Im.gespraech 03

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im.gespräch Bestand hat Zukunft! Wachstumsstrategien Münchens Impuls I Dialog 03 Im Gespräch mit den Gestaltern Münchens

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im.gespräch

Bestand hat Zukunft!

Wachstumsstrategien Münchens

Impuls I Dialog 03

Im Gespräch mit den Gestaltern Münchens

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Im.GesprächWir können die Dinge nicht mehr eindimensional lösen

Im.Gespräch

Impressum

MUNDWERKPeter-Dörfler-Str. 786875 WaalTel: 08246/96 95 [email protected]

Impulse für zu künf tige Entwicklungen zu geben. In dem exklusiven, überschau -baren Rahmen der Dialoge gelingt es,eine informelle Atmosphä re zu schaffen, in der die Dinge beim Na m en genannt werden. Das Zustandekommen der Ver anstaltung zum Thema »Bestand hat Zukunft! Wachstumsstrategien Münchens« verdanken wir der Ini tia tivevon fünf Münchner Unternehmen.

Bilfinger Berger Hochbau GmbHGrassinger Emrich Architekten Rainer Schmidt LandschaftsarchitektenStadtwerke MünchenVersicherungskammer Bayern

Komplexe Anforderungen verlangen nach einer interdisziplinären Betrach-tung, wir können die Dinge nicht ein-dimensional lösen. Die Firma Mundwerk, Hinrich Böttcher, initiiert seit Mai 2010das Veranstaltungsformat Im.Gespräch.Ziel der Dialogveranstaltungen ist: Inergeb nisorien tierten Diskussionen, miteingestreuten, provokant anfeuerndenRefera t en, neue Ideen zu entwickeln und

Gestaltung: Kassegger und Partner, Altach (A)Text: Ingrid Kracht, München (D)Fotografie: Thomas LombergMünchen (D)

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In München leben so viele Menschen wienie zuvor und die Stadt wächst weiter. Ver-antwortlich dafür sind die Zahl der Gebur-ten und die stark zunehmende Zu wander-ung. München ist attraktiv, wirtschaftsstarkund bekannt für seine hervorragendeStadtplanung.Bestehende Immobilien, Infrastrukturein-richtungen, Quartiere und ganze Städtewerden angepasst, saniert, erneuert oderabgerissen. Bestand verursacht permanentKosten, er veraltet, entspricht nicht mehrdem Stand der Technik und den zeitgemä-ßen Komfortstandards. Er gibt Städten einGesicht und der Immobilienwirtschaft Op-timierungspotentiale, im Investitionsstauwird er zum bedrohlichem Klotz am Bein und bei Liebhabern zum begehrtenUmfeld. Kurzum, der Bestand hat viele Gesichterund an der Auseinandersetzung damitkommt die Immobilienwirtschaft nicht vorbei. Dies aber gilt ganz besonders auchfür München, die Stadt der Superlative.Die Reserveflächen für neuen Wohnraumwerden knapp. Die Stadt platzt aus allenNähten. Die Folge: Architekten, Bauunter-nehmen, Projektentwickler, Stadtplaner, Investoren, Bestandshalter, alle Akteure derImmobilienwirtschaft haben in Ihrer tägli-chen Arbeit zunehmend mit dem oft unge-liebten Bestand zu tun. Der ist kompliziert,unberechenbar, zumeist hässlich und erbirgt viele Risiken.

Eva Herrmann: (Architektur Kommunikation)»Bestand ist immer ein wenig unsexy –auch in den Medien. Es ist aufregenderüber spektakuläre Neubauten zu berichtenals über Maßnahmen im Bestand, die op-tisch nicht soviel hergeben.«

Der Umgang mit den Bestandsimmobilienerfordert ebenso wie die wirtschaftlicheVerwertung von komplizierten städtischenGemengelagen die interdisziplinäre Aus -einandersetzung. Nur wenn wir lernen, dieInteressen aller Beteiligten zu verstehen,können wir funktionierende Lösungen ent-wickeln.

Sebastian Mißbach, (Bilfinger Berger Hochbau GmbH) »Es geht nicht nur darum bezahl baren Wohnungen zu bauen, wir müssen lebenswerten Wohnraumschaffen.«

Professor Rainer Schmidt, (Rainer SchmidtLandschaftsarchitekten) »Wir handeln mitLebensraum. Wichtigstes Ziel für uns ist es, die Lebensqualität in der wachsenden Stadt München langfristig aufrecht zu er-halten. Dazu gehören Mobilität und Raum-gestaltung ebenso wie ein hervorragendesImage.«

Am 16. Juli traf sich eine interdisziplinäreRunde von Investoren, Dienstleistern, Pro-jektentwicklern, Planern und Vertreter deröffentlichen Hand zum Dialog. Dabeizeigte sich einmal mehr: 1. Der Austauschist wichtig, 2. er muss trainiert werden,denn es ist nicht leicht, Komplexität über-sichtlich zu gestalten und 3. der Dialog isterst dann wirklich sinnvoll, wenn auch dieStadtplanung, einer der wesentlichen Ak-teure der Stadtentwicklung, mit am Tischsitzt.

Die Dialoginitiative greift den Apell derStadt München auf, proaktiv zu handelnund begleitet den Diskurs um die Wachs -tumsstrategien Münchens, den die Stadtmit den Studien zur langfristigen Sied-lungsentwicklung aufgelegt hat. Denn: Auch München, die Stadt der Super-lative, darf sich nicht auf ihren Lorbeerenausruhen, will sie auch in Zukunft als einer der attraktivsten Standorte erhaltenbleiben.

Der Bestand hat viele Gesichter

Einleitung

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»Es ist nicht gut mich nach München zu fragen, denn ich bin in München verliebt, und Verliebte reden Torheit.«Zitat:Werner Bergengruen, (Schriftsteller)

Am Anfang der Diskussion stand die »Bestandsaufnahme«: Wie erleben die verschiedenen Akteure des Münchner Immobilienmarktes ihre Stadt? WelcheThemen beschäftigen die Experten?Was wollen Sie ändern? München soll attraktiv und für jeden erschwinglich sein. Großzügig, flächenschonend, prosperierend, kreativ, grün, sauber, lebendig, urban, gemischt, leise, ge-mütlich und nachhaltig. Jedermann will profitieren, aber niemand bezah-len.

Wir alle kennen die Diskussion:Urbane Dichte? • Ja bitte – aber nichtin meiner Garten stadt! • LebendigerMix von Wohnen, Arbeiten undLeben? • Ja bitte – aber bauen mag ich das nicht, viel zu kompliziert.Bezahlbarer Wohnraum? • Na klar –aber schön soll er ausschau en undbitte: 1A Lage, verkehrsgünstig undviel Grün darum herum! • Wachs tumund wirtschaftlicher Erfolg? • Ja bitte – aber deswegen müssen ja nichtgleich alle in München wohnen wollen! • Preiswerte Wohnungen fürBedürftige? • Aber ja doch – nur bitte nicht in meiner Nachbarschaft! Unsere Erwartungen an die Stadt sindextrem hoch aber kaum jemandmöchte den Preis dafür bezahlen.

»Ich will kein schwarzes Bild von bürger -lichen Protesten malen, aber ich meine, diese Diskussion muss ehrlicher werden« Zitat: Christian Ude, (Oberbürgermeister)

In der Stadt werden nicht moralischeRechte vertreten sondern Interessen ver-handelt. Wir haben keine Wahl, als die Ur-banität, die wir suchen, auch auszuhalten.Ehrlichkeit bedeutet auch, sich der DirtyReality zu stellen. Oftmals hässlich unddurch wenig Wohnqualität ausgezeichnetsind die Siedlungen der 50er, 60er und 70er Jahre, die Professor Rainer Schmidtals Notsiedlungen und deren Wohnungenals Hasenställe apostrophiert.

Professor Rainer Schmidt, (RainerSchmidt Landschaftsarchitekten) »Da stelltsich die Frage: Abriss oder Neubau? Lohntes sich überhaupt so etwas zu sanieren?Diese Notsiedlungen bieten keine Lebens-qualität, nicht bezüglich ihrer Raumhöhe,der Strukturierung der Wohnungen, derGestaltung des Wohnraums und nicht imHinblick auf die Zuordnung: Wo wohne ich überhaupt? Wohne ich, wie in diesenSiedlungen, anonym, in irgendeiner Kisteoder wohne ich so, dass ich sagen kann, das ist meine Wohnung, mein Haus, meineEingangstür, mein Freiraum. Dort lebe ich,dort entsteht Gemeinschaft, Lebensraum.Das kann nicht funktionieren in diesen abgestellten Häusern, die eher abschreckenund niemanden einladen, nach München zu kommen. Unsere Zukunft kann nichtein Wohnungsbau sein, der monoton undeintönig ist, wie die Siedlungen der 50er,60er und 70er Jahre.«

München auf der Couch – eine»Bestandsaufnahme«

IMpuls

Sonja Rube,Geschäftsführerin der USP Projekte GmbH

Dialog

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Ungeachtet dieser »schmutzigen« Münchner Wirklichkeit wird die Stadt zunehmend als Herberge für Super-reiche wahrgenommen, die sich in ihrenLuxuswohnungen verschanzen.

Das belegt nicht zuletzt der Erfolg der Satire Goldgrund Immobilien – wir handeln mit ihrem Lebensraum. Das Pro-jekt der Münchner Lach- und Schieß ge -sellschaft »l’Arche de Munich«, eine fiktivangebotene exklusive Luxuswohn anlage an der Münchner Freiheit, stieß auf enormes Interesse – auch in den Medien.

Grisi Ganzer, (Goldgrund Immobilien)»Binnen 24 Stunden nach Schaltung derAnzeige auf ImmoScout wurde etwa 1000Mal auf unser Projekt zugegriffen. Zuerstwaren es die Makler, die mitverdienenwollten und dann meldeten sich die vielenanderen Interessenten. AlteingesesseneMünchner schimpften und bei der Stadt-verwaltung stand das Beschwerdetelefonnicht mehr still. Es hätte ja sein können,wir haben die Realität nur ein wenig überzeichnet. Die Verkäufe in MünchensLuxus-Segment sind eben keine Fiktion.«

Helmut Schiedermair, (StädtebaulicheEntwicklung &Wohnungsbau Senior Consultant) »Da stellt sich die Frage, wiekönnen wir die Medien in eine reelle Dis-kussion einbinden. Man müsste ein Ge-spräch mit den Leuten führen, die immerwieder, in durchaus populistischer Absichtund grober Vereinfachung der Proble -matik, Neidaspekte nach Außen tragen, wie die Süddeutsche Zeitung zum Beispiel. Das kommt gut an, erzeugt aber eine Antihaltung der Bevölkerung gegen jede Änderung im Bestand. Wir brauchen einesach lichere Diskussion. Wie kann man eine Verknüpfung finden zwischen Be-stand und Neubau, die den Charakter derStadt weniger verändert? Wie kann manbeispiel sweise den Bestand so bearbeiten,dass er da, wo er charmant ist, keine Än -derung erfährt.«

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Impuls

Prof. Rainer Schmidt(Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten)Abriss und Neubau!?

Impuls

Bernhard Donhauser(VersicherungskammerBayern) Blickwinkel eines institutionellen Investors - Immobilienbestände als Assetklasse steuern

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Im Gespräch

mit den Gestaltern

Münchens

Impuls

Wolfgang Emrich(Grassinger Emrich Architekten)Sanierungsstrategien am Beispiel Münchner Baugenossenschaft

Impuls

Norbert Peine(Bilfinger Berger Hochbau GmbH)Sanierungsstrategien

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Die Bedeutung des Bestandes kann nichtüberschätzt werden. In dem Moment, indem ein Gebäude in Betrieb genommenwird, ist es bereits Bestand und der Ärgergeht los. Der permanente Verfall des Be-stands hat mitunter drastische Folgen, diewir gerne übersehen:

_Alleine die Betonsanierung der Münchner U-Bahn soll bis zu 800Millionen Euro kosten.

_Wohnungseigentümer in betagten Siedlungen fragen sich, wie Sie die dringend erforderlichen Sanier-ungen stemmen sollen.

Dr. Peter Wasner, (Eiwobau MünchenAHW) »Die grundsätzliche Problematik istdamit noch nicht angesprochen. In denvielen nach WEG geteilten Wohnsiedlun-gen der 60er und 70er Jahre. ist der Abriss,wie ihn Professor Rainer Schmidt fordert,nicht einmal mehr eine Alternative und dasnicht, weil die Nachbarn dagegen wären,sondern weil es unmöglich ist, die vielenEigentümer auf einen Nenner zu bringen.Diese Welle kommt in Zukunft viel drama-tischer auf uns zu als wir es heute nochglauben.«

Kleinere und mittlere Genossen-schaften stehen vor derselben Frage, oft gepaart mit dem drohenden Auslaufen der Erbpachtverträge.

Lothar Grassinger, (Grassinger EmrichArchitekten GmbH) »Abriss und Neubauführen immer zu höheren Mieten. Aufjeden Fall muss man den sozialen Aspektmit berücksichtigen. Wir untersuchen ge-genwärtig eine Genossenschaftsanlage der 50er Jahre. Dort werden die Wohn -ungen für 3,50 bis 4,50 Euro pro Quadrat-meter vermietet. Das schaffen wir mitAbriss, Neubau und energetischer Aufwer-tung natürlich nicht.«

Hans-Otto Kraus, (GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH)»Das städtische WohnungsunternehmenGWG betreibt seit ungefähr 10 Jahren kon-tinuierlich Nachverdichtung. Wir brechenab und bauen neu. 300 bis 400 Wohnungenent stehen auf diesem Wege jährlich neu – in unseren Siedlungen. Das muss man fair -er weise anfügen: Denn wir können auf eigenen Grundstücken bauen, die Anderen

Bestand hat Folgen

Dialog

Dialog

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in diesem Maße nicht zur Verfügung ste-hen. Zusätzlich sanieren wir auch. Nichtalles wird abgerissen. Die Entscheidung im Einzelfall ist abhän-gig von der technischen Beurteilung, densozialen Komponenten und natürlich derWirtschaftlichkeit der Maßnahme.«

Wolfgang Emrich, (Grassinger Emrich Architekten GmbH) »Die Baugenossen-schaften mit ihrem Angebot preiswerterWohnungen in München sollten unbedingtam Leben erhalten werden. Dazu brauchtes die Know How-Unterstützung der Stadt.Verdichtung wird kompliziert, wenn esdarum geht, Bestand zu erhalten – z.B. bei Baugenossenschaften, die ja bekannt-lich nicht im Geld schwimmen. Die Dichtediskussion wird zwar offensivgeführt, es passiert aber nicht wirklich vielfür eine gute und bewohnbare Dichte.«

Beim Wohnungsmangel geht es also kei-neswegs nur um die Schaffung von neuem,insbesondere bezahlbarem Wohnraum,sondern auch um den Erhalt des bestehen-den bezahlbaren Wohnraums.

Klaus Illigmann, (Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung undBauordnung) »In Bezug auf die Herausfor-derung, günstigen Wohnraum für ein bestimmtes Zielpublikum zu schaffen, ist das Problem erkannt. Es gibt den Be-schluss, den Versuch zu unternehmen, 20% bis 40% der städtischen Grundstücke,die zum Verkauf kommen, bevorzugt anBaugenossenschaften und Baugemein-schaften zu ver geben. Aber trotzdem errei-chen wir in den begehrten Lagen Preis-be reiche, die für den Normalverdienerschwierig sind. Wer kann die kleinen Ge-nossenschaften noch unterstützen? Im Rahmen von »Wohnen in München« ist eine Wohnungsbaustelle eingerichtetworden, die als An laufstelle für Baugenos-senschaften und Baugemeinschaften die-nen soll. Eine wichtige Anlaufstelle ist auchder Verbund der Baugenossenschaften. Bei einem der letzten Treffen wurde disku-tiert, welche Aufgaben vorrangig sind undwie sich das wirtschaftlich umsetzen lässt.Die Stadt wird selber Leistungen anbietenund den Kontakt intensivieren.«

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»In dieser Gesellschaft regiert der Markt,und der Markt bringt eine Architektur her vor, bei der es nur noch um Geld geht. Investoren bauen Häuser, so wie andere Tomaten züchten. Auch von Stadtplanungkann vielerorts nicht mehr die Rede sein, esgibt nur noch Entwicklungskontrolle, so, als ginge es einzig darum, dem Schlimmstenvorzubeugen« Zitat: David Chipperfield(David Chipperfield Architects)

Die Flächenreserven Münchens nehmen inden nächsten Jahren dramatisch ab, der Be-stand rückt in den Fokus der Immobilien-wirtschaft. Die Stadt München begreift denUmgang mit dem Bestand als eine strate -gische Aufgabe. In dem Projekt »lang fris -tige Siedlungsentwicklung« wird insbeson -dere untersucht, wie München in den be-stehenden Strukturen verträglich wachsenkann.

Dr. Robert Biedermann, (Prof. Hauth &Partner) »Ich sehe die größere Problematikbei der Umwandlung von Gewerbeflächenin Wohnraum. Hier steht häufig ein Ab-wehranspruch von benachbarten Gewerbe-betrieben, die Betriebseinschränkungenbefürchten, gegen das geplante Wohn -baupro jekt im Raum. Es besteht aber keinGrund, Angst vor der Gemengelage zu

entwickeln. Es gibt gute und rechtssichereMöglichkeiten zu differenzierten Lösungenbei der Um wandlung und Umstrukturie-rung von Beständen.«

Professor Harald Bardenhagen, (Seufert Rechtsanwälte) »Die Bundesregie-rung verfolgt ein Flächensparziel. Der tägliche Flächenverbrauch soll von heute113 Hektar bis 2020 auf 30 Hektar pro Tagreduziert werden. Da stellt sich natürlichdie Frage, wie das gehen soll. Dazu gibt eszwei Ansätze: Der erste lautet, Verdichten,was da ist und der zweite bedeutet meinesErachtens nach, die Konversion von indus-triell, verkehrstechnisch und militärischvorgenutzten Flächen. Laut europäischer Kommission geht in den Metropolregionen London, Paris undBenelux, bezüglich weiterer Verdichtungnichts mehr, während sie das Thema fürMadrid und München positiv bewerten.Wie aber lassen sich Flächensparziel undSiedlungsdruck unter einen Hut bringen?Das wird eine gigantische Aufgabe werdenund man wird sich im Bereich der Stadt-entwicklung noch Einiges einfallen lassenmüssen.«

Münchens Wachstumsstrategien

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Lothar Grassinger,Grassinger Emrich Architekten GmbH

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Richard Adam, (Bayerische HausbauGmbH & Co.KG) »Die Wohnungsknappheitführt zu steigenden Preisen sowohl bei denVerkaufspreisen wie bei den Mieten. Eswird versucht zu recyceln, umzustrukturie-ren auf ungenutzte Flächen, die aber ande-ren Baurechten unterliegen. Die Flächen imStadtgebiet sind knapp. Die Neuentwick-lung von Baugebieten dürfte sehr schwierigwerden. Ich sehe ein großes Potenzial inder Nachverdichtung. Aber auch hier gibtes wegen der Nachbarn große Probleme.Da stellt sich die Frage, wie soll es mit demWohnungsbau weitergehen. Die Defizitehäufen sich. Was passiert in der Stadt,wenn es vielleicht einmal kracht? Und woist die Grenze einer Dichte erreicht?«

Bernhard Donhauser, (Versicherungs-kammer Bayern) »Bestände entwickeln und ausbauen ist die Königsdisziplin derPlanung. Bezüglich der Wohnungsdichtewird teilweise schon über die Grenze desErträglichen hinaus gebaut. Beispiel Düsseldorf Konversionsflächen: Dort ent-stehen im MK-Gebiet mit 12 Meter Abstandvon einem 30 Meter hohen, ein 60 Meterhohes Wohngebäude. So etwas geht gegenmein Empfinden im Hinblick auf nach -

haltige und wertbeständige Immobilien.Ich bezweifle, dass solche Immobilien derrichtige Weg in die Zukunft sind.«

Hans-Otto Kraus, (GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH)»Das Thema Nachverdichtung ist in Mün-chen besonders brisant, weil es gar keineanderen Chancen gibt, hier zusätzlichen Wohn raum zu schaffen, wenn man nichtdie Grundstücksressourcen besser nutzt.Allein Verdichten funktioniert aber nicht.Wichtig ist es auch andere Komponentenzu bedenken, wie zum Beispiel das Themader Mobilität. Ich halte es nicht für nach-haltig zu jeder Wohnung in der Stadt Tiefgaragen anbieten zu müssen. Das funk-tioniert nicht. Wir müssen über alternativeMobilitätskonzepte nachdenken und Lösungen entwickeln. Ich wünsche derVerwaltung und den Politikern Mut zu innovativen Lösungen. →

Da kommt Einiges auf uns zu.

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Münchens Wachstumsstrategien

Bei dem Thema qualifizierte Verdichtungund Umstrukturierung scheiden sich dieGeister. Doch nicht nur auf städtebaulicherEbene birgt der Umgang mit dem BestandKonfliktpotential, auch die Sanierung ein-zelner Immobilien steht im Spannungsfelddivergierender Interessen und politischerRahmenbedingungen. Beispiel: Der Be-schluss zur Energiewende oder das ehrgei-zige Ziel, bis 2020 den GebäudebestandDeutschlands energetisch zu optimieren.«

Tobias Wagner, (TU München, Lehrstuhlfür Bauklimatik und Haustechnik) »Nebender Mobilität spielt auch die Frage derEnergieversorgung eine wichtige Rolle. Derfortschreitende Klimawandel, die Endlich-keit fossiler Energieträger und steigendeEnergiekosten erfordern in allen Lebensbe-reichen eine grundlegende Veränderung imUmgang mit Energie. Wir haben uns derProblematik mit dem Erstellen eines Ener-gienutzungsplans für Gemeinden gestellt.Denn nur wenn man weiß, wie Energiebe-darf, Energieinfrastruktur und Energiepo-tenziale sowie mögliche Einsparungenräumlich verknüpft sind, können optimaleLösungen für die nachhaltige Energiever-sorgung einer Gemeinde gefunden werden.Entscheidend für die Forschung ist dieFrage, wie die Kommunen und GemeindenEnergie anbieten können. Man sollte sichhier nicht an Standards klammern, sondernsich nach dem jeweiligen Energiebedarfrichten. Nicht nur die Energiemenge istwichtig, sondern auch die Frage der zeit -lichen Verfügbarkeit spielt eine Rolle. Si-cherlich lassen sich moderne Wärmeerzeu-gungsysteme leichter in Neubauten ein-bauen, aber auch im Bestand ist das teil-weise möglich.«

Münchens Wachstumsstrategien

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Bernhard Donhauser, (Versicherungs-kammer Bayern) »Die energetische Ver-besserung der Gebäude sollte aber nicht, wie das eben immer wieder geschieht, zugesichtslosen Häusern führen.Diese Entwicklung ist falsch und sicherwerden wir bald andere Wege finden. Wir müssen uns mit dem Energiekonzeptder Bundesregierung auseinandersetzen.Was bei 90% geplanter Energieeinsparungim Sektor Haushalt – das sind die Wohn -gebäude - in den nächsten 20 Jahren aufuns zukommt, das kann aktuell noch kaumjemand realistisch einschätzen.

Was will die nächste Generation: Intelli-gente Gebäude mit Charakter und dasheißt: unser Nachhaltigkeitsziel sind ener-giereiche Gebäude statt verbrauchsarme.

Immobilienbestände sind kein schwarzesLoch mehr, sondern werden als Anlage-klasse transparent.

Unter dem Nachhaltigkeitsaspekt gilt esImmobilien mit ökonomischer, sozialerund ökologischer Qualität zu bauen. Nach-haltigkeit und Gewinnstreben schließensich dabei nicht aus. Nur wenn alle ge-winnen ist Nachhaltigkeit gegeben. Diesgilt insbesondere für Nachverdichtungenim Bestand.«

Norbert Peine, (Bilfinger Berger HochbauGmbH) »Niemand setzt sich freiwillig mitdem Bestand auseinander. Das geschiehtnur, wenn man sich Vorteile erhofft. Wennaber saniert werden muss, dann geht es umdas altbewährte: Prüfe wer sich bindet.Prüfe, bevor du wirtschaftliche Risiken füretwas übernimmst, was du nicht über-blickst. Ein ehrliches Statement lautet: Wiralle bauen am liebsten neu auf der grünenWiese weil die Bestandsthematik mit einemhohen Risiko verbunden ist. Die Schnitt-stelle zwischen dem Alten und dem Neuenauch im Interesse auf die Kundenziele zuverstehen, die Hintergründe kalkulator-isch zu überreißen ist nicht ganz einfach. Die Angst beim Umgang mit dem Bestandist die Angst vor der Komplexität des Themas.«

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Die Diskussion wird weitergehen. DieFrage ist, welchen Beitrag ein interdiszipli-näres Expertengremium leisten kann, umzielführende, verwertbare Impulse zu er-zeugen, die im Idealfall in konkrete inno -vative Projekte münden. Wie kann esgelingen, jenseits von Geld und Macht, dieLust auf ungewöhnliche Projekte zu erzeu-gen, die einen Mehrwert für die Stadt unddie Immobilienwirtschaft darstellen? Da sind wir als Veranstalter noch langenicht am Ziel.Hilfreich wäre es mit Sicherheit, wenn esgelänge, eine intensivere Verzahnung mitder Stadtverwaltung zu erreichen. Wir sinddavon überzeugt, mit dem interdisziplinä-ren Fachgespräch einen Dialogansatz zuverfolgen, der sich insbesondere bei derBehandlung komplexer Themen der Stadt-entwicklung- und Planung sehr bewährenkann, wenn er genutzt wird!Unsere Überzeugung beruht auf Erfahrung.In der Vergangenheit ist das bereits gelun-gen, So wurden die Impulse aus einer drei-teiligen Dialogreihe zum Thema Investi -tions(un)sicherheit von der Lokalbaukom-mission München aufgegriffen und weiter-entwickelt.

Dasselbe wünschen wir uns für die Diskus-sion rund um die WachstumsstrategienMünchens. Die Stadtverwaltung ist mitIhrer Initiative zur langfristigen Siedlungs-entwicklung bereits mit großem Engage-ment vorangegangen. Der Markt ist bereit,mitzudenken, mitzureden und mit zu han-deln. Das ist vielleicht der wichtigste Im-puls dieses Dialogs! Liebe Stadtplanung, Siesind herzlich eingeladen, das Gespräch,dass Sie suchen, auch zu führen.

Hinrich Böttcher

Quo Vadis

Dialog

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Bilfinger Berger, Hochbau GmbH

ist ein international tätiges Engineering-und Dienstleistungsunternehmen, das in seinen Märkten eine führende Positioneinnimmt. Die Tätigkeit des Konzernsumfasst die Geschäftsfelder IndustrialServices, Power Services, Building and Facility Services, Construction und Concessions.. www.bilfinger.com

Grassinger Emrich Architekten GmbH

plant und realisiert als Architektur- undStadtplanungsbüro mit derzeit 15 Mitar -beitern Bauvorhaben in München undganz Deutschland. Von der architektoni-schen Unternehmensberatung bis zurRealisierung, als Architekt oder General-planer werden Bauaufgaben aller Größen -ord nungen realisiert.www.ge-architekten.de

Rainer Schmidt

Landschaftsarchitekten

planen und realisieren seit mehr als zwan-zig Jahren mit durchschnittlich 30 Mitar-beitern Projekte in Deutschland und imAusland. Der Stammsitz befindet sich inMu ̈nchen, zwei weitere Niederlassungen in Berlin und Bernburg. Das Büro ist aufdie Planung und Abwicklung von großen Projekten aus den Bereichen Landschafts-architektur und Städtebau spezialisiert.www.rainerschmidt.com

Stadtwerke München

Die SWM sind das kommunale Versorg -ungs- und Dienstleistungsunternehmender Landeshauptstadt München. Seit Jahr-zehnten stehen die SWM für eine sichereund Ressourcen schonende Versorgung der bayerischen Metropole und ihrer Region mit Energie (Strom, Erdgas, Fern-wärme) und quellfrischem Trinkwasser aus dem bayerischen Voralpenland.www.swm.de

Versicherungskammer Bayern

Der Konzern Versicherungskammer Bayern ist als Personen- und Sachver -sicherer bundesweit der größte öffent-liche Versicherer und unter den Top Ten der Erstversicherer. Mit 15 Versich-erungsunter nehmen und drei starkenRegio nal-marken ist der Konzern Ver - sicherungskammer Bayern als „Versicherer der Regionen“ in Bayern, der Pfalz, Berlin, Brandenburg und imSaarland tätig. www.vkb.de

Dialog –partner

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Sebastian MißbachBilfinger Berger Hochbau GmbHNorbert PeineBilfinger Berger Hochbau GmbHAxel PrausDEGW Deutschland GmbHRudolf SallerLandeshauptstadt München, Kommunalreferat - GrundstücksverkehrHelmut SchiedermairStädtebauliche Entwicklung &Wohnungsbau Senior ConsultantKim SchliesingerDEGW Deutschland GmbHProf. Rainer SchmidtRainer Schmidt LandschaftsarchitektenTobias WagnerTU München, Lehrstuhl für Bauklimatik und HaustechnikDr. Peter WasnerEiwobau München AHW

Hinrich BöttcherModeration

Richard AdamBayerische Hausbau GmbH & Co. KGProf. Harald BardenhagenSeufert RechtsanwälteDr. Robert BiedermannProf. Hauth & PartnerAnne BornStadtwerke München GmbHDavid ChristmannPatrizia Projektentwicklung GmbHBurchard Dabinnus Goldgrund ImmobilienBernhard DonhauserVersicherungskammer BayernJürgen DrummUSP Projekte GmbH Wolfgang EmrichGrassinger Emrich ArchitektenGmbHGrisi GanzerGoldgrund Immobilien

Andreas Garkisch03 Architekten GmbH, Architek-ten BDA, Stadtplaner, DASL Andreas GötzendorferLandeshauptstadt München, Referat für Arbeit und Wirt-schaftLothar GrassingerGrassinger Emrich ArchitektenGmbHDaniel GrassingerDEGW Deutschland GmbHMarkus GruberMünchner Baugenossen-schaft e.G.Prof. Dr. Ing. Andrea HaaseRainer Schmidt Landschafts architektenAlexander HeinzmannWüstenrot Haus- und Städtebau GmbHEva HerrmannArchitektur KommunikationAndreas HerrscherStadtwerke München GmbHKlaus IlligmannLandeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und BauordnungPeter KadereitStadtwerke München GmbHJens KamischkeBilfinger Berger Hochbau GmbH Hans-Otto KrausGWG Städtische Wohnungs-gesellschaft München mbH

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