserer Webseite erfahren Sie auf der Plattform «young@mission21»

alles über die Angebote von mission 21 für Jugendliche und junge

Erwachsene: www.mission-21.org/youngmission21

Auskunft gibt Barbara Moser, Studienleiterin Junge Erwachsene:

061 260 22 39, [email protected]

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20 contigo Nr.4 |2013

«Ich heisse Boris. Ich bin Quechua.» Wenn sich

Boris Paúl Rodríguez Ferro so vorstellt, ist das kein

Zufall. Seine indigenen Wurzeln sind das Thema,

das ihn bewegt, zu dem er forscht und publiziert.

Boris spricht schnell, er hat viel zu sagen. Seit Anfang 2013leitet der 37-jährigeMenschenrechtsanwalt das IDECA (Insti-tuto de Estudio de las Culturas Andinas) im südperuanischenPuno, ein Institut zur Erforschung der andinen Kultur. DasZiel: die Wertschätzung und Wiederentdeckung der kulturel-len Identität derMenschen in den Anden durch wissenschaft-liche Reflexion. Er erzählt, wie er bereits als Kind politischeUnterdrückung kennenlernte, als seine Familie zwischen dieBürgerkriegsparteien – die Guerillaorganisation ‹sendero lu-minoso› und dasMilitär – geriet, da sein Vater für dasMinis-terium arbeitete und sich zu keiner Seite bekennenwollte.Wieer als 7-Jähriger unter dem Bett statt darin schlief, weil jeder-zeit irgendwo etwas explodieren konnte. Wie sie als Familievier Mal umziehen mussten, weil die blosse Anwesenheit ineinem bestimmten Dorf das Leben kosten konnte. In den da-maligen Wirren entstand der Wunsch, sich für Gerechtigkeiteinzusetzen. Für die Freiheit jedesMenschen.

Theorie muss der Praxis dienenBoris gebraucht Begriffe wie Dekolonisation, Interkultu-

ralität und Gendergerechtigkeit. «Wir bleiben aber nicht ineinem akademischenDiskurs, uns geht es umdieAuswirkun-gen auf die Praxis», betont er. «Aber wenn wir nicht darübersprechen, wie ungerecht unsere Gesellschaft immer noch ist,bleiben wir Mitwirkende in diesem System». Die spanischeKolonisierung verdrängte die ursprünglichen Kulturen,machte sie unsichtbar und tabuisierte sie. DenMenschenwur-de sogar verboten, ihre Muttersprache zu sprechen. Bis heutesind die Folgen spürbar: Obwohl sie in der grossen Mehrzahlsind, werden Indigene immer noch diskriminiert, sie sind imSchnitt ärmer und haben schlechtere Bildungschancen. Die-ses System nehme zudem nur den Menschen, nicht aber dieNatur als Subjekte wahr und beute diese aus. «All das wollenwir sichtbarmachenundkritisch hinterfragen», soRodríguez.

Der junge Intellektuelle, der in Argentinien einen Masterüber Menschenrechte und in Spanien einen über Umwelt-rechtmachte, fühlt sich hingezogen zur sogenannten ‹Kosmo-

visionderAnden›. Inder alles zusammengehört, inder esnichtnur einenGott, sondern viel Göttliches gibt, in dem die FlüsseoderWälder ebenso Rechte haben wie dieMenschen. Die All-tagspraxis trägt dieser Idee jedoch leider oft keine Rechnungmehr, verschmutzte Flüsse und Felder sind keine Seltenheit.

In Seminaren, Diskussionsrunden und Publikationenerarbeitet Boris Rodríguez mit den Mitarbeitenden des Ins-tituts diese Themen aus soziologischer, kulturwissenschaftli-cher, philosophischer und theologischer Perspektive.

Studiengang für andine Kultur und ReligionNeu hat das IDECA den Masterstudiengang ‹Andine

Kultur und Religion› aufgebaut, der vonmission 21 finanziellunterstützt wird. Zu den ersten Absolventen gehört der An-walt Clemente Churata, der selbst auch Quechua ist, und indessen Kanzlei oftmals Indigene kommen. «Um sie angemes-sen beraten zu können, wollte ich unsere Kultur besser ver-stehen», sagt er. Mit Erfolg: Churata setzt sich dafür ein, dassüber kleinere Konflikte in den Gemeinden nach indigenemRecht entschieden wird, anstatt dass dieMenschen ihr letztesHab undGut für einen unsinnigen Prozess opfern. Jetzt wirbter dafür, dass auch andereAnwälte sowie Richter denMaster-studiengang besuchen.

Das IDECA will nichts weniger, als die Gesellschaft ver-ändern, auch durch der indigenen Kultur angepasste Ge-setze. «Wir müssen an den Strukturen arbeiten», ist Borisüberzeugt. Das sei schwierig, da es um die Einstellungen undDenkmuster der Einzelnen gehe. Doch «auchwennwir unse-re Gesellschaft bis 2017 nicht dekolonisieren werden, könnenwir ganz praktisch sehr vieles erreichen.»

Projektdienst: Seraina Vetterli, 061 260 23 03,[email protected] Nr.: 476.1008Spendenkonto: 40-726233-2, Vermerk ‹Interreligiöser Dialogim südandinen Raum›www.mission-21.org/peru

PERU

Junge Intellektuelle suchenihre Identität

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Der Menschenrechtsanwalt Boris Paúl Rodríguez Ferro leitet seit Anfang 2013 das IDECA.

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21contigo Nr.4 |2013

MäRZ 2014

Ehemaligen- undPensioniertentag

Thema: Herausforderungen an dieMission nach der 10. Vollversamm-lung des ÖkumenischenWeltkirchen-rates (ÖRK) in Busan, Südkorea.

Freitag, 28. Märzmission 21, Missionsstrasse 21, BaselKontakt und Anmeldung:[email protected], 061 260 22 05

APRIL 2014

Informations- undBegegnungstag

Dankesanlass für freiwillige Mit-arbeitende von mission 21 in denKirchgemeinden sowie die Helferin-nen und Helfer am Herbstbazar 2013.

Donnerstag, 3. April, 11-17 Uhrmission 21, Missionsstrasse 21, BaselKontakt:[email protected], 061 260 23 37

Begegnungsreise 2014:Lateinamerika

Begegnungsreise nach Peru, Boli-vien und Chile, mit Projektbesuchen.Reiseleitung: Daniel Frei, Pfarramt fürweltweite Kirche BS/BL und AlfredHirt, Vorstand Basler Mission.

Freitag, 25. April bis Dienstag, 13. MaiKontakt:[email protected], 061 260 22 67

AKTUELL

Herbstkampagne beendet, ‹Mis-sionGesundheit› gehtweiterMit der Aktion ‹LaufendGutes tun›

endete EndeNovember dieHerbstkam-pagne 2013 unter dem Motto ‹MissionGesundheit›. Das Engagement vonmis-sion 21 für die ganzheitliche Gesund-heit aller Menschen in Afrika, Asienund Lateinamerika geht weiter.

Rückblick auf die Kampagne:www.mission-21.org/gesundheit

AGENDA

DEZEMBER 2013

VorweihnachtlichesBenefizkonzert

Der Kinderchor ‹Coro Calicantus›aus Locarno singtWeihnachtslieder ausallerWelt. Der Erlös geht an das Projekt‹Jugendarbeit und Strassenkinderheim›vonmission 21 im Südsudan.

Samstag, 7. Dezember, 20 UhrStadtkirche Stein am RheinInfos und Karten:[email protected], 052 742 20 90

JANuAR 2014

Impulstagung KirchenbasareKreative Workshops, Lesung und

Input. Anregungen in Theorie undPraxis für die Basararbeit in den Kirch-gemeinden. Mit einem Referat unterdem Titel ‹alles der Nase nach› eröffnetdie blinde Autorin, Radiojournalistinund Theologin Yvonn Scherrer die Ta-gung. In einer Kurzlesung stellt sie ihrim Cosmos-Verlag erschienenes ‹Nas-büechli› vor.

In insgesamt acht ganztägigenWorkshops haben die Teilnehmendendanach die Möglichkeit, sich in derHerstellung von neuen Produkten fürdenKirchenbasar zu versuchenundmitanderen freiwillig Engagierten Kontak-te zu knüpfen.www.mission-21.org/agenda.

Mittwoch, 22. Januar, 8.45 – 16.15 UhrKirchgemeindehaus Johannes,Wylerstrasse 5, BernAuskunft und Anmeldung [email protected], 031 340 26 04

FEBRuAR 2014

‹Dialog International›Diskussionsveranstaltung zum

Thema Religion und Entwicklungmit Kafui S. Hammes-Afanou, Pro-grammverantwortliche für Kamerunvon mission 21.

Montag, 24. Februar,mission 21, Missionsstrasse 21, BaselKontakt:[email protected], 061 260 22 57

Erste ökumenischeMitarbeiterin im Südsudan

Im Oktober hat Chantal Wullimannaus Basel ihren Einsatz als ökume-nische Mitarbeiterin im Südsudanbegonnen. Zum ersten Mal entsen-det mission 21 eine Fachkraft in denjüngsten Staat Afrikas. Chantal Wul-limann ist Geographin und Afrika-nistin mit kaufmännischer Ausbil-dung und Berufserfahrung. Sie wirddie ‹Presbyterian Church of SouthSudan› (PCOSS), Partnerkirche vonmission 21, auf deren Wunsch als Pro-jektberaterin unterstützen. mission 21intensiviert derzeit die Unterstützungfür den Südsudan.

Missionskinder suchen sichüber www.mbengwi.ch

Urs Guyer lebte von 1973 bis 1977als Sohn von ‹Fraternal Workers›(heute ‹Ökumenische Mitarbeitende›genannt) im Kinderhaus Mbengwi/Kamerun. Inzwischen ist ein Netz-werk entstanden, in dem sich ehema-lige Schülerinnen und Schüler treffenund austauschen. Damit weitere Per-sonen, die als Kinder in dem Inter-nat waren, dazu stossen können, hatUrs Guyer eine Webseite gestaltet:www.mbengwi.ch.

Kinder von Basler Missionaren bzw. Fraternal Workers vor ihrer

Abreise in die Ferien zu den Eltern.

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22 contigo Nr.4 |2013 agEnDa

Vor vierzig Jahren packten Frauen Bananen in einen

Leiterwagen und verkauften sie in Frauenfeld mit ei-

nem Zuschlag. «Jetzt ist ein Neustart nötig», betont

Ursula Brunner engagiert.

Bananen mit einem Preisaufschlag verkaufen, um dieProduzierenden besser zu entlöhnen: vor vierzig JahrenUtopie, heute etabliert. Macht Sie das zufrieden?

Ja – doch habe ich erneut einen Traum. Ich glaube, wennin Gesellschaft und Wirtschaft so viel aufbricht, braucht esauch für den fairen Handel einen Neustart. Verbreitet wirdzum Beispiel betont, dass weiteres Wachstum gar nicht mehrmöglich ist. Das bedeutet auch für den fairen Handel grosseHerausforderungen. Wie bringen wir das Ziel von «mehr Ge-rechtigkeit» mit drängenden Problemen wie z.B. der hohenArbeitslosigkeit in Übereinklang?

Genügt da ein Preiszuschlag nicht mehr?Wir begannen mit einem Preiszuschlag gegenüber den

konventionellen Bananen. Doch heute gilt auch bei Fair Tradeein harterWettbewerb – und das heisst Preisdruck. 1.40 Fran-ken für eine Tafel ‹faire› Schoggi kann kein fairer Preis sein.Oder es hat kaumKakao drin…

Haben Sie schon Antworten?Mir hat derWeltagrarbericht 2009 ‹Wege aus der Hunger-

krise› Anstösse gegeben. Eine der zentralen Botschaften ist:«Weiter wie bisher ist keine Option.» Das ruft zu radikalemUmdenken auf, eine radikalere Botschaft als wir vor vierzigJahren gewagt haben. Es genügt im fairen Handel nicht mehr,eine Plantage vonNestlé oder eine weitere Kooperative zu zer-tifizieren. Beides hilft den Armen im Süden letztlich kaum,wissen wir heute. Es braucht eine Demokratisierung der Nah-rungsmittelproduktion. Das bedeutet kleinbäuerliche Struk-turen in überschaubaren Räumen. Im heutigen System istSelbstbestimmung der Produzenten gar nicht möglich.

…und was machen wir in der Schweiz als fleissige Käufe-rinnen und Käufer von Fair Trade?

«Weltmeister sein» im fair Einkaufen – so eine unsinnigeFeststellung! Fair Trade muss eine innere Haltung sein. Werbei uns konsumiert, muss mehr Bewusstsein haben, zum Bei-spiel wissen, wie wichtig Bildung im Süden ist, und darum für

faire Preise einstehen. Eine Hilfe für gegenseitiges Bewusst-sein könnten Produzenten-Konsumenten-Genossenschaftensein. So würde deutlich, dass der Norden und der Süden amFairen Handel und damit an der Veränderung unserer Le-benshaltung beteiligt seinmüssen.

Zeichnen sich da Initiativen ab?Am Weltagrarbericht und seinen zehn Forderungen ha-

ben auch Fachleute aus dem Südenmitgearbeitet. Eine andereAntwort ist der Biolandbau.

40 JAHRE FAIRER HANDEL

Ursula Brunner, noch immer dieengagierte ‹Bananenfrau›

Urs Walter

Ursula Brunner

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Ausstellung zum Jubiläum6.Dez. 2013 bis 9. Feb. 2014, Frauenfeld, Stadtgalerie Baliere

Eröffnung: Freitag 6. Dez. 2013, 18 Uhr

mit Anne-Marie Holenstein, Elsbeth Aepli, Hansrudolf Frey und

Bananenfrauen der ersten Stunde.

Dienstag 16–20 Uhr, Samstag 10–16 Uhr, Sonntag 12–16 Uhr

Jeden Samstag 15 Uhr Erzählcafé: Pionierinnen erinnern sich

www.baliere-frauenfeld.ch

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23contigo Nr.4 |2013

Februar 2014

Ohne Gott keineMoralDonnerstag, 6. Febr., 11-21 Uhr,Paulus-Akademie, Zürich

Tagung zu denThesen,Modernisie-rung führe zu Säkularisierung und die-se danach zu einemVerfall derMoral.

www.paulus-akademie.ch;Anmeldung bis 16. Jan. [email protected],043 336 70 41

april 2014

Ökumenisches Bibelseminar23. bis 25. April 2014,Kirchgemeindehaus Johannes, Bern

Thema: Landverheissung–biblischeTraditionen und heutige Zugänge, mitjüdischen, christlichen und palästi-nensischen Stimmen.

Referierende:Marie-TheresWacker, Pro-fessorin für Altes Testament, UniversitätMünster;Michel Bollag, Fachreferent Ju-dentum, Zürcher Lehrhaus – JudentumChristentum Islam; Viola Raheb, Publi-zistinundExpertin zuThemen rundumIsrael und Palästina,Wien.

Kosten: Pfarrerinnen, TheologenFr. 400.-, OeME-Beauftragte Fr. 200.-Studierende Fr. 100.-, Wenigverdie-nende Fr. 150.-.

Auskunft: [email protected],[email protected] oderwww.brotfueralle.ch/bibelseminar. Anmeldungbis 28.Februar 2014 an [email protected]

FilMtipp

‹Naa Boomi – Mein Land›Ein eindrücklicher Dokumentarfilmüber Projektarbeit in Indien und denWeg der Familie Chittiboini. Sie hatden Kampf um ihr Land geführt.Und gewonnen (siehe Seite 14).

Bestellen können Sie den Film auf www.heks.ch/news-service/kampagnen/entwicklung-ermoeglichen-2013/ oder per E-Mail:[email protected]

Operation Teufel – unddie Gegenstrategie

In Peru unterstützt der katholischePriester Marco Arana lokale Klein-bauern und -bäuerinnen im Kampf fürmehr Selbstbestimmung und den Er-halt ihrer Lebensgrundlagen.

Als Mediator zwischen Campesinos,Minengesellschaft und Regierungwerden Pater Marco Arana und seineVerbündeten von einer privaten Detek-tivfirma bespitzelt: Der Code ist ‹Ope-ration Teufel›. Doch die Gruppe willnicht länger Opfer sein und entwickelteinen Gegenspionage-Plan. Der führtsie zur Goldmine von Yanacocha undderen Haupteigner, die Newmont Mi-ning Corporation aus Colorado.

Der Film, im Stil eines dokumentari-schen ‹Spionage-Thrillers› gedreht, be-gleitet den Widerstand der Bäuerinnenund Bauern während zehn Jahren. Erverdeutlicht, wie komplex die Welt ge-worden ist. In den beiden Erzählsträn-gen werden Fragen der Biodiversität,Nahrungsmittelversorgung und Kli-mawandel verknüpft. Stephanie Boydgreift damit zentrale Themen der Zu-kunft auf. dg

Film: Operation Teufel (Devil Operation)Regie: Stephanie Boyd, Peru 2010.Dokumentarfilm 52 Minuten (Kurzfassung),ab 16 Jahren, Englisch-Spanisch, mit deutschenUntertiteln

Verkauf und Verleih: Fr. 35.-, bei éducation21,Tel. 031 389 20 21, [email protected],und Relimedia, 044 299 33 81, [email protected] Film ist auch online verfügbar (Video onDemand VoD): www.filmeeinewelt.ch.

agEnDa & MEDIEntIpp

Weitere Veranstaltungshinweiseauf den Seiten der Werke 10 bis 21

dezeMber 2013

Schleier & EntschleierungBis 14. DezemberPädagogische Hochschule ZürichMontag bis Freitag: 7–22 Uhr, Samstag bis17 Uhr, Eintritt frei

Ausstellung zur Kulturgeschichte, Er-scheinung und Deutung des Schlei-ers. In den Kulturräumen, EingangGebäude LAC, Lagerstrasse 2, beimHauptbahnhof.

januar 2014

BedrohteWerte? Europaund der Nahe Osten unterGlobalisierungsdruckSamstag, 11., 25. Januar und 15. Februar,9-13 Uhr,UniS, Raum A003, Schanzeneckstrasse 1,Bern

Auch im Nahen Osten häufen sichdie Werte- und Normenkonflikte.Welche Kräfte stehen hinter diesemWandel? Wie könnte sich die Situa-tion entwickeln? Die Veranstaltungs-reihe der Universität Bern fragt nach,analysiert und ordnet ein.

Eintritt frei, Einzelbesuch möglich; Anmeldungbis 5 Tage vor dem Termin unter: www.forum.unibe.ch/de/pro_Wertekonflikte.htm

HEKSOsteuropatagSamstag, 25. Januar, 9.15 – 15.30 Uhr,Kirchgemeindehaus Schwamendingen,Zürich

Der Osteuropatag 2014 bietet Gele-genheit, sich vertieft mit den poli-tischen Verhältnissen in Osteuropaauseinanderzusetzen. Referat vonSRF-Osteuropakorrespondent MarcLehmann, Workshop mit dem präsi-dierenden Bischof der ReformiertenKirche Ungarn, Gusztáv Bölcskei.

www.heks.ch/osteuropatagAnmeldung bis 10. Januar 2014

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contigo Nr.4 |2013

Alles glauben, ist Torheit –gar nichts glauben, ist Torheit.

Brasilianisches Sprichwort

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