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Di�erentialgleichungen 2. Ordnung
haben die allgemeine Form x ′′ = F (x ′, x , t).
Wir beschränken uns hier auf zwei Spezialfälle, in denen sicheine Lösung analytisch bestimmen lässt:
1. reduzible Di�erentialgleichungen:Lösung durch Reduktion der Ordnung
2. lineare Di�erentialgleichungen mit konstantenKoe�zienten:Erweiterung der Lösungsansätze für lineareDi�erentialgleichungen 1. Ordnung
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Reduktion der Ordnung
Enthält die DGL zweiter Ordnung x ′′ = F (x ′, x , t) nurAusdrücke, die von t und x ′, nicht aber von x abhängen(d. h. x ′′ = F (x ′, t)), so lässt sich eine Lösung oft mittels derSubstitution y = x ′ bestimmen.
Es folgt dann y ′ = F (y , t), d. h. man erhält eine DGL1. Ordnung für y , die mit den vorher vorgestellten Methodenbehandelt werden kann.
Hat man eine Lösung y gefunden, so erhält man für x dieGleichung x ′ = y , d. h. die Lösung der ursprünglichenGleichung ist dann eine Stammfunktion von y .
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Beispiel x ′′ = 2x ′
t
Für y = x ′ erhält man eine homogene lineare DGL 1. Ordungmit nichtkonstantem Koe�zienten p(t) = 2
t
y ′ =2yt
=2t· y
⇒ y(t) = c1 · e∫
2tdt = c1 · e2 ln |t| = c1 · t2 mit c1 ∈ R.
Die Lösung für x hat dann die Form
x(t) =
∫y(t) dt = 1
3c1t
3 + c2 = c1t3 + c2
mit frei wählbaren Parametern c1, c2 ∈ R.
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Allgemeine und spezielle Lösung
Allgemein gilt: Die allgemeine Lösung einer DGL 2. Ordnungenthält zwei frei wählbare Parameter, deren Wert durch eineAnfangswertbedingung der Form x(t0) = x0 und x ′(t0) = x1festgelegt werden kann.
Beispiel
Gesucht ist eine spezielle Lösung mit x(1) = 0 und x ′(1) = 2.Einsetzen liefert
2 = x ′(1) = 3c1 · 12 ⇔ c1 =2
3und
0 = x(1) = c1 + c2 ⇔ c2 = −c1 = −2
3.
Die eindeutige Lösung des AWP
x ′′ =2x ′
t, x(1) = 0 und x ′(1) = 2
ist somit x(t) = 2
3t2 − 2
3
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Randwertprobleme
Anstelle von Anfangsbedingungen der Form x(t0) = x0 undx ′(t0) = x1 können auch Randbedingungen der Form
x(t1) = x1 und x(t2) = x2 (Dirichlet-Randbedingung) bzw.
x ′(t1) = x1 und x ′(t2) = x2 (Neumann-Randbedingung)
betrachtet werden, um den Wert der freien Parameter c1 undc2 festzulegen.
Beispiel
Das Randwertproblem x ′′ = 2x ′
t, x(1) = 0 und x(2) = 1 hat
die eindeutige Lösung
x(t) =17t3 − 1
7.
Dabei wurden die Parameter c1 und c2 der allgemeinen Lösungder DGL durch Einsetzen der Randbedingung bestimmt.
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Lineare Di�erentialgleichungen
Eine lineare DGL n-ter Ordnung hat die allgemeine Form
x (n)(t)+pn−1(t)·x (n−1)(t)+...+p1(t)·x ′(t)+p0(t)·x(t) = g(t)
mit stetigen Funktionen p0(t), ..., pn−1(t) und g(t).
Die Gleichung heiÿt homogen, wenn g(t) = 0, ansonsten istsie inhomogen. Man spricht von einer DGL mit konstantenKoe�zienten, wenn p0(t) = p0, ..., pn−1(t) = pn−1 reelleKonstanten sind.
Beispiel
x ′′′(t) + x ′′(t) · sin t − 2x ′(t)√t2 + 1
+ 3x(t) = e2t
ist eine inhomogene lineare DGL 3. Ordnung mitnichtkonstanten Koe�zienten.
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Struktur der Lösungsmenge
Die allgemeine Lösung einer homogenen linearen DGL
x (n)(t)+pn−1(t) · x (n−1)(t)+ ...+p1(t) · x ′(t)+p0(t) · x(t) = 0
hat die Form
xh(t) = c1 · x1(t) + ...+ cn · xn(t)mit freien Parameteren c1, ..., cn ∈ R, wobei die Lösungenx1(t), ..., xn(t) ein Fundamentalsystem bilden.
Die allgemeine Lösung einer inhomognen DGL
x (n)(t)+pn−1(t)·x (n−1)(t)+...+p1(t)·x ′(t)+p0(t)·x(t) = g(t)
setzt sich zusammen aus einer speziellen Lösung xs(t) und derallgemeinen Lösung xh(t) der zugehörigen homogenen DGL,d. h. sie hat die Form
x(t) = xs(t) + xh(t) = xs(t) + c1 · x1(t) + ...+ cn · xn(t)mit c1, ..., cn ∈ R.
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Lineare Di�erentialgleichungen 2. Ordnung
Wir beschränken uns hier auf den Fall konstanter Koe�zienten,wobei wir zunächst homogene Gleichungen betrachten:
x ′′ + px ′ + qx = 0 mit Konstanten p, q ∈ R
Hier lässt sich die Lösung explizit angeben. Dazu macht manden Ansatz
x(t) = eλt ⇒ x ′(t) = λeλt ⇒ x ′′(t) = λ2eλt
Eingesetzt in die DGL ergibt sich
λ2eλt + pλeλt + qeλt = (λ2 + pλ+ q) · eλt = 0,
was die charakteristische Gleichung für λ liefert:
λ2 + pλ+ q = 0⇔ λ = −p
2±√(p
2
)2− q
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Beispiel
Für die DGL x ′′ + 3x ′ + 2x = 0 ergibt der Lösungsansatz
x(t) = eλt ⇒ x ′(t) = λ · eλt ⇒ x ′′(t) = λ2 · eλt eingesetzt:
0 = λ2 · eλt + 3λ · eλt + 2eλt = (λ2 + 3λ+ 2) · eλt .Da der Ausdruck e
λt nie Null werden kann, muss λ diecharakteristische Gleichung
λ2 + 3λ+ 2 = 0⇔ λ = −3
2±√(
3
2
)2 − 2 = −3
2± 1
2
⇔ λ = −2 oder λ = −1 erfüllen, damit die DGL gelöst ist.
Man erhält somit zwei Lösungen x1(t) = e−2t und x2(t) = e
−t .
Aufgrund der Linearität ist die allgemeine Lösung dann
x(t) = c1 · e−2t + c2 · e−t mit freien Parametern c1, c2 ∈ R.
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Lösungen allgemein
Ist der Ausdruck unter der Wurzel(p2
)2 − q > 0, so hat diecharakteristische Gleichung zwei Lösungen λ1, λ2 ∈ R, diejeweils eine Lösung der DGL liefern:
x1(t) = eλ1t und x2(t) = e
λ2t
Aufgrund der Linearität der DGL sind auch skalare Vielfacheder Form c1 · eλ1t und c2 · eλ2t sowie die Summe von zweiLösungen wieder Lösungen. Die allgemeine Lösung lautet daher
x(t) = c1eλ1t + c2e
λ2t mit Parametern c1, c2 ∈ R,
d. h. die Lösungen x1(t) = eλ1t und x2(t) = e
λ2t bilden einFundamentalsystem.
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Beispiel x ′′ = 4x ⇔ x ′′ − 4x = 0
hat die charakteristische Gleichung λ2 − 4 = 0 mit denLösungen λ1 = −2 und λ2 = 2.
Die allgemeine Lösung der DGL lautet somit
x(t) = c1e−2t + c2e
2t
Die Koe�zienten c1 und c2 können durch eineAnfangsbedingung der Form x(t0) = x0 und x ′(t0) = x1festgelegt werden.
Die spezielle Lösung x mit x(0) = 1 und x ′(0) = 0 berechnetsich z. B. durch
c1 + c2 = 1 und − 2c1 + 2c2 = 0⇒ c1 = c2 =1
2,
also x(t) = 1
2e−2t + 1
2e2t
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Erweiterung des Lösungsansatzes
Für den Fall, dass die charakteristische Gleichung keine zwei(reellen) Lösungen λ1 6= λ2 hat, muss der Lösungsansatzmodi�ziert werden.
Fall(p2
)2 − q = 0
In diesem Fall hat die charakteristische Gleichung nur eineLösung λ = −p
2.
Damit liefert der vorgestellte Lösungsansatz nur eine Lösungder DGL der Form x1(t) = e
λt . Man kann zeigen, dass eineweitere Lösung durch x2(t) = t · eλt gegeben ist.
Die allgemeine Lösung der DGL x ′′ + px ′ + qx = 0 lautet dann
x(t) = c1·x1(t)+c2·x2(t) = (c1 + c2t) · eλt mit c1, c2 ∈ R beliebig
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Beispiel x ′′ + 2x ′ + x = 0
Die charakteristische Gleichung
λ2 + 2λ+ 1 = 0⇒ λ = −1±√1− 1 = −1
hat λ = −1 als einzige Lösung.
Die allgemeine Lösung der DGL ist damit
x(t) = (c1 + c2t) · e−t mit c1, c2 ∈ R
Betrachtet man dazu die Anfangsbedingung x(0) = x ′(0) = 1,so folgt durch Einsetzen 1 = x(0) = c1 · e0 ⇒ c1 = 1 und
x ′(t) = c2 · e−t − (c1 + c2t) · e−t (mit Poduktregel)
⇒ 1 = x ′(0) = c2 − c1 ⇒ c2 = 1+ c1 = 2.
Somit ist x(t) = (1+ 2t) · e−t (eindeutige) Lösung desbetrachteten AWP.
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Lineare DGL x ′′ + px ′ + qx = 0 mit(p2
)2 − q < 0
In diesem Fall hat die charaktristische Gleichungλ2 + pλ+ q = 0 keine reelle Lösung.
Die Lösungen der charakteristischen Gleichung sind dannkomplexe Zahlen. Mit
r = −p
2und ω =
√q − p2
4
erhält man (nach etwas Rechnung) als
allgemeine (reelle) Lösung der DGL
x(t) = ert ·(c1 cosωt + c2 sinωt
)mit c1, c2 ∈ R.
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Beispiel x ′′ + 2x ′ + 5x = 0
Mit p = 2 und q = 5 lautet die charakteristische Gleichung
λ2 + 2λ+ 5 = 0⇒ λ = −1±√1− 5 = −1±
√−4
Der Ausdruck unter der Wurzel ist negativ, also gibt es keinereelle Lösung. Man bestimmt nun
r = −p
2= −1 und ω =
√q −
(p2
)2=√+4 = 2
und erhält damit die allgemeine Lösung der DGL
x(t) = e−t(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)mit c1, c2 ∈ R.
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Lösung eines AWP
Ist beispielsweise die Anfangsbedingung x(0) = 1 undx ′(0) = −1 gegeben, so erhält man mit
x ′(t) = e−t((2c2 − c1) cos 2t − (2c1 + c2) sin 2t
)⇒ x ′(0) = 2c2 − c1
durch Einsetzen
1 = x(0) = c1 und − 1 = x ′(0) = 2c2 − c1
⇒ c1 = 1 und c2 =1
2· (−1+ c1) = 0,
also x(t) = e−t · cos 2t.
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Zusammenfassung
Zur Lösung der homogenen DGL x ′′ + px ′ + q = 0 stellt manzunächst die charakteristische Gleichung λ2 + pλ+ q = 0 auf
mit der Lösung λ = −p2±√(
p2
)2 − q.Dann sind 3 Fälle zu unterscheiden, für die es jeweils eineLösungsformel für die DGL gibt:
(1)(p2
)2 − q > 0: Dann hat die charakteristische Gleichungzwei Lösungen λ1 und λ2 und es istx(t) = c1 · eλ1t + c2 · eλ2t mit c1, c2 ∈ R.
(2)(p2
)2 − q = 0: Dann hat die charakteristische Gleichungeine Lösung λ1 = −p
2und es ist
x(t) = c1 · eλ1t + c2 · t · eλ1t mit c1, c2 ∈ R.(3)
(p2
)2 − q < 0: Dann hat die charakteristische Gleichung
keine (reelle) Lösung. Mit r = −p2und ω =
√q −
(p2
)2ist dann die Lösung der DGLx(t) = c1 · ert · cos(ωt) + c2 · ert · sin(ωt) mit c1, c2 ∈ R.
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Bemerkung
Die vorgestellte Lösungsmethode kann auf lineareDi�erentialgleichungen höherer Ordnung der Form
x (n) + pn−1 · x (n−1) + ...+ p2 · x ′′ + p1 · x ′ + p0x = 0
verallgemeinert werden. Reelle Lösungen der charakteristischenGleichung λn + pn−1λ
n−1 + ...+ p1λ+ p0 = 0 liefern danneinen Anteil c · eλt an der allgemeinen Lösung der DGL,komplexe Nullstellen Anteile e
rt · (c1 · cosωt + c2 · sinωt).Auf ähnliche Weise lässt sich auch die allgemeine Lösung einesSystems von gekoppelten linearen Di�erentialgleichungenbestimmen.
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Inhomogene DGL x ′′ + px ′ + qx = g(t)
Wie im Fall einer inhomogenen linearen DGL 1. Ordnung setztsich die allgemeine Lösung x(t) = xs(t) + xh(t) zusammen auseiner speziellen Lösung xs und der allgemeinen Lösung xh derentsprechenden homogenen DGL x ′′ + px ′ + qx = 0.
Eine spezielle Lösung xs(t) erhält man in vielen Fällen durcheinen Ähnlichkeitsansatz:
I Ist g(t) ein Polynom n�ten Grades, so gibt es eine Lösungxs(t), die ebenfalls ein Polynom n�ten Grades ist.
I Ist g(t) = aebt und ist b keine Lösung dercharakteristischen Gleichung λ2 + pλ+ q = 0, so gibt eseine Lösung der Form xs(t) = c · ebt .
I Ist g(t) = a cosµt + b sinµt, so gibt es eine Lösung derForm xs(t) = c1 cosµt + c2 sinµt.
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Beispiel x ′′ + 2x ′ + 5x = 3
Hier ist die rechte Seite eine Konstante, also ein Polynom mitGrad 0. Somit hat die DGL eine konstante Lösung der Formxs(t) = α⇒ x ′s(t) = x ′′s (t) = 0.
Einsetzen der Ansatzfunktion in die DGL ergibt
0+ 2 · 0+ 5α = 3⇒ α = 3
5= 0, 6
Die zugehörige homogege DGL x ′′ + 2x ′ + 5x = 0 hat dieallgemeine Lösung
xh(t) = e−t ·
(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)mit c1, c2 ∈ R
(siehe früheres Beispiel).
Die allgemeine Lösung der inhomogenen DGL ist somit
x(t) = xs(t) + xh(t) =3
5+ e
−t ·(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)mit c1, c2 ∈ R
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Beispiel x ′′ + 2x ′ + 5x = 2t2 + 1
Mit dem Ansatz xs(t) = αt2 + βt + γ ist x ′s(t) = 2αt + β und
x ′′s (t) = 2α. Eingesetzt in die DGL ergibt sich
2α + 2 · (2αt + β) + 5 · (αt2 + βt + γ) = 2t2 + 1
⇔ 5αt2 + (4α + 5β)t + 2α + 2β + 5γ = 2t2 + 1
Es folgt α = 2
5, 4α + 5β = 0⇔ β = −4
5α = − 8
25und
2α + 2β + 5γ = 1⇔ γ = 1
5(1− 2α− 2β) = 21
125, also ist
xs(t) =2
5t2 − 8
25t + 21
125.
Die allgemeine Lösung x(t) = xs(t) + xh(t) mit xh(t) aus demletzten Beispiel ist dann
x(t) = 2
5t2 − 8
25t + 21
125+ e
−t ·(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)dgl2.pdf, Seite 21
Beispiel x ′′ + 2x ′ + 5x = sin t
Mit dem Ansatz xs(t) = α cos t + β sin t ist
x ′s(t) = β cos t − α sin t und x ′′s (t) = −α cos t − β sin t.Eingesetzt ergibt sich
−α cos t−β sin t+2(β cos t−α sin t)+5(α cos t+β sin t) = sin t
⇔ (−α + 2β + 5α) cos t + (−β − 2α + 5β) sin t = sin t
Es folgt{−α+ 2β + 5α = 4α+ 2β = 0
−β − 2α+ 5β = 4β − 2α = 1⇔{
α = −0, 1
β = 0, 2
Die allgemeine Lösung der DGL ist damit
x(t) = − 1
10cos t + 1
5sin t + e
−t ·(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)dgl2.pdf, Seite 22
Verschiedene Lösungen
x(t) = − 1
10cos t + 1
5sin t + e
−t ·(c1 cos 2t + c2 sin 2t
)der DGL x ′′ + 2x ′ + 5x = sin t
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Anfangswertproblem im Beispiel
Sind z. B. Anfangswerte x(0) = 1 und x ′(0) = −1 gegeben, sofolgt durch Einsetzen in die Lösung
1 = x(0) = − 1
10+ c1 ⇒ c1 = 1, 1
Mit
x ′(t) = 1
10sin t+1
5cos t+e
−t ·((2c2−c1)·cos 2t−(2c1+c2)·sin 2t
)erhält man weiter
−1 = x ′(0) = 1
5+ 2c2 − c1 = 2c2 − 0, 9⇒ c2 = −0, 05
Die (eindeutige) Lösung des AWP lautet also
x(t) = −0, 1 cos t + 0, 2 sin t + e−t ·
(1, 1 cos 2t − 0, 05 sin 2t
)dgl2.pdf, Seite 24
Beispiel x ′′ + 2x ′ + 5x = 2t2 + 1+ sin t
Hier entspricht die Vorgehensweise derjenigen bei einerentsprechenden DGL 1. Ordnung:
Hat die rechte Seite die Form g1(t) + g2(t), so hat dieallgemeine Lösung die Form
x(t) = xh(t) + x1(t) + x2(t),
wobei xh(t) Lösung der homogenen DGL und x1(t) bzw. x2(t)jeweils eine spezielle Lösung für die rechte Seite g1(t) bzw.g2(t) ist.
Im Beispiel ist x1(t) = 2
5t2− 8
25t + 21
125eine spezielle Lösung zu
g1(t) = 2t2 − 1 und x2(t) =1
10cos t + 1
5sin t eine spezielle
Lösung zu g2(t) = sin t (siehe vorherige Beispiele).
Es folgt (mit xh(t) aus den vorherigen Beispielen) x(t) =
e−t ·(c1 cos 2t+ c2 sin 2t
)+ 2
5t2− 8
25t+ 21
125+ 1
10cos t+ 1
5sin t.
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Bemerkung: Lineare Di�erentialgleichungssystememit der Substitution y = x ′ kann eine lineare DGL 2. Ordnungder Form x ′′ + px ′ + qx = 0 in ein System vonDi�erentialgleichungen 1. Ordnung umgeformt werden:{
x ′ = yy ′ = −py − qx
⇔(x ′
y ′
)=(
0 1−q −p
)(xy
)Eine Verallgemeinerung sind Systeme der Form(
x ′
y ′
)=(
a bc d
)(xy
)⇔{
x ′ = ax + byy ′ = cx + dy
mit einer beliebigen 2× 2�Matrix A =(
a bc d
).
Die allgemeine Lösung setzt sich aus Ausdrücken der Formc · eλi t bzw. ert · (c1 cosωt + c2 sinωt) zusammen, wobei sichdie λi bzw. r und ω aus der charakteristischen Gleichung
det(A− λI2) = λ2 − (a + d)λ+ ad − bc = 0
ergeben.
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Systeme von gewöhnlichen Di�erentialgleichungen
haben die Formx ′1(t) = f1
(x1(t), x2(t), ..., xn(t), t
)... · · ·
...
x ′n(t) = fn(x1(t), x2(t), ..., xn(t), t
)oder kürzer in vektorieller Schreibweise
x ′(t) = f (x(t), t),
mit f : Rn × R→ Rn, wobei die Lösung x : I → Rn auf einemIntervall I ⊂ R de�niert sein soll.
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Beispiel
Die Lotka�Volterra�Gleichung{x ′1(t) =
(α− βx2(t)
)· x1(t)
x ′2(t) =
(δx1(t)− γ
)· x2(t)
mit Parametern α, β, γ, δ > 0 beschreibt die Wechselwirkungzwischen der Populationsgröÿe (als Funktion der Zeit t) zweierTierarten (Räuber x2 und Beutetiere x1).
Dabei ist f (x1, x2, t) =
(αx1 − βx1x2δx1x2 − γx2
).
f hängt nicht explizit von t ab. Dies besagt, dass dieLotka�Volterra�Gleichung autonom ist.
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Lösungskurven der Lotka-Volterra-DGL in der
x , y�Ebene
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Bemerkungen und Eigenschaften
I Treten Ableitungen höherer Ordnung auf, so kann dasSystem durch Einführen neuer Variablen in ein System vonDi�erentialgleichungen 1. Ordnung umgeformt werden.
I Der Satz von Picard�Lindelöf gewährleistet fürDi�erentialgleichungssysteme unter allgemeinenBedingungen die Existenz einer auf einem Intervall um t0de�nierten eindeutigen Lösung, wenn eineAnfangsbedingung der Form x(t0) = x0 ∈ Rn vorgegebenist.
I Ein explizite Lösung kann nur in einigen Spezialfällen wiez. B. lineare Systeme bestimmt werden. Ansonsten istman auf numerische Lösungen angewiesen.
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Numerik gewöhnlicher Di�erentialgleichungen
Ein möglicher Ansatz ist, bei der Berechnung einerNäherungslösung der DGL x ′(t) = f (x(t), t) mit x(t) ∈ Rn
eine lineare Approximation zu betrachten:
x(t + h) ≈ x(t) + h · x ′(t) = x(t) + h · f (x(t), t)
Dieser Ansatz ergibt das explizite Eulerverfahren: Man wählteine Schrittweite h > 0 und berechnet rekursiv eineNäherungslösung x an den Stützstellen tk = t0 + k · hausgehend vom vorgegebenen Anfangswert x(t0) = x(t0) = x0durch
x(tk+1) = x(tk + h) = x(tk) + h · f (x(tk), tk)
Im Fall eines DGL�Systems ist dies eine Vektorgleichung, diekomponetenweise zu interpretieren ist.
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Beispiel 1
Für eine Lösung der DGL x ′ = 2x − t gilt
x(t + h) ≈ x(t) + h · x ′(t) = x(t) + h · (2x(t)− t).
Mit der Schrittweite h = 0, 1 und t0 = 0⇒ tk = k10
erhältman für eine Näherungslösung x mit xk = x(tk) dieRekursionsformel
xk+1 = xk +1
10·(2xk − k
10
)= 1, 2 · xk − k
100
Dabei handelt es sich um eine nichtautonome lineareRekursion 1. Ordnung, welche der Struktur derDi�erentialgleichung entspricht.
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Beispiel 2
Zur Lotka�Volterra�Gleichung(
x ′ = (1− y) · xy ′ = (x − 1) · y
)kann eine
Näherungslösung(xkyk
)≈(x(tk)y(tk)
)durch die Rekursion
(xk+1
yk+1
)=(xkyk
)+ h ·
((1− yk) · xk(xk − 1) · yk
)berechnet werden.
Weitere Lösungsverfahren
Eine Modi�kation ist das implizite Eulerverfahren:
x(tk+1) = x(tk + h) = x(tk) + h · f (x(tk+1), tk+1).
Runge�Kutta�Verfahren beruhen auf dem Ansatz, fürx(tk + h) eine Taylor�Entwicklung anstelle einer linearenApproximation zu betrachten.
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