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DKWE Info Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit 2014/3 2014/3 ENTWICKLUNG Was ist das kirchl. Entwicklungskonzept? China - Afrika: Zum Freundschaftspreis? „Gut Leben“ (Vivir Bien) Umbruch Aufbruch

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DKWE InfoDiözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit

2014/32014/3

ENTWICKLUNG Was ist das kirchl. Entwicklungskonzept?

China - Afrika: Zum Freundschaftspreis?

„Gut Leben“ (Vivir Bien)

Umbruch Aufbruch

Liebe Leserinnen und Leser!

„Entwicklung ist nicht einfach gleichbedeutend mit wirtschaft-lichem Wachstum. Wahre Ent-wicklung muss umfassend sein, sie muss jeden Menschen und den ganzen Menschen im Auge haben, …“ schreibt Papst Paul VI. bereits 1967 in seinem Lehrschreiben Populorum Pro-gressio (Über den Fortschritt der Völker) und er nennt Ent-wicklung als den neuen „Name für Friede“. Was hat sich seit dieser Zeit in der Entwicklungs-zusammenarbeit getan? Wie haben wir uns dabei „ent-wickelt“? Was zeichnet die Ent-wicklungszusammenarbeit über-haupt aus und ist sie noch zeit-gemäß? Oder brauchen wir ganz andere Ansätze und Maß-nahmen, um einen Ausgleich zwischen arm und reich zu schaffen, damit letztendlich alle Menschen in Würde, in Gerech-tigkeit und Frieden leben kön-nen?

Im Grundsatzartikel zu dieser Ausgabe schreibt der Ge-schäftsführer der KOO, Heinz Hödl über die Bedeutung und Motivation der kirchlichen Ent-wicklungsarbeit (S. 2 bis 3). Petra Navara beschreibt die chinesische Strategie in Afrika (S. 4). Das Konzept des „Gut Lebens“ (vivir bien) der Anden-völker stellt Josef Estermann dar und zeigt die Konsequen-zen auf, die sich daraus erge-ben (S. 5). Und schließlich prä-sentiert Gerald Faschingeder das Konzept der 6. Entwick-lungstagung, die im November in Salzburg stattfinden wird (S. 6).

Ich hoffe, dass wir mit dieser Themensetzung einige Impulse zu „Entwicklung“, Entwicklungs-zusammenarbeit und -politik geben konnten und wünsche Ihnen/Euch eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Thema.

Markus Roßkopf

DKWE-Geschäftsführer

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Was ist das kirchliche Entwicklungskonzept?

Was ist uns wichtig, was unterscheidet uns?

Kirchliche Entwicklungsarbeit: Gerecht, ganzheitlich und so-lidarisch Vor unseren Augen spielt sich eine globale Tragödie ab: Eine Milliarde Menschen weltweit lei-det an Hunger, obwohl die Erde

den Nahrungsbedarf aller Men-schen decken könnte. Und ob-wohl Menschen sich nach einer Welt sehnen, in der eine gerech-te Verteilung der Güter und Chancen herrscht. Diese Sehn-sucht spricht Jesus an, wenn er diejenigen seligpreist, die hun-gern und dürsten nach Gerech-tigkeit. Entwicklungsarbeit ist zu einem großen Teil interkulturelle Arbeit und diese Dimension hat häufig

mit Religion zu tun. Vielen Men-schen und Gesellschaften ist die Trennung von Sakralem und Sä-kularem fremd. Es braucht eine solide Kenntnis vom sozio-religiösen Kontext, um gute Ent-wicklungsarbeit zu leisten. Un-ser Ziel für Entwicklung ist ein

"Leben in Fülle" für alle Men-schen. Dazu gehören das Frei-sein von jeglicher Unterdrü-ckung, die Erkenntnis und das Wissen um die Würde und die Ziele seines Lebens, die Fähig-keit und Möglichkeit, sein Leben selbst zu gestalten und das Le-ben in der Gemeinschaft mitzu-bestimmen. In manchen Ländern wächst zwar die Wirtschaft, aber gleich-zeitig nimmt die Armut zu. Aber was bedeutet schon Wachstum,

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Mitglieder der „mir-wurscht-Kampagne“ bei Bundespräsident Heinz Fischer, Autor des Artikels Heinz Hödl (2. v. links)

wenn es nicht auch die Ärmsten erreicht und ihr Leben verbes-sert? Unsere Hilfe dagegen er-reicht die Basis und ist für viele überlebensnotwendig.

Ist Entwicklungszusammenar-beit überhaupt noch zeitge-mäß? In ihrem Buch, Dead Aid, be-hauptet Dambisa Moyo, Entwick-lungshilfe sei bürokratisch und die Wurzel aller Probleme. Um dem nachzugehen, habe ich in den letzten Monaten viele Ge-spräche mit Projektpartnern, Bi-schöfen und Leiterinnen von NGOs aus Entwicklungsländern geführt. Eines war immer The-ma: Es gibt zu viel Bürokratie und zu wenig Geld für Projekte. Viele leiden still und stumm da-runter und können sich nicht wehren. Kirchliche Hilfe geht ei-nen anderen Weg: Grundlage ist die Hoffnung auf eine in Verant-wortung vor Gott gestaltete ge-rechtere und friedensfähige Welt. Als Organisationen der nördlichen Hemisphäre besteht unsere Rolle u. a. darin, die Fä-higkeiten unserer Partner zu för-dern und sie mit finanziellen Mit-teln bei ihren vielfältigen Pro-grammen zu unterstützen.

Herausragende Leistungen auf-grund von Größe, Professio-nalität und KNOW-HOW

Kirche hilft unabhängig von Eth-

nie und Religion der Menschen.

Um Armut und Gewalt nachhal-

tig zu überwinden, werden

auch Fehlentwicklungen in Poli-

tik und Wirtschaft angeprangert

und Menschenrechte eingefor-

dert. Die Kath. Kirche Öster-

reichs leistet jährlich 100 Millio-

nen Euro an internationaler Hil-

fe. Dazu braucht es starke

Partner mit Kompetenz, Enga-

gement und Ehrlichkeit. Kir-

chen sind solche, sie haben ei-

ne lange Geschichte in der Ent-

wicklungshilfe, bei der sie eine

große Themenvielfalt wie Land-

wirtschaft, Bildung, Gesundheit

und Mikrokredite abdecken. Sie

sind ideale Partner für den ef-

fektiven Einsatz von Hilfsgel-

dern. Durch jahrzehntelange

Erfahrung in der Entwicklungs-

zusammenarbeit haben viele

kirchliche Partnerorganisatio-

nen enormes Wissen aufgebaut

und viel Erfahrung gesammelt,

was die Wirksamkeit von Pro-

grammen und Projekten erhöht.

Argumente für eine starke und gut verankerte kirchliche Hilfs-werksarbeit Kirchliche Organisationen zeich-nen sich sowohl durch das Aus-maß der abgewickelten Mittel als auch durch besondere Qualitäts-merkmale aus. Durchgeführt werden Projekte mit Partneror-ganisationen, die vor Ort ansäs-sig sind und die Menschen und deren Kultur, Religion und Leben gut kennen.

Sie sind in vielen Partnerlän-dern seit langem verankert, gut in der Gesellschaft verwurzelt und verfügen über sehr gute Zugänge zu Menschen an der Basis. Sie haben einen hohen ethischen Anspruch, verfolgen einen ganzheitlichen Entwick-lungsansatz, der Menschen in allen Dimensionen ihres Da-seins wahrnimmt und sie zu Verantwortliche ihrer eigenen Entwicklung macht. Ihre Pro-jekte erbringen daher einen gesellschaftlichen Mehrwert abseits der engeren Projekter-gebnisse.

Durch das hohe Engagement der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter können kirchliche Organisa-tionen Leistungen im Fundrai-sing, in der Projektbegleitung, in der Verwaltung u.a. kosten-effizient erbringen.

Entwicklungspolitik muss, ge-rade bei zunehmenden globa-len Verflechtungen und Her-ausforderungen, Zusammen-

hänge in den Blick nehmen. Viele kirchliche Organisationen sind zu wichtigen entwick-lungspolitischen AkteurInnen geworden, die mutig ihre Stim-me gegen Krieg, Gewalt, Aus-beutung und Ungerechtigkeit erheben.

Bildungsarbeit und Anwalt-schaft auf Basis konkreter Er-fahrungen aus der Projektzu-sammenarbeit in den Partner-ländern ergeben einen wichti-gen Mehrwert in der entwick-lungspolitischen Inlandsarbeit. Es bedarf gleichzeitig einer Einsicht in komplexe Struktu-ren. Eine der Hauptaufgaben ist es daher, das Bedürfnis nach Überblick zu erfüllen, in-dem eine Verbindung zwi-schen den Alltagserfahrungen der Menschen und weltweiten Ereignissen, Entscheidungen und Machtverhältnissen ge-schaffen wird.

Haben wir als Kirche mit unserer deutlich veränderten Bedeutung in dieser Gesellschaft noch die Kraft, profiliert und qualifiziert un-sere Aufgaben erfüllen zu kön-nen? Wo wird unser Platz in ei-ner sich wandelnden Kirche sein? Das Engagement der Kath. Kirche für die Armen und Entrechteten in der Welt ist einer jener Bereiche des kirchlichen Wirkens, in dem noch für viele Menschen nachvollziehbar die Verkündigung der Frohen Bot-schaft mit dem Handeln in der Praxis übereinstimmt.

Heinz Hödl KOO-Geschäftsführer

Die KOO ist die Koordinierungs-stelle der Österreichischen Bi-schofskonferenz für internationa-le Entwicklung und Mission. Die DKWE ist Mitglied der KOO.

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Durch den dünn besiedelten Nor-den Kenias führt neuerdings eine erstklassige Schnellstraße. Die Benguela-Bahn in Angola glänzt mit neuen Schienen und Wag-gons, deren Farbe noch nicht trocken scheint. In Uganda lau-fen die Vorbereitungen für den Bau des Karuma-Staudamms auf Hochtouren. In fast allen afri-kanischen Ländern werden kolo-niale Infrastruktur instand gesetzt und neue Häfen, Straßen, Däm-me, Kommunikationsnetzwerke, Pipelines und Raffinerien gebaut. Wer bezahlt die Rechnung?

China investiert im ganz großen Stil. Die Export-Import-Bank för-dert die großen staatlichen Un-ternehmen in einem Ausmaß, das europäischen und amerika-nischen Mitbietern keine Chance

bei internationalen Ausschrei-bungen lässt. Die afrikanischen Staatschefs nehmen die Ange-bote Chinas gerne an: billig und prompt; keine leeren Verspre-chungen, umständliche Prozesse und seitenweise Konditionen, mit denen sich europäische Partner schon lange unbeliebt machen. Planen, bieten, bauen und fertig; so arbeitet China.

Afrikanische Länder können sich

Baumaßnahmen leisten wie nie zuvor in ihrer jungen Geschichte. Ihre Wirtschaftsentwicklung braucht die Infrastruktur, die Chi-na möglich macht. Zum Beispiel für den Export afrikanischer Roh-stoffe und Waren nach China. Kein Staat importiert mehr Pro-dukte aus Afrika als China. Be-vorzugt natürlich wertvolle Res-sourcen wie Öl und Erze, aber auch scheinbar weniger attrakti-ve Güter wie Rinderhäute und -hörner und Schwimmblasen von Nilbarschen gelangen zumeist zollfrei an ihren Bestimmungsort. In weit höherem Ausmaß expor-tiert China nach Afrika. Vom Re-genschirm bis zur Malaria-Tablette, vom Flipflop bis zum Traktor, auf afrikanischen Märk-ten dominiert chinesische Ware zu leistbaren Preisen.

Die Händler sind einfache Leute aus allen Provinzen Chinas, die eine Chance in ihrem Leben su-chen. Die Arbeitslosigkeit in ih-rem Land steigt, besonders unter jungen Akademikern. Sie haben Bildung und Mut, Lebenshunger und Träume, und etwas, das sie abhebt von vielen Afrikanern: ho-he Risikobereitschaft und eiser-ne Selbstdisziplin. Mit wenig Geld und noch weniger Sprach-

kenntnissen kommen sie über den Indischen Ozean und versu-chen ihr Glück. Wie einst euro-päische Pioniere in Amerika, Australien und Afrika.

Die Afrikanerinnen kaufen die billige Ware gern, auch wenn die Qualität oft zu wünschen übrig lässt. Die eigenen Industrien bringen keine bessere auf den Markt. Manchmal kommt es zu Konfrontationen, wenn etwa chi-nesische Händler die gleichen Produkte wie die afrikanischen zu niedrigeren Preisen anbieten. Der Staat schreitet nicht ein. Die neoliberale Linie wird auf Gedeih und Verderb gefahren – selbst wenn der Import chinesischer Textilien die Zunft der afrikani-schen Schneider schon ausra-diert hat.

China macht‘s scheinbar wieder gut. Mit Krankenhäusern, Malaria-Stationen, einem Regierungsge-bäude hier und einem Stadion dort wird der Unmut weniger großzügig pariert. Neben knall-hartem Business gibt es immer noch die chinesisch-afrikanische Freundschaft, die gedeiht seit China Afrika in ihrem Kampf um die Befreiung vom kolonialen Joch unterstützt hat.

Wie sich diese Freundschaft-Business-Kombination auswirken wird, ist schwer vorherzusagen. Alles hängt von den afrikani-schen Staatschefs ab: Handeln die weitsichtig und klug, nützen sie Chinas Hilfe zum Aufbau der eigenen Industrie, reglementie-ren sie den Handel, lehnen sie großzügige Geschenke auch ein-mal ab, kann Afrika an Chinas Seite den Anschluss an die Welt finden. Bleiben sie selbstverliebt und auf schnellen Profit fixiert, wird ihnen die Rechnung für ihre Kooperationsbereitschaft wohl tonnenschwer auf den Kopf fal-len.

Petra Navara

http://www.petra-navara.com/

China – Afrika: Zum Freundschaftspreis?

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„Gut leben“ im Sinne der Anden-völker Südamerikas meint zual-lererst im Einklang mit dem kos-mischen, spirituellen, religiösen und natürlichen Gleichgewicht und seinen Ordnungsgesetzen zu leben. Nur wenn das men-schliche Leben mit der Natur, den Urahnen (Geistwelt), dem Göttlichen und den zukünftigen Generationen im Einklang (Gleich-gewicht, Harmonie) ist, gilt es als „gut“ in einem umfassenden Sinne. „Gut leben“ meint schon von Anfang an „zusam-men le-ben“ (Konvivenz), also eine Existenz in einem umfassenden Beziehungsgefüge, in dem der einzelne Mensch einen be-stimmten „Ort“, eine spezifische „Funktion“ einnimmt, aber nie-mals als Subjekt einer objektiven leblosen Natur gegenübersteht.

Das indigene „Gut leben“ der südamerikanischen Anden (wie auch anderer indigener Traditio-nen) steht deshalb in schroffem Gegensatz zu wichtigen Prinzi-pien abendländischen Denkens, wie es sich in der Neuzeit her-ausgebildet und im Zuge von Kolonialisierung, Industrialisie-rung und wirtschaftlicher Globali-sierung zum „einzig gültigen Denken“ entwickelt hat. Zuerst einmal ist die Vorstellung eines in sich und für sich existierenden Individuums, aber auch einer von der Natur völlig losgelösten Menschheit für andines indige-nes Verständnis etwas Absur-des. Die Vereinzelung bedeutet für indigenes Verständnis Tod, Chaos, Unordnung und Verder-ben. Leben ist Beziehung, und ohne Beziehung gibt es kein Le-ben. Deshalb gehört es zur „Ursünde“ der abendländischen Neuzeit, den Menschen ver-meintlich von der Natur und der spirituellen Welt losgekoppelt zu haben. Die Folgen sind Tod in der Gestalt von Klimaverände-rung, Einsamkeit, Depression, Suizid, Suchtverhalten und an-deren „Zivilisationskrankheiten“

der nördlichen Hemisphäre.

Aber kann denn das indigene „Gut leben“ aus Lateinamerika in einem kulturellen und zivilisato-risch völlig anderen Kontext wie dem europäischen überhaupt Eingang finden? Ich denke, dass es uns im Sinne einer „ge-fährlichen Spiegelung“ auf unse-re blinden Flecken aufmerksam machen und dadurch bewegen kann, unsere ei-gene „Verstockt-heit“ näher anzu-schauen. Zudem führt es uns vor Augen, dass ein „unbegrenztes Wachstum“ in ei-ner endlichen Welt ein Ding der Unmöglichkeit ist, und das „bessere Leben“ von Eini-gen unweigerlich auf Kosten Ande-rer geht, also „schlechteres Le-ben“ für Andere nach sich ziehen muss. Es kann kein „Gut leben“ geben, wenn zwei Drittel der Mensch- heit arm sind und die Natur mit Füs-sen getreten, die Lebensadern vie-ler Menschen ab-geschnitten wer-den und die Ver-bindungen zu den spirituellen Dimensionen durch Konsum und Hedonismus hoff-nungslos verstopft sind.

In diesem Sinne hat das indige-ne „gut Leben“ für Menschen im Norden weitgehende Konse-quenzen, vor denen wir lieber die Augen verschließen. Es geht um „Entschleunigung“, um eine neue Art der Genügsamkeit, um die in Verruf geratene Tugend des „Verzichts“, um Wachstums-kritik und um ein umfassendes

globales Bewusstsein, bei dem die Beziehung oder das Ge-meinwohl vor dem abgesonder-ten und als autonom betrachte-ten menschlichen Individuum steht.

Es ist erstaunlich zu sehen, wie ähnlich das amerindianische Ideal des „Gut Lebens“ der bibli-schen Vorstellung des „Reiches Gottes“ ist. Die Metaphern des

Essens, des Festmahls, die Re-de von den „Geburtswehen der Schöpfung“ oder die Harmonie zwischen Mensch und Tier, sie alle sprechen vom „Gut leben“ in einem umfassenden kosmischen Sinne, bei dem nicht das verein-zelte Individuum, sondern die weltumspannende („ökumenische“) solidarische Tischgemeinschaft im Mittelpunkt steht.

Josef Estermann

RomeroHaus Luzern

„Gut Leben“ (Vivir Bien) als Einklang und Konvivenz

Ein Yatiri aus Bolivien bei einem Ritual

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Seite 6 ENTWICKLUNG

umbruch aufbruch

Neuerfindung oder Ende der Entwicklungspolitik?

Die Welt der Entwicklung ist nicht mehr, wie sie war. Die Eu-ropäische Union hat an global-politischem Gewicht verloren, China, Indien und Brasilien stei-gen weiter auf. Entwicklungslän-der verbitten sich Ratschläge und die BRICS-Staaten

1 gewin-

nen in multilateralen Organisatio-nen an Einfluss. All dies bringt Veränderungen für Entwick-lungspolitik und Entwicklungszu-sammenarbeit (EZA) mit sich. So ist die Frage zu stellen, was in diesen Zeiten des Umbruchs denn das Ziel von Entwicklung ist und welchen Beitrag EZA und Entwicklungspolitik heute noch leisten können.

Einer der Orte der De-batte über die Frage nach der Zukunft der Entwicklungszusamenar-beit war das "Vierte Hochrangige Forum zur Wirksamkeit der Entwick-lungszusammenarbeit", das Ende November 2011 im südkoreani-schen Busan tagte und eine Serie von internatio-nalen Konferenzen zur Reorganisation und Re-orientierung der EZA ab-schloss. Die dort gefass-ten Beschlüsse können

als Wendepunkt in der internatio-nalen Entwicklungspolitik gewer-tet werden: "Nämlich als Verzicht auf die Ar-mutsbekämpfung als dem in den MDGs [Millenniums-Zielen; Anm. d. Red.] verankerten und alle Einzelmaßnahmen überwölben-den Entwicklungsziel. Stattdes-sen gelten nun – und das war wirklich neu und dem gewachse-nen Einfluss der erfolgreichen Schwellenländer, den Aufstei-gern in der Weltgesellschaft, ge-schuldet – Wachstum und Entfal-tung des Privatsektors nicht mehr als Mittel der Überwindung von Armut ('pro poor growth'), sondern vielmehr als Sinn und

Inhalt von Entwicklung."2 Das

bringt auch globalpolitische Ver-änderungen mit sich, wie Nu-scheler weiter schreibt: "Die He-gemonie der OECD-Welt ist nicht nur in der Weltpolitik und Welt-wirtschaft, sondern auch in der Globalen Zusammenarbeit im Wanken." Eine veränderte Geographie der Entwicklungspolitik

Keine Frage: Die Krise der alten Zentren ermöglichte den bisheri-gen Schwellenländern, einen größeren Platz in den internatio-nalen Beziehungen einzuneh-men. Die BRICS-Staaten brau-chen weniger oder keine EZA und werden selbst zu großen EZA-Gebern, wie etwa China [siehe S. 4] in Afrika. Die interna-tionale Entwicklungszusammen-arbeit befindet sich in einer tiefen Krise. Nicht nur gehen die von den OECD-Staaten zur Verfü-gung gestellten Mittel zurück, auch fehlt es der EZA in der Be-völkerung an Rückhalt. Ange-sichts des Scheiterns der MDGs werden nun alternative Ansätze interessanter. All dies wird The-ma auf der 6. österreichischen Entwicklungsthema sein.

Gerald Faschingeder Paulo Freire Zentrum

1 Zu den sog. BRICS-Staaten zählen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. 2 Nuscheler, Franz, "Ende der ODA": Und was kommt dann? In: ÖFSE (Hg.): Die Zukunft der Österreichischen Entwicklungspolitik. Wien: Südwind-Verlag (=Österreichische Entwicklungspolitik; 2012, S. 24)

Programmpunkte bei der Entwicklungstagung in Salzburg:

1. Welt im Umbruch: Weltwirtschaftskrise, globale Migration, Klimakrise und neue soziale Kämpfe fordern heraus. Welche Umbrüche werden die globalen Verhältnisse grundlegend verändern?

2. Entwicklung im Umbruch: Welche Agenden werden in der Entwicklungspolitik heute debattiert? Was bestimmt die Struktur der Entwicklungsarbeit und die Rolle der verschiedenen AkteurInnen darin? Wer hat Macht oder Ohnmacht?

3. Entwicklung im Aufbruch: Wie kann und soll eine neue Form der globalen Verantwortung wahrge-nommen werden? Kann es zukunftsweisende Strategien gemeinsamen Handelns im Interesse al-ler und ein vernetztes Denken in globalen Zusammenhängen geben?

Referenten und Referentinnen:

Susanne Scholl - Wolfram Schaffer - Samia El-Botmeh - Christa Wichterich - Brian Ashley - Jens

Martens - Pablo Solon - Diane Elson - Samantha Hargreaves - Kabarett von Georg Bauernfeind -

Politische Songs von Christoph Watz

Aktuelles Seite 7

Unter diesem Motto und unter diesem Namen wurde 1985 un-sere Selbstbesteuerungsgruppe gegründet. Damals gingen Bil-der von verhungernden Men-schen aus der Sahelzone um die Welt. Wir, eine kleine Grup-pe von Frauen und Männer fühl-ten uns angesprochen, wollten aber nicht nur Soforthilfe geben, sondern nachhaltige Unterstüt-zung für Menschen in schwach entwickelten Ländern. Seit 1991 arbeiten wir mit der Partner-NGO FIDE (Friends in develop-ment) in Babati, Tansania zu-sammen. Das Ziel ist Armutsbe-kämpfung und Verbesserung der Lebenssituation von Men-schen, in einer überschaubaren Region. So unterstützten wir seitdem 550 junge Menschen – Waisen, Halbwaisen oder Ju-gendliche aus besonders armen Familien. Indem das Schulgeld für eine weiterbildende Schule, Internatskosten etc. bezahlt wur-de, konnten sie einen Beruf er-lernen oder studieren. Bildung ermöglichen ist ein wichtiges Anliegen unseres Vereines. Bil-dung und Ausbildung sind auch der Schlüssel für die nachhaltige Entwicklung eines Landes.

Im Laufe der Jahre wurden in Dörfern Klassenzimmer, Schul-küchen, Wasserleitungen, Re-genwassertanks, kleine Kran-

kenstationen errichtet, ein Auto finanziert, kleine Gewerbebetrie-be und viele Kleinbauern unter-stützt. Viele Bauern konnten ei-ne Kuh, einen Stier oder Ziegen bekommen. Neue Kaffeepflan-zen, Bienenstöcke, Baumschu-len, die für Aufforstungspro-gramme notwendig sind, wurden bezahlt. Bauern und v.a. auch Bäuerinnen lernen in Schulun-gen über Fruchtfolge, Mischkul-tur, Biopestizide, vitaminreiche Gemüsesorten. Bei regelmäßi-gen Besuchen von Gruppenmit-gliedern begegneten wir vielen Familien und konnten uns über-zeugen wie „die Saat aufgeht“.

Unser Verein hat 15 Familien als Mitglieder, unsere Arbeit wird jedoch von vielen Menschen aus Straßwalchen und darüber hin-aus, unterstützt. Durch Mithilfe beim alljährlichen Pfarrfest zu Erntedank und beim Bücherfloh-markt, durch Spenden, Beiträge des Entwicklungspol. Beirates des Landes Salzburg und der Gemeinde Straßwalchen kann jedes Jahr eine ansehnliche Summe weitergegeben werden.

Wir sind überzeugt, dass wir durch Teilen helfen und ein klei-nes bisschen die Welt verändern können.

Anna Weinberger, Vereinsobfrau

weitere Info unter www.hdt.or.at

Straßwalchen

VORGESTELLT

Mein Name ist Stefan Maier und ich bin schon seit frühester Ju-gend in besonderer Weise mit dem Nahen Osten verbunden, da ich als Kind ein Jahr im Iran und drei Jahre in der Türkei ge-lebt habe. Während meiner Schulzeit im eb. PG Borromäum initiierte ich – zunächst privat im Rahmen meiner Klasse und spä-ter als Jugendrotkreuz-Schul-sprecher – ein Hilfsprojekt zu-gunsten eines Waisenhauses der Barmherzigen Schwestern im Libanon. Dieses Heim wurde damals von der österr. Missions-schwester Kathrin Fuchs gelei-tet. Nach einem ersten persönli-chen Besuch im Frühjahr 1990, bei dem ich mich von der drama-tischen Situation vor Ort über-zeugen konnte, entstand daraus ein österreichweites Hilfsprojekt des Jugendrotkreuzes, das 1992 von der Caritas Salzburg über-nommen wurde, bei der ich im selben Jahr tätig geworden war. Seit 1995 bin ich der Leiter der Auslandshilfe der Caritas Salz-burg, die ich selbst aufgebaut habe. Außerdem bin ich als Nah-ost-Koordinator für die ganze Caritas Österreich tätig und ver-antwortlich für alle Projekte in den drei Schwerpunktländern Libanon, Syrien und Ägypten. Außerdem bin ich inzwischen der Dienstälteste der gesamten österr. Caritas-Auslandshilfe, ein Vielreisender (bisher allein 130 Reisen in den Nahen Osten) und im Herzen lieber beim Organisie-ren vor Ort als bei langweiliger bürokratischer Arbeit am Schreib- tisch.

Stefan Maier, Caritas Auslandshilfe Elternvertreter und Lehrer einer Schule beim letzten Besuch im Feb. 2014 mit

einigen aus unserer Gruppe (Frau Weinberger re.)

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Termine/Aktuelles

Fr, 24. Oktober 2014, 14:30 - 19.00 Uhr frei:willig - Grenzen überspringen Podiumsdiskussion - Organisationen stellen sich vor Zielgruppe: Interessierte an einem Freiwilligeneinsatz in Ländern des Südens Ort: Afro-Asiatisches Institut (AAI), Wiener Philharmoniker-Gasse 2, Salzburg Anmeldung bis 20. Okt. 2014 im Referat Weltkirche

12. November 2014, 18:00 Uhr 4. Empfang der Religionen: Hinduismus Ort: Theologische Fakultät, Salzburg

Fr, 14. Nov. (17:00 Uhr) bis So, 16. Nov. 2014 (bis 13:00 Uhr 6. Österreichische Entwicklungstagung umbruch aufbruch Vorträge, Workshops, Foren, Diskussionen, Begegnungen, Fest Kosten: 50,- Euro; Anmeldung erforderlich Ort: Naturwissenschaftliche Universität, Hellbrunnerstr. 24, Salzburg mehr Infos: http://www.pfz.at/list111.htm

Di, 6. Jänner 2015 Tag der Diözesanpartnerschaften mit den (Erz-)Diözesen Bokungu-Ikela (DR Kongo), Daegu (Südkorea) und San Ignacio de Velasco (Bolivien)

Mi, 25. Februar 2015 Das Herz in Schwingung bringen Seminar (17:00 bis 18:30 h) und Abendveranstaltung (19:30 bis 21:00 h) Referentin: Sr. Rose Pudukadan, Indien Ort: St. Virgil, Salzburg Anmeldung und Infos: Referat Weltkirche, Tel. 0662 / 8047-7605

Fr, 24. April (ab 16:00 h) und Sa, 25. April (bis 13:00 h) in St. Virgil Weltkirche-Seminar: hungern nach Gerechtigkeit Austausch und Begegnung, Theaterabend, Gottesdienste, Workshops und Diskussion. Hauptreferent: Dr. Luis Zambrano, Peru Ort: St. Virgil, Salzburg Anmeldung im Referat Weltkirche: [email protected]

100 Millionen für die Weltkirche Die kirchl. Organisationen haben 2013 mit 100 Mio. Euro 3549 Projekte in 132 Länder unterstützt. Die Zusammenarbeit mit starken und verlässlichen Partnern garantiert dabei eine effektive und effiziente Hilfe. Durch das hohe Engagement der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen können kirchl. Organisationen ihre Leistungen kosteneffizient erbringen. Danke an alle Spender/innen!

Impressum: DKWE-Info Informationsunterlage für die Bildungsarbeit im Bereich Welt-kirche und Entwicklungszusammenarbeit der ED Salzburg. Spendenkonto: Sbg. Sparkasse IBAN: AT39 2040 4000 0000 0810, BIC: SBGSAT2SXXX Redaktionsteam: J. Asanger, F. Flesch, G. Hechl, W. Heindl, M. Roßkopf, A. Thuma, S. Schimpfößl Layout: P. Gasser; Cover-Design: selah design Medieninhaber: Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit; Kapitelplatz 6, 5020 Salzburg; Tel.: 0662/8047-7610; E-Mail: [email protected] Internet: http://weltkirche.kirchen.net Druck: Druckerei der ED Sbg. Titelfoto: Marcel Kaufmann BMI

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Mitherausgeber