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Peter Meyer Reiseführer FUERTEVENTURA

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Peter Meyer ReiseführerFUERTEVENTURA

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TENERIFFA

Über den Autor

E in besserer Urlaubsberater zu Fuerteventura wird schwer zu finden sein, denn wer wie

Rolf Goetz die Kanaren zur zweiten Heimat erwählt hat und dort mehrere Monate jähr-

lich verbringt, für den paart sich die Neugier für das Fremde mit der Kenntnis des Ver-

trauten. Mit Elan und Akribie hat er die gesamte Insel erkundet, zu Fuß, per Rad und mit

dem Mietwagen, hat für Sie Aktivitäten und Erholungsmöglichkeiten ausgelotet und

sich seiner neben dem Reisen zweiten Lieblingsbeschäftigung gewidmet: gutem Essen

und Trinken. Dies alles ebenso fundiert und gut recherchiert wie seine bisherigen

Peter Meyer Reiseführer zu den übrigen Kanaren (außer El Hierro, das Sabine Keller für

uns schrieb) sowie zu der beliebten Ferieninsel Mallorqua.

Peter Meyer Reiseführer

... sind nach ökologischen Grundsätzen hergestellte Reisebegleiter, gedruckt

auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem 100%-Recyclingpapier und ohne

Farbfotos: Für umweltbewußten Urlaub von Anfang an.

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ROLF GOETZ

FUERTEVENTURAPraktischer Reiseführer zu den schönsten

Stränden der Kanarischen Inseln

PETER MEYER REISEFUHRER

2. aktualisierte und neubearbeitete AuflageFrankfurt am Main 2000

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INHALT

Fuerteventura - Eine Insel mit zwei

Gesichtern 9

GESTERN & HEUTE

Von Steinzeitmenschen

und Konquistadoren 13

Versunkenes Atlantis oder

eingewanderte Berber? 14

Die Kultur der Altkanarier 16

Die Zeit der Eroberer 23

Ein Baron aus Frankreich erobert

Fuerteventura 24

Die wechselhafte Zeit nach

Béthencourt 27

Auf Sklavenfang in Afrika 28

Rachefeldzüge und Piratenunwesen

Feudaladel 30

Politik im 20. Jahrhundert 31

Auf dem Weg in die EG (EU) 33

Moderne Zeiten 36

Wirtschaft: Vom Armenhaus zum

Mekka der Strandläufer 37

Soda und Kalk 38

Eine lausige Zucht 39

Landwirtschaft in der Krise 41

Fischerei und Viehzucht 41

Industrie und Handwerk 43

Touristische Erschließung 43

Wasser in der Halbwüste: Eine end-lose Geschichte 44

NATUR & KULTUR

Die Sahara läßt grüßen 49

Geologie & Geographie 49

Wie die Inseln entstanden 49

Vulkanisches Erbe 50

Landschaften auf Fuerteventura 52

Vom Winde verweht 56

Passatwinde und Kanarenstrom 58

Saharawetter 60

Atlantische Tiefausläufer 61

Oasen in der Halbwüste 61

Botanische Enklaven 62

Die Überlebenskünstler:

Sukkulenten 64

Palmen und Tamarisken 66

Der Drachenbaum 67

Eingeschleppte Arten 68

Tiere zu Lande, Luft und Wasser 71

Brut- und Zugvögel 72

Meeresgetier 75

Umweltschutz 78

► TYPISCH ESSEN

Liebe geht durch den Magen 91

Typisch kanarisch 92

Gofio — altkanarischeVollwertkost 94

Spezialitäten vom spanischen

Festland 97

Von Café solo und Vino tinto 99

Lexikon für die Speisekarte 100

Lebensart & Folklore 81

Sprache 81

Religion, Alltag und Feste 81

Folklore 82

28 Festkalender 83

Landarchitektur 86

4

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REISEPRAXIS

Die Reise planen & vorbereiten 107

Reisedauer 107

Reisesaison 107

Reisekosten 108

Zahlungsmittel 109

Sicherheit 110

Gesundheit 110

Wichtige Adressen 111

Infos für Behinderte 113

Was mitnehmen? 113

Literatur und Karten 115

Ausweise & Papiere 115

Anreise 116

Individuell oder gebucht? 116

Mit dem Schiff 119

Angekommen:

Infos auf der Insel 120

Zeitverschiebung 120

Feiertage 120

Öffnungszeiten 120

Geld wechseln 121

Post 121

Telefon 121

Medizinische Versorgung 122

Presse und Medien 122

Unterkunft 123

Ferien im Club 126

Souvenirs 127

Verkehrsmittel 127

Oko-Checkliste 128

Mit dem Bus 129

Im Taxi 129

Mit dem Mietwagen 129

Busfahrplan 131

Inselhüpfen 133

PUERTO DEL ROSARIO

& OSTKÜSTE

Die Hauptstadt der Insel 137

Stadtbummel 139

Strände 140

Ausflug: Tetir und die Montana

Temjereque 140

Ungeliebte Legionäre 142

Unterkunft 142

Restaurants & Bars 144

Nützliche Adressen 144

Von Puerto del Rosario bis

La Lajita 145

Caleta de Fustes 145

Unterkunft 147

Restaurants & Cafeterias 148

Einkaufen 148

Outdoor-Aktivitäten 148

Verkehr 149

Ausflüge in der Nähe 149

Gran Tarajal 152

Las Playitas 155

Punta de la Entallada 156

Gut essen in Giniginämar 156

Tarajalejo 157

Der Zoo von La Lajita 160

5

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CORRALEJO & NORDEN

Von der Schmuggler-Hochburg zum

Surfermekka: Corralejo 163

Strände 164

Unterkunft 165

Restaurants 168

Einkaufen 169

Outdoor-Aktivitäten 170

Nützliche Adressen 171

Verkehr 171

Ausflug an die Ostküste 172

Isla de Lobos: Die Insel vor derInsel 174

Antigua 202

Das Oasendorf Vega de Rio Palmas 206

Pájara 207

Wrack-Tourismus 208

Ajuy 210

Tuineje 212

HALBINSEL JANDIA

Peninsula de Jandia: Das Paradies der

Strandläufer 215

Morro Jable 215

Jandia Playa 218

Unterkunft in Morro Jable &

Jandia Playa 222

Restaurants in beiden Orten 228

Outdoor-Aktivitäten 229

Vamos a la Playa: i o Traumsträndeauf der Halbinsel Jandia 230

Einkaufen 231

Verkehr 231

Nützliche Adressen 232

Ausflug zur Punta de Jandia und Punta

Pesebre 232

Der Rest vom Inselnorden 176 Windumtost: Cofete 233

Kunsthandwerk aus Lajares 176 1)ie Villa Winter— Geschichten ausEl Cotillo 176 wo/ Fuerteventura-Nacht 234

Unterkunft 179 Costa Calma 235

Restaurants 181 Unterkunft 238

Einkaufen 182 Restaurants & Cafeterias 240

La Oliva 182 Outdoor-Aktivitäten 241

Tindaya und die Kunst 186 Nützliche Adressen 242

In die Wüste geschickt: Unarnuno Playa Barca 243

und die Insel der Verbannten 188 La Pared 245

El Cardön 246

DAS ZENTRALE BERGLAND

Orte Im zentralen Bergland 193 AUSFLUG NACH LANZAROTE

Betancuria - Die alte Hauptstadt Vulkane, Wein & Kultur:

193 Die Feuerinsel 249

Ortsbesichtigung 194 Fünf wichtige Orte 250

Valle de Santa Inés 200 Playa Blanca, die Sonnige 250

Playa de Santa Inés 200 Puerto del Carmen 252

Tefia 201 Arrecife, Lanzarotes Hauptstadt 254

6

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Teguise & der Sonntagsmarkt 255

Aus der Retorte: Costa Teguise 256

Touren zu Lanzarotes Highlights 2.57

1 Zu den Feuerbergen im Nationalpark

Timanfaya 257

2 Über die Weinstraße La Geria in die

alte Hauptstadt Teguise 261

3 Großer Inseltrip zu den Naturwundern

im Norden 263

AKTIV & SPORTLICH

Ausflüge, Wanderungen &

andere Aktivitäten 269

Autotouren 269

1 An die Westküste nach El Cotillo 269

2 Auf der »Straße der

Windmühlen» 270

Der Kampf der Windmühlen 272

3 Entlang der Ostküste 274

4 Rundtour durchs schöne

Bergland 276

Biketouren 278

1 Entlang der Nordküste nach El Cotillo

279

2 In den westlichsten Zipfel der

Insel 281

Wandertouren 284

Bevor es los geht 284

1 Rundwanderung auf der

Isla de Lobos 285

2 Durch das unwirtliche Malpais de

Bayuyo 288

3 Spurensuche auf der Montaha

Tindaya 289

4 Zur Wallfahrtskapelle Virgen de la

Peha 291

5 Auf den Spuren der Konquistadoren

293

6 Zu den Schwarzen Grotten und zum

Barranco de la Pena 294

7 Vamos a la Playa: Entlang Jandias

Traumstrände 297

8 Quer über die Halbinsel Jandia 297

9 Die Besteigung des Pico de la Zarza

299

Windsurfen & Baden 304

Surfspots 307

Pauschale Surfferien 309

Schnorcheln und Tauchen 309

Fkk 310

IMPRESSUM & REGISTER

Register der Orte & Sehenswürdigkei-

ten, Stichworte & Personen 312

Peter Meyer Reiseführer

... werden während monatelanger Aufenthalte der Autorinnen und Autoren vor

Ort recherchiert — wenn sie nicht sowieso dort leben. So ist es nicht verwunder-

lich, daß sich diese Reihe den Ruf erwerben konnte, zuverlässig und informativ

zu sein. Der Verlag und seine Autoren plädieren für ein tolerantes Reisen in einerWelt. Daher finden Sie hier authentisches Hintergrundwissen zu Geschichte,

Wirtschaft, Politik und Kultur sowie zu Natur und Umwelt. Und damit Sie auch vor

Ort nicht auflaufen, sind die unverzichtbaren reisepraktischen Informationen

besonders ausführlich: Unterkünfte, Verkehr, Essen und Trinken, Ausgehen, Akti-

vitäten, Besichtigungen, Ausflüge, Wanderungen u.v.m. — immer mit konkreten

Preisen und hilfreichen Tips. Unterstützt von starken Karten.

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Kartenverzeichnis und Legende

Lage der Kanarischen Inseln

Umschlagklappe vorne

Fuerteventura 1:400.000 Umschlag-

innenseite vorne

Corralejo Umschlaginnenseite hinten

Kartenlegende Umschlagklappe hinten, 8

Geologische Schichtfolge 51

Passatwinde & Meeresströmungen 58

Makaronesien 61

Schutzgebiete auf Fuerteventura 77

Das Busnetz 130

Verbindungen zwischen den Inseln 133

Puerto del Rosario 138

Puerto del Rosario - Zentrum 141

Caleta de Fustes 149

Gran Tarajal 153

Tarajalejo 159

Hotels bei Corralejo 166

La Oliva 183

Morro Jable 216

Morro Jable & Jandia Playa 220/21

0

Information, Reisebüro

IH O

Post, Telefon(-zelle)

Bank, Wechselstube

E> 0

Apotheke; Arzt, Erste Hilfe

0

Laden, Buch- & Kartenhandlung

Hotel, Pension

A

Apartments, Schutzhütte

YGliä

Bushaltestelle, Busverbindung

Ä

Taxistandplatz, Mietwagenfirma

Fähr- und Bootsverbindung

11 0

Tankstelle, Parkplatz

R»r .Il;yrr ReArfib,rr

Costa Calma 237

Lanzarote 258/259

Bike-Tour entlang der Nordküste nach

El Cotillo 280

Bike-Tour auf der Halbinsel Jandia 282

Wandertour 1: Isla de Lobos 286

Wandertour 2: Durch das unwirtliche

Lavafeld Malpais de Bayuyo 288

Wandertour 3: Spurensuche am Gipfel

der Montaha Tindaya 290

Wandertour 4: Zur Wallfahrtskapelle

Virgen de la Pena 292

Wandertour 6: Zu den Schwarzen

Grotten 295

Wandertour 7: Vamos al La Playa -

Jandias Traumstrände entlang 296

Wanderungen auf der Halbinsel Jandia

300/301

Surfspots im Norden 306

Flag Beach Windsurf Center 307

EI Restaurant, Bar, Café, Kneipe

TJ Kulturzentrum

Sportplatz, Tennisplatz

ek Fahrradladen und -verleih

Kirche

t Kirche, Kapelle

Lt] 1 Friedhof, Denkmal

Gipfel mit Höhenangabe in m

Aussicht, Rundblick

Beschriebene Wanderung

Quelle, Wasserfall

nL Strand, Badestelle

8 KARTENVERZEICHNIS & LEGENDE

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Fuerteventura —Eine Insel mit zwei Gesichtern

A ls ich Bekannten und Freundenerzählte, daß ich einen Reisefüh-

rer über Fuerteventura plane, stieß ichmitunter auf ungläubiges Erstaunen.Was ich denn da schreibe wolle, Fuer-teventura sei doch so schrecklich er-eignislos, dafür lohne es doch kaum,den PC anzuwerfen. Das Schönste,was man von Fuerteventura aus unter-nehmen könne, sei ohnehin ein Aus-flug zu den viel interessanteren Nach-barinseln!

I n gewisser Weise habe ich Ver-ständnis für solche (Vor- )Urteile. Fuerteventura ist eine Insel, an der sichdie Geister scheiden: Entweder manmag sie, oder man mag sie nicht. Da-zwischen gibt es nichts, eine Insel oh-ne Kompromisse eben. Als wenn dieInsel nmir ihre zwei Gesichter beweisenwollte, verlief meine Bekanntschaftmit Fuerteventura anders ab. Mein er-ster Kontakt fiel ausgesprochen kurzaus — eine unfreiwillige Zwischenlan-dung. Vom Flugzeug aus warf ich ei-nige neugierige Blicke auf eine eintö-nig wirkende Wüsteninsel. Ein Bild,das mich nicht zu überzeugen ver-mochte. Freiwillig wäre ich wohlkaum wiedergekommen.

D och für die Recherche zu meinemReiseführer über Lanzarote galt

es, ein Ausflugsprogramm zu der gro-ßen Nachbarinsel zusammenzustellen.Pflichtbewußt bestieg ich also vomHafen Playa Blanca im Süden Lanza-rotes aus die Fähre nach Corralejo.Ohje, der Ort war nicht gerade um-werfend! Ich traf damals auf eine

»boomtown« voller Baustellen,durchzogen von halbfertigen Straßen,an denen sich billige Souvenirshopsreihten. Optimistisch wandte ich michlandeinwärts. Doch dort erwartetenmich öde Lavafelder und von derLandflucht gekennzeichnete halbver-fallene Trümmerdörfer. Die Inselwirkte auf mich — vom ini Gegensatzdazu lebhaften Lanzarote kommend —wie ausgestorben.

Zugegeben, wer auf der als kultur-los verschrieenen Insel Kultur tankenoder sich bilden möchte, ist hier falsch.Echte Sehenswürdigkeiten sind Man-gelware, zumindest was im herkömm-lichen Sinn darunter verstanden wird.Selbst abends einen Stadtbummel ma-chen und in einem von Einheimischenbesuchten Lokal einen Drink nehmenzu wollen, gestaltet sich nicht einfach.Als Tourist wohnt man in künstlichenFerienstädten, die sich ein gewissesFlair erst noch zu erarbeiten haben.

Warum also ausgerechnet Fuerteventura? Als Strandfan, wie ich

einer hin, kommt man nicht umhin,der Insel die besten Noten zu geben.Nirgendwo sonst auf den Kanaren, javielleicht in ganz Europa, finden sichso weitläufige und teils einsame Strän-de von feinstem Pulversand wie in denDünen von Corralejo oder auf derHalbinsel Jandia. Und dieser Fakt warmir hei meinen Stippvisiten nicht ent-gangen. Fuerteventura hatte mir nutihrem anderen Auge zugeblinzelt.Tatsächlich gleicht die Insel einerüberdimensionalen Buddclkiste.Nicht nur die Kleinen fühlen sich ani-miert, Kanäle und Deiche zu bauen,auch die Großen greifen zur Schippe,

VORWORT 9

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wenn es dar-um geht, einewindgeschütz-te Strandfe-stung zu er-richten. EinKuriosum ne-benbei: AmEingang somancher Burgprangt einTürschild, dasverkündet:

»Hier wohnen bis zum S. Januar Kal-le, Dörthe und Klein-Sarah aus Ca-strop-Rauxel.« 'Typisch deutscheMentalität auf dem Breitengrad derSahara oder übersteigerte Besitzan-sprüche auf ein Stück Windschutz?

B leihen wir beim Positiven. Fuerte-ventura ist ein Dorado für son-

nenh ungrige Mitteleuropäer, für Surf-cracks, Taucher und Fkk-Fans, die nurmit einem Sonnenhut bekleidet kilo-meterweite Strände ablaufen können.Doch die Insel auf Sonne und Meer zureduzieren, wäre kurzsichtig. im Lan-desinneren entfaltet Fuerteventuraihren spröden Charme. Zwischen erd-bis ockerfarbenen sanft geschwunge-nen Vulkanbergen, die prächtig zudem Blau und Türkis des Atlantikk�àÌŽ�•����ÍŽ�•��Ð B[£’ÿÿ€�B[£’ÿÿÁîq@£’ÿÿ@8‘•¡’ÿÿÀþdq¡’ÿÿ�pä�¨U�ontrastieren, ducken sich malerischePalmenoasen. Schon bald nimmt einenjene Ruhe gefangen, die man sich inder heimischen Alltagshektik ersehnthatte. Reizüberflutung ist hier einFremdwort, Fuerteventura reizt ledig-lich durch ihre Kargheit und Ur-sprünglichkeit. Die geographischeNähe zur Sahara drückt sich in einerVegetation aus, in der jedes gesichtete

Blümchen einer kleinen Sensationgleicht. Von einer Wüste zu sprechen,wäre allerdings falsch, dazu fehlen ein-fach die Leere und Weite.

Der Mangel an Attraktionen hatsein Gutes. Auf Fuerteventura stehenSie nicht unter dem Druck, alles Mög-liche oder Unmögliche während ihresUrlaubs »abhaken« zu müssen.Schließlich sind die schönsten Tage des,Jahres auch dazu da, einfach mal ab-zuschalten. Wer dies in den mituntertrubeligen Ferienclubs an der Küstenicht kann, sollte unbedingt die un-verbrauchte Natur im Bergland oderdie wildromantische,' nahezu un-berührte Westküste der Insel aufsu-chen. Fuerteventura ist eine Insel, dieentdeckt werden will. Zu Fuß, mitdem Bike oder Pkw — die schönstenTouren quer über die Insel habe ichfür Sie zusammengestellt. Und ichwünsche ihnen, daß es Ihnen wie mirergeht und Sie am Ende Ihres Urlaubssagen können: »fuerte ventura« be-deutet auch für mich ein »starkesGlück«!

ROLF GOETZ

März 2000

P.S. Wenn Ihnen dieser Peter MeyerReiseführer gefallen hat, dann emp-fehlen Sie ihn bitte Ihren Freundenund Bekannten weiter oder schreibenSie Ihre Meinung an den Verlag. Ver-wertbare, fundierte Informationenoder Korrekturen (auch zu den Kar-ten) honoriert der Verlag mit einemProdukt aus seinem Programm. Gernesendet er Ihnen auf Anfrage sein aktu-elles Verzeichnis zu.

A uch der spanische

Schriftsteller und

Philosoph Miguel de

Unamuno war für die

zwei Gesichter der In-

sel empfänglich, er

nannte sie »das Gerip-

pe einer Insel«, aber

auch eine »Oase in der

Wüste der Zivilisati-

on«.

10 VORWORT

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GESTERN & HEUTE

GESTERN & HEUTE

NATUR & KULTUR

TYPISCH ESSEN

REISEPRAXIS

PUERTO DEL ROSARIO & OSTKÜSTE

CORRALEJO & NORDEN

DAS ZENTRALE BERGLAND

HALBINSEL JANDIA

AUSFLUG NACH LANZAROTE

AKTIV & SPORTLICH

tifif

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VON STEINZEITMENSCHENUND KONQUISTADOREN

Die Frühgeschichte der Kanarischen Inseln ist nicht viel mehr als eine lose

Sammlung von Hypothesen und Vermutungen. Während in Europa mächtige

Königreiche entstanden und Seefahrer und Eroberer sich anschickten, sich die

halbe Welt untertan zu machen, lief die Geschichte an den Kanaren vorbei. Bis

zur Entdeckung des Archipels durch Europäer lebten die Altkanarier auf der Ent-

wicklungsstufe von Steinzeitmenschen.

Antike Dichter und Denker ließen ih-rer Phantasie freien Lauf als es darumging, jene ferne Inselgruppe am Randeder Welt, irgendwo im »Westmeer«(dort, wo die Sonne untergeht) gele-gen, zu charakterisieren. Da ist vonden »Inseln der Glückseligen« die Re-de, auf denen das Paradies zum Grei-fen nahe sei, mit fruchtbaren Lände-reien und einem immerwarmen mil-den Klima — ein Paradies, in dem dieMenschen ein ruhiges und glücklichesLeben führten. In der im achten vor-christlichen Jahrhundert entstandenen»Odyssee« besingt Homer mit über-schwenglichen Worten jene Inselgrup-pe, auf der es keinen Winter gibt undein sanfter Wind eine erfrischendeKühle bringt.

Sollte Homer bereits von den wet-terbestimmenden Passatwinden ge-wußt haben? Zu jener Zeit wurde dieErde als flache Scheibe angesehen.Geographisch beschränkte sich dasantike Weltbild nach Westen hin aufdas Gebiet entlang der Mittelmeerkü-ste bis zur Meerenge von Gibraltar, dieim Altertum als die »Säulen des Hera-kles« bekannt war. Die Säulen des He-rakles galten als das Ende der Welt.Westlich davon breitete sich nach denantiken Vorstellungen das Inselreich

der Toten, die »Elysischen Gefilde«,die »Gärten der Hesperiden« oderHesinds »Inseln der Seligen« aus, wo-hin die Lieblinge der Götter versetztwurden, ohne den Tod zu erleiden — sowill es zumindest der Mythos.

Auch die Römer machten sich ihreGedanken über das von Homer be-sungene Inselreich. In Ovids (43v. Chr — 17 n. Chr.) «Metamorpho-sen«, einem Epos von beeindrucken-der Sprachgewalt, wird erstmals derfür die Kanaren schon zum Klischeegewordene »Ewige Frühling« er-wähnt, ein mildes Klima mit Früchtenund Nahrung im Überfluß und para-diesischen Lebensverhältnissen. We-der Homer noch Ovid kannten die In-seln der Glückseligen aus eigener An-schauung, was jedoch keinen daranhinderte, sie als das Nonplusultra an-zupreisen.

Eines der wenigen Völker, die invorchristlicher Zeit nachweislich dasMeer westlich der Straße von Gibral-tar erkundeten, waren die Phönizier.Von ihrem Stützpunkt Gadir, demheutigen Cädiz im Süden der Iberi-schen Halbinsel, unternahmen die alstüchtig bekannten Seefahrer bereits inder Zeit zwischen r r oo und 800 v. Chr.Entdeckungsfahrten entlang der nord-

VON STEINZEITMENSCHEN UND KONQUISTADOREN 13

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13P EJ 0

5 wi er Frühling war's, 5g g E

55und sanft mit lind-t

warmen Lüften streichelt der5Zephirwind. ovin 55

01-, u l r̂^c.l^r^t=10

westafrikanischen Küste. Obwohl kei-ne eindeutigen Zeugnisse für eine Lan-dung vorliegen, kann man davon aus-gehen, daß die Phönizier vielleicht so-gar schon die kleine Insel El Hierrokannten und von dort, mindestensaber von den östlichen 1 nseln Fuerte-ventura und Lanzarote die begehrteOrchilla-Flechte mitgebracht haben,eine bis ins Mittelalter hinein überausgeschätzte Färberpflanze, aus der sichein purpurroter Farbstoff für Wolleund Seide gewinnen ließ. Seither wer-den die Kanaren oftmals mit deni Na-men Purpurinseln bezeichnet.

Um die Zeitenwende erwähnt derrömische Historiker Plinius der Ältere(23 — 79 n. Chr.) eine Expedition desmauretanischen Königs Juba II. (gest.23 n. Chr.). Ob die Mauretanier die In-seln erreichten, ist nicht gesichert.Nach der Uberlieferung sollen KönigJubas Gesandte an der Küste riesen-große Hunde (lat. canis) gesichtet ha-ben. Zumindest war mit den Hunde-inseln wieder ein neuer Name gebo-ren, wovon sich auch der InselnameGran Canaria ableiten soll. Wahr-scheinlicher jedoch ist, daß diese Inselihren Namen zu späterer Zeit dem Ka-narienvogel verdankt.

Die erstmals annähernd genaue La-gebeschreibung des kanarischen Ar-

chipels verdanken wir der Weltkartedes Geographen und MathematikersClaudius Ptolemäus (8 S — i Go n. Chr.)aus Alexandria. Ptolemäus legte denersten Nullmeridian, der das westlicheEnde der Welt bezeichnete, am KapOrchilla auf El Hierro an. Ganz derantiken Überlieferung entsprechend,nannte er sie insulae f ortunatae — »In-seln der Glückseligen«. Rätselhafter -

und wunderbarerweise zeigte zu die-ser Zeit jedoch niemand ernsthaftesInteresse, den mysteriösen Archipelim Atlantik zu erkunden, so daß dieInseln bis zum Mittelalter vergessenblieben.

Versunkenes Atlantis odereingewanderte Berber?Glaubt man den alten Uberlicferun-gen, wonach alle möglichen VölkerKontakte zu den Kanaren gehabt ha-ben sollen, ist es um so verwunderli-cher, daß bei der Wiederentdeckungim i3. Jahrhundert durch die europäi-schen Mächte keinerlei Spuren frem-der Völker zu finden waren. Nochkurze Zeit vor der sogenannten Ent-deckung Amerikas fanden genuesi-sehe, mallurquinische, portugiesischeund spanische Seefahrer eine Bevölke-rung vor, die in ihrem Aussehen ver-blüffend europäische Züge aufwies.Weitaus aufsehenerregender war je-doch das Phänomen, daß die Europä-er quasi vor ihrer eigenen Haustür miteiner steinzeitlichen Kultur konfron-tiert wurden, die anscheinend über-Jahrtausende hinweg von den Errun-genschaften moderner Zivilisation un-berührt geblieben war. Wie und wannkamen diese Menschen auf die I nseln,

14 VON STEINZEITMENSCHEN UND KONQUISTADOREN

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und warum konnte sich dort eine »pri-mitive« steinzeitliche Kultur bis weitin die Neuzeit erhalten? — Fragen, dieauch heute noch zum Teil ungeklärtsind und vieles im dunkeln lassen.

Auf die Frage nach dem Woher bietetdie Fachwelt ganz unterschiedliche,vielfach spekulative Erklärungsmodel-le an. Wissenschaftlich nicht haltbar istheute die Atlantis-These, wonach dieKanarischen Inseln zu den Resten dessagenumwobenen, ins Meer versunke-nen Atlantis gehört haben sollen (sie-he Seite 49).

Eigentlich müßte man annehmen,daß der Archipel vom nordwestafri-kanischen Festland aus besiedelt wur-de, liegen doch das Kap j uby in derWestsahara und die Ostinsel Fuerte-ventura nur 10o km auseinander. Anklaren Tagen kann man gar den jewei-ligen Küstensaum ausmachen.

Warum ganze Völkerschaften ausNordafrika auf den Kanaren ein neuesZuhause gesucht haben könnten, magverschiedene Gründe gehabt haben.Einmal wird dafür die fortschreitendeVerwüstung der Sahara verantwortlichgemacht, die zunehmend den Lebens-raum der nomadisierenden Berber-stämme einengte. Auch die römischeBesatzung des Maghreb könnte einGrund für den unfreiwilligen Exodusgewesen sein.

Item Naheliegenden zum Trotzstößt diese Berbertheorie nicht aufungeteilte Zustimmung. Dagegensprechen vor allem nautische Proble-me. Strömungsverhältnisse und Pas-satwinde machen die Überquerungder Meeresstraße zwischen Marokko

und Fuerteventura oder Lanzarote miteinfachen Schiffen ohne gut ausgebil-dete Navigationstechniken und demGebrauch von Rudern zu einem äu-ßerst schwierigen Unterfangen. EinenBeweis dafür lieferte in jüngster ZeitThor Heyerdal mit seinen berühmt ge-wordenen Expeditionen. Heyerdalstartete 1970 mit einem Schilfbündel-floß von der Küste Marokkos — undtrieb schlichtweg an den Kanaren vor-bei! Der österreichische Kanarenfor-scher Hans Biedermann folgert dar-aus, daß angesichts der Strömungsver-hältnisse jede Seefahrt zu den Kanarennur dann gute Aussichten auf Erfolghat, wenn sie möglichst weit im Nor-den beginnt, am besten auf der Iberi-schen Halbinsel. Wenn auch geogra-phisch viel weiter von den Kanarenentfernt, ist es nicht unwahrscheinlich,daß die Besiedlung vom heutigenCädiz oder von der portugiesischenAlgarveküste aus ihren Anfang nahm,von wo aus der Nordostpassat einfa-che Schiffe genau zu dem Archipeltreiben kann. Unterstützend für dieseThese kommt hinzu, daß im Mün-dungsdelta des Tejo (beim heutigenLissabon) eine prähistorische Kultursiedelte, welche die Voraussetzungenfür die lange Überfahrt durchaus hät-te erfüllen können. Und auch Chri-stoph Kolumbus startete nicht vonungefähr seine Expeditionen in dieweite Welt von Cädiz aus. Er kanntesich offensichtlich aus mit den Passat-winden — auf allen seinen Reisen legteer jeweils einen Zwischenstop auf denKanaren ein.

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DIE KULTUR DERALTKANARIERDie geographische Isolation des Ar-chipels schuf eine Kultur, die selbst imausgehenden Mittelalter noch derSteinzeit verhaftet war. Die Altkanari-er, vielfach auch Guanchen genannt,waren ein Volk, das weder Metall nochdas Rad kannte und als WerkzeugeObsidian-Messer und Trachyt-Beilebenutzte. Die Insulaner lebten inHöhlenwohnungen, kleideten sich inFelle und kämpften mit Keulen undSteinen. Selbst die Kunst der Schiff-fahrt schien verloren gegangen zu sein.Die Inselbewohner hatten nicht nurkeine Verbindung zum lediglich iookm entfernt gelegenen afrikanischenKontinent, auch die sieben Inseln un-tereinander pflegten keine Kontakte,obwohl sie in Sichtweite zueinanderliegen.

Die Eroberung der Inselgruppedurch die Spanier im 1 S. Jahrhundertlöschte die Spuren der Altkanarierweitgehend aus. Mangels mündlicheroder schriftlicher Überlieferungendurch die Altkanarier selbst ist dasWissen über die Ureinwohner des Ar-chipels begrenzt. Als die beiden wich-tigsten historischen Quellen über dieKultur der steinzeitlichen Menschensind die Texte des italienischen Inge-nieurs und FestungsbaumeistersLeonardo Torriani (1560 — 1628) so-wie des auf Teneriffa gebürtigen Ge-lehrten und Geistlichen José Viera yClavijo (1731 — 1813) anzusehen.

Torriani hielt sich zwischen 1582und 1597 auf den Kanaren auf, etwai oo Jahre nach der Eroberung der letz-ten Insel. Zu jener Zeit gab es zwar

keine Augenzeugen der Eroberungmehr, doch trotz der rasch voran-schreitenden Assimilation der Altka-narier in die spanische Kultur muß dieErinnerung hinsichtlich Sprache undSitten noch ziemlich lebendig gewesensein. Viera y Clavijos 1773 in Madriderschienenen »Noticias de la Historiageneral de las Islas Canarias« gelten alseine der fundiertesten schriftlichenHinterlassenschaften über den Archi-pel.

Als weitere Quelle zu nennen sinddie Aufzeichnungen des schottischenKaufmanns George Glas (gest. 1765).Der Handeltreibende stieß 1761 aufTeneriffa auf ein bis dato verscholleneshandschriftliches Manuskript, verfaßt1632 von dem FranziskanermönchJuan Abreu de Galindo, das präzisedie damaligen Lebensverhältnisse aufden Inseln widerspiegelt. Einige Jahrespäter als Glas bereiste der junge fran-zösische Baron Georges Marie Bory deSaint Vincent (1780 — 1846) den Ar-chipel. In seinem 1803 in Paris veröf-fentlichten, in lebendigem Stil verfaß-ten Buch liefert Bory zahlreiche geo-graphische, historische, botanischeund sprachwissenschaftliche Detailsund wußte von so »mancherlei Merk-würdigkeiten« zu berichten.

Neben den wenigen Chronistentrug in neuerer Zeit die ethnographi-sche und anthropologische Forschungdazu bei, uns die steinzeitliche Kulturder Altkanarier etwas verständlicherzu machen. Heyerdal zum Trotz hatsich heute die Theorie durchgesetzt,daß die Altkanarier von Afrika aus aufdie Inseln übergesetzt sind. Sprach-vergleiche lassen eine Verwandtschaft

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mit der Berbersprache erkennen,wenn auch das nur bruchstückhaft er-haltene Altkanarische keine erschöp-fende Analyse ermöglicht. Schädel-funde weisen ebenfalls Ähnlichkeitenmit nordafrikanischen Berberstämmenauf. Andere Skelettfunde lassen aufkräftige, athletisch gebaute und für diedamalige Zeit hochgewachsene Men-schen schließen. Mit etwa 1,70 m wa-ren die Insulaner — jedenfalls die Män-ner — im Schnitt zehn Zentimeter grö-ßer als die Konquistadoren. Daß dieUreinwohner, wie vielfach angenom-men, blond und blauäugig gewesenseien, läßt sich nicht belegen.

Die Besiedlung des Archipels mußvor mindestens zweieinhalbtausendJahren stattgefunden haben. In Icodauf Teneriffa wurden Feuerstellen ent-deckt, die mit Hilfe der Radiocarbo-nmethode auf die Zeit um 82o v. Chr.datiert werden. Auf Fuerteventura ge-hen die frühesten belegten Siedlungs-spuren auf das 3. Jahrhundert n. Chr.zurück, die ersten Einwanderer mö-gen jedoch bereits weitaus früher ge-kommen sein. Es wird angenommen,daß die Einwanderung in mehrerenSchüben verlief, bis schließlich auf his-lang unerklärliche Weise alle Verbin-dungen zum Festland abrissen und be-reits weit vor der Zeitenwende einekulturelle Isolation entstand.

Rudimentäre Felskunst & Spiele

Erst seit etwa 25o Jahren ist bekannt,daß die Altkanarier eine Art »schriftli-chen Nachlaß« in Form von Felsbil-dern hinterließen. Die niit einem har-ten Stein in den Fels gravierten Zei-chen werden als Petroglyphen (griech.

petra = Fels; glyphein = einritzen) be-zeichnet.

Die ersten Zeichen wurden 1867 ander Cueva de Belmaco auf La Palmaentdeckt. Ähnliche Felsbildstellen sindEl Julan de Los Letreros auf El Hicrrooder die Felsbilder im Barranco de laCuatro Puertas und der Cueva Pinta-da bei Galdar auf Gran Canaria. Zen-trum der Petroglyphenkultur ist LaPalma mit mehreren I )utzend über dieganze Insel verstreuten Fundorten.

Gängige Grundmuster sind kon-zentrische Spiralen, Labyrinthe,mäandernde Schlangenlinien und Wel-lenkreise. Dazu kommen Ideogrammewie einfache Kreise, Linien und Ova-le. Vornehmlich auf El Hierro wurdenmehr zeichenartige Grundmuster ge-funden, die als ein Vorstadium zurSchrift angesehen werden. Aber auchauf Fuerteventura wurden einige we-nige als Schriftzeichen interpretierteRitzungen gefunden, die sogar in »li-bysche« und »lateinische« unterschie-den werden, obwohl für diese Zuord-nung echte Beweise bislang fehlen.Bisher einzigartig ist eine Steinritzungin Form eines gleichschenkligen Drei-ecks mit einem Loch anstelle eines

Stehen wirklich bekannte Schriftsystemehinter den Petroglyphen Fuerteventuras?

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3.11N Punktes in der Mitte,die man auf Fuerte-ventura zwischen LaFortaleza und Morrodc la Calera entdeckthat und der ehersymbolische oderkultische Bedeutungzugeschrieben wer-den muß. KultischeBedeutung hattenwohl auch die soge-nannten Fußspuren,siehe weiter unten imText.Die Zeichen vermit-

teln abstrahierte Vorstellungen undBegriffe, sie sind mehr Sinnschrift alsSprachschrift. Bislang gelang es nichteinmal ansatzweise, die Bilder zu ent-schlüsseln, die Wissenschaftler (undwir mit ihnen) dürfen weiter rätselnund deuten. Von Kulturhistorikernwerden die ornamentalen Spiralbildermit den Megalithkulturen in der Bre-tagne und Irland verglichen, wo aufDolmen ;ihnliehe Felsbilder gefundenwurden. Auch Analogien zum Kul-turrauen der nordafrikanischen Berberwerden gezogen.

Außer der Reihe dieser symboli-schen Petroglyphen sind Steinritzun-gen zu sehen, die die Hirten zu ihremZeitvertreib auf beliebige Steine undFelswände vornahmen: Felder und Li-nien, die eindeutig zum Spielen be-nutzt wurden. Manche dieser Spiele,die dem uns bekannten Mühle-Spielähneln, sollen sogar noch überliefertsein. Als Spielsteine dienten wahr-scheinlich flache Steinchen oder Ton-scherben. Ohne Würfel ging es darum,

,allein durch Geschicklichkeit und stra-tegisches Denken zum Ziel zu kommen.

WohnenGanz den steinzeitlichen Gepflogen-heiten entsprechend, lebten die Altka-narier überwiegend in Höhlen undeinfachen Steinhäusern. Insbesonderedie Zentral- und Westinseln verfügenüber zahlreiche durch vulkanischeGasblasen entstandene Aushöhlungenund natürliche Überhänge. Durch ein-fache Bearbeitung des weichen Tuff-

gesteins wurden die Höhlenwände zuBehausungen umgestaltet und teils mitSteinbänken ausgestattet.

Auf Fuerteventura stand bis auf ei-nige Lavatunnel im jungvulkanischenNorden natürlicher Wohnraum nurbegrenzt zu Verfügung. Die Urein-wohner lebten hier in Wohngrubenund Trockensteinbauten, sogenanntencasas hondas. Charakteristisch für dieauch in Nordafrika bekannte Wohnform sind die aus unbehauenem Steinzusammengefügten Trockensteinmau-crn, die in den Boden eingelassen wer-den. Die ovalen bis runden Behausun-gen hatten einen Durchmesser von biszu sechs Metern. Sie verfügten über ei-ne einfache Dachkonstruktion, ge-schichtete Steinlagen wurden so gezo-gen, daß sie sich zur Mitte des Raumeshin verjüngten. Bescheidene Reste voncasas hondas finden sich noch in LosToneies und La Atalayita nahe des Ba-rranco dc la Boca dc Pozo Negro ander Ostküste Fuerteventuras.

Obschon Ton zur Keramikherstel-lung bekannt war, sind Lehmbauten,wie sie in den nordafrikanischen Ber-

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berkulturen üblich sind, auf den Ka-naren nicht zu finden. Große Dörferoder gar Städte gab es auf keiner derInseln. Aus Höhlenwohnungen undeinfachen Steinhäusern entstanden le-diglich lockere Siedlungsgemeinschaf-ten.

Die »tiefen., d.h. versenkten Häuser -Casas Hondas - sind auf den Kanarennur auf Fuerteventura und Lanzarote zufinden. Sie waren immerhin so komforta-bel mit abgetrennten Räumen oder Vor-ratskammern ausgestattet, daß einige bisin dieses Jahrhundert hinein bewohntwurden

Archaische Keramik undSteinwerkzeugeDie kunst- und kulturhistorische Hin-terlassenschaft der Altkanarier istnicht gerade üppig. Viele Gebrauchs-gegenstände des täglichen Bedarfs undZeugnisse dekorativer Kunst (zumBeispiel Schmuck) wurden aus ver-gänglichen Materialien wie Holz oderLeder geschaffen. Die gefundenenWerkzeuge und Tongefäße sindschlicht und einfach. Sie weisen inForm und Gestalt typische Merkmaleder neolithischen Kultur auf. MangelsMetallen griff man auf den nächstbe-sten Ersatzrohstoff — den Stein — zu-

rück. Die Werkzeuge sind selbst fürsteinzeitliche Maßstäbe ausgesprochenwenig entwickelt. Benutzt wurdekaum bearbeiteter Basaltstein. AusStein gehauene und geschliffeneHandäxte dienten als Universalwerk-zeug. Obsidian, ein schwarzes ge-steinsartiges Glas mit scharfen Bruch-kanten, war nur vereinzelt in Ge-brauch. Aus Knochen und Hörnernstellte man Speerspitzen und Nah-werkzeug her. Hölzerne Schöpfkellendienten als Küchengerät.

Die Töpferscheibe war den Altka-nariern nicht bekannt. Die kugeligenoder nach unten konisch geformtenKeramikgefäße sind mit einfachenKerbmustern dekoriert, teils im Fisch-grätstil oder einfach mit eingeritztenZickzacklinien. Neben den konischzulaufenden Gefäßen, die sich prakti-scherweise einfach in den Sand steckenließen, waren auch stumpfkegeligeGefäße in Gebrauch. Das unwirtlicheMalpais de Arena im Norden Fuerte-venturas ist die wichtigste Fundstelleeiniger gut erhaltener Gefäße. Formenund Ornamentik lassen Parallelen zurberberischen Töpferkunst Nordafri-kas erkennen.

Auf Gran Canaria wurden eine Artaus Ton angefertigte Prägestempel(pintaduras) gefunden, die vermutlichals persönliche Besitzmarken dienten.Was damit bestempelt wurde, weißman allerdings his heute nicht.

Ziegenfelle als KleidungDie Altkanarier kannten weder Lei-nen noch Baumwolle. Die Kleidungbestand vornehmlich aus gegerbtenund genähten Ziegenfellen und einer

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Konisch ge-formtes Tongefäß

Art wollenemrellmantel. Auch

Schuhe wurdenaus Fellen herge-

stellt. Da das Webenunbekannt war, konnte

die Schafwolle nur sehr einfach verar-beitet werden.

Über die Männermode Fuerteven-turas berichtet der Chronist Bory deSaint Vincent, daß sich diese den Bartso stark und dick wachsen ließen »alses nur immer möglich war.« Um denBarthaaren ein besonders struppigesAussehen 'zu verleihen, sollen diesemit einem fettenden Gel traktiert wor-den sein.

Die Frauentracht schien schon eherdem Geschmack von Bory entgegen-zukommen. Das weibliche Geschlechttrug »hübsche«, dicht um den Leib ge-schlossene Kleider, die einen Teil derBrust unbedeckt ließen. Die Haarewurden von einem Lederband zusam-mengehalten und mit einem »niedli-chen Federbusch« geschmückt — fürmalerisches Outfit war gesorgt!

Waffen und KampftechnikenNeuere Forschungen belegen, daß dieAltkanarier keineswegs, wie oftmalsbehauptet, ein friedliches Hirtenvolkwaren. Kampf und Stammesfehdenwaren an der Tagesordnung. Mei-nungsverschiedenheiten wurden aufspeziellen Plätzen ausgetragen. Diesewaren von einer Steinmauer um-schlossen und mit erhöhten Innenräu-men versehen, so daß die Zweikämpfe

für alle Zuschauer gut sichtbar waren.Die lucha canaria ist eine heute alsSport gepflegte Tradition geblieben(Seite 85). Als Waffen dienten hölzer-ne Streitkolben und Wurflanzen mitin Feuer gehärteten Spitzen oder miteinem Ziegenhorn versehen. Im Nah-kampf wurden scharfe Steinklingenverwendet; Pfeil und Bogen waren un-bekannt.

Eine meisterhaft beherrschteKampftechnik war der Steinwurf. Vonder zielsicheren Wurfkraft wußten dieKonquistadoren Erstaunliches zu be-richten. Trotz steinzeitlicher Waffenkonnten die Altkanarier den gepan-zerten Eroberern fast wo Jahre erfolg-reich Widerstand leisten! Die unterle-gene Waffentechnik wurde durch kör-perliche Kraft, Geschicklichkeit undMut ausgeglichen.

Soziale OrdnungBevor die normannischen Erobererdie Insel in Besitz nahmen, war Fuer-teventura in die beiden Stanmmesgebie-te Jandia und Maxorata geteilt. EineSteinmauer über die Landenge Istmode la Pared trennte die beiden rivali-sierenden Stämme voneinander. JederStamm wurde von einem Häuptlingregiert. Für die Hauptinseln GranCanaria und Teneriffa kann in Bezugauf die gesellschaftliche Ordnung derAltkanarier von einer Ständeordnungausgegangen werden. Sie unterteiltesich in den Hochadel mit dem mencey

(König) und dessen Familie, dem nie-deren Adel und den Gemeinen, sprichdenn überwiegenden Teil der Bevölke-rung. Der Status eines Adeligen warnicht erblich, sondern konnte viel-

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mehr durch persönliche Tugendenund heldenhafte Taten erreicht wer-den. Von den Privilegien des Adels istbeispielsweise überliefert, daß dessenAngehörige das Haar lang tragen durf-ten, während die Gemeinen kurzge-schoren durch das Leben zu gehenhatten. Auf der untersten Sprosse dersozialen Stufenleiter standen die Tier-schlächter. So wurden während derKämpfe gegen die Konquistadoren ge-machte spanische Gefangene zum Zei-chen der Degradierung als Schlächterbeschäftigt. Auf dem dünner besiedel-ten Fuerteventura dürften die Stan-desunterschiede weniger ausgeprägtgewesen sein.

Frauen waren in der altkanarischenGesellschaft den Männern gleichge-stellt. Sie waren Kämpferinnen, Prie-sterinnen, Heilkundige, Töpferinnenoder auch Richterinnen und als solchein der Rangordnung sehr hoch ange-siedelt.

Glaube und KultAnders als in archaischen Gesellschaf-ten weit verbreitet, hielten sich dieAltkanarier nicht ein ganzes Panthe-on von Göttern, sondern verehrten ei-ne einzige Gottheit. Dem dualisti-schen Prinzip entsprechend, hatte diegute Kraft einen bösen Gegenspieler.

Mit Ritualen und Opferkultenwurde versucht, die gute Gottheit heiStimmung zu halten. Während langanhaltender Trockenperioden soll einRegenritual abgehalten worden sein.Dabei trennte man von Mutterschafendie Lämmer, bis diese so jämmerlichblökten, daß sie das Mitleid der Gott-heit erregten und der auf Fuerteventu-

ra verehrte Achanan schließlich denersehnten Regen schickte.

Eine kultische Funktion wird zweikleinen, kaum i o cm hohen Figurenzugesprochen, die ,2.75:7

•im Malpais de :Arena gefun-den wurden. ki'Als Materialfür die Idolediente poröseLava und Sand-stein. Die starkabstrahierteweibliche Fi-gur ist deut-lich an denausgepräg-ten Genita-lien erkenn-bar.

Fragment eines weiblichenIdols aus Sandstein;

Höhe 7,9, Breite 3,5, Tiefe 2,6 cm

Als noch bedeutsamer wird derRelieffries vom Lomo de la Virgen na-he La Oliva angesehen. Der heute imMuseum von Betancuria ausgestellteSteinfries zeigt sieben nebeneinander-stehende Frauen, die ebenfalls starkvereinfacht dargestellt sind. Was genauder oder die Künstler damit aus-drücken wollten, bleibt ungeklärt.

Ebenfalls im dunkeln tappt dieFachwelt bei den in Fels geschlagenenFußumrissen, wie sie im Gipfelbe-reich der Montana Tindaya zu sehen

• sind (siehe Wanderung Seite 290). Diemehr als ioo »Fußspuren« sind teilseinzeln, in Paaren oder in Gruppenangeordnet. Die meisten Füße sind auf

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Fußabdrücke eines Paares? Was nur könnendiese Felszeichnungen bedeuten?

den Teide Teneriffas ausgerichtet, derhei gutem Wetter von der MontanaTindaya gesehen werden kann. DenFußdarstellungen, die auch auf Lanza-rote, Gran Canaria, Teneriffa undNordafrika nachgewiesen werdenkonnten, wird eine magische Bedeu-tung zugesprochen.

Eine bedeutende Rolle spielte derTotenkult. Auf allen Inseln bestatteteman die Toten bevorzugt in Höhlen.Auf den Westkanaren war es üblich,die Toten zu mumifizieren. Parallelenzum altägyptischen Totenkult liegenauf der Hand, obschon sich die ange-wendeten Techniken unterschieden.So wurden auf den Kanaren dem To-ten weder die Eingeweide noch dasGehirn entfernt. Auch wurde diesernicht in so kunstvolle Bandagengehüllt, wie dies ans Nil üblich war.Unser französischer Chronist Bory deSt. Vincent beschrieb den Vorgang derEinbalsamierung wie folgt: Zunächstwurde der Leichnam gründlich gewa-schen:

»Dies geschah mit fri-schem Wasser, worinman so viel Salz auf-löste, als dasselbe zufassen vermoch. Die

leeren Teile wurdeten rnit

aromatischen Pflanzen aus-gestopft, worauf man den

Leichnam entweder der stärk-sten Sonnenhitze aussetzte,

oder wenn die Sonne nicht heißgenug schien, denselben in starkgeheizten Zimmern vollends aus-trocknete. Während der Ausstel-lung überzog man den Leichnamgewöhnlich mit einer gewissen

Salbe, die aus Ziegenfett, wohlriechen-den pulverisierten Pflanzen, Fich-tenrinden, Harz, Lehm, Bimsstein undanderen absorbierenden Dingen be-stand.« Als konservierend wirkte auchdas aus dem Drachenbaum gewonne-ne »Drachenblut«. Alle Körperöff-nungen wurden mit Bienenwachs ver-schlossen. Der Tote wurde schließlichin gegerbte Ziegenhäute eingewickeltund in eigens reservierten Grabhöhlenaufrecht an die Wand gelehnt aufge-bahrt. Die Mumifizierung war nurAngehörigen der Oberschicht vorbe-halten. Für das einfache Volk wurdeweitaus weniger Aufwand getrieben,sie wurden entweder verbrannt odervergraben.

Die meisten der Grabstätten wur-den im i 7. und 18. Jahrhundert ge-plündert. Die Mumien wurden größ-tenteils pulverisiert und in europäi-schen Apotheken als Arznei verkauft,von der man sich ewige Lebenskrafterhoffte. Einige der Mumien sind inden ethnologischen Museen in Las

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Palmas de Gran Canaria und SantaCruz de Tenerife ausgestellt.

Sprachliche WurzelnDas Altkanarische zählt heute zu dentoten Sprachen. Nur wenig blieb er-halten, und viel zu spät begann man,die Sprache der Ureinwohner zu sy-stematisieren. Man geht davon aus,daß auf allen Inseln die gleiche Sprachegesprochen wurde, wobei sich von In-sel zu Insel lokale Dialekte herausbil-deten, die voneinander teils so ver-schieden waren, daß zur Verständi-gung Dolmetscher gebraucht wurden.

Der überlieferte Wortschatz ist zuklein, um daraus fundierte Schlüsseüber die Herkunft der Sprache abzu-leiten. Vorspanische Ortsnamen wieTiscamanita, Tetir oder Giniginámardeuten allenfalls auf berberische Wur-zeln hin.

DIE ZEIT DEREROBERERMit dem Untergang derAntike geriet — trotz derberühmten Welt karte vonPtolemäus — das Wissenum die »Inseln der Glück-

seligen« zusehends wieder in Verges-senheit. Das hereinbrechende Mittel-alter war mehr mit sich selbst beschäf-tigt. Man hegte vorerst keinerleiAmbitionen, über die bekannte geo-graphische Welt hinaus neue Territori-en zu suchen. Vergessen von den eu-ropäischen Machtzentren, blieb derkanarische Archipel ein ganzes Jahr-tausend unbehelligt.

Selbst der Islam, der sich im letztenJahrtausend blitzartig über den ge-

samten nordwestafrikanischen Raumausgebreitet und mit den Mauren garauf der Iberischen Halbinsel Fuß ge-faßt hatte, schaffte den Sprung zu denKanaren nicht. Gab es flüchtige Kon-takte, so hatten diese auf die Inselweltkeinen nachweislichen Einfluß.

Erst seit dem i 2. Jahrhundert wur-de der Archipel wiederholt von See-fahrern und Glücksrittern heimge-sucht. Um 11 So soll der arabischeGeograph Al Idrisi die Inseln besuchthaben. Doch außer von langhaarigenMännern und schönen Frauen wußteder im Dienst des Königshofs von Pa-lermo stehende Araber nicht viel zuberichten. Im Jahr 1292 kreuzten ge-nuesische Seefahrer zwischen den In-seln. Halbwegs gesicherte Kontaktekönnen auf den Beginn des 14. Jahr-hunderts datiert werden: 1312 durch-segelte der genuesische KaufmannLancelotto Malocello (auch LancaroteMolocelli und ein halbes Dutzend an-derer Schreibweisen) die Meerengevon Gibraltar. Malocellos Reise zu denKanaren schien eher Zufall, als ge-plante Entdeckungsreise gewesen zusein. Der Genuese soll sich mit seinemHandelsschiff auf dem Weg nach Lon-don befunden haben, wurde jedochnach Süden abgetrieben und landeteschließlich auf einer der Ostinseln desArchipels. I)em vom Winde verweh-ten Kaufmann gefiel es anscheinendgut auf Lanzarote, er soll sich dortzwei Jahrzehnte aufgehalten haben.

Die Rückkehr Malocellos nach Eu-ropa und die erstmalige EintragungLanzarotes auf einer Seekarte weckteschlagartig das Interesse an weiteren»Entdeckungen«. Die wiedergefunde-

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nen Inseln der Glückseligen zogen als-bald Piraten und Sklavenjäger an. Ge-trieben von der Suche nach schnellemReichtum drangen sie wiederholt inden Archipel ein, unternahmen Raub-züge und machten auch Jagd aufmenschliche Beute.

Außer Genuesen kreuzten vor al-lem Schiffe der Mallorquiner zwischenden Inseln. Sie errichteten missionari-sche Stützpunkte auf Gran Canariaund brachten i 342 erste christianisier-te Kanaricr als Beweis des geistigenSieges auf die Balearen.

Etwa zur gleichen Zeit erreichte ei-ne Expedition des portugiesischen Kö-nigs Alfons IV. (1279 — 1357) mit zweiKaravellen und einem kleinen Seglerden Archipel. Mitgeführte Pferde,Waffen und Belagerungsmaschinen le-gen den Schluß nahe, daß es dabei we-der uni eine friedliche Handelsreisenoch uni bloße Sklavenjagd ging. Aus-genommen von kurzen Landgängenwurde jedoch nicht versucht, die In-seln zu erobern. Aufgeschreckt durchSklavenjäger hatten sich die Bewohnerbereits in die unzugänglichen Bergezurückgezogen. Dennoch gelang es,vier Ureinwohner gefangen zu neh-men und nebst Ziegenfellen, Talg undFärberholz nach Lissabon zu ver-schleppen. Die Portugiesen liefertennach dieser Expedition eine erstebrauchbare Schilderung über Beschaf-fenheit und Größe des Archipels, wasauf der Iberischen Halbinsel endgültigernsthafte Eroberungsgedanken auf-kommen ließ. Auch die Kirche melde-te nun Ansprüche an: Papst ClemensVI. beanspruchte, das geistige Ober-haupt der Al t kanarier zu sein, ob-

schon bis zum Ende seiner Papstzeitim Jahre 1352 noch keine einzige Ka-narische Insel erobert war.

Spätestens ab der Mitte des 13.Jahrhunderts verbreitete sich die Kun-de von der Wiederentdeckung der»verlorenen Inseln« in Europa in Win-deseile. Zwischen den Höfen der Kö-nige von Portugal und Kastilien ent-wickelte sich ein fast zwei Jahrhun-derte anhaltendes Gerangel um dieOberhoheit über die Inseln. DieFremdherrschaft der Mauren war-noch nicht ganz abgeschüttelt, da er-wachten bei den Kastiliern schoneigene Expansionsgelüste und Chri-stianisierungsgedanken. Daß ausge-rechnet die unwirtlichen und lebens-feindlichen Ostinseln der Kanarendem Machthunger der Europäer alserstes zum Opfer fallen sollten,scheint einer der unerklärlichen Win-kelzüge der Geschichte zu sein.

Ein Baron aus Frankreicherobert FuerteventuraDie eigentliche Conquista beginnt An-fang des r S. Jahrhunderts mit Jean deBéthencourt (1359 — 1425), einem französischen Landadligen aus der Nor-mandie. Bis dato kreuzten mehr oderweniger verwegene Abenteurer undPiraten zwischen den Inseln, ohnenennenswerte Ambitionen diese zu er-obern. Auf der Suche nach Ruhm undReichtum setzt der französische Ba-ron Béthencourt auf die Kanaren. Diemilitärische Expedition wird profes-sionell vorbereitet. Béthencourt stichtam 5. Mai 5402 vom französischenHafen La Rochelle aus in See. AnBord des gut ausgerüsteten Seglers be-

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finden sich ein Franziskanermönchund ein weiterer Kirchenvertreter, dieneben zukünftigen missionarischenAufgaben auch mit der Führungdes Expeditonstagebuchs be-traut werden. Zwei infrüheren Jahren aus demArchipel entführte undmittlerweile getaufteSklaven sollen alsDolmetscher dienen.

Letzter Stop inEuropa ist Cädiz.Unter der angeheuer-ten Besatzung desSchiffes bricht eineMeuterei aus, Teile derMannschaft desertieren.Béthencourt nimmt imJuli 1402 mit den verblie-benen 63 Mann, überwie-gend Franzosen ergänztdurch einige Kastilicr, Kurs auf denArchipel. Ende des Monats erreicht ermit den unbewohnten Eilanden Ale-granza, Montana Clara und La Gra-ciosa den östlichen Rand der Insel-gruppe. Im Inselinnern Lanzarotesstoßen sie auf Reste des vom Taufpa-ten der Insel — dem Genueser Lancel-loto Malocello — erbauten Forts Gu-anapay.

Die Landung der Normannen aufLanzarote markiert für den ganzenArchipel den Anbruch eines neuenZeitalters. Lanzarote kann ohne be-sonderen Widerstand im Handstreichgenommen werden. Das schnell er-richtete Fort Rubicön ins Süden dientals Sprungbrett, um Fühler zu denNachbarinseln auszustrecken. Ein er-ster Abstecher auf das in Sichtweite

gelegene Fuerteventura konzentriertsich darauf, die Stärke des Gegnersauszukundschaften. Fuerteventura

war zu jener Zeit in zwei rivali-sierende Königreiche geteilt:

I n Maxorata, dem nördli-chen und weitausgrößeren Teil der In-sel, herrschte KönigGuize; der südlicheDistrikt umfaßtedas Gebiet derHalbinsel Jandiaund wurde vonAyoze regiert. Die

beiden Reiche trennteeine gewaltige Stein-

mauer, die immer wiederzum Schauplatz vonScharmützeln wurde.Der permanente Kriegs-zustand brachte es mit

sich, daß den Konquistadoren kampf-erprobte Männer gegenüberstanden.

Der Eroberungsversuch scheitertan den entschlossen sich wehrenden,zahlenmäßig überlegenen Ureinwoh-ner. Fuerteventura soll damals vonmehr als 4000 Kriegern verteidigtworden sein. Béthencourt konsI nt zuder Einsicht, daß Fuerteventura unddie übrigen Inseln des Archipels mitseinen bescheidenen Mitteln nicht zuerobern sind. Er setzt auf Lanzaroteseinen Weggefährten Gadifer de La-salle (134o — 1422) als Statthalter einund kehrt nach Spanien zurück, unsVerstärkung zu holen. In Sevilla triffter mit dem König von Kastilien, Hein-rich 111. , zusammen und versichertsich seiner Unterstützung. Bei dieserGelegenheit überträgt der kastilische

Ein Mann seiner Zeit:der Eroberer Béthencourt

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Monarch Béthencourt die Herr-schaftsrechte über die zu eroberndenInseln. Er erli:ilt das Recht, Münzenzu prägen sowie als Feudalabgabe denfünften Teil an den zu erwartendenExporten einzubehalten. Auch dienotwendigen Mittel für eine zweiteExpedition können locker gemachtwerden.

Gut ausgerüstet und mit den vonHeinrich III. übertragenen Herr-schaftsrechten versehen, was faktischeinem Vizekönigstitel gleichkommt,kehrt im Februar 1404 Béthencourtvoller Eroberungsdrang nach Lanza-rote zurück. Dort kann er eine Rebel-lion rasch niederschlagen. Der lokaleKönig Guadarfáa läßt sich zum Zei-chen seiner Unterwerfung taufen, dirübrigen Insulaner tun es ihm darauf-hin gleich. Die christliche Religion fei-ert ihren ersten verbrieften Triumphsüdlich von Gibraltar.

Kurz darauf nimmt Béthencourtden entscheidenden Anlauf zur Un-terwerfung Fuerteventuras. Mit derHilfe zwangsrekrutierter lanzaroti-scher Ureinwohner landet er erneutauf der Nachbarinsel. » Que fuerteventura!« — was für ein starkes Aben-teuer, soll der normannische Erobererausgerufen haben. Was genau Béthen-court zu diesem Gefühlsausbruch ver-leitete, ist im nachhinein nicht mehrzu ergründen. Oder spielte er etwa aufden starken Wind an? Das hätte schonseine Richtigkeit, den gibt es auchnoch heute.

Trotz erbitterten Widerstandes, ge-lingt es nach blutigen Gefechten, ei-nen befestigten Stützpunkt anzulegenund von dort aus Zug uni Zug die Ge-

genwehr der Einheimischen zu bre-chen. Béthencourt macht viele Gefan-gene, im Januar i4o5 ist Fuerteventu-ra praktisch erobert. Wie schon aufLanzarote vorexerziert, lassen sich diebeiden Inselherrscher taufen, unserChronist hat gar ihre neuen Namenparat: Guize wird zu Louis, Ayozedarf sich fortan Alphons nennen.

Wenig später kann auch El Hierroin Besitz genommen werden. Béthen-courts Versuche, die dichtbesiedelteHauptinsel Gran Canaria und daswestlich davon gelegene La Palma ein-zunehmen, scheitern jedoch an derGegenwehr der Bewohner. Doch mitden beiden Ostinseln und El Hierrobeherrscht Béthencourt nach vier Jah-ren fast den halben Archipel. Er läßtKirchen errichten und bringt Einwan-derer und Bauern aus der Normandieauf die neuen Besitzungen. Die Altka-narier werden größtenteils als Land-arbeiter in die neue Ordnung inte-griert, das heißt als billige Arbeitskräf-te ausgebeutet. Der gell- undmachtgierige Béthencourt bootetschließlich seinen einstigen Kanipfge-fihrten Gadifer, der wesentlichen An-teil an der Eroberung der Nachbarin-seln hatte, aus und verweigert ihm je-den Anspruch auf die Inseln.

Béthencourt kehrt 1406 nach Euro-pa zurück. Bei einer Audienz vonPapst Innozenz VII. darf er dessenFüße küssen und nimmt dafür diepäpstlichen Glückwünsche für die er-folgreiche Christianisierung der Kana-ren entgegen. Der Baron zieht sich aufseinen französischen Landsitz nachGrainville zurück, wo er i425 im Altervon 66 Jahren stirbt.

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Die wechselhafte Zeitnach BéthencourtBevor Béthencourt den Archipel ver-läßt, übergibt er die Herrschaftsbefug-nisse seinem Neffen Maciot deBéthencourt. Der Chronist Bory de St.Vincent hält sich nicht weiter mit demNachfolger auf, wie er schreibt, ver-dienen »kleine unbedeutende Souve-räne keinen Platz in der Geschichte«.Tatsächlich kann über Maciot nichtallzu viel Gutes berichtet werden.

Maciot errichtet eine tyrannischeWillkürherrschaft. Auf den noch nichteroberten Inseln bereichert er sichdurch Sklavenjagd und Viehraub. Ma-ciot wird schließlich von katholischenMissionaren bei der kastilischen Kro-ne denunziert. Auf Druck des Königs-hauses muß Maciot 1415 die Herr-schaftsrechte abtreten. Er verkauft dieInseln an gleich drei Interessenten undsetzt sich nach Madeira ab. Es kommtzu einer Reihe von Verwicklungen, inderen Folge die eroberten Inselnmehrfach den Besitzer wechseln.

Der ständige Machtwechsel führtauf den Inseln zu instabilen Verhält-nissen, bis unter Diego Garcia de Her-rera die Besitzrechte der bislang er-oberten Inseln vertraglich der kastili-schen Krone zugesprochen werden.Der Herrera-Clan widmet sich zudemverstärkt der fortgesetzten Eroberungdes Archipels. La Gomera ist bereitseingenommen, Versuche, die Haupt-inseln Gran Canaria und Teneriffa zubesetzen, scheitern jedoch an der lief-tigen Gegenwehr der Ureinwohner.Herrera verschärft gleichzeitig die feu-dale Ordnung und führt neue Steuernein. Auf der Nachbarinsel Lanzarote

erhebt sich die so geknechtete Bevöl-kerung, der Aufstand gegen deii Feu-dalherren bleibt jedoch erfolglos.

Auf dem europäischen Festland ta-ten sich unterdessen weltbewegendeDinge. Die Verschmelzung der beidenKönigreiche von Kastilien und Arago-nien durch die Heirat von Isabella vonKastilien und Ferdinand II. von Ara-gonien schuf eine der Voraussetzun-gen für den kometenhaften AufstiegSpaniens zur Weltmacht für zwei Jahr-hunderte. Das neue Königspaar for-ciert gezielt die Anstrengungen, denganzen Archipel zu erobern. Und mitwachsendem militärischem Druck ge-lingt es den Konquistadoren schließ-lich: Gran Canaria fällt 1483. Unterdem Kommando von Alonso Fernan-dez de Lugo werden 1493 und 1496 LaPalma und Teneriffa in das spanischeReich eingegliedert. Die Kämpfe inTeneriffa, der letzten Bastion der Alt-kanarier, erweisen sich als äußerst ver-lustreich, die Spanier verlieren mehrals i000 Mann. Die Opfer unter denGuanchen zählt niemand. Historikergehen davon aus, daß etwa die Hälfteder Altkanarier durch die Kämpfe ge-gen die Konquistadoren und durch

Karavelle aus dem 15. Jahrhundert

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eingeschleppte Seuchen wie die Pestihr Leben ließen.

Drehkreuz der SchiffahrtDie Eroberung des Archipels dauertevon 1402 bis 1496: Fast ein ganzesJahrhundert hatten gut ausgerüsteteSoldaten im Harnisch gegen ein bar -

füßiges Steinzeitvolk gekämpft. Dieverbliebenen Ureinwohner werden er-staunlich schnell hispanisiert. Mit derTaufe nehmen sie den christlichenGlauben an und erhalten einen spani-schen Namen. Vielfach bleibt gar kei-ne andere Wahl: Wer sich der Taufewidersetzt, muß damit rechnen, alsSklave nach Andalusien deportiertzu werden. Bereits i 514 werden dieAltkanaricr rechtlich den Spanierngleichgestellt. Ein wichtiger Inte-grationsfaktor sind die zahlreichgeschlossenen Ehen zwischenKonquistadoren und einheimi-schen Frauen. Sieger und Besiegteverschmelzen binnen weniger Jahr-zehnte zu einem Volk. Die helle Haut-farbe der Ureinwohner trägt das ihredazu bei, die Vermischung zu be-schleunigen und die Unterschiede zuverwischen. Die altkanarische Kulturund die kulturelle Identität der Urein-wohner gehen dabei restlos unter.

Auf Sklavenfang in AfrikaDie Spanier hatten es sich zur Ge-wohnheit gemacht, von Fuerteventuraund Lanzarote aus einträgliche Skla-venjagden ins benachbarte Afrika zuunternehmen. Herrera unternimmtvon den Ostinseln aus zahlreicheRaubzüge entlang der »Küste der Bar-baren«. Es gelingt ihm sogar, mit dem

Bau eines Forts eine spanische Enkla-ve auf afrikanischem Boden zu errich-ten, die jedoch nur kurze Zeit gehaltenwerden kann. Bevorzugte Beute sindmaurische Sklaven, die in großem Stilauf die Kanaren verschleppt werden.Herreras Nachfolger tun es ihmgleich, tausende von Arbeitskräftenwerden nach Fuerteventura deportiert.Mit Hilfe der afrikanischen Sklavenwird mit der ackerbaulichen Er-schließung der Insel begonnen. Diemoros oder moriscos genannten Ber-bersklaven werden in der Landwirt-schaft bald unentbehrlich.

Ebenfallsvom afrika-nischen Fest-land bringtman Drome-dare auf dieInsel. DiegenügsamenTiere finden

auf Fuerteventura ähnliche Lebensbe-dingungen wie in der Sahara vor undkommen mit dem trockenen Inselkli-ma besser zurecht als Esel oder Pferde.Dromedare dienen als Transporttiere,sie treiben Getreidemühlen und Was -

serschöpfräder an und werden auchzum Dreschen des Korns eingesetzt.

Rachefeldzüge undPiratenunwesenDie Raubzüge der Europäer bleibennicht folgenlos. Rachefeldzüge durchafrikanische Kalifen und Piraten las-sen nicht lange auf sich warten. DieAfrikaner haben von den Normannenund Spaniern schnell gelernt. Währendeines halben Dutzend Überfälle ma-

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z

es

chen sie ihrerseits reichlich Beute undüben Vergeltung für den demütigen-den Sklavenraub vor ihrer eigenen Kü-ste. Im Jahr 1593 dringt der MaureJabán mit einer mehr als 200 Mannstarken Truppe ins Innere Fuerteven-turas vor, brennt die HauptstadtBetancuria nieder und verschleppt sei-nerseits 6o majoreros nach Afrika.

Die Eingliederung der Kanaren indas spanische Weltreich bedeutet fürdie Inseln keineswegs Ruhe und Frie-den. Neben afrikanischen Einfällenmuß sich die Inselgruppe auch gegenAbenteurer aus aller Herren Länderzur Wehr setzen. Nicht selten handeltes sich um sogenannte Staatskorsaren,die tut, oftmals unverhohlener, Un-terstützung ihrer Majestäten aufRaubzug gehen. Der französischeKorsar Le Clerc wütet 1551 auf derWestinsel La Palma, der HugenotteJean Capdeville brennt 1571 dieHauptstadt von La Gomera nieder,1586 landet Sir Francis Drake im Auf-trag der englischen Königin an derSüdostküste Teneriffas und plündertdas Kolonialstädtchen Adeje.

Relativ harmlos verläuft eineAttacke Sir Walter Raleighs (ISS 4 —1618) auf Fuerteventura im Jahr i 595.Dem englischen Seefahrer, Entdecker,Schriftsteller und ebenfalls GünstlingElisabeth I. fielen lediglich ein paar

Stück Vieh und eine La-,.`, dung Weinfässer in die

p • Hände.

fljiteetee

4 i ►

ventura zu einer Auseinandersetzung,die noch heute auf der Insel für reich-lich Gesprächsstoff sorgt und als dasEreignis in die Annalen der Insel ein-geht. I m Herbst 1740 gehen an derKüste nahe dem heutigen StädtchenGran Tarajal So bis an die Zähne bewaffnete englische Korsaren an Land.Auf ihrem Marsch zur Hauptstadt Be-tancuria kommt es vor Tamacite zumentscheidenden Showdown, mit einemKampfverlauf, wie er kurioser nichtsein könnte. Eine eilends zusammen-getrommelte, lediglich mit Dreschfle-geln und anderem Ackergerät bewaff-nete Bauernwehr rückt im Schutz von

40 Dromedaren gegen die Engländervor. Die erste Salve der englischen Ku-geln trifft die Dromedare, und wäh-rend die Engländer eifrig mit demNachladen ihrer Gewehre zu tun ha-ben, nutzen die Verteidiger blitz-schnell die Situation aus, sie gewinnenrasch die Oberhand und schlagen dieEngländer vernichtend. Damit nichtgenug, die Geschichte hat noch einNachspiel: Mit den erbeutetenVorderladern wird die zwei Wochenspäter anrückende Nachhut derEngländer quasi mit den eigenen Waf-fen geschlagen. Die Episode ist in ei-nem Altargemälde der Dorfkirche vonTuineje festgehalten.

Drei Jahre später wollen es dieEngländer noch einmal wissen. DerPirat Charles Windham, der zuvorschon vergeblich versucht hatte, diegomerische Hafenstadt San Sebastiänzu plündern, landet 1743 auf derHalbinsel Jandia. Sein Erfolg ist mäßig— außer ein paar Ziegen ist kein größe-rer Schaden zu beklagen.

AnderthalbJahrhunderte

später kommts auf Fuerte-

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Als Schutzmaßnahme vor weiterenAngriffen werden noch im selben Jahrdie Festungstürme bei El Cotillo undCaleta de Fustes erbaut und mit einerWachmannschaft von jeweils lediglichvier Mann bestückt. Nur gut, daß kei-ne weiteren Angreifer vor Anker gin-gen. Verglichen mit den Nachbar-inseln kam Fuerteventura ohnehin re-lativ geschont davon. Von denärmlichen Verhältnissen auf der Inselversprachen sich selbst die Korsarennicht viel Gewinn und zogen es liebervor, die reicheren Westinseln zuattackieren.

Das Piratenunwesen im Kanari-schen Archipel ist lediglich ein Indizdafür, daß die imperiale Politik Spani-ens bereits ihren Zenit überschrittenhat und nicht an allen Fronten un-durchlässig ist. Die vernichtende Nie-derlage der spanischen Armada durchdie Engländer 1588 leitet eine Wendeder internationalen Machtkonstella-tionen ein. Die Feldzüge in Latein-amerika verschlingen enorme finanzi-elle Mittel, die selbst nicht durch dieerbeuteten Gold- und Silberschätzekompensiert werden können. Spaniensteht mehrmals vor dem Staatsbank-rott und versucht, die Haushaltslöcherdurch höhere Abgaben zu stopfen,wovon auch die kanarischen Bauernbetroffen sind. Als wirtschaftlich ver-heerend erweist sich die 1609 unterPhilipp 111. (1578— 1621) verfügte An-ordnung, alle Moriscos des Landes zuverweisen. Hundertausende vonzwangsgetauften Mauren, die nach derReconquista in Spanien verbliebenwaren, müssen das Land verlassen.Die als gute Bauern und hervorragen-

de Handwerker bekannten Moriscos,die mit ihrem mudéjar-Stil auch aufden Kanaren entscheidend die Archi-tektur prägten, hinterlassen ein Vaku-um, das durch spanische Arbeitskräf-te nicht ersetzt werden kann.

FeudaladelDie Kanaren bleiben auch im 17. undf8. Jahrhundert lediglich ein kleinerNebenschauplatz der spanischen Ge-schichte. Obschon die Engänder seitdem Sieg Tiber die Armada zur stärk-sten Seemacht aufgestiegen sind, ist ih-nen auf den Kanaren kein Erfolg be-schieden. Der Archipel verbleibt wei-terhin unter der Herrschaft derspanischen Krone. Durch die bessereBefestigung der Häfen mit Wehranla-gen und installierten Kanonen könnendie Inseln zumindest vor äußeren Ge-fahren besser gesichert werden. Dochdie inneren Probleme der OstinselnFuerteventura und Lanzarote reißennicht ab. Die Feudalherren des 18.Jahrhunderts fordern von den ohnehinkargen landwirtschaftlichen Erträgenobendrein horrende Abgaben, was im-mer wieder zu Spannungen führt.

Die Macht auf Fuerteventura kon-zentriert sich in den Händen des groß-grundbesitzenden Familienclans derCoroneles in La Oliva. Mit ihremWirtschaftsimperium kontrollieren sieweitgehend den Handel.

Eine kurze Blütezeit erlebt Fuerte-ventura durch den Export von harilla,einem Mittagsblumengewächs, dassich zur Sodagewinnung nutzen läßt.Soda war früher ein wichtiger Roh-stoff zur Herstellung von Waschmit-teln. Die anspruchslose, trockenresi-

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