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24 E-Kabinett: Modernes Regieren in einem modernen Staat PDV NEWS · Ausgabe 01:2014

E-Kabinett: Modernes Regieren in einem modernen Staat.

Dr. Ute Hanel

Die Staatsregierung im Freistaat Sachsen setzt mit der Einführung eines modernen elektronischen Kabinettsver-fahrens ein zukunftsweisendes Modernisierungsvorhaben um. Eine wichtige Etappe auf dem Weg des Freistaates Sachsen, möglichst medienbruchfreie elektronische Pro-zesse zu etablieren, um Verwaltungsdienstleistungen zeit- und ortsunabhängig anbieten zu können.

Wie es begann

„Eine moderne Staatsregierung sollte auch ein modernes Kabinettsverfahren nutzen“, darin waren sich Ministerpräsi-dent Stanislaw Tillich und Justiz- und Europaminister Dr. Jürgen Martens schnell einig. Dabei stand zuerst die Ablösung der Papierdokumente für Sitzungen durch PDF-Dateien, gespeichert auf USB-Sticks und die Ausstattung des Kabinettssaales mit Notebooks im Vordergrund. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Projektverantwortliche für Staatsmo-dernisierung und für die IT-gestützte Vorgangsbearbeitung im Freistaat Sachsen sahen in dem Auftrag eine große Chan-ce für ein zentrales zukunftsträchtiges Modernisierungsvor-haben. Das große Ziel des Freistaates Sachsen ist: Möglichst vollständige elektronische Prozesse zu etablieren, die die nahtlose Bearbeitung von Anfragen oder Anträgen von Bür-gern und Unternehmen ermöglichen, um Verwaltungs-dienstleistungen zeit- und ortsunabhängig anzubieten. Das Zeitfenster musste genutzt werden. Die IT-gestützte Vor-gangsbearbeitung sollte „TOP-DOWN“ ihre Einsatzstärke beim Kabinettsverfahren – neudeutsch E-Kabinett genannt – unter Beweis stellen.

Was bedacht wurde – drei Bausteine

In zwei Monaten wurde in enger Zusammenarbeit zwischen Staatskanzlei (SK) und Sächsischem Staatsministerium der Justiz und für Europa (SMJus) ein gemeinsames Konzept ent-wickelt. Es rundet den ersten Ansatz durch eine prozessge-stützte Optimierung des ressortübergreifenden Kabinettsver-fahrens mittels VIS.SAX ab. Im Mai 2010 wurde die gemeinsam erarbeitete Vorlage vom sächsischen Kabinett mit folgenden drei zentralen Bausteinen beschlossen: Zuerst wurde die bisherige papiergestützte Arbeit in den Sitzungen von Vorkonferenz (VK) und Kabinett durch PDF-Dateien, gespeichert auf USB-Sticks, vereinbart. Im Sitzungssaal wur-den Notebooks mit Netzanbindung platziert. (Baustein 1 – in enger Anlehnung an die ursprüngliche Ideenskizze). Nach-folgend erging der Auftrag an das SMJus, die IT-gestützte Vorgangsbearbeitung für den Kabinettsprozess der acht Res-sorts und der Staatskanzlei zu entwickeln und gemeinsam mit den Häusern zu implementieren. Dazu wurde im Vorfeld die Erstellung eines Feinkonzepts inklusive einer Prozessmo-dellierung bis Jahresende 2010 beauftragt (Baustein 2). Ab-schließend soll das E-Kabinett durch ein elektronisches In-formations- und Ablagesystem für die Kabinettsarbeit abgerundet werden. Hier stand der Gedanke einer „Biblio-thek“ für Kabinettsvorhaben im Vordergrund (Baustein 3).

Baustein 1 war schnell umgesetzt

Bereits Anfang Juni 2010, also einen Monat nach Beschluss-fassung, konnte die Staatsregierung Erfolg vermelden und der Presse mitteilen: „Die elektronische Kabinettsarbeit ist ein Anfang. … Wir wollen damit auch ein Signal set-

Vereinfachte Darstellung des Kabinettsprozesses

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zen: Die Minister fordern nicht nur innovative und neue Arbeitsmethoden von den Verwaltungsmitarbeitern ein. Sie stellen ihre Arbeitsweise auch selbst um.“ (Nachzulesen in Medieninformation 44/2010 des SMJus.) Zu Baustein 1 gehören die Erstellung elektronischer Sitzungsunterlagen für Staatsminister und Staatssekretäre und die Versendung der Unterlagen per E-Mail. Papierkopien, die zuvor 32-fach in der Geschäftsstelle Kabinett der Staatskanzlei eingereicht werden mussten, wurden entbehrlich.

Da Kabinettsvorlagen schon häufig mehr als 100 Seiten um-fassen, erbrachte die neue Vorgehensweise zwar einerseits Papiereinsparung, aber andererseits auch eine Menge an „PC-Handarbeit“ für alle Akteure. So wurden PDF-Dateien erstellt und händisch mit Lesezeichen und Sprungmarken versehen. Bei sich ergebenden Änderungen waren diese ste-tig anzupassen. Schnell waren sich die Beteiligten der Res-sorts einig: Baustein 2 – die Prozessunterstützung mittels VIS.SAX – muss so bald wie möglich kommen. Ziel war es, die elektronische Sitzungsunterlagen aus dem Prozess heraus entstehen zu lassen. Jede Kabinettsvorlage - und somit jeder Tagesordnungspunkt – sollte zu einem Vorgang nach VIS-Logik werden, der dann „mühelos und vom System gesteu-ert“ von einem Prozessschritt zum nächsten seine Entwick-lung vollziehen sollte.

Umsetzung von Baustein 2 braucht Zeit

Das Kabinett hatte für die Fertigstellung des Feinkonzepts der Bausteine 2 und 3 knapp ein halbes Jahr Zeit vorgege-ben. Alle Beteiligten stellten alsbald fest, dass das äußerst

knapp war. Es gab kein gutes Beispiel eines anderen Bun-deslandes, von dem etwas übernommen werden konnte. Es gab nicht einmal ein ähnliches ressortübergreifendes Projekt von dieser Größe und Bedeutung. Denn immerhin: Es musste ein Verfahren für die Kabinettsbereiche entwi-ckelt werden, welches der Arbeitsweise der acht Ministerien und der Staatskanzlei gerecht wird und oberste Führungs-kräfte optimal in ihrer Arbeitsweise unterstützt. So wurde die Prozessbeschreibung zu einem großen Lernfeld für alle Beteiligten: die Kabinettsreferenten, die Verantwortlichen für die IT-gestützte Vorgangsbearbeitung, die IuK-Verant-wortlichen und letztlich auch für die Firma PDV-Systeme GmbH. Man modellierte gemeinsam einen Prozess, beste-hend aus verschiedenen Schritten, wie die Abbildung oben zeigt. Mit Kabinettsverfahren ist hier der gesamte Prozess der Erstellung einer Vorlage durch ein Ministerium bis hin zur Beschlussfassung durch das Gremium der Staatsminister unter Vorsitz des Ministerpräsidenten (Kabinett), inklusive der Vorabstimmung auf der Ebene der Staatssekretäre (Vor-konferenz), gemeint. Die Gegenstände der Beratung und Beschlussfassung der Staatsregierung weist Paragraph 10 der Geschäftsordnung der Sächsischen Staatsregierung aus (vgl. auch www.revosax.sachsen.de).

Kann mit VIS.SAX ein solcher Austauschprozess über die Ressortgrenzen hinweg automatisch unterstützt werden? Wie soll die Infrastruktur aussehen? Welche Rollen und Rechte sind zu bedenken? Die Abstimmung des gemein-samen Vorgehens und dessen Umsetzung in VIS.SAX (mit der klassischen Akten-, Vorgangs- und Dokumentenstruk-tur) war eine Herkulesaufgabe.

Blick von der Frauenkirche auf die Staatskanzlei Foto: picture alliance (Fotograf: Robertodiaz)

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Wie vorgegangen wurde

Das Feinkonzept wurde Anfang 2011 vom Kabinett bestä-tigt. Die Anpassungsprogrammierung erfolgte. Alle erfor-derlichen Prozessschritte wurden als Add-On in VIS.SAX eingebaut. Über die Konfiguration wurden ressortspezi-fische Anpassungen möglich. So werden z. B. durch den Ein-satz konfigurierter Geschäftsgangmuster beim Eingang einer neuen Kabinettsvorlage, die von einem Ressort an die üb-rigen Ressorts zur Mitzeichnung versandt wird, Zuständige in den Häusern auf schnellstem Weg über die neue Vorlage in Kenntnis gesetzt. Für die Oberfläche heißt es: E-Kabinett ist ein Teil von VIS. Im Webclient ist äußerlich nur ein Un-terschied zu sehen: Es gibt ein zusätzliches Menü, das je nach Prozessetappe unterschiedliche Inhalte zur Auswahl anbietet (vgl. Menüleiste oben). Der geschulte Bearbeiter ist damit in der Lage, durch spezielle Akten-, Vorgangs- und Dokumen-tentypen die Funktionen des E-Kabinett zu nutzen. Dazu gehört z. B. das Versenden von Vorlagen über das System an die Ressorts.

Wie funktioniert diese „Zauberei“? Dazu kurz ein Auszug aus dem Feinkonzept: „Um innerhalb des ressortübergreifenden Austauschprozesses die Daten den entsprechenden Vorgän-gen zuordnen zu können, wurde auf der Vorgangsebene ein eindeutiger Identifikator (die sogenannte Kabinettsvorla-gen-ID) gebildet wird. Dieser Identifikator ist mandanten-unabhängig und eineindeutig, daher wird er beim Anlegen des Vorgangs vom System generiert.“ Diese ID bleibt über den gesamten Prozess erhalten und steuert damit die Zuordnung.Neben der SK waren zu Beginn des Projektes (2010/2011) in drei weiteren Ministerien bereits VIS-Mandanten z. T. pilothaft vorhanden, jedoch war die Nutzungstiefe der Vor-gangsbearbeitung in der SK am weitesten vorangeschritten. Weitere fünf Mandanten wurden mit Projektbeginn E-Kabi-nett neu aufgesetzt. Schulungen der Nutzer in allen Ressorts wurden absolviert. Das Programm wurde umfangreichen ressortübergreifenden Tests mit Szenarienvorgaben unterzo-gen. Hohe Qualitätsansprüche waren zu erfüllen. Der Nut-zerkreis umfasst in jedem Ressort mindestens die jeweilige Hausleitung, die Kabinettsbereiche und die Abteilungsleiter-ebene mit Vorzimmern.

Wo das Projekt jetzt steht

Nach der Absolvierung der o. g. Meilensteine wurde der ressortübergreifende Austausch von Kabinettsunterlagen

Funktionen des E-Kabinetts als Teil der Menüleiste

(Baustein 2) am 01. Juni 2012 erfolgreich produktiv gesetzt und läuft seitdem stabil. Für die Sitzungsdurchführung wird das System noch nicht vollständig genutzt. Daran wird ge-arbeitet. Ziel ist es, die „Bring Your Own Device“-Strategie umzusetzen. Dazu müssen vor allem Infrastruktur- und IT-Sicherheitsfragen bearbeitet werden, die zwar durch das Projekt E-Kabinett erstmals bewusst geworden sind, die sich jedoch ganz unabhängig davon in jedem Fall gestellt hätten und deren Lösung zukunftsweisend auch für andere Themenfelder sein wird. Der Baustein 3 – die Bibliothek für Kabinettsvorlagen ist konzipiert, aber noch nicht umgesetzt.

Was erreicht wurde

Als Erfolge sind vor allem die folgende Aspekte zu benennen: In jedem Ministerium und der SK gibt es einen VIS.SAX- Mandanten. Nachdem zunächst – unabhängig vom E-Kabinett – nur die SK vollständig elektronisch gearbeitet hat, ist VIS.SAX nun bis auf die Ebene der Abteilungsleiter in allen Ministerien ausgerollt. VIS.SAX ist ein zentrales IT-Verfahren geworden, welches beim Staatsbetrieb Säch-sische Informatik Dienste (SID) betrieben wird. Die Nut-zer haben ressortübergreifend Kenntnisse und Fähigkeiten „rund um das Programm“ aufgebaut. Fach-Administratoren in den Ressorts unterstützen den SID. Der Ausrollprozess von VIS.SAX in der sächsischen Verwaltung hat sich seit 2010 deutlich beschleunigt.

Aber es gibt auch Herausforderungen: Wie oben schon er-wähnt, ist das mobile Arbeiten ein großes Thema. Das Projekt streift Trends und „reißt damit neue Probleme auf “. Nicht je-der Nutzer kommt ohne Probleme mit dem Programm klar. Akzeptanzmanagement ist und bleibt ein großes Thema.

Dr. Ute Hanel

Referentin in der Sächsischen

Staatskanzlei Dresden, Referat 32

– Staatsmodernisierung, ressort-

übergreifende Projekte, Controlling

ute.hanel@

sk.sachsen.de

PDV-Systeme GmbH · Haarbergstraße 73 · 99097 ErfurtE-Mail: [email protected] · Infoline: +49 800 2583 123 · www.pdv.de

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