Geschaeftsbericht 2011/2013

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Geschäftsbericht Geschäftsbericht des Gemeindetags Baden-Württemberg für die Jahre 2011 bis 2013 Den Geschäftsbericht für den Zeitraum 2011 bis 2013 legt der Gemeindetag Baden-Württemberg den Mitgliedsstädten und -gemeinden zur Mitgliederversammlung am 04.11.2013 in Friedrichshafen vor. Aus dem Geschäftsbericht werden die laufenden Schwerpunkte der Arbeit des Gemeindetags ersichtlich. Sie ergeben sich aus den jeweils zu Jahresbeginn veröffentlichten „Bilanzen und Perspektiven“ (BWGZ 1/2012 und BWGZ 1/2013). Bestandteile des vorliegenden Geschäftsberichts sind auch die Berichte der Verwaltungsschule des Gemeindetags Baden-Württemberg, der Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags sowie des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen mit Sitz in Brüssel. temberg viele Kommunen im Jahr 2012 immer noch nicht über eine ausreichen- de Investitionskraft aus laufenden Mit- teln, was u.a. daran abzulesen ist, dass auch im Jahr 2012 noch zahlreiche Kommunen ihre Steuerhebesätze erhö- hen mussten. Im Jahr 2013 hat dagegen die Zahl der Kommunen, die ihre Real- Steuerhebesätze nach oben veränder- ten, deutlich abgenommen. Die Kommunen werden ihren wieder er- weiterten finanziellen Handlungsspiel- raum einerseits dafür verwenden, ihre in den letzten Jahren zurückgefahrenen Investitionsausgaben wieder auszuwei- ten und ihre Infrastruktur zukunftstaug- lich zu machen. Denn auch die Kommu- nen in Baden-Württemberg schieben ei- nen erheblichen Investitionsrückstau im zweistelligen Milliardenbereich im Be- reich der Straßen, Schulen und bei ande- ren öffentlichen Gebäuden vor sich her. Ganz zentral ist der enorme Investitions- bedarf bei Bildung und Betreuung: Eine neue Bildungslandschaft braucht ange- passte Schulgebäude. Auch die Folgekos- ten aus dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz werden fortdauern. Daneben steht die Energiewende: Nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Ener- gien, sondern auch Energieeinsparung gehört dazu. Bei der Umsetzung des Klimaschutzgesetzes des Landes haben die Gemeinden eine Vorbildfunktion. Die gemeindeeigenen Gebäude und Lie- genschaften müssen auf einen aktuellen energetischen Stand gebracht werden. Mit der Anschubförderung durch das Konjunkturpaket II konnten längst nicht alle Hausaufgaben erledigt wer- den. Investitionen in die kommunale Infrastruktur sind nicht nur notwendig, um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auf Dauer sicherzustellen; es geht auch um die Standortsicherung und Attraktivität als Wirtschaftsstand- ort – und damit um die wirtschaftliche Zukunft. Mehr als 20 Prozent von über 1.100 deutschen Unternehmen, die als Weltmarktführer gelten, befinden sich in ländlichen Gebieten, der Großteil in Süddeutschland und damit auch in Ba- den-Württemberg. Investieren in die Zukunft heißt gleich- zeitig auch, den Abbau der bestehenden Verschuldung fortzusetzen. Auch dies werden die Kommunen in den nächs- ten Jahren weiterhin umsetzen – in der Hoffnung, dass die Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung weiter nach oben zeigen. Die aktuelle Finanz- situation der Gemeinden wurde einge- hend im Gemeindefinanzbericht 2013 (BWGZ 15-16/2013) beschrieben. Finanzbeziehungen Land/ Kommunen – Entlastung und Planungssicherheit bis 2016 Im Herbst 2012 gelang es den kommu- nalen Landesverbänden unter maßgeb- licher Beteiligung des Gemeindetags, im Rahmen von Verhandlungen über die weitere Ausgestaltung der Finanzbezie- Kommunale Finanzsituation 2012/2014 Nach den Finanzierungsdefiziten der Kommunen in den Jahren 2009 und 2010 aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskri- se konnten die Kommunen in Baden- Württemberg im zweiten Jahr in Folge auch 2012 wieder einen positiven Finan- zierungssaldo von 2,172 Mrd. Euro er- wirtschaften. Zusammen mit dem Finan- zierungsüberschuss des Vorjahres in Hö- he von 1,672 Mrd. Euro haben sie damit den Einbruch in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt wettgemacht. Hauptursa- che dafür war die wieder erstarkte kon- junkturelle Entwicklung, die sich auch auf den Arbeitsmarkt übertragen und die Basis für den erfreulichen Anstieg der Steuereinnahmen gelegt hat. Auch für die Jahre 2013 und 2014 gehen die aktuellen Steuerschätzungen von ei- nem weiteren Anstieg der Steuereinnah- men aus, allerdings – aufgrund der ver- halteneren Erwartungen an das Wirt- schaftswachstum – von einem deutlich geringeren Anstieg als in den Vorjahren. Da für die laufenden Ausgaben der Kommunen ein stärkeres Wachstum er- wartet wird als für die Einnahmeseite, dürfte der Finanzierungssaldo im lau- fenden und im kommenden Jahr hinter dem Ergebnis von 2012 zurückbleiben. Trotz des guten Gesamteindrucks, den ein insgesamt positiver Finanzierungs- saldo für die Kommunen im Lande ver- mittelt, verfügten auch in Baden-Würt- 892 Gemeindetag Baden-Württemberg BWGZ 20 | 2013

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Geschäftsbericht

Geschäftsbericht des Gemeindetags Baden-Württemberg für die Jahre 2011 bis 2013

Den Geschäftsbericht für den Zeitraum 2011 bis 2013 legt der Gemeindetag Baden-Württemberg den Mitgliedsstädten und -gemeinden zur Mitgliederversammlung am 04.11.2013 in Friedrichshafen vor. Aus dem Geschäftsbericht werden die laufenden Schwerpunkte der Arbeit des Gemeindetags ersichtlich. Sie ergeben sich aus den jeweils zu Jahresbeginn veröffentlichten „Bilanzen und Perspektiven“ (BWGZ 1/2012 und BWGZ 1/2013). Bestandteile des vorliegenden Geschäftsberichts sind auch die Berichte der Verwaltungsschule des Gemeindetags Baden-Württemberg, der Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags sowie des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen mit Sitz in Brüssel.

temberg viele Kommunen im Jahr 2012 immer noch nicht über eine ausreichen-de Investitionskraft aus laufenden Mit-teln, was u.a. daran abzulesen ist, dass auch im Jahr 2012 noch zahlreiche Kommunen ihre Steuerhebesätze erhö-hen mussten. Im Jahr 2013 hat dagegen die Zahl der Kommunen, die ihre Real-Steuerhebesätze nach oben veränder-ten, deutlich abgenommen.

Die Kommunen werden ihren wieder er-weiterten finanziellen Handlungsspiel-raum einerseits dafür verwenden, ihre in den letzten Jahren zurückgefahrenen Investitionsausgaben wieder auszuwei-ten und ihre Infrastruktur zukunftstaug-lich zu machen. Denn auch die Kommu-nen in Baden-Württemberg schieben ei-nen erheblichen Investitionsrückstau im zweistelligen Milliardenbereich im Be-reich der Straßen, Schulen und bei ande-ren öffentlichen Gebäuden vor sich her. Ganz zentral ist der enorme Investitions-bedarf bei Bildung und Betreuung: Eine neue Bildungslandschaft braucht ange-passte Schulgebäude. Auch die Folgekos-ten aus dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz werden fortdauern.

Daneben steht die Energiewende: Nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Ener-gien, sondern auch Energieeinsparung gehört dazu. Bei der Umsetzung des Klima schutzgesetzes des Landes haben die Gemeinden eine Vorbildfunktion. Die gemeindeeigenen Gebäude und Lie-genschaften müssen auf einen aktuellen energetischen Stand gebracht werden.

Mit der Anschubförderung durch das Konjunkturpaket II konnten längst nicht alle Hausaufgaben erledigt wer-den. Investitionen in die kommunale Infrastruktur sind nicht nur notwendig, um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger auf Dauer sicherzustellen; es geht auch um die Standortsicherung und Attraktivität als Wirtschaftsstand-ort – und damit um die wirtschaftliche Zukunft. Mehr als 20 Prozent von über 1.100 deutschen Unternehmen, die als Weltmarktführer gelten, befinden sich in ländlichen Gebieten, der Großteil in Süddeutschland und damit auch in Ba-den-Württemberg.

Investieren in die Zukunft heißt gleich-zeitig auch, den Abbau der bestehenden Verschuldung fortzusetzen. Auch dies werden die Kommunen in den nächs-ten Jahren weiterhin umsetzen – in der Hoffnung, dass die Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung weiter nach oben zeigen. Die aktuelle Finanz-situation der Gemeinden wurde einge-hend im Gemeindefinanzbericht 2013 (BWGZ 15-16/2013) beschrieben.

Finanzbeziehungen Land/ Kommunen – Entlastung und Planungssicherheit bis 2016

Im Herbst 2012 gelang es den kommu-nalen Landesverbänden unter maßgeb-licher Beteiligung des Gemeindetags, im Rahmen von Verhandlungen über die weitere Ausgestaltung der Finanzbezie-

Kommunale Finanzsituation 2012/2014

Nach den Finanzierungsdefiziten der Kommunen in den Jahren 2009 und 2010 aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskri-se konnten die Kommunen in Baden-Württemberg im zweiten Jahr in Folge auch 2012 wieder einen positiven Finan-zierungssaldo von 2,172 Mrd. Euro er-wirtschaften. Zusammen mit dem Finan-zierungsüberschuss des Vorjahres in Hö-he von 1,672 Mrd. Euro haben sie damit den Einbruch in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt wettgemacht. Hauptursa-che dafür war die wieder erstarkte kon-junkturelle Entwicklung, die sich auch auf den Arbeitsmarkt übertragen und die Basis für den erfreulichen Anstieg der Steuereinnahmen gelegt hat.

Auch für die Jahre 2013 und 2014 gehen die aktuellen Steuerschätzungen von ei-nem weiteren Anstieg der Steuereinnah-men aus, allerdings – aufgrund der ver-halteneren Erwartungen an das Wirt-schaftswachstum – von einem deutlich geringeren Anstieg als in den Vorjahren. Da für die laufenden Ausgaben der Kommunen ein stärkeres Wachstum er-wartet wird als für die Einnahmeseite, dürfte der Finanzierungssaldo im lau-fenden und im kommenden Jahr hinter dem Ergebnis von 2012 zurückbleiben.

Trotz des guten Gesamteindrucks, den ein insgesamt positiver Finanzierungs-saldo für die Kommunen im Lande ver-mittelt, verfügten auch in Baden-Würt-

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hungen zwischen dem Land und den Kommunen für den Doppelhaushalt 2013/2014 des Landes eine Vereinba-rung für die gesamte verbleibende Legis-laturperiode bis einschließlich 2016 zu schließen.

Diese Planungssicherheit für die Kom-munalhaushalte in Bezug auf die Finanz beziehungen Land/Kommunen über einen so langen Zeitraum ist neu. Darüber hinaus konnte auch eine Ver-ringerung der obligatorischen Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs von jährlich 365 Mio. Euro (2011 betrug die-se sogar noch 405 Mio. Euro) in den Jahren 2013 und 2014 um jeweils 25 Mio. Euro auf 340 Mio. Euro und in den Jahren 2015 und 2016 um jeweils 50 Mio. Euro auf 315 Mio. Euro erreicht werden. Im Zeitraum 2013 bis 2016 ste-hen dadurch im kommunalen Finanz-ausgleich der Finanzmasse für die Schlüsselzuweisungen nach der man-gelnden Steuerkraft insgesamt 150 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung.

Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswer-ter, als die Verhandlungen seitens des Landes unter den negativen Vorzeichen eines strukturellen Haushaltsdefizits von damals 2,5 Mrd. Euro im Jahr und der spätestens 2020 durch das Land ein-zuhaltenden Anforderungen aus der grundgesetzlich verankerten Schulden-bremse standen. Außerdem beabsichtig-te das Land, den kommunalen Konsoli-dierungsbeitrag auf jährlich 470 Mio. Euro (plus 105 Mio. Euro bzw. plus 28 Prozent) zu erhöhen. Auf weitergehen-de Ausführungen im Gemeindefinanz-bericht 2012 (BWGZ 15-16/2012, S. 618) und im Gemeindefinanzbericht 2013 (BWGZ 15-16/2013, S. 702) wird ergänzend verwiesen.

Erschließung

Erschließungsverträge und städte-bauliche Verträge nach dem Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung

Durch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung vom 11.06.2013 (BGBl. I 2013, S. 1548) wurde u.a. die Regelung zum Erschließungsvertrag aus

§ 124 BauGB in § 11 BauGB vorgezogen. Dabei wurde auch klargestellt, dass die Gemeinden mit einer Eigen- oder Betei-ligungsgesellschaft Erschließungsver-träge schließen dürfen.

Dem war vorausgegangen, dass das Bun-desverwaltungsgericht im Falle einer baden-württembergischen Stadt ent-schieden hatte, dass eine kommunale Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft nicht als Dritter i.S. des § 124 BauGB und damit als Vertragspartner eines Er-schließungsvertrags in Frage käme (Urt. vom 01.12.2010, 9 C 8.09, BWGZ 13/2011, S. 493). Zugleich hat der Ge-setzgeber den Standortwechsel genutzt, den insbesondere als Folgekostenver-trag bekannten städtebaulichen Kosten-abwälzungsvertrag auch für beitragsfä-hige Erschließungsanlagen und An-schlusseinrichtungen zugänglich zu machen.

Wie bereits in BWGZ 1/2013, S. 36, an-gesprochen, wirft die Neuregelung mehr Fragen auf und führt zu neuen Rechtsunsicherheiten und sogar Hemm-nissen, als dass sie den kommunalen Entscheidungsspielraum nennenswert stärken würde. Zum einen greift die „zeitliche Sperre“ des § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB nun auch für den Abschluss von Erschließungsverträgen, was die eine oder andere Kommune aktuell bereits als unerwartetes Hindernis für den Ver-tragsabschluss leidvoll erfahren musste. Zum anderen ist auch nach der gesetzli-chen Neuregelung nach wie vor die Fra-ge offen, ob in Erschließungsvertragsge-bieten Anschlussbeiträge entstehen und wie mit diesen im Erschließungsvertrag umzugehen ist.

Die letzten vier Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Erschlie-ßungs- und städtebaulichen Verträgen

Geschäftsbericht des Gemeindetags Baden-Württemberg 2011 bis 2013 Inhaltsverzeichnis

Entlastung und Planungssicherheit bis 2016

Verlängerung der Übergangsfrist für die Umstellung – Evaluierung des neuen Rechts

und Lastschriftverfahren läuft zum 01.02. 2014 aus

01.01.2013

Freibetrag

ab dem Jahr 2013

Robert Bosch Stiftung fördert weitere Projekte

Anliegen übergangen-

dert interkommunale Zusammenarbeit

Polizeistrukturreform verabschiedet-

rungsverbote an Brennpunkten

schreitet zügig voran

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg beschlossen

Nationalparks Schwarzwald

Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK)

in Baden-Württemberg (WG-Novelle)

verordnung – Stärkung der Geschäftsstellen durch interkommunale Zusammenarbeit

-tungsreihe „Rathaus trifft Wirtshaus“

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der Abrechnungseinheit verbundene Zweck, den kommunalen Entschei-dungsspielraum für Zusammenfassun-gen zu stärken, ins Gegenteil verkehrt, weil dann in vielen Fällen durch eine Zusammenfassungspflicht das Ermessen auf Null reduziert würde. Gegen die Ent-scheidung des VG Sigmaringen läuft ein Berufungsverfahren. Es bleibt zu hoffen, dass der VGH Mannheim an seiner Rechtsprechung, den kommunalen Ent-scheidungsspielraum mit der Abrech-nungseinheit zu stärken, festhält.

Neben der Abrechnungseinheit spielen in der Beratungspraxis der Geschäfts-stelle Baumaßnahmen an „alten“ Stra-ßen, die bis heute nicht endgültig her-gestellt worden sind und nun Erschlie-ßungsbeiträge auslösen, eine große Rolle. Das jüngste Urteil des Bundes-verwaltungsgerichts vom 15.05.2013, C 3.12 (BWGZ 12/2013, S. 526) erweist sich hierbei in der Praxis eher als hilf-reich, denn für die Beurteilung, wann eine Fahrbahn endgültig hergestellt ist, kommt es nur auf den „Blick von oben“, nicht aber darauf an, ob die Tragschicht und die Deckschicht (des Schlussbelags) eine richtliniengemäße Mindeststärke aufweisen.

Neues kommunales Haushaltsrecht

Verlängerung der Übergangsfrist für die Umstellung – Evaluierung des neuen Rechts

Am 11.04.2013 hat der Landtag neben den kommunalwahlrechtlichen Ände-rungen auch die Verlängerung der Um-stellungsfrist auf das Neue kommunale Haushaltsrecht auf doppischer Grund-lage (NKHR-BW) um weitere vier Jahre bis Ende 2019 beschlossen (Gesetz vom 16.04.2013, GBl., S. 55). Der Landesge-setzgeber hat damit dem vom Gemein-detag Baden-Württemberg geforderten dauerhaften Wahlrecht zwischen Kameralistik und Doppik nach dem NKHR-BW eine Absage erteilt. Hierüber wurde in der Gt-Info und in der BWGZ regelmäßig berichtet (zuletzt Gt-Info 354/2013 vom 03.05.2013, BWGZ 1/2013, S. 15).

(Urt. vom 01.12.2010, 9 C 8.09, BWGZ 13/2011, S. 493, Urt. vom 10.08.2011, 9 C 6.10, BWGZ 2/2012, S. 92, Urt. vom 12.12.2012, 9 C 12.11, NVwZ-RR 2013, S. 383, Urt. vom 30.01.2013, 9 C 11.11, BWGZ 10/2013, S. 419) brachten kei-nesfalls die erforderliche Klarheit. Im Ge-genteil: Selbst für beitragsfähige Anbau-straßen könne, so das Bundesverwal-tungsgericht, mit einer Modifizierung des Erschließungsvertrags – zu dem Zweck, Fremdanlieger zu Erschließungs-beiträgen heranziehen zu können – die ansonsten auch vom Bundesverwal-tungsgericht erkannte erschließungsbei-tragsausschließende Regie- oder Regime-Entscheidungswirkung des Vertragsab-schlusses ausgeschlossen werden.

Mithin kommt es auf den Inhalt des Er-schließungsvertrags an, ob dieser an-sonsten beitragsfähige Kosten von der Gemeinde fernhalten soll. Soweit dies der Fall ist, können Erschließungsbeiträ-ge nicht entstehen. Mithin ist, auch wenn hierzu andere Auffassungen ver-treten werden, auch nach der Rechtsän-derung durch die BauGB-Novelle 2013 das Entstehen von Anschlussbeiträgen in Erschließungsvertragsgebieten nicht ausgeschlossen, da der Anschlussbeitrag bekanntlich nicht nur die Gegenleis-tung für die Wasserleitung oder den Ka-nal im Vertragsgebiet darstellt, sondern für die Anschlussmöglichkeit an die öf-fentliche Einrichtung in ihrer Gesamt-heit – mit allen damit verbundenen Kosten. Der Gemeindetag sieht deshalb aktuell keinen Anlass, sein bereits aus dem Jahr 1994 stammendes Muster ei-nes Erschließungsvertrags, das eine Kos-tenbeteiligung der Gemeinde mit Blick auf die Entstehung von Anschlussbei-trägen im Erschließungsvertragsgebiet vorsieht, in diesem Punkt zu ändern.

Auch die Frage, ob, bis wann und unter welchen Voraussetzungen die Kosten beitragsfähiger Erschließungsanlagen oder Anschlusseinrichtungen zum Ge-genstand eines städtebaulichen Kosten-abwälzungsvertrags gemacht werden dürfen und ob bzw. unter welchen Vor-aussetzungen das Entstehen landes-rechtlicher Erschließungs- und An-schlussbeiträge durch den Abschluss ei-nes solchen Vertrags „gesperrt“ wird, ist

vor allem mit Blick auf die dem Bund nicht zugängliche Gesetzgebungskom-petenz der Länder für das Kommunalab-gabenrecht spannend und dürfte die Gerichte in den nächsten Jahren be-schäftigen.

Da das Kommunalabgabengesetz an die Änderung des BauGB angepasst werden muss, hat der Gemeindetag Kontakt mit den zuständigen Landesministerien (Innenministerium > federführend für das Kommunalabgabenrecht, Ministeri-um für Finanzen und Wirtschaft > Städte-bau, Ministerium für Verkehr und Infra-struktur > Erschließung) aufgenommen, um die diesbezüglichen Fragen zu klären.

Erschließungsbeitragsrecht

Am 01.10.2005 trat das landesrecht-liche Erschließungsbeitragsrecht in Kraft und beschäftigt zunehmend nun auch die Verwaltungsgerichte im Lande. Mit dem viel beachteten Urteil vom 26.10.2011, 2 S 1294/11 (BWGZ 5/2012, S. 190) hat der VGH Mannheim den kommunalen Entscheidungsspielraum für die Zusammenfassung mehrerer An-lagen zu einer Abrechnungseinheit her-ausgestellt. Dies hat in der Folge auch das Bundesverwaltungsgericht mit ver-anlasst, seine strenge Auffassung zur Erschließungseinheit nach dem BauGB zu lockern (Urt. vom 30.01.2013, 9 C 1.12, KStZ 2013, S. 87). Eine Erschlie-ßungseinheit kann danach auch aus ei-ner „Hauptstraße“ und mehreren Stich-straßen bestehen.

Gleichzeitig hat das Gericht seine Recht-sprechung zur so genannten Drittelgren-ze, bei deren Überschreiten eine Zusam-menfassungspflicht besteht, bestätigt und konkretisiert. Diese hat insofern bereits auf das landesrechtliche Erschlie-ßungsbeitragsrecht abgefärbt, als auch das VG Sigmaringen in einem Urteil vom 27.03.2013, 5 K 3246/12, erklärt hat, bei einer Differenz der Beitragssätze in ei-nem Baugebiet von mehr als einem Drit-tel sei von einer Pflicht der Gemeinde zur Bildung einer Abrechnungseinheit aus-zugehen (Ermessensreduzierung auf „Null“). Hätte diese Entscheidung Be-stand, so wäre der mit der Einführung

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Der Landtag hat die Verlängerung der Übergangsfrist mit dem Auftrag verbun-den, auf der Grundlage der Erfahrungen der Städte, Gemeinden und Kreise, die schon auf die Doppik umgestellt haben, eine Evaluierung des gegenwärtigen Rechts durchzuführen. Das am Ende der Übergangsfrist geltende Haushaltsrecht solle so weiterentwickelt werden, dass es, so die Bekundungen der Politik, für die Kommunen „einfacher, transparen-ter und damit auch kostengünstiger“ werde und „insbesondere den Bedürf-nissen und Erwartungen der kleineren Kommunen im Lande Rechnung trage“.

Der Gemeindetag hat bei seinen Mit-gliedsstädten und -gemeinden Anre-gungen und Änderungsvorschläge zu den Rechts- und Verwaltungsvorschrif-ten bzw. zum Produkt- und Kontenrah-men abgefragt. In einem Arbeitskreis „Evaluierung“ mit kommunalen Prakti-kern wurden diese bewertet und daraus die Stellungnahme mit Vorschlägen zur Änderung des geltenden Rechtsrah-mens mit den Zielen von Vereinfachung und stärkerer Akzeptanz des neuen Haushaltsrechts gegenüber dem Innen-ministerium entwickelt. Die Evaluie-rung soll im Jahr 2014 abgeschlossen werden.

SEPA

Der einheitliche Europäische Zahlungs-verkehrsraum (SEPA – Single Euro Pay-ments Area) rückt in seiner Vervoll-kommnung immer näher. Ab dem 01.02.2014 können weder die her-kömmliche Inlandsüberweisung noch die herkömmliche Inlandslastschrift weiter verwendet werden. An deren Stelle treten die europaweit einheitliche SEPA-Überweisung und die SEPA-Last-schrift.

Für die Unternehmen, aber auch für die öffentliche Hand bedeutet dies, dass sie spätestens bis zum Stichtag 01.02.2014 ihren eigenen Zahlungsverkehr auf die SEPA-Instrumente umgestellt haben müssen. Dies ist auch für die Kommu-nen und deren EDV- und Zahlungs-dienstleister eine große Herausforde-rung. Die Kommunen sind indes für

SEPA gut gerüstet. Die ersten haben be-reits umgestellt. In einer Gemeinschafts-aktion des Gemeindetags Baden-Würt-temberg und weiterer Beteiligter aus der „kommunalen Familie“ wurde den Kommunen im Lande ein SEPA-Leit-faden-Baden-Württemberg zur Verfü-gung gestellt. Dieser Leitfaden gibt ih-nen Orientierung und Hilfestellung bei der SEPA-Migration und unterstützt sie mit Mustern für einen Umstellungs-plan, für eine Bürgerinformation, für SEPA-Mandate, Benachrichtigungs-schreiben usw.. Die Vorarbeiten für die Umstellung sind in vollem Gange. Die Rechenzentren planen eine Umstellung bereits Anfang Oktober 2013. In der BWGZ wurde darüber berichtet (vgl. BWGZ 1/2013, S. 17, BWGZ 8/2013, S. 268, Gemeindefinanzbericht 2013 in BWGZ 15-16/2013, Ziffer 3.8).

Änderungen im Vollstreckungs- recht zum 01.01.2013

Am 01.01.2013 traten die Rechtsände-rungen durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstre-ckung in Kraft. Der Landesgesetzgeber hat das Landesverwaltungsvollstre-ckungsgesetz entsprechend angepasst (Gesetz vom 13.11.2012, GBl., S. 572): Aus der eidesstattlichen Versicherung wurde die Vermögensauskunft.

Die bisher in Papierform und lokal bei den einzelnen Vollstreckungsgerichten geführten Vermögensverzeichnisse (d.h. die Ergebnisse einer eidesstattli-chen Versicherung) werden nun in elek-tronischer Form bei einem zentralen Vollstreckungsgericht (in Baden-Würt-temberg nimmt das Amtsgericht Karls-ruhe diese Aufgabe wahr) geführt. Über ein bundesweites Vollstreckungsportal haben alle Gerichtsvollzieher, aber auch die Vollstreckungsbehörden, Zugriff da-rauf und können im Rahmen ihrer Auf-gaben Einsicht nehmen.

Auch das Schuldnerverzeichnis wird nun bundesweit elektronisch geführt und über das gemeinsame Vollstre-ckungsportal der Länder auch den kom-munalen Vollstreckungsbehörden zur Einsicht zur Verfügung stehen.

Zur Nutzung des Vollstreckungsportals müssen sich auch die Mitarbeiter der kommunalen Vollstreckungsbehörden registrieren. Sofern sie selbst Vermögens-auskünfte abnehmen wollen (die meis-ten kleineren Kommunen bedienen sich hier der Dienste der Gerichtsvoll-zieher), bedürfen sie einer zusätzlichen Freischaltung. Über die Einzelheiten wurden die Gemeinden unterrichtet (vgl. Gt-Infos 1050/2012 und 1/2013).

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Das nationale Überweisungs- und Lastschriftverfahren läuft zum 01.02.2014 aus.

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für die Grundsteuer und die Anmel-dung in einem Zwangsversteigerungs-verfahren. Wie in jedem Jahr machen im zweiten Quartal – der 31. März mar-kiert das Ende der Antragsfrist für das zurückliegende Jahr – Grundsteuerer-lass-Anträge den Schwerpunkt der Be-ratungstätigkeit aus.

Gewerbesteuer

Schwerpunkte in der Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle sind Fragen der ge-werbesteuerlichen Zerlegung, aber auch Anträge auf Erlass der Gewerbesteuer auf Sanierungsgewinne und Fragen zur Vollverzinsung bei der Gewerbesteuer.

Für die Gemeinden von Interesse ist bei-spielsweise, wie sie beim Ausbau der er-neuerbaren Energien an der Wertschöp-fung z.B. in Form der Gewerbesteuer für Unternehmen mit erneuerbaren Energi-en teilhaben können. Dabei ist, wie zu-letzt in BWGZ 1/2013, S. 10, bzw. in Gt-info 227/2012 dargestellt, der an den Arbeitslöhnen orientierte Zerlegungs-maßstab ein Hindernis, denn Wind-räder oder Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen werfen für die Standortkom-mune mangels Arbeitslöhnen keinen Zerlegungsanteil ab.

Der Gemeindetag wurde deshalb – auf-grund konkreter Erfahrungen aus dem Mitgliedsbereich (ein Unternehmen mit Verwaltungsstandort in Nordwürttem-berg betreibt Freiflächen-Solaranlagen an verschiedenen Standorten in der Rhein-Schiene; dort kommt indes man-gels Arbeitslöhnen keine Gewerbesteuer an) – für eine Neuregelung der Gewerbe-steuerzerlegung für Anlagen zur Ener-giegewinnung aus erneuerbaren Energi-en über das baden-württembergische Finanzministerium initiativ. Über den Bundesrat gelang es schließlich, eine Neuregelung ab 2014 in das Amtshilfe-richtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BGBl. I, S. 1809) zu integ-rieren, die aber mehr verspricht, als sie schließlich gegenüber den Standort-kommunen halten kann. Denn die Neu-regelung des Zerlegungsschlüssels ist bis zur Vollwirksamkeit an eine zehnjähri-ge Übergangsregelung geknüpft und gilt

Änderung der Insolvenzordnung

Mit der Insolvenzrechtsreform 2013 (Gesetz zur Verkürzung des Restschuld-befreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013, BGBl. I, S. 2379) hat der Gesetzgeber das Verbraucherinsolvenzrecht weiterent-wickelt. Die Änderungen gelten im We-sentlichen für Insolvenzverfahren, die ab dem 01.07.2014 beantragt werden. Zentrale Änderung ist, dass eine Rest-schuldbefreiung bereits nach drei Jah-ren anstelle der bisherigen sechs Jahre möglich sein wird. Allerdings ist diese vorzeitige Befreiung an die Bedingung geknüpft, dass zu diesem Zeitpunkt mindestens 35 Prozent der Gläubiger-forderungen und die Verfahrenskosten beglichen sind (§ 300 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Damit soll auch ein Anreiz zur schnelle-ren Befriedigung der Gläubiger geschaf-fen werden, so dass auch diese von der Verkürzung der Restschuldbefreiungs-zeit profitieren können.

Eine Verkürzung von sechs auf fünf Jah-re ist möglich, sofern es dem Schuldner gelingt, zumindest die gesamten Ver-fahrenskosten in dieser Zeit aufzubrin-gen (§ 300 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Stellt der Schuldner einen Restschuldbefreiungs-antrag, so wird ihm auferlegt, eine ange-messene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen (§ 287b InsO). Auch im Ver-braucherinsolvenzverfahren wird es künftig möglich sein, das Verfahren an-hand eines zwischen Schuldner und Gläubigern abgestimmten Insolvenz-planes durchzuführen.

Grundsteuer

Die Reform der Grundsteuer – immer noch unerledigt

Über diesen „Dauerbrenner“ war bereits in den Geschäftsberichten zu den bei-den vorausgegangenen Mitgliederver-sammlungen berichtet worden. Siehe ferner BWGZ 1/2013, S. 12, sowie Ge-meindefinanzberichte 2011, 2012 und 2013. Inzwischen ist die Erprobung der drei seit Ende 2010 in der länderoffenen Arbeitsgruppe der Finanzministerien untersuchten Reformmodelle,

des von norddeutschen Ländern initiierten Modells einer verkehrs-wertorientierten Grundsteuer (Verkehrswertmodell),des Modells der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen für eine wertunabhängige Grundsteuer nach dem Äquivalenzprinzip, des von Thüringen vorgeschlagenen Kombinationsmodells aus Verkehrs-wertorientierung für die Bodenwerte und wertunabhängigen Gebäude-werten,

abgeschlossen. Über diese Reformmo-delle hinaus wurden in die Quantifizie-rung zwei weitere Reformansätze einbe-zogen, nämlich das Modell einer reinen Bodenwertsteuer und einer Variante dazu, der Kombination der Bodenwert-steuer mit einer reinen wertunabhängi-gen Flächenkomponente. Diese beiden Modelle waren Ende 2012 von der Initi-ative http://www.grundsteuerreform.net bundesweit (wieder) in die Diskussion gebracht worden. Denn es handelt sich um keine neuen Modelle, sondern um Modelle, die bereits 2000/2002 vom Deutschen Institut für Urbanistik im Auftrag des Bundesbauministeriums mit Blick auf ihre städtebaulichen Len-kungszwecke untersucht worden waren.

Die Finanzministerkonferenz (FMK) wird sich erst nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 mit dem Abschlussbe-richt der länderoffenen Arbeitsgruppe Grundsteuer befassen. Es bleibt span-nend, ob und welches Modell die FMK für eine gesetzliche Umsetzung vor-schlagen wird. Der Gemeindetag Baden-Württemberg steht mit seinem Prakti-ker-Arbeitskreis „Grundsteuer“ mit dem Ministerium für Finanzen und Wirt-schaft Baden-Württemberg in einem ständigen Dialog.

Grundsteuer im „Tagesgeschäft“

Die Bandbreite der Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle gegenüber den Mit-gliedern im Tagesgeschäft der Grund-steuer ist weit. Sie reicht von verjährten Grundsteuerbeträgen infolge Verzöge-rungen beim Finanzamt über die Wahl des richtigen Schuldners bei Gesamt-schuldnern bis zur dinglichen Haftung

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ter-Stellvertreter und ehrenamtliche Ortsvorsteher nach dem Erlass des Fi-nanzministeriums vom 19.08.2009 ha-ben, wurde allerdings bisher nicht ange-passt. Er ist mit 208 Euro nur geringfü-gig höher als die nun für Gemeinderäte generell geltende Freigrenze von 200 Euro. Der Gemeindetag hat deshalb das Finanz- und Innenministerium gebe-ten, den Erlass des Finanzministeriums vom 19.08.2009 fortzuschreiben und die erhöhten Freibeträge für Fraktions-vorsitzende usw. ebenfalls nach oben anzupassen.

Schulen

Schule und Bildung, ein stetiger Wandel – keine „Verschnaufpause“ für die Schulträger

Die baden-württembergische Schul- und Bildungslandschaft ist in einem großen Umbruch, darüber gibt es kei-nen Zweifel. Sehr intensiv und auch kontrovers wurden im Berichtszeitraum Fragen der Schulstruktur in Zeiten des demografischen Wandels, die Weiter-entwicklung der Schularten, der Ausbau des Ganztagsangebots sowie die Inklusi-on im Schulbereich erörtert. Vorange-trieben wurden vom Gemeindetag die Absicherung der wohnortnahen Grund-schule und die Arbeit an einem Verfah-ren für die regionale Schulentwicklung, das insbesondere auch die notwendigen Abstimmungsprozesse zwischen den Schulträgern sicherstellt, wenn neue Schulen errichtet werden. Grundsätz-liche Ausführungen vgl. auch BWGZ 1/2013, 24 ff.

Aus den neueren Entwicklungen in der Bildungspolitik kristallisieren sich fol-gende Erkenntnisse deutlich heraus: Erstens kann sich keine Stadt oder Ge-meinde dem gesellschaftlichen Wandel und den damit verbundenen Änderun-gen und Neuerungen für das Schulleben verschließen. Man wird sich vor Ort daher auch dem Thema Schulentwick-lung stellen müssen. Und zweitens, so bitter dies klingen mag: Schulentwick-lungsplanung wird nicht überall die ge-wünschten Ergebnisse bringen, nicht überall werden Konflikte um die künfti-

überdies nur für Unternehmen, die aus-schließlich Strom und Energie sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben, nicht aber für Unternehmen mit gemischten Tä-tigkeiten. Dies wurde in BWGZ 1/2013, S. 10, sowie im Gemeindefinanzbericht 2013, BWGZ 15-16/2013, Ziffer 2.3.1, ausführlich beschrieben.

Ein weiteres Thema bei der Gewerbe-steuerzerlegung sind die Kabelnetzbe-treiber. Hier standen die Kommunen in Baden-Württemberg kurz vor der erfolg-reichen Einigung mit dem Kabelnetzbe-treiber und der baden-württembergi-schen Finanzverwaltung bezüglich ei-nes neuen Zerlegungsschlüssels. Infolge der Fusion mit einem in Nordrhein-Westfalen ansässigen Unternehmen ist nun die Auseinandersetzung um die Gewerbesteuerzerlegung (Anwendung des Maßstabs für mehrgemeindliche Be-triebsstätten nach § 30 GewStG anstelle des reinen Arbeitslohn-Schlüssels) mit dem Finanzamt in Köln zu führen, und beteiligt sind nun nicht nur vierhundert Kommunen aus Baden-Württemberg, sondern viele weitere aus Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Die Zahl der bei den Kommunen gestell-ten Anträge auf Erlass der Gewerbesteuer auf so genannte Sanierungsgewinne hat in den zurückliegenden Jahren zugenom-men. Die Geschäftsstelle empfiehlt den Gemeinden hier, zunächst die Möglich-keit einer Stundung der Steuer auf den Sanierungsgewinn auszuloten, bevor mit-tels eines Billigkeitserlasses aus persönli-cher Unbilligkeit auf die Gewerbesteuer verzichtet wird. Bei den Arbeitstagungen der Steuerämter der Mitgliedsstädte und -gemeinden war und ist dies ein Schwer-punkt des Erfahrungsaustausches.

Hilfestellung musste und konnte der Gemeindetag den Mitgliedsstädten auch zum Umgang mit so genannten rückwirkenden Ereignissen bei der Be-rechnung von Nachzahlungszinsen auf Gewerbesteuerforderungen geben. Das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (s.o.) hat hier erfreulicherweise (ab 2013) klargestellt, dass die Rückgängig-machung eines Investitionsabzugsbe-trags nach § 7g EStG kein solches rück-

wirkendes Ereignis ist. Dies macht auch den Kommunen die Nachzahlungszins-berechnung leichter.

Unabhängig davon nimmt die Zahl der Widersprüche gegen die Höhe der Nach-zahlungszinsen (0,5 Prozent pro Monat bzw. sechs Prozent p.a.) wieder zu. Nach-dem erst unlängst das Bundesverfas-sungsgericht und der Bundesfinanzhof diesen Zinssatz bestätigt haben, besteht aus Sicht der Geschäftsstelle kein Anlass, dass Gemeinden einem Ruhen des Wi-derspruchsverfahrens zustimmen.

Ehrenamtlich Tätige erhalten höheren Freibetrag

Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 28.03.2013 wurde die so genannte Übungsleiterpauschale rückwirkend zum 01.01.2013 von 2.100 auf 2.400 Euro p.a. erhöht (§ 3 Nr. 26 EStG). Daneben gibt es bei den Kommunen aber noch die große Zahl der ehrenamtlich Tätigen, die unter die Regelung des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG fallen. Der Gemeindetag hat sich zusammen mit den anderen kom-munalen Verbänden auf Bundes- und Landesebene dafür eingesetzt, rückwir-kend ab 2013 auch den hier geltenden Freibetrag in R 3.12 Abs. 3 der Lohn-steuer-Richtlinien von bisher 175 auf 200 Euro monatlich anzuheben und damit an die Neuregelung des § 3 Nr. 26 EStG anzugleichen.

Dies ist erfolgreich gewesen. Der Bun-desrat hat einer entsprechenden Ände-rung der Lohnsteuer-Richtlinien am 05.07.2013 zugestimmt. Die Lohnsteu-er-Änderungsrichtlinien 2013 (LStÄR 2013) vom 08.07.2013 (BStBl. I 2013, S. 851) enthalten die Anhebung des Freibetrags von bisher 175 auf 200 Euro. Damit gilt auch für die ehrenamtlich Tätigen bei den Kommunen, die Auf-wandsentschädigungen im Sinne des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG erhalten – insbe-sondere für die Gemeinderäte und Ort-schaftsräte – rückwirkend seit Anfang 2013 die von 175 auf 200 Euro monat-lich erhöhte Steuerfreigrenze.

Der erhöhte Freibetrag, den Fraktions-vorsitzende, ehrenamtliche Bürgermeis-

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gen Schulstrukturen vermieden werden können. Daraus resultiert auch, dass mit Schulschließungen gerechnet werden muss. Das erklärte Ziel des Gemeinde-tags ist es in diesem Zusammenhang, den bestmöglichen Weg für die Gesamt-heit der Kommunen zu finden.

Bildungsplanreform 2015

Die Landesregierung sieht aufgrund ge-wisser Schwächen der bestehenden Bil-dungspläne aus dem Jahre 2004 die Not-wendigkeit einer Reform. Hierzu gehört nach Auffassung des Landes mangelnde horizontale und vertikale Abstimmung zwischen den Schularten, welche die Durchlässigkeit zwischen den Schul-arten erschwert. Die Bildungsplan-reform ist letztendlich auch der Einfüh-rung der Gemeinschaftsschule geschul-det. Des Weiteren sollen wesentliche zukunftsorientierte Leitprinzipien ver-ankert werden, beispielsweise die Stär-kung der Medienbildung (vgl. dazu auch unten Grundschule) oder Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Die Reform umfasst die Bildungspläne der Grundschule sowie die Bildungsplä-ne aller weiterführenden Schulen. Die Änderungen der Bildungspläne werden zwangsläufig Kosten bei den kommu-nalen Schulträgern auslösen. Es ist da-her unumgänglich, den Entstehungs-prozess auch unter diesem Gesichts-punkt zu begleiten. Der Gemeindetag und die kommunalen Landesverbände sind daher in der Expertenkommission und im Beirat vertreten.

Es zeigt sich bereits jetzt, dass die Bil-dungsplanreform sowohl für die Schul-einrichtung als auch für die Ausstattung kostenrelevant sein wird. Dies gilt spezi-ell auch für den Bereich der Medienbil-dung und der damit verbundenen Aus-stattung mit entsprechenden Geräten, den Fachräumen, der Verwaltung von Netzen usw. Nicht zuletzt wirkt sich das Ganze auf die Neueinführung und/oder Weiterverwendung von Schulbüchern aus. Die Produktpalette der Verlage wird sich an der Bildungsplanreform ausrich-ten und mit entsprechenden Anpassun-gen verbunden sein. Im Rahmen der Schulleiterinfo im September 2013 ist

das Kultusministerium einer Bitte des Gemeindetags und der anderen kom-munalen Landesverbände nachgekom-men und hat den Schulen empfohlen, bislang verwendete Bücher und andere Lernmittel in einer Übergangszeit bis zum turnusmäßigen Ersatz weiterzuver-wenden, um die Mittel der Schulträger nicht unverhältnismäßig zu belasten. Erforderlichenfalls können auch Ersatz-beschaffungen von Schulbüchern, die weiterhin verwendbar sind, zeitlich ge-streckt werden.

Der Gemeindetag hat eine Kostenbe-rechnung für die Umstellungs- und Umsetzungskosten eingefordert. Wei-tere Gespräche und Verhandlungen mit dem Land über die verschiedenen Schritte der Umsetzung und Finanzie-rung werden auch auf diesen Grundla-gen zu führen sein. Ein Überblick über Schwerpunkte und Ziele der Bildungs-planreform sowie die schrittweise Im-plementierung der Bildungspläne ab dem Schuljahr 2015/2016 ist auf dem Kultusportal unter http://www.kultus-portal-bw.de/,Lde/Startseite/schulebw/ bildungsplanreform2015 zu finden.

Grundschule

Die Bedeutung der Grundschulen und ihre Weiterentwicklung waren wichtige Themen im zurückliegenden Berichts-zeitraum. Der demografische Wandel in

unserer Gesellschaft hat auch für einen Rückgang der Schülerzahlen in den Grundschulen gesorgt – ein Trend, der sich weiter fortsetzen wird. Nach Anga-ben des Statistischen Landesamtes ist die Zahl der Einschulungen an Grund-schulen im Zeitraum von 2000 bis 2012 um gut zwanzig Prozent von 112.653 auf 89.426 zurückgegangen. Dies ist der niedrigste Wert seit 1985. Zum Schul-jahr 2013/14 haben schätzungsweise ca. 89.500 Kinder ihren ersten Schultag an einer Grundschule gefeiert, womit die Zahl der Einschulungen auf ähnlich niedrigem Niveau wie im Vorjahr ver-bleibt. Derzeit existieren über 2.400 Grundschulen im Lande.

Die Grundschulen sind für die Leis-tungsfähigkeit unserer Schul- und Bil-dungslandschaft von zentraler Bedeu-tung. Die Versorgung im Grundschulbe-reich muss so gesichert sein, dass auch im ländlichen Bereich ein altersgerecht kurzer Schulweg gewährleistet ist. Um dem Prinzip „kurze Beine – kurze Wege“ Rechnung zu tragen, müssen auch klei-nere Grundschulstandorte erhalten bleiben. Die kommunalen Schulträger benötigen zudem langfristige Planungs-sicherheit, um ihre Aufgaben, die sich ständig weiterentwickeln, auch künftig bewältigen zu können. Daher hatte sich der Gemeindetag für eine entsprechen-de Zusicherung des Landes eingesetzt. Mit einer Bestandsgarantie für alle

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klusion für Ende 2013 angekündigt; die entsprechenden Regelungen im Schul-gesetz sind – so wie es momentan aus-sieht – nicht vor dem Schuljahr 2014/15 zu erwarten. Die Forderung des Ge-meindetags nach Einführung eines mo-derierten und transparenten Verfahrens zur Herstellung eines regionalen Kon-senses bei Einrichtung von Gemein-schaftsschulen ist im Gesetzgebungs-verfahren auch nicht aufgegriffen wor-den. Nicht berücksichtigt wurde ebenso die Forderung nach einem schlüssigen und abgestimmten Gesamtkonzept für die Bildungslandschaft, das für zu-kunftsfähige Schulstrukturen unab-dingbar ist.

Die im Juli 2013 von der Landesregie-rung beschlossenen Eckpunkte für die regionale Schulentwicklungsplanung greifen dieses Anliegen teilweise auf. Sie deuten darauf hin, dass langfristig alle anderen Schularten sozusagen in die Gemeinschaftsschule „hineinwach-sen“ sollen – wobei nur noch auf den erreichbaren Schulabschluss und nicht mehr auf eine besondere Schulart abge-hoben werden soll. Im Ergebnis lassen diese Eckpunkte jedoch nach wie vor ein Gesamtkonzept für die Weiterent-wicklung und einen klaren Zeithori-zont vermissen.

Mit der Genehmigung von 129 Gemein-schaftsschulen sind dagegen über den Tag hinaus – ohne regionale Planung – bereits Fakten geschaffen worden, wel-che die Schullandschaft neu prägen. Die Zeit „läuft sozusagen davon“, weil Schul-entwicklungsprozesse längst ohne die zwingend erforderlichen Rahmenbedin-gungen in Gang sind. Nähere Einzelhei-ten vgl. unten beim Thema regionale Schulentwicklung.

G8 und G9 – eine unendliche Geschichte

Die Kritik am achtjährigen Gymnasium ist seit Einführung im Jahre 2004 nie verstummt. Beanstandet werden die Umsetzung sowie die daraus resultieren-de Belastung für die Schülerinnen und Schüler. Große öffentliche Resonanz fand deshalb die im Koalitionsvertrag 2011 angekündigte Möglichkeit der

Grundschulstandorte bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode erfüllt das Land eine zentrale Kernforderung des Gemeindetags.

Die seit Ende 2012 vom Kultusministe-rium eingesetzte Bildungsplankommis-sion beschäftigt sich auch mit der Re-form des Bildungsplans für die Grund-schule. Es zeigt sich, dass eine fundierte Medienbildung ein Schwerpunkt im Grundschulbereich sein soll. Der Aus-gangspunkt hierfür wird in der Notwen-digkeit gesehen, Kinder auf die vielfälti-gen positiven Möglichkeiten der Medi-en vorzubereiten und sie somit vor denkbaren schädigenden Medienein-flüssen zu bewahren. Außerdem sind sich die Bildungsexperten einig, dass die neuen, digitalen Medien wertvolle Un-terstützung für den Unterricht und neue Lernformen – wie das selbst ge-steuerte, kompetenzorientierte Lernen – bieten.

Aktuell führt das Landesmedienzent-rum Baden-Württemberg (LMZ) im Auf-trag des Kultusministeriums und der kommunalen Landesverbände ein Pilot-projekt an zwölf ausgewählten Grund-schulen in zwölf Landkreisen durch, mit dem die Medienbildung an den Grundschulen in Baden-Württemberg unterstützt wird.

Der Gemeindetag ist in den verschiede-nen Expertenkreisen vertreten, um die Arbeiten dort mit verfolgen zu können. Schließlich wird es am Ende um die Frage gehen, in welchen Schritten die neuen Bildungspläne an den Schulen imple-mentiert werden und wie sich die Finan-zierung der Umstellungs- und Umset-zungskosten gestaltet. Um die damit einhergehenden Kosten abschätzen zu können, hat der Gemeindetag zusam-men mit den anderen kommunalen Lan-desverbänden eine transparente Kosten-rechnung eingefordert. In diesem Zu-sammenhang wird auch die momentane Medienausstattung der Grundschulen ermittelt. Zudem starten noch im Schul-jahr 2013/14 zirka 21 Grundschulen mit der Erprobung der neuen Bildungspläne in den bislang erstellten Fassungen, und zwar in den Fächern Deutsch und Mathematik. Dieses Thema wird die

Gremien des Gemeindetags und die Ge-schäftsstelle auch im nächsten Berichts-zeitraum nachhaltig beschäftigen.

Gemeinschaftsschule: Einführung und Bedeutung für die Schullandschaft

Das Gesetz zur Änderung des Schulge-setzes für Baden-Württemberg, dessen Kern die Gemeinschaftsschule bildet, ist am 18.04.2012 vom Landtag beschlos-sen worden und am 12.05.2012 in Kraft getreten (GBl. vom 11.05.2012, S. 209). Damit gibt es künftig neben Hauptschu-len, Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien die Gemeinschaftsschule, welche die Bildungsstandards aller genannten Schularten anbietet. Die Gemeinschaftsschule ist grundsätzlich eine verbindliche Ganztagsschule und Inklusionsschule. Die neue Schulart wurde nicht verpflichtend eingeführt, vielmehr versteht der Gesetzgeber die Gemeinschaftsschule als ein mögliches Angebot an die Schulträger.

Auf der Grundlage des im April 2012 neu eingeführten Paragraf 8a des Schul-gesetzes sind zwischenzeitlich 129 Ge-meinschaftsschulen genehmigt wor-den. Zu den 42 Starterschulen des Schul-jahres 2012/2013 kamen 87 weitere hin-zu, die zum laufenden Schuljahr ihren Betrieb als Gemeinschaftsschule in Klas-se 5 aufnahmen. Die nächsten Antrags-runden für die Einrichtung von Ge-meinschaftsschulen im Schuljahr 2014/15 bzw. 2015/16 sind im Gange.

Die Gremien des Gemeindetags hatten sich sehr intensiv mit den neuen Gege-benheiten auseinandergesetzt. In der Stellungnahme zum Gesetzentwurf wurden insbesondere die Finanzie-rungsverantwortung des Landes für die Ausgestaltung als Ganztagsschule und die Inklusion kritisch hinterfragt. Letz-ten Endes ist bis heute die Finanzierung notwendiger Schulbaumaßnahmen und des Betriebs ungeklärt und muss trotz umbruchartiger Änderungen der Rahmenbedingungen „im geltenden System“ aufgefangen werden.

Das Land hat Eckpunkte für Neurege-lungen zur Ganztagsschule und zur In-

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Parallelführung von G8 und G9. In den Schuljahren 2012/13 und 2013/14 starteten an 44 Gymnasien neunjährige Züge im Schulversuch.

Im kommunalen Interesse müssen aber auch kritische Punkte zum neunjährigen Gymnasium angesprochen werden. Zu-nächst ist es schwer nachvollziehbar, mit welcher Begründung eine Schulform, die es bereits jahrzehntelang gab, in Schulver-suchen erprobt werden muss. Zum ande-ren haben die kommunalen Schulträger gerade die Schulreform G8 finanziell und organisatorisch gestemmt. Das „Rein und Raus aus den Kartoffeln“ kostet kommu-nales Geld, das für andere Schulaufgaben dringend benötigt wird. Kritisch gesehen wird auch das Nebeneinander von G8 und G9, welches zu einer uneinheitlichen Gymnasiallandschaft führt. Diese Ent-wicklung ist somit auch geeignet, den Wettbewerb um ausreichende Schüler-zahlen zusätzlich zu verstärken. Da es sich nur um einen Schulversuch mit 44 Gym-nasien handelt, bleibt die Frage: Wie sieht es mit der Bildungsgerechtigkeit aus?

Regionale Schulentwicklung

Der Abwärtstrend bei den Schülerzahlen ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern raue Wirklichkeit. Diese Ent-wicklung lässt sich schon über Jahre hin-weg aus den Statistiken unmissverständ-lich ablesen: Bis 2020 werden im Land voraussichtlich rund 150.000 Schüler weniger als heute die Schulbank drücken. Unter diesen Vorzeichen stellt es für die kommunalen Schulträger weiterhin eine enorme Kraftanstrengung dar, im Bereich der weiterführenden Schulen ein regio-nal ausgeglichenes und leistungsfähiges Bildungsangebot vorzuhalten.

Der Gemeindetag hat vor Beginn der Diskussionen um die Gemeinschafts-schule in Baden-Württemberg im Jahr 2011 die zentrale Forderung nach ei-nem abgestimmten Gesamtkonzept für die zukünftige Schulstruktur erhoben. Im Mittelpunkt dieser Forderung steht nach wie vor die Notwendigkeit zur Ab-stimmung der Belange aller betroffener Schulträger (so genannter regionaler Konsens). Vgl. dazu auch BWGZ 1/2012, Seite 3 ff.

Mit der Einführung der Gemeinschafts-schule ist ein Gesamtkonzept des Lan-des für die künftige Schulstruktur und die Perspektiven der einzelnen Schular-ten sowie ein abgestimmtes interkom-munales oder regionales Vorgehen für ein geordnetes Schulwesen erst recht unabdingbar geworden. Es ist nicht mehr zu übersehen: Die Errichtung ei-ner Gemeinschaftsschule hat die Wett-bewerbssituation um Schülerinnen und Schüler in kritischer Weise verschärft, weil sie Auswirkungen über Gemeinde-grenzen hinaus hat und damit auch die Belange von Nachbargemeinden be-rührt sein können. Die Befürchtungen des Gemeindetags – von einigen Seiten als „Schwarzmalerei“ abgetan – sind lei-der bereits eingetreten.

Mit seiner Forderung, keine weiteren Gemeinschaftsschulen mehr ohne Ab-stimmungsverfahren bzw. regionalen Konsens zu genehmigen, hat der Ge-meindetag Bewegung in das Geschehen gebracht. Im Juli 2013 hat das Kabinett die Eckpunkte zur regionalen Schulent-wicklung beschlossen. Sie bilden die Grundlage für einen Gesetzentwurf, der bis Ende des Jahres in den Landtag ein-gebracht werden soll. Damit hat die

Landesregierung die „gesteuerte“ Schul-entwicklung offiziell eingeläutet.

Die Überlegungen des Gemeindetags für ein Schulentwicklungskonzept, wel-ches einen regionalen Konsens zum Ziel hat, finden sich in den Eckpunkten der Landesregierung teilweise wieder. Aller-dings ist eine Schulorte-Planung der Landesregierung, die sich ganz wesent-lich an Mindest-Schülerzahlen orien-tiert und damit weitere zentrale Aspekte wie Schülertransporte oder regionale Interessen am Standort Schule eher ver-nachlässigt, zu einseitig bzw. unzurei-chend. Besonders vor dem Hintergrund der Situation in ländlich geprägten Re-gionen muss der Rahmen, in dem sich die Kommunen bewegen können, weni-ger starr gesetzt sein. Denn nur inner-halb flexibler Strukturen kann eine Schullandschaft entstehen bzw. erhal-ten bleiben, in der Kinder und Jugend-liche bestmögliche Bildungschancen haben.

Neue Schulen sollen nach den Eckpunk-ten der Landesregierung zur regionalen Schulentwicklung nur genehmigt wer-den, wenn eine stabile Zweizügigkeit ge-währleistet ist. Nach Auffassung des Lan-des setzt dies in der Prognose mindestens eine Schülerzahl von vierzig, bei Gymna-sien sogar von sechzig Schülern voraus. Mit Blick auf die Strukturen in ländli-chen Bereichen ist für den Gemeindetag die generelle Festlegung einer Zweizügig-keit sowie die vorgesehene Mindest-Schülerzahl nach wie vor nicht zu akzep-tieren. Es wird erwartet, dass für die Ein-richtung von Schulen nicht allein die Zahl der Schüler Kriterium sein soll, son-dern auch besondere Verhältnisse, wie z.B. unzumutbare Entfernungen etc., Berücksichtigung finden.

Ganztagsschule

Die Situation ist unverändert: Noch im-mer existiert keine schulgesetzliche Regelung zur Ganztagsschule. Die ge-meinsamen Arbeitsgruppen aus Vertre-tern der Landesressorts und der kommu-nalen Landesverbände, die mit der Auf-bereitung der inhaltlichen und finanziel-len Themen betraut sind, schließen ihre (Vor-)Arbeit voraussichtlich im Laufe des

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gen. Beide Angebote bestehen nebenein-ander. Hierbei stehen die Beteiligten in der Frage, wie diese Angebote zukünftig aussehen sollen und wie sie organisiert und finanziert werden können. Nach dem Koalitionsvertrag soll der Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungs-angebot in der allgemeinen Schule ge-setzlich verankert werden.

Ein Konzept für die Inklusion in Schulen muss neben den pädagogischen Leitlini-en und der Lehrerbildung auch die Orga-nisations- und Finanzierungsfragen klä-ren. Für zusätzliche finanzielle Aufwen-dungen des Schulträgers ist das Konnexi-tätsprinzip zu beachten. Besonderer Regelung bedarf nach unserer Auffas-sung auch die Finanzierung des notwen-digen Ergänzungspersonals. Derzeit fehlt von Seiten des Landes ein klares Be-kenntnis zur Konnexitätsrelevanz. Das Thema wird den Gemeindetag weiterhin beschäftigen.

Besetzung von Schulleitungsstellen

Das derzeitige Besetzungsverfahren für Schulleitungen trägt nach Auffassung des Gemeindetags der rechtlichen Posi-tion und Funktion der kommunalen Schulträger nicht Rechnung bzw. lässt wesentliche Elemente, die für eine Füh-rungsposition einer Schule in Bezug auf die kommunale Schulträgerschaft be-deutsam sind, außen vor. Bildungsplan-reform, Ausbau von Ganztagsschulen, Errichtung von Gemeinschaftsschulen und Neudefinition des Schulsystems, Inklusion, schwindende Schülerzahlen – das alles sind aktuelle Themen, die sehr deutlich zum Ausdruck bringen, dass sich unsere baden-württembergi-sche Bildungs- und Schullandschaft im Umbruch befindet.

Die Qualität und das Niveau sowie eine leistungsfähige Weiterentwicklung der Schule hängen wesentlich von einem vertrauensvollen Zusammenwirken der Schulleitung und der kommunalen Schulträgerschaft ab. Aus diesem Grun-de fordert der Gemeindetag seit jeher eine Stärkung des kommunalen Einflus-ses bei der Stellenbesetzung. Diese For-derung gewinnt angesichts der oben angesprochenen Umbruchsituation

Herbst 2013 ab. Im Weiteren müssen Einzelheiten zur Definition, Ausgestal-tung und Finanzierung einer baden-württembergischen Ganztagsschule po-litisch entschieden werden.

Der Gemeindetag vertritt dazu die Auf-fassung, dass die Unterrichtszeiten und andere Lern- und Freizeitangebote in der Ganztagsschule verschränkt sind und eine pädagogische Einheit bilden. Eine Trennung in Unterricht auf der ei-nen und eine Art bessere Betreuung auf der anderen Seite, wie sie vom Land ins Gespräch gebracht wurde, würde dem schon aus pädagogischen Gründen nicht gerecht. Zumal die landesseitigen Überlegungen eher durch ungeklärte Fi-nanzierungsfragen und Vorgaben für monetäre Kürzungen motiviert sind.

Nach Auffassung des Gemeindetags be-deutet Ganztagsschule ein Angebot un-ter dem Dach der Schule mit Beginn der ersten Schulstunde bis mindestens 17 Uhr. Die künftigen Regelungen müs-sen darüber hinaus im Rahmen des pä-dagogischen Gesamtkonzepts auch eine flexible Gestaltung des Wochenange-bots zulassen. Nur so kann auch den unterschiedlichen regionalen Bedürf-nissen Rechnung getragen werden. Die (organisatorische und finanzielle) Ver-antwortung für den pädagogischen Ganztagsbetrieb, einschließlich der Mit-

tagspause, muss nach Auffassung des Gemeindetags insgesamt bei der Schule (Land) liegen. Diese Verantwortung be-steht grundsätzlich, unabhängig davon, ob die Angebote von Lehrkräften oder externen Partnern erbracht werden.

Für kommunale Betreuungsangebote, die vor allem im Grundschulbereich am Rande der Ganztagsschule (z.B. vor Schulbeginn oder ergänzend am Nach-mittag) trotzdem weiterhin benötigt werden, muss auch in Zukunft eine pauschale Landesförderung gewährt werden.

Die Geschäftsstelle geht davon aus, dass noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in die Gremien des Gemeindetags eingebracht werden kann. Zum Thema Ganztagsschule vgl. auch BWGZ 1/2013, Seite 25.

Schulische Bildung behinderter Menschen

Die Umsetzung der Inklusion ist ein wei-teres wichtiges Thema im Schulbereich. Hier geht es zunächst um die Umsetzung von Artikel 24 UN-Behindertenrechts-konvention, der die bestmögliche Bil-dung und Erziehung von jungen Men-schen mit Behinderungen einfordert. Dies kann entweder in einer allgemeinen Schule oder in einer Sonderschule erfol-

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enorm an Bedeutung. Diese neuen Auf-gaben der Schule sind – darüber herrscht sicher Einigkeit – nur mit einer gut be-fähigten und motivierten Schulleitung zu bewältigen.

Neben der Änderung des Besetzungs-verfahrens sind vor allem auch die rah-menrechtlichen Bedingungen für diese Führungsfunktion anzupassen. Ange-sichts der Situation muss die Aufgabe an sich für Bewerber attraktiver sein. Ein neuer Ansatz hierfür ist in der Über-tragung von Führungsfunktionen auf Zeit zu sehen. Dafür wären allerdings gewisse Rechtsänderungen notwendig. Die Position des Schulleiters könnte da-durch einen neuen Stellenwert errei-chen. Gleichzeitig könnte insgesamt der Misere bezüglich Schulleiterpositio-nen entgegengewirkt werden.

Schulbauförderung

Das Kultusministerium hat eine Kom-mission berufen, welche die fachlichen Grundlagen für eine Überarbeitung der Schulbaurichtlinien erarbeiten soll. Die Kommission hatte den Auftrag, Vor-schläge zu erarbeiten, wie die Rahmen-vorgaben des Landes beim Schulhaus-bau und der Förderung an die sich wan-delnden Anforderungen angepasst wer-den können. Die Arbeit der Kommission wurde auch von Vertretern der kommu-nalen Landesverbände, Praktikern und Experten aus den kommunalen Verwal-tungen begleitet.

Die Ergebnisse liegen vor. Zwischen Land und kommunalen Landesverbän-den muss nunmehr in Gesprächen erör-tert werden, welche Folgen sich daraus für die Weiterentwicklung des Schul-baus ergeben. Dabei gilt es, die Frage der Konnexitätsrelevanz zu klären, bevor weitere Schritte zur Umsetzung verein-bart werden.

Einsatz von Pagern in Schulen

Die schreckliche Amok-Tat von Winnen-den und Wendlingen im März 2009 ist bis heute in nachhaltiger Erinnerung geblie-ben. Von Schulen und anderen Beteilig-ten wurde seinerzeit beanstandet, dass es keine hinreichende Warnmeldung gege-

ben hatte, als der Täter flüchtig war. Ein von der Landesregierung seinerzeit einge-setzter Expertenkreis hatte dieses Anlie-gen aufgegriffen und sich mit der Frage einer verläss lichen Kommunikations-struktur im Krisen fall befasst. Sowohl der Sonderausschuss des Landtags als auch der Expertenkreis der Landesregierung waren der Auffassung, dass es wichtig ist, neben der Alarmierung innerhalb der Schule darüber hinaus zu informieren, wenn sich im näheren und weiteren Um-kreis der Schule Gewaltvorfälle ereignen.

Im Frühjahr 2012 wurde nunmehr ge-meinsam mit Landtag, Landesregierung und der Schulträgerseite eine Pager-Lö-sung auf den Weg gebracht. Beim Pager handelt es sich um einen Funkempfän-ger, über den verlässlich – angekündigt durch ein akustisches Signal – Funknach-richten übermittelt werden. Einzelheiten zur Nutzung, zu den Verhaltensregeln bei Gewaltvorfällen und Schadensereig-nissen in Schulen sind in einer Verwal-tungsvorschrift geregelt, die ebenfalls im Frühjahr 2012 in Kraft gesetzt wurde (GABl. 2012, 194). Der Empfang von Warnungen über den Pager wird von der Schulleitung sichergestellt.

Die Kosten für die Beschaffung der Pager sowie aller Ersatzgeräte hat das Land übernommen. Dies konnte in Verhand-lungen zwischen dem Kultusministeri-um und den kommunalen Landesver-bänden erreicht werden. Die Finanzie-rung der Verbindungskosten (Dienstge-bühr) für den Einsatz der Geräte erfolgt durch eine Vorweg-Entnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich.

Zunächst wird der Pager für die Dauer von sechs Jahren zum Einsatz kommen. Dann muss – auch im Hinblick auf tech-nische Weiterentwicklungen – neu über die weitere Verwendung des Pagers ent-schieden werden.

Medienrecht – neuer Rundfunkbeitrag ab 2013

Der neue Rundfunkbeitragsstaatsver-trag sieht vor, dass zum 01.01.2013 die bisherige geräteabhängige Rundfunkge-bühr durch einen geräteunabhängigen

Rundfunkbeitrag abgelöst wird. Die neue Rechtslage führte zu einer Vielzahl von offenen Auslegungsfragen, die zum Teil von den Rundfunkanstalten und den kommunalen Spitzenverbänden je-weils unterschiedlich behandelt wur-den. Im Interesse der Mitgliedsstädte und -gemeinden im Gemeindetag hat die Geschäftsstelle in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städte- und Ge-meindebund die Klärung solcher Fragen herbeigeführt und mittels Gt-info an die Gemeinden weitergegeben. Im Extra net wurde eigens für diese Fragen eine Info-Plattform eingestellt, vgl. Extranet / Sonderthemen/Rundfunkbei-trag 2013.

Aufgrund von Mitgliedern überlassenen Berechnungen ist die Tendenz zu erken-nen, dass der neue Rundfunkbeitrag zu Kostensteigerungen bei den Kommu-nen führt. Die für Bürgerinnen und Bür-ger sowie für kleine und mittlere Unter-nehmen propagierte Kostenneutralität bzw. -entlastung schlägt bei den Kom-munen wohl eher ins Gegenteil um. Gleiches gilt für die angeblich einfache-re Handhabung zur Berechnung des Rundfunkbeitrags.

Mit dem Deutschen Städte- und Ge-meindebund ist eine gemeinsame Analy-se der finanziellen Belastungen verein-bart worden. Ziel ist es, eine Beitragsbe-freiung für kommunale Einrichtungen, die dem Allgemeinwohl dienen, zu errei-chen. Bei solchen Einrichtungen geht es nämlich primär um Tätigkeiten im Dienste des Gemeinwohls sowie der kommunalen Daseinsvorsorge – nicht um Medienkonsum. Etwaige Änderungs-vorschläge müssten in einem Evaluie-rungsverfahren eingebracht werden. Die Rechtslage ist so, dass der Staatsvertrag nach zwei Jahren einer umfassenden Evaluierung unterzogen wird, in deren Rahmen der Gesetzgeber die Anknüp-fungspunkte für die Beitragspflicht und etwaige Mehr- oder Minderbelastungen überprüft. Der Gemeindetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund beteiligen sich an der Ursachenfor-schung für mögliche Mehrbelastungen der kommunalen Seite. Sofern Mehrbe-lastungen im anstehenden Evaluierungs-verfahren nachgewiesen werden, haben

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Zensus

In den Berichtszeitraum fiel die Durchführung des Zensus 2011. Am 31.05.2013 wurden – nach längerer Be-arbeitungszeit – die ersten Ergebnisse des Zensus 2011 veröffentlicht. Einzel-heiten zu den Ergebnissen und zu den getroffenen Übergangsvorschriften sind in BWGZ 1/2013, S. 1 ff., sowie BWGZ 15-16/2013, S. 712 ff., nachzulesen; da-bei wird auch auf die Berücksichtigung der Zensus-Ergebnisse im kommunalen Finanzausgleich und die dafür geschaf-fenen Übergangsvorschriften im FAG, eingegangen (S. 718).

Kinderbetreuung

Vom Krippengipfel zum Rechtsanspruch

Bund, Land und Kommunen haben sich beim so genannten Krippengipfel 2007 darauf verständigt, dass für Kinder unter drei Jahren bis 2013 ein bedarfsgerech-tes Betreuungsangebot bereitsteht. In Verbindung mit der Zusage des Bundes, Investitionen und den laufenden Be-trieb der Kleinkindbetreuung zu för-dern, wurde im Dezember 2008 für Kin-der ab dem vollendeten ersten Lebens-jahr bis zur Vollendung des dritten Le-bensjahres ab dem 01.08.2013 ein individueller Rechtsanspruch auf Förde-rung in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege gesetzlich eingeführt. Gesetzlich ist dieser mittler-weile häufig als „Rechtsanspruch U3“ abgekürzter Anspruch in § 24 Abs. 2 SGB VIII bzw. in § 3 Abs. 2 des Kinderta-gesbetreuungsgesetzes (KiTaG) jeweils in der Fassung ab dem 01.08.2013 nor-miert. Der Rechtsanspruch umfasst auch Kinder mit Behinderung.

Städte und Gemeinden arbeiten mit Hochdruck am Ausbau der Kleinkind-betreuung. Die 2007 gesetzte landes-politische Zielquote von 34 Prozent der Kinder unter drei Jahren wurde in zahl-reichen Kommunen 2013 erreicht, teil-weise auch überschritten. Während es also in vielen Städten und Gemeinden gelingt, diesen seit 01.08.2013 gelten-

die Rundfunkanstalten ihre Unterstüt-zung bei der Problembehebung zugesagt. Der Gemeindetag bleibt also am Ball.

Sport

Projektförderung oder Pauschalförde-rung? Diese Frage stellt sich seit Jahren in Bezug auf die Förderung des kommu-nalen Sportstättenbaus, seit im Jahre 2006 die projektbezogene Förderung wieder eingeführt worden ist. Nach ein-gehender, teilweise auch kontroverser Erörterung in den zuständigen Gremien spricht sich der Gemeindetag für die Beibehaltung der Projektförderung aus. Es wird darin ein geeignetes Instrument gesehen, die Sportstätteninfrastruktur zu erhalten und weiterzuentwickeln. Beibehalten werden soll der bisherige Fördersatz in Höhe von dreißig Prozent. Das Land wird jedoch erneut aufgefor-dert, für eine bessere Ausstattung des Fördertopfes mit Mitteln aus dem Landes haushalt Sorge zu tragen.

Kommunales

Kommunalwahl am 25.05.2014

Am 25.05.2014 finden die Kommunal-wahlen statt. An diesem Tag sind ca. 30.000 ehrenamtliche Mandatsträger neu zu wählen. Die Amtszeit der derzeit Amtierenden endet nach den geltenden Vorschriften in der Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stutt-gart somit mit Ablauf des 31.05.2014. Gleichzeitig stehen an diesem Datum die deutschen Abgeordneten für das Europä-ische Parlament zur Wahl. Die Geschäfts-stelle wird die Wahlarbeit der Städte und Gemeinden über die elektronische Info, das Extranet und über ein besonderes Kommunalwahlforum immer aktuell mit Informationen und Hinweisen be-gleiten.

Kommunalrecht und Kommunalwahlrecht

Die Kommunalwahlen haben bereits im Berichtszeitraum ihre Schatten voraus-geworfen. Ausgelöst durch die Aussagen

im Koalitionsvertrag zum Wahlalter, Aufstellungsverfahren für Wahlvor-schläge und Sitzverteilungsverfahren, sind innerhalb des Verbands intensive Diskussionen in den zuständigen Gre-mien angestoßen worden. Dabei wurde hinterfragt, ob die Abkoppelung des Wahlalters von der Volljährigkeit tat-sächlich das richtige Mittel ist, um die zunehmende Wahlabstinenz vor allem junger Wahlberechtigter zu beseitigen.

Auch im Interesse einheitlicher Wahlal-terbestimmungen für Europa- und Bun-destagswahlen einerseits und Landtags- und Kommunalwahlen andererseits haben die zuständigen Gremien des Gemeindetags empfohlen, von einer Absenkung des Wahlalters für die Kom-munalwahlen abzusehen.

Zwischenzeitlich sind die Vorhaben im Landtag umgesetzt worden. Die Ge-meindeordnung und das Kommunal-wahlgesetz wurden mit dem Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher und gemeindehaushaltsrechtlicher Vor-schriften vom 16.04.2013, GBl., S. 55, vor allem mit Blick auf den 25.05.2014 geändert.

Die wichtigsten Änderungen sind:

die Absenkung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei kommuna-len Wahlen und Mitwirkungsrechtendie Einführung eines neuen Berech-nungsverfahrens für die Sitzzutei-lung – es erfolgte eine Umstellung vom d’Hondt’schen Höchstzahlver-fahren auf das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Lague/Schepers.Die Möglichkeit, bei Kreistags-wahlen in zwei Wahlkreisen zu kandidieren, wird abgeschafft. Der Paragraf 9 Kommunalwahlge-setz wird um eine appellative Soll-Bestimmung zur abwechselnden Berücksichtigung von Frauen und Männern ergänzt – ohne verbind-lichen Charakter.

Der Gemeindetag begrüßt es, dass der Landtag von einer verbindlichen Rege-lung für eine paritätische Besetzung von Wahlvorschlägen endgültig Abstand ge-nommen hat.

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906 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

mit auf insgesamt 87.779 Plätze, die ent-weder bereits zur Verfügung stehen oder gerade entstehen.

Betreuungsquote in Baden- Württemberg zum Stichtag 01.03.2013: 25 Prozent

Im Rahmen einer Landespressekonfe-renz stellten Kultusministerium, Lan-desinstitut für Schulentwicklung und Statistisches Landesamt am 15.07.2013 gemeinsam die vorläufigen Zahlen zur Betreuungssituation in Baden-Würt-temberg zum Stichtag 01.03.2013 vor. Danach besuchen 58.805 Kinder unter drei Jahren eine Kindertageseinrich-tung, was einer vorläufigen Besuchs-quote von 22 Prozent entspricht.

Der Zuwachs gegenüber dem Stand vom 01.03.2012 beläuft sich auf 4.533 betreu-te Kinder unter drei Jahren. In der Kin-dertagespflege hatten 9.562 Kinder unter drei Jahren einen Platz bei einer Tages-mutter bzw. einem Tagesvater. Das ent-spricht einem Plus von 678 betreuten Kindern unter drei Jahren in der Kinder-tagespflege gegenüber dem Vorjahr.

Insgesamt beträgt die vorläufige Betreu-ungsquote der Unter-drei-Jährigen zum Stichtag in Baden-Württemberg 25 Pro-zent. 2012 und 2013 flossen insgesamt 640 Mio. Euro zusätzlich an die Städte und Gemeinden, um die Betriebsausga-ben der Kleinkindbetreuung zu finan-zieren. 2014 wird das Land inklusive Bundesmitteln 68 Prozent der Betriebs-ausgaben übernehmen.

Pragmatische Erleichterungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs U3

Bereits Mitte 2012 haben die kommu-nalen Landesverbände eine Flexibilisie-rungsdebatte angestoßen, um die er-kennbaren Probleme bei der Umset-zung des Rechtsanspruchs U3 noch rechtzeitig in den Griff zu bekommen. Um die Kommunen zu unterstützen, erklärte sich das Land zu einer gemein-samen Entwicklung von pragmati-schen Übergangslösungen bereit. Das mittlerweile formlos abgekürzte „Flexi-paket“ ist zunächst bis zum 31.07.2015 befristet.

den Betreuungsanspruch von Kindern, die das erste Lebensjahr vollendet ha-ben, zu erfüllen, übersteigt in anderen Mitgliedsstädten und -gemeinden vor-aussichtlich die absehbare Nachfrage das bis dahin verfügbare Angebot. Im ländlichen Raum sind differenzierte Angebote der Kinderbetreuung glei-chermaßen gefragt wie in städtischen Zentren. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt bei der Suche nach passgenauen Betreuungsangeboten ei-ne zentrale Rolle. Die Realisierung einer bedarfsgerechten Angebotsstruktur mit einer weitgehend flexiblen Gestaltung der Betreuungszei-ten stellt den ländlichen Raum bei der Kleinkindbetreuung insoweit vor eine besondere Herausforderung, als die er-werbstätigen Eltern von Kleinkindern häufig den Wunsch haben, für ihr Kind einen Platz in einer Kindertagesstätte am Arbeitsort zu finden. Entfernungen und Wegzeiten sind dabei von nicht zu

unterschätzender Bedeutung. Daher gilt es, die Besonderheiten des ländlichen Raums wie auch des (groß-)städtischen Bereichs jeweils genau und möglichst gemeinsam im Blick zu haben. Flexible und innovative Ansätze sind beispiels-weise interkommunale Absprachen. In-terkommunale Zusammenarbeit kann zusätzliche Optionen und Handlungs-perspektiven bei der Kinderbetreuung und der Umsetzung des Rechtsan-spruchs eröffnen.

Nach der Übersicht des Bundesministe-riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) standen in Baden-Württemberg im Juni 2013 65.428 U3-Plätze zur Verfügung. Darüber hinaus ist Baden-Württemberg bundesweiter Spit-zenreiter mit 22.351 Betreuungsplätzen, die bewilligt sind (Umsetzung der Krip-peninvestitionsprogramme des Bundes) und damit demnächst zur Verfügung stehen werden. Nach Erkenntnissen des BMFSFJ kommt Baden-Württemberg so-

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Gemeindetag Baden-Württemberg

Geschäftsbericht

Ein zentrales Anmelde- bzw. Vormerk-verfahren ist ein weiterer wesentlicher Baustein für die organisatorische Ab-wicklung der Umsetzung des Rechtsan-spruchs auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab Vollendung des ersten Le-bensjahres, und zwar mit Wirkung zum 01.08.2013. Seit Ende 2012 waren Ge-meindetag und Städtetag gemeinsam im Dialog mit den Kirchenleitungen zur Herausgabe gemeinschaftlicher Empfeh-lungen bzgl. der Beteiligung freier Träger (zunächst der kirchlichen Kindergarten-träger) an einem zentralen Anmeldever-fahren für den Besuch von Kindertages-stätten. Mit Gt-info Nr. 250/2013 wur-den diese Empfehlungen veröffentlicht.

Krippeninvestitionsprogramme des Bundes in Baden-Württemberg

Bei den Verhandlungen zur innerstaat-lichen Umsetzung des Fiskalvertrags haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass der Bund neben den bereits bereitgestellten 2,15 Mrd. Euro weitere 580,5 Mio. Euro für die Investi-tionsförderung im Bereich der Klein-kindbetreuung in Rahmen des Investi-tionsprogramms „Kinderbetreuungs-finanzierung 2013-2014“ zur Verfü-gung stellt. Für Baden-Württemberg bedeutet dies zusätzliche Investitions-mittel in Höhe von rund 78 Mio. Euro. Allerdings sind auch diese Mittel inzwi-schen in fast allen Regierungsbezirken überzeichnet.

Der nachhaltige Einsatz des Gemeinde-tags hat dazu geführt, dass insbesondere folgende Punkte einer pragmatischen und praxisgerechten Lösung zugeführt werden konnten:

Maßnahme abgeschlossen/ InbetriebnahmeVerlängerung der Frist für den Nachweis der (sukzessiven) Belegung der PlätzeEntkoppelung der Betriebserlaubnis vom Verwendungsnachweis

In der VwV zur Änderung der VwV-In-vestitionen Kleinkindbetreuung in der Fassung vom 14.07.2013, Az.: 31-6930.160/76/1, sind die beiden letztge-nannten Punkte, nämlich insbesondere

die Entkopplung der Vorlage der Be-triebserlaubnis vom Verwendungsnach-weis wie auch die Verlängerung der Frist für den Nachweis der sukzessiven Bele-gung der Plätze, genau in der von den kommunalen Landesverbänden einge-brachten Weise abgehandelt.

Auf der Grundlage des 2011 mit dem Land vereinbarten „Pakts für Familien mit Kindern“ übernimmt ab dem Jahr 2014 das Land 68 Prozent der kommu-nalen Brutto-Betriebsausgaben aus der Kleinkindbetreuung. Den verbleiben-den Anteil von 32 Prozent tragen die Kommunen einschließlich der Eltern-beiträge und Trägeranteile – siehe auch BWGZ 3/2012, S. 148 ff. („Pakt für Familien“).

Der Gemeindefinanzbericht 2012 (BWGZ 15-16/2012, S. 614ff.) geht auf notwendige Überlegungen ein, bereits für das Jahr 2013 eine Änderung des Verteilungsschlüssels bei den FAG-Zu-weisungen für die Kinderbetreuung nach §§ 29b und c vorzunehmen. Hin-tergrund der Überlegungen waren die Umstellung der bisherigen Förderpraxis des Landes bei der Betriebskostenförde-rung von einem jährlichen Festbetrag auf einen prozentualen Anteil, die Um-stellung der Kinder- und Jugendhilfesta-tistik von der Erhebung der täglichen auf die Erhebung der wöchentlichen Betreuungszeiten sowie die zunehmen-de Ausweitung der Betreuungszeiten.

„Pakt für Familien mit Kindern“ – Initialzündung für den fristgerechten Ausbau der Kleinkindbetreuung

Trotz eines klaren Bekenntnisses der neu-en Landesregierung im Koalitionsvertrag zum gemeinsamen Ausbau der Klein-kindbetreuung mit den Kommunen bedurfte es noch eines harten Ringens, bis am 10.11.2011 Ministerpräsident Kretschmann und die kommunalen Lan-desverbände – unter Anerkennung der Konnexität in der Landesverfassung – eine Einigung zwischen dem Land und den Kommunen über die gemeinsame Finanzierung des Ausbaus der Kleinkind-betreuung in Baden-Württemberg ver-künden konnten. Dadurch wurde ein Dauerstreit über die Kostentragung des

Ausbaus der Kleinkindbetreuung zwi-schen dem Land und den Kommunen einvernehmlich beendet und eine bundesweite Vorreiterrolle in Bezug auf eine gesamtstaatliche Finanzierung des Krippenausbaus eingenommen.

Im Vorfeld der Landtagswahlen 2011 war dieses Streitthema noch im Rahmen des mit der Vorgängerregierung am 21.02.2011 geschlossenen „Pakts für Chancengerechtigkeit“ auf die Zeit nach der Landtagswahl ausgeklammert und vertagt worden. Im Raum stand da-bei auch die Androhung einer Klage durch Städte und Gemeinden auf Fest-stellung, dass bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungs-platz ab dem 01.08.2013 für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr und dem damit verbundenen Ausbau der Kleinkindbetreuung im Land das Land zu einem Ausgleich der den Kom-munen dadurch entstehenden finanzi-ellen Mehrlasten im Sinne der Konnexi-tät nach Art. 71 Abs. 3 Landesverfassung verpflichtet ist.

Gemäß dem zwischen der Landesregie-rung und den kommunalen Landesver-bänden am 01.12.2011 unterzeichneten „Pakt für Familien mit Kindern“ über-nimmt das Land ab 2014 68 Prozent der kommunalen Brutto-Betriebsausgaben aus der Kleinkindbetreuung. Der ver-bleibende Anteil von 32 Prozent wird durch die Kommunen bzw. ergänzend durch Elternbeiträge und Trägeranteile finanziert.

Übergangsweise trägt das Land in den Jahren 2012 und 2013 im Wege von Fest-beträgen bei der Betriebskostenförde-rung in Höhe von 315 Mio. Euro und 325 Mio. Euro zusätzlich zu der bisher vereinbarten Mitfinanzierung von 129 Mio. Euro bzw. 152 Mio. Euro seiner Ver-pflichtung zur Mitfinanzierung des Aus-baus der Kleinkindbetreuung Rechnung. Bereits für das Jahr 2012 erhöhte sich dadurch die Betriebskostenförderung nach § 29c FAG für die Kleinkindbetreu-ung auf 444 Mio. Euro – und für das Jahr 2013 auf 477 Mio. Euro. Unter Berück-sichtigung der Bundesmittel für die Be-triebskostenförderung von 65 Mio. Euro und 90 Mio. Euro in den beiden Jahren

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908 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

Ein wichtiger Schritt war die im Früh-jahr 2012 beschlossene Erhöhung der laufenden Geldleistungen. Diese beträgt seit 01.05.2012 für Kinder unter drei Jahren 5,50 Euro pro Stunde. Zudem wurde von den kommunalen Landes-verbänden eine Harmonisierung der Kostenbeteiligung der Eltern für betreu-te Kinder in Kindertagespflege mit den Elternbeiträgen für Kindertageseinrich-tungen angeregt. Denn für Eltern ist es unverständlich, weshalb sie für die Be-treuungsangebote unterschiedliche Be-träge zahlen müssen.

Als weitere Ziele nach der Erarbeitung von Empfehlungen zur Pauschalierung der Kostenbeiträge und laufenden Geld-leistungen hat sich die landesweite AG Kindertagespflege eine Orientierungs-hilfe zur Eignung von Tagespflegeperso-nen und der Kindertagespflege in ande-ren geeigneten Räumen, Hinweise zu Strukturen und der Bedarfsplanung in der Kindertagespflege sowie Hinweise zur Fachberatung gesetzt.

Sprachförderung

Im vergangenen Jahr wurden die bishe-rigen Sprachförderprogramme „Intensi-ve Sprachförderung im Kindergarten“ (ISK-Richtlinie), vorschulische Hausauf-gaben-, Sprach- und Lernhilfe (HSL-Richtlinie) und das „Landesprogramm Singen-Bewegen-Sprechen (SBS)“ im vorschulischen Bereich in der „SPATZ-Richtlinie“ (Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über Zuwendungen zur Sprachförderung in allen Tagesein-richtungen für Kinder mit Zusatzbedarf) zusammengeführt. Hintergrund dieser Zusammenführung war die bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Einfüh-rung der Sprachförderung ab dem ers-ten Kindergartenjahr.

Fazit: Kinderbetreuung muss weiter intensiv bearbeitet werden

Zusammenfassend ist festzustellen, dass in Baden-Württemberg und im Bundes-gebiet seit dem Krippengipfel 2007 bei der Kinder- und Kleinkindbetreuung viel bewegt und erreicht wurde. Selbst die Sicherstellung des Rechtsanspruchs in der Kleinkindbetreuung konnte zu-

standen 2012 509 Mio. Euro und stehen 2013 568 Mio. Euro insgesamt an Förder-mittel zur Verfügung.

Im Ergebnis hat dies ab 2012 gegenüber 2011 zu annähernd verdreifachten För-derbeträgen für die Kleinkindbetreuung geführt.

Durch die ab 2014 prozentuale Betei-ligung des Landes von 68 Prozent an den Betriebskosten ist eine Dynamisie-rung des Landesanteils verbunden. Sie stellt sicher, dass sich der Landesanteil in Bezug auf einen weiteren Anstieg der Betreuungsquote über die für 2013 an-gestrebten 34 Prozent der Kinder unter drei Jahren hinaus und in Bezug auf zukünftige Kostensteigerungen in glei-cher Weise zeitnah fortentwickelt.

Weiterhin konnte erreicht werden, dass das Land ab 2012 für Sprach-fördermaßnahmen und für die Schul-sozialarbeit elf Mio. Euro bzw. 15 Mio. Euro im Jahr zusätzlich zur Verfügung stellt. Zur Finanzierung der hierfür im Landeshaushalt anfallenden Mehraus-gaben wurde durch das Land Ende 2011 die Grunderwerbsteuer um ein-einhalb Prozentpunkte auf fünf Pro-zent angehoben.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch den zum Jahresende 2011 mit der Landesregierung seitens der kommuna-len Landesverbände vereinbarten „Pakt für Familien mit Kindern“ bei Weitem nicht nur ein Dauerstreit mit dem Land beendet werden konnte. Vielmehr war damit zugleich auch eine Initialzün-dung für einen beispiellosen Kraftakt der Städte und Gemeinden verbunden – mit dem Ziel, bis zum 01.08.2013 eine ausreichende Zahl von Betreuungsplät-zen in der Kleinkindbetreuung bereitzu-stellen, um den ab diesem Datum gel-tenden Rechtsanspruch landesweit auch zu gewährleisten.

Das Ausbleiben einer vielfach angekün-digten Klagewelle von Eltern auf die Be-reitstellung eines Krippenplatzes ist be-redter Ausdruck dafür, dass die Kommu-nen im Land ihrer Aufgabe in besonde-rer Weise und trotz vieler Schwierigkeiten gerecht geworden sind.

Inklusion in der Kleinkindbetreuung

Grundsätzlich gilt der Rechtsanspruch in der Kleinkindbetreuung ab 01.08.2013 auch für Kinder mit einem besonderen Förderbedarf. Das baden-württembergi-sche Kindertagesbetreuungsgesetz sieht zudem bereits bislang in § 2 Abs. 2 KiTaG vor, dass Kinder, die aufgrund ihrer Be-hinderung einer zusätzlichen Betreuung bedürfen, zusammen mit Kindern ohne Behinderung in Gruppen gemeinsam ge-fördert werden sollen, sofern der Hilfebe-darf dies zulässt. Dies ist auch im Rah-men der kommunalen Bedarfsplanung angemessen zu berücksichtigen. Vor die-sem Hintergrund hat die integrative Be-treuung von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen in den vergangenen Jahren auch in Baden-Württemberg deutlich zugenommen.

Neuer gesetzlicher Fachkräftekatalog – Fachkräftemangel in Kindertageseinrichtungen

Das am 08.05.2013 vom Landtag beschlos-sene und am 03.06.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Kindertagesbe-treuungsgesetzes (KiTaG) schafft mit der Erweiterung des Fachkräftekatalogs (§ 7 KiTaG) eine gute Grundlage und wird vom Gemeindetag befürwortet. Die über den Fachkräftekatalog hinausgehenden Maß-nahmen in Baden-Württemberg, wie z.B. die praxisintegrierte Ausbildung von Erzieher/-innen (PIA), die Ausweitung von berufsbegleitenden Teilzeit-Ausbildungs-möglichkeiten, Qualifikationen für Quer- und Wiedereinsteiger/-innen müssen um-fänglich angeboten, beworben und ge-nutzt werden.

Kindertagespflege

Der Gemeindetag sieht in der Kinderta-gespflege im Rahmen des Ausbaus der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren neben den Krippen und den altersgemischten Gruppen von jeher ei-ne wichtige Säule und unterstützt diese nach Kräften. Im SGB VIII und im Kin-dertagesbetreuungsgesetz Baden-Würt-temberg ist die Kindertagespflege als gleichwertiges Alternativangebot bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren genannt.

Geschäftsbericht

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Gemeindetag Baden-Württemberg

Geschäftsbericht

mindest durch den Großteil der Städte und Gemeinden im Land mit immen-sen Anstrengungen fristgemäß zum 01.08.2013 realisiert werden. Dort, wo dies noch nicht der Fall ist, wird es in den nächsten Monaten noch sukzessive geschehen, sobald sich der Bedarf an Be-treuungsplätzen und das Angebot ein-gependelt haben.

Der Betreuungsbedarf und somit die Betreuungsquote wird in Baden-Würt-temberg im Landesdurchschnitt wei-ter zunehmen und in den kommen-den Jahren einen weiteren Ausbau der Betreuungsplätze, insbesondere der Ganztagesplätze, erfordern. Darüber hinaus werden Fragen der Ausbildung, Personalgewinnung und -entwick-lung, die Weiterentwicklung der Be-treuungskonzepte, Umsetzung der In-klusion usw. weiter auf der Agenda der Kinderbetreuung bleiben und Lösun-gen erfordern.

Ärztliche Versorgung

Versorgungsstrukturgesetz

Ziel des Versorgungsstrukturgesetzes ist die Sicherstellung einer flächendecken-den bedarfsgerechten und wohnortna-hen medizinischen Versorgung. Vor dem Hintergrund unzureichender Be-darfsplanungskriterien, die weder den unterschiedlichen Versorgungssituatio-nen in Ballungsgebieten und ländlichen Regionen, noch dem sich abzeichnen-den Ärztemangel in ländlichen Gebie-ten Rechnung zu tragen vermögen, be-treffen die Schwerpunkte des Gesetzes die Maßnahmen zur Flexibilisierung der Bedarfsplanung, mehr Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten der Länder in der Bedarfsplanung und Versorgungs-gestaltung sowie den Ausbau der Sicher-stellungsinstrumente und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der hausärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum.

Am 01.01.2012 ist das Versorgungs-strukturgesetz GKV-VStG in Kraft getre-ten. Aus Sicht des Gemeindetags ist das neue Versorgungsstrukturgesetz zumin-dest „ein Schritt in die richtige Rich-tung“. Elemente im Gesetz – wie Flexi-

bilisierung der Bedarfsplanung, Betei-ligungsrechte der Länder, Berücksichti-gung sektorenübergreifender Ansätze, Umverteilung von Arztsitzen, Sonder-bedarfszulassung, neue Kooperations-formen, mobile Versorgungskonzepte, Eigeneinrichtungen der kassenärzt-lichen Vereinigungen, nichtärztliche Praxisassistenz und veränderte Hono-rierung – können helfen, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu sichern.

In Baden-Württemberg wurde u.a. zur Umsetzung des Versorgungsstrukturge-setzes und einer sektorenübergreifend gestalteten Bedarfsplanung ein beraten-der Landesbeirat auf Ebene des Sozial-ministeriums eingerichtet. Im sektoren-übergreifenden Landesbeirat ist der Ge-meindetag vertreten.

Das Sozialministerium Baden-Württem-berg hat Mitte 2012 ein überarbeitetes Förderprogramm Landärzte vorgestellt. Der Gemeindetag hat sich intensiv in die Überarbeitung dieses Programms eingebracht. Mit der Überarbeitung des Programms sollen u.a. eine gute ärztli-che Grundversorgung in den ländlichen Regionen für die künftigen Jahre gesi-chert und familienfreundliche Projekte gefördert werden.

Neue Bedarfsplanung 2013

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) hat auf der Grundlage der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie die Bedarfsplanung 2013 für die ärztliche Versorgung grundlegend überarbeitet. Durch die Verkleinerung der Planungsbereiche sollte planerisch eine verbesserte Versorgungsstruktur er-reicht werden. Die Kreisverbände des Gemeindetags haben sich mit der für den jeweiligen Landkreis vorliegenden Bedarfsplanung und deren Auswirkun-gen auf die Versorgungssituation inten-siv auseinandergesetzt. Aus kommuna-ler Sicht sind die Planungsbereiche für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung immer noch zu groß, um eine möglichst flächendeckende und gleichmäßige Verteilung der Arztsitze zu erreichen. Gerade im ländlichen Raum ist der Übergang auf die Planungs-ebene „Mittelbereich“ bei den Hausärz-ten nur bedingt geeignet, um eine wohnortnahe und bedarfsgerechte Ver-sorgung sicherzustellen. Es ist zu be-fürchten, dass in Anbetracht der nach wie vor zu großräumigen Planungsbe-reiche weiterhin eine verstärkte Nieder-lassung im städtischen Bereich zum Nachteil der ländlich strukturierten Ge-biete stattfinden wird.

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910 Gemeindetag Baden-Württemberg

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möchte, was eine europaweite Energie-wende verhindern dürfte. Darüber hin-aus stehen Regelungen des EEG, insbe-sondere Umlage-Befreiungen energiein-tensiver Unternehmen, weiterhin auf dem Prüfstand der Europäischen Kom-mission.

Diese teils widersprüchlichen Signale von Land, Bund und Europäischer Uni-on haben den Gemeindetag darin be-stärkt, seiner bereits im Jahr 2011 einge-schlagenen Linie treu zu bleiben und als Grundvoraussetzung für eine erfolgrei-che Bewältigung der Energiewende in Deutschland die Erstellung eines Ge-samtkonzepts zu fordern. In Baden-Württemberg wurde dies konkret mit dem Wunsch nach einem Energieatlas, vornehmlich für Städte und Gemein-den, verknüpft.

Im Rahmen einer Gesamtanalyse des im Land bis auf die einzelne Kommune he-runtergebrochenen Energiebedarfs, der jeweiligen Energieinfrastruktur und der bestehenden Potenziale zur Nutzung er-neuerbarer Energien sowie deren Bewer-tung sollte der Energieatlas entspre-chend den Vorstellungen des Gemein-detags verwirklicht werden. Während auf Bundesebene weiterhin Uneinigkeit über Zuständigkeiten des Bundeswirt-schaftsministeriums oder des Bundes-umweltministeriums herrscht und ein „Masterplan“ in weite Ferne gerückt scheint, hat die Landesregierung die Idee zum Energieatlas im Ansatz aufge-griffen.

Potenzialatlas

Am 13.03.2013 wurde somit ein landes-weiter Potenzialatlas für Windenergie, Photovoltaik und Wasserkraft im Ne-ckarraum vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft veröffent-licht. Aufgrund der großen Unklarhei-ten in Folge der Änderung des Landes-planungsgesetzes, der auslegungsbe-dürftigen Regelungen des Windenergie-erlasses, der zeitlichen und rechtlichen Probleme bei Erhebung von Daten zum Artenschutz bzw. der Verwendung von militärischen Daten stellt der Potenzia-latlas allerdings bislang nur das techni-sche Potenzial annäherungsweise dar.

Der Gemeindetag wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass für notwendige Ab-weichungen von der Bedarfsplanungs-Richtlinie bei räumlichen Faktoren wie Erreichbarkeit oder Bestehen von Rand-lagen im Rahmen eines Gesamtkonzepts weitere Kriterien, z.B. die Erreichbarkeit von Arztsitzen für die Patientinnen und Patienten definiert werden. Ferner muss bei der Bedarfsplanung die konkrete Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte berücksichtigt werden.

Neuordnung ärztlicher Notfalldienst

Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg hat zur Neuordnung des ärztlichen Notfalldienstes Anfang 2013 ein Konzept vorgelegt, mit dessen Hilfe insbesondere durch eine geänderte Ein-teilung der Notfallbezirke eine dauer-hafte Notfallversorgung auch im ländli-chen Raum sichergestellt werden soll. Die Kreisverbände des Gemeindetags haben sich mit entsprechenden Ände-rungsvorschlägen intensiv an der kon-kreten Ausgestaltung der Notfallpläne beteiligt.

Sachstand Energiewende

Die Jahre zwei und drei nach der Atom-katastrophe von Fukushima standen in Sachen Energiewende ganz im Zeichen rechtlicher Weichenstellungen und kon-troverser politischer Diskussionen sowie spannender kommunaler Initiativen.

In Baden-Württemberg ließ die Landes-regierung ihren ambitionierten Zielen bei der Umsetzung der Energiewende wie auch beim Klimaschutz Taten fol-gen. So wurden das Landesplanungsge-setz geändert, der Windenergieerlass herausgegeben und das Klimaschutzge-setz verabschiedet. In enger Verzahnung mit letztgenanntem wurde im Dezem-ber 2012 seitens des Umweltministeri-ums ein „Integriertes Energie- und Kli-maschutzkonzept“ (IEKK) vorgestellt und in einen Bürgerbeteiligungsprozess gegeben (vgl. hierzu das Thema „Klima-schutzgesetz und IEKK“ in diesem Ge-schäftsbericht). Darüber hinaus wurden von Landesseite u.a. Initiativen ange-stoßen:

zur energetischen Gebäudesanierung bzw. zur erneuerbaren Wärmeerzeu-gung (EWärmeG, Referentenentwurf im Herbst 2013 erwartet),zum Contracting (Contracting- Offensive, Abschlussbericht im Herbst 2013 erwartet),zur Elektromobilität (Living Lab BW mobil) sowie zur Umgestaltung der Verteilnetze hin zu so genannten intelligenten Netzen (Smart-grid-Plattform).

Auf Bundesebene spielten insbesondere folgende Punkte eine Rolle:

die Diskussion um eine immer notwendiger werdende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die Gestaltung von Investition s-bedingungen für Offshore-Wind-kraftanlagen, eine Novelle des Energiewirtschafts-gesetzes, bei der von kommunaler Seite leider vergeblich darauf gedrungen wurde, die Berücksich-tigung der Interessen der kommuna-len Selbstverwaltung bei der Konzes-sionsvergabe gesetzlich zu veran-kern, sowieder bundesweite Übertragungsnetz-ausbau.

Von Seiten der Europäischen Union ka-men zuletzt zweideutige Signale in Sa-chen deutscher Energiewende. So veröf-fentlichte die Europäische Kommission im Jahr 2012 eine Mitteilung, worin der Trend zu erneuerbaren Energien aus-drücklich unterstützt und entsprechen-de Finanzmittel im Rahmen der Regio-nalpolitik in den Jahren 2014-2020 in Aussicht gestellt wurden. (Das Europa-büro der baden-württembergischen Kommunen in Brüssel erarbeitet dem-entsprechend gerade einen Leitfaden für Städte, Gemeinden und Landkreise mit Hinweisen zur europäischen Förder-kulisse im Energiebereich. Die Fertig-stellung wird Ende September 2013 er-wartet.)

Im Juli 2013 wurde indes vermeldet, dass die Generaldirektion Wettbewerb im Wege von Beihilfen im Energiebe-reich Subventionen für den Bau von Atomkraftwerken auf den Weg bringen

Geschäftsbericht

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Gemeindetag Baden-Württemberg

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Die rechtliche Würdigung ist aufgrund der nach wie vor bestehenden Heraus-forderungen im Rahmen der Flächen-nutzungsplanung weiterhin im Einzel-fall vorzunehmen (vgl. hierzu ver tiefend BWGZ-Schwerpunktausgaben 18/2012 und 13/2013). Vor diesem Hintergrund stellt der Potenzialatlas in seiner derzei-tigen Form ein informatives Instrument dar, welches indes das wahre Potenzial der Windkraft aufgrund der benannten Probleme nicht abzubilden vermag.

Hierzu müssten die bestehenden Daten-sätze fortlaufend aktualisiert, fortge-schrieben und bereits geänderte (Teil-)Flächennutzungspläne eingepflegt wer-den. Zur Unterstützung der Kommunen – allerdings auch, um ein technisch-wissenschaftliches Monitoring der Energiewende, zumindest in Baden-Württemberg, anzuregen – werden der-zeit entsprechende Überlegungen von Seiten des Gemeindetags angestellt.

Um die Energiewende zusammen mit den Städten und Gemeinden erfolg-reich zu gestalten, hat der Gemeindetag in den Jahren 2012 und 2013 folgende Initiativen ins Leben gerufen:

Neues Online-Portal des Gemeindetags zur kommunalen Energiewende

Die Zahl der Kommunen in Baden-Württemberg, welche die Energiewende als Chance begreifen und zusammen mit den Bürgern vor Ort Projekte zur Erzeugung regenerativer Energie, zur Er-höhung der Energieeffizienz bzw. der Energieeinsparung initiieren, hat sich in den Jahren 2012 und 2013 nochmals sichtlich erhöht.

Um seine Mitgliedskommunen in ange-messener Art und Weise bei der tägli-chen Arbeit zu unterstützen, hat der Gemeindetag daher als erster kommu-naler Landesverband bundesweit das „Kommunale Portal für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energie-einsparung Baden-Württemberg“ frei-geschaltet.

Unter www.energiewende-gemeinde-tag-bw.de steht ein breites Angebot an kommunalrelevanten Informationen,

Hinweisen und Arbeitsmaterialien zu den vielfältigen Themenfeldern, die vom Umbau des Energieversorgungssys-tems in Baden-Württemberg betroffen sind, zur Verfügung.

Im ersten Jahr des Bestehens wurde das Portal bereits 1.000.000 Mal angeklickt (vgl. BWGZ 12/2013, S. 478 ff.). Im Lau-fe des Spätjahres 2013 wird das Online-Portal noch weiter ausgebaut werden. Damit folgt der Gemeindetag seinem Grundsatz, die kommunale Energie-wende in Baden-Württemberg voranzu-treiben, Entwicklungen darzulegen, Praktiker zu vernetzen, Expertenwissen weiterzugeben und zum Austausch an-zuregen.

Forum Energiewende

Um die zu lösenden Aufgaben bei der Energiewende aus kommunaler Sicht mit der Landesregierung zu diskutieren, Informationen auszutauschen sowie Lö-sungsansätze zu entwickeln, wurde im Frühjahr 2012 das „Forum Energiewen-de“ zwischen Gemeindetag, Städtetag, Landkreistag und dem Umweltministe-rium Baden-Württemberg ins Leben ge-rufen. Der Austausch und Diskurs be-zieht sich dabei insbesondere auf die

Themenfelder Ausbau der Windkraft im Land, Versorgungssicherheit und Netze, kommunale Wertschöpfung, Energie-einsparung im Gebäudebereich, Rolle der Gemeinde- und Stadtwerke in der Energiewende, Bürgerbeteiligung und Förderprogramme. Bislang trat das Forum einmal zusammen.

Thesenpapier zur Energiewende im ländlichen Raum

Die Energiewende in Baden-Württem-berg wird – was die Produktion von er-neuerbarer Energie anbelangt – schwer-punktmäßig im ländlichen Raum statt-finden. Der Gemeindetag hat auf diesen Umstand bereits frühzeitig hingewiesen und gefordert, dass es einen fairen Inte-ressensausgleich zwischen ländlichen Erzeugungsschwerpunkten und ver-brauchstarken Ballungsräumen geben müsse. Um diese Forderung weiter zu untermauern, wurde anlässlich des Tags des ländlichen Raumes am 20.04.2013 ein Positionspapier des Gemeindetags herausgeben. Darin wurde insbesondere auf Aspekte der Bürgerbeteiligung, des Netzausbaus (Verteil- wie Übertragungs-netze), der Berücksichtigung von ge-wachsenen (wirtschaftlichen) Struktu-ren (Landschaft, Tourismus, Industrie),

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Konzessionen

Entwicklung des Konzessions abgabenaufkommens im Zeichen der Energiewende

Die Folgen der Energiewende haben auch zunehmend Auswirkungen auf das Aufkommen der gemeindlichen Kon-zessionsabgabe (KA) im Strom- und Gas-bereich.

Im Strombereich sorgen erhöhte Ener-gieeffizienz und Energieeinsparung so-wie ein vermehrter Eigenverbrauch zu weniger Abnahme aus dem Netz der all-gemeinen Versorgung und damit zu ei-nem geringeren Konzessionsabgabeauf-kommen. Darüber hinaus fällt für Strom, der im Rahmen eines Schwachlasttarifs oder eines entsprechenden zeitvariablen Tarifs bei intelligenten Stromzählern ge-liefert wird, mit 0,61 Cent pro Kilowatt-stunde eine geringe KA an, als normaler-weise bei Tarifkunden in Ansatz gebracht wird (1,32 ct/kWh).

Im Gasbereich stellt sich die Lage aus kommunaler Sicht noch etwas schwieri-ger dar. Insbesondere wirkt sich dort der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 06.11.2012 (Az.: KVR 54/11) aus, wo-nach im Falle der Durchleitung von Drittanbietern im jedem Fall die Son-dervertragskonzessionsabgabe in Höhe von 0,03 ct/kWh anstatt der Tarifkon-zessionsabgabe in Höhe von 0,22 bis 0,93 ct/kWh zu erheben ist.

Zudem existiert dort, anders als im Strombereich, keine Regelung zur Ab-grenzung zwischen Sondervertrags- und Tarifkunden. Bei Strom regelt § 2 Abs. 7 der Konzessionsabgabenverordnung (KAV), dass Lieferungen an Sonderver-tragskunden dann vorliegen, wenn die gemessene Leistung des Kunden in min-destens zwei Monaten des Abrech-nungsjahres dreißig Kilowatt über-schreitet und der Jahresverbrauch mehr als 30.000 Kilowattstunden beträgt (ku-mulative Voraussetzung). In den letzten Jahren gingen Energieversorgungsun-ternehmen daher vermehrt dazu über, die so genannten gasvollversorgten Haushalte als Sondervertragskunden einzustufen.

Energiepreise und Versorgungssicher-heit sowie kommunale Wertschöpfung aufmerksam gemacht (vgl. hierzu BWGZ 12/2013, S. 494 ff.). Insbesonde-re in Sachen kommunaler und regiona-ler Wertschöpfung bedarf es noch wei-terer gesetzlicher Regelungen, um den ländlichen Raum weiterhin als attrakti-ven Wirtschaftsstandort und Lebens-raum zu erhalten (vgl. hierzu das Thema „Gewerbesteuer“ in diesem Heft).

Im Folgenden sind zusammenfassend weitere Themen, die den Gemeindetag im Zusammenhang mit der Energie-wende beschäftigen, aufgeführt:

Herausforderung Netzausbau

Neben den Planungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien (v.a. Windkraft) steht im ländlichen Raum insbesondere das Thema Ausbau der Versorgungsnet-ze an. Im Hinblick auf gebietsspezifisch erhöhte Netzentgelte aufgrund des Zu-baus an Erneuerbare-Energien-Anlagen und daraus resultierenden Netzausbau-bedarfs hat der Gemeindetag auf Ebene des Deutschen Städte- und Gemeinde-bundes eine Initiative mit eingebracht, die diese Herausforderung beschreibt und volkswirtschaftlich sinnvolle Lö-sungsmöglichkeiten (z.B. über eine bundesweite Umlage unter Beteiligung von Anlagenbetreibern) anbietet. Auf-grund der zunehmenden Dezentralität der Energieversorgung müssen vor al-lem Verteilnetze ertüchtigt und ausge-baut werden. Schätzungen der Deut-schen Energieagentur (dena) gehen von bis zu 220.000 Kilometern bis 2030 aus, dies entspräche einer Investitionssum-me von ungefähr 42,5 Mrd. Euro.

Zu diesen Kosten kommen die Aufwen-dungen für den Um- und Ausbau der Übertragungsnetze hinzu (lt. dena-Netzstudie II, Szenario B, für 3.600 Kilo-meter ca. 20 Mrd. Euro). Dieser Um- und Ausbau ist notwendig für den Transport des Windstroms (Offshore wie Onshore) sowie des küstennah produzierten Koh-lestroms aus dem verbrauchsschwachen Norden in die Wirtschaftszentren im Süden Deutschlands, bei denen bis 2022 die Leistung von sechs Kernkraftwerken nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Die Übertragungsnetzbetreiber entwi-ckeln dafür jedes Jahr so genannte Netz-entwicklungspläne, die nach Prüfung durch die Bundesnetzagentur den jähr-lichen Um- und Ausbaubedarf der deut-schen Transportnetze wiedergeben. Energiewirtschaftlich notwendige und vordringliche Vorhaben werden dann durch den Bundestag im Bundesbe-darfsplan priorisiert. Diese Aspekte müssen im Rahmen des Planfeststel-lungsverfahrens nicht mehr geprüft werden.

Die Netzentwicklungspläne basieren auf einem so genannten Startnetz, d.h. auf Netzabschnitten, die bereits im Energieleitungsausbaugesetz 2009 als energiewirtschaftlich notwendig und besonders vordringlich ausgewiesen wurden. Teil dieses Startnetzes ist auch der Übertragungsnetzabschnitt zwi-schen Bünzwangen (Landkreis Göppin-gen) und Goldshöfe (Ostalbkreis) in Baden-Württemberg. Auf ca. sechzig Kilometern Länge soll zwischen Bünz-wangen und Lindach eine Höchstspan-nungsleitung (380 kV) neu und zwischen Lindach und Goldshöfe eine bestehende Hochspannungsleitung (220 kV) zu einer Höchstspannungslei-tung (380 kV) umgebaut werden.

Zuständiger Übertragungsnetzbetreiber ist die Transnet BW. Dass es sich hierbei um ein höchst umstrittenes Projekt handelt, zeigt die Tatsache, dass sich nicht nur mehrere Bürgerinitiativen ge-gründet haben, sondern auch eine eige-ne kommunale Interessensgemein-schaft aller betroffenen Städte, Gemein-den und Landkreise; sie möchte auf dem Weg eines Gutachtens nun unter-suchen lassen, inwiefern eine energie-wirtschaftliche Notwendigkeit (derzeit) überhaupt besteht und welche Alterna-tiven es zum Bau der Leitung geben könnte.

Der Gemeindetag verfolgt die Entwick-lung weiter und stellt seinen Mitglieds-kommunen wie bisher auf http://www.energiewende-gemeindetag-bw.de/ umfas-sende Informationen zur Gesamtthe-matik „Übertragungsnetze“ (Erdver-kabelung, Ausgleichszahlungen an Kommunen etc.) zur Verfügung.

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komplizierten Prozess der Konzessions-vergabe zu ebnen und Anhaltspunkte zu geben, wie man im Sinne der siche-ren Versorgung und der Verbraucher eine gute Lösung erreichen kann und allen Bewerbern faire Chancen eröffnet werden.“

Damit bedeutet der Musterkriterienka-talog mit den Bandbreiten der einzel-nen Kriterien für die Orientierung der Kommunen Folgendes: Kommunen, die sich an dieser Hilfestellung der EKartB BW des UM orientieren, können vermeiden, dass Kartellrechtsverstöße entstehen, die ansonsten aufgegriffen werden könnten. Insoweit liegt durch den Empfehlungscharakter eine „Selbst-bindung“ der EKartB vor.

Der Gemeindetag wie auch der Städte-tag verstehen darunter nicht mehr und nicht weniger, als dass eine Kom-mune – je genauer sie sich an der Ori-entierungshilfe bei ihrer Konzessions-vergabeentscheidung orientiert – da-von ausgehen kann, dass die EKartB im Falle einer Konkurrentenbeschwer-de nicht von ihrem Aufgreifermessen Gebrauch machen wird. Im Umkehr-schluss heißt dies aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit des Tätigwerdens des EKartB BW im Falle einer Konkur-rentenbeschwerde zunimmt, je weiter man sich von der Orientierungshilfe entfernt, ohne dass damit schon eine Bewertung über die Rechtmäßigkeit des betreffenden Verfahrens verbun-den ist.

Dies ist nach unserer Auffassung auch die „Botschaft“ in der Einleitung zum Musterkriterienkatalog. Darin wird ja auch ausgeführt, dass der Katalog weder zwingend noch abschließend sei.

Konzessionsvergabe: Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes 2012

Im Zusammenhang mit dem oben ange-sprochenen Musterkriterienkatalog als Orientierungshilfe für die Konzessions-vergabe im Strom- und Gasbereich hat sich der Gemeindetag im Rahmen des dritten Gesetzes zur Neuregelung ener-giewirtschaftlicher Vorschriften für eine Berücksichtigung kommunaler Interes-

Wiederholte Initiativen der kommuna-len Landes- und Spitzenverbände, eine Regelung analog zu § 2 Abs. 7 KAV im Gasbereich zu verankern, scheiterten bislang am Widerstand der Politik. Im Rahmen der derzeit laufenden Energie-preisdebatte scheint eine entsprechen-de Regelung noch mehr in die Ferne gerückt zu sein.

Das zurückgehende Aufkommen der Gas-KA liegt außerdem darin begrün-det, dass Gas in der Wärmeversorgung zunehmend durch Nah- und Fernwär-meversorgungen (Biogas-Anlagen, BHKWs) ersetzt wird. Aufgrund der ho-hen Anfangsinvestitionen wurde bis-lang in vielen Fällen von der Erhebung einer Konzessionsabgabe bzw. eines Ge-stattungsentgelts für Nah- und Fernwär-meleitungen abgesehen. Angesichts des zunehmenden Substitutionseffekts zu Lasten der Konzessionsabgabe Gas könnten hier über kurz oder lang ver-tragliche Regelungen aufgenommen werden.

Grundsätzlich gilt es, das Aufkommen der Konzessionsabgabe zumindest zu stabilisieren. Ein Lösungsansatz hierfür könnte die Entkopplung der Berech-nung der Höhe von Konzessionsabga-ben vom Strom- bzw. Gasverbrauch hin zu einer Pauschale, bezogen auf die Netzanschlussleistung (Leistungspreis), darstellen. Der Gemeindetag wird in Abstimmung mit dem Deutschen Städ-te- und Gemeindebund sowie den ande-ren betroffenen kommunalen Landes-verbänden weitere Überlegungen an-stellen und sich dann gegebenenfalls für eine Änderung der Berechnungs-grundlagen einsetzen.

Musterkriterien katalog als Orientierungshilfe

Wie mit Gt-info Nr. 0706/2012 vom 16.08.2012 mitgeteilt, hatte die Energie-kartellbehörde (E-KartB) beim Ministe-rium für Umwelt, Klima und Energie-wirtschaft (UM) am 05.07.2012 ein Konsultationsverfahren zum Entwurf eines Musterkriterienkatalogs zur Kon-zessionsvergabe für Strom und Gas ein-geleitet. Die Konsultationsunterlagen gingen vom UM direkt an alle Strom-

und Gasnetzbetreiber sowie an die kom-munalen Landesverbände und an Fach-verbände.

Nach lebhaftem Protest der kommuna-len Landesverbände gegen die teils pra-xisfremden und wenig kommunal-freundlichen Inhalte fanden in den Jahren 2012/2013 mehrere Gespräche zwischen Gemeindetag, Städtetag und dem UM zur weiteren Vorgehensweise statt. Dabei wurde die Entwurfsfassung des Musterkriterienkatalogs aus dem Jahr 2012 überarbeitet. So wurden u.a. bei den Auswahlkriterien der Bewer-tungsmatrix anstelle von festen Punkt-zahlen Bandbreiten eingeführt. Die Vor-bemerkung wurde überarbeitet und der Anlagenteil mit häufig wiederkehren-den Fragen zum Prozess der Konzessions-vergabe aktualisiert.

Für die kommunale Seite war zudem wichtig, dass „Sonstige allgemeine kom-munale Belange im Rahmen des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung“ Be-rücksichtigung finden. So ist es nun möglich, dass unter dem Kriterium „Sonstige Belange des Vergebenden“ ein entsprechendes Unterkriterium „Zum Beispiel belegbare gewichtige Wert-schöpfung vor Ort, Gewerbesteuer (aber § 3 KAV ist strikt zu beachten)“ bewertet werden darf.

Als weiterer kommunaler Verhand-lungserfolg kann gelten, dass in der Überschrift nun deutlich erkennbar ist, dass der Musterkriterienkatalog eine „Orientierungshilfe“ sein soll.

Grundsätzlich sollte es laut Umweltmi-nister Franz Untersteller darum gehen, dass diese Orientierungshilfe für Städte und Gemeinden zu einem fairen Kon-zessionswettbewerb beitrage (Pressemit-teilung des UM vom 10.07.2013). Dabei wird bei der Auswahl der Bewerber nicht nur nach EnWG-Kriterien bewertet; all-gemeine kommunale Belange können im dargestellten Rahmen der Bewer-tungsmatrix berücksichtigt werden. Wichtig ist weiterhin die Feststellung des Umweltministers: „Unsere Wer-tungsmatrix ist aber kein absolut zwin-gend vorgeschriebener Leitfaden, er dient nur dazu, den Weg durch den

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Gemeindetag Baden-Württemberg

Geschäftsbericht

sen bei der Konzessionsvergabe neben den Zielen des § 1 EnWG eingesetzt.

Konkret wurde eine kommunalfreund-lichere Formulierung des § 46 Abs. 3 Satz 5 EnWG von den kommunalen Spitzenverbänden entsprechend des Pe-titums von Gemeindetag und Städtetag im Bundesrat eingebracht. Vorgeschla-gen wurde, § 46 Abs. 3 Satz 5 EnWG wie folgt zu ändern: „Bei der Auswahl des Unternehmens ist die Gemeinde im Rahmen der Ausübung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung auch ge-halten, die Ziele des § 1 EnWG mit in ihre Entscheidung einzubeziehen.“ (Diese Formulierung bewegt sich im Rahmen der Ausführungen des VG Oldenburg, Beschl. v. 17.07.2012, 1 B 3594/12, Rn. 104, denen der Gemeinde-tag nach wie vor maßgebliche Bedeu-tung beimisst, vgl. hierzu Gt-info Nr. 0631/2012 vom 25.07.2013.)

Beinahe inhaltsgleich übernahm der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 12.10.2012 (BR-Drucksache 520/12(B)) den oben benannten Vorschlag, indem er vorschlug, § 46 Abs. 3 Satz 5 EnWG wie folgt zu ändern: „Bei der Auswahl des Unternehmens ist die Gemeinde verpflichtet, die Ziele des § 1 in ihre Ent-scheidung mit einzubeziehen.“ In der Begründung wurde ausgeführt, dass die bisherige Regelung in § 46 Absatz 3 Satz 5 EnWG in der Praxis zu Rechtsunsi-cherheiten geführt habe.

Die Neuregelung solle daher letztlich klarstellen, dass die Kommunen im Rahmen der Daseinsvorsorge in Aus-übung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung auch andere gemeind-liche Ziele berücksichtigen können. Diesem Vorschlag stimmten indes Bun-desregierung wie Bundestag letztlich nicht zu, sondern plädierten für eine Beibehaltung des bisherigen Satzes 5, wonach die Gemeinde bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des § 1 EnWG verpflichtet ist. Allerdings führte die Bundesregierung in ihrer Gegen-äußerung aus, dass die Regelung die Be-rücksichtigung weiterer Ziele im Rah-men des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung nicht von vornherein ausschließe. Dementsprechend konnte

die gemeinsame Initiative der kommu-nalen Spitzen- und Landesverbände schlussendlich einen Teilerfolg erzielen. Nicht zuletzt wurde damit eine Argu-mentationsgrundlage für die Berück-sichtigung kommunaler Belange in der Orientierungshilfe Musterkriterienkata-log des EKartB BW geschaffen.

Aktualisierte Musterkonzessions-verträge EnBW Regional AG und badenova AG & Co. KG

Im Jahr 2006 hatten Gemeindetag und Städtetag sowie regionale kommunale Verbände gemeinsam mit der EnBW Re-gional AG sowie der badenova AG & Co. KG Musterkonzessionsverträge Strom und Gas abgeschlossen. Aufgrund von verschiedenen Änderungen bestand von beiden Seiten der Wunsch, eine Ak-tualisierung der Musterkonzessionsver-träge vorzunehmen. Bis Juli 2012 wur-den die Verträge überarbeitet und ange-passt sowie in endgültiger Fassung dem Innenministerium, dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirt-schaft sowie der Gemeindeprüfungsan-stalt zur Verfügung gestellt (vgl. hierzu Gt-info Nr. 585/2012 vom 09.07.2012).

Die aktualisierte Version der Muster-konzessionsverträge mit der EnBW Re-gional AG sieht im Wesentlichen Ver-besserungen für Kommunen zu folgen-den zwei Punkten vor:

Verlegungskosten von Verteilungs-anlagen (§ 5 Absatz 2)neu aufgenommene Informations-verpflichtungen des Konzessions-nehmers mit Varianten, je nach Wunsch der Kommune (§ 7 Absatz 5 bis Absatz 7).

Eine ausführliche Erläuterung der Ände-rungen erfolgte im Energiewende-Schwerpunktheft der BWGZ, Nr. 18/2012 (S. 713 ff.).

Im April 2013 folgte die Aktualisierung der Musterkonzessionsverträge Strom und Gas mit der badenova AG & Co. KG (vgl. Gt-info Nr. 0320/2013 vom 26.04.2013). In die überarbeiteten Fas-sungen der Verträge konnte insbeson-dere folgende weitere Verbesserung mit aufgenommen werden:

Gemäß § 8 Abs. 3 des jeweiligen Ver-trags steht der Gemeinde ein Sonder-kündigungsrecht zum jeweiligen Jah-resende zu, sollte die kommunale Mehrheit bei der badenova AG & Co. KG nicht mehr gegeben sein.

Für alle aktualisierten Fassungen der Musterkonzessionsverträge mit der En-BW Regional AG wie auch mit der bade-nova AG & Co. KG hat das Innenminis-terium Baden-Württemberg mit Schrei-ben vom 23.07.2012, vom 02.04.2013 (EnBW Regional AG) sowie vom

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mit eigenen Haushaltsmitteln eine Breitband-Infrastruktur aufbauen. Un-ter „staatlichen Beihilfen“ oder „staat-licher Förderung“ oder „Beihilfebetrag“ oder „Bewilligungsbehörden“ sind nicht nur finanzielle Unterstützungen aufgrund der Breitband-Initiative II des Landes, sondern eben auch für Gemein-den und die kommunalen Haushalts-mittel zu verstehen, mit denen die Kom-munen den Ausbau der Breitband-Infra-struktur fördern. Die Breitband-Leitlini-en 2013 enthalten an vielen Stellen allseits bekannte Inhalte; deren aktuelle Bedeutung erschließt sich oft erst nach einem Blick in die Fußnoten.

Die Investitionskosten für eine leis-tungsfähige Breitband-Infrastruktur sind immens. Für die Bundesrepublik werden über siebzig Mrd. Euro für einen glasfaserbasierten Breitband-Ausbau ge-schätzt.

Die Kommission weist darauf hin, dass die Breitband-Leitlinien 2013 (wie be-reits die aus dem Jahre 2009) die Grund-sätze zusammenfassen, nach denen die Kommission die EU-Beihilfe-Vorschrif-ten bei Maßnahmen anwendet, die dem allgemeinen Ausbau von Breitbandnet-zen für die Breitband-Grundversorgung sowie von NGA-Netzen dienen. Damit entsteht Rechtssicherheit und Transpa-renz bei denjenigen, die Beihilfemaß-nahmen durchführen. Vier Kriterien prägen den Begriff der Beihilfe: Einsatz staatlicher Mittel, wirtschaftlicher Vor-teil für Unternehmen – der Vorteil für das Unternehmen ist selektiv, eine Ver-fälschung des Wettbewerbs tritt ein oder droht einzutreten und eine Beeinträch-tigung des Handels zwischen den Mit-gliedstaaten.

Bei der Beurteilung staatlicher Beihilfen wird unterschieden zwischen folgenden Arten von Breitband-Netzen: Netze der Grundversorgung, NGA-Netze und ultra schnelle Breitband-Netze. Wäh-rend Netze der Grundversorgung u.a. ADSL-Netze, herkömmliche Kabelnetze (wie DOCSIS 2.0), Mobilfunknetze der dritten Generation (UMTS) sowie satel-litengestützte Systeme sind, bestehen NGA-Netze vollständig oder teilweise aus optischen Bauelementen mit höhe-

28.05.2013 (badenova) bestätigt, dass die Einholung eines neuen Sachverstän-digen-Gutachtens nach § 107 Abs. 1 Satz 2 GemO entbehrlich ist und eine Vorlagepflicht gegenüber der Rechtsauf-sichtsbehörde gemäß § 108 GemO 2013 nicht besteht.

Auf die Nachfrage des Gemeindetags in Sachen reiner Umstellung eines noch laufenden Konzessionsvertrages (d.h. Fallkonstellationen, die Verlängerun-gen oder sogar Neuabschlüsse von Kon-zessionsverträgen darstellen, sind hier-von nicht umfasst!) auf den neuen Mus-terkonzessionsvertrag für den Rest sei-ner ursprünglichen Laufzeit hat das Innenministerium mit Schreiben vom 16.09.2013 ebenfalls festgestellt, dass in diesen Fällen auf die Einholung eines Gutachtens nach § 107 GemO verzich-tet werden kann sowie eine Vorlage-pflicht gegenüber der Rechtsaufsicht entfällt.

Die Musterkonzessionsverträge nebst Anlagen stehen für Mitglieder des Ge-meindetags Baden-Württemberg auf der Energiewende-Homepage des Gemein-detages unter: http://www.energiewende-gemeindetag-bw.de/ (Rubrik: „Ratgeber“ – „Arbeitsmaterialien“ – „Konzessions-verträge“) zum Download bereit.

Breitband-Infrastruktur

Die neuen Breitband-Leitlinien der EU-Grundlage für Beihilfen der Gemeinden

Die neuen Breitband-Leitlinien der EU-Kommission gelten seit Ende Januar 2013. Die EU-rechtlichen Beihilfevor-schriften gelten nicht nur bei der Inan-spruchnahme von Fördermitteln des Landes für den Ausbau der kommuna-len Breitband-Infrastruktur, sondern auch dann, wenn die Gemeinden allein

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Geschäftsbericht

rer Leistung als bestehende Netze der Breitband-Grundversorgung. Nach der „Farbenlehre“ der Kommission gibt es weiße, graue und schwarze Flecken bei der Breitband-Grundversorgung. Bei weißen Flecken ist eine Breitband-Infra-struktur nicht zu erwarten, in grauen Flecken gibt es bereits einen Anbieter und in schwarzen Flecken mindestens zwei Anbieter. Vergleichbar gibt es wei-ße, graue und schwarze NGA-Flecken. Ein Handeln der Gemeinden ist in wei-ßen Flecken ohne weiteres möglich, in grauen Flecken nur eingeschränkt und in schwarzen Flecken ausgeschlossen.

Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen haben die Gemeinden folgende grund-sätzliche Punkte zu beachten: Detaillier-te Breitband-Karte und Analyse der Breitband-Abdeckung, öffentliche Kon-sultation, wettbewerbliches Auswahl-verfahren, wirtschaftlich günstigstes Angebot, Technologie-Neutralität, Nut-zung bestehender Infrastruktur, offener Zugang auf Vorleistungsebene, Vorleis-tungspreise, Überwachung und Rück-forderungsmechanismus sowie Trans-parenz.

Die bestehenden Richtlinien des Bun-des werden derzeit überprüft. Das Mi-nisterium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz entwickelt inzwi-schen die Förderrichtlinien Baden-Württemberg weiter und berücksich-tigt dabei die neuen Breitband-Richt-linien der EU.

Öffentliche WLAN-Netze in den Gemeinden

Mit WLAN-Netzen können internet-fähige Endgeräte drahtlos in ein lokales Netzwerk eingebunden werden. Solche WLAN-Netze sind zunehmend üblicher Standard, z.B. für das private heimische Netz, Hotels, Cafés, Büros, Verkaufsstät-ten oder Friseure. Die schnelle Entwick-lung der WLAN-Technologie hat dazu geführt, dass die Technik auch außer-halb des Heimnetzes attraktive Anwen-dungsmöglichkeiten bietet. Vor allem für Städte und Gemeinden gewinnt das WLAN-Netz als Zugangsnetz für die Bür-ger und Gäste in der Gemeinde immer mehr an Bedeutung. Die WLAN-Tech-

nologie verbindet das mobile Internet mit der hohen Leistungsfähigkeit und der unbeschränkten Nutzbarkeit einer Festnetz-Infrastruktur. Im mobilen In-ternet sind demgegenüber aufgrund der Ausgestaltung der Mobilfunkverträge und wegen der Vielzahl der Nutzer oft-mals die Bandbreiten und das verfügba-re Datenvolumen begrenzt.

In den letzten Monaten sind Städte und Gemeinden dazu übergegangen, öffent-liche WLAN-Netze im Gemeindegebiet als kommunale Dienstleistung anzubie-ten (flächendeckend im Ortsbereich oder lokal in bestimmten Bereichen). Die Bürger können dann immer und überall auf das Internet zugreifen. WLAN ist als ein Standortfaktor nicht nur für Unternehmen, sondern auch als Angebot im Tourismus immer wichti-ger; in Tourismusgemeinden können die Gäste von einem kostenlosen Inter-netzugang profitieren. Zwei Drittel der Tablet-Nutzer gehen nach Angaben der BITKOM nur über WLAN ins Netz. WLAN-Hotspots sind im Gastgewerbe und in der Hotellerie, in Unternehmen und im Freizeit- und Bildungssektor üb-liche und notwendige Bestandteile des Dienstleistungsangebots.

Unsere Informationsgesellschaft erwar-tet einen Zugang zum Internet, und zwar jederzeit und überall (always on-line). Bei diesen Erwartungen spielt auch die im Internet übliche „Gratiskul-tur“ eine Rolle. Die Städte und Gemein-den müssen sich um die gesellschaftli-che Bedeutung des Internets auch mit-tels der WLAN-Netze kümmern und vor Ort zusammen mit der Wirtschaft (Ein-zelhandel, Gastwirte, Hotels, Gewerbe-treibende) die Initiative ergreifen. Eine Übernahme dieser Aufgabe durch die örtlichen Verbände (z.B. Gewerbe- und Handelsverein) wäre wünschenswert. Es gibt in Baden-Württemberg Unterneh-men, die Kabel- bzw. Festnetze betrei-ben; die Gemeinden können sie als Part-ner an ihre Seite holen.

Die Finanzierung eines kostenlosen WLAN-Netzes kann ein privater Inves-tor übernehmen. Die Ausschreibung des Plakatanschlags kann mit dem Aufbau eines WLAN-Netzes verknüpft werden.

Die technischen Seiten der „Geschäfts-modelle“ sind unterschiedlich. So erhal-ten beispielsweise die Nutzer wegen der rechtlichen Fallstricke (siehe BWGZ 14/2013, S. 597 – unverschlüsselte öf-fentliche WLAN-Hotspots gelten als Si-cherheitsproblem für die Nutzer) einen Zugangscode erst dadurch, dass sie ihre Handynummer oder E-Mail-Adresse an-geben. In Deutschland ist die Registrie-rung der Anwender auch bei vielen Ho-tels und Cafés der Regelfall. Daneben gibt es eine zeitliche Begrenzung von morgens bis spätabends; in anderen Zei-ten ist dann zu bezahlen – oder die Nutzerzeit ist auf eine halbe Stunde, ei-ne bzw. zwei Stunden begrenzt. Die Kos-ten für die öffentliche Investition sind überschaubar; das gilt auch für die mo-natlich anfallenden Kosten (eine Kos-tenteilung zwischen Gastwirten, Einzel-handel und Gemeinde ist ein mögliches Modell).

Erst in zweiter Linie kann es unter Be-rücksichtigung der kommunalen Finan-zen und der kommunalpolitischen Be-deutung zu einer neuen Aufgabe für die Gemeinde kommen. Kommunale Mo-dellprojekte gibt es in Baden-Württem-berg: Heidenheim, Aalen, Heubach, Pforzheim (ohne Anspruch auf Voll-ständigkeit). Kabel Deutschland hat für siebzig bayerische Städte die Einrich-tung von dreihundert WLAN-Hotspots angekündigt (Nutzer können dreißig Minuten pro Tag kostenlos surfen). Nach der Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone sollen Vodafone-Kunden kostenlos ins WLAN-Netz von Kabel Deutschland gehen können (zunächst in Berlin und Pots-dam angekündigt). Seit 13.09.2013 bie-tet die Telekom in der Innenstadt von Hamburg die WLAN-Nutzung für eine Stunde kostenlos an. Die Telekom plant WLAN-Netze in Fußballstadien. In München wird ein Riesen-WLAN-Hot-spot auf der Theresienwiese diskutiert.

Besoldung

Bei der Hauptversammlung des Ver-bands baden-württembergischer Bür-germeister am 14.06.2013 sagte Innen-minister Reinhold Gall zu, bei der struk-

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Für die zweite Förderphase, die der Ge-meindetag im Projektbeirat weiter be-gleiten wird, können sich Städte und Gemeinden mit neuen Projekten oder mit einer sinnvollen Weiterentwicklung bereits geförderter Projekte bewerben.

Personalvertretungsrecht: kommunale Anliegen übergangen

Die Landesregierung hat am 12.12.2012 Eckpunkte zur Änderung des Landes-personalvertretungsgesetzes (LPVG) vorgelegt. Inzwischen liegt ein Gesetz-entwurf mit Begründung vor. Zu bei-den haben die kommunalen Landes-verbände und der Kommunale Arbeit-geberverband gemeinsam kritisch Stel-lung genommen.

Der Stellenwert des Personalvertre-tungsrechts wird von den Mitgliedsstäd-ten und -gemeinden unterschiedlich eingeschätzt. Besteht, wie bei der gro-ßen Mehrheit, ein konstruktives Ar-beitsverhältnis zwischen Dienststelle und Personalrat, sind die gesetzlichen Regelungen von sekundärer Bedeutung.

Wo diese positiven Voraussetzungen aber nicht gegeben sind, wird eine Aus-weitung der Beteiligungsrechte der Per-sonalvertretung kritisch beurteilt. Auch die Beratungspraxis des Gemeindetags zeigt: Das Personalvertretungsrecht ent-hält in hohem Maße Regelungen für den Konfliktfall. Daher ist nicht akzep-tabel, dass das „Kommunalministeri-um“ fast alle kommunalen Anliegen ignoriert hat.

Die LPVG-Novelle wird dazu führen, dass die Zusammenarbeit mit konflikt-geneigten Personalräten wesentlich auf-wendiger, schwieriger und kostspieliger wird. Die Zahl der Beteiligungsverfah-ren wird zunehmen. Im Fall der Nicht-einigung innerhalb der Dienststelle wird wesentlich häufiger eine Entschei-dung des Gemeinderats notwendig wer-den, auch wenn dieser in Organisations- und bestimmten Personalfragen kraft Gemeindeordnung oder Hauptsatzung eigentlich nicht zuständig ist. Entspre-chend erhöht sich die Verhandlungs-macht der Personalräte.

turellen Anpassung der Wahlbeamten-besoldung eine weitere Stufe zügig anzugehen. Das wird neben der lange hinausgeschobenen Anhebung der Ein-stufung der Bürgermeister in den Grö-ßenklassen ab 30.000 Einwohner aus-drücklich auch die Besoldung der Beige-ordneten betreffen. Ob es einen Leis-tungsbonus für die dritte Amtszeit geben soll, will Gall prüfen.

Der Gemeindetag weist seit Langem da-rauf hin, dass es durch die Anhebung der Bürgermeisterbesoldung in Gemein-den bis 30.000 Einwohner und die weit-gehende Deregulierung der Stellenober-grenzen für Laufbahnbeamte Rege-lungsbedarf für die Einstufung der Bei-geordneten gibt. Vor allem aber wird die Forderung des Gemeindetags nach ei-nem Anreiz für eine dritte Amtszeit seit Jahren mit Nachdruck vertreten. Frühe-re Zusagen wurden im Rahmen des Dienstrechtsreformgesetzes 2010 nicht eingelöst. Das Prüfungsergebnis der grün-roten Landesregierung wird daher mit Spannung erwartet.

Gegen eine zeitliche Verschiebung der Besoldungsanpassung für die Kommu-nalbeamten wendet sich der Gemeinde-tag. Er hält es für richtig, die Besoldung entsprechend der Ergebnisse der letzten Tarifrunden der öffentlichen Arbeitge-ber anzupassen. Das geht aus seiner Stel-lungnahme zum Besoldungsanpas-sungsgesetz 2013/2014 hervor.

Kritik an Nivellierungstendenzen in der Besoldungspolitik übt der Gemeindetag immer wieder. Anlass dazu geben Lan-desregierungen aller Couleur seit der Übernahme der Besoldungszuständig-keit vom Bund. Immerhin hat die Lan-desregierung aktuell von einer weiteren Nivellierung der Besoldungsstruktur, die der Gemeindetag zuletzt 2012 kriti-siert hatte, Abstand genommen.

Erneut war aber zu beanstanden, dass durch die nach Besoldungsgruppen ge-staffelte Verschiebung Besoldung nach dem Gesichtspunkt der Bedürftigkeit gewährt wird. Die Verschiebung der Be-soldungsanpassung bis hin zu einer Nullrunde 2013 für Beamte ab Besol-dungsgruppe A 12 gebe dem Fachkräfte-

Arbeitsmarkt ein fatales Signal. Qualifi-zierte und leistungsorientierte Personen müssten daraus schließen, dass sie im Beamtenverhältnis eine anforderungs- und leistungsorientierte Vergütung nicht erwarten könnten, sondern zum Spielball politischer Maßnahmen wür-den, die sie nicht zu verantworten hät-ten und nicht beeinflussen könnten, so der Gemeindetag.

Demo grafische Veränderungen – Robert Bosch Stiftung fördert weitere Projekte

Enorm profitiert haben zehn Städte und Gemeinden im Land von einer Förde-rung der Robert Bosch Stiftung. Ihre Projekte zu einer demografieorientier-ten Neuausrichtung der Personalpolitik haben sich zu Leuchttürmen entwi-ckelt, an denen sich auch andere Kom-munen orientieren können. Das vom Gemeindetag nachhaltig unterstützte Förderprogramm „Die Kommunalver-waltung Baden-Württemberg im Zei-chen des demographischen Wandels“ geht jetzt in die zweite Runde.

Bereits die von der Stiftung beauftragte Studie „Demographieorientierte Perso-nalpolitik in der öffentlichen Verwal-tung“ der Prognos AG zeigte 2009 gro-ßen Handlungsbedarf auf. Im August 2011 wurde das Förderprogramm „Die Kommunalverwaltung Baden-Würt-temberg im Zeichen des demographi-schen Wandels“ ausgeschrieben. Im Rahmen dieses Programms haben sich zehn baden-württembergische Kommu-nen aller Größenklassen 2012 und 2013 auf den Weg gemacht, sich den perso-nellen Herausforderungen des demo-grafischen Wandels zu stellen. Sie erar-beiten individuelle Konzepte für eine neue Personalpolitik und erproben die-se in ihrer Kommunalverwaltung. Über die geförderten Projekte wird in der Ver-bandszeitschrift des Gemeindetags be-richtet werden. Die Kommunen erhal-ten finanzielle Unterstützung für ihre Projektarbeit. Als besonders fruchtbar werden die Vernetzungstreffen erlebt, in denen die Teilnehmer thematische Impulse für ihre Arbeit mitnehmen und ihre Erfahrungen austauschen können.

Geschäftsbericht

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Geschäftsbericht

Erlaubnispflicht für Personalleihe behindert interkommunale Zusammenarbeit

Die seit 01.12.2011 geltende Erlaubnis-pflicht für Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer „wirtschaftlichen Tätig-keit“ hat in der Praxis der Städte und Ge-meinden zu einem nicht akzeptablen Mehraufwand geführt. Die sinnvolle und politisch gewünschte interkommu-nale Zusammenarbeit wird dadurch häu-fig erschwert. Der Gemeindetag hat die Landesregierung zu einer Bundes rats-initiative zur Berücksichtigung kommu-naler Belange aufgefordert, die auch zu-gesagt wurde. Leider wird das Verfahren nicht mit hoher Priorität betrieben, so dass den Städten und Gemeinden weiter unnütze Kosten entstehen.

Die Arbeitnehmerüberlassung ist durch die AÜG-Novelle auch dann erlaubnis-pflichtig geworden, wenn Städte und Gemeinden im Wege der Personalge-stellung oder Personalleihe zusammen-arbeiten und es sich dabei nicht eindeu-tig um hoheitliche Tätigkeiten im enge-ren Sinne handelt. Dasselbe gilt, wenn die Personalgestellung bei einer Aufga-benübertragung an Private gerade dazu dient, den Beschäftigten ihre tariflichen Anwartschaften und ihre soziale Absi-cherung zu erhalten. Vor der Novellie-rung war die Gewerbsmäßigkeit der Ar-beitnehmerüberlassung das Kriterium für die Erlaubnispflicht. Da Personallei-he im kommunalen Bereich nicht in Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, war eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüber-lassung bisher nicht erforderlich.

Die kommunalen Belange wurden 2010 im Gesetzgebungsverfahren nicht be-rücksichtigt. Das Bundesarbeitsministe-rium meint, die AÜG-Novelle sei EU-rechtlich geboten gewesen. Daran be-stehen von kommunaler Seite erhebli-che Bedenken, die auch von namhaften Arbeitsrechtlern geteilt werden. Das Ziel der AÜG-Novelle, die Substitution von Stammarbeitsplätzen in Entleihbetrie-ben zu verhindern, ist im kommunalen Bereich nicht relevant. Der arbeitsrecht-liche und soziale Status von kommuna-len Beschäftigten wird durch Personal-gestellung oder Personalleihe in keiner

Weise tangiert, teilweise sogar dadurch gerade gesichert.

Feuerwehr

Feuerwehrbeschaffungskartell – Ver-einbarung der Schadensregulierung mit den Kartellanten

Das Bundeskartellamt hat im Februar 2011 über sein Kartellverfahren gegen bekannte Lieferanten von Feuerwehr-fahrzeugen (ab 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) berichtet. Die Kartel-lanten hatten sich danach von Oktober 1998 bis Mai 2009 zu einem wettbe-werbswidrigen Kartell zusammenge-schlossen. Im Mai 2013 haben die kom-munalen Spitzenverbände auf Bundes-ebene unter der Federführung des Deut-schen Städte- und Gemeindebunds mit vier an dem Feuerwehrbeschaffungskar-tell beteiligten Unternehmen eine außergerichtliche Schadensregulierung vereinbart. Bußgelder in Höhe von 50,5 Mio. Euro wurden vom Bundeskar-tellamt verhängt (das Verfahren gegen Iveco ist noch nicht rechtskräftig).

Die kommunalen Spitzenverbände sind bei ihren Verhandlungen davon ausge-gangen, dass lange Gerichtsverfahren vermieden werden könnten und ge-richtliche Verfahren von jeder Gemein-de einzeln anzustrengen wären sowie mit einer langen Laufzeit zu rechnen sei. Auch sei der Ausgang eines Gerichts-verfahrens wegen des schwierigen Scha-densnachweises ungewiss und für die Gemeinden mit unkalkulierbaren Kos-ten verbunden (über den aktuellen für die Gemeinde positiven Schadenser-satzprozess wird im nächsten Abschnitt berichtet).

Im November 2011 haben sich die kom-munalen Spitzenverbände darauf ver-ständigt, dass die Fahrzeuglieferanten ein Gutachten in Auftrag geben, das klären soll, ob den Gemeinden durch das Feuerwehrbeschaffungskartell ein finanzieller Schaden entstanden ist – und gegebenenfalls in welcher Höhe. Der Gutachter Prof. Dr. Lademann er-hob daraufhin bei den Unternehmen und bei den Gemeinden Daten, um zu

einer möglichst vollständigen Markt-übersicht zu kommen. Anfang 2012 wurde eine online gestützte Datenerhe-bung durchgeführt, mittels derer Preise sowie weitere Informationen zu den im Zeitraum von 2000 bis 2011 beschafften Löschfahrzeugen erfasst wurden. 1.800 auswertbare Beschaffungsvorgänge mit 5.000 Angeboten wurden erhoben. Das Gutachten zeige Hinweise auf kartellbe-dingte Preiseffekte für den Zeitraum von Anfang 2000 bis 23.06.2004; nach die-sem Zeitpunkt konnte dies nicht mehr nachgewiesen werden.

Bemerkenswert war, dass die festgestell-ten und geschätzten Preisüberhöhun-gen weit unter zehn Prozent lagen, ob-wohl in anderen Kartellverfahren von Preisüberhöhungen von annähernd dreißig Prozent die Rede war. Zu den Eckpunkten der Schadensregulierung gehörte, dass alle Gemeinden, die bei den Kartellanten beschafft hatten, ei-nen Schadensersatz erhalten, also auch für Beschaffungen bei dem nicht koope-rierenden bzw. inzwischen insolventen Lieferanten Ziegler. Der Ausgleich der geschätzten Preisüberhöhungen sollte sich nach der Höhe der durchschnittli-chen Hersteller-Marktanteile während der fraglichen Vertriebsleiterphase rich-ten, in der die Preiserhöhungen herbei-geführt worden sind. Der gebildete Re-gulierungsfonds umfasst aufgrund der geschätzten kartellbedingten Preisüber-höhungen 6,738 Mio. Euro. Dies führt zu einem durchschnittlichen Kompen-sationsbetrag je Fahrzeug von rund 2.000 Euro.

Eine weitere Rolle mit besonderer Bedeu-tung spielte seit Bekanntwerden des Kar-tellverfahrens die Zuverlässigkeit in Be-zug auf künftige Vergabeverfahren und die Zertifizierung der Bieter-Zuverlässig-keit. Der Gemeindetag hat schon seit Langem und nun aus Anlass des Kartell-verfahrens seine Mitglieder auf die An-wendung der Formulare des kommuna-len Vergabehandbuchs VOL hingewie-sen, das zu rechtssicheren Vergabever-fahren führt; es basiert auf dem entsprechenden Vergabehandbuch des Bundes. Von den Kartellanten verlang-ten die kommunalen Spitzenverbände eine „Selbstreinigung“ als Teil der Mit-

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des Feuerwehrfahrzeugs vereinbarte pauschale Schadenersatz sei auch unter AGB-Gesichtspunkten wirksam. Hat demnach die Gemeinde in den von ihr gestellten allgemeinen Vertragsbedin-gungen den Schadensersatz im Fall kar-tellrechtswidrigen Verhaltens des Auf-tragnehmers auf 15 Prozent der Ver-tragssumme pauschaliert, ist die Klausel jedenfalls dann wirksam, wenn die im Bußgeldbescheid festgestellten Verhal-tensweisen dazu dienten, zuvor gewähr-te Sonderrabatte von bis zu dreißig Pro-zent zu vermeiden, und Rabatte von zehn bis zwölf Prozent auf dem Markt üblich sind.

Damit wird erstmals durch ein Gericht der Anspruch einer Gemeinde mit der nach dem kommunalen Vergabehand-buch Baden-Württemberg üblichen Klausel für pauschalierten Schadenser-satz bestätigt. Diese Klausel enthält – siehe oben – eine Öffnung insoweit, als der Auftragnehmer einen Schaden in anderer Höhe nachweist; die Beweislast verlagert sich auf den Lieferanten.

Der Gemeindetag hat seit jeher die Auf-fassung vertreten, dass Verträge mit ver-einbartem pauschalem Schadensersatz den Gemeinden eine starke Position einräumen. Für Verträge ohne eine sol-che Klausel dürfte das Schadensgutach-ten Lademann, über das im Gt-INFO wiederholt berichtet wurde, bedeutsam werden, insbesondere zur denkbaren Höhe des Schadensersatzanspruchs.

Im Berufungsverfahren hat das OLG Karlsruhe mit seinem Urteil vom 31.07.2013 den Schadensersatzan-spruch der Gemeinde ebenfalls bestä-tigt; die Berufung der Fa. Schlingmann wurde zurückgewiesen. Der Fall liegt inzwischen zur Entscheidung beim BGH. Für die Gemeinden, die unter die Kriterien des Regulierungsverfahrens fallen, ist damit besonders zu überlegen, ob sie sich am Regulierungsverfahren beteiligen oder den gerichtlichen Weg des Schadensersatzanspruchs gehen.

Inzwischen steht eine außergerichtliche Einigung zum Drehleiterkartell an. Auch hier werden die Gemeinden – wie beim Feuerwehrfahrzeugkartell – prüfen

wirkung bei der Schadensaufklärung. Die Kartellanten haben daraufhin zur Wie-derherstellung der Zuverlässigkeit (Eig-nung) personelle „Selbstreinigungsmaß-nahmen“ durchgeführt. Die ZertBau GmbH prüft die Unternehmen insbeson-dere hinsichtlich der von diesen einzu-haltenden Anforderungen an personell-organisatorische Strukturen sowie hin-sichtlich eines regelkonformen Verhal-tens (Compliance). Dazu gehört auch eine „Bietererklärung zur Zusicherung der Zuverlässigkeit beziehungsweise zur Wiederherstellung der Zuverlässigkeit“ („Checkliste zur Selbstreinigung“), die den Gemeinden für künftige Vergabever-fahren zur Verfügung gestellt worden ist.

Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene haben den Städten und Gemeinden die Teilnahme am außerge-richtlichen Schadensausgleich empfoh-len. Die Gemeinden haben aber zu be-achten, dass die Regulierung nur den Zeitraum bis Juni 2004 umfasst – und somit keine späteren Beschaffungen. Da inzwischen das OLG Karlsruhe in der zweiten Instanz (nach der bereits für die Gemeinde positiven ersten Instanz Landgericht Mannheim) der nordbadi-schen Gemeinde P. einen Schadenser-satzanspruch zugebilligt hat, standen die Gemeinden vor der schwierigen Ent-scheidung: Regulierung (verbunden mit dem Verzicht auf alle Ansprüche auch außerhalb des Regulierungszeitraums) oder Chance auf Schadensersatz über ein gerichtliches Verfahren.

Zusammenfassend sind in der Scha-densregulierung folgende Ergebnisse erzielt worden: Hinweise auf kartellbe-dingte Preisüberhöhungen wurden im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 23.06.2004 festgestellt. Alle betroffenen Kommunen werden im Rahmen der au-ßergerichtlichen Schadensregulierung entschädigt – somit auch Ziegler-Kun-den. Die Unternehmen Iveco Magirus, Rosenbauer und Schlingmann zahlen über einen Regulierungsfonds einen Schadensausgleich für festgestellte kar-tellbedingte Preisüberhöhungen von insgesamt 6,738 Mio. Euro. Die Ent-schädigung liegt pro beschafftem Feuer-wehrfahrzeug, abhängig vom Fahrzeug-typ, zwischen 1.600 und 2.200 Euro.

Nach der im Mai 2013 bekannt gemach-ten Vereinbarung zur Schadensregulie-rung hatten die Gemeinden ihre An-sprüche bis zum 16.08.2013 geltend zu machen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind jedoch nur rund fünfzig Prozent der Ge-meinden dem Aufruf auf Beteiligung gefolgt. In Absprache mit den Kartellan-ten wurde die Frist bis Ende September 2013 verlängert. Bei Redaktionsschluss lagen Informationen zur Umsetzung der Vereinbarung über die Schadensre-gulierung nicht vor.

Über die Entwicklung seit Februar 2011 bis zur Vereinbarung der Schadensregu-lierung, der Fristsetzung und deren Ver-längerung hat die Geschäftsstelle lau-fend berichtet.

Feuerwehrbeschaffungskartell – pauschaler Schadensersatzanspruch vom OLG Karlsruhe bestätigt

Eine baden-württembergische Gemein-de hat gegen die Fa. Schlingmann Scha-densersatzansprüche aufgrund der For-mulare des kommunalen Vergabe-handbuchs – VOL – geltend gemacht. Es handelte sich um ein Vergabeverfah-ren, in dem besagte Gemeinde die For-mulare des kommunalen Vergabe-handbuchs – VOL – verwendete, nach denen bei wettbewerbswidrigen Ab-sprachen die Gemeinde einen pauscha-len Schadensersatzanspruch in Höhe von 15 Prozent der Auftragssumme hat, sofern nicht der Auftragnehmer einen niedrigeren Schaden nachweisen kann. Der Gemeindetag hat seinen Mitgliedern immer wieder die Anwen-dung des Vergabehandbuchs empfoh-len, um eine rechtssichere Vergabe zu gewährleisten.

Das LG Mannheim hat mit Urteil vom 04.05.2012 – 7 O 436/11 Kart – den An-spruch der Gemeinde P. bestätigt. Nach den Entscheidungsgründen ist das Zivil-gericht gemäß § 33 Abs. 4 GWB an die Feststellungen einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde ge-bunden, wenn das kartellrechtswidrige Verhalten vor dem Inkrafttreten der Vorschrift begangen, die Entscheidung aber danach erlassen worden ist. Der von der Gemeinde mit dem Lieferanten

Geschäftsbericht

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Ein starker Partnerfür die Beschäftigten von Stadt und Land in Baden-Württemberg

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Hauptsitz:Augsburger Straße 700D-70329 [email protected]

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Wenn Sie bei einer Stadt, Gemeinde oder beim Land Baden-Württemberg beschäf-tigt sind oder ehrenamtlich – z. B. als Gemeinderat oder als bürgerschaftlich Enga-gierter – tätig werden, sind Sie während Ihrer Arbeit und auf dem Weg dorthin und zurück bei der UKBW gegen Unfälle und Berufskrankheiten versichert.

Auch Schüler, Kindergartenkinder, Studierende und Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren sind Versicherte bei der UKBW. Hierzu bedarf es keiner Anmeldung oder Beitragszahlung von Versichertenseite. Sie sind aufgrund Ihrer Tätigkeit bzw. über den Arbeitgeber bei der UKBW versichert – so wie 3,7 Millionen andere Versicherte in Baden-Württemberg. Damit ist die UKBW einer der größten Unfall-versicherungsträger im Kommunal- und Landesbereich in Deutschland.

Die UKBW ist Ihr starker Partner bei allen Fragen rund um die gesetzliche Unfall-versicherung, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Rehabilitation und Entschädigung sind unsere klassischen Aufgaben. Es geht um Ihre Sicherheit und Gesundheit – dafür setzen wir uns ein. Sie stehen bei uns im Mittelpunkt – nehmen Sie uns beim Wort.

Als Körperschaft des öff entlichen Rechts wirken die Gemeinden und ihre Verbände durch die Selbstverwaltungsorgane aktiv bei allen Entscheidungen der UKBW mit.

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vertiefende Analysen ausgewählt wor-den. Von den Städten „mit bestehen-den Problemlagen“ sind außerdem zwei für eine repräsentative Bevölke-rungsbefragung (Heidelberg und Ra-vensburg) vorgesehen worden. Die nächste (vermutlich vorletzte) Sitzung der AG soll am 14.11.2013 mit der Vor-stellung der Ergebnisse der einzelnen Arbeitspakete erfolgen. Bei der Ab-schlusssitzung (voraussichtlich noch im Dezember 2013) sollen dann die Ergebnisse der Arbeitsgruppe präsen-tiert und der Politik übergeben werden. Im Übrigen wird auf die aktuelle Pres-semitteilung des Gemeindetags zu die-sem Thema, veröffentlicht in BWGZ 15-16/2013, S. 658, hingewiesen.

Notariats- und Grundbuchamtsreform schreitet zügig voran

Am 21.07.2008 hat der Ministerrat auf Basis einer Vorlage des Justizministeri-ums die Eckpunkte einer umfassenden Neuorganisation des baden-württember-gischen Grundbuchwesens beschlossen. Die Grundbuchführung soll demnach bis zum 01.01.2018 schrittweise auf die Grundbuchabteilungen von landesweit 13 Amtsgerichten übertragen werden. Dies entspricht der im übrigen Bundes-gebiet üblichen Struktur. Im badischen Landesteil waren neben einigen staatli-chen Ämtern bislang hauptsächlich Städte und Gemeinden für die Grund-buchführung zuständig. Sie werden Zug um Zug von dieser Aufgabe entbunden. Durch die vollständige Übertragung der Grundbuchführung auf staatliche Ämter und die Zentralisierung an nur noch 13 Standorten sollen bei den jeweiligen Amtsgerichten moderne, leistungsfähige und technisch optimal ausgerüstete Ein-heiten geschaffen werden.

Die Umsetzung der Reform hat im badi-schen Landesteil bereits im April 2012 begonnen. Dort wurden an den Amtsge-richten Achern, Emmendingen, Maul-bronn, Tauberbischofsheim und Villin-gen-Schwenningen bereits fünf von insgesamt sechs zentralen Grundbuch-ämtern eröffnet. Der Standort Mann-heim soll 2014 folgen. Im württember-

müssen, wie sie das Verhältnis zwischen Regulierungsverfahren und pauschalen Schadensersatzansprüchen bewerten.

Gesetz zur Umsetzung der Polizeistrukturreform verabschiedet

Der Landtag von Baden-Württemberg hat am 18.07.2013 das Gesetz zur Um-setzung der Polizeistrukturreform ver-abschiedet. Die Umsetzung erfolgt ab 01.01.2014. Näheres ist der Landtags-Drucksache 15/3496 vom 14.05.2013 zu entnehmen. Die Stellungnahme des Ge-meindetags vom 22.03.2013 zum Ent-wurf des Polizeistrukturreformgesetzes beinhaltet dazu folgende Kernforderun-gen (Zitate):

„1. Das Land muss mit der Polizeistruk-turreform Verantwortung für das ge-samte Land übernehmen. Dies bedeutet u.a., dass auch für den ländlichen Raum keine Verschlechterung bei der Polizei-präsenz auftreten darf. Für nicht akzep-tabel hielten wir insbesondere, wenn die Polizei nur noch anlassbezogen, z.B. bei Unfällen oder Straftaten, präsent wäre. Es muss weiterhin, auch im länd-lichen Raum, Streifenfahrten der Polizei in angemessenem Umfang geben.

2. Die Polizeireform muss zu wesentlich mehr als zwei zusätzlichen Beamten bei den Polizeirevieren führen. Zwei zusätz-liche Mitarbeiter bei jedem Polizeirevier helfen in der Fläche kaum weiter. Insbe-sondere reichen diese Stellen nicht für die Besetzung eines weiteren Streifen-wagens im Schichtdienst. Die etwa 360 Polizeiposten im Lande würden nach den vorliegenden Berechnungen so gut wie überhaupt nicht von der Reform profitieren.

3. Für die Polizeireviere und -posten muss eine zumindest mittelfristige Be-standsgarantie gegeben werden. Nur so lässt sich u.E. die bewährte Zusammen-arbeit zwischen Kommunen, Bürgern und Polizei weiterhin gewährleisten.“

Die vollständige Stellungnahme des Ge-meindetags ist in Gt-info Nr. 266/2013 vom 20.04.2013 wiedergegeben. Weitere

Informationen zur Polizeireform sind u.a. der BWGZ 1/2013, S. 26, zu entnehmen.

Alkoholkonsum- und Alkoholmitführungsverbote an Brennpunkten

Die unendliche Geschichte in Sachen „Schaffung einer Ermächtigungsgrund-lage für Alkoholkonsum- und -mitfüh-rungsverbote in örtlichen Polizeiverord-nungen“ (siehe Darstellung in BWGZ 1/2013, S. 28) findet jetzt in den Sitzun-gen der Arbeitsgruppe „Lebenswerter öffentlicher Raum“ ihre Fortsetzung und hoffentlich auch einen praxistaug-lichen Abschluss. Die vom Ministerprä-sidenten ins Leben gerufene Arbeits-gruppe hat zum Ziel, auf Basis einer aussagekräftigen Datengrundlage und unter Berücksichtigung des wissen-schaftlichen Forschungsstandes erfolg-versprechende präventive und repressi-ve Ansätze zur Bewältigung alkoholbe-dingter Problemlagen im öffentlichen Raum zu identifizieren. Diese sollen in einem Maßnahmenpaket zusammenge-fasst, umgesetzt und nach einem defi-nierten Zeitraum auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Ein wesentliches Ar-beitspaket der AG lautet: „Prüfung und Bewertung der Schaffung einer Ermäch-tigungsnorm für Ortspolizeibehörden im Polizeigesetz zum Erlass eines zeit-lich und örtlich beschränkten Alkohol-verbots im öffentlichen Raum, bei-spielsweise für einschlägig in Erschei-nung getretene Einzelpersonen (Platz- und Betretungsverbot).“

Zwischenzeitlich fanden zwei Sitzun-gen der AG unter Beteiligung des Ge-meindetags sowie ein Workshop statt. Außerdem wurden von der Polizei zwei Erhebungen bei von der Problematik besonders tangierten Kommunen durchgeführt. Auf Gt-info Nr. 368/2013 vom 21.05.2013 und 405/2013 vom 05.06.2013 wird Bezug genommen. Aufgrund der Umfrageergebnisse sind nunmehr drei Städte „mit bestehenden Problemlagen“ (Freiburg, Heidelberg und Ravensburg) und zwei weitere Städte mit bewältigten oder bereits in der Entstehung verhinderten Problem-lagen (Konstanz und Mannheim) für

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Gemeindetag Baden-Württemberg

Geschäftsbericht

gischen Landesteil sollen die insgesamt sieben zentralen Grundbuchämter bei den Amtsgerichten Böblingen, Heilbronn, Ravensburg, Schwäbisch Gmünd, Sigmaringen, Ulm und Waib-lingen schrittweise ab 2015 eröffnet werden.

Zwischen Justizministerium sowie Ge-meindetag und Städtetag Baden-Würt-temberg finden zur Eingliederung kom-munaler Grundbuchämter in die grund-buchführenden Amtsgerichte regelmä-ßige Dienstbesprechungen statt, zuletzt am 25.01.2013. Dabei werden nicht nur Fragen zum aktuellen Stand der Einglie-derungsplanung besprochen, sondern auch andere Themen, wie z.B. notwendi-ge Anpassungen der Grundbuchamts-Software FOLIA/EGB. Zur Anpassung an das zweite Kostenrechtsmodernisie-rungsgesetz siehe Gt-info Nr. 137/2013 vom 20.02.2013 und Gt-info Nr. 309/2013 vom 06.05.2013. Mit Schrei-ben vom 16.07.2013 hat das Justizminis-terium den Gemeindetag über den aktu-ellen Stand der Eingliederungsplanung unterrichtet. Danach steht für die im 1. Quartal 2014 zur Übernahme vorgesehe-nen Grundbuchämter das genaue Da-tum der Eingliederung bereits fest. Für die anderen für 2014 vorgesehenen Ein-gliederungen von kommunalen Grund-buchämtern steht immerhin das jeweili-ge Quartal der Eingliederung fest, für 2015 das Halbjahr.

Bei der geplanten Notariatsreform, ins-besondere bei der Standortkonzeption, hat sich seit der Berichterstattung in BWGZ 1/2013, S. 49, bzw. Gt-info Nr. 1047/2012 vom 20.12.2012 nichts We-sentliches mehr geändert. Näheres dazu ist aus dem Justizportal des Landes (http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de – im grau unterlegten Feld auf der lin-ken Seite unter „Themen und Aktuelles“ „Notariatsreform“ anklicken!) zu ent-nehmen.

Neue Nachhaltigkeitsstrategie für Baden-Württemberg

Nach der Koalitionsvereinbarung will sich die Landesregierung bei der Nach-haltigkeitsstrategie auf Schwerpunkt-

themen fokussieren. Zwischenzeitlich sind drei Schwerpunktbereiche ausge-wählt worden:

Klima und Energie, Umgang mit Ressourcen undBildung für nachhaltige Entwicklung.

Die Landesregierung möchte für die drei Schwerpunktthemen Aktionsprogram-me auflegen, um konkrete Lösungsan-sätze und Umsetzungskonzepte auf den Weg zu bringen. So sind beispielsweise Aktionsprogramme zu Bildung für nachhaltige Entwicklung, Nachhaltig-keit und Sport sowie zu Konfliktfeldern der Energiewende geplant. Darüber hin-aus werden mit drei Initiativen beson-ders relevante Zielgruppen direkt ange-sprochen. So sollen Initiativen mit Wirtschaft, mit Kommunen sowie mit jungen Menschen diese besonders in die Nachhaltigkeitsstrategie einbinden.

Ein neu konzipierter Nachhaltigkeitsbei-rat übernimmt die Funktion des Bera-tungsgremiums zu allen Fragen nachhal-tiger Entwicklung im Land. Dem Beirat gehören Persönlichkeiten aus Wissen-schaft, Wirtschaft und Gesellschaft an. Dazu zählen auch Vertreter der kommu-

nalen Landesverbände, von Umweltor-ganisationen, Landwirtschaftsverbän-den, Gewerkschaften und von Initiati-ven aus dem sozialen Bereich. Aufgabe des Beirats ist es, Impulse für die nach-haltige Entwicklung des Landes zu set-zen und diesbezüglich Empfehlungen zu erarbeiten. Er soll zweimal pro Jahr unter Leitung des Ministerpräsidenten tagen. Der Gemeindetag hat für den Beirat den Vorsitzenden seines Umwelt- und Land-wirtschaftsausschusses, Bürgermeister Rudolf Wuhrer, Denkingen, benannt. Die konstituierende Sitzung des 36-köp-figen Beirats für nachhaltige Entwick-lung fand am 06.10.2012 in Stuttgart statt. Der Beirat hat in dieser Sitzung drei Arbeitsgruppen eingesetzt. Es handelt sich dabei um die Arbeitsgruppen „Ener-gie und Klimaschutz“, „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und „Ziele und Entwicklung von Indikatoren für die nachhaltige Entwicklung“. Für die beiden erstgenannten Arbeitsgruppen hat der Gemeindetag ebenfalls Vertreter benannt. Der Nachhaltigkeitsbeirat hat am 13.04.2013 seine zweite Sitzung durchgeführt, die AG Energie und Klima-schutz tagte am 15.03.2013 zum ersten Mal und am 07.06.2013 ein weiteres Mal. Die letzte Sitzung des Nachhaltig-keitsbeirats fand am 12.10.2013 statt.

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des Gemeindetags vom 17.01.2013. Diese ist in Gt-info Nr. 86/2013 vom 05.02.2013 wiedergegeben worden.

Das Gesetz zur Förderung des Klima-schutzes in Baden-Württemberg (dessen Art. 1 betrifft das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg) ist vom Landtag in seiner Sitzung vom 17.07.2013 verab-schiedet worden (Landtags-Drucksache 15/3842, ausgegeben am 22.07.2013). Die Kommunen sollen danach ihre Vor-bildfunktion nach § 7 Abs. 1 Klima-schutzgesetz in eigener Verantwortung, mit Unterstützung des Landes, erfüllen. Näheres soll in einer Vereinbarung zwi-schen Land und kommunalen Landes-verbänden beschlossen werden (§ 7 Abs. 4 Klimaschutzgesetz). Zu den teils auch vom Gemeindetag beanstandeten un-klaren Klauseln in § 2 Satz 2, § 5 sowie § 11 Abs. 3 wird das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) Vollzugshinweise erstellen.

Damit genügend Zeit für die Ausarbei-tung bleibt, treten diese Vorschriften erst zum 01.01.2014 in Kraft (Grundlage hierfür war ein fraktionsübergreifender Änderungsantrag – Landtags-Drucksa-che 15/3797 vom 16.07.2013). Die be-reits im Entwurf des Klimaschutzgeset-zes vorgesehene verzögerte Inkraftset-zung des § 7 Absatz 5 ist beibehalten worden. So sollen die Förderprogramme des Landes für den kommunalen Hoch-bau den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen und das Nähe-re durch Förderrichtlinien geregelt wer-den. Diese spezielle Umsetzung tritt erst zwölf Monate nach dem Tag der Ver-kündigung des Gesetzes in Kraft.

Zu dem auf diesem Gesetz aufbauen-den Integrierten Energie- und Klima-schutzkonzept (IEKK) sind im vorge-schalteten Bürger- und Verbändebetei-ligungsverfahren (BEKO) über tausend Vorschläge eingebracht worden. Die Auswertung der IEKK-Vorschläge durch die betroffenen Ressorts wird voraus-sichtlich noch bis zum Herbst 2013 an-dauern. Anschließend soll dann die offizielle Verbändeanhörung zu den Einzelvorschlägen stattfinden. Nach § 6 Absatz 1 Klimaschutzgesetz ist das IEKK vor der Beschlussfassung durch

Naturschutzstrategie Baden- Württemberg beschlossen

Das Landeskabinett hat am 02.07.2013 die „Naturschutzstrategie Baden-Würt-temberg“ mit dem Untertitel „Bio-logische Vielfalt und naturverträgliches Wirtschaften – für die Zukunft unseres Landes“ beschlossen. Diese Strategie soll „handlungsleitend“ für zwei Legislatur-perioden sein.

Die vorherige Landesregierung hatte noch am 22.03.2011 die „Naturschutz-strategie 2020“ beschlossen, um damit naturschutzpolitische Schwerpunkte für die nächsten zehn Jahre festzulegen. Der Koalitionsvertrag der neuen Landesre-gierung enthielt eine Festlegung zur Wei-terentwicklung der Naturschutzstrategie. In zwei Anhörungsrunden – die erste wurde am 04.08.2011 einge leitet – wur-den auch die kommunalen Landesver-bände zur Weiterentwicklung der Natur-schutzstrategie angehört. Zu diesem Zeit-punkt fehlten Aussagen zum Zeit- und Maßnahmenplan sowie zu Finanz- und Personalressourcen. Die zweite Anhö-rungsrunde erfolgte dann am 14.05.2012.

Der Gemeindetag hat in seiner Stellung-nahme vom 25.06.2012 vor allem mo-niert, dass weder die aufgelisteten aktu-ellen Umsetzungsschwerpunkte (bis 2016), noch die ausführliche Natur-schutzstrategie selbst einen priorisieren-den, finanziell unterlegten Zeit- und Maßnahmenplan enthielten. Insbeson-dere seien die erforderlichen Finanz- und Personalreserven vollständig ausge-blendet. Ansonsten wurde die Äuße-rung auf einige Themen mit besonderer Kommunalrelevanz beschränkt (siehe Darstellung in BWGZ 1/2013, S. 30).

Die Naturschutzstrategie Baden-Würt-temberg (einschließlich Pressemittei-lung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg vom 03.07.2013 und An-lage „Aktuelle Umsetzungsschwerpunk-te bis 2016“) kann über die in Gt-info Nr. 541/2013 vom 20.07.2013 angege-benen Links abgerufen werden. Im Übrigen siehe Landtags-Drucksache 15/3688 vom 26.06.2013 (ausgegeben am 30.07.2013).

Gesetzentwurf zur Errichtung eines Nationalparks Schwarzwald

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Würt-temberg (MLR) hat den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des National-parks Schwarzwald und zur Änderung weiterer Vorschriften mit Schreiben vom 19.06.2013 (Az.: 61-8842.02) in die Verbandsanhörung gegeben. Der Ge-meindetag hat sich dazu am 30.07.2013 geäußert.

Der Gemeindetag hat das Ministerium dabei zunächst um Verständnis dafür gebeten, dass er sich zur Gebietsabgren-zung und zu naturschutzfachlichen Fragen nicht äußern könne. Hier gebe es unterschiedliche Haltungen in den Mit-gliedsstädten und -gemeinden. Insoweit wolle er nicht in die vor Ort dazu zu treffenden kommunalen Entschei-dungsfindungsprozesse eingreifen. Er könne deshalb auch keine Entschei-dung pro oder contra Nationalpark Schwarzwald treffen.

Letztlich hat der Gemeindetag für den Fall einer endgültigen Entscheidung zu-gunsten des Nationalparks eine ausrei-chende Finanzierung angemahnt, die nicht zulasten anderer wichtiger Natur-schutzmaßnahmen bzw. bestehender Förderprogramme für den ländlichen Raum gehen dürfe. Dies erfordere die Be-reitstellung zusätzlicher Mittel aus dem Landeshaushalt. Nur so könne eine ak-zeptierte und leistungsfähige National-parkverwaltung gewährleistet werden. Die vollständige Stellungnahme des Ge-meindetags ist aus Gt-info Nr. 627/2013 vom 05.09.2013 zu entnehmen.

Klimaschutzgesetz und integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK)

Auf der Basis der Darstellung in BWGZ 1/2013, S. 31, hat sich der Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss des Gemein-detags in seiner Sitzung vom 16.01.2013 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur För-derung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg befasst. Sein Beschluss war Grundlage für die Stellungnahme

Geschäftsbericht

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Verwaltungsrecht aktuell

Hornung/Imig/Rist

Baugesetzbuch/Landesbauordnung für Baden-WürttembergSammlung der wesentlichen Vorschriften für den PraktikerVon Volker Hornung, Ltd. Ministerialrat a. D.; Martin Rist, Baudirektor, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg.

Diese Vorschriftensammlung fasst die wesentlichen Bestimmungen zusammen, auf die der Baupraktiker bei seiner täg lichen Arbeit dringend angewiesen ist und berücksichtigt dabei die aktuellen Rechtsänderungen. Das Werk enthält zum einen das neue Baugesetzbuch 2013 sowie die Bau nutzungsverordnung 2013. Zum anderen enthält es aus dem Bauordnungsrecht die Landesbau-ordnung, die Ausführungsverordnung und Verfahrensverordnung ebenso wie die Feuerungsverordnung und die Garagenverordnung. Ferner sind die wichtigsten Bestimmungen anderer, das Baurecht berührende Rechtsgebiete abgedruckt, so aus dem Denkmalschutzrecht, dem Naturschutz recht und dem Gesetz über die Um welt ver träglichkeitsprüfung, dem Energie einsparrecht mit der Energieeinspar verordnung sowie dem privaten Nach barrecht.

Bronner

Das Gemeindewirtschaftsrecht in Baden-WürttembergVon Eric Friedl (Landeshauptstadt Stuttgart), Dr. Peter Glinder (Landeshauptstadt Stuttgart), Peter Schäfer (Stadt Heilbronn) und Dr. Martin Schelberg (Regierungs-präsidium Stuttgart).

Der Verlag und die Autoren haben sich aus Anlass der Reform des Gemeinde-haushaltsrechts, die durch das Gesetz vom 16.4.2013 zeitlich entspannt, inhaltlich aber voll bestätigt worden ist, zum Ziel gesetzt, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und die Sammlung Bronner mit einer Kommentierung der neuen („doppischen“) Gemeindehaushaltsverordnung, insbesondere für die Praxis, zielführend zu ergänzen.

Bronner/Obergfell

Kommunales Kassenrecht in Baden-WürttembergVon Jürgen Baldauf, Kassenverwalter der Stadtkasse Tettnang; Karl Bentele, Kassenverwalter der Stadtkasse Ravensburg.

Der Kommentar zum kommunalen Kassenrecht Baden-Württembergs beinhaltet neben den einschlägigen Rechtsvorschriften einen umfangreichen Kommentar-teil, bei dessen Bearbeitung der rechtssystematischen Durchdringung des Stoffes besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Die Einführung am Anfang des Kommentarteils sowie das umfangreiche Stichwortverzeichnis ermöglichen einen raschen Einstieg in die Materie.

Robert Heller

Als Aufsichtsrat in öffentlichen Unternehmen Von Dr. Robert Heller, RA und elf Jahre als Finanzstaatssekretär und -staatsrat Mitglied in Aufsichtsräten unterschiedlicher öffentlicher Unternehmen tätig.

Ein Aufsichtsratsmitglied muss die Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäfts-vorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können – das verlangt der Bundesgerichtshof. Das Buch vermittelt verständlich die dafür notwendigen Grundlagen, die für Unternehmen der öffentlichen Hand in der Regel unabhängig von ihrer jeweiligen Rechtsform gelten. Beispiele und Muster veranschaulichen die praktische Anwendung der Rechtsgrundlagen und des Public Corporate Governance Kodex. Die Gliederung des Buches folgt der Überwachungstätigkeit, die schwerpunktmäßig in den vier Sitzungen des Aufsichtsrats im Geschäftsjahr wahr genommen wird.

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3. Auflage. LoseblattausgabeGesamtwerk – 4. LieferungStand: Mai 2013Ca. 480 Seiten inkl. Ordner. € 120,–ISBN 978-3-17-017546-4 Kommentar

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926 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

mit verbundenen vorsorgenden Maß-nahmen die Einpreisungen von der Kar-tellbehörde weiter hinterfragt werden.

Diesem wichtigen Anliegen der KLV wurde bei der Überarbeitung des Ent-wurfs zu § 44 und in der Begründung Rechnung getragen. Klargestellt ist jetzt, dass die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde als „Aufgabe der Daseins-vorsorge“ obliegt (Absatz 1). Der Sicher-stellungsauftrag der öffentlichen Was-serversorgung wurde verdeutlicht (Ab-satz 3). In die Versorgungssicherheit wurde ausdrücklich eingebunden, dass das Wasser mit ausreichendem Druck zur Verfügung stehen muss, um im Be-darfsfall die Löschwasserversorgung in Siedlungsgebieten zu gewährleisten.

In der Begründung zu § 44 wird sehr ausführlich auf diese Neuregelungen hingewiesen. Insbesondere zum Da-seinsvorsorge-Bezug der öffentlichen Wasserversorgung sowie der Ausgestal-tung der Aufgabenwahrnehmung als „Pflichtaufgabe“. Mit diesen Klarstel-lungen wird nicht in die in Baden-Würt-temberg bereits bestehenden Strukturen der öffentlichen Wasserversorgung ein-gegriffen.

Wichtig waren den KLV auch die jetzt in der Begründung zu Absatz 3 wesent-lich ausgeweiteten Beschreibungen zum Inhalt des Zwecks der öffentlichen Wasserversorgung. Hervorgehoben wird ebenfalls, dass dazu auch Vorsor-geaufwendungen gehören. Die Lösch-wasserversorgung wird ausdrücklich erwähnt. Weiter verweist die Begrün-dung entsprechend den Detaillierungs-vorschlägen der KLV darauf, dass die Kosten der Wasserversorger durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wer-den, die in die Wasserpreisbildung ein-gehen müssen.

4. § 46 (Verpflichtung zur Abwasserbe-seitigung) entspricht im Wesentlichen wieder der alten Regelung in § 45 Was-sergesetz. Damit ist Niederschlagswas-ser, welches dezentral beseitigt wird, wieder grundsätzlich der öffentlichen Abwasserbeseitigung entzogen (nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf bestand eine Überlassungspflicht, aber

1. Nach § 29 der Novelle (Gewässer-randstreifen) beträgt der gesetzliche Gewässerrandstreifen künftig im Au-ßenbereich zehn Meter, im Innenbe-reich fünf Meter. Wasserwirtschaftlich untergeordnete Gewässer sind ausge-nommen. Bestehende bauliche und sonstige Anlagen genießen Bestands-schutz, da sich das Verbot nur auf ihre Errichtung bezieht.

Im Außenbereich bleibt die untere Was-serbehörde für generelle Regelungen und für Einzelfallentscheidungen zu-ständig. Im Innenbereich bleibt die Ent-scheidungsmöglichkeit der Gemeinde für generelle Regelungen durch Rechts-verordnung (breitere oder schmalere Gewässerrandstreifen) erhalten. Glei-ches gilt im Innenbereich für Einzelaus-nahmen. Für beide Fallkonstellationen im Innenbereich ist allerdings eine Ent-scheidung der Gemeinde im Einverneh-men mit der Wasserbehörde notwendig. Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte noch eine Komplettzuständigkeit (für den Innen- und Außenbereich) der Was-serbehörde vorgesehen.

2. Bei § 32 (Träger der Unterhaltungs-last) bleibt es zwar bei der Einführung von regelmäßigen, mindestens alle fünf Jahre durchzuführenden Besichtigun-gen (so genannte „Gewässerschauen“). Neu aufgenommen wurde die Ausnah-me von der Gewässerschau für Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordne-ter Bedeutung. Außerdem kann die Be-sichtigung auf wesentliche Teile eines Gewässers beschränkt werden.

3. Bei § 44 (Öffentliche Wasserversor-gung, Wasserversorgungsanlagen) wur-de von den KLV gefordert, dass die kom-munale Kernkompetenz für die öffentli-che Wasserversorgung durch entspre-chende Formulierungen noch weiter gestärkt werden muss. Insbesondere wurden Klarstellungen bei der Zustän-digkeit für die Wasserversorgung als Aufgabe der Daseinsvorsorge, zur Lösch-wasserversorgung und zur Ausgestal-tung des Begriffs der Versorgungssicher-heit usw. verlangt. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass nicht durch zu knapp formulierte Begrifflichkeiten bei der Versorgungssicherheit und den da-

Geschäftsbericht

die Landesregierung dem Landtag zu-zuleiten, um ihm Gelegenheit zur Stel-lungnahme zu geben. Geblieben ist die zeitliche Festlegung, dass das IEKK erst-mals spätestens 2014 beschlossen und dann spätestens alle fünf Jahre auf der Basis eines Monitoring-Berichtes fort-geschrieben werden soll. Das UM geht im Übrigen davon aus, dass für das IEKK die Durchführung einer strategi-schen Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Das hierzu erforderli-che „Scoping-Verfahren“ ist bereits ver-anlasst.

Gesetz zur Neuordnung des Wasserrechts in Baden- Württemberg (WG-Novelle)

Das Landeskabinett hat in seiner Sit-zung vom 09.07.2013 den Gesetzent-wurf zur Neuordnung des Wasserrechts in Baden-Württemberg verabschiedet. Die erste Beratung des Gesetzentwurfs im Landtag fand bereits am 18.07.2013 statt.

Über den ursprünglichen Gesetzent-wurf und die ausführliche Stellungnah-me des Gemeindetags dazu wurde in Gt-info Nr. 212/2013 vom 05.04.2013 berichtet. Nach Abgabe ihrer Stellung-nahmen zum Anhörungsentwurf der WG-Novelle haben die kommunalen Landesverbände (KLV) weitere Gesprä-che mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (UM) geführt und konn-ten dabei in puncto Zuständigkeiten und Sachthemen gemeinsam noch we-sentliche Verbesserungen erzielen. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn zum Novellierungstext die ausführliche Gesetzesbegründung mit betrachtet wird. Novellierungstext und Gesetzes-begründung können über Gt-info Nr. 572/2013 vom 05.08.2013 sowie Landtags-Drucksache 15/3760 vom 09.07.2013 abgerufen werden.

Vorbehaltlich der Beschlussfassung des Landtags in der zweiten Lesung (voraus-sichtlich im Laufe des November 2013) konnten insbesondere folgende Verbes-serungen erzielt werden (Wiedergabe nur auszugsweise):

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927Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013 Geschäftsbericht

mit einer Ausschlussmöglichkeit sei-tens der Gemeinde). § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des aktuellen Gesetzentwurfs gibt den Gemeinden allerdings die Möglichkeit, für nach dem Inkrafttre-ten der WG-Novelle bebaute Grund-stücke den Anschluss des Nieder-schlagswassers an Anlagen der dezen-tralen Beseitigung oder der öffent-lichen Abwasserbeseitigung verlangen zu können. Der Gemeindetag hatte hier eine rechtlich eindeutige Rege-lung verlangt, die den Gemeinden bei bestimmten Fallkonstellationen den „Zugriff auf das Niederschlagswasser“ einräumt.

5. § 47 (Konzeption der Abwasserbesei-tigung) ist jetzt von einer verpflichten-den Aufgabe der Gemeinden zu einer freiwilligen heruntergestuft worden. D.h., die Gemeinden können solche Konzeptionen als interne Planungs-instrumente fertigen – sie müssen es aber nicht.

6. Die Vorschrift des § 51 (Private Ab-wasseranlagen) soll die Grundlage für den schrittweisen Einstieg in die Selbst-überprüfung von privaten und sonsti-gen Hausanschlüssen schaffen, die bis-lang noch nicht der Eigenkontrollver-ordnung (EKVO) unterliegen.

Gegenüber der Anhörungsfassung ist § 51 grundlegend überarbeitet worden. So waren bislang zur Umsetzung der Überwachung von privaten Abwasser-anlagen gestaffelte Fristen im Gesetz direkt enthalten; durch Rechtsverord-nung konnten Ausnahmen von diesen Fristen und gebietsbezogene Änderun-gen bei den Fristen festgelegt werden. § 51 sieht jetzt keine gesetzlichen Fristen für die Überprüfung von priva-ten Grundstücksentwässerungsanlagen mehr vor. Die Festlegung von Fristen, in denen Abwasseranlagen erstmalig oder wiederholt zu überprüfen sind, soll jetzt in einer Rechtsverordnung (siehe Ab-satz 4) geregelt werden (Erweiterung der bisherigen EKVO).

Wesentliche Rahmenbedingungen, die für den Vollzug der Selbstüberprüfungs-verpflichtung Privater neben den Fristen notwendig sind, sollen nun in der EKVO

geregelt werden (Anerkennung der Über-prüfungen, Anforderungen an Personal, Prüfungsumfang, Dokumentation, Nachweise, Datenspeicherung usw.). In Absatz 4 Nr. 5 (der durch Rechtsverord-nung zu regelnden Rahmenbedingun-gen) ist die Möglichkeit enthalten, dass die Überwachung der Prüfpflichten durch eine „zentrale Stelle“ erfolgen kann, die zugleich als „Beliehener“ fun-gieren kann. Dies umfasst auch die Mög-lichkeit zur Anordnung von Maßnah-men nach pflichtgemäßem Ermessen, die im Einzelfall zur Durchsetzung der Pflichten erforderlich sind.

Als Alternative zur „Beleihungslösung“ können die Gemeinden auch die so ge-nannte „Optionslösung“ durch Satzung (letztlich Ergänzung der örtlichen Ab-wassersatzung) einführen. Entspre-chend den Regelungen des neu formu-lierten Absatzes 6 sind die Gemeinden dann die zuständige Stelle für die Über-wachung usw., können Fristen festlegen (abweichend von den Fristen der EKVO, soweit die Überprüfung nach Straßen-zügen oder Teilen des Gemeindegebiets vorgenommen werden soll). Fristüber-schreitungen gegenüber der EKVO-Re-gelung sind dann für einen Zeitraum bis zu zwei Jahren möglich.

Für die Überprüfung der privaten Ab-wasseranlagen kann die übernehmende Gemeinde jetzt Kostenersätze nach § 42 KAG erheben. Im ursprünglichen Ge-setzentwurf war hier ein Ausgleich des gemeindlichen Aufwands über Gebüh-ren vorgesehen. Dagegen hatte der Ge-meindetag rechtliche Bedenken geäußert und dafür die Kostenersatzregelung vor-geschlagen.

Für die Optionskommunen wird auch die Durchsetzung von erforderlichen Maßnahmen verpflichtend sein (an-sonsten hat die Wasserbehörde beim Beleihungsmodell die Fristsetzung zur Durchführung der erforderlichen Maß-nahmen zu übernehmen). Bezüglich weiterer Details wird auf die ausführ-liche Gesetzesbegründung zu § 51 ver-wiesen.

7. Mit dem neuen § 65 WG setzt das Land den Regelungsauftrag von § 76 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) um. Da-bei lässt die zwingende Regelung von § 76 Absatz 2 Nr. 1 WHG eine Unter-scheidung zwischen Innen- und Außen-bereich nicht mehr zu. Die detaillierten Vorgaben des § 78 WHG zu Über-schwemmungsgebieten sind deshalb jeweils direkt anzuwenden.

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928 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

Nach Intervention der KLV soll jetzt eine Staffelregelung erfolgen: Ab dem Jahr 2015 Grenze bei 45 Prozent, ab 2020 bei vierzig Prozent des Abwasser-abflusses bei Trockenwetter.

Unverändert geblieben ist bedauer-licherweise die Regelung in Absatz 3, dass Kanalsanierungen nur zur Hälfte der Aufwendungen verrechnet werden können. Außerdem werden die Aufwen-dungen auch noch pauschaliert (An-rechnung fester Sätze pro Meter Kanali-sation, je nach Durchmesser; Näheres wird in einer VwV festgelegt).

Novellierung des Landesjagdgesetzes

Auf der Basis der Berichterstattung in BWGZ 1/2013, S. 35, hat inzwischen eine Vielzahl von Sitzungen des Koor-dinierungskreises als zentralem Bera-tungs- und Steuerungsorgan der Novel-lierung und der beiden Arbeitsgruppen stattgefunden. In den Sitzungen des Koordinierungskreises gab es immer wieder Dissens zu einer Reihe von Punkten:

Als problematisch stellt sich vor allem dar, dass das Ministerium für Ländli-chen Raum und Verbraucherschutz Ba-den-Württemberg (MLR) zwischenzeit-lich nicht mehr von einer bloßen No-vellierung des Landesjagdgesetzes aus-geht, sondern ein neues „Jagd- und Wildtiermanagementgesetz Baden-Württemberg (LJWmG)“ schaffen möchte. Darin sollen neben den eigent-lichen jagdlichen Nutzungsrechten auch Verknüpfungen mit den Bereichen Naturschutz, Forst- und Landwirtschaft, Verkehrs- und Siedlungsentwicklung sowie Naturerholung und Tourismus hergestellt werden.

Wildtiermanagement im Sinne des LJWmG definiert das MLR dabei als die umfassende Berücksichtigung und Steu-erung aller Wechselwirkungen und Ein-flussgrößen, die das Vorkommen, das Verhalten und die Populationsentwick-lung von Wildtieren beeinflussen. Die Bedürfnisse der Wildtiere und der je-

In den Stellungnahmen von Gemeinde-tag und Städtetag zum Anhörungstext wurde vor allem argumentiert, dass für betroffene Gemeinden diese neue Rechtssituation zu erheblichen Nachtei-len bei der künftigen Innenentwicklung führen kann. Insbesondere auch des-halb, weil der Geltungsbereich von Überschwemmungsgebieten durch Rechtsverordnung der Wasserbehörde nur noch ausgedehnt, nicht aber einge-schränkt werden kann. Die entstehen-den Zielkonflikte für eine nachhaltige Stadtentwicklung hatte der Gemeinde-tag exemplarisch am Beispiel der Stadt Öhringen geschildert.

Bei den Gesprächen mit dem UM konn-ten die KLV erreichen, dass die Kommu-nen wenigstens eine Zuständigkeit für die Genehmigung der Errichtung oder Erweiterung einzelner baulicher An-lagen in Überschwemmungsgebieten (unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 WHG) erhalten (siehe § 65 Abs. 3 WG neu). Für diese Einzelfallentschei-dungen ist sie abschließend zuständig (Benehmen oder Einvernehmen mit der unteren Wasserbehörde ist nicht erfor-derlich). In den allgemeinen Zuständig-keitsregelungen des § 82 wird in Absatz 6 bestimmt, dass es sich bei dieser Auf-gabe um eine Pflichtaufgabe nach Wei-sung der Wasserbehörden handelt. Nach § 78 Absatz 2 WHG kann die zu-ständige Behörde die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn die Nummern 1 bis 9 der WHG-Regelungen für diese Fälle zutreffen. Zu-ständig ist nach § 82 WG die untere Wasserbehörde.

Im Übrigen besteht Einvernehmen zwi-schen UM und KLV, dass die Regelun-gen der §§ 76 ff. WHG so zu verstehen sind, dass für Hochwasserschutzmaß-nahmen zugunsten bestehender Bau-gebiete kein (Retentions-)Ausgleich er-forderlich ist.

Neu eingeführt wurde auch eine Opti-onsmöglichkeit für Gemeinden, durch Satzung ein Hochwasserschutzregister einführen zu können. § 65 Absatz 3 re-gelt dazu, dass der zeitgleiche Ausgleich des Verlusts von verloren gehendem Rückhalteraum (§ 78 Absatz 3 Satz 1

Nummer 1 WHG) über ein Hochwasser-schutzregister erfolgen kann, dem kom-munale Maßnahmen zur Schaffung von Rückhalteraum zum Ausgleich zugrun-de liegen. Der Mindestinhalt für ein sol-ches Hochwasserschutzregister ist in den Nummern 1 bis 3 des Gesetzestex-tes beschrieben. Der Retentionsaus-gleich gilt aufgrund von Bundesrecht für neue Baugebiete und einzelne Bau-vorhaben. Das Hochwasserschutzregis-ter soll eine flexible Möglichkeit eröff-nen und den „Retentionsvorrat“ in der Form eines Retentionskontos gesetzlich verankern, ohne dessen Umsetzung zwingend vorzuschreiben.

8. In § 82 Abs. 6 (Sachliche Zuständig-keit für Zwangsverpflichtungen) wird als zuständige Behörde im Sinne des § 93 WHG die Gemeinde bestimmt. Da-mit bleibt den Kommunen die Zustän-digkeit für die Durchleitung von Wasser und Abwasser und für weitere in § 93 WHG (bis Anfang 2010 war § 88 WG einschlägig) aufgeführte Maßnahmen erhalten. Im Anhörungsentwurf war hier noch eine Zuständigkeit der Was-serbehörden vorgesehen; dies war von Gemeindetag und Städtetag beanstan-det worden.

9. Bei der Abwasserabgabe für Nieder-schlagswasser wollte das Land in § 116 Abs. 2 regeln, dass die Einleitung von Niederschlagswasser aus der öffentli-chen Kanalisation für das gesamte Ge-meindegebiet nur noch dann abgabefrei ist, wenn der Ausbaugrad der Regenwas-serbehandlung für das Gemeindegebiet ab 01.01.2012 mindestens 95 Prozent und ab 01.01.2017 mindestens hundert Prozent beträgt. Nach der ablehnenden Stellungnahme von Gemeindetag und Städtetag wurde jetzt folgende Stufenlö-sung vorgesehen: Ab 01.01.2015 min-destens 95 Prozent und ab 01.01.2020 dann hundert Prozent.

10. Nach § 119 (Verdünnung) des An-hörungsentwurfs sollte der („abwasser-abgabenunschädliche“) Verdünnungs-anteil auf dreißig Prozent des Abwas-serabflusses bei Trockenwetter begrenzt werden. Das noch geltende Wasserge-setz sieht hier in § 115 a eine Verdün-nungsgrenze von fünfzig Prozent vor.

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Gemeindetag Baden-Württemberg

Geschäftsbericht

weils relevanten Interessensgruppen sollen dabei zu berücksichtigen sein.

Diesem Ansinnen haben die Vertreter der kommunalen Landesverbände im Koordinierungskreis nachdrücklich wi-dersprochen, da bei diesem Ansatz ein erheblicher Aufgabenzuwachs bei den unteren Jagdbehörden zu befürchten ist. Zudem ist eine Abstimmung mit den anderen, von dem weiten Begriff des Wildtiermanagements ebenfalls betrof-fenen Ressorts bislang nicht erfolgt.

Darüber hinaus will das MLR im LJWmG eine Rechtsgrundlage schaffen, um He-gegemeinschaften gegebenenfalls als Körperschaften des öffentlichen Rechts zulassen zu können. Auch diesem Vor-haben sind die Vertreter der kommuna-len Landesverbände im Lenkungskreis entgegengetreten, da hier der Aufbau einer Parallelstruktur zu den bestehen-den jagdrechtlichen Zuständigkeiten im Land droht, welche die Entscheidungs-abläufe bei den Jagdbehörden erheblich behindern kann. Zudem ist seitens des MLR vorgesehen, dass die untere Jagd-behörde die Aufsicht über die Hegege-meinschaften führt, was dort wiederum zu einem Aufgabenzuwachs führt.

Um im Lenkungskreis mit einer Stimme sprechen zu können, haben sich die Kommunalen Landesverbände von An-fang an eng abgestimmt und sich auf folgende Eckpunkte für ein neues Lan-desjagdgesetz geeinigt:

Beibehaltung des bisherigen Gesetz-gebungsvorhabens, d.h. Novellie-rung des Landesjagdgesetzes; keine Ausweitung des Regelungsgehalts des Landesjagdgesetzes auf andere Rechtsgebiete

Das Wildtiermanagement entspricht inhaltlich dem bisher im Landes-jagdgesetz verwandten Begriff der Hege.

Weiterführung der Hegegemein-schaften als privatrechtliche Zusammenschlüsse; keine Körper-schaften des öffentlichen Rechts als Parallelstruktur zu den unteren Jagdbehörden

weite Liste des dem Jagdrecht unter-liegenden Wilds und damit auch der Tiere, die der Hegepflicht unter-fallen, um diesen gegebenenfalls mit den Mitteln des Jagdrechts begegnen zu können

Abschaffung des Kreisjagdamts als Kollegialorgan; Weiterführung der unteren Jagdbehörde als „normale“ Verwaltungsbehörde.

Darüber hinaus ist gegenüber den zu-ständigen Vertretern des MLR auch schriftlich klargestellt worden, dass die Beschlüsse im Koordinierungskreis und in den Arbeitsgruppen nicht das nach Artikel 71 Abs. 4 LV verfassungsmäßig abgesicherte (verbandspolitische) Äuße-rungsrecht der kommunalen Landes-verbände beschränken können. Der Entwurf einer Novelle des Landesjagd-gesetzes wird frühestens im Laufe des Herbstes 2013 in die Verbandsanhörung gehen (nach der letzten Sitzung des Ko-ordinierungskreises). Erst dann lässt sich letztendlich sagen, welche Argu-mente der kommunalen Landesverbän-de in den Koordinierungskreissitzungen aufgegriffen worden sind und welche nicht. Insoweit besteht dann noch die Möglichkeit, Nachbesserungen zu ver-langen.

Bedingt durch Veröffentlichungen in der Zeitschrift des Landesjagdverbandes „Der Jäger in Baden-Württemberg“ – insbesondere in den Ausgaben 8 und 9/2013, verbunden mit einer jagdpoliti-schen „Postkartenaktion“ – sind ver-schiedene Bürgermeister auf den Ge-meindetag zugekommen und haben ihrer Befürchtung Ausdruck gegeben, dass die vom Landesjagdverband darge-stellten möglichen Erschwernisse der Jagd durch das neue Landesjagdgesetz zu künftigen Verpachtungsschwierig-keiten bzw. einem Pachtpreiseinbruch führen könnten.

Diese möglichen Erschwernisse jetzt schon monetär zu bewerten ist aller-dings ausgeschlossen. Hier muss erst bekannt sein, wie das neue Landesjagd-gesetz endgültig aussieht. Und dabei hat letztlich der Landtag entscheidend mit-zuwirken. Selbst wenn alle befürchteten

Verschärfungen kämen, würden sich diese örtlich sehr unterschiedlich aus-wirken (je nach vorhandenen Wildtier-arten, landwirtschaftlicher Nutzung, Feld-/Waldstruktur, Naturschutzaufla-gen usw.). Auch eine Umfrage zu den derzeitigen Jagdpachteinnahmen der Gemeinden (als Vergleichsbasis) würde hier nicht weiterhelfen (zumal eine zu-nehmende Zahl privat verwalteter Jagd-genossenschaften selbst verpachtet und die Pachteinnahmen im Land – auch wegen ihrer Abhängigkeit von der Wild-schadenhäufigkeit – völlig unterschied-lich sind).

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass laufende Jagdpachtverträge Be-standsschutz genießen, falls das neue Landesjagdgesetz verschiedene Bedin-gungen ändern sollte. Insoweit müssen laufende Jagdpachtverträge nicht an Neuregelungen des Landesjagdgesetzes angepasst werden. Wenn sich durch die Neuregelungen des Landesjagdgesetzes während der bestehenden Vertragslauf-zeit die Jagd für den Jäger aber tatsäch-lich erschweren würde, könnte den Kommunen als Verpächterinnen allen-falls passieren, dass der Jäger sich auf § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrund-lage) bezieht und eine Vertragsanpas-sung (zum Beispiel beim Pachtpreis) verlangt. Eine Vertragskündigung sieht § 313 BGB nur vor, wenn eine Vertrags-anpassung überhaupt nicht möglich oder ein Festhalten am Vertrag für (min-destens) einen Vertragspartner nicht zumutbar ist. Eine Prüfung, ob die Vor-aussetzungen des § 313 BGB gegeben sind, ist aber, wie oben dargestellt, erst dann möglich, wenn die endgültige Fas-sung des Landesjagdgesetzes bekannt ist und die konkreten Auswirkungen auf die Jagdreviere festgestellt worden sind.

Nach Mitteilung aus dem MLR vom Juli 2013 geht man dort davon aus, dass das neue Landesjagdgesetz frühestens kurz vor der Sommerpause 2014 im Landtag verabschiedet werden kann. Die DVO zum neuen Landesjagdgesetz muss da-bei gleichzeitig mit dem Landesjagdge-setz fertig gestellt sein und in Kraft tre-ten. Außerdem können nicht alle Rege-lungen des neuen Landesjagdgesetzes umgehend nach der Verabschiedung

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930 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

Der Erschließungsvertrag wird nun nicht mehr eigenständig, sondern als Teil des städtebaulichen Vertrags gere-gelt, zumal er eine städtebauliche Maß-nahme betrifft und daher auch als städ-tebaulicher Vertrag nach § 11 BauGB angesehen wird. Um den Handlungs-spielraum der Kommunen zu erweitern, werden Verträge über die Erschließung – seien es Erschließungsverträge im Sin-ne des bisherigen § 124 BauGB, seien es Folgekostenverträge oder sonstige Ver-tragsgestaltungen – künftig generell als Verträge im Sinne des § 11 BauGB be-handelt. Vertragsgegenstand ist somit u.a. die Erschließung durch nach Bun-des- oder nach Landesrecht beitragsfä-hige sowie nicht beitragsfähige Erschlie-ßungsanlagen. Trägt oder übernimmt der Vertragspartner Kosten oder sonsti-ge Aufwendungen, ist eine Eigenbetei-ligung der Gemeinde nicht erforderlich. § 124 BauGB regelt nur noch die Er-schließungspflicht nach einem abge-lehnten Vertragsangebot.

Das gemeindliche Vorkaufsrecht kann zugunsten eines Dritten ausgeübt wer-den, wenn der Dritte zu der mit der Aus-übung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks inner-halb angemessener Frist in der Lage ist und sich hierzu verpflichtet.

Die Vorschrift des § 34 Absatz 3a BauGB, die im Wege einer Ermessensentschei-dung zusätzliche bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit vorhandenen Gewerbe- und Handwerksbetrieben und auch für Wohnbauvorhaben im nicht beplanten Innenbereich ermöglicht, wurde erweitert um die Möglichkeit ei-ner Nutzungsänderung von einem Ge-werbe- und Handwerksbetrieb zu einem Wohnzwecken dienenden Gebäude.

Im Hinblick auf gewerbliche Tierhaltung sind entsprechende Anlagen nur dann im Sinne des § 35 BauGB privilegiert, wenn sie keiner Pflicht zur Durchfüh-rung einer Umweltverträglichkeitsprü-fung nach dem Gesetz über die Umwelt-verträglichkeitsprüfung unterliegen.

Die beim Begünstigungstatbestand des § 35 Absatz 4 BauGB vorgesehene Er-leichterung widerspricht den Zielen des

durch den Landtag in Kraft gesetzt wer-den. So sind verschiedene Übergangsre-gelungen geplant. Insoweit wird das neue Recht auf keinen Fall für Jagd-pachtverträge, die zum nächsten Jagd-jahr (ab 01.04.2014) abgeschlossen wer-den, relevant werden (Relevanz frühes-tens ab dem darauffolgenden Jagdjahr, also ab 01.04.2015).

Aus Sicht des Gemeindetags ist die ge-plante vollständige Novellierung des Landesjagdgesetzes gleichwohl nicht erforderlich. Einzelne Anpassungen des bestehenden Gesetzes an neue Rechts-entwicklungen hätten genügt. Letztlich soll mit der vollständigen Novellierung eine Regelung aus dem Koalitionsver-trag umgesetzt werden, die wie folgt lau-tet: „Wir werden das Jagd- und das Fi-schereigesetz überarbeiten und stärker an wildökologischen Anforderungen und Tierschutz ausrichten. Die Wildfüt-terung werden wir abschaffen. In Schutzgebieten muss sich die Jagd am Schutzziel ausrichten.“

Planen und Bauen

BauGB-Novelle – Stärkung der Innenentwicklung

Das Gesetz zur Stärkung der Innenent-wicklung in den Städten und Gemein-den zur weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom Juli 2013 ist zum 20.09.2013 in Kraft getreten. Nachdem im Jahre 2011 die Energie- und Klimapo-litik Schwerpunkt der Änderungen war (Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden vom 22.07.2011 – BGBl. I, S. 1509 – in Kraft seit 30.07.2011), geht es jetzt um die Reduzierung des Flä-chenverbrauchs und um familien-freundliche Städte, die stärkere Regu-lierung von Spielhallen in Städten und die Erleichterung der Errichtung von Kindergärten in Wohngebieten. Zudem sind bestimmte Vorhaben als Ersatz-bauten für landwirtschaftliche Gebäu-de zulässig geworden. Hintergrund der Novelle ist der Koalitionsvertrag vom 26.10.2009, der eine Stärkung des Kli-maschutzes und der Innenentwicklung vorsieht.

Dazu sind nun im Einzelnen folgende Änderungen vorgesehen:

In das Abwägungsgebot des § 1 BauGB wurde ein weiterer Belang aufgenom-men, wonach die städtebauliche Ent-wicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen soll. Konkretisiert wird dies durch die Vorga-be bei den ergänzenden Vorschriften zum Umweltschutz, wonach die Not-wendigkeit der Umwandlung landwirt-schaftlich oder als Wald genutzter Flä-chen begründet werden soll; dabei sol-len Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brach-flächen, Gebäude-Leerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglich-keiten zählen können. In der Begrün-dung zum Bauleitplan sind die entspre-chenden Ausführungen an Hand der Gesetzesformulierungen zu machen (zusätzliche Anforderungen).

Bauplanungsrechtlich gehören die Spiel-hallen zu den Vergnügungsstätten. In den vergangenen Jahren hat ihre Zahl außerordentlich stark zugenommen. Be-reits im Rahmen der „Berliner Gespräche zum Städtebaurecht“ wurde auf der Grundlage der kommunalen Erfahrun-gen festgestellt, dass das Steuerungs-instrumentarium der Baunutzungsver-ordnung sich insoweit als grundsätzlich ausreichend erweist (kommunale Ver-gnügungsstättenkonzepte).

Als neue Festsetzungsmöglichkeit sollen die Gemeinden in einem Bebauungs-plan für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) bestimmen kön-nen, dass Vergnügungsstätten oder be-stimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Bei der Erstellung dieser Bebau-ungspläne müssen die Gemeinden je-doch als neuen Belang die Vorgaben des Landesglücksspielgesetzes beachten, wonach zwischen Spielhallen ein Min-destabstand von fünfhundert Metern einzuhalten ist. Diese ordnungsrechtli-che Vorgabe dürfte zu einer erheblichen Reduzierung der Spielhallen führen und kann bauleitplanerische Spielhallen-konzepte unnötig machen.

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Page 40: Geschaeftsbericht 2011/2013

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932 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

fügt, eine solche Begründung fehlt auch für die in den Hinweisen enthaltenen Flächendichten. Sie lassen sich auch nicht auf das Raumordnungsrecht und das Landesplanungsrecht bzw. den Lan-desentwicklungsplan stützen. Sie sind kein Ziel und kein Grundsatz der Raum-ordnung und können daher die Ge-meinden nicht binden. Die Gemeinden laufen Gefahr, bei einer Ausrichtung ihrer Planungspraxis an diesen Vorga-ben gegen das Abwägungsgebot des Baugesetzbuchs zu verstoßen. Gefordert wird vom Gemeindetag eine gemeinde-bezogene Betrachtung; schematisches Vorgehen ohne Berücksichtigung der örtlichen Situation ist nicht akzeptabel.

Eine wissenschaftliche Begründung für den Dichtewert für Wohnbauflächen hat das MVI nicht beigefügt. Eine solche landeseinheitliche Praxis widerspricht den Anforderungen nach einer differen-zierten Betrachtung der kommunalen städtebaulichen Entwicklung. Die Vor-gaben in den Hinweisen lassen sich in der vorliegenden dezidierten Formulie-rung nicht auf den Landesentwick-lungsplan stützen – auch wenn der Wortlaut dies verdeutlichen will. Sie sind kein Ziel und kein Grundsatz der Raumordnung und können daher die Gemeinden nicht über § 1 Abs. 4 BauGB binden. Würden die Gemeinden nach den Hinweisen ihre kommunale Bau-leitplanung ausrichten, würden sie ge-gen das Abwägungsgebot des Baugesetz-buchs verstoßen. Die Hinweise können nicht Grundlage der kommunalen Ab-wägung sein, sie sind ein nicht plausib-ler Belang für den Abwägungsvorgang. Die Gemeinden laufen Gefahr, rechts-unwirksame Flächennutzungspläne aufzustellen. Auch die vom MLR in Auf-trag gegebene IREUS-Studie verlangt ei-ne gemeindebezogene anstelle einer schematischen Betrachtung der Städte und Gemeinden im ländlichen Raum.

Die neuen Hinweise führen zu einer gra-vierenden Einschränkung der kommu-nalen Bauleitplanung schon allein durch die Verfahrenspraxis der Geneh-migungsbehörden. Diese sind durch die Hinweise in ihrer Entscheidungsfrei-heit, in ihrer Genehmigungspraxis ein-geschränkt; sie müssen im Behörden-

Gesetzentwurfs, die Innenentwicklung zu stärken, wenn nämlich die Neu-errichtung an Stelle eines für die Land-wirtschaft privilegierten Gebäudes zu-gelassen wird.

Verwahrloste, nicht mehr wirtschaftlich nutzbare Gebäude (so genannte Schrottimmobilien) sind aufgrund ihrer negativen Ausstrahlung auf die Umge-bung ein ernstes stadtentwicklungspoli-tisches Problem, das dem Ziel einer qua-litätsvollen Innenentwicklung der Städ-te und Gemeinden widerspricht. Betrof-fen sind insbesondere Kommunen in strukturschwachen Regionen. Aus der Strukturschwäche der jeweiligen Region folgt häufig, dass eine Modernisierung oder Instandsetzung der Gebäude un-rentabel wäre. Einem solchen städte-baulichen Missstand kann dann, wenn sonstige Belange (z.B. Denkmalschutz) nicht entgegenstehen, gegebenenfalls nur durch seine Beseitigung abgeholfen werden. Das Rückbaugebot (§ 179 BauGB) kann in seiner geltenden Fas-sung aber nur in Bebauungsplangebie-ten angewendet werden, nicht hinge-gen im nicht beplanten Innenbereich, wo sich die Schrottimmobilien-Proble-matik zumeist stellt. Das Vorhanden-sein eines Bebauungsplans soll daher in den Schrottimmobilien-Fällen nicht mehr Voraussetzung für die Anordnung eines Rückbaugebots sein.

Durch die Änderung der Baunutzungs-verordnung wird die Rechtsstellung von Anlagen zur Kinderbetreuung gestärkt; diese Einrichtungen sind in reinen Wohngebieten allgemein bauplanungs-rechtlich zulässig, wenn deren Größe den Bedürfnissen der Bewohner des Ge-biets angemessen ist. Sonstige Anlagen zur Kinderbetreuung können auch künftig als Anlagen für soziale Zwecke nach § 3 BauNVO ausnahmsweise zuläs-sig sein.

Vor dem Hintergrund des Energiekon-zepts der Bundesregierung und in Er-gänzung der BauGB-Klimaschutznovel-le von 2011, womit die Privilegierung von Anlagen zur Nutzung solarer Strah-lungsenergie in, an oder auf Dach- oder Außenwandflächen in § 35 BauGB ein-geführt worden ist, soll die Zulässigkeit

solcher Anlagen auch in Baugebieten erleichtert werden. Durch eine Ände-rung des § 14 BauNVO (Nebenanlagen) gelten baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwand-flächen oder Kraft-Wärme-Kopplungs-anlagen innerhalb von Gebäuden als Nebenanlagen, wenn die erzeugte Ener-gie vollständig oder überwiegend in das öffentlich Netz eingespeist wird.

Bei den Vorschriften über die Werter-mittlung und die Gutachterausschüsse sind folgende Vorschriften geändert worden: Hinzuziehung eines Bedienste-ten der zuständigen Finanzbehörde, Übermittlung des Erbbaurechtsvertrags bei der erneuten Bestellung des Erbbau-rechts, Auskünfte der Finanzbehörden an die Gutachterausschüsse, Aufgaben des oberen Gutachterausschusses bzw. der zentralen Geschäftsstelle, Klarstel-lung bei den Ermächtigungen an die Landesregierung.

Flächennutzungsplanung – Hinweise zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise

Das Ministerium für Verkehr- und Infra-struktur (MVI) hat am 23.05.2013 die Hinweise zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise für die Flä-chennutzungsplanung herausgegeben. Es handelt sich um eine Überarbeitung der Hinweise aus dem Jahre 2008. Die Hinweise enthalten Vorgaben für die Behördenbeteiligung bzw. das Geneh-migungsverfahren. Besonders gravie-rend ist die Reduzierung des Bedarfsfak-tors zur Berücksichtigung des Wohn-bauflächenbedarfs. Der Gemeindetag lehnt Einschränkungen der kommuna-len Planungshoheit durch die Hinweise zur Plausibilitätsprüfung der Bauflä-chenbedarfsnachweise ab und hat des-halb das Vorgehen bei der Herausgabe der so genannten Hinweise wie auch deren Inhalt kritisiert bzw. für inakzep-tabel bezeichnet.

Die Hinweise 2013 wurden – wie die Hinweise 2008 – ohne Beachtung der Anhörungsgrundsätze des Landes erar-beitet und herausgegeben. Eine Begrün-dung für die Änderung war nicht beige-

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rechtsbehörde eingeführt werden. In § 9 soll der Bauherr zu einer Begrünung der baulichen Anlagen verpflichtet sein (al-so durch Gesetz, ohne Entscheidung in der Baugenehmigung), wenn eine Be-grünung oder Bepflanzung der Grund-stücke nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Es soll eine Fahrrad-Stellplatzpflicht eingeführt und die Möglichkeit der Um-wandlung von bestehenden Kfz-Stell-plätzen in Fahrrad-Stellplätze geschaf-fen werden. Bis zu einem Viertel der notwendigen Kfz-Stellplätze kann durch die Schaffung von Fahrrad-Stellplätzen ersetzt werden. Bei der Errichtung von Gebäuden mit Wohnungen sind für je-de Wohnung zwei geeignete wetterge-schützte Fahrrad-Stellplätze herzustel-len (notwendige Fahrrad-Stellplätze). Sie müssen eine wirksame Diebstahlsi-cherung ermöglichen.

Der Anwendungsbereich des Kenntnis-gabeverfahrens soll beschränkt werden. Für die Zulässigkeit des Kenntnisgabe-verfahrens darf es keinen Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungs-plans geben. Das Kenntnisgabeverfah-ren wird somit nur noch dort zugelas-sen, wo sich das Vorhaben exakt an die Festsetzungen des Bebauungsplans hält. Es gibt keine isolierten Entscheidungen über Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen. Die Zahl der Kenntnisga-beverfahren wird deutlich zurückgehen. Das Ministerium meint, dies erfolge deutlich zugunsten des (vereinfachten) Baugenehmigungsverfahrens. Der Ge-meindetag schlägt vor, das Kenntnisga-beverfahren beizubehalten, die Einhal-tung der bestehenden Vorschriften aber besser und effizienter zu überwachen. Das Kenntnisgabeverfahren kommt den Bauherren entgegen, führt aber vielfach dazu, dass es trotz der baurechtlichen Verstöße nicht zu einem eigenständigen Prüfverfahren kommt und die Verstöße nicht bekannt werden.

Bei einer – teilweise von kommunaler Seite geforderten – Abschaffung des Kenntnisgabeverfahrens blieben das vereinfachte Genehmigungsverfahren und das eigentliche Genehmigungsver-fahren bestehen. Beim vereinfachten

beteiligungsverfahren bereits geltend machen, dass Flächennutzungspläne in Abweichung der Hinweise nicht geneh-migt werden können. Das ist zugleich eine Überschreitung der Zuständigkeit der Genehmigungsbehörden, die nur eine Rechtsprüfung vornehmen kön-nen, jedoch nicht eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der kommunalen Bau-leitplanung.

Eine Prognose der Bevölkerungsent-wicklung und des Bauflächenbedarfs ist wegen der der Gemeinde zustehenden Einschätzungsprärogative gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Damit kann weder das MVI noch die für die Genehmigung des Flächennutzungs-plans zuständige Behörde detaillierte Wohndichten einfordern.

Leider gehen die Hinweise trotz ihrer umfangreichen Vorgaben auf folgende Notwendigkeiten der Gemeinden vor Ort nicht ein (der Gemeindetag hat dies bereits zu den Hinweisen 2008 formu-liert):

Bei der Bestandsermittlung von Leerständen bzw. innerörtlichen bebaubaren Flächen müssen die Gemeinden vor Ort entscheiden können, wie sie hier vorgehen.

Bei der Bedarfsermittlung muss un-bedingt auch die Verfügbarkeit der Flächen eine Rolle spielen. Nur die tatsächlich verfügbaren Flächen können zur Anrechnung kommen. Die Verfügbarkeit wird zwar (jetzt) abgefragt, ihre Bewertung durch die Gemeinde muss jedoch von der Genehmigungsbehörde akzeptiert werden.

Die Bedarfsermittlung kann nicht starr an einer Formel aufgezogen werden, sondern muss stark auch die örtlichen Begebenheiten berücksichtigen. Damit ist die gesamte Berechnungsmethode in Frage zu stellen.

Vorrangiges Ziel muss es weiter bleiben, eine Entflechtung unver-träglicher Gemenge-Lagen durchzu-führen. Wohnlagen müssen weiter-

hin vorrangig von insbesondere störenden Gewerbebetrieben ent-lastet werden.

Es muss den Gemeinden auch weiterhin möglich sein, im Gewerbe bereich Vorratsflächen vorzuhalten. Wenn bei einer Anfrage eines Gewerbetriebs erst das ganze Bauleitplanverfahren mit der zeit lichen Dauer von mehreren Monaten bis Jahren durchgeführt werden muss, ist eine Neuansied-lung von Gewerbebetrieben prak-tisch unmöglich. Dabei darf sich die Ansiedlung nicht nur auf die Eigenentwicklung reduzieren.

Das Land wurde aufgefordert, die Hin-weise aufzuheben bzw. auf eine Darstel-lung der Rechtslage zurückzuführen.

Der Gemeindetag ist Mitglied in dem im Dezember 2004 gegründeten Aktions-bündnis „Flächen gewinnen“ und un-terstützt damit die Bemühungen der Gemeinden um eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme. Zahlreiche Artikel in der Verbandszeitschrift des Gemeindetags zeigen kommunale Pro-jekte und Ratgeber für die kommunale Praxis (wie der Folgekostenrechner oder Flächenmanagement-Tools).

Anhörung zur Novellierung der Landesbauordnung

Der Gemeindetag hat Ende Juli den Anhörungsentwurf für ein Gesetz zur Änderung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften zur Stellungnahme erhal-ten. Der Gesetzentwurf setzt den Koali-tionsvertrag um, wonach die Landes-bauordnung nach sozialen und ökologi-schen Kriterien überarbeitet werden soll. Wesentlicher Inhalt sind Regelun-gen über Fahrrad- und Kfz-Stellplätze, die erleichterte Nutzung regenerativer Energien und die Beschränkung des An-wendungsbereichs des Kenntnisgabe-verfahrens.

Wärmedämm-Maßnahmen in den Ab-standsflächen sollen künftig generell zulässig sein. Für die Teilung eines Grundstücks soll eine zweiwöchige Frist für die Anzeige gegenüber der Bau-

Geschäftsbericht

Page 44: Geschaeftsbericht 2011/2013

935Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013 Geschäftsbericht

Genehmigungsverfahren wird der Bau-herr davon ausgehen, dass es schneller vonstatten geht und für ihn billiger ist (also weniger Baugenehmigungsgebüh-ren zu zahlen sind).

Durch örtliche Bauvorschrift sollen die Gemeinden auch weniger als einen Stellplatz pro Wohnung vorschreiben können. Unberührt bleiben soll die Er-mächtigung der Gemeinden, die Zahl der notwendigen Stellplätze für Woh-nungen auf bis zu zwei zu erhöhen.

Bei den Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen durch örtliche Bauvorschriften soll künftig gelten, dass die Anforderungen die Nut-zung erneuerbarer Energien nicht aus-schließen oder unangemessen beein-trächtigen dürfen. Der Gemeindetag sieht dafür keinen Änderungsbedarf.

Die neue Vorschrift würde wegen der unbestimmten Rechtsbegriffe zusätz-liche Zweifel aufwerfen, da nach der Rechtsprechung auch für örtliche Bauvorschriften das Abwägungsgebot (siehe § 1 BauGB) anzuwenden ist; da-mit wird sowohl den Interessen der Gemeinden als auch der Bauherren (und im Übrigen auch den Nachbarn) Rechnung getragen.

Solaranlagen auf oder an Gebäuden so-wie eine damit verbundene Änderung der Nutzung oder der äußeren Gestalt der Gebäude sollen verfahrensfrei wer-den. Dem ist eigentlich nicht zu wider-sprechen; verfahrensfreie Vorhaben müssen jedoch den geltenden Vor-schriften entsprechen, auch wenn sie nicht in einem baurechtlichen Verfah-ren auf ihre Zulässigkeit geprüft wer-den. Die Bauherren sehen demgegen-über die Verfahrensfreiheit vorrangig als Freiheit; eine Bindung an baurecht-liche Vorschriften wird nicht ange-nommen.

Die – weiterhin bestehende – Verfahrens-freiheit für Mobilfunkantennen (bis zehn Meter Eigenhöhe) soll künftig mit der Maßgabe gelten, dass deren Errich-tung mindestens acht Wochen vorher der Gemeinde angezeigt wird. Mit die-ser (weiteren) Anzeigepflicht würde es

Geschäftsbericht der Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden-WürttembergDie Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden-Württemberg wurde als hundertprozentige Tochtergesellschaft des Gemeindetags gegründet und kann zwischen-zeitlich auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung in der Unterstützung von Städten, Gemeinden und Landkreisen bei Beschaffungen aller Art zurückgreifen. In den letzten Jahren konnten durch personelle Verstärkungen die einzelnen Dienstleistungsangebote weiter ausgebaut, gestärkt und optimiert werden.

Die älteste Dienstleistung der Gt-service GmbH stellt die Durchführung von alljährlichen Bün-delausschreibungen für den kommunalen Strombedarf dar. Seit 2002 sind insgesamt zwölf Bündelausschreibungen Strom durchge-führt worden, an denen sich laufend insgesamt ca. sechs- bis siebenhundert Kommunen und deren rechtlich selbstständige und unselbst-ständige Einrichtungen mit mehreren tausend Abnahmestellen beteiligen. Der große Erfolg der bislang durchgeführten Bündelausschrei-bungen lässt sich auch auf den mittlerweile wieder regen Wettbewerb im Strommarkt zu-rückführen, aus dem in zunehmendem Maße Stadtwerke als erfolgreiche Bieter bei Bündel-ausschreibungen hervorgehen. Die konstant hohen Teilnehmerzahlen sowie die Tatsache, dass die bei der Bündelausschreibung erzielten Preise für die Energiebeschaffung von Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg als eine Art Benchmark angesehen werden, bestä-tigen das Erfolgsmodell der Bündelausschrei-bung. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass andere Bundesländer dem Beispiel der Gt- service GmbH gefolgt sind und nun ebenfalls Bündelausschreibungen anbieten (zuletzt 2013 der Bayerische Gemeindetag) und damit teils enorme Einsparungen gegenüber bislang be-stehenden Rahmenverträgen erzielen.

Auch für die Lieferjahre 2015/2016 wird daher eine 13. Bündelausschreibung angeboten. In-formations- und Auftragsunterlagen werden im Oktober/November 2013 per Gt-info, Az. 811.00, versendet.

Seit dem Jahr 2010 bietet die Gt-service GmbH eine jährliche, gebündelte Ausschrei-bung für den kommunalen Erdgasbedarf an. Auch hier herrscht ein reger Wettbewerb, sodass im Jahr 2013 bereits die vierte Bün-delausschreibung Erdgas für die Lieferjahre 2014 und 2015 durchgeführt werden konn-te. Teilnehmerzahlen von jeweils durch-schnittlich siebzig bis achtzig Kommunen und deren Einrichtungen bestätigen auch hier die hohe Kundenzufriedenheit.

Wie im Strombereich wird die Gt-service GmbH deshalb auch für die Lieferjahre 2015/2016 eine Bündelausschreibung Erd-

gas anbieten. Informations- und Auftrags-unter lagen werden ab Oktober/November per Gt-info, Az. 813.00, versendet.

Neben den Bündelausschreibungen tritt die Gt-service GmbH auch als kompetenter kom-munaler Dienstleister bei der Durchführung von Einzelausschreibungen für den Strom- bzw. Erdgasbedarf von Städten, Gemeinden, Landkreisen und deren jeweiligen Einrichtun-gen auf. Das Leistungsspektrum der Gt-service GmbH reicht dabei von der individuellen Kon-zeption über die Datenerfassung, Bekanntma-chung, Abwicklung des kompletten Bieterver-fahrens und die Submission bis hin zur Vorbe-reitung der Lieferung. Im Jahr 2013 wurde so ungefähr ein Dutzend Ausschreibungen für Klein-, Mittel- und Großstädte in Baden-Würt-temberg erfolgreich abgewickelt.

Ein weiteres Geschäftsfeld der Gt-service GmbH stellen Ausschreibungen zum Betrieb und zur Instandhaltung von Straßenbeleuch-tungsanlagen dar. Vor dem Hintergrund des Auslaufens von an den Konzessionsvertrag gekoppelten Straßenbeleuchtungsverträgen bietet die Gt-service GmbH bereits seit dem Jahr 2010 Ausschreibungen in diesem Be-reich an. Mittlerweile kann auf mehrere er-folgreich durchgeführte Ausschreibungen zurückgeblickt werden, weshalb es auch im kommenden Jahr ein entsprechendes Ange-bot geben wird.

Eine weitere Dienstleistung seit 2005 ist die europaweite Ausschreibung von Feuerwehr-fahrzeugen. Es wurden seither mehr als sieb-zig Feuerwehrfahrzeuge für Städte und Ge-meinden ausgeschrieben. Des Weiteren wur-den im Feuerwehrwesen seit dem Jahr 2010 bislang sieben Städte und Gemeinden bei der Erstellung des örtlichen Feuerwehr-bedarfsplans unterstützt.

Seit 2007 hat die Gt-service GmbH weit über hundert Betriebs- und Organisationshandbü-cher für die Wasserversorgung vertrieben. 2013 wurde nun auch mit dem Verkauf eines Betriebs- und Organisationshandbuches (BOH) für die Abwasserentsorgung begonnen, ein BOH Bauhof könnte in absehbarer Zeit folgen. Ziel ist die landesweite Einführung der Betriebs- und Organisationshandbücher Wasser.

Das Angebot eines Stichprobenverfahrens für Wasserzähler zur Verlängerung der Eichfrist und damit verbundenen Kosteneinsparungen bei Städten und Gemeinden sowie die Beschaffung von Schulmobiliar sind weitere, jährlich erneut angebotene Aufgabenfelder der Gt-service.

http://www.gtservice-bw.de Az. 036.19

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936 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

Änderung der Landesbauordnung – Rauchwarnmelderpflicht

Der Landtag hat durch eine Änderung des Landesbauordnung eine Rauch-warnmelderpflicht für Aufenthaltsräu-me, in denen bestimmungsgemäß Per-sonen schlafen, sowie für Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, geführt (Gesetz vom 16.07.2013, GBl., S. 209). Rauchwarnmelder verbes-sern im Brandfall zweifellos die Sicher-heit der Bewohner der Wohnungen bzw. Wohnräume. Sie sind damit gut geeignet, die Bewohner vor den Gefah-ren des Brandes bzw. des Rauches zu warnen; die Bewohner können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen und die Feuerwehr alarmieren. Es ist daher wünschenswert, die Zahl der Rauch-warnmelder zu erhöhen. Diesen Zielen hat der Gemeindetag in der Anhörung zugestimmt, jedoch eine gesetzliche Rauchwarnmelderpflicht für nicht ge-boten gehalten.

Im Gesetzgebungsverfahren wird be-reits angekündigt, auf eine Überwa-chung der Realisierung der Rauchwarn-melderpflicht zu verzichten. Bei einem solchen Konzept hat die gesetzliche Re-gelung lediglich eine pädagogische Wir-kung; Konsequenzen sind nicht zu er-warten – somit hätte das Gesetz nur den Charakter eines Appells. Es würde dem-nach genügen, den Eigentümern und Mietern die Installation und Wartung zu empfehlen. Es ist weltfremd zu glau-ben, bei einem klar angekündigten Ver-zicht auf die Überwachung würden die Eigentümer die Rauchwarnmelder in-stallieren. Die bisherigen Aktionen, ins-besondere der Gemeindefeuerwehren und der Brandversicherer (mit Unter-stützung der Lobbyisten), und der Ap-pell an die Eigenverantwortung haben dazu geführt, dass die Zahl der installier-ten Rauchwarnmelder gestiegen ist.

Nach Erfahrungsberichten aus Bundes-ländern mit einer Rauchwarnmelder-pflicht ist die Zahl der Fehlalarme deut-lich angestiegen. Diese zusätzliche Ein-satztätigkeit wegen Fehlalarmen betrifft die Feuerwehrangehörigen. Die Ge-meinden müssen die sich daraus erge-benden Kosten ohne Möglichkeit des

für Mobilfunk-Antennenanlagen drei Informations- bzw. Anzeigeverfahren geben:

nach der Verbändevereinbarung zwischen den kommunalen Spitzen-verbänden auf Bundesebene und den Mobilfunknetzbetreibern vom Juli 2001 (die Mobilfunkerklärung BW vom November 2004 ist insoweit identisch),

nach der Anhörungspflicht der Gemeinden nach dem neuen § 7a der 26. BImSchV (siehe Bericht in BWGZ 14/2013) und

der (oben beschriebenen) künftigen Anzeigepflicht nach der LBO.

Diese Anzeigepflicht ist deshalb als ab-solut unnötig abzulehnen.

Zu kritisieren ist die Aufteilung von Än-derungen der Landesbauordnung in mehrere und darüber hinaus kurz hin-tereinander geschaltete Gesetzgebungs-verfahren (Einführung der Rauchmel-derpflicht in einem eigenen Gesetz – Juli 2013 – und jetzt die „kleine“ Novel-le). Die früheren LBO-Novellen waren von dem Grundsatz geprägt, Novellen zur Landesbauordnung nur über einen größeren Zeitraum – mit einem gewis-sen Abstand – vorzunehmen (etwa zehn Jahre, siehe Novellen 1996, 2009). Die aktuelle Novelle enthält keine grund-sätzlich notwendigen Änderungen.

Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“

Anfang 2013 wurde das Förderpro-gramm „Flächen gewinnen durch In-nenentwicklung 2013“ ausgeschrieben. Das Förderprogramm richtete sich an alle Städte, Gemeinden, Landkreise und Nachbarschaftsverbände in Baden-Württemberg. Es bot den Kommunen eine finanzielle Unterstützung an, um die innerörtlichen Entwicklungspoten-ziale im Hinblick auf den sparsamen Umgang mit der Ressource Fläche zu untersuchen und zu mobilisieren.

Gesucht wurden Kommunen, die hierzu gute Ideen haben. Unterstützt wurden

Ideen, Konzepte und Maßnahmen, die auf das Ziel kompakter, lebenswerter Siedlungsstrukturen mit attraktiven Ortskernen, guter Nahversorgung und kurzen Wegen gerichtet sind. Bei den Planungsprozessen sollten dabei nicht nur den unmittelbar Betroffenen, son-dern allen gesellschaftlichen Gruppen Informations- und Mitwirkungsmög-lichkeiten eröffnet werden. Besonders erwünscht waren Konzepte zur Ent-wicklung bestehender, aber unter- oder schlecht genutzter Gewerbegebiete. Da-mit können für gewerbliche Nutzungen Flächenpotenziale mobilisiert werden, ohne dass zusätzliche Flächen im Au-ßenbereich in Anspruch genommen werden. Das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ gibt es seit 2010 (nach einer Pilotphase 2009). Es wurde gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden entwi-ckelt. Bisher konnten Projekte von rund 120 Kommunen und drei Landkreisen sowie von einem Nachbarschaftsver-band gefördert werden. Das Förderpro-gramm ist ein fester Bestandteil im Be-mühen des Landes und vieler Kommu-nen, den Flächenverbrauch substanziell zu verringern.

Im aktuellen Landesprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung 2013“ wurden 32 Gemeinden und drei Landkreise gefördert (Entscheidung vom Ende Juli 2013). Das Fördervolumen be-läuft sich 2013 auf fast eine Mio. Euro. Zusammen mit dem kommunalen Ei-genanteil werden somit Planungsarbei-ten und Dienstleistungen für Innenent-wicklungsvorhaben in Höhe von rund zwei Mio. Euro angestoßen. Schwer-punkt waren Anträge mit Gewerbeflä-chenbezug. Auch spiegelten die Anträge die Vielfalt des Landes wider: Kleine Kommunen aus dem ländlichen Raum, aber auch Mittelstädte des ländlichen Raumes und Kommunen im Verdich-tungsraum und seiner Randzone sind in diesem Jahr dabei gewesen. Alle verbin-det das Ziel, auf neue Siedlungsflächen auf der „grünen Wiese“ weitestgehend zu verzichten und kompakte, lebenswer-te Siedlungsstrukturen mit attraktiven Ortskernen und z.B. auch gute Nahver-sorgung und Siedlungsmuster der kurzen Wege zu unterstützen.

Geschäftsbericht

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938 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

des Gemeindetags um eine gesetzliche Vorschrift im Baugesetzbuch (bzw. schon im Bundesbaugesetz), in der Nachfolge der früheren gemeinderätli-chen Schätzung den Städten und Ge-meinden eine Wertermittlungszustän-digkeit zu erhalten. Deshalb ist von fol-genden Grundsätzen auszugehen:

Die Aufgaben der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses sind mit der Zu-ständigkeit für den Gutachterausschuss verbunden bzw. daran gekoppelt. Nach derzeitigem Recht kann die Erledigung allein der Aufgaben der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses nicht auf eine andere Gemeinde übertragen werden. Dies wäre nur gemeinsam mit der Über-tragung der gesamten Aufgabe des Gut-achterausschusses denkbar. Eine denk-bare Aufgabenübertragung würde über eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung erfolgen, in der nicht nur die gemeinsa-me Aufgabenerfüllung, sondern auch die Verantwortlichkeit, Kostenvertei-lung usw. zu regeln wären. Das Ministe-rium für Ländlichen Raum und Ver-braucherschutz ist inzwischen dieser Rechtsmeinung beigetreten.

Die Tätigkeit der Geschäftsstelle kann personell durch Mitarbeiter einer ande-ren Gemeinde durchgeführt bzw. erle-digt werden. Es bleibt bei der Zuständig-keit der örtlichen Gemeinde für die Ge-schäftsstelle des Gutachterausschusses. Beispiele für solche derzeit rechtlich mögliche Formen der Zusammenarbeit sind somit die Personalleihe bzw. Perso-nalgestellung. Dazu gibt es die bekann-ten Vorgänge: „gemeinsames Rech-nungsprüfungsamt“ (das auch im Rah-men einer Personalleihe geführt werden könnte) und Erhebungsstelle Volkszäh-lung 1989 (das liegt schon etwas zurück, ist aber ein solches Beispiel). Denkbar ist auch ein Werkvertrag zwischen Ge-meinden, in dem die Aufgabenerledi-gung geregelt wird, ohne dass es zu ei-ner personalisierten Tätigkeit kommt – also ohne Nennung des die Maßnahme erledigenden Mitarbeiters der Gemein-de. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen sind zu klären. und zwar nicht allein wegen der interkommuna-len Zusammenarbeit bei den Gutachter-ausschüssen.

Kostenersatzes tragen. Selbst für die Ver-sicherungen, insbesondere Gebäudever-sicherungen, ergeben sich aus der Nichtbeachtung eventuell bauord-nungsrechtlicher Verpflichtungen kei-ne Folgen. Die Sachversicherungen er-fassen Gebäudeschäden und nicht die Personenschäden durch die Rauchopfer. Belastbare statistische Zahlen über die Auswirkungen von Rauchwarnmeldern auf die Anzahl der Opfer durch Brände bzw. Rauchvergiftungen sind nicht be-kannt.

Die Zahl der Brandtoten ist in Deutsch-land seit Jahren stark rückläufig, und in Bundesländern mit einer Rauchwarn-melderpflicht sind die Rückgänge gerin-ger als in Bundesländern ohne Rauch-warnmelderpflicht. Die immer wieder aus anderen Ländern (z.B. USA) ge-nannten Zahlen über den Rückgang der Brandtoten sind nicht vergleichbar. Au-ßerdem liegt die Zahl der Brandtoten in Ländern mit einer Rauchwarnmelder-pflicht höher als in Deutschland bzw. in Bundesländern ohne Rauchwarnmel-derpflicht.

Die Rauchwarnmelderpflicht dürfte in Baden-Württemberg tendenziell zu In-vestitionskosten von mindestens hun-dert Mio. Euro und zu jährlichen Unter-haltungskosten von ca. zehn Mio. Euro führen; das ist nicht nur für die Herstel-ler von Rauchwarnmeldern, sondern auch für die Fachbetriebe, die die Rauch-warnmelder installieren und warten, interessant und ein zusätzlicher Markt.

Den Gemeinden entstehen nicht nur für Gemeindewohnungen zusätzliche Installations- und Wartungskosten, son-dern auch für kommunale Asylbewer-ber- und Obdachlosenunterkünfte bzw. Wohnheime. In diesen Anlagen ist ein gegenüber sonstigen Wohnräumen er-heblich höherer Kontroll- und War-tungsaufwand zu erwarten, da nach den Erfahrungen der Städte und Gemeinden der sorgfältige Umgang der Bewohner mit diesen Sicherungsanlagen nicht ge-währleistet ist.

Brände sollten überhaupt nicht entste-hen; dies wäre die beste Prävention. Das korrekte Verhalten im Brandfall wäre

ebenfalls ein großer Beitrag zur Reduzie-rung der Zahlen von Brandtoten.

Änderung der Gutachter- ausschussverordnung – Stärkung der Geschäftsstellen

Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG) vom 24.12.2008 (BGBl. I, S. 3018) wurden mit Wirkung zum 01.07.2009 in § 193 Abs. 5 BauGB die Aufgaben des Gutachterausschusses er-weitert und in § 198 BauGB die Bildung oberer Gutachterausschüsse oder zent-raler Geschäftsstellen vorgeschrieben.

In Baden-Württemberg soll die einzu-richtende zentrale Geschäftsstelle des Gutachterausschusses (ZGG) beim Lan-desamt für Geoinformation und Land-entwicklung angesiedelt werden. Die Aufgabe der ZGG wird insbesondere da-rin bestehen, überregionale Auswertun-gen und Analysen des Grundstücks-marktgeschehens zu erstellen. Dazu und wegen der Überlegungen zu einer Qualifizierung der Gutachterausschüsse und die dafür zu erfolgende Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit ist die Gutachterausschussverordnung zu novellieren.

Die Zuständigkeit der Gemeinden für die Gutachterausschüsse soll nicht ver-ändert werden.

Während derzeit noch die Einrichtung eines Gutachterausschusses und der Geschäftsstelle nur auf der Ebene einer Gemeinde oder einer Verwaltungsge-meinschaft möglich ist, sollen künftig mehrere Gemeinden einen gemeinsa-men Gutachterausschuss oder – unter Beibehaltung der einzelnen gemeind-lichen Gutachterausschüsse – eine ge-meinsame Geschäftsstelle einrichten können. In welcher Weise diese Ko-operationen erfolgen können, ist noch zu prüfen.

Der Gemeindetag hat diesen grundsätz-lichen Überlegungen zugestimmt; ins-besondere die Beibehaltung der kom-munalen Zuständigkeit ist klare Forde-rung des Gemeindetags, begründet mit den Jahrzehnte langen Bemühungen

Geschäftsbericht

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939Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013 Geschäftsbericht

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat im Sommer 2012 mit einem Anschreiben an alle Gutachterausschüsse einen Erhebungs-bogen zum Gutachterausschusswesen in Baden-Württemberg verschickt. Dort wurde nach dem Organisationsgrad und der Aufgabenerledigung gefragt. Bestätigt hat das Umfrageergebnis die vom Gemeindetag angestrebte Notwen-digkeit einer Qualifizierung der Arbeit der Geschäftsstellen der Gutachteraus-schüsse. Das wird zur Diskussion um die Größe des Einzugsbereichs der Ge-schäftsstellen führen, insbesondere ob die Zahl der im Jahr auszuwertenden Kaufverträge ein maßgebendes Kriteri-um sein bzw. ob auch die Einwohner-zahl den räumlichen Zuständigkeitsum-fang bestimmen kann. Dies wird vor-aussichtlich zu einer Reduzierung der Zahl der Geschäftsstellen im jeweiligen Landkreis führen – darf aber nicht die vom Gemeindetag geforderte kommu-nale Zuständigkeit für den Gutachter-ausschuss substanziell beeinträchtigen.

HOAI 2013

Die HOAI (Honorarordnung für Archi-tekten und Ingenieure) 2013 gilt seit 17.07.2013 (Verordnung vom 10.07.2013, BGBl. I, S. 2276). Sie ist für die ab diesem Zeitpunkt beauftragten Leistungen anzuwenden (§ 57 HOAI). Ziel der Änderung der HOAI 2009 war die Modernisierung und Vereinheitli-chung der Leistungsbilder sowie die Ak-tualisierung der Honorarstruktur unter dem Blickwinkel des Wandels der Be-rufsbilder, der Umweltbelange und der Regeln der Technik. Einflussfaktoren für die Honorarerhöhungen waren der Mehr- oder Minderaufwand aus den ak-tualisierten Leistungsbildern, die Bau-preisentwicklung, die Entwicklung der Personal- und Sachkosten sowie die Ra-tionalisierung des Planungsprozesses.

Die Honorare wurden trotz erheblichem Widerstandes der kommunalen Spitzen-verbände auf Bundesebene und trotz des Hinweises, dass für die Kommunen die teilweise zweistelligen Honorarerhöhun-gen wegen der kommunalen Finanzsitu-ation nicht zu schultern sind, unmittel-

bar in den Honorartabellen selbst und indirekt durch veränderte Leistungen insbesondere im Bereich der Flächenpla-nung geregelt. Nach der Begründung soll die Honorarerhöhung im Mittel bei 17 Prozent liegen. In der HOAI 2013 steigen bei fast allen von den Sachverständigen untersuchten Leistungsbildern die Ho-norare im Mittel um den genannten Pro-zentsatz gegenüber der HOAI 2009 an; deutlich über diesem Durchschnitt liegt das Leistungsbild Wärmeschutz und Energiebilanzierung.

Honorare für Leistungen beim städte-baulichen Entwurf können als besondere Leistungen frei vereinbart werden kön-nen. Die bisherigen in den Honorarta-feln festgelegten Verrechnungseinhei-ten sind aufgehoben und insgesamt für alle Leistungsbilder eine Umstellung auf Flächen in Hektar vorgenommen sowie für alle Leistungsbilder einheitlich drei Honorarzonen festgeschrieben worden. Für die Ingenieurbauwerke wird in der amtlichen Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur die in § 41 Abs. 1 HOAI erwähnten Bauwerke und Anlagen der HOAI unterfallen und nicht erwähnte Bereiche, wie beispiels-weise Versorgungsleitungen für Elektri-zität, keiner Preisbindung unterliegen; dies gilt auch für die Verkehrsanlagen, die in § 45 HOAI benannt sind.

Friedhofswesen

Änderung des Musters für eine Friedhofssatzung – Ausschluss von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit

Gemeinden können aufgrund § 15 BestattG in ihren Friedhofsordnungen festlegen, dass nur Grabsteine und Grab-einfassungen verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kin-derarbeit im Sinne der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt sind. Damit besteht ei-ne eindeutige Rechtsgrundlage für ent-sprechende Festlegungen in kommuna-len Friedhofssatzungen. Die Anforderun-gen an den Nachweis sind in der Fried-hofssatzung festzulegen. Über die

Rechtsänderung wurde bereits in BWGZ 14/2012, S. 542, berichtet. Das Muster für eine Friedhofssatzung aus dem Jahr 2010 wurde inzwischen geändert. Damit sind zwei Regelungen in die Friedhofs-satzung aufgenommen worden: keine Grabmale aus ausbeuterischer Kinderar-beit und der Nachweis über die Herkunft bzw. die Herstellung der Grabmale. Die örtlichen Friedhofsatzungen werden damit den Anforderungen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.10.2013 gerecht.

Nach Schätzung des Deutschen Natur-werkstein-Verbands stammen vierzig bis fünfzig Prozent der angebotenen Grabsteine aus Indien. Genauere Anga-ben seien nicht möglich, denn der Weg der Steine sei oft schwer nachvollzieh-bar. So würden Natursteinprodukte „made in China“ oder „made in Italy“ in den genannten Ländern häufig nur weiterverarbeitet, das Gestein selbst aber stamme aus indischen Stein-brüchen. China exportiere insbesonde-re Pflastersteine, Bordsteine und Schot-ter; Indien sei zu einem bedeutenden Lieferanten von Grabsteinen avanciert.

Die Organisationen des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, ha-ben in ihrer Stellungnahme zur Ände-rung des Bestattungsgesetzes (Schreiben vom 31.05.2012 an das Sozialministeri-um Baden-Württemberg) erklärt, sie sei-en sich darüber einig: „Wir lehnen Kin-derarbeit in jeglicher Form ab und sehen eine Verpflichtung, im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass kei-ne Grabmale von Kinderhand entste-hen.“ Der Berufstand der Steinmetze se-he sogar eine Chance darin, dass durch diese Regelungen möglicherweise „schwarze Schafe“ außerhalb der Ver-bandsorganisation vom Markt ver-schwinden bzw. zu einem Umdenken im Umgang mit solchem Material animiert werden. Eine in diesem Zusammenhang oft angesprochene Kostensteigerung für Grabsteine sehe man aus diesen vorge-nannten Gründen nicht. Jedoch sollte bedacht und geregelt werden, dass der bürokratische Aufwand für die erforder-lichen Nachweise so gering wie möglich gehalten werde. Denn eine weitere Stei-

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940 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

und Kirchen. Eine Aushändigung von Urnen an Angehörige soll nicht in Fra-ge kommen.

Auf eine zeitliche Vorgabe für den frü-hesten Bestattungszeitpunkt soll ver-zichtet werden (derzeit 48 Stunden, sie-he § 36 Abs. 1 BestattG). Damit wäre künftig eine Bestattung nach der erfolg-ten ärztlichen Leichenschau denkbar. Dies wirft organisatorische Fragen bei den Standesämtern und den kommuna-len Friedhofsverwaltungen auf. Im Zu-sammenhang mit der Bestattung von Muslimen wird auf das so genannte Ewige-Ruhe-Recht hingewiesen. Der muslimische und jüdische Glauben kennt die „ewige Ruhe“. Nach dem Be-stattungsgesetz Baden-Württemberg gibt es die Mindest-Ruhezeit von 15 Jah-ren, die aus Pietätsgründen auch für Ur-nen gilt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BestattG). Die Ruhezeit wird in der Friedhofssatzung festgelegt; sie dient der Sicherstellung der Verwesung und wird im Benehmen mit dem Gesundheitsamt geregelt (§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BestattG). An Grab-stätten kann ein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht von der Gemeinde ver-liehen werden (Wahlgrab); dies ist regel-mäßig länger als die Ruhezeit. Das Nut-zungsrecht kann gegen eine Gebühr verlängert bzw. neu verliehen werden.

Für eine Novelle des Bestattungsgesetzes bestehen bei der Geschäftsstelle Vor-schläge zur Regelung des Rechtsverhält-nisses an Urnen nach Ablauf der Ruhe-zeit/Nutzungszeit. Es bedarf der Klar-stellung, dass danach kein – öffentlich-rechtlicher – Herausgabeanspruch der Hinterbliebenen gegenüber der Ge-meinde besteht. Dies ist begründet mit einem pietätvollen Umgang mit Urnen (wie mit Leichen, siehe für Leichen § 6 Abs. 3 BestattG: „Nach Ablauf der Ruhe-zeit aufgefundene Gebeine [Überreste von Leichen] sind in geeigneter Weise innerhalb des Friedhofs zu bestatten.“). Ein weiterer Gesichtspunkt sind die Er-fahrungen der Gemeinden, wonach die Hinterbliebenen immer weniger bereit sind, die Grabstellen zu pflegen. Hier wäre eine Regelung hilfreich, wonach eine Rechtsnachfolge beim Nutzungs-recht auch ohne Zustimmung der Hin-terbliebenen eintritt (eine vergleichbare

gerung des bürokratischen Aufwands könnte durchaus zu einer Erhöhung der Kosten für den Auftraggeber eines Grab-steines führen.

In das Muster für eine Friedhofssat-zung (Muster 2010) wurde die Formu-lierung aufgenommen, wonach nur Grabsteine und Grabeinfassungen ver-wendet werden dürfen, die nachweis-lich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Interna-tionalen Arbeits organisation (ILO) hergestellt sind; der Nachweis ist durch das Siegel einer unabhängigen Zertifizierungsstelle oder in anderer geeigneter Weise zu erbringen.

In der Friedhofssatzung muss nicht aus-drücklich bestimmt werden, dass der Nachweis Voraussetzung für Genehmi-gungsfähigkeit der aufzustellenden Grabsteine ist. Benutzer des Friedhofs sind die Verfügungsberechtigten (Rei-hengräber) und die Nutzungsberechtig-ten (Wahlgräber). Die für die Hinterblie-benen tätigen Gewerbetreibenden (also in diesem Zusammenhang die Stein-metze) bedürfen für ihre gewerbliche Betätigung auf dem Gemeindefriedhof einer Zulassung durch die Gemeinde nach den Regeln der örtlichen Fried-hofssatzung (siehe insoweit § 4 des Mus-ters für eine Friedhofssatzung).

Nach dem Muster für eine Friedhofssat-zung ist die Aufstellung von Grabmalen und sonstiger Grabausstattung geneh-migungspflichtig (§ 17 Abs. 1 und 3 „Genehmigungserfordernis“). Den An-trag auf Genehmigung haben die Hin-terbliebenen zu stellen (Verfügungsbe-rechtigte und Nutzungsberechtigte). Den genannten Nachweis haben die Hinterbliebenen im Verfahren für die Genehmigung der Aufstellung des Grabmals beizubringen.

Die Hinterbliebenen sind somit aufzu-fordern, bei dem von ihnen zivilrecht-lich durch Werkvertrag beauftragen Steinmetz die notwendigen Nachweise anzufordern und dem Genehmigungs-antrag beizufügen. Eigenerklärungen genügen diesen Anforderungen nicht. Geeignet sind Bestätigungen der beste-

henden Zertifizierungsstellen. Soweit die Gemeinden Antragsformulare ver-wenden, können diese um entsprechen-de Anforderungen zur Vorlage der Nachweise ergänzt werden.

Gemeinden haben in ihre Friedhofssat-zung teilweise keine Genehmigungs-pflicht für das Aufstellen von Grabma-len aufgenommen. Diese Gemeinden sollten überlegen, aus Anlass der Ein-führung des Verbots von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit und des dafür notwendigen Nachweises ent-weder die Genehmigungspflicht für das Aufstellen von Grabmalen oder ein ei-genständiges Nachweisverfahren einzu-führen.

Es gibt eine ganze Reihe von Institutio-nen und Organisationen, die Zertifizie-rungen und Siegel für Natursteine aus-stellen. Diese Organisationen verpflich-ten sich, unangekündigte Kontrollen – und zwar zu jeder Zeit mit besonderen dafür aufgestellten Kontrollteams – durchzuführen. Eine Beschränkung auf einen oder bestimmte Zertifizierer ist aus Wettbewerbsgründen nicht zulässig. Auch andere als die oben genannten Zertifizierer sind zuzulassen. Eine Be-wertung dieser weiteren Zertifikate soll-te dann der Steinmetz gegenüber der Gemeinde beibringen.

Überlegungen für eine Änderung des Bestattungsgesetzes

Es bestehen Überlegungen zur Ände-rung des Bestattungsgesetzes. Grund-lage ist ein interfraktionelles Eckpunk-tepapier. Es geht davon aus, dass der ausdrücklich verfügte oder der mut-maßliche Wille des Verstorbenen hin-sichtlich Ort und Art und Weise seiner Bestattung maßgebend ist. Es ist vor-gesehen, die Sargpflicht für Erdbestat-tungen aufzuheben. Hintergrund sind die Bestattungsriten der Muslime und Juden. Ein Religionsnachweis scheint aber nicht gefordert zu werden. Der Transport zur Grabstätte soll weiter-hin im Sarg erfolgen. Die Friedhofs-pflicht für Urnen soll beibehalten wer-den. Es sollen aber reine Urnenfried-höfe eingerichtet werden können un-ter der Trägerschaft der Gemeinden

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942 Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013

Weihnachtsfeiern, Sommerfesten usw. – ohne Vergütung erfolgen können, wenn sie die im Pauschalvertrag aufge-listeten Voraussetzungen erfüllen.

Angesichts der erheblichen Verwal-tungsvereinfachung für die Einrichtun-gen und deren Träger wurde einer zent-ralen Finanzierung der Pauschalver-tragsgebühr über den kommunalen Fi-nanzausgleich zugestimmt. Die über das FAG zu finanzierende Pauschalgebühr liegt bei einer Größenordnung von rund 300.000 Euro. Der Pauschalvertrag sowie die Pressemitteilung des Ministe-riums für Kultus, Jugend und Sport zum Vertragsabschluss können der Gt-info Nr. 100/13 vom 05.02.2013 (Gt-info 2013 Heft 2, S. 15) entnommen werden.

Umsatzsteuer

Die Umsatzbesteuerung der öffent lichen Hand – Dauerbrenner mit großen finanziellen Risiken

Die Umsatzbesteuerung der öffentli-chen Hand ist seit dem EuGH-Urteil vom 04.06.2009 (Rs. C-102/08 „Salix“ – DStR 2009, S. 1196) verstärkt in den Fokus der BFH-Rechtsprechung geraten. Der BFH hat hiervon ausgehend in stän-diger Rechtsprechung zwischen dem körperschaftssteuerlichen Begriff des Betriebs gewerblicher Art (BgA) i.S. des § 4 KStG und der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 KStG) unterschieden (vgl. im Einzelnen zu den einschlägigen Urteilen: „Bilanzen und Perspektiven 2013“, BWGZ 1/2013, S. 12-15).

Es steht zu befürchten, dass diese ge-änderte Sichtweise der Rechtspre-chung zu einer erheblichen Auswei-tung der Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand führen wird. Dies deshalb, weil die Rechtsprechung ei-nen sehr weiten Wettbewerbsbegriff zugrunde legt. Es ist jedoch festzuhal-ten, dass die einschlägigen Urteile derzeit noch nicht im Bundessteuer-blatt veröffentlicht worden sind. Zu-nächst wurde seitens der Finanzmi-nisterkonferenz eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern eingerichtet.

Verpflichtung besteht für die Angehöri-gen im Sinne des § 21 BestattG für die Gebührenschuldnerschaft bei der Be-nutzung der Friedhofseinrichtungen).

GEMA

Tarifreform: keine Einigung in Sicht

Im Mai 2012 hat die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mecha-nische Vervielfältigungsrechte (GEMA) mit Wirkung zum 01.01.2013 neue Ver-gütungssätze für Veranstaltungen mit Live-Musik oder Tonträger-Wiedergabe angekündigt. Diese Tarife hätten, auf Grundlage einer Berechnungsmethode, die der BGH mit Urteil vom 27.10.2011 (I ZR 125/10, I ZR 175/10) für grundsätz-lich zulässig erklärt hat, eine deutliche Steigerung der Tarife – gerade für kom-munale Freiluft-Veranstaltungen wie Bürger-, Straßen- oder Stadtfeste – be-deutet.

Zwar war grundsätzlich vorgesehen, die Vergütung auf Basis der Größe der Ver-anstaltungsfläche beizubehalten, doch wäre die Vergütung linear in Relation zur wirtschaftlichen Größe der Veran-staltung angestiegen. Des Weiteren war für Freiluftveranstaltungen vorgesehen, dass nicht mehr die Anzahl der Besu-cher, sondern die Veranstaltungsfläche maßgeblich sein sollte. Hiernach hätte sich für ein Fest mit einer Fläche von 2.300 Quadratmetern eine Preiserhö-hung von 262,24 Euro auf 404,80 Euro, also um 54 Prozent ergeben. Bezogen auf hundert Quadratmeter Veranstal-tungsfläche hätte sich eine Steigerung um neun Euro (von 13 auf 22 Euro) er-geben. Dies auch deshalb, weil die Be-rechnung der Veranstaltungsfläche nunmehr auf Grundlage des o.g. Urteils zu einer deutlich größeren Berech-nungsbasis führt. Dies ist nach Auffas-sung der kommunalen Spitzenverbände nicht sachgerecht, da insoweit nicht mehr auf den tatsächlichen Umfang der Nutzung, sondern allein auf die Fläche abgestellt würde.

Der Deutsche Städte- und Gemeinde-bund führt derzeit Verhandlungen mit der GEMA: Für die Übergangszeit bis zur

Einigung über neue Tarife hat die GEMA zum 01.01.2013 nunmehr eine Erhö-hung der seitherigen Tarife um fünf Pro-zent vollzogen. Wie bisher gilt für die Mitglieder des Gemeindetags ein Ge-samtvertragsnachlass in Höhe von zwanzig Prozent auf den jeweils aktuel-len Tarif (vgl. hierzu auch Gt-info Nr. 48/2013 vom 11.01.2013).

Kopieren von Noten und Liedtexten in vorschulischen Einrichtungen

Bereits seit Anfang des Jahres 2011 wurde seitens der GEMA der Abschluss eines Pauschalvertrages über die Nutzung von Liedtexten in Kindergärten in die Diskus-sion eingebracht. Dies hat zeitweise zu erheblichen Irritationen an der kommu-nalen Basis geführt. Die Forderung der GEMA wurde seitens des Landes aufge-griffen und unter Beteiligung der kom-munalen Spitzenverbände intensiv ver-handelt. Ausfluss dieser Verhandlungen ist ein Vertrag zwischen dem Land Ba-den-Württemberg, der VG Musikedition und der GEMA zur pauschalierten Abgel-tung der Rechteübertragung zum Kopie-ren von Noten und Liedtexten in Kinder-tageseinrichtungen. Dieser Vertrag gilt seit 01.01.2013 für alle Kindertagesein-richtungen in Baden-Württemberg.

Die einzelnen Vertragsmodalitäten wur-den in Absprache mit den kommunalen Landesverbänden festgelegt. Seit dem 01.01.2013 müssen für das Kopieren von Noten und Liedtexten keine Einzel-lizenzverträge mehr abgeschlossen wer-den, und die Dokumentationspflichten über die kopierten Liedwerke entfallen weitgehend. Zur Ermittlung der genutz-ten Werke wurde von den Vertragspartei-en eine repräsentative Umfrage verein-bart, die erstmals im Jahr 2014 über ei-nen Zeitraum von zwölf Monaten bei fünf Prozent der Kindergärten durchge-führt wird. Die Hälfte der Einrichtungen erfasst die Daten für das erste Halbjahr, die andere Hälfte für das zweite Halbjahr.

Zudem wurde auf Bitten des Gemeinde-tags hin eine Klausel im Vertrag aufge-nommen, wonach das Singen von Lie-dern und die Wiedergabe von Musik bei Veranstaltungen der Kindertagesstätten – beispielsweise bei Laternenumzügen,

Geschäftsbericht

Page 52: Geschaeftsbericht 2011/2013

943Gemeindetag Baden-Württemberg

BWGZ 20 | 2013 Geschäftsbericht

Diese Arbeitsgruppe soll die Konse-quenzen der Rechtsprechung prüfen und Vorschläge zum weiteren Um-gang mit eben dieser erarbeiten. Es ist vorgesehen, dass die Arbeitsgruppe gegenüber der Finanzministerkonfe-renz zum Ende des Jahres 2013 einen Bericht vorlegen wird (vgl. zum Auf-trag der Arbeitsgruppe auch Gt-info Nr. 0433/2013 vom 31.05.2013, Az.: 962.21). Es ist insoweit davon auszu-gehen, dass die in Rede stehende Rechtsprechung nicht vor 2014 veröf-fentlicht wird.

Die kommunalen Spitzenverbände sind auf Bundesebene regelmäßig Teilneh-mer bei den Arbeitsgruppensitzungen. Über den Deutschen Städte- und Ge-meindebund nimmt die Geschäftsstelle Einfluss auf die aktuellen Entwicklun-gen. So waren zuletzt alle Mitgliedsver-bände des DStGB aufgerufen, praktische Beispiele einzureichen, bei denen nega-tive Folgen aus der aktuellen Rechtspre-chung befürchtet werden.

Die Geschäftsstelle hat, in Abstim-mung mit den beiden anderen kom-munalen Landesverbänden, von dieser Möglichkeit ausführlich Gebrauch ge-macht. Es wurde zum einen darauf hin-gewiesen, dass die interkommunale Zusammenarbeit, im Besonderen die seitherigen Beistandsleistungen, von der Umsatzbesteuerung ausgenommen bleiben sollte (vgl. hierzu Gt-Info Nr. 289/13 vom 20.04.2013 [Gt-info 2013 Heft 7, S. 49]). Dies auch vor dem Hin-tergrund, dass vereinzelt Fälle aus Ba-den-Württemberg bekannt wurden, bei denen die drohende Umsatzbesteue-rung dazu geführt hat, dass die ange-strebte interkommunale Zusammenar-beit (z.B. gemeinsamer Bauhof) nicht umgesetzt worden ist.

Es gibt neben der klassischen inter-kommunalen Zusammenarbeit eine Reihe weiterer Fallkonstellationen, bei denen negative Auswirkungen durch eine ausgeweitete Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand befürchtet wer-den. Dies gilt im Besonderen für per-sonalintensive Dienstleistungen, die von einer Körperschaft für eine andere erbracht werden (z.B. Personalgestel-

lung, Personalabrechnungsdienstleis-tungen etc.). In diesen Fällen kommt erschwerend hinzu, dass grundsätz-lich denkbare positive Effekte aus dem Vorsteuerabzug ins Leere laufen und damit letztlich eine Verteuerung kom-munaler Leistungen zu befürchten steht. Die o.g. – den Wettbewerbsbe-griff über die Maßen weit fassende – Rechtsprechung geht schlechterdings davon aus, dass solche Leistungen im „Wettbewerb“ zu Privaten erbracht und daher der Umsatzbesteuerung un-terworfen werden müssten.

Es scheint geboten, eine praktikable Ba-gatellgrenze/Nichtaufgriffsgrenze (ver-gleichbar der seitherigen BgA-Umsatz-grenze von 30.678 Euro) einzuführen. Eine Beurteilung soll dabei nach Auf-fassung des Gemeindetags nur in Bezug auf die einzelne Tätigkeit erfolgen und nicht in Bezug auf die gesamte wirt-schaftliche Betätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Dies betrifft selbstredend auch Fälle, die nicht überwiegend im Rahmen inter-kommunaler Zusammenarbeit erbracht werden; z.B. so untergeordnete Tätig-keiten wie der Verkauf von Familien-stammbüchern auf dem Standesamt oder der Geräteverleih durch den ge-meindlichen Bauhof.

Dass außerdem Aufgabenübertragun-gen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge wie beispielsweise über die In-anspruchnahme eines Rechnungsprü-fungsamtes oder die Übertragung von Aufgaben des kommunalen Vollzugs-dienstes, der kommunalen Vollstre-ckung oder des Standesamtes auf eine Nachbargemeinde sowie sämtliche Aufgaben im Rahmen der Abwasserent-sorgung und Abfallsammlung weiter-hin nicht umsatzsteuerrelevant werden dürfen, da diese Aufgaben der öffentli-chen Hand eigentümlich und vorbe-halten sind, steht für den Gemeindetag außer Frage.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Zuschüssen an kommunale Gesellschaften

Ein besonderer Fokus lag auch auf der umsatzsteuerlichen Behandlung von

Zuschüssen an kommunale Gesellschaf-ten (vgl. hierzu: Gt-info 447/13 vom 20.06.2013 [Gt-info 2013 Heft 11, S. 25]; Gt-INFO 395/13 vom 05.06.2013 [Gt-info 2013 Heft 10, S. 26]; Gt-INFO 416/13 vom 05.06.2013 [Gt-info 2013 Heft 10, S. 26].

Der Auslöser waren enorme Umsatz-steuer-Nachforderungen, die seitens der Finanzverwaltung gegenüber der Regio Stuttgart Marketing GmbH, auch rück-wirkend, geltend gemacht worden sind. Der Sachverhalt wurde in der Presse aus-führlich beleuchtet (vgl. z.B. „Das Mil-lionenspiel mit der Umsatzsteuer“, Stuttgarter Zeitung v. 15.04.2013).

Es steht zu befürchten, dass derartige Überlegungen auch auf andere Arten von Zuschüssen an öffentliche Beteili-gungsunternehmen übergreifen. Daher hat sich die Geschäftsstelle nachhaltig um eine Lösung dieser Fallkonstellati-on bemüht. Zuletzt hat das Ministeri-um für Finanzen und Wirtschaft einen Leitfaden veröffentlicht, der helfen soll, zwischen so genannten steuerba-ren und nicht steuerbaren Zuschüssen zu unterscheiden. Dieser Leitfaden stellt aus Sicht des Gemeindetags noch keine abschließende Lösung dieser Pro-blematik dar und wirft zusätzliche Fra-gen auf. Auch deshalb werden weitere Verhandlungsrunden zu dieser speziel-len Thematik erforderlich sein.

Zwischenfazit und Ausblick zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand

Die Problematik der Umsatzbesteuerung von Zuschüssen an kommunale Gesell-schaften zeigt exemplarisch, dass die um-satzsteuerlichen Fragen in den nächsten Wochen und Monaten weiterhin einen Schwerpunkt in der Arbeit der Geschäfts-stelle darstellen. Dies auch deshalb, da permanent weitere Problemfelder auftre-ten, die seitens der Finanzverwaltung ge-genüber den Städten und Gemeinden im Land aufgeworfen werden. Oberstes Ziel muss es dabei bleiben, dass eine Mehrbe-lastung kommunaler Aufgaben, und da-mit Preissteigerungen für die Bürgerin-nen und Bürger, soweit wie möglich ver-mieden werden.

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Vizepräsident des Gemeindetags, Harry Brunnet, indem er auf die lehrreichen Erfahrungen aus der Verwaltungshilfe für Sachsen verwies. Als konkretes Ergebnis des europapolitischen Abends in Hinblick auf die Griechenland-Akti-vitäten vereinbarten Präsident Roger Kehle und Dr. Peter Wagner einen wei-teren Austausch zwischen Kommunal-verbandsseite und der Taskforce zum Zwecke einer besseren Koordinierung.

Der Folgetag sah u.a. ein Gespräch mit den Abgeordneten Evelyne Gebhardt (SPD), Elisabeth Jeggle (CDU), Heide Rühle (GRÜNE), Dr. Andreas Schwab (CDU) und Michael Theurer (FDP) im Europäischen Parlament vor. Das vor-herrschende Thema der parlamentari-schen Diskussionsrunde stellte der Ver-handlungsendspurt zum Entwurf der Konzessionsrichtlinie dar, welcher aus kommunaler Warte sehr kritisch zu be-urteilen ist.

Das Thema „Konzessionsrichtlinie“ hat-te Gemeindetagspräsident Kehle zudem bereits früh im Jahr bei einem gemein-samen Austausch der kommunalen Landesverbände direkt mit dem zustän-digen französischen Binnenmarktkom-missar Michel Barnier in Künzelsau, der von Seiten des Europabüros mit vorbe-reitet worden war, angesprochen.

Auch wenn die Kommunalvertreter mit Blick auf die ursprüngliche Kommissi-onsintention der Rechtsvereinfachung und des dann schlussendlich Ende 2011 vorgelegten Umfangs von nahezu fünf-hundert Seiten Rechtstext mit gemisch-ten Gefühlen in den Austausch gingen, distanzierte sich Barnier gleich zu Be-ginn des Gesprächs unter Verweis auf seinen eigenen beruflichen Werdegang klar von einem möglichen Brüsseler Technokraten-Ansatz. Er versicherte mehrmals, die kommunale Selbstver-waltung nicht unzulässig einschränken zu wollen, und sagte zu, die nunmehr vorgesehene – und die kommunale Pra-xis konterkarierende – Ausweitung des Anwendungsbereichs des EU-Vergabe-rechts nochmals zu überprüfen. Gut ein Jahr später, kurz vor der Sommerpause 2013 schlug er in einer Erklärung zur bis dahin lange und kontrovers diskutier-

Europaarbeit des Gemeindetags

Inhaltlich war der Arbeitsschwerpunkt in der Europaarbeit des Gemeindetags in den Jahren 2012 und 2013 im Ver-gleich zu den Vorjahren – unbeachtlich der jeweiligen Entwicklungsschritte – vor allem von einer starken Kontinuität geprägt. Gemeinsam mit dem Europa-büro der baden-württembergischen Kommunen vertrat man die gemeindli-chen Interessen in Brüssel daher insbe-sondere in folgenden Bereichen:

Abschöpfung der EU-Fördermög-lichkeiten für die Mitglieder des Ge-meindetags Baden-Württemberg in der auslaufenden Programmperiode 2007-2013 und die frühzeitige Beteiligung an der künftigen Ausgestaltung der EU-Kohäsions-politik ab 2014,die anhaltende Einschränkung der örtlichen Selbstverwaltung durch unangemessene Auswüchse des EU-Wettbewerbsrechts, insbesondere im Spannungsfeld zwischen europäi-schem Vergaberecht und der inter-kommunalen Zusammenarbeit im Lichte der jüngsten EU-Reform auf diesem Rechtsgebiet, verstärktes Engagement in kommu-nalrelevanten Themengebieten wie der EU-Breitband-Politik oder auch der kommunalen Auf- und Ausbau-hilfe vor Ort in Griechenland.

Siehe hierzu auch den Geschäftsbericht des Europabüros der baden-württem-bergischen Kommunen in Brüssel (siehe Kasten rechts).

Die Aktivitäten im Bereich der Daseins-vorsorge, im Jahr 2012 u. a. zum Thema Breitband, wurden nicht nur verbands-, sondern auch bundesländerübergrei-fend gestaltet. So führte am 06.03.2012 die Bürogemeinschaft der Europabüros der bayerischen, baden-württembergi-schen und sächsischen Kommunen im Ausschuss der Regionen (AdR) eine Kon-ferenz zum Thema „Breitbandversor-gung auf kommunaler Ebene – die EU als Förderer oder Blockierer?“ durch. Im Rahmen dieser Veranstaltung stellten u.a. Vertreter des Gemeindetages Praxis-beispiele zur Breitband-Versorgung in

einzelnen Gemeinden vor, bevor an-schließend durch eine Podiumsdiskussi-on verschiedene Aspekte des Themas erörtert wurden. Dabei präsentierte im Anschluss an die Grußworte RA Achim Zimmermann von der Anwaltssozietät „iuscomm“ mit dem Landkreis Ravens-burg ein „Musterbeispiel“ der kommu-nalen Breitband-Versorgung.

Darüber hinaus führte Ende 2012 der Weg auch das Präsidium des Gemeinde-tags unter Leitung von Präsident Roger Kehle nach Brüssel. Dabei zeigte der Aufenthalt vom 4. bis 5. Dezember am Beispiel der Diskussionen zum Entwurf der EU-Konzessionsrichtlinie einmal mehr, wie stark sich die Entscheidungen in Brüssel auf die Realitäten in den Kommunen auswirken können. So wur-de erneut deutlich, wie wichtig es ist, durch einen engen Austausch mit Kom-mission, Europäischem Parlament und verbündeten Interessensträgern der Ein-schränkung der bisherigen Handlungs-möglichkeiten entgegenzusteuern.

Sichtbar wurden jedoch auch die vielen Gestaltungsmöglichkeiten für Kommu-nen, welche die partizipativ angelegten EU-Programme mit sich bringen, sowie die Synergieeffekte, die sich aus der Ko-operation im so genannten EU-Mehre-benensystem – wie beispielsweise im Falle der Griechenland-Hilfe – ergeben können. Dr. Peter Wagner, gebürtig aus Villingen-Schwenningen und in seiner jetzigen Funktion Berater in der so ge-nannten „Taskforce Griechenland“ der EU-Kommission, berichtete diesbezüg-lich zum aktuellen Arbeitsstand der Taskforce und ging dabei insbesondere auf die kommunale Dimension der Kommissionsaktivitäten ein.

Präsident Kehle zog aus den Schilderun-gen zur Situation in Griechenland den Schluss, dass gerade die Griechenland-Aktivitäten des DStGB und seiner Mit-glieder einen erfolgreichen Lösungsweg darstellen könnten, da die ehrenamtli-che Hilfe von kommunaler Seite eine gute Vertrauensbasis bilde. Der DStGB wolle nur Anregungen geben, denn Lö-sungen, die nicht selbst gefunden wür-den, würden auch nicht erfolgreich um-gesetzt. Letzteres unterstrich auch der

Geschäftsbericht

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Geschäftsbericht des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen

Als gemeinsame Repräsentanz der drei kom-munalen Landesverbände Baden-Württem-bergs in Brüssel hat das Europabüro der baden-württembergischen Kommunen seine Arbeit in den Jahren 2012 und 2013 kontinu-ierlich fortgesetzt. Zwei Tätigkeitsschwerpunk-te standen dabei im Mittelpunkt: Zum einen die frühzeitige und umfassende Informations-beschaffung über kommunalrelevante Ent-wicklungen auf europäischer Ebene („Horch-posten-Funktion“) und zum anderen die Inter-essenvertretung gegenüber den EU-Institutio-nen („Sprachrohr-Funktion“). So stellte das Europabüro der baden-württembergischen Kommunen dem Gemeindetag und seinen Mitgliedern über das Extranet des Gemeinde-tags wöchentlich seine Informationsschrift „Brüssel Aktuell“zur Verfügung, in dem sowohl über kommunalrelevante rechtspolitische Ent-wicklungen als auch über einschlägige EU-Förderprogramme berichtet wurde.

Um die Interessen der lokalen Gebietskörper-schaften gegenüber der EU wirkungsvoll zu vertreten, pflegt das Europabüro Kontakte zu den baden-württembergischen Europaabge-ordneten sowie zu hochrangigen Mitarbei-tern der Europäischen Kommission und ande-ren EU-Institutionen. In diesem Zusammen-hang organisiert das Europabüro beispielswei-se regelmäßig Veranstaltungen – so zuletzt am 24.06.2013 zum Thema „Zukunft der EU-Kommunalpartnerschaftsförderung“, an der auch Gemeindetagspräsident Roger Kehle teilnahm. Im Rahmen dieses Aufenthalts wirk-te er in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zu-dem – auf Einladung des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Beauftragten von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel für die so genannte Deutsch-Griechische Versammlung (DGV), Hans-Joachim Fuchtel – an einer Reihe von Gesprächsterminen in verschiedenen Ge-neraldirektionen der EU-Kommission in Brüs-sel mit. Staatssekretär Fuchtel würdigte dabei insbesondere die bedeutsame Rolle der Kom-munen im Rahmen des Wissenstransfers zwi-schen den beiden Ländern und sprach stell-vertretend Präsident Kehle, der in seiner Funk-tion als Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes die diesbezüglichen kommunalen Aktivitäten koordiniert, seinen Dank aus. So seien laut Fuchtel innerhalb kür-zester Zeit zwei so genannte Bürgermeister-Büros in Griechenland entstanden, die nun-mehr für interessierte Kommunalmandatsträ-ger aus ganz Deutschland als Relais-Station für den Wissenstransfer vor Ort fungierten.

Durch diese regelmäßige Kontaktpflege ist es gelungen, den Gemeindetag Baden-Würt-temberg sowie das Europabüro auf EU-Ebene als kompetenten Ansprechpartner in kommu-

nalen Fragen bekannt zu machen und zu ver-ankern. Insbesondere die Europaabgeordne-ten nehmen mittlerweile häufig Kontakt mit dem Europabüro auf, um sich über kommu-nale Positionen zu einzelnen Vorschlägen der Europäischen Kommission zu informieren.

Im Bereich des europäischen Rechtsetzungs-prozesses wurden 2012/2013 schwerpunkt-mäßig u.a. folgende Themen begleitet:

Dienstleistungskonzessions-RL

Regelungen für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Daseinsvorsorge), sprich: die Fortschrei-bung des so genannten „Monti“-Pakets

so genannte horizontale Verordnungen im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik nach 2013 sowie „Mehrjähriger Finanzrahmen 2014-2020“

der Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie 2003/98/EG)

Eine ausführliche Darstellung der Themen ist dem Tätigkeitsbericht zu entnehmen, den das Europabüro regelmäßig vorlegt.

Zur Stärkung der Präsenz der kommunalen Landesverbände in Brüssel führte das Europa-büro regelmäßig Veranstaltungen durch. Teil-weise geschah dies in Zusammenarbeit mit den Europabüros der bayerischen bzw. säch-sischen Kommunen, dem Europabüro des Deutschen Städte- und Gemeindebunds so-wie der Vertretung des Landes Baden-Würt-temberg in Brüssel. Insbesondere, um die Zusammenarbeit der Bürogemeinschaft mit den Europabüros der kommunalen Bundes-verbände zu intensivieren, veranstaltet die Bürogemeinschaft regelmäßig einen Vor-tragsabend mit dem Europabüro des Deut-schen Städte- und Gemeindebunds.

Die Veranstaltungen finden im Wechsel in der Bürogemeinschaft bzw. in den Räumlichkeiten des Brüsseler DStGB-Büros statt. Im Berichts-zeitraum fand diese am 05.12.2012 in den Brüssel-DStGB-Räumlichkeiten statt und hatte die Ausprägung der kommunalen Selbstver-waltung im mittelalterlichen Florenz zum Ge-genstand. Eine Fortsetzung erfuhr diese Ko-operation durch eine gemeinsame Veranstal-tung zum Thema „EU-Kommunalpartner-schaftsförderung ab 2014“ am 24.06.2013 im Brüsseler Sachsen-Verbindungsbüro, an der auch Gemeindetagspräsident Kehle teilnahm.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit des Euro-pabüros war die direkte Bearbeitung von An-fragen einzelner Mitgliedskommunen des Gemeindetags. Viele Anfragen widmeten sich den EU-Fördermöglichkeiten für Kommunal-partnerschaften und andere Vorhaben. Aufga-be des Europabüros war es in diesem Zusam-menhang, Informationen über die einschlägi-gen EU-Programme zeitnah zur Verfügung zu stellen und Auskünfte über die Förderfähigkeit einzelner Vorhaben bzw. Projekte zu geben. Ergänzend aktualisierte das Europabüro regel-mäßig sein Handbuch „EU-Fördermöglichkei-ten für Städte, Gemeinden und Landkreise in Baden-Württemberg“. Der Förder-Ratgeber, der sich einer großen Nachfrage erfreut, wur-de im Zuge der auslaufenden Förderperiode im Herbst 2012 nochmals komplett überar-beitet. Er steht allen Mitgliedern des Gemein-detags zur Verfügung und kann kostenfrei über das Extranet des Gemeindetags abgeru-fen werden.

Zur Stärkung der Europakompetenz der ba-den-württembergischen Kommunen stellt das Europabüro zudem einen Arbeitsplatz für Hospitanten zur Verfügung. Im Berichtszeit-raum hat das Europabüro eine Reihe von Hos-pitanzen inhaltlich und organisatorisch be-gleitet. In der Regel dauerten diese ein bis zwei Wochen und umfassten Besuche der EU-Institutionen, der Landesvertretung und wei-terer Repräsentanzen in Brüssel. Für die Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter von Städten und Gemeinden ist dieser Service kostenfrei.

Ebenfalls ausgebaut wurde die Internetprä-senz des Europabüros (http://www.europa-buero-bw.de/), die in regelmäßigen Abstän-den aktualisiert wird. Hier finden sich zahlrei-che weitere Informationen, unter anderem zu den Veranstaltungen des Europabüros, sowie Positionspapiere zu kommunalrelevanten EU-Themen.

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onalansatzes und der Absicht des Lan-des, ein Drittel der zur Verfügung ste-henden EFRE-Mittel vertikal über den Regionalansatz zu vergeben.

Bereits vor einer finalen Stellungnahme zum OP-Entwurf für den EFRE hat der Gemeindetag Baden-Württemberg Mi-nister Bonde auf einen kritischen Punkt in der zugrunde liegenden Stärken-Schwächen-Analyse hingewiesen. So wurde dort als „Schwäche“ Baden-Württembergs aufgeführt, dass die kleinteilige Gemeindestruktur mit über 1.100 Kommunen „durch Trägheits- und Remanenzeffekte zu erhöhten Kos-tenbelastungen pro Kopf bei den Kom-munen“ führe. Der Gemeindetag merk-te dazu an, dass diese Feststellung schon faktisch unzutreffend sei. Die Kosten-problematik bei abnehmender Einwoh-nerzahl (Remanenz) sei nicht auf die Zahl der Gemeinden, sondern auf die über Jahrhunderte gewachsene Sied-lungsstruktur zurückzuführen. An der Leistungs- und Gestaltungsfähigkeit baden-württembergischer Gemeinden bestehe, ganz unabhängig von ihrer Größe, kein Zweifel. Wenn hier von „Trägheit“ die Rede sei, sollten Verglei-che auf nationaler und europäischer Ebene angestellt werden. Sollte die Be-wertung der Gemeindestruktur als Ab-sichtserklärung hinsichtlich einer Ge-bietsreform zu werten sein, wäre sie in einem EFRE-Programmentwurf verfehlt, so der Gemeindetag. Die vielfältige und lebendige Gemeindestruktur des Landes trage zur Vitalität und Leistungsfähig-keit Baden-Württembergs maßgeblich bei. Die Gemeinden im ländlichen Raum, auch die kleinsten, seien eine Stärke des Landes, auf die unsere Bürge-rinnen und Bürger im Interesse ihrer Lebensqualität keinesfalls verzichten wollen, hielt Gemeindetagspräsident Roger Kehle abschließend fest.

Erhaltung der Dorfgasthäuser: Veranstaltungsreihe „Rathaus trifft Wirtshaus“

Die fehlende Dorfgaststätte ist eine Herausforderung für die Gemeinden – nicht nur im ländlichen Raum. Damit die örtliche Gemeinschaft ein lebens-

ten EU-Konzessionsrichtlinie vor, den Wasserbereich aus der Regelung auszu-nehmen. Damit könnte eines der zent-ralen Kommunalthemen der letzten Jahre auf EU-Ebene, in das sich der Ge-meindetag über sein Europabüro nach-haltig eingebracht hatte, zum Ende des Jahres 2013 doch noch aus kommunaler Sicht erfolgreich abgeschlossen werden.

Zur kommunalen Förderberatung für die laufende Förderperiode 2007-2013 trug der Gemeindetag insbesondere über das Europabüro in Brüssel bei, das bei verschiedenen Gelegenheiten kom-munale Antragsteller in Baden-Würt-temberg über entsprechende EU-Förder-möglichkeiten informierte. Wie die aus-laufende EU-Förderperiode 2007–2013 einmal mehr gezeigt hat, bieten EU-Strukturfondsmittel gerade auf kommu-naler Ebene vielfältige Anreizmöglich-keiten, wichtige Zukunftsentwicklun-gen vor Ort anzustoßen und gleichzeitig einen europäischen Mehrwert zu leis-ten. Sowohl für baden-württembergi-sche Gemeinden und Städte, die in die-sem Bereich bereits erste Erfolge erzielen konnten, als auch für jene, die sich künftig verstärkt auf diesem Feld enga-gieren wollen, empfiehlt sich mit Blick auf den bevorstehenden Förderzeitraum

ab 2014 daher eine frühzeitige Ausein-andersetzung mit den sich abzeichnen-den Neuerungen.

Aus kommunaler Sicht zu begrüßen ist grundsätzlich der gewählte Ansatz der regionalen Entwicklungsstrategien, was der von Seiten des Gemeintags geforder-ten, dezentralen Bottom-up-Vorgehens-weise über Wettbewerbsverfahren ent-spricht, die sich individuell am lokalen Bedarf orientiert und – wie in allen kommunalen Handlungsfeldern – auf eine starke Einbindung der Akteure vor Ort setzt.

Ebenfalls positiv zu bewerten ist weiter-hin die starke Rolle der Kommunen, die ihnen vom Land beim Klima- und Res-sourcenschutz und der erfolgreichen Ausgestaltung der Energiewende beige-messen wird. So benennt der zwischen-zeitlich vorliegende Entwurf des so ge-nannten operationellen Programms diesbezüglich äußerst kommunalrele-vante Investitionsprioritäten. Bedauer-lich aus kommunaler Sicht war, dass das Land bei der Zusammensetzung der Wettbewerbs-Jury keine ausreichende Kommunalbeteiligung vorsieht. Dies steht in starkem Missverhältnis zur ver-bal beigemessenen Bedeutung des Regi-

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und liebenswerter Wohnort für Bürge-rinnen und Bürger bleibt, kämpfen die Gemeinden nicht nur um die Erhal-tung ihres Schulstandortes, um die Si-cherung der ärztlichen Versorgung oder des örtlichen Einzelhandels: Dorf-gaststätten sind für die Attraktivität einer Gemeinde sowie den Zusammen-halt und das Wir-Gefühl der Bürger-schaft wichtig.

Für die Erhaltung der Dorfgasthäuser haben der Deutsche Hotel- und Gast-stättenverband (DEHOGA) Baden-Württemberg und der Gemeindetag seit März 2013 eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Rathaus trifft Wirtshaus: ein regional kulinarischer Dialog zu den Perspektiven der Gastronomie im länd-lichen Raum“ durchgeführt. So, wie die gewählten politischen Vertreter oft mei-nen, sie wüssten, was Gastronomen tun sollen, damit deren Wirtshaus erfolg-reich läuft, so sind die Gastwirte ebenso überzeugt, dass sie genau wissen, was ihr Bürgermeister tun müsste, um sie dabei zu unterstützen.

Bei den Veranstaltungen hat sich bestä-tigt, dass die Bürgermeister mit den Gastwirten ebenso reden müssen – wie auch die Gastwirte auf die Gemeinden zugehen müssen. Beide müssen mitein-ander reden, damit die Dorfgasthäuser eine Perspektive erhalten. Die Diskussi-onsthemen waren breit gestreut; in Ge-meinden mit Tourismus gibt es andere Berührungspunkte als in rein ländli-chen Gebieten. Eine Gemeinsamkeit aber ist das Bemühen der Gemeinden, bei Veranstaltungen in kommunalen Räumen den regionalen Produkten eine klare Präferenz zu geben.

Die Fakten zur Situation der Dorfgast-häuser zeigen die große Fluktuation in der Gastronomiebranche; bei 25 Pro-zent der Betriebe wechselt Jahr für Jahr der Betreiber. Gründe sind die sich in den vergangenen Jahrzehnten verän-derte Lebens- und Arbeitswelt auf dem Lande, die veränderten Gästeerwartun-gen und – nicht zu vergessen – der Preis-verfall, wenn es ein Überangebot an Gastronomieobjekten gibt. Der erhebli-che Fachkräftemangel in der Gastrono-mie tut das Seine dazu.

Die Gastwirte berichteten auf den Ver-anstaltungen teilweise sehr emotional über ihre Enttäuschungen vor Ort. Gleichzeitig wurde aber betont, dass der Gastwirt im Dorf integriert sein muss – bei kommunalen Veranstaltungen müs-se er dabei sein und sich einbringen.

Weiterhin thematisiert wurden die in den vergangen Jahrzehnten gebauten Dorfhäuser, die den Vereinen für Veran-staltungen zur Verfügung gestellt wer-den. Forderungen der Behörden würden die Arbeit der Wirte erschweren und sei-en mit erheblicher Bürokratie verbun-den. Klar wurde aber in der Diskussion bei den Veranstaltungen: So sehr sich die Nöte und Herausforderungen der Gast-wirte ähneln, ein Patentrezept für ein erfolgreiches Dorfgasthaus gibt es nicht. Nur der Dialog vor Ort kann Wege auf-zeigen, wie ein Gastwirt sein Wirtshaus zu einem attraktiven Ziel für die einhei-mischen Bürgerinnen und Bürger sowie für Touristen machen kann.

Präsident Roger Kehle und DEHOGA-Präsident Peter Schmid zeigten sich in ihrem Resümee zu den bisherigen Ver-anstaltungen „Rathaus trifft Wirtshaus“ zufrieden und zuversichtlich, den rich-tigen Weg zur Rettung der Dorfgasthäu-ser eingeschlagen zu haben. Die Wirte wurden aufgefordert, zum Bürgermeis-ter in die Rathäuser zu gehen und die Bürgermeister aufgefordert, zu den Wir-ten in die Gasthäuser zu gehen. Die Ver-anstaltungsreihe wird noch bis in das Frühjahr 2014 gehen; ein Zwischener-gebnis soll möglichst bald gemeinsam mit dem Hotel- und Gaststättenverband erarbeitet werden.

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Die Gemeinde (BWGZ):Zeitschrift für die Städte und Gemeinden, Stadträte, Gemeinderäte und Ortschaftsräte; Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg (Herausgeber – Eigenverlag)

Verantwortlich für den Herausgeber:Roger Kehle, Präsident (V.i.S.d.P.)

Verlags- und Schriftleitung/Redaktion:Silke Gerboth-Sahm E-Mail: [email protected]

Anschrift:Gemeindetag Baden-Württemberg Panoramastraße 31, 70174 Stuttgart Tel. 0711 22572-0, Fax 0711 22572-47 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.gemeindetag-bw.de

Die Gemeinde (BWGZ)erscheint zweimal monatlich.

Bezugspreise (ohne MWSt.):– für Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden: Jahresabonnement 135 Euro– für sonstige Bezieher: Jahresabonnement 155 Euro– für Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte, Studenten und öffentliche Bibliotheken: Jahresabonnement 90 Euro Bei Mehrfachabnahme Sonderrabatte möglich.Alle Preise einschl. Versand- und Zustellgebühren.

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Bestellungen: Schriftlich an den Gemeindetag. Margot Tschentscher E-Mail: [email protected]

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Nachdrucke und Kopien: Nur mit ausdrück- licher Genehmigung des Gemeindetags (dies gilt nicht für Mitgliedsstädte und Mit-gliedsgemeinden); Quellenangabe erforderlich.Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Für die inhaltliche Richtigkeit von Fremdbeiträgen ist der jeweilige Verfasser verantwortlich.Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung. Die Redaktion behält sich Kürzungen und Überarbeitung vor.

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