Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Das Audi-Technologiemagazin2/2013

    Die Voltschmiede Seite 78

    50 Jahre Lamborghini Seite 166

    Ideale Kombi-Nation Seite 46

    Chinesische Hoch-Zeit Seite 68

    Terra di Motori Seite 18

    Wind gibt Gas Seite 116

    Luft-Note Seite 154

    LED it be Seite 132

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    Das Audi-Technologiemagazin2/2013

    Dialoge Augmented RealityErleben Sie bewegte Bilder mit Ihrem

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    Heute und in den nchsten Jahren geht es in unserer Industrieum nichts Geringeres als die Zukunft der Mobilitt. Sie knnen auch sagen:die Mobilitt der Zukunft.

    Dr. Ulrich Hackenberg

    Dr. Ulrich HackenbergMitglied des Vorstands der AUDI AGTechnische Entwicklung

    iebe Leserinnen und Leser,

    ich begre Sie zur neuen Ausgabe von Dialoge, un-erem Audi-Technologiemagazin. Der Marke Audi und dem Un-ernehmen bin ich seit 28 Jahren verbunden mit zwei krze-en Unterbrechungen. Ich begeistere mich immer wieder fr die

    Kreativitt unserer Ingenieure und Spezialisten, die das Audi-Motto Vorsprung durch Technik in stets neuen Facetten auf

    ie Strae bringen.So war das schon in den Jahren 1985 bis 1998. Die

    Technische Entwicklung als Teil der Audi-Mannschaft und ichhaben damals wegweisende Automobile wie den Audi 80, denAudi A4 und die Modelle Audi A2, A3, A6, A8 und TT so wie zahl-eiche Konzeptstudien und Showcars entwickelt. Von 2002 bis

    2007 brachten wir insgesamt zehn neue Modelle, darunter denHochleistungssportwagen Audi R8 und den Luxusklasse-SUVQ7, an den Start.

    Darber hinaus entstand in dieser Zeit der Modularengsbaukasten (MLB), ein innovatives Plattformkonzept. Heuteetzt Audi den MLB in den Limousinen und SUV-Baureihen sehrrfolgreich ein.

    Ich freue mich, dass ich jetzt als Vorstand fr Tech-nische Entwicklung der AUDI AG mit zustzlicher Verantwortungr die markenbergreifende Entwicklungssteuerung des Volks-

    wagen-Konzerns dazu beitragen kann, unsere Erfolgsgeschichteortzuschreiben. Heute und in den nchsten Jahren geht es innserer Industrie um weit mehr als um das Entwickeln von tech-

    nisch fhrenden Automobilen und Motorrdern, die ein dyna-misches, emotionales und dabei sicheres und komfortables

    ahrerlebnis bieten. Dafr werden wir mit auf regenden Designs,usgefeilter Technik, neuen Effizienzstandards und unseremtreben nach Perfektion sorgen. Darber hinaus geht es um nichts

    Geringeres als die Zukunf t der Mobilitt. Sie knnen auch sagen:ie Mobilitt der Zukunft.

    Gemeinsam mit unseren Tochtergesellschaften Ducati,amborghini und Italdesign Giugiaro werden wir kreative Ant-

    worten auf Fragen geben, die wir al s erfolgskritisch einschtzen.

    Wie handeln wir vor dem Hintergrund knapper wer-dender Ressourcen und der steigenden Sensibilitt fr CO- undVerbrauchswerte? Wie kann ein alternativer Antrieb denken Siean unsere tron-Modelle mit Plug-in-Hybridtechnologie oder auchden effizienten Antrieb mit synthetischem Audi e-Gas nachhal-tig und zugleich sportlich, sparsam und alltagstauglich sein?

    Wie nutzen wir unsere Kompetenz beim Leichtbau?Wie unsere Erfahrungswerte aus drei Jahrzehnten quattro-An-trieb und zwei Jahrzehnten sportlicher RS- Modelle? Wie bringenwir quattro in die nchste Generation?

    Wie stellen wir sicher, dass wir die Wnsche unsererKunden auf den internationalen Mrkten optimal erfllen? Waslernen wir zum Beispiel aus 25 Jahren Prsenz in China, unseremgrten Einzelmarkt? Und wie knnen wir dazu beitragen, prak-tikable Verkehrslsungen fr die Ballungsrume der Welt zuschaffen in Asien, in den USA, in Lateinameri ka?

    Mit dem bislang grten Investitionsprogramm un-serer Firmengeschichte in Hhe von elf Milliarden Euro bis 2015und unseren aktuell mehr als 70.000 hoch qualifizierten Mit-arbeitern setzen wir alles daran, die Nummer 1 unter den Pre-miummarken zu werden. In anderen Worten: Wir zeigen Kund en,Partnern und Stakeholdern, was Vorsprung durch Technik heuteund in Zukunft heit.

    Einen Einblick in diese Themen erffnet Ihnen dieses Magazin.Ich wnsche Ihnen viel Spa beim Lesen.

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    DialogeTechnologie 3 Dialoge Technologie

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    Mindset.18Terra di MotoriCabrio-Reise zu Ducati und Lamborghini

    40Captain FutureDr. Ulrich Hackenberg ein Portrt

    46Ideale Kombi-NationZu Besuch im Audi R&D CenterAsia in Peking56Kurze RedaktionszeitInterview mit Wu Zheng, Herausgeber vonauto motor und sportin China

    58Auf der Meter-Ebene

    Neue Mobilittskonzepte fr Pendler Audi Urban Future Initiative

    Skills.68Chinesische Hoch-ZeitBeim Audi China Road Test aufden Kunlun-Pass

    78Die VoltschmiedeDie Zukunft der Mobilitt beginnt Audi A3 Sportback e-tron

    90MagazinTechnologie-News aus aller Welt94Dritte DimensionKomfort ist kein Oberklasse-Privileg die Audi A3-Modelle

    104Gestatten: Nicolaus Otto.Angenehm: Rudolf Diesel.Zwei Technikwelten bei Audi

    114Boden-WelleZukunftsvision kabelloses Laden

    116Wind gibt GasDie Audi e-gas-Anlage in Werlte

    122Allround-TalentHightech und Design am Rad fnf Beispiele von Audi

    132LED it beDie Zukunft des Lichts Matrix LED-Scheinwerfer

    136Bahn-VorstellungWettkampf Lufer Julian Reusvs. Audi S5 Cabriolet

    Passion.142Keep toolDie wichtigsten Werkzeugeim Audi Design

    154Luft-NoteAerodynamik am Le-Mans-SiegerAudi R18 e-tron quattro

    16650 Jahre LamborghiniDie Sportwagenmarke mit demStier feiert Jubilum

    178GlossarErluterungen zu Begriffen aus dem Heft

    180Impressum

    Inhalt46

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    390Volt Spannung besitzt die Batterie des

    neuen Audi A3 Sportback e-tron bei voller Ladung.

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    Mit voller PowerHohe Fahrfreude und beeindruckende Effizienz,

    innovative Technologie und uneingeschrnkter Nutzwert:Mit dem neuen A3 Sportback e-tron

    macht Audi die Elektromobilitt alltagstauglich.

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    4.788Audi China Road Test

    Drei Monate und 20.000 Kilometer durch Hitze und Klte,Wste und Eis, Staub, Stau und Hhe. Bei der

    Straenerprobung in China wird keinem etwas geschenkt,weder den Autos noch ihren Fahrern.

    Meter ber dem Meeresspiegel: Der Kunlun-Passist der hchste Punkt im

    weltweiten Erprobungsprogramm von Audi.

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    Hightech mit HochglanzSportliche Rder sind nicht nur begehrte Designobjekte,

    sie stecken auch voller innovativer Technologie.

    4,4Kilogramm Gewicht spart jedes einzelne

    der neuen Aluminium Technologierder gegenbereinem vergleichbaren Schmiederad.

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    3:22,746Spiel der Krfte

    Trotz diverser Restriktionen durch das Reglementwaren die Audi R 18 e-tron quattro

    2013 in Le Mans wieder deutlich schneller als imVorjahr vor allem dank der

    konsequent perfektionierten Aerodynamik.

    Minuten war die beste Rundenzeit des Audi R 18 e-tron quattroin Le Mans 2013.

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    Zeit der LegendenFerruccio Lamborghini legte damit den Grundstein fr eine

    berragende Serie automobiler Legenden.Nach 50 Jahren ist Automobili Lamborghini besser und

    erfolgreicher denn je. Der Super-SUV Uruswird die Palette der Marke in ein paar Jahren ergnzen.

    1963grndete Ferruccio Lamborghini seine Sportwagenmarke

    in SantAgata Bolognese.

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    Mind

    set.

    Mindset

    EsistderMutzurInnovation,derAudiandieSpitze

    gebrachthat.DasUnternehmenwilldenV

    orsprungweiterausbauen,

    mitimmerneuenIdeenundeinerklarenG

    rundhaltung.

    18Terra di MotoriCabrio-Reise zu Ducati

    nd Lamborghini

    40Wo andere aufhren Dr. Ulrich Hackenberg ein Portrt

    46Ideale Kombi-Nation

    Zu Besuch im Audi R&D Center Asia inPeking

    58Auf der Meter-Ebene

    Neue Mobilittskonzepte fr Pendler Audi Urban Future Initiative

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    Land der Motoren

    Eine Reise mit ganz besonderem Ziel: Es geht in eineRegion Italiens, die Heimat vieler klangvoller Namen der Automobil- undMotorradgeschichte ist. In der Emilia-Romagna mit ihrer HauptstadtBologna haben auch die schnen Audi-Tchter Ducati und Lamborghinihren Sitz. Ein reizvolles Auto fr die Reise in den italienischen Som-

    mer steht ebenfalls bereit: ein Audi RS 5 Cabriolet.

    Maranello

    Modena

    San Cesario sul Panaro

    Bologna

    SantAgata BologneseTerradi Motori

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    ber die Alpen: Im Audi RS 5 Cabriolet ist dieseFahrt ein besonderer Genuss.

    Italian Style: Ein Wasser, ein starker Kaffee,dann weiter durch die Sonne. Die Terra di Motoriist ein lohnenswertes Reiseziel.

    Mit offenem Verdeck: Die Sonne des Sdensermglicht das volle Cabriolet-Erlebnis.

    Klassisch schn: Das Viersitzer-Cabrio setztstilbewusst auf ein textiles Verdeck.

    Kein Klischee: Am Straenrand tauchen hin undwieder alte landwirtschaftliche Gehfte auf.Diese Region strahlt ansteckende Unaufgeregt-heit aus.

    Bologna: Sitz von Ducati und Hochburg deritalienischen Motorradindustrie.

    Modena:Neben Maserati hat hier auchDe Tomaso seinen Firmensitz.

    Maranello:Ferrari fertigt in der Stadt seineRenn- und Straensportwagen.

    San Cesario sul Panaro: Horacio Paganiverwirklicht hier seit 1993 seinen Traum vomSupersportwagen.

    SantAgata Bolognese: Heimat vonLamborghini, der Marke mit dem Stier.

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    Nicht, dass es eines besonderen Anreizesbedrfte, sich ans Steuer eines Audi RS 5

    Cabriolet zu setzen: Ein Hochdrehzahl-V8 mit 331 kW (450 PS),permanenter quattro-Antrieb, Dynamik, Sicherheit und Komfort,wie man sie von einem Audi erwartet, und nicht zuletzt das Cabrio-

    ach sind dazu angetan, auch einmal ohne Anlass den Startknopfu drcken.

    Doch das blaue RS 5 Cabriolet wartet auf uns mit zweiVerheiungen: Die Reise wird uns ber die Alpen fhren, was in

    inem offenen Auto ja stets ein besonderer Genuss ist. Und dasZiel selbst ist nicht weniger attraktiv als die Route eine spannendeRegion, deren Name Melodie und Verlockung zugleich ist: Es gehtn die Terra di Motori, diesen von der Sonne verwhnten Landstrichwischen Po und Adria, dem Piemont und dem Apennin.

    In den Alpen, die wir auf dem alten Brenner-Pass ber-ueren, hngen die Regenwolken noch dicht zwischen den Ber-en. Die Luft ist feucht, die kurvige Strae auch. Doch dann gewinntie Sonne des Sdens die Oberhand und trocknet das Verdeck in

    Minutenschnelle. Nun macht es sich klein hinter den Rcksitzen,nd wir schnren mit leisem Suseln im Ohr ber die Autostrada

    Richtung Bologna.Weit weg vom groen Turin mit seinem Fiat-Konzern

    ntstand hier schon im frhen 20. Jahrhundert ein kleines, feinesBiotop fr hochkartige Automobile und Motorrder. Die Emilia-Romagna mit ihrer Hauptstadt Bologna zog immer wieder Men-chen an, deren Gedanken um Performance, Technik und Design

    kreisten. Daher nennen die Einwohner dieser nach der Lombardeind dem Aostatal drittwohlhabendsten Region im Norden Italiens

    hre Heimat auch Terra di Motori, Land der Motoren.Maserati etwa wurde bereits 1914 von fnf Brdern in

    Bologna gegrndet und zeigt bis heute seine Verbundenheit mitieser stolzen Stadt durch den Tridente im Marken-Logo obwohlas Unternehmen nach dem Verkauf an die Orsi-Familie bereits

    1940 nach Modena umgesiedelt wurde. Bis auf den heutigen Tagrinnert der Dreizack an den Neptunbrunnen in der Stadtmitte

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    extMichael Harnischfeger

    FotosUwe Fischer

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    von Bologna, wo drei der Maserati-Brder 1947 nach dem endgl-tigen Abschied von der Firma den unternehmerischen Neustartwagten. Bis 1967 bauten sie im Vorort San Lazzaro di Savena unterdem Namen OSCA (Officine Specializzate Costruzioni Automobili)erfolgreich Straen- und Rennautos. Schnelle Sportler hatten esauch dem Industriellen Ilario Bandini angetan. Er konstruierte von1946 an international sehr erfolgreiche Rennwagen; der letzteBandini entstand 1992.

    Bologna war und ist nicht nur d ank Ducati die Hochburgder italienischen Motorradindustrie. Bereits 1930 grndete imnahen San Lazzaro di Savena Antonio Malaguti ein Unterneh-men zum Bau von Motorrdern und Motorrollern. 2011 schloss esseine Pforten. Ebenfalls in Bologna startete 1959 der Motorrad-rennfahrer Leopoldo Tartarini die Produktion von Motorrdernund Scootern der Marke Italjet. Nach dem Krieg, etwa zur selbenZeit wie die Ducati-Brder, begann auch Alfonso Morini in Bolognamit der Produktion von Motorrdern. Zwar verschwand MotoMorini 1991 vom Markt, seit 2004 lebt die Firma j edoch in ande-re Form weiter. hnlich erging es der Edelbike-Schmiede Bimota,die Massimo Tamburini 1973 in der Adria-Stadt Rimini gegrndethatte. Bimota spezialisierte sich darauf, leistungsstarke Motorenvornehmlich japanischer Herkunft in aufwendig gefertigte Gitter-rohrrahmen zu implantieren und diese mit hochwertigen Fahr-werkskomponenten zu versehen. Nach durchstandener Insolvenzim Jahr 2002 lebte Bimota 2005 erneut auf.

    Nicht weit entfernt von Bologna liegt Modena, Heimatgleich mehrerer klangvoller Namen: Bereits 1938 baute VittorioStanguellini, wie sein Vater Francesco erfolgreicher Fiat-Tuner,einen ersten eigenen Rennwagen, dem bis zum Unternehmens-ende 1956 viele erfolgreiche Modelle folgten. Im nahen Maranellobegann Enzo Ferrari 1947 mit dem Bau v on Renn- und Straen-sportwagen, zwlf Jahre spter siedelte sich der ArgentinierAlejandro de Tomaso in Modena an. Aus seiner Tuning-Werkstattfr Rennautos entwickelte sich der Geburtsort von Straensport-wagen, die berwiegend von grovolumigen V8-Motoren ameri-

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    Ruhige Weite: Die Emilia-Romagna rund umModena und Bologna ist flach und grn.Von Ferne gren die Gipfel des Apennin.

    Mittagsrast: In der Terra di Motori laden vielecharmante Restaurants zum Verweilen ein.

    SantAgata Bolognese: Die Stadt ist stolz aufihre berhmte Sportwagenmarke.

    Glserner Palast: Des 2001 erffneteLamborghini-Werksmuseum in SantAgataist grozgig und licht.

    Schnelle Kurve: Das Werksmuseum vonDucati prsentiert die Meilensteine der Unter-nehmensgeschichte.

    Geschlossen oder offen: Der Audi RS 5Cabriolet fhlt sich wohl auf den Straen derTerra di Motori.

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    kanischer Hersteller angetrieben wurden. Ein De Tomaso vereintewenig aufregende, aber grundsolide Groserientechnik aus denUSA mit italienischer Eleganz. Bekanntestes Beispiel: der von Ghiakarossierte De Tomaso Pantera.

    2004, nach zuletzt wirtschaftlich sehr schwierigenJahren, ging De Tomaso Modena S.p.A. in die Insolvenz und erholtesich nicht mehr. Noch spektakulrer als d ie De-Tomaso-Modellegeriet Anfang der 1990er-Jahre der Cizeta Moroder V16T, den derIngenieur Claudio Zampoli und der Komponist Giorgio Moroder inModena bauten. Ein mchtiger 16-Zylinder-Mittelmotor mit 540 PSmachte das flache Coup zum schnellsten Auto seiner Zeit. 40Exemplare sollten jhrlich entstehen, doch diese Zahl wurde biszum Bankrott 1995 nicht im Ansatz erreicht. Heute fertigt Zampoliin den USA das Cizeta Coup oder den Cizeta Roadster auf Anfrage.

    Ebenfalls im Groraum Modena, im kleinen San Cesariosul Panaro, machte sich der Argentinier Horacio Pagani 1993 daran,seinen Lebenstraum vom eigenen Supersportwagen zu verwirkli-chen. Sein erstes Modell, den Pagani Zonda C12, prsentierte er1999. Das aktuelle Modell heit Huayra. In Campogalliano wiede-rum siedelte sich 1989 die Bugatti Automobili SpA an und prsen-tierte bereits ein Jahr spter einen Supersportwagen mit demNamen EB 110. Das ehrgeizige Projekt wurde Mitte der 1990er-

    Jahre Opfer der angespannten Weltwirtschaft: Dem Vernehmennach wurden nur 88 Exemplare gefertigt; ein geplanter Viersitzer,dessen Design von Italdesign Giugiaro stammt, kam ber dasConcept-Car-Stadium nicht hinaus.

    Groe technische Geniestreiche, Geistesblitze auf derSuche nach der perfekten Form all das gab und gibt es in derEmilia-Romagna, dieser vor allem im warmen Abendlicht verzau-bert und verzaubernd wirkenden Region mit ihren weiten Feldernund ihrer sehenswerten Architektur.

    Da erscheint es nur selbstverstndlich, dass auchDucati und Lamborghini hier ihre Heimat haben. Das Streben nachbetrendem Fahrspa und perfekter Qualitt, nach Hchstleistungin Technik und Design verbindet die Marke Audi mit ihren schnenitalienischen Tchtern.

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    Freunde italienischer Fahrkultur finden in der Emilia-Romagna vielelohnenswerte Ausflugsziele. Private Sammlungen sowie Firmen-museen geben Einblicke in die Motorrad- und Automobilgeschichtedieser Region, unter deren sanften Feldern ein heies Herz schlgt.Der Tourismusverband Emilia-Romagna listet aktuell folgendeMuseen auf. Manche lassen Besucher nur nach Voranmeldung oderin Gruppen ein, oft ist der Eintritt frei.

    Das Piccolo Museo della Moto, Via S. Giuseppe, 16/A,42061 Guastella widmet sich mit einer Ausstellung motorisierterZweirder der Massenmotorisierung im Italien von Kriegsendebis etwa 1965. Im Museo delle moto e dei ciclomotori DEMM, ViaMazzini 230/a, 40046 Porretta Therme nahe Bologna geht esdarber hinaus auch um sportliche Straen- und Rennmotorrder.Mit einem Bad im Meer verbinden lsst sich wiederum ein Besuchdes Museo Nazionale del Motociclo, Via Casalecchio 58/N, 47924Rimini.Historische Automobile und Motorrder bilden den Schwer-punkt des Museo dellAutomobile Scuderia San Martina, ViaBarbieri 12, 42018 San Martino in Rio. Rund 150 klassische Motor-rder, Traktoren, Motoren und sogar Grammophone erwartenBesucher der Collezione Nello Salsapariglia, Via Lazzaretti 3, PieveRossa, 42011 Bagnolo in Piano. Auf klassische Motorrder kon-zentriert sich die Sammlung Nigelli, Via Giuseppe Venturi 3, 40050Monte San Pietro nahe Bologna. Etwa 300 historische Zweirder,darunter auch sehenswerte Einzelstcke, sind hier ausgestellt.Der italienischen Kultmarke dagegen widmet sich die CollezioneVespa Mauri Pascoli, Via Faentina 175/A, 48124 Ravenna.

    Ferrari-Fans finden gleich drei lohnenswerte Ziele. DasMuseo Ferrari Maranello, Via Dino Ferrari 43, 4105 3 Maranello,liegt direkt neben dem Werk, das Museo Enzo Ferrari, Via PaoloFerrari 85, 41121 Modena, illustriert die Firmengeschichte imGeburtshaus des Firmengrnders. Sehenswert ist auch die privateFerrari- und Abarth-Sammlung von Fabrizio Violati, die MaranelloRosso Collezione, Strada dei Censiti 21, 47891 Falciano.

    Maserati unterhlt kein eigenes Museum. Freunde der Markeknnen jedoch im privat gefhrten Museo Panini, Via Corletto320, Azienda Agricola Hombre, 41126 Cittanova (Modena) 23Meilensteine der Unternehmensgeschichte bewundern.

    Den Focus auf historische Rennwagen und sportliche Stra-enfahrzeuge legt das Museo dellAuto Storica Stanguellini,Via Emilia Est 756, 41100 Modena. Erheblich breiter gefchertist die Auswahl an Exponaten der Collezione Righini, Via Emilia 49,40011 Anzola dellEmilia. Klassische Motorrder, Traktorenund Automobile sind hier ebenso ausgestellt wie Lastkraftwagenund Militrfahrzeuge.

    Ins Werk integriert ist das architektonisch sehr gelungeneMuseo Ducati, Via Cavalieri Ducati 3, 40132 Borgo Panigale(Bologna).Alle Meilensteine der Unternehmensgeschichte vomersten Moped der 1940er-Jahre ber die erfolgreichen Rennmotor-rder bis zu den aktuellen Superbikes sind hier vertreten.

    Vom ersten Serienauto, dem 350 GT, ber Rennwagen undPrototypen bis zu in Serie gebauten Meilensteinen der Firmen-geschichte reicht das Spektrum des Museo Lamborghini, ViaModena 12, 40019 SantAgata Bolognese.Nach Anmeldung sindauch Werksfhrungen mglich. Mehr auf den Unternehmens-grnder Ferruccio konzentriert sich wiederum das Centro MusealeFerruccio Lamborghini, Strada Statale 342, 44040 Dosso(Ferrara).

    Weitere Informationen:www.emiliaromagnaturismo.it

    Ziele in der Terra di Motori

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    Das Ducati-Werk im umtriebigen Bolo-gneser Stadtteil Borgo Panigale ist nicht

    u bersehen. Entlang der Strae zieht sich eine lange weieGebudewand, die mit Jahreszahlen und rot lack ierten Motor-dern oft in spektakulrer Schrglage verziert ist: Erinnerungn die Heldentaten im Motorradrennsport, wo Ducati ein Platz

    unter den erfolgreichsten Marken aller Zeiten sicher ist. Hier hatdie Firma ihren Sitz seit 1935, ihre Geschichte begann jedochchon Mitte der 1920er-Jahre im Stadtzentrum. Dort war es dem

    19 Jahre alten Physikstudenten Adriano Ducati gelungen, eineFunkverbindung ins ferne Amerika herzustellen. Er und seineBrder hatten den unternehmerischen Instinkt, dies zu einer Ge-chftsidee zu entwickeln.

    Sie begannen mit der Produktion von Kondensato-en fr Funkgerte, und gleich zur Markteinfhrung kam ein Gro-uftrag ber 3.000 Exemplare aus Buenos Aires. Viele andere

    Produkte kamen hinzu, die Zahl der Mitarbeiter wuchs, und knappehn Jahre spter kauften die Ducati-Brder das 120.000 Qua-

    dratmeter groe Grundstck an der Via Emilia, die heute nach demVater der Brder, Cavalieri Ducati, benannt ist.

    Abseits der Montagehallen, in denen in Manufaktur-rbeit die Motorrder der aktuellen Baureihen Diavel, Hypermotard,

    Hyperstrada, Monster, Multistrada, Streetfighter und Superbikemontiert werden, warten zwei Ikonen der jngeren Geschichte aufuns. Sie reprsentieren all das, was 1946 mit dem Bau des erstenDucati-Mopeds begann. Damals verlegte sich die zum Gropro-duzenten fr Elektronikbauteile und Kameras gewachsene Firma

    uf den Bau motorisierter Zweirder. Und das erste steht nun voruns: das noch heute hochverehrte Fahrrad Cucciolo (Hundewelpe)mit seinem 48-Kubikzentimeter-Hilfsmotor.

    Und dann die legendre Ducati 916. Seit 1994 her-gestellt, revolutionierte sie weltweit die Art und Weise, wie manportliche Motorrder baut. Das schlanke Superbike verfgt nicht

    nur ber den fr Ducati seit den 1970er-Jahren charakteristischenGitterrohrrahmen, der geringes Gewicht mit enormer Biege- undDehnsteifigkeit verbindet. Ihr Lenkkopfrohr war eines der ersten,die eine Justierung der Gabel-Geometrie ohne Vernderung desRadstands erlaubten eine wichtige Stellschraube fr das optimale

    Set-up. Auf den Automobilbau bertragen, entspricht das einemfr jedermann kuflichen Sportwagen, dessen Fahrwerksgeome-trie in vielen Parametern den persnlichen Vorlieben oder den Erfor-dernissen der Strecke angepasst werden kann.

    Sofort wieder begeistert sind wir vom spektakulrenDesign der 83 kW (112 PS) starken und 207 Kilogramm schweren916. Es versetzte Fans wie Medien seinerzeit in helle Aufregung.Die Materialauswahl, die Oberflchenqualitt und der Umstand,dass jedes noch so kleine Detail nicht eitler Selbstzweck war, son-dern einen funktionalen Hintergrund hatte, machte die Ducati 916zum neuen Mastab. Die erstmals unter die Sitzbank verlegtenAuspuffendrohre etwa dienten nicht nur der leistungsfrderndenGestaltung des Abgastraktes, sondern optimierten in Verbindung

    mit der Einarmschwinge auch die Aerodynamik.Massimo Tamburini, einst Kopf der Edelschmiede Bimotain Rimini, hatte in den sechs Jahren, die er der Entwicklung der 916widmete, einen Traum auf die leichten Rder gestellt, der die Kern-werte der Marke bewahrte und sie technologisch ins 21. Jahrhun-dert tragen sollte.

    Natrlich auch in Bezug auf die Motorisierung. Schondie kleine 125-Kubikzentimeter-Ducati, die Gianni Degli Antoni1956 beim Groen Preis von Schweden zum Klassensieg trug, ver-fgte ber jenen desmodromischen Ventiltrieb*, der bis heuteMarkenzeichen von Ducati ist.

    Das Geheimnis dieser von Fabio Taglioni fr Ducati ent-wickelten Ventilsteuerung ist der vollstndige Verzicht auf Federnzum Schlieen der Ein- und Auslassventile. Die Desmodromik imZylinderkopf schliet die Ventile durch einen zustzlichen Schlie-nocken auf der Nockenwelle genau so exakt, wie sie geffnet wer-den. Diese Technologie erlaubt eine hochprzise, sichere Ventil-steuerung auch bei hohen Drehzahlen, zugleich steigert sie dieMotorleistung und verbessert die Abgasqualitt.

    Kurze Wege: Direkt unter dem Tank mischensich Luft und Benzin zu jenem Gemisch, das aus nur1,2 Liter Hubraum 143 kW (195 PS) ermglicht.

    Alles echt: Was nach Carbon aussieht, ist wirk-lich Kohlefaser. So auch der filigrane Schutz berdem verstellbaren Federbein.

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    Ducati Motor Holding S.p.A.Faszination im Zeichen des V

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    * siehe Glossar, S. 178 179

    Fhrte die 916 (und ihre Nachfolgemodelle 996, 998,999, 1098 und 1198) den sportlichen Motorradbau jahrelang an,so bernahm diese Rolle 2011 die Panigale-Baureihe mit ihrem2013 prsentierten Spitzenmodell 1199 Panigale R. In dem fralle Serien-Ducati reprsentativen, lngs montierten L-Twin Motormit 90-Grad-Zylinderwinkel sorgen leichte Titan-Pleuel und eineerleichterte Schwungscheibe fr ein nochmals feinervigeres, spon-taneres Hochdrehen. Darf der Zweizylinder freudig und bissig zu-gleich bis zur Drehzahlgrenze von 12.000 1/min hochjubeln, wan-delt sich sein dumpfer Sound zu zornigem Hmmern, whrend er143 kW (195 PS) aus nur 1,2 Litern Hubraum holt.

    Wir knnen uns kaum sattsehen an diesem beeindru-ckend gestalteten Motorrad. Der Einsatz von Leichtbaumaterialienwie Carbon und die Integration mehrerer Funktionen in nur einBauteil drcken das Gewicht der Panigale R auf 165 Kilogramm;mit geflltem Tank und allen anderen Betriebsstoffen bringt dasSuperbike lediglich 189 Kilogramm auf die Waage. Sein Leis-tungsgewicht liegt also jenseits dessen, was selbst Supersport-wagen ihren Besitzern bieten. Unser Audi RS 5 Cabriolet, das drau-en neben den vielen Ducati-Bikes von Mitarbeitern parkt, mssteber den Daumen gepeilt rund 2.000 PS unter der Haube haben,um ein vergleichbares Leistungsgewicht aufzuweisen.

    Wie schon 1994 die 916, ist auch die Panigale kein evo-lutionres, sondern ein revolutionres Motorrad ein Muster-beispiel fr die Integration von Funktionen. Der heimliche Star istein neues, von der Ducati-Rennabteilung Corse entwickeltes Rah-menlayout, bei dem vom klassischen Gitterrohrrahmen nicht mehrviel brig ist. Der eigentlich Rahmen besteht nur noch aus einemkleinen Aluminium-Monocoque, das ber dem Motor und direktunter dem Tank gelegen zugleich als ideal im Fahrtwind positio-nierte Airbox dient. So findet hier schnellstens zusammen, waszusammengehrt: Luft und Benzin.

    ABS, regelbare Antriebsschlupf- und Motorbrems-kontrolle, elektrisch einstellbare Dmpfer und mehrere Motor-charakteristiken sind in drei voreingestellten Fahr-Modi gebndelt.

    Jeder Fahrer kann so die fr ihn optimale Konfiguration whlen.Vom Racetrack auf die Strae kein hohler Markting-

    spruch, sondern seit Jahrzehnten in Bologna Borgo Panigale ge-lebte Realitt. Kein Wunder, dass die Ducati-Ingenieure so gernmit ihren Kollegen aus Ingolstadt und Neckarsulm fachsimpeln.Die Leidenschaft fr Technologie und Qualitt verbindet eben.

    Perfektion bis ins Detail: Der filigrane Lenkungs-dmpfer liegt parallel zur Gabelbrcke, dasDigital-Display ist trotz vieler Informationen ber-sichtlich.

    Rot muss sein: Ducati-Motorrder gibt es wieden RS 5 in vielen Farben. Hauptsache bleibt aberRot, wie in dem weltweit verehrten Wappen.

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    Ducati-Generaldirektor Claudio Domenicali ber das Wesen seiner Marke und die Rolledes italienischen Motorradproduzenten im Audi-Konzern.

    Ihr Top-Modell 1199 Panigale R leistet ber 195 PS bei gerade mal165 Kilogramm Trockengewicht. Ist das noch steigerungsfhig?Domenicali: Die 1199 Panigale R ist in vielerlei Hinsicht die Spitze der Ent-

    wicklung. Der nchstleichtere Wettbewerber wiegt zehn Kilogramm mehr, das ist eineWelt. Doch die Innovation kennt keine Pause, wir arbeiten weiter an unseren Kernwertenwie Stil, Technologie und Performance. Und Performance hngt in erster Linie am Gewicht.Auch bei den Assistenzsystemen werden wir nachlegen.

    Ducati ist die erfolgreichste Marke der MotoGP. Was bringt Ihr Renn-Engagement fr die Serie?Domenicali: Immens viel. Zum Beispiel debtierte der Rahmen der 1199

    Panigale R 2009 in unserem Race-Bike GP9. Der Einlasstrakt unserer Vierventiler wurdeebenfalls fr den Rennsport entwickelt. Oder die Traktionskontrolle: Wir brachten sie 2008als erster Hersteller in die Serie. Die Software entsprach der unserer Rennmotorrder.

    Die desmodromische Ventilsteuerung ist eine der technischenBesonderheiten bei Ducati. Warum leisten Sie sich diesen Aufwand?Domenicali: Wenn es um die letzten Prozent Leistung geht, bleiben nur die

    pneumatische Ventilsteuerung oder eben die Desmodromik. Die Desmodromik hat dazuauch Verbrauchs- und Emissionsvorteile bei Teillast.

    Wie wichtig ist bei der Entwicklung eines Motorrades die Simulation?Domenicali: Sehr wichtig. Bei der Validierung, der Erprobung und bei der Ent-

    wicklung von prdiktiven Modellen ist der Austausch mit den Audi-Kollegen sehr hilfreich.Wir kratzen da aber erst an der Oberflche.

    Wie kann die Audi-Gruppe von Ducati profitieren?Domenicali: Wir beherrschen beispielsweise groe Zylinderbohrungen. Bei

    der 1199 Panigale R sind es 112 Millimeter, bei Autos sind 85, maximal 100 Millimeterblich. Das fit zu machen fr hohe Drehzahlen im Rennsport drehen wir bis 17.000 1/min ist schon eine Kunst. Wir verfgen also ber viel Wissen auf dem Gebiet der Reibungs-minimierung und der Materialauswahl. Auch unsere Leichtbau-Expertise kann hilfreichsein.

    Knnen Sie als Mitglied der Audi-Gruppe knftig schneller und effizienterentwickeln?

    Domenicali: Mit Sicherheit. Das ist aber nicht unser Hauptziel. Wir wolleneinfach Motorrder entwickeln, die noch freudvoller zu fahren sind. Wir bauen ja nichtbloe Transportmittel, wir bauen Lustobjekte. Eine Ducati wird immer ein sthetischerund technologischer Genuss sein. Sie zu fahren, soll so viel Spa und Sicherheit wie mg-lich bringen. Und, ganz wichtig: Die universelle Einsetzbarkeit unserer Bikes wird nochbesser werden. Auch das Cruisen muss Spa bringen.

    Wir bauenLustobjekte!

    Neu im Amt: Claudio Domenicaliist seit April Vorstandsvorsitzenderder Ducati Motor Holding S.p.A.Der Maschinenbau-Ingenieur arbeitetseit 21 Jahren im Unternehmen.

    Form follows function: Die Auspuff-rohre der 1199 Panigale R endenvor dem Hinterrad, das von einer Ein-armschwinge gefhrt wird Leicht-bau mit aerodynamischem Nutzen.

    Es werde Licht: Die 1199 Panigale Rverfgt ber Doppelscheinwerferin Voll-LED-Technologie.

    Schner Leichtbau: Leuchtdiodenkommen auch in den Rckleuch-ten zum Einsatz, die mit der Heckver-kleidung zu Luftkanlen geformtsind.

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    Ducati gehrt seit Juli 2012 zumAudi-Konzern. Das italienische Un-ternehmen ist ein weltweit aner-kannter Hersteller von Sportmotor-rdern mit fortschrittlicher Tech-nologie, funktional-emotionalemDesign und bestechender Pro-duktqualitt. Technisches Alleinstel-lungsmerkmal von Ducati ist derZweizylinder-Twin-Motor in L-Formmit einem desmodromischen Ventil-trieb. Er schliet die Ventile nichtmittels Federn, sondern durch eineMechanik. Aktuell umfasst dasDucati-Programm sechs Baureihen vom Naked Bike bis zum vollver-kleideten Superbike der Panigale-Serie. 2012 produzierte Ducati mitknapp 1.200 Mitarbeitern 44.102Motorrder (16 Prozent mehr als2011). Seit den 1950er-Jahren enga-giert sich Ducati aktiv im Motorrad-rennsport. 2011 feierte das Unter-nehmen in der Superbike-WM beider Ducati in 21 Jahren 17 Herstel-

    ler- und 14 Fahrertitel gewann den300. Sieg der Firmengeschichte.

    Offiziell begann diese Ge-schichte 1926. Damals grndeten dieBrder Adriano, Bruno und MarcelloCavalieri Ducati in Bologna dieSociet Scientifica Radio BrevettiDucati. Die Firma stellte Funkkonden-satoren, spter dann auch Funk-antennen, Gegensprechanlagen,Alarmanlagen, Radiogerte, Rasier-apparate sowie Kameras und Film-projektoren her.

    1946 verlegten sich dieBrder auf den Bau von Zweirdern.Ihr erstes Produkt war ein Fahr-radhilfsmotor; bald darauf beganndie Fertigung von Leichtkraftrdern.1948 verkauften die Ducati-Br-der ihr Unternehmen an eine staat-liche Holding. Von 1954 an entwi-ckelte der Ingenieur Fabio Taglionidaraus den Hersteller leichter Sport-motorrder. 1985 wurde Ducati indie italienische Cagiva-Gruppe einge-gliedert, nach zwei weiteren Besit-zerwechseln erwarb im Sommer2012 die AUDI AG die Ducati MotorHolding S.p.A. Am Firmensitz inBologna beschftigt Ducati inklu-sive der Rennabteilung Ducati Corseheute etwa 1.100 Mitarbeiter,weitere 75 arbeiten in einem Mon-

    tagewerk in Thailand.

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    Ducati 916Hersteller: DucatiMotor Holding S.p.A.

    Produktionszeitraum: 1994bis1998

    Klasse: Superbike

    Motordaten: Flssigkeitsgekhlter

    Zweizylinder-Viertakt-90-V-Motor

    Vier VentileproZylinder,elektronischeEinspritzungHubraum: 916cm

    Leistung:83kW(112PS) bei8.5001/min

    Drehmoment:92Nm bei6.9001/min

    Getriebe: Sechsgang

    Antrieb: Kette

    Bremsen: zweiScheiben vorn / eineScheibehinten

    Radstand: 1.410mm

    Sitzhhe:790mm

    Leergewicht:201kg

    Hchstgeschwindigkeit:255km/h

    Beschleunigung 0 100 km/h: > 3s

    Ducati 1199 Panigale RHersteller:DucatiMotor Holding S.p.A.

    Produktionszeitraum:seit2013

    Klasse:SuperbikeMotordaten:Flssigkeitsgekhlter

    Zweizylinder-Viertakt-90-V-Motor

    Vier VentileproZylinder,elektronischeEinspritzung,geregelter Katalysator

    Hubraum: 1199cm

    Leistung:143kW(195PS)bei10.7501/min

    Drehmoment:135Nm bei9.0001/min

    Getriebe:Sechsgang

    Antrieb: Kette

    Bremsen: zweiScheiben vorn / eineScheibehinten,ABS

    Radstand:1.437mm

    Sitzhhe:825mm

    Leergewicht:165kg

    Hchstgeschwindigkeit:> 270km/hBeschleunigung 0 100 km/h: < 3s

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    Was ist eigentlich das I Maggi? Ein Res-taurant mit einigen Gstezimmern? Oder

    ein kleines Hotel mit groem Restaurant, in das wegen der legen-dren Pizzen sogar Gste aus Verona, Modena oder Bologna nachSantAgata Bolognese kommen? Wie auch immer. Von hier austarten wir in den zweiten Tag unseres Giro dItalia, begleitetom markanten Motorengerusch vorbeifahrender Lamborghini.

    Denn das I Maggi liegt direkt am Rande jener Strecke, auf der dieLamborghini-Testfahrer jedes neue Automobil der Marke mit demStier einem Funktionstest unterziehen.

    Das Werk, das Ferruccio Lamborghini 1963 fr seinneues Unternehmen Automobili Ferruccio Lamborghini S.p.A. aufeine grne Wiese zwischen Bologna und Modena setzte, liegt ganzn der Nhe. Das Audi RS 5 Cabriolet bringt uns ber zwei wie

    mit dem Lineal gezogene Straen in nur zwei Minuten dorthin.Lieen es die Jungs von Lamborghini hier frher vermutlich heftigkrachen, rollen die Testfahrer von heute eher piano von der Ampel

    weg und geben den Motoren erst nach dem Ortsende etwas Leine.Sie knnen sich im strker reglementierten Italien unserer Tagehrer Immunitt gegen Strafzettel nicht ganz sicher sein, falls es

    die jemals haben sollte.Teile des alten Werkes mit dem geschwungenen Schrift-

    ug auf dem Flachdach stehen noch. Aus einst 50.000 Quadrat-metern Grund sind aber mittlerweile 200.000 geworden. Einigeneue Gebudekomplexe sind hinzugekommen, eine Photovol-aikanlage auf den Dchern liefert Strom. Lamborghini wurde als

    erstes italienisches Automobilunternehmen fr sein Umwelt-management und seine Energieeffizienz ausgezeichnet, schon2015 soll die Fertigung CO-neutral laufen.

    Hinter dem Werk: noch immer weite Felder, auf denenFerruccio Lamborghini, der Zeitzeugen zufolge charmant-zupa-kende, mit beiden Beinen auf dem Boden stehende und nur gele-

    gentlich hemdsrmelig-dominant agierende Bauernsohn, sichero manchen der von ihm gefertigten Traktoren bei der Arbeit sah.

    Sie brachten ihm Wohlstand und ermglichten es dem Selfmade-Millionr, weitere Unternehmen zu grnden. Das Leben war gut

    u ihm, was er anfasste, entwickelte sich prchtig und ermglich-e ihm die Anschaffung exklusiver Spielzeuge von Maserati und

    Ferrari. Doch dann will Ferruccio Lamborghini es besser machen,tellt ein Team von Ingenieuren zusammen, errichtet das Werk in

    SantAgata Bolognese und dpiert Ferrari 1963 mit dem Ur-Lamborghini 350 GT.

    Mit diesem eleganten V12-Frontmotor-Gran-Turismohat der eigentliche Grund unseres Besuches nur wenig gemein. Unserwartet der Veneno, ein in nur vier Exemplaren gebautes Extrem

    drei gehen zum Preis von je drei Millionen Euro plus Steuer anKunden, das vierte ans Lamborghini-Museum) ein Bruder im

    Traditionsbewusst: Der geschwungeneSchriftzug wirkt am kantigen Veneno etwas fremd,doch ihn trug schon der 350 GT von 1963.

    Racing-Atmosphre:Das gelbe Zentraldisplayknnte aus einem Sport-Prototypen stammen. Aufder Mittelkonsole liegen vor Fehlbedienunggeschtzte Kippschalter.

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    Automobili Lamborghini S.p.A.50 Jahre im Zeichen des Stiers

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    nur der lupenreiner Rennsport-Prototypen, sie bietet auch derenaerodynamische Effizienz. So wurde der wie die gesamte Karos-serie aus kohlenstofffaserverstrktem Kunststoff gefertigteBug auf o ptimale Durchstrmung ausgelegt und funktioniert wieein Flgel. Die tiefen Kanle zwischen Kotflgeln und Karosserie,auch sie bislang zu Hause in der Welt der Sport-Prototypen, dienenebenfalls der Aerodynamik. Sie leiten die Luft stabilisierend um dieKarosserie herum und verbessern zugleich den Temperaturhaushaltdes Motors und den der gewaltigen Bremsen.

    berflssig zu erwhnen, dass auch der Unterbodenaerodynamische Funktion besitzt. Er verhindert durch seine glatt-flchige Ausfhrung Verwirbelungen und geht in einen Diffusorber, der die vier Endrohre der Abgasanlage einrahmt. Sie erlaubtdem Veneno ein geruschvolles Ausatmen. Das maximal funktio-nale Cockpit prgen von Lamborghini entwickelte Leichtbaumate-rialien wie Forged Composite* oder die gewebte Kohlefaser CarbonSkin ebenso wie das groe gelbe Zentraldisplay.

    Das Monocoque aus kohlenstofffaserverstrktem Kunst-stoff nutzt ebenso wie die Aluminium-Hilfsrahmen vorn und hin-ten die beim Aventador demonstrierte Expertise im Einsatz struk-turfester Leichtbaumaterialien. Die Sicherheitsausstattung mitESP und Airbags tut ein briges, dass der Veneno den Zulassungs-vorschriften aller relevanten Mrkte entspricht und nicht nur a ufabgesperrten Rennpisten seine Stimmer erheben darf. Auch die

    Exterieur-Teile aus Carbon erfllen alle Sicherheitsvorschriften. Frviele von ihnen wurden eigens Formen gebaut, was angesichts dersehr limitierten Produktionszahl verdeutlicht, wie konsequent dieEntwickler den Veneno durchkomponierten. Die Tren etwa hnelnzwar auf den ersten Blick denen des Aventador, tragen aber Rich-tung Heck einen neue diagonale Linie. Allein dieses kleine Design-element, das Betrachtern vielleicht erst nach der zehnten Umrun-dung dieser Fahrmaschine auffllt, veranschaulicht die Kompro-misslosigkeit, mit der die Entwickler aerodynamische Effizienz undmarkentypisches Design miteinander verzahnten.

    Gemeinsam mit der auf 552 kW (750 PS) gesteigertenLeistung des 6,5 Liter groen V12 ermglicht das 2,8 Sekun-den von Null auf 100 km/h und eine Hchstgeschwindigkeit von355 km/h. Fahrleistungen, die eines Lamborghini wrdig sind. DieEntwicklung des Veneno von den ersten Computerskizzen bis zurFertigstellung der hier gezeigten Numero Uno im Prototypenbaudauerte lediglich sechs Monate. Auch das passt perfekt zum Spiritder Marke und zum schnen Claim anlsslich des 50. Firmen jubi-lums: 100 Jahre Innovation in der Hlfte der Zeit.

    Geiste des Murcilago, des Diablo, des Countach und vor allem desMiura. 1966 hatte der die ra straenzugelassener Supersport-wagen mit Mittelmotor begrndet und erscheint heute alsBlaupause fr alle folgenden Lamborghini. Flach, breit, zweisitzig,mittelmotorig, immer ein wenig strker als die Konkurrenz, coolgestaltet mit einer Art technisch begrndeter Eleganz, nicht freivon vogelwilder Dramatik.

    Der Veneno erschien zum 50. Grndungstag jenerFirma, die Ferruccio Lamborghini bereits 1973 verkauft hatte,als er Geld und Zeit fr seine anderen Unternehmungen brauchte.Es folgten mehrere Eigentmer, darunter Mitte der 1990er-Jahreauch indonesische Investoren. Doch diese Kapitel sind lngstGeschichte. Seit Audi sich bei Lamborghini engagiert, geht alleseinen soliden Gang, die Zahlen sind prchtig, die Stimmung in derBelegschaft auch.

    Zurck zum Veneno, dem Solitr zwischen all den

    Gallardo und Aventador, die auf ihren Abtransport warten oderleise brummelnd durchs Werk fahren. Dass er auf dem seit 2011schon mehr als 2.000 Mal gebauten Aventador LP 700-4 basiert,ist vielleicht am ehesten an der charakteristischen Form seinerWindschutzscheibe zu erkennen. Gekrnt von einer mchtigenFinne und einem in drei Stufen verstellbaren Heckflgel, erscheintder berwiegend grau lackierte Veneno mit den schwarz schim-mernden Partien der sichtbaren Kohlefaserstruktur und diesenwahrlich sndigen Streifen in Rot wie ein Lebewesen aus derTiefsee. Als ob man nichts ahnend in einer blauen Lagune schnor-chelte und kurz einen Abstecher in diese Bucht machte, von der dieEinheimischen ungern reden. Und da erscheint pltzlich dieses Ding? formatfllend in Deiner Taucherbrille. Erster und einzigerGedanke jetzt, wo ohnehin alles egal ist: Du httest schon noch einwenig intensiver leben sollen

    Diese Wirkung im Auftritt ist keine Show. Form followsfunction, die Form folgt der Funktion, hie es bei der Entwicklung,deren Ergebnis auch die Vorstnde zu partiell nicht druckreifenAusrufen animiert haben soll. Die Form des Veneno hnelt nicht

    Jubilumsgeschenk: Der Veneno zelebriert dasFirmenjubilum mit dramatischen Formen im Stileines Rennsport-Prototypen.

    Ab ins Grne: Inmitten von Wiesen undFeldern baute Ferruccio Lamborghini 1963 seinAutomobilwerk auf. Auch heute noch ist dasUnternehmen idyllisch gelegen.

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    * siehe Glossar, S. 178 17933 DialogeTechnologie32 DialogeTechnologie

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    Maurizio Reggiani, Direktor Forschung und Entwicklung, ber die DNA von Lamborghiniund den spektakulren Veneno.

    Der Veneno besitzt Straenzulassung, ist aber so kompromisslos undextrem wie ein reinrassiges Rennauto. Muss ein Lamborghini so sein?Reggiani:Der Veneno ist ja kein Serienauto. Er wird nur dreimal gebaut, fr

    drei besondere Kunden, den Prototypen behalten wir selbst. Zum Firmenjubilumdurften wir etwas machen, was es so noch nicht gab. Als der Vorstand dann die erstenSkizzen sah, hie es schnell: Das ist der perfekte Tribut zu unserem 50. Geburtstag.

    Aber der Veneno ist doch mehr als nur Show.Reggiani: Designer und Aerodynamiker haben hier das Beste geschaffen, was

    mit Straenzulassung mglich ist: ein Supercar, an dem jede Linie, jedes Detail eine Funk-tion hat. Schauen Sie sich die Trennung von Kotflgeln und Karosserie an, das gibt es sons tnirgends. Das ist nicht nur Design, sondern Funktion. Diese Kanle optimieren die Aero-dynamik und gleichzeitig die Motorkhlung.

    Sein Zwlfzylinder bekam zustzliche PS, nun sind es 750.Mit der Turboaufladung wre leicht mehr drin gewesen.Reggiani:Wenn es Gesetze irgendwann mal fordern, werden wir auch Turbo-

    motoren bauen. Doch bis dahin steht Lamborghini fr Saugmotoren. Das ist die Knigs-disziplin der Ingenieure.

    Der Veneno ist weitgehend aus kohlefaserverstrkten Kunststoffen (CFK*)gebaut. Da ist Lamborghini Vorreiter. Auch bei d en Serienfahrzeugen?Reggiani: Alles, was wir prsentieren, hat Potenzial fr die Serie. Fr den

    Aventador bauten wir das erste Monocoque aus Kohlefaser. Beim Sesto Elemento habenwir das Monocoque in Forged Composite dargestellt, einem CFK-Werkstoff, der schnellerund wirtschaftlicher einsetzbar ist als das klassische CFK. Den knnen wir nun auchin Serienautos bringen. Am Veneno-Armaturenbrett haben wir nun erstmals CarbonSkin eingefhrt, ein innovatives CFK-Material, das so edel und weich ist wie Leder oderAlcantara. Wir machen nichts, ohne einen Serieneinsatz zu prfen.

    Knnen die Mitglieder der Audi-Gruppe d ieses Know-how nutzen?Reggiani:Natrlich. Wir reden viel miteinander, und alle legen ihr Wissen offen

    auf den Tisch. Wir informieren etwa ber Leichtbaumaterialien und extreme Projekte. Viceversa knnen wir die Elektronikkompetenz oder die Expertise in Sachen Systemintegrationvon Audi nutzen. Jeder wird besser durch die Arbeit der anderen.

    Aber Lamborghini bleibt die extreme Marke, die leistungsmig daanfngt, wo die meisten anderen aufhren?Reggiani:Extreme Linienfhrungen und innovative Konzepte sind Teil unserer

    DNA. Denken Sie an Miura, Countach, LM 002, Estoque. Ein Lamborghini ist extrem undcool. Der Veneno kann nur ein Lamborghini sein. Zu keiner anderen Marke wrde diesesAuto passen.

    Extremundcool.

    Feintuning: Der Anstellwinkel desmchtigen Heckflgels lsst sichin drei Positionen dem Streckenpro-fil anpassen.

    Schnheit der Technik: Der glatt-flchig ausgefhrte Unterboden luftin einem Diffusor aus, dessen Formrot abgesetzte Kanten betonen.

    Aerodynamik und Design: Diesezwei Punkte prgten den Entste-hungsprozess des Veneno, sagt Chef-entwickler Maurizio Reggiani.

    Wirkungsvolle Details: Das Designder Bugpartie trgt aerodynami-schen Erfordernissen Rechnung.Krftiges Rot setzt kleine, wirkungs-volle Akzente.

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    Mit Automobili Lamborghini S.p.A.gehrt einer der bekanntestenSportwagenhersteller der Welt zumAudi-Konzern. Das Unternehmenin SantAgata Bolognese naheBologna und Modena konnte seineProduktivitt in den letzten Jah-ren kontinuierlich steigern. 2012wurden 2.083 Fahrzeuge an Kundenausgeliefert (2011 waren es noch1.602). Aktuell stellen rund 1.000Mitarbeiter in manufakturhnli-chen Prozessen die Modelle Gallardound Aventador her. Beide Fahr-zeuge sind als Coup und als Roads-ter erhltlich und verfgen berpermanenten Vierradantrieb. Vor kur-zem kndigte Rupert Stadler, Vor-standsvorsitzender der AUDI AG, dieEntwicklung des Luxus-SUV Urusals dritte Baureihe an. Traditionellstellt Lamborghini limitierte Kleinst-serien her, zuletzt den Venenozum 50. Firmenjubilum.

    Lamborghini-Automobile

    sind untrennbar verbunden mit demFirmengrnder Ferruccio Lambor-ghini. Der 1916 geborene Sohn einerBauernfamilie machte sich nachseinem Ingenieursstudium 1946selbstndig und produzierte zunchstTraktoren. In den spten 1960er-

    Jahren zhlte Lamborghini TrattoriS.p.A. mit einer Produktion von mehrals 400 Fahrzeugen pro Tag zu dengrten Landmaschinenherstel-lern Italiens. Zuvor, 1960, hatte Lam-borghini bereits eine zweite Firmazur Fertigung von Heiz- und Klima-gerten sowie, 1963, AutomobiliLamborghini s.a.s. gegrndet.

    Bereits mit dem ersten Serien-fahrzeug, dem 350 GT, und beson-ders mit dem Miura 1966 setzte Lam-borghini neue Standards im Bauvon Supersportwagen. 1972/1973zog sich der Firmengrnder aus demAutomobilgeschft zurck. Nachmehrfachen Eigentmerwech-seln bernahm die AUDI AG das Un-ternehmen.

    ber Lamborghini

    * siehe Glossar, S. 178 17939 Dialoge Technologie

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    Lamborghini VenenoHersteller: AutomobiliLamborghiniS.p.A.

    Produktionszeitraum:2013

    Klasse:SupersportwagenMotordaten:Flssigkeitsgekhlter

    Zwlfzylinder-Viertakt-60-V-Motor

    Vier VentileproZylinder,elektronischeEinspritzung,geregelter Katalysator

    Hubraum: 6489cm

    Leistung:552kW(750PS) bei8.4001/min

    Drehmoment:690Nm bei5.5001/min

    Getriebe: 7-Gang ISR

    Antrieb: Allrad,permanent

    Bremsen: Carbon-Keramik-Bremsscheiben rundum,ABS,ESP

    Radstand: 2.700mm

    Lnge /Breite /Hhe: 5.020/2.075/1.172mm

    Leergewicht:1450kg

    Hchstgeschwindigkeit:355km/hBeschleunigung 0 100 km/h:2,8s

    Neupreis (Euro): 3.000.000plusSteuer (ausverkauft)

  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Seit fast drei Jahrzehnten arbeitet Dr. Ulrich Hackenberg nun fr denVolkswagen-Konzern. Jetzt ist er als Entwicklungsvorstand

    wieder zu Audi zurckgekehrt: In seine Heimat, wie er sagt. Sein Kurs ist klar:den Vorsprung durch Technik weiter ausbauen.

    FotosUlrike Myrzik

    TextVolker Koerdt

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  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Der Mann, der sich nie in den Vordergrunddrngt, den aber seine auergewhnlichen Fhigkeitenin die vorderste Reihe der Automobilentwickler ge-bracht haben, ist, obwohl privat ein sehr guter Pi anist,kein Mann der groen Tne. Nach dem fast siebenjh-rigen Gastspiel in Wolfsburg freut er sich, wieder inIngolstadt zu sein. Der Golf als Highlight mit dem MQBwar sicherlich mein Masterpiece, aber Audi h eit frmich, wieder nach Hause zu kommen.

    Hackenberg kennt auch den Druck: VieleLeute erwarten hier eine ganze Menge von mir. Dochdas Ensemble der Audi-Entwickler empfing ihn beinahewie einen Popstar. Mit Standing Ovations, als freutensie sich, dass er nun als ihr Dirigent den Ton angibt.Denn bei Audi soll, musikalisch gesprochen, das nchs-te groe Werk entstehen. Es wird an der neuen Partiturdes MLB (Modularen Lngsbaukastens) geschrieben.Und hierzu mssen von Hackenberg und seinem Teamalle Register gezogen werden damit die Autos, diedarauf basieren, ein Hit werden. Vorsprung durch Tech-nik ist nach wie vor der Markenkernwert von Audi, denwir natrlich weiter ausbauen mssen. Audi hat Tech-nologien entwickelt, die das rechtfertigen.

    Hackenberg fhrt weltweit fast 8.000 Ent-wickler, die absolute Spitzentechnologien entwerfen.Er ist nicht nur ein herausragender Ingenieur, detail-versessen und ein Autonarr nein, er ist auch ein Team-player. Die Leute, die mit ihm arbeiten, mgen ihn, soein Insider aus Wolfsburg. Natrlich brauchst Du eineTop-Mannschaft, besttigt Hackenberg. Man mussauf die richtigen Mitarbeiter setzen, beschreibt derIngenieur weiter die Prozesskette. Dabei mssen dieLeute, die mit mir arbeiten, wissen, dass ich tief in dieTechnik gehe, ich hinterfrage viel. Hackenberg gilt alsuneingeschrnkter Perfektionist, stets treibt ihn derWille zur Optimierung. Nicht umsonst versteht er sichso gut mit Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn.Sie sind Brder im Geiste. Obwohl in der Typologie derCharaktere zwei gegenstzliche Pole, ergnzen sie sichhervorragend. Und: Winterkorn und Hackenberg sindsich in zwei Dingen einig: Sie setzen auf Teambildungund pflegen eine positive Fehlerkultur. Ein rechtzeitiggefundener Fehler ist etwas Positives, da er mit der im-mensen Kompetenz des Konzerns schnell gelst wird.

    Bei Fehlern oder falschen Behauptungenspricht Hackenbergs Physiognomie trotz der ruhigenAusstrahlung Bnde. Stellt man die falschen Fragen,erntet man ein mildes Lcheln, stellt man aber Un-richtiges in den Raum, zuckt es energisch um seineMundwinkel.

    Stellvertretend hierfr mag ein Ereignis vorgut zwei Jahren sein. Es war whrend einer Podiums-diskussion des ADAC ber die Zukunft des Automobils.Volkswagen hatte gerade Porsche bernommen und derModerator empfing auf der Bhne die damalige Ent-wicklungschefin von Opel, Rita Forst. Er begrte siemit der Frage: Sie haben eine Kokosnuss auf ihremSchreibtisch, heit es, warum? Weil die als besondersschwer zu knacken gilt, und man sagt mir nach, ichknacke jede Nuss, erwiderte die Ingenieurin. Danachkam Hackenberg auf das Podium und der Moderatorfragte ihn kess: Was machen Sie nun mit Porsche?,wobei Hackenberg ihn mit der Antwort Ich dachte, Siebefragen mich jetzt zu Kokosnssen aus dem Konzeptbrachte. Wieso?, kam es zaudernd zurck. Hackenbergdarauf cool: Weil ich mit einer Inderin verheiratet bin,die auf einer Kokosnussplantage gro geworden ist, undich wei, dass Kokosnsse ganz leicht zu knacken sind.Was wahr ist, muss wahr bleiben, und Fehler haben imVerstndnis des Uli Hackenberg eben keinen Platz.

    Dr. Ulrich Hackenberg wurde am 12. Mai 1950 in Herne(Nordrhein-Westfalen) geboren. Nach Abschluss desMaschinenbaustudiums an der RWTH Aachen war er von1978 bis 1985 am Institut fr Kraftfahrwesen alsAssistent ttig. Er leitete dort unter anderem den For-schungsbereich Fahrzeugdynamik, baute die VorlesungKraftradtechnik auf und promovierte 1985 ber dasStabilittsverhalten des Systems Fahrer-Kraftrad-Strae.

    1985 wechselte Dr. Hackenberg zur AUDI AG, wo er 1989die Leitung der Konzeptdefinition und spter die tech-nische Projektleitung der gesamten Produktpalette ber-nahm.Dies umfasste die Modelle Audi 80, A3, A4, A6,A8, TT und A2 sowie zahlreiche Konzeptstudien undShowcars, die technische Konzeption der Plattformstrate-gie sowie den Aufbau einer Simultaneous-Engineering-Struktur.

    Von 1998 bis 2002 war Dr. Hackenberg fr die Volks-wagen AG ttig. Dort leitete er den Bereich Aufbauent-wicklung und bernahm Ende 1998 zustzlich dieVerantwortung fr die Konzeptentwicklung.

    Zustzlich zu seinen Aufgaben bei Volkswagen wurdeDr. Hackenberg zum Member of the Board fr Entwick-lung bei Rolls Royce Bentley Motor Cars Ltd. ernanntund restrukturierte die Technische Entwicklung des Unter-nehmens. Von Anfang 1999 bis Mitte 2000 konzipierteer die knftigen Bentley-Modelle sowie die Neuanlufedes Bentley Arnage Red Lable, des Rolls-Royce Seraphlong wheel base sowie des Rolls-Royce Corniche.

    Von 2002 bis Januar 2007 war Hackenberg erneut frdie AUDI AG ttig und leitete die Sparte Konzeptentwick-lung, Entwicklung Aufbau, Elektrik/Elektronik. Indieser Zeit entwickelte er auch den Modularen Lngs-baukasten.

    Am 1. Februar 2007 wurde Hackenberg Mitglied desMarkenvorstands Volkswagen fr den GeschftsbereichEntwicklung. Er zeichnete fr den weiteren Ausbauund die komplette Erneuerung der Volkswagen-Produkt-palette sowie die Entwicklung des Modularen Quer-baukastens verantwortlich. Weitere Highlights warendie Entwicklung des ersten serienmigen Ein-Liter-Autos XL1 und der Einstieg der Marke Volkswagen in denMotorsport.

    Seit 2007 bekleidet Hackenberg eine Gastprofessor an derTongji-Universitt in Shanghai und ist Vorsitzender desVorstands des Volkswagen-Tongji Automotive Institute.

    Dr. Ulrich HackenbergBiografie

    Dr. Ulrich Hackenbergkehrte vor wenigen Wochen als VorstandTechnische Entwicklung zu Audi zurck,

    wo er bereits von 1985 bis 1998 und von 2002bis 2007 gearbeitet hatte.

    Volker Koerdtist seit 2002 Chefredakteur der in Kln

    erscheinenden FachzeitschriftAuto Zeitung. 2010 bernahm er darber hinaus

    die Verlagsleitung des Titels.

    Es ist ein wunderschner Juli-Tag in Ingolstadt, einer der hei-

    esten berhaupt, das Thermometer zeigt 38 Grad. DieStraen des bayrischen Stdtchens scheinen leer ge-fegt. Die einen fliehen vor der Hitze, die anderen sindschon im Urlaub. Auch bei Audi haben gerade die Werks-ferien begonnen. Nicht fr Ulrich Hackenberg, denfrisch gekrten Entwicklungsvorstand von Audi, dergleichzeitig noch die gesamte Konzernentwicklung desVolkswagen-Konzerns steuert. Es gibt viel zu tun,schttelt er mir die Hand mit einem freundlichenLcheln, das fr einen Moment ber seine stets konzen-trierten Gesichtszge huscht. Seine Zurckhaltung istbekannt. Die Industriestadt Herne mit ihrem Stein-kohlebergbau mitten im Ruhrpott, wo er 1950 geborenwurde, hat ihm sein typisch westflisches Temperamentin die Wiege gelegt: Hart und grndlich arbeiten, pr-zise und zuverlssig sein.

    Dr. Ulrich Hackenberg

    Vorsprung durch Technik ist nachwie vor der Markenkernwert

    von Audi, den wir natrlich weiterausbauen mssen.

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    Entspannung findet er auf dem Golfplatzoder wenn er am Klavier in Jazz oder Klassik eintaucht,

    abei mal auf den Spuren von C hopin wandelt, mal dieHarmonien von Keith Jarrett verziert oder auch einfachmprovisiert. Natrlich zhlt zu seinen Lei denschaftenuch das Motorrad aber vor allem das Autofahren.Ich fahre gerne schnell lautet sein Credo. Tatschlichibt der 63-Jhrige Gas, dass manchem Hren und

    Sehen vergeht. Allein, nicht des puren SelbstzwecksWillen, sondern um dem Auto auf die Schliche zu kom-men. Du kannst ein Fahrzeug nur optimieren, wenn Dueine Schwchen kennst, und dazu muss man den

    Grenzbereich ausloten. Fahrdynamik war dem Inge-ieur von jeher wichtig. Schon seine P romotion schriebr nach seinem Studium der Fahrzeugtechnik an der Uni

    Aachen zum Thema Stabilittsverhalten des SystemsFahrer-Kraftrad-Strae eine Expertise, die ihm bei

    Ducati sicher dienlich sein kann.Doch Hackenberg begreift auch den Wandel.

    Connectivity, CO-Reduktion, Leichtbau, E-Mobilittheien die Herausforderungen der Zukunft. 2014bringt Audi den A3 e-tron auf den Markt. Solche Plug-n-Hybride* werden fr uns eine groe Rolle spielen.

    Wenn es um uneingeschrnkte Mobilitt geht, kommtman an einem Plug-in derzeit nicht vorbei, er ist mit

    missionsfreiem Fahren in der Stadt und der groenGesamtreichweite fr die Kunden die beste Lsung. DerKunde muss einen Mehrwert haben, sonst wird er einProdukt nicht kaufen. Doch im Volkswagen-Konzernwei man, dass neben der flchendeckenden Elektrifi-ierung, die bis zu dem von Hackenberg bei Volkswagenerantworteten e-up! reicht, die Verbrennungsmotorennftig noch eine entscheidende Rolle spielen werden.

    Deshalb gilt es auch hier, das Sparpotenzial weiter zurschlieen. Wir sind bei den Motoren gut aufgestellt,ie Diesel- und Otto-Motoren werden konsequent wei-erentwickelt, der A3 mit einem Verbrauch von 3,2itern und nur 85 Gramm CO-Aussto wird demnchstuf den Markt kommen. Wir treiben das Downsizing*

    weiter voran, beispielsweise indem wir Dreizylinder alsDiesel und Benziner entwickeln. Eine gewisse Elektri-izierung wird aber immer dabei sein. Gemeint ist da-

    mit Bremsenergierckgewinnung, Start/Stopp-Systemend eine neue Hochvoltelektrik Es werden 48-Volt-

    Bordnetze kommen, um mehr elektrische Leistung zurVerfgung zu stellen, so Hackenberg weiter. Somitassen sich knftig e-Booster einsetzen, also eine hoch-ffiziente Aufladetechnik mittels elektrischer Kom-

    pressoren.Elektrifizierung, Downsizing, Hightech-Auf-

    adung wichtige Begriffe vor dem Hintergrund einercharfen CO-Gesetzgebung. Allen Freunden von Saug-

    motoren verspricht Hackenberg: Ich kann mir gut vor-tellen, dass es fr diese Klientel weiterhin einen hoch-rehenden Sauger geben wird. Doch der Westfale wei,ass die Entwicklung von Sportmotoren heute nur nochinen kleinen Teil der Arbeit einnimmt. Auch wenn espa macht, wie er sagt.

    Wer heute als Premium-Hersteller Erfolgaben will, muss auf der gesamten Klaviatur der tech-ischen Mglichkeiten spielen. Connected World dieanze Welt mit dem Auto vernetzen werden wir ganz

    konsequent bei Audi weiter v orantreiben. Und auchutonomes Fahren beherrscht Audi schon lange, im

    Prinzip seit die elektromechanische Lenkung verbautwird. Demnchst kommt die Remote-Funktion dazu.Hierbei sitzt der Fahrer nicht mehr im Auto, sondernparkt per Fernbedienung ein. Noch hemmen allerdings

    ie rechtlichen Rahmenbedingungen weitere Schrittebeim pilotierten Fahren*.

    Ein weiteres Thema, das bei Audi beheima-tet ist, heit Leichtbau. Ob Kohlefaserfertigung beiLamborghini und fr den Le-Mans-Rennwagen, Misch-bauweise bei Ducati oder im Audi TT oder die Alumi-nium-Space-Frame-Technik wie beim Audi R8 oder demfrisch berarbeiteten A8 der Werkzeugkasten anLeichtbaumglichkeiten ist prall gefllt.

    Gut sortiert ist auch die Liste an Hightech-Lsungen beim Flaggschiff: Der A8 wurde krftig er-neuert, dazu zhlen eine andere Haubengrafik, Grillund neue Stofnger genauso wie effizientere Motorenmit teilweise mehr Leistung sowie die sogenanntenMatrix LED-Scheinwerfer*, eine neue Lichttechnologie.Hier ermglichen 25 einzeln ansteuerbare Hochleis-tungs-LED pro Scheinwerfer, den entgegenkommendenVerkehr dynamisch auszublenden. Das Fahrwerk wurdeneu abgestimmt, um gleichermaen mehr Komfortund Fahrdynamik zu bieten, der Kofferraum bei denBenziner-Varianten fasst jetzt 520 Liter. Auf die neuenLeichtbau-Aluminiumrder, die pro Rad 4,4 Kilo Ge-wicht sparen, ist Hackenberg besonders stolz. Das be-deutet einen groen Vorteil bei den ungefedertenMassen. Seit 1985, als er als junger Ingenieur bei Audibegann, hat sich vieles in der automobilen Welt vern-dert. Das ist nicht mehr zu vergleichen. Die Autoweltist so viel komplexer geworden, da musst Du perma-nent am Ball bleiben und optimieren. Strt es ihn, dasser mit seiner Detailversessenheit den Leuten manchmalauf den Nerv geht? Nein, das interessiert mich ber-haupt nicht. Fr mich zhlt die Praxis, ich muss ber-zeugt werden. Ich setze mich in ein Auto und analysierees durch und durch stimmt die Bedienung, das Pa-ckage? Wenn etwas nicht passt, wird korrigiert. Ichhinterfrage viel, ich steuere ber die Technik. Ein ber-flug ber PowerPoint-Prsentationen stellt mich nichtzufrieden, die Mitarbeiter mssen alles so rberbrin-gen, dass ich es verstehe. Und wenn ich es nicht verstehe,dann gehe ich der Sache auf den Grund. Die ganze Mann-schaft muss ein Auto streng beurteilen, es in jeder Be-ziehung an die Grenzen bringen knnen und anhand vonallerhchsten Mastben entwickeln. Die daraus resul-tierende Kompetenz ist wahrscheinlich unser Geheim-nis. Wir finden jeden Fehler, das ist unsere Strke. Woandere aufhren, fangen wir an.

    Dr. Ulrich Hackenberg

    Wir finden jeden Fehler, das istunsere Strke. Wo andere

    aufhren, fangen wir erst an.

    W12-Motor:Der hochkultivierte Zwlf-zylinder befeuert das Topmodell mit langemRadstand. Er schpft aus 6,3 LiterHubraum 368 kW (500 PS) und ist jetzt mitZylinderabschaltung (COD) ausgestattet.

    Aluminium Technologierad: In einem vlligneuen Verfahren gefertigt, wiegen die 20 Zoll-Rder pro Stck nur 13,6 Kilogramm.Gegenber konventionellen Schmiederdernsparen sie je 4,4 Kilogramm ein.

    Dekoreinlagen:Gebrstetes Aluminium undoffenporiges Eschenmaserholz Authentizitt istder neue Luxus. Fr den neuen A8 habendie Audi-Designer sogar Holzeinlagen mit Silber-oder Goldstaub entwickelt.

    Matrix LED-Scheinwerfer: Der neue A8 setzteinen Meilenstein in der Scheinwerfertechnologie.50 kleine Einzel-LEDs produzieren seinFernlicht, durch Zu- und Abschalten lsst essich hochprzise steuern.

    TechnologienDr. Ulrich Hackenberg:

    Wir haben den A8 grndlich erneuert,unter anderem im Bereich der

    Motorhaube, des Grills, der Stofnger undder Scheinwerfer. Und wir haben ihm

    effizientere Motoren mit mehr Leistunggegeben.

    * siehe Glossar, S. 178 17944 Dialoge Technologie

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    KreativeGegend:DasneueGebudevonAudiChinaistumgebenvonKunstgalerien

    undModefirmen.IndemKomplexsindauchdieInge

    nieurbrosundeinTeilder

    WerkstttenundLaborsdesneuenEntwicklungszentrumsfrAsienuntergebracht.

    Ideale

    Kombi-Na ion

    Audi R&D Center Asia in PekingGelebte Globalisierung: Im neuen Entwicklungszentrum inder chinesischen Hauptstadt arbeiten Kollegen aus 15Nationen. Sie schlagen die Brcke von der zweiten Heimatder Marke Audi zu ihrer ersten.

    46 DialogeTechnologie 47 DialogeTechnologie

  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Sie bearbeiten nichtnur ihre konkreten Pro-ekte, testen und leisten

    klassische Ingenieurs-arbeit, sondern sindmmer auch Mittler zwi-

    schen fernen Lndernund vllig unterschied-ichen Kulturen.

    Die Lage im Pekinger Bezirk Chaoyang knnte besser nicht sein.751 D-Park nennt sich das Areal, und das D steht fr Design. Also

    zhlen Modefirmen, Grafiker oder Webdesigner zu den Nachbarn des neuen Gebudesvon Audi China. An der nchsten Querstrae beginnt der 798 Art District, inzwischenweltweit bekannt als eine wichtige Location fr Knstler, Kreative und Galerien. Und eineweitere Besonderheit besitzt der D-Park: Die Reste der historischen Industrieanlagen aufdem Gelnde wurden nicht wie blich plattgemacht, sondern konserviert und in die neuenGebude integriert eine in China seltene Verbindung zwischen jngerer Vergangenheitund Zukunft.

    Eine solches Umfeld ist fr Automobilingenieure ungewohnt, denn blicher-weise arbeiten sie streng abgeschirmt in doppelt umzunten Arealen. Fr die Mitarbeiterim neuen Audi-Entwicklungszentrum fr Asien ist diese kreative Umgebung aber wichtig.Denn sie sind nicht nur Techniker, sondern zugleich auch Trendscouts. Sie bearbeiten nichtnur ihre konkreten Projekte, testen und leisten klassische Ingenieursarbeit, sondern sindimmer auch Mittler zwischen fernen Lndern und vllig unterschiedlichen Kulturen. Siebauen eine Brcke zwischen der enorm groen und weiter schnell wachsenden Zahl anAudi-Kunden in China, Japan oder Korea und dem Herz der Marke, das weit westlich inDeutschland schlgt. Damit ist das Anfang 2013 erffnete Research & Development CenterAsia in Peking ein wichtiger Meilenstein fr die Internationalisierung der Marke Audi.

    2012 hat Audi erstmals mehr als 400.000 Autos an Kunden in China ausge-liefert, sagt Lorenz Fhrlinger, der Leiter des neuen Entwicklungszentrums. Damit istdieses Land der weltweit wichtigste Absatzmarkt fr Audi und lngst auch zum zweitenHeimatmarkt geworden. Bereits seit den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhundertssammelt Audi Erfahrungen in China und hat diese offensichtlich gut umgesetzt, wie dieklare Spitzenposition im Premium-Automobilmarkt zeigt.

    Audi hat aber auch eine groe Verantwortung hier, betont Fhrlinger. Derchinesische Kunde will begeistert werden, und er will sich verstanden fhlen. Der wei-tere Erfolg in Asien auch in einem deutlich verschrften Wettbewerb ist fr die welt-weite Entwicklung der Marke entscheidend, auch fr die Mitarbeiter in Ingolstadt oderNeckarsulm, in Gyr oder in Brssel.

    China ist ein extrem dynamischer Markt, mit schnellem Wachstum und nochschnellerer Vernderung. Das Land lebt in einem rapiden Wandel. Stets kommen neueKundengruppen hinzu und damit wachsen auch neue Ansprche. Von auen ist diesesTempo kaum zu durchschauen. Deshalb hat Audi entschieden, mit dem Entwick-lungszentrum in Peking noch i ntensiver in dieses Land hineinzuhren. Und die Botschaf-ten in alle Phasen der Entstehung neuer Modelle zu integrieren.

    TextHermann Reil

    FotosManfred Jarisch

    Jingwen Wuist Designerin.

    Intakhab Khanleitet das Infotainment Tech Center.

    Adelaida De Miguel Morenoleitet die Entwicklungsuntersttzungim Bereich Gesamtfahrzeug undHomologation.

    Hoai An Nguyenist fr Projektkoordination in der Elektronikentwicklungverantwortlich.

    Hans Ouyanguntersttzt als technischer Assistentden Leiter des Entwicklungszentrums.

    VergangenheitundZukunft:Im751D-

    ParkimPekingerStadtteilChaoyangwurden

    alteIndustrieanlageninsmoderneAmb

    ienteintegriertnochselteninChina.

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    Es gibt hier eine groeOffenheit fr neueGimmicks und Featuresn allen Technikbe-

    reichen. Damit kannAsien zu einer Vorreiter-region fr Innovatio-nen werden.

    Und was bedeutet das? Wird jeder Audi in Zukunft chinesischer? Oder wird esllig eigene China-Modelle geben? Weder noch, betont Fhrlinger: Jeder Audi ist ein

    Weltprodukt und bleibt ein im Kern deutsches Auto. Schlielich ist German Engineeringiner der hchsten Werte, die wir hier besitzen. Aber es bleibt natrlich Raum fr spezi-ische Anpassungen an die Kundenwnsche in Asien und besonders in China. Mit denangversionen von Audi A6 und A4 fr den Einsatz als Chauffeurlimousine oder als geru-

    miges Familienauto waren wir die ersten auf dem Markt, mit der Adaption unserernfotainmentsysteme sind wir die konsequentesten. Den Vorsprung werden wir ausbauen.

    Die schnelle Markteinfhrung und die lokale Produktion des Audi Q3 in Chinast fr Fhrlinger ein weiteres Beispiel. Der kompakte SUV passt perfekt in ein aktuell

    boomendes Marktsegment und ist vom Start weg ein absoluter Renner. SUV gelten inChina als stylish und werden hufig von Frauen gefahren. Zudem berrascht das oftugendliche Alter der Kunden in den Top-Segmenten. Viele Kufer des Audi S8 sind gerade

    mal knapp 30 Jahre alt. Dabei beginnt die Preisliste fr die sportliche Top-Limousine beimmerhin 1.983.000 RMB, umgerechnet etwa 250.000 Euro. Nun gut, auch der Alters-chnitt aller chinesischen Millionre liegt bei nur 38 Jahren.

    Als weiteren Megatrend sieht Fhrlinger den starken Wunsch, Individuali-t zu zeigen. Zwar sind der Porsche in Pink oder der A4 in leuchtendem Gelb noch die

    Ausnahme, aber die Zeiten des von dunklen Limousinen dominierten gleichmigenStraenbilds sind grndlich vorbei. Fahrspa ist das Thema auch wenn der Begriff oft

    eutlich anders definiert wird als in Europa. Fhrlinger sieht in China auch eine groeBegeisterung fr neue Assistenzsysteme und Servicekonzepte. Es gibt hier eine groeOffenheit fr neue Gimmicks und Features in allen Technikbereichen. Damit kann Asienu einer Vorreiterregion fr Innovationen werden. Das Audi connect Call Center, das Audi-

    Kunden mit vielerlei Dienstleistungen untersttzt, nennt Fhrlinger hier als Beispiel.Das passt auch perfekt zur chinesischen Service-Kultur.

    China kann zudem sehr schnell zu einem weltweiten Treiber der Elektro-mobilitt werden. Zwar ist auch hier die erste Euphorie dem Realismus gewichen, wei

    hrlinger. Doch in China knnen die Spielregeln durch Verordnungen und Restriktionenchnell gendert werden und dann wird Audi vorne mitspielen. Wobei der Plug-in-Hybrid*r Fhrlinger Vorteile bietet, denn auch dem chinesischen Kunden seien Reichweite und

    Autarkie sehr wichtig.

    Chun Fuarbeitet als Ingenieur an der Elektri-fizierung des Antriebs.

    Blanca Xuuntersttzt als Assistentin den Leiterder Elektronikentwicklung.

    Ines Schenzingerist technische Assistentin beim Leiter der Gesamtfahrzeug-entwicklung.

    Helmut Sponerleitet die Fahrwerksentwicklung.

    Friederike Wesnerkoordiniert die Bauprojekte.

    Testwagen:IneinemUntergeschossdesR&DCenterswerdenFahrzeugevorbere

    itet,

    hiereinAudiA1e-tronundeinAudiQ5hybrid.

    * siehe Glossar, S. 178 1790 DialogeTechnologie 51 DialogeTechnologie

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    Und in einem weiteren Punkt ist sich der Leiter des R&D Centers sicher: Wirwerden eine Dekade bekommen, in der die Designtrends sehr stark aus China bestimmtwerden so wie frher aus Europa, den USA oder aus Japan. Designinspiration entstehtmeist dort, wo es Vernderung gibt. Schon jetzt ist Fhrlinger begeistert von den jungenchinesischen Gestaltern, die neben den E uropern im noch bescheidenen Audi Design-Bereich in Peking arbeiten. Sie kommen tei lweise aus Familien, in denen es nicht einmalein Auto gab. Und jetzt erarbeiten sie bereits Konzeptvorschlge, mit denen sie dieKollegen in Ingolstadt ziemlich beeindrucken.

    Insgesamt rund 300 Mitarbeiter zhlt das R&D Center in Peking in der erstenAusbaustufe. Dabei sind alle Bereiche der Technischen Entwicklung, wie es sie in Ingolstadtgibt, auch hier vertreten. Am strksten ausgebaut ist derzeit das Gebiet Elektronik:Wir sind ja auch schon seit 2005 in China, sagt dessen Leiter Gerhard Wagner und lie-fert eine einfache Begrndung: Hier ist alles anders. Andere Normen, ande re Techno-logien, andere Anbieter. Entertainment, Navigation, Kommunikation in und fr Chinamuss alles neu gemacht werden. Und das hat die Audi-Truppe perfektioniert bis hin zurhandschriftlichen Eingabe chinesischer Schr iftzeichen im MMI touch*. Heute entwickelnwir hier eigenstndig die kompletten Sy steme.

    Und die Testeinrichtungen gleich mit dazu: Um etwa die Zeichenerkennung aufdem Touchpad testen zu knnen, brauchte man sehr vi ele Handschriftenproben. Die gabes aber nirgendwo zu kaufen. Also kreierten die Audi-Softwareentwickler zusammen miteiner Kaufhauskette ein kleines Videospiel, bei dem Schriftzeichen abgeschrieben werdensollten. Kleine Preise waren die Belohnung und fr Audi gab es 70.000 Handschriften-proben fr den Systemtest. Seither wissen wir, dass unser MMI touch eine erstaunlichhohe Erkennungsrate hat, sagt Wagner. Und hat ein neue s Spiel in Auftrag gegeben.Diesmal sollen in verschiedensten Regionen und Dialekten Ortsnamen nachgesprochenwerden zur berprfung der Spracherkennung.

    Mingyu Yangist Ingenieur in der Elektronik-entwicklung.

    Weiyan Zoubetreut als Anwltin das ThemaPatentrechte.

    Wouter Ketsist Designer.

    Marco Islikerist Projektingenieur in der Fahrwerkentwicklung.

    Lorenz Fhrlingerleitet das gesamte Entwicklungszentrum in Peking.

    Wir werden eine Dekadebekommen, in der dieDesigntrends sehr starkaus China bestimmt wer-den. Designinspirationentsteht meist dort, woes Vernderung gibt.

    * siehe Glossar, S. 178 1792 DialogeTechnologie 53 DialogeTechnologie

  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Ebenfalls mit einer bereits greren Truppe arbeitet Thomas Urban . Als Leiterer Gesamtfahrzeug-Entwicklung verantwortet er nicht nur den China Road Test, sondernuch das Versuchsprogramm mit alternativen Antrieben. Der Audi A3 e-tron als Plug-in-

    Hybridmodell muss sich im Straendschungel von Peking oder Shanghai ebenso beweisenwie neue Hybridmodelle von Q5 o der A8. Daher sind im Pekinger D-Park neben Ka ros-eriekonstrukteuren oder Fahrwerksentwicklern zum Beispiel auch Aggregate-Ingenieureertreten.

    Allen gemeinsam ist eine weitere, ebenfalls wese ntliche Aufgabe des R&DCenters das planmige Technologie-Scouting. Lngst ist China eine der groenPatentnationen, lngst werden hier viele wissenschaftliche Arbeiten von hoher Relevanzerffentlicht oft zu Themen, die beobachtet und verfolgt werden sollten. Allein jetztind 500.000 Studenten aus China irgendwo auf der Welt in Auslandssemestern unter-

    wegs. Sie kombinieren ihre Kultur mit der Denk- und Sichtweise in anderen Lndern. Dasibt ihnen eine groe Strke, sagt Lorenz Fhrlinger.

    Ein groes Stck Globalisierung ist hier entstanden, im Audi China Buildingahe dem Art District, Menschen aus 15 Nationen arbeiten hier am Erfolg der Vier Ringe.Mit dem Entwicklungszentrum in Peking hat Audi seinen internationalen Fuabdruck

    weiter vergrert, sagt Lorenz Fhrlinger.

    Allein jetzt sind 500.000Studenten aus Chinairgendwo auf der Welt inAuslandssemesternunterwegs.

    Max Spulingist als Ingenieur in der Fahrzeug-sicherheit ttig.

    Henrik Faernstrandbetreut ebenfalls als Ingenieur das Thema Fahrzeugsicherheit.

    Trong-Trung Huynhist als Ingenieur fr die virtuelleAbsicherung verantwortlich.

    Hannes Karrerarbeitet als Ingenieur im Fahrwerkversuch.

    Songnian Chuabegleitet als Analyse-Ingenieur denTestbetrieb.

    V

    irtuelleWelt:AndergroenPowerwallundmitAugmented-Reality-Techniken

    w

    irdanFahrzeugprojektengearbeitet.

    4 DialogeTechnologie 55 DialogeTechnologie

  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Kurze RedaktionszeitWie geht das? Funktioniert die Kommunikation zwischenden Kunden so schnell?

    Klar, der Markt ist noch nicht entwickelt, das Bedrfnisnach Individualitt gewinnt immer mehr die Oberhand. Es gibt sehrviele junge Kunden, vermgende Frauen und Mnner, sie wollensich vor allem unterscheiden. Das befrdert diese rasanten Ver-nderungen.

    Das Gefhl von Luxus wandelt sich also auch?Bisher ging es darum, dass alles mglichst gro und

    teuer aussehen musste, gerade die Autos. Jetzt wird Luxus mehrzum Ausdruck von individueller Persnlichkeit. Zum Beispiel wchstdas Segment der kleineren Fahrzeuge. Junge Leute kaufen ein Autonicht mehr fr die Familie, sondern fr sich selbst. Aber es darfteuer sein. Deshalb mssen Premiummarken auch ein breitesSpektrum von Modellen anbieten und alle denkbaren Nischen be-dienen. Das ist auch eine Schwche einheimischer Marken: Sie sindnicht in der Lage, solch ein breites Sortiment zu liefern.

    Audi bietet in China inzwischen die ersten RS-Modelle an.Verstehen die Kunden diese Art von Hochleistungsfahrzeugen?

    Es sind sicher noch nicht viele, aber das wird schnellwachsen. Man darf da als Hersteller nicht allein auf die Verkaufs-zahlen schauen, solche Autos sind fr das Markenimage und diePositionierung inzwischen extrem wichtig.

    Was ich auf den Straen hier berhaupt nicht sehe, sind moder-ne Kombis wie die Avant-Modelle. Kommt dieser Trend noch?

    Da habe ich meine Zweifel. Freunde von mir, die im Aus-land gelebt haben, fahren einen Kombi, ich hatte selbst auch maleinen. Aber insgesamt haben wir das Thema ja bersprungen. InDeutschland ging der Weg von der Limousine ber den Kombi hinzum SUV. In China fhrt man gleich SUV, der besitzt die Funktiona-litt des Kombi plus besseren Status.

    Was wird sich gendert haben, wenn wir in zwei Jahrenwieder miteinander reden?

    Es wird noch viel mehr Automodelle geben, aber deutlichweniger einheimische Marken. Sicher werden auch neue chinesischeMarken gegrndet. Aber derzeit merkt man, dass es sehr viel ein-facher ist, einen Namen zu erfinden, als ihn zum Erfolg zu bringen.Wenn die Qualitt nicht stimmt, funktioniert es nicht. Der chine-sische Kunde ist einfach sehr anspruchsvoll. In Peking etwa, wo esschwierig ist, eine Zulassung zu bekommen, da sind die einheimi-schen Marken praktisch weg.

    Fehler darf sich ein Hersteller in China nicht mehr erlauben?Tuschung bringt Enttuschung, Fehler und Probleme

    werden von vielen Kunden ffentlich angeprangert. Da sind dieneuen Medien und sozialen Netzwerke in China sehr viel effizienterals in Europa, das kann eine Firma in echte Schwierigkeiten bringen.

    Wann werden wir in China den massiven Einstieg in dieElektromobilitt erleben?

    Das ist eher eine Frage der politischen Entscheidungenals des technischen Fortschritts.

    Sie kennen den chinesischen Autojournalismus ebenso gut wieden deutschen. Gibt es Unterschiede in der Herangehensweise?

    Bei den klassischen Fachjournalisten gibt es keine gro-en Differenzen. Wir haben uns in 13 Jahren eine hohe Kompetenzim Fahrzeugtest erarbeitet, viele meiner Mitarbeiter wurden inDeutschland geschult. Doch vielen jungen Kollegen, gerade in denOnlinemedien, fehlt diese Professionalitt. Sie behaupten, sie bri n-gen neuen Wind in die Szene, aber in Wirklichkeit mangelt es ein-fach an Qualitt. Es gibt sogar einige Autojournalisten ohne Fh-rerschein.

    Herr Wu, wir Europer haben einelange Autotradition, wir sind aufgewach-

    sen mit vielen Erfahrungen zu Produkten und Marken. Chinadagegen ist eine sehr junge Autofahrernation, viele Kunden kau-fen ihr erstes Auto. Wie entstehen hier Markenimages?

    Gar nicht viel anders als in Deutschland und Europa nur eben in dramatisch krzerer Zeit. Sie drfen ni e vergessen: DieZeit der Produktvielfalt begann in China vor gerade mal zehn Jahren.Vorher gab es Santana, Jetta und Citron, und davor die Rote Fahne.Heute dagegen zhlen wir auf dem Markt mehr als 300 Modellevon mehr als 70 Marken, darunter sehr viele kleine chinesischeHersteller. Das ist ein richtiger Dschungel geworden und eineHerausforderung fr die Kunden. Die eigene Erfahrung fehlt natr-lich oft, viele Menschen kaufen ihr erstes Auto. Sie verlassen sichauf die Empfehlung von Freunden, suchen nach Vorbildern. Sieversuchen sich zu informieren und verwechseln dann doch vieleDinge miteinander. Markenimages bleiben da ziemlich diffus.

    Ganz anders sind aber d ie Kunden der Premiummarken.Viele davon sind sehr erfolgreich, ihre Ansprche sind explosions-artig gewachsen an das Produkt, an die Ausstattung, an die Qua-litt, aber auch an den Service. Und hier spielt auch das Image eineentscheidende Rolle.

    Bleiben wir bei den Kunden der Premiummarken. Welche Rollespielen fr sie Technologie und Produkteigenschaften?

    Fr diese Gruppen von Kufern ist das se hr entschei-dend. Die allermeisten Audi-Kunden kaufen nicht ihr erstes Auto,sie haben eigene Erfahrung. Vielleicht knnen sie nicht jedes Fea-ture erklren, aber fr die Kaufentscheidung ist das Gefhl zwingendnotwendig, die neuesten Technologien zu bekommen.

    Welche Bereiche sind da besonders wichtig?Auf der Wunschliste chinesischer Premiumkunden ste-

    hen weiterhin Komfort und Entertainment ganz oben, dann kom-men Motoren und Dynamik. Sicherheit ist inzwischen ein groesThema, Umweltbewusstsein wchst in seiner Bedeutung.

    Ein echtes Boom-Segment sind derzeit die SUV-Modelle.In den vergangenen Jahren hat sich die Markenwahr-

    nehmung gerade von Audi sehr gendert. War ein Audi frher oftein offizielles Auto, ein Dienstwagen, so wird die Marke heute alssehr sportlich wahrgenommen und das hat sich stark durch dieSUV-Modelle entwickelt. Q5 und Q3, auch der Q7, sind sehr erfolg-reich in China und gelten als ausgesprochen dynamisch. Natr-lich sind auch Autos wie der TT, der A3 oder die RS-Modelle wichtigfr diesen Wandel. Ein Image kann sich ganz rapide wandeln inunserem Land, aber entsprechend muss eine Marke auch stndigaufpassen. Audi ist heute eine coole Marke. Viele unserer jungenKollegen im Verlag fahren einen Audi.

    Es gibt eine boomende SUV-Kultur in China, aber es gibtnoch keine richtige Sportwagenkultur?

    Im vergangenen Jahr htte ich Ihnen zugstimmt. Aberjetzt entwickelt sich auch das sehr schnell. Sportwagen und auchgetunte Autos gewinnen gerade in diesen Monaten enorm anBedeutung, zumindest in den wichtigsten Metropolen. Audi ist einVorreiter beim Thema Motorsport, etwa mit dem R8 LMS Cup. Zwarist die Gruppe der Menschen, die von Motorsport wirklich etwasversteht, noch sehr klein, aber auch das verndert sich im Mo mentrapide. Gerade die Vorreiterrolle tut Audi sehr gut, denn wenn mander erste ist, wird man auch als Fhrender wahrgenommen.

    Das heit, einen Produkttrend misst man hier nicht inJahren, sondern in Monaten.

    Das geht wirklich schnell, und es setzt eine enormeFlexibilitt bei den Herstellern voraus. Sie mssen sofort auf solcheAnsprche eingehen.

    TextHermann Reil

    FotoManfred Jarisch

    ErfahrenWu Zheng ist Herausgeber der chinesischen Ausgabe von auto motor und sportund einer der erfahrensten

    Motorjournalisten des Landes. Bei der Leserwahl Best Cars 2013von ams China erhielt Audi zehn Auszeichnungen, mehr als jeder Wettbewerber.

    Die neue IndividualittDer chinesische Journalist Wu Zheng ber die

    Ansprche der Automobilkunden in seinem Land und die rasantenVernderungen des Marktes.

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  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    In die US-Stadt Boston strmen tglich ber 330.000 Pendler.Etwa eine Stunde dauert das Pendeln durchschnittlich

    pro Tag. Doch Arbeitszeiten, Reisewege und Verkehrsmittelndern sich. Wie sieht Pendeln knftig aus? Die Audi Urban Future

    Initiative wagt mit dem City Dossier Boston einen Ausblickins Jahr 2030.

    Auf derMeter-Ebene

    Megalopolis BosWash: In der Region von Bostonbis Washington D.C. leben mehr als53 Millionen Menschen ein perfektes Versuchs-labor fr die Audi Urban Future Initiative.

    en, Brcken, Tunnel: Stdte sindentren der Mobilitt.kann ein Automobilherstellerhnen lernen?

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  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Montagmorgen, 6:30 Uhr, der Wecker von Eric Hweler klingelt.Kurz unter die Dusche, whrend der Kaffee kocht. Aus den Laut-

    sprechern ertnt das Album seiner Lieblingsband. Schon beim Frhstck plant er seinenTag. Auf dem Kchentisch, der als digitaler Bildschirm dient, erscheint der Terminkalen-der: Heute ist Flexibilitt wichtig, er whlt das Auto. Die Straenmaut und den Parkplatzbezahlt er direkt ber den Bildschirm. Normalerweise ist die Strecke mit dem Auto insBro in einer halben Stunde zu schaffen. Doch der Bildschirm zeigt einen Stau auf derStammroute. Die Empfehlung: Heute lieber 20 Minuten mehr Zeit einplanen. Jetzt musses schnell gehen. Whrend Eric Hweler sich seine n Mantel berwirft, fhrt sein Autobereits eigenstndig aus der Garage vor die Haustre. Als er die Fahrertre ffnet, luftdas gleiche Lied, das eben noch in der Kche erklang.

    Auch ohne Eingabe ins Navigationsgert, wei sein Auto genau, wohin die Reisegeht dank der Vernetzung mit dem mobilen Kalender. Fr den Weg in die Stadt whlter den Modus comfort, der in gleichmigem Tempo die grnen Ampelwellen nutzt. ImStop-and-go-Verkehr aktiviert Eric Hweler den Autopiloten und kann in Ruhe in seinenUnterlagen lesen. Da meldet sich erneut das Smartphone: Der Zug seines Arbeitskollegenhat Versptung, er schafft es nicht pnktlich zum ersten Meeting ins Bro. Sofort ndertsich die Route und fhr t zu einem kleinen Caf in der Nhe des Bahnhofs. Statt den Terminzu verschieben, findet er kurzerhand dort statt. Eric Hweler und sein Kollege haben sobeide 20 Minuten gespart.

    Wenig spter und zurck im Auto, verluft der Weg ins Bro ohne Probleme.Durch sekundenaktuelle Verkehrsdaten ist die Streckenfhrung stets auf dem neuestenStand Staus und Baustellen umfhrt das Auto. Als sich Eric Hweler seinem Zielort n-hert, bernimmt die Funktion Smart Parking automatisch die Parkplatzsuche und steu-ert direkt auf einen mobility hub zu, ein groes Mobilittsdrehkreuz. Hier halten Schnell-zge und Busse fr den Fernverkehr. Vor der Tre warten Leihfahrrder und Elektrorollerauf die Autobesitzer, damit sie auch die letzten Meter zum Bro flexibel und schnell zu-rcklegen knnen. Neben Parkflchen bietet der Hub auch Tank- und Elektrosulen frdie Autos sowie ein Fitnessstudio und ein Restaurant auf der Dachterrasse fr die Fahrer.So lassen sich Wartezeiten angenehm verkrzen und unterschiedliche Verkehrsangebotesinnvoll kombinieren.

    Zeitgewinn:Verkehrsanschlsse optimieren,Wartezeiten sinnvoll nutzen das wnschen sich Pendler fr ihren Wegvon A nach B.

    Alles in einem: Die Vision von Hweler + YoonArchitecture sieht einen mobility hub vor,der verschiedene Verkehrsmittel miteinanderverbindet.

    Last mile: Wie legen wir die letzten Meterunseres Weges schnell undflexibel zurck? Die Audi Urban FutureInitiative sucht nach Antworten.

    Lange Wege: Ob zu Fu, mit dem Auto, im Zugoder auf dem Rad Pendler legen tglichgroe Strecken zurck, um von zu Hause zurArbeit zu kommen.

    TextStefanie Kern

    Die Audi Urban Future Initiative bringt zwei Welten zusammen,

    die eigentlich schon lngst zusammengehren: das Auto und die Stadt.

    Routenplanung:Soll ich heute dasAuto nehmen oder den Zug?Am webfhigen Tablet-Tisch wird dieEntscheidung vereinfacht.

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  • 7/27/2019 Dialoge-Technologiemagazin, September 2013

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    Im City Dossier Boston haben sich Hweler + Yoon Architecture (HYA) und Audiintensiv mit der aktuellen Verkehrssituation in Boston beschftigt und die Bedr fnisse frPendler genau analysiert. Ein erstes Ergebnis: Gerade fr kurze Strecken auf dem langenPendlerweg fehlt oft das richtige Verkehrsmittel. Am hufigsten ist davon die sogenann-te last mile, die letzte Meile, betroffen. Kein Fahrrad an der U-Bahn, keine Verbindungzwischen Bus und Zug, das Auto steht weit weg, kein Taxi weit und breit es fehlt alles freine erstklassige Mobilittslsung ganz im Sinne einer Premiummarke wie Audi.

    Erst wenn alle Lcken identifiziert sind, die den Mobilittsfluss ins Stockenbringen, knnen konkrete Lsungen dafr entwickelt werden. Das war fr HYA Anlass genug,genauer hinzusehen. Statt sich nur mit Kundenzielgruppen im Allgemeinen zu beschfti-gen, legen sie konkrete Pendler-Typologien fest, um in deren Mobilittskette die Punktezu identifizieren, an denen Intermodalitt und M obilitt zur Herausforderung werden.

    South Boston ist dafr nach Sicht der Architekten der geeignete Ort: Obwohlder Stadtteil direkt neben dem Finanzviertel liegt und hier die Mietpreise am hchstensind, gibt es nahezu keine ffentlichen Verkehrsmittel. Gleichzeitig wird wertvoller Platzdurch brachliegende Flchen verschenkt. Gemeinsam mit Audi -Experten arbeiten HYA anmglichen Lsungen, um die genannten Lcken in der Mobilittskette zu schlieen, damitsich das