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Nr. 87 November/Dezember 2012 Zeitschrift für internationale Politik W elt T rends Multipolare Hegemonie Pazifisches Jahrhundert? Brasiliens Aufstieg Russisches Comeback WeltBlick Island und die EU Frankreichs Afrika Deutsche Rohstoffpolitik Forum Krieg um Syrien Streitplatz Außenpolitik in Rot-Rot-Grün Bücher & Tagungen 20 Jahre WeltTrends www.welttrends.de Weltunordnung 21

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r Nr. 87 November/Dezember 2012

Zeitschr i f t für internat ionale Pol i t ikWe l t Tr e n d s

Multipolare Hegemonie

Pazi� sches Jahrhundert?

Brasiliens Aufstieg

Russisches Comeback

WeltBlick

Island und die EU

Frankreichs Afrika

Deutsche Rohsto� politik

Forum

Krieg um Syrien

Streitplatz

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20 Jahre WeltTrends

www.welttrends.dew w w.welttrends.de

9,50 Euro • 12 CHF

ISSN: 0944-8101, (2012) 87

We l t Tr e n d s

Das Ende US-amerikanischer Dominanz in der

Welt ist angebrochen. Die BRIC-Staaten melden

als neue Herausforderer ihre Ansprüche auf

die Gestaltung der globalen Ordnung an. Wer-

den die Machtansprüche der aufstrebenden

Großmächte zu einer „neuen Weltunordnung“

führen?

WeltTrends setzt den Meinungsaustausch über

Ordnungen und Unordnungen in der Welt des

21. Jahrhunderts in diesem Heft fort – fachkun-

dig und vielseitig.

Weltunordnung 21

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2 WeltTrends 87

Inhalt 1 Editorial

4 20 Jahre WeltTrends!

4 Vermittler und Ideenschmiede Claus Montag

7 Sto lat! Andrzej Sakson

8 WeltBlick

9 Deutschlands Rohstoffpartner Rüdiger Schwarz

16 Das Afrika des François Hollande Stefan Brüne

22 Mehr als eine Affäre? Island und die EU Meike Stommer

28 Zwischenruf von Attila Kiraly

30 Thema: Weltunordnung 21

33 Eine andere Weltordnung – aber welche? Diethelm Weidemann

41 Russland – Wiederaufstieg einer Macht Sergej Birukov und Vladislav Savin

48 Pazifisches Jahrhundert? Roland Benedikter

56 Brasilien und die Mächte von morgen Audo Faleiro

Historie: Die deutschen Hansestädte und die USA seit 1790 65 Heiko Herold

70 LipGlosse: Mission gescheitert

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3Inhaltsverzeichnis

Forum Syrien 72

The Day After 73 Muriel Asseburg

Aus dem Abgrund in die Zukunft 78 Karin Kulow

Scheitern der Demokratisierung 83 Behrooz Abdolvand und David R. Jalilvand

Hegemonie über Nahost 88 Arne C. Seifert

Nachruf: Eric John Ernest Hobsbawm Erhard Crome 92

Streitplatz: Außenpolitik in Rot-Rot-Grün 96

Doch die Verhältnisse, die sind nicht so … 97 Wolfgang Gehrcke

Linksnationalistisch und antieuropäisch 100 Rolf Mützenich

Handelspolitik in Rot-Grün-Rot? 104 Ska Keller

Bücher und Tagungen 108

Rezensionen 109 Annotationen 115 Impressum 116 Neuerscheinungen 117 Konferenzen 119

Register 2012 126 Briefe an die Redaktion 141

China-EU: Gemeinsam springen! Kommentar von Helmut Scholz 142

Wort und Strich 144

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WeltTrends • Zeitschrift für internationale Politik • 87 • November/Dezember 2012 • 20. Jahrgang • S. 9-15

Deutschlands RohstoffpartnerschaftenRüdiger Schwarz

Deutschland, Geopolitik, Rohstoffe

Die Entwicklung der nationalen Rohstoffstrategie Deutschlands hat in den vergangenen Jahren deutlich an Struktur, Dynamik und Durchsetzungskraft gewonnen. Einige Vorhaben werden bereits realisiert. Dafür stehen der Aufbau von Rohstoffkoopera-tionen mit Zielländern und die Diskussion über die Definition der strategischen Interessen Deutschlands im Rohstoffbereich.

Ein Aspekt bei der Entwicklung einer nationalen Roh-stoffstrategie ist besonders in den Fokus der Diskussion

gerückt, die zunehmend auch öffentlich und mit der Öffent-lichkeit geführt wird: die Frage der Wertschöpfungsketten. Ja, Rohstoffe stehen am Anfang der Wertschöpfungsketten, aber eben nicht nur am Anfang. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte in seiner Rohstoffstra-tegie von 2010, dass die „sichere Versorgung der Industrie mit Rohstoffen – wie Metallrohstoffen, mineralischen Roh-stoffen und kohlenstoffhaltigen Rohstoffen – grundlegende Voraussetzung für die industrielle Wertschöpfung und damit für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen am Indust-riestandort Deutschland [ist]“.1 Anhaltender Rohstoffmangel würde die Grundlagen der Wirtschafts- und Gesellschaftsord-nung Deutschlands gefährden.2

Die Diskussion der vergangenen Monate verlangt nach einer weiteren Klarstellung. Alle die, die sich wegen der gegen-wärtigen Situation auf dem nationalen und internationalen Rohstoffsektor Gedanken machen und nach Lösungen suchen, die Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen sicherer und nachhaltiger zu gestalten, haben natürlich den Rohstoff im physischen Sinne im Bild, den Rohstoff, der für wirtschaftliche Prozesse benötigt und auch für die Herstellung von Produkten

1 BDI (2010): „Für eine strategische und ganzheitliche Rohstoffpolitik“, BDI-Strategiepapier zur Rohstoffsi-cherheit, BDI-Drucksache Nr. 432.

2 Vgl. Schwarz, Rüdiger: Wettbewerb um strategische Rohstoffe. Trend – Zeitschrift für Soziale Marktwirt-schaft. Text unter http://www.trend-zeitschrift.de/2012/07/09/wettbewerb-um-strategische-rohstoffe (abgerufen am 31.10.2012), Berlin.

Dr. Rüdiger Schwarz, Diplom-Geologe,Geschäftsführender Gesellschafter geotec Rohstoffe GmbH, [email protected]

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verbraucht wird. Dieser Eigenverbrauch von Rohstoffen ist klar zu unterscheiden von allen Handels- und Spekulations-geschäften um und mit Rohstoffen, an denen auch deutsche Unternehmen beteiligt sind, und die im Sinne einer natio-nalen Rohstoffstrategie natürlich nicht gemeint sind.

Die geforderte Ausrichtung aller beteiligten (wirtschaftsna-hen) Ministerien, Einrichtungen, Stiftungen und Durchfüh-rungsorganisationen an diesen strategischen Interessen bleibt als Aufgabe bestehen. So fordert u.  a. der Wirtschaftsrat Deutschland in seinem im Juni 2012 veröffentlichten Positi-onspapier „Zukunftsfähige Rohstoffpolitik für das Industrie-land Deutschland“, dass die Bundesregierung die Sicherung der Rohstoffversorgung gesamtstaatlich gestalten muss: „Eine stärkere Verbindung der Rohstoffpolitik zu anderen Politik-feldern wie Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik ist unerlässlich für eine langfristig sichere Rohstoffversor-gung. Wichtig ist vor allem die Abstimmung der Interes-senlage zwischen den Ressorts sowie zwischen den Ressorts und der Wirtschaft. Die Bundesregierung ist aufgefordert, ihre politischen Initiativen aufeinander abzustimmen und für ein kohärentes Vorgehen mit Blick auf diese Zielsetzun-gen zu sorgen. Eine Definition der Interessenschwerpunkte sowie ein umfassender Überblick, welche Maßnahmen durch welche Ressorts bereits eingeleitet sind, ist dabei Grundvo-raussetzung für ein weiteres zukunftsgerichtetes Vorgehen.“3 Dabei geht es um eine „integrierte Wirtschaftsaußenpo-litik“, die von den Bundesministern für Äußeres und für Wirtschaft auf dem Wirtschaftstag der Botschafterkonferenz, am 28. August 2012 erneut formuliert wurde. Das auch der Bundesumweltminister sich in seinem Programm „10 Punkte für eine Energie- und Umweltpolitik mit Augenmaß“ für den Erhalt geschlossener Wertschöpfungsketten in Deutschland einsetzt, sehen wir auf diesem Weg als ein weiteres ermuti-gendes Zeichen an: „Als Umweltminister liegt mir der Erhalt möglichst vieler Standorte, Arbeitsplätze und geschlossener Wertschöpfungsketten am Herzen.“4

3 Wirtschaftsrat der CDU e. V.: Zukunftsfähige Rohstoffpolitik für das Industrieland Deutschland. Berlin 2012. http://www.wirtschaftsrat.de/wirtschaftsrat.nsf/id/1CAD6BBDEC73A0ADC1257815004505A4/$file/WR_Rohstoffe_4_5.6.12.pdf (abgerufen am 24.10.2012).

4 Altmeier, Peter: Mit neuer Energie. 10-Punkte-Programm für eine Energie- und Umweltpolitik mit Ambition und Augenmaß. Wahlvorhaben und Projekte bis zum Ende der Wahlperiode. http://www.bmu.de (abgerufen am 09.11.2012).

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Weiterlesen:R. Schwarz, Nationale Rohstoffstrategie?WeltTrends 80

Bausteine der Rohstoffstrategie

2011 und 2012 sind die wichtigsten Teile der Rohstoffstra-tegie der Bundesregierung5 angestoßen worden. Das Bundes-umweltministerium (BMU) arbeitet intensiv am Entwurf eines Wertstoffgesetzes.6 Auch der Parlamentarische Beirat für nachhal-tige Entwicklung (PBNE) fordert in seinem am 12. Juli 2012 veröffentlichten Positionspapier die bessere Nutzung natürlicher Ressourcen sowie die konsequente Umsetzung von Handlungsan-sätzen entlang der dauerhaften Wertschöpfungskette. Um dieses Ziel zu erreichen, seien nach Auffassung des PBNE verstärkte Anstrengungen sowohl von Wirtschaft und Politik zu fordern als auch von der Gesellschaft, also jedem Einzelnen.7

Die bereits 2010 bei der Bundesanstalt für Geowissenschaf-ten und Rohstoffe (BGR) gegründete Deutsche Rohstoffagentur (DERA) bezog am 28. August 2012 in Berlin ihren eigenen Stand-ort und soll als rohstoffwirtschaftliches Kompetenzzentrum sowie zentrale Informations- und Beratungsplattform zu mineralischen und Energierohstoffen für die deutsche Wirtschaft dienen. Aufgabe der DERA ist die Analyse und Bewertung der internationalen Rohstoffmärkte für mineralische Rohstoffe und fossile Energieroh-stoffe, um sowohl Preis- und Lieferrisiken als auch neue Rohstoff-effizienzpotenziale mineralischer Rohstoffe aufzuzeigen. Außerdem soll die DERA eine aktive Rolle bei den internationalen Rohstoff-partnerschaften einnehmen und „einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen leisten“.8

Nachdem am 17. Dezember 2010 die Grundsatzentschei-dung des Bundesforschungsministeriums zur Gründung eines Ressourcentechnologie-Institutes am Standort Freiberg, Sachsen, getroffen worden war, wurde dessen formelle Gründung am 29. August 2011 vollzogen: Das „Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie“ wird gemeinsam durch das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und die TU Bergakademie Freiberg aufgebaut. Ziel des Instituts ist die Entwicklung innovativer

5 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Rohstoffstrategie der Bundesregierung. Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nicht-energetischen mineralischen Roh-stoffen. Berlin 2010. http://www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/rohstoffstrategie-der-bundesregierung (abgerufen am 26.10.2012).

6 Vgl. Rummler, Thomas: Perspektiven für ein Wertstoffgesetz, Vortrag. BMU, Berlin 2012.7 Vgl. Parlamentarischer Rat für nachhaltige Entwicklung: Natürliche Ressourcen – Steigerung der Res-

sourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft, Positionspapier. Berlin 2012.8 Deutsche Rohstoffagentur: Internetpräsentation. http://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DERA/DE/

Ueber-Uns/ueber-uns_node.html (abgerufen am 27.09.2012).

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Technologien für die Wirtschaft, um mineralische und metallhal-tige Rohstoffe effizienter bereitzustellen, zu nutzen und umwelt-freundlich zu recyceln. Während die DERA als nachgeordnete Einrichtung des Bundeswirtschaftsministeriums vor allem einen „politisch-strategischen“ Beratungsansatz verfolgt, sieht das Ressourcentechnologie-Institut seinen Schwerpunkt auf dem „technologisch-strategischen Fokus“.9 Dieser konzentriert sich auf:

− Primär- und Sekundärrohstoffe; − Material- und Energieeffizienz; − Rohstoffauswahl und Substitution von Rohstoffen; − Bewertung der Nachhaltigkeit von Verfahren zur Rohstoff-

nutzung; − Ausbau der Rohstoffkompetenz durch Ausbildung hoch

qualifizierter Wissenschaftler und Techniker für die deutsche Industrie sowie den Hochschulsektor.

Rohstoffpartnerschaften

Die Zusammenarbeit Deutschlands mit anderen Staaten auf dem Rohstoffsektor berührt sowohl die nationale als auch die interna-tionale Rohstoffpolitik. In ihrer Rohstoffstrategie beschreibt die Bundesregierung die Aufgaben und Ziele der „bilateralen Rohstoff-partnerschaften“ daher wie folgt: „Rohstoffsicherung kann keine Einbahnstraße sein. Es geht darum, die Interessen sowohl der rohstofffördernden als auch der rohstoffimportierenden Länder wie Deutschland zu berücksichtigen, sinnvoll in Ausgleich zu bringen und im Sinne gemeinsamer Vorteile fortzuentwickeln.“10

Rohstoffpartnerschaften sind ein neues Instrument der Bundesregierung. Diese vertraglichen Partnerschaften beste-hen seit dem 13. Oktober 2011 mit der Mongolei und seit dem 8. Februar dieses Jahres mit Kasachstan.11 Die Verträge gelten

9 Gutzmer, Jens: Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie: Rohstoff-Expertise für Deutschland, Präsentation. Dresden 2012; siehe auch: www.hzdr.de/hif (abgerufen am 26.10.2012).

10 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2010, S. 26.11 Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Mongolei

über Zusammenarbeit im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich vom 13.10.2011. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/abkommen-zwischen-brd-und-mongolei-zusammenarbeit-rohstoff-industrie-technologie,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (abgerufen am 26.09.2012).Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Kasachstan über Partnerschaft im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich vom 08.02.2012. http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/abkommen-zwischenbrd-und-kasachstan-partnerschaft-rohstoff-industrie-und-technologiebereich,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf (abgerufen am 26.09.2012).

Weiterlesen:V. Steinbach,

Rohstoffstrategie im globalen Wettbewerb

WeltTrends 79

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fünf Jahre und verlängern sich automatisch um weitere fünf, sofern sie nicht von einem Partner gekündigt werden.

Die deutsche Industrie begrüßt die Initiativen der Bundes-regierung: „Die Rohstoffversorgung der Unternehmen ist – wie die Energieversorgung auch – eine grundlegende Voraussetzung für industrielle Wertschöpfung und damit für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa. Bei der Versorgung mit Rohstoffen sehen sich die Unterneh-men gegenwärtig in beträchtlichem Maße mit politischen Beschränkungen konfrontiert. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission sind gefordert, den politischen Beschränkungen der Rohstoffsicherheit entgegenzuwirken und die Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa so zu gestalten, dass die Unternehmen ihren Rohstoffbezug sicherstellen können.“12

Während die Mehrzahl der Akteure aus Wirtschaft und Politik den Abschluss von Rohstoffpartnerschaften zur Siche-rung der Rohstoffversorgung für die deutsche Wirtschaft begrüßt, sehen andere Vertreter wie zum Beispiel die Stiftung Wissenschaft und Politik diese eher kritisch: „Rohstoff-partnerschaften [sind] zwar zu begrüßen, werden aber nicht ausreichen, um die Verwundbarkeit der deutschen Wirtschaft gegenüber Lieferengpässen spürbar zu reduzie-ren. Außerdem können sie nur einen bescheidenen Beitrag zur Entwicklung der Partnerländer leisten.“13 Insbesondere stünden der Bundesregierung keine wirksamen Instrumente zur Durchsetzung der Ziele zur Verfügung. Dies beweist auch die Rohstoffpartnerschaft mit der Mongolei, die bei ökono-mischer Betrachtung eher kritisch bewertet werden muss. Bislang existiert kein relevantes Bergbau- oder Rohstoffpro-jekt der deutschen Wirtschaft mit bzw. in der Mongolei. Auch die im Mai 2012 bekannt gewordene Mitteilung über den Rückzug der deutschen Gesellschaft BBM Operta aus dem Konsortium mit der australischen Gesellschaft Macmahon zum Abbau von Teilen der Kohle-Lagerstätte Tavan Tolgoi verstärkt diesen Eindruck. In Kasachstan stehen wir hinge-gen am Anfang des Weges zur Ausgestaltung der Rohstoff-partnerschaft. Hier bestehen noch Chancen, mit einer

12 BDI 2010.13 Dahlmann, Anja / Mildner, Stormy-Annika: Rohstoffpartnerschaften: Kein Garant für Versorgungs-

sicherheit und Entwicklung. Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell 16, Berlin 2012.

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richtigen Steuerung der Prozesse ökonomisch werthaltige Ergebnisse für beide Seiten zu erreichen. Konkrete Maßnah-men und Projekte wurden auf dem Deutsch-Kasachischen Wirtschaftstag am 28. September 2012 in Almaty / Kasachs-tan zwischen den Partnern besprochen.

Bei der Diskussion über den Abschluss bilateraler Vereinba-rungen über Partnerschaften im Rohstoffbereich bestehen zwei grundsätzliche Möglichkeiten: 1. Abschluss von Partnerschaf-ten mit Ländern auf der Basis konkreter, entsprechend großer und bedeutender Projekte, deren Dimension den „Einsatz des Staates“ rechtfertigt; und 2. Partnerschaften mit Ländern, in denen die Verhältnisse noch eher schwierig und unklar sind, sodass die Chancen und Risiken eine „Rohstoffpartnerschaft“ rechtfertigen (z. B. in Mosambik oder Zimbabwe). Die Partner-schaft soll einen formalen Rahmen bilden, der den Weg und die konkreten Maßnahmen der vorher zwischen Deutschland und dem Partnerland vereinbarten gemeinsamen Ziele beschreibt. Konkrete Vorhaben und Projekte müssen dafür jedoch die Voraussetzung sein.

Neue Partner

Bei anderen Staaten, z.  B. Südafrika und Chile, stellt sich die Situation schwieriger dar. Beide Länder sind kaum zu vergleichen, besitzen im Bergbau- und Rohstoffbereich aber einige Gemeinsamkeiten, die den Zugang zu Rohstoff-partnerschaften kompliziert gestalten. Beide Staaten sind Bergbauländer, in denen weltweit führende Rohstoff- bzw. Bergbaukonzerne agieren, u. a. Vale, Rio Tinto, Codelco, BHP Biliton, Glencore, Anglo American, Harmony, Gold Fields. Diese Firmen arbeiten auch sehr erfolgreich mit deutschen Unternehmen zusammen. Allerdings existieren derzeit keine der viel zitierten „Nischen“, in die deutsche Unternehmen vorstoßen könnten.

Neue Partnerländer sollten daher im Ergebnis eines breite-ren Dialogs zwischen Politik, Ministerien und Wirtschaft auf der Basis eines nachvollziehbaren Kriterienkatalogs ausgewählt werden. Dieser Katalog darf nicht nur die Rohstoffseite berück-sichtigen, sondern muss auch bereits bestehende wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen Deutschland und dem potenziellen Partnerland sowie eine Prognose über die zukünf-tige Entwicklung in die Betrachtung einbeziehen.

Weiterlesen:L. Kleinwächter (Hrsg.),

Deutsche RohstoffpolitikWeltTrends Spezial 6

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Diese Position zum Thema Rohstoffpartnerschaften wird auch vom BDI-Ausschuss Rohstoffpolitik geteilt, der die Position der Deutschen Industrie eher zurückhaltend formu-liert: „Beim Thema Rohstoffpartnerschaften hat sich der BDI mit dem BMWi darauf verständigt, dass zunächst keine weite-ren Partnerschaften angestoßen werden. Zunächst sind die Rohstoffpartnerschaften mit der Mongolei und Kasachstan auszufüllen, was in beiden Fällen mit erheblichen Herausforde-rungen verbunden ist.“14

Deutschland ist gegenwärtig eine der weltweit führenden und am besten vernetzten Ökonomien. Wir können de facto zu jeder Zeit auf jeden Markt gehen. Um diesen Zustand zu erhalten, wurde als gemeinsames Ziel mit der Rohstoffstra-tegie der Bundesregierung festgeschrieben, dass Deutschland auch in Zukunft ein entwickeltes Industrieland mit möglichst langen und geschlossenen Wertschöpfungsketten bleiben soll. Rohstoffpartnerschaften können dazu einen konstruktiven Beitrag leisten.

14 BDI 2010.

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Themenhefte87 | Weltunordnung 2186 | Neue Weltordnung 2.085 | Brasilien – Land der Gegensätze84 | Ernährung garantiert?83 | Arabische Brüche82 | Autoritarismus Global81 | Atomare Abrüstung80 | Japan in der Katastrophe79 | Rohstoffpoker78 | Polen regiert Europa77 | Vom Fremden zum Bürger76 | Herausforderung Eurasien75 | Exit Afghanistan74 | Vergessene Konflikte73 | Klimapolitik nach Kopenhagen72 | Südafrika und die Fußball-WM71 | Selektive Grenzen70 | Brodelnder Iran69 | Europäische Brüche68 | NATO in der Sinnkrise67 | Außenpolitik in Schwarz-Rot66 | Energiesicherheit Deutschlands65 | Naher Osten – Ferner Frieden64 | Konfliktherd Kaukasus63 | Geopolitik Ost62 | Zerrissene Türkei61 | Soziale Bewegungen in Lateinamerika60 | Russische Moderne59 | EU-Außenpolitik nach Lissabon58 | Regionalmacht Iran57 | Ressource Wasser56 | Militärmacht Deutschland?55 | G8 Alternativ54 | Identität Europa53 | Rotes China Global52 | Deutsche Ostpolitik51 | Geheime Dienste50 | Kerniges Europa49 | Militär in Lateinamerika

48 | Internet Macht Politik47 | Europäische Arbeitspolitik46 | Globale Finanzmärkte45 | Von Dynastien und Demokratien44 | Modernisierung und Islam43 | Großmächtiges Deutschland42 | Europäische Außenpolitik41 | Transatlantische Perspektiven II40 | Transatlantische Perspektiven I39 | Wohlfahrt und Demokratie38 | Politisierung von Ethnizität37 | Vergelten, vergeben oder vergessen?36 | Gender und IB35 | Krieg im 21. Jahrhundert34 | EU-Osterweiterung im Endspurt?33 | Entwicklungspolitik32 | Balkan – Pulverfaß oder Faß ohne Boden?31 | Recht in der Transformation30 | Fundamentalismus28 | Deutsche Eliten und Außenpolitik27 | 10 Jahre Transformation in Polen26 | (Ab-)Rüstung 200024 | Wohlfahrtsstaaten im Vergleich21 | Neue deutsche Außenpolitik?20 | Demokratie in China?19 | Deutsche und Tschechen18 | Technokratie17 | Die Stadt als Raum und Akteur16 | Naher Osten – Region im Wandel?14 | Afrika – Jenseits des Staates12 | Globaler Kulturkampf?11 | Europa der Regionen 8 | Reform der UNO 7 | Integration im Pazifik 6 | Zerfall von Imperien 5 | Migration 3 | Realer Post-Sozialismus 2 | Chaos Europa 1 | Neue Weltordnung

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