Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

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Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Kapitel 2

Die rationalen und die irrationalen Zahlen

Kapitel 2

Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 2

InhaltInhalt

2.1  Was sind die rationalen Zahlen?

2.2  Wie rechnet man mit rationalen Zahlen?

2.3  Ordnung in den rationalen Zahlen

2.4 Dezimalbrüche

2.5  Die Entdeckung der Irrationalität

2.6  Wie viele rationale Zahlen gibt es?

2.1  Was sind die rationalen Zahlen?

2.2  Wie rechnet man mit rationalen Zahlen?

2.3  Ordnung in den rationalen Zahlen

2.4 Dezimalbrüche

2.5  Die Entdeckung der Irrationalität

2.6  Wie viele rationale Zahlen gibt es?

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 3

2.1 Was sind die rationalen Zahlen?2.1 Was sind die rationalen Zahlen?

Erinnerung: Die Menge N der natürlichen Zahlen ist abgeschlossen

bzgl. Addition und Multiplikation. D.h. Summe bzw. Produkt von je zwei

natürlichen Zahlen ist wieder eine natürliche Zahl.

Die Menge Z der ganzen Zahlen ist zusätzlich abgeschlossen

bezüglich der Subtraktion. D.h. die Differenz je zweier ganzer Zahlen

ist wieder eine ganze Zahl.

Es gelten die bekannten Rechenregeln. Beispiele:

2 – 3 = –1, –1 – 3 = –4, 3(–5) = –15, j (–3)(–5) = 15, usw.

Erinnerung: Die Menge N der natürlichen Zahlen ist abgeschlossen

bzgl. Addition und Multiplikation. D.h. Summe bzw. Produkt von je zwei

natürlichen Zahlen ist wieder eine natürliche Zahl.

Die Menge Z der ganzen Zahlen ist zusätzlich abgeschlossen

bezüglich der Subtraktion. D.h. die Differenz je zweier ganzer Zahlen

ist wieder eine ganze Zahl.

Es gelten die bekannten Rechenregeln. Beispiele:

2 – 3 = –1, –1 – 3 = –4, 3(–5) = –15, j (–3)(–5) = 15, usw.

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Weshalb rationale Zahlen? Weshalb rationale Zahlen?

Aber: Der Quotient zweier ganzer Zahlen ist jedoch meistens keine

ganze Zahl (z.B. ist 5/3 keine ganze Zahl). Das heißt: Man kann

nicht (ohne Rest) dividieren. Mathematisch ausgedrückt: Die Menge

Z der ganzen Zahlen ist nicht abgeschlossen bzgl. der Division.

Ziel: Einführung der Menge der „rationalen Zahlen“, die bezüglich

der Division durch jede Zahl 0 abgeschlossen ist.

Bemerkung: In Schulunterricht geht man derzeit so vor, dass man

zunächst die positiven Bruchzahlen einführt und erst anschließend

die gesamten rationalen Zahlen. Daher wird der Begriff „rationale

Zahl“ oft mit „negativer Zahl“ assoziiert. Das ist aber die falsche

Vorstellung.

Aber: Der Quotient zweier ganzer Zahlen ist jedoch meistens keine

ganze Zahl (z.B. ist 5/3 keine ganze Zahl). Das heißt: Man kann

nicht (ohne Rest) dividieren. Mathematisch ausgedrückt: Die Menge

Z der ganzen Zahlen ist nicht abgeschlossen bzgl. der Division.

Ziel: Einführung der Menge der „rationalen Zahlen“, die bezüglich

der Division durch jede Zahl 0 abgeschlossen ist.

Bemerkung: In Schulunterricht geht man derzeit so vor, dass man

zunächst die positiven Bruchzahlen einführt und erst anschließend

die gesamten rationalen Zahlen. Daher wird der Begriff „rationale

Zahl“ oft mit „negativer Zahl“ assoziiert. Das ist aber die falsche

Vorstellung.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Rationale Zahlen als BrücheRationale Zahlen als Brüche

Definition. Ein Bruch ist ein Paar (p, q) ganzer Zahlen mit q 0.

Wir schreiben dafür auch (manchmal auch p/q).

Wir nennen p den Zähler und q den Nenner dieses Bruches.

Jeder Bruch stellt eine rationale Zahl (Bruchzahl) dar.

(ratio (lat.) = Verhältnis)

Problem: Jede rationale Zahl kann durch unendlich viele Brüche

dargestellt werden.

Definition. Ein Bruch ist ein Paar (p, q) ganzer Zahlen mit q 0.

Wir schreiben dafür auch (manchmal auch p/q).

Wir nennen p den Zähler und q den Nenner dieses Bruches.

Jeder Bruch stellt eine rationale Zahl (Bruchzahl) dar.

(ratio (lat.) = Verhältnis)

Problem: Jede rationale Zahl kann durch unendlich viele Brüche

dargestellt werden.

q

p

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Erweitern von BrüchenErweitern von Brüchen

Definition. Zwei Brüche und stellen dieselbe rationale Zahl dar,

falls pq' = p'q ist.

Es folgt, dass für jede ganze Zahl a 0 die Brüche und

dieselbe rationale Zahl darstellen.

Das bedeutet: Erweitern und Kürzen mit einer ganzen Zahl 0

ändert die zugehörige Bruchzahl, also den “Wert” eines Bruches nicht.

Jede rationale Zahl wird also durch unendlich viele Brüche dargestellt!

Beispiel: Die Bruchzahl wird auch durch folgende Brüche

dargestellt:

Definition. Zwei Brüche und stellen dieselbe rationale Zahl dar,

falls pq' = p'q ist.

Es folgt, dass für jede ganze Zahl a 0 die Brüche und

dieselbe rationale Zahl darstellen.

Das bedeutet: Erweitern und Kürzen mit einer ganzen Zahl 0

ändert die zugehörige Bruchzahl, also den “Wert” eines Bruches nicht.

Jede rationale Zahl wird also durch unendlich viele Brüche dargestellt!

Beispiel: Die Bruchzahl wird auch durch folgende Brüche

dargestellt:

q

p

'q

'p

q

p

qa

pa

15

6

...,100000

40000,

25

10,

10

4,

5

2

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Seite 7

Äquivalenz von BrüchenÄquivalenz von Brüchen

Definition. Wenn die Brüche und dieselbe rationale Zahl

darstellen, schreiben wir auch

und nennen die Brüche und gleich (vorsichtiger: äquivalent).

Jede rationale Zahl wird durch unendlich viele äquivalente Brüche

dargestellt.

Es ist also zunächst gefährlich zu sagen, eine rationale Zahl “ist” ein

Bruch. Besser wäre es zu sagen, dass eine rationale Zahl eine

unendliche Menge („Äquivalenzklasse“) von Brüchen ist.

Definition. Wenn die Brüche und dieselbe rationale Zahl

darstellen, schreiben wir auch

und nennen die Brüche und gleich (vorsichtiger: äquivalent).

Jede rationale Zahl wird durch unendlich viele äquivalente Brüche

dargestellt.

Es ist also zunächst gefährlich zu sagen, eine rationale Zahl “ist” ein

Bruch. Besser wäre es zu sagen, dass eine rationale Zahl eine

unendliche Menge („Äquivalenzklasse“) von Brüchen ist.

q

p

'q

'p

q'

p'

q

p

q

p

'q

'p

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Q als Erweiterung von ZQ als Erweiterung von Z

Definition. Wir bezeichnen die Menge aller rationalen Zahlen mit Q.

Beobachtung. Jede ganze Zahl ist auch eine rationale Zahl, denn für

jedes z Z ist z = eine rationale Zahl.

Insofern ist Q eine Erweiterung von Z. Das heißt, dass Z Q gilt.

Insgesamt haben wir also N schrittweise wie folgt erweitert:

N Z Q.

Definition. Wir bezeichnen die Menge aller rationalen Zahlen mit Q.

Beobachtung. Jede ganze Zahl ist auch eine rationale Zahl, denn für

jedes z Z ist z = eine rationale Zahl.

Insofern ist Q eine Erweiterung von Z. Das heißt, dass Z Q gilt.

Insgesamt haben wir also N schrittweise wie folgt erweitert:

N Z Q.

1

z

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2.2  Wie rechnet man mit rationalen Zahlen?2.2  Wie rechnet man mit rationalen Zahlen?

Wir haben die Menge der rationalen Zahlen definiert, wissen aber noch

nicht, wie man mit rationalen Zahlen rechnet.

Bei der Definition der Rechenoperationen + und soll gelten:

1. Die üblichen Gesetze: Assoziativgesetz, Kommutativgesetz,

Distributivgesetze usw.

2. Als Summe oder Produkt soll immer die gleiche rationale Zahl

herauskommen, auch wenn man mit verschiedenen äquivalenten

Brüchen startet.

Wir haben die Menge der rationalen Zahlen definiert, wissen aber noch

nicht, wie man mit rationalen Zahlen rechnet.

Bei der Definition der Rechenoperationen + und soll gelten:

1. Die üblichen Gesetze: Assoziativgesetz, Kommutativgesetz,

Distributivgesetze usw.

2. Als Summe oder Produkt soll immer die gleiche rationale Zahl

herauskommen, auch wenn man mit verschiedenen äquivalenten

Brüchen startet.

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Die ProblemstellungDie Problemstellung

Da jede rationale Zahl durch unendlich viele äquivalente Brüche dar-

gestellt werden kann, stellt sich folgendes Problem:

Ich wähle die Brüche und und berechne die Summe

Sie wählen aber statt den dazu äquivalenten Bruch und berech-

nen entsprechend die Summe

Dann muss zwar nicht der gleiche Bruch, wohl aber die gleiche

rationale Zahl herauskommen; denn das Ergebnis darf schließlich nicht

davon abhängen, wer dies ausgerechnet hat!

Entsprechendes muss beim Produkt gelten!

Da jede rationale Zahl durch unendlich viele äquivalente Brüche dar-

gestellt werden kann, stellt sich folgendes Problem:

Ich wähle die Brüche und und berechne die Summe

Sie wählen aber statt den dazu äquivalenten Bruch und berech-

nen entsprechend die Summe

Dann muss zwar nicht der gleiche Bruch, wohl aber die gleiche

rationale Zahl herauskommen; denn das Ergebnis darf schließlich nicht

davon abhängen, wer dies ausgerechnet hat!

Entsprechendes muss beim Produkt gelten!

1

1

q

p

2

2

q

p

2

2

1

1

q

p

q

p

1

1

q

p

'q

'p

1

1

.q

p

'q

'p

2

2

1

1

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WohldefiniertheitWohldefiniertheit

An eine sinnvolle Addition und Multiplikation stellen wir daher folgende

Anforderungen:

Seien und zwei rationale Zahlen, und sei äquivalent zu .

Dann muss gelten

+ = +

=

Entsprechend muss man auch den zweiten Bruch durch einen äquiva-

lenten ersetzen können. Wenn diese Eigenschaften gelten, nennt man

die Operationen wohldefiniert.

An eine sinnvolle Addition und Multiplikation stellen wir daher folgende

Anforderungen:

Seien und zwei rationale Zahlen, und sei äquivalent zu .

Dann muss gelten

+ = +

=

Entsprechend muss man auch den zweiten Bruch durch einen äquiva-

lenten ersetzen können. Wenn diese Eigenschaften gelten, nennt man

die Operationen wohldefiniert.

1

1

q

p

2

2

q

p

1

1

q

p

'q

'p

1

1

1

1

q

p

2

2

q

p

'q

'p

1

1

2

2

q

p

1

1

q

p

2

2

q

p

'q

'p

1

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2

q

p

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 12

Multiplikation rationaler ZahlenMultiplikation rationaler Zahlen

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen. Wir definieren ihr

Produkt durch

Das bedeutet: Zwei rationale Zahlen werden multipliziert, indem man

darstellende Brüche betrachtet und Zähler mit Zähler und Nenner mit

Nenner multipliziert.

Bemerkung. Man kann sich anschaulich Produkte wie 3 4/7 klar

machen, aber 1/2 1/3 ist schwierig vorzustellen. Dafür ist die

algorithmische Berechnung einfach!

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen. Wir definieren ihr

Produkt durch

Das bedeutet: Zwei rationale Zahlen werden multipliziert, indem man

darstellende Brüche betrachtet und Zähler mit Zähler und Nenner mit

Nenner multipliziert.

Bemerkung. Man kann sich anschaulich Produkte wie 3 4/7 klar

machen, aber 1/2 1/3 ist schwierig vorzustellen. Dafür ist die

algorithmische Berechnung einfach!

1

1

q

p

2

2

q

p

.qq

pp

q

p

q

p

21

21

2

2

1

1

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Wohldefiniertheit der MultiplikationWohldefiniertheit der Multiplikation

2.2.1 Satz. Die Multiplikation von rationalen Zahlen ist wohldefiniert.

Beweis. Seien und zwei rationale Zahlen, und sei eine

rationale Zahl, die zu äquivalent ist. Das bedeutet p1q1' = p1'q1.

Wir müssen zeigen, dass und äquivalent sind.

2.2.1 Satz. Die Multiplikation von rationalen Zahlen ist wohldefiniert.

Beweis. Seien und zwei rationale Zahlen, und sei eine

rationale Zahl, die zu äquivalent ist. Das bedeutet p1q1' = p1'q1.

Wir müssen zeigen, dass und äquivalent sind.

1

1

q

p

2

2

q

p

'q

'p

1

1

2

2

1

1

q

p

q

p

2

2

1

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q

p

'q

'p

1

1

q

p

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BeweisBeweis

Dies folgt so: Nach Definition der Multiplikation gilt

und

Die beiden Brüche auf den rechten Seiten sind äquivalent, denn es

gilt

(p1p2)(q1'q2) = (p1q1')(p2q2) (Kommutativität in Z)

= (p1'q1)(p2q2) (Voraussetzung)

= (p1'p2)(q1q2) (Kommutativität in Z).

Äquivalenter Bruch an der zweiten Stelle: Übung!

Dies folgt so: Nach Definition der Multiplikation gilt

und

Die beiden Brüche auf den rechten Seiten sind äquivalent, denn es

gilt

(p1p2)(q1'q2) = (p1q1')(p2q2) (Kommutativität in Z)

= (p1'q1)(p2q2) (Voraussetzung)

= (p1'p2)(q1q2) (Kommutativität in Z).

Äquivalenter Bruch an der zweiten Stelle: Übung!

21

21

2

2

1

1

qq

pp

q

p

q

p

.q'q

p'p

q

p

'q

'p

21

21

2

2

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1

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 15

Eigenschaften der MultiplikationEigenschaften der Multiplikation

2.2.2 Satz. Die Multiplikation rationaler Zahlen erfüllt folgende

Gesetze:

(a) Assoziativgesetz.

(b) Kommutativgesetz.

(c) Existenz eines neutralen Elements, nämlich der Zahl 1.

(d) Existenz von inversen Elementen: Zu jeder rationalen Zahl r 0

gibt es eine rationale Zahl r' mit rr' = 1.

Beweis. (a) Übungsaufgabe.

(b) Seien und zwei rationale Zahlen. Zu zeigen: =

2.2.2 Satz. Die Multiplikation rationaler Zahlen erfüllt folgende

Gesetze:

(a) Assoziativgesetz.

(b) Kommutativgesetz.

(c) Existenz eines neutralen Elements, nämlich der Zahl 1.

(d) Existenz von inversen Elementen: Zu jeder rationalen Zahl r 0

gibt es eine rationale Zahl r' mit rr' = 1.

Beweis. (a) Übungsaufgabe.

(b) Seien und zwei rationale Zahlen. Zu zeigen: =

1

1

q

p

2

2

q

p

1

1

q

p

1

1

q

p

2

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q

p

2

2

q

p

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© BeutelspacherApril 2005

Seite 16

BeweisBeweis

Dies folgt so:

= = = .

(c) Die Zahl 1 erfüllt

(1 ist neutrales Element in Z).

(d) Sei r = p/q 0. Dann ist nicht nur q 0, sondern auch p 0.

Also ist auch q/p eine rationale Zahl, und es gilt

Also ist q/p das multiplikativ inverse Element zu p/q.

Dies folgt so:

= = = .

(c) Die Zahl 1 erfüllt

(1 ist neutrales Element in Z).

(d) Sei r = p/q 0. Dann ist nicht nur q 0, sondern auch p 0.

Also ist auch q/p eine rationale Zahl, und es gilt

Also ist q/p das multiplikativ inverse Element zu p/q.

1

1

q

p

21

21

qq

pp

12

12

qq

pp

2

2

q

p

2

2

q

p

1

1

q

p

q

p

q1

p1

q

p

1

1

q

p1

.11

1

pq

qp

p

q

q

p

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 17

Die Summe rationaler ZahlenDie Summe rationaler Zahlen

Die Summe rationaler Zahlen ist anschaulich völlig klar: Man addiert

zwei rationale Zahlen, indem man die entsprechenden Größen

zusammenfügt.

Die formelmäßige Berechnung bereitet jedoch Schwierigkeiten.

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen. Wir definieren

ihre Summe durch

+ =

In Worten: Wir erweitern zunächst die beiden Brüche so, dass sie den gleichen Nenner q1q2 haben und addieren dann die Zähler.

Die Summe rationaler Zahlen ist anschaulich völlig klar: Man addiert

zwei rationale Zahlen, indem man die entsprechenden Größen

zusammenfügt.

Die formelmäßige Berechnung bereitet jedoch Schwierigkeiten.

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen. Wir definieren

ihre Summe durch

+ =

In Worten: Wir erweitern zunächst die beiden Brüche so, dass sie den gleichen Nenner q1q2 haben und addieren dann die Zähler.

1

1

q

p

2

2

q

p

1

1

q

p

2

2

q

p.

qq

qpqp

21

1221

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 18

BeispieleBeispiele

(a) (b)

(c)

In Worten: „Gleichnamige“ Brüche werden addiert, indem man die

Zähler addiert.

Problem der Wohldefiniertheit: Das Ergebnis einer Addition darf nicht

von der Darstellung der einzelnen Summanden abhängen!

2.2.3 Satz. Die Addition rationaler Zahlen ist wohldefiniert.

Beweis: Übungsaufgabe.

(a) (b)

(c)

In Worten: „Gleichnamige“ Brüche werden addiert, indem man die

Zähler addiert.

Problem der Wohldefiniertheit: Das Ergebnis einer Addition darf nicht

von der Darstellung der einzelnen Summanden abhängen!

2.2.3 Satz. Die Addition rationaler Zahlen ist wohldefiniert.

Beweis: Übungsaufgabe.

14

4

22

1212

2

1

2

1

6

5

32

1213

3

1

2

1

b

'aa

bb

)'aa(b

bb

'abab

b

'a

b

a

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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Eigenschaften der AdditionEigenschaften der Addition

2.2.4 Satz. Die Addition rationaler Zahlen erfüllt folgende Gesetze:

(a) Assoziativgesetz,

(b) Kommutativgesetz,

(c) Existenz eines neutralen Elements, nämlich der Zahl 0,

(d) Existenz eines inversen Elements („negativen Elements“): Zu

jeder rationalen Zahl r gibt es eine rationale Zahl r' mit r + r' = 0.

Beweis. (a) Prinzipiell so wie (b), aber technisch komplizierter.

(b) Seien und rationale Zahlen. Z.z.:

2.2.4 Satz. Die Addition rationaler Zahlen erfüllt folgende Gesetze:

(a) Assoziativgesetz,

(b) Kommutativgesetz,

(c) Existenz eines neutralen Elements, nämlich der Zahl 0,

(d) Existenz eines inversen Elements („negativen Elements“): Zu

jeder rationalen Zahl r gibt es eine rationale Zahl r' mit r + r' = 0.

Beweis. (a) Prinzipiell so wie (b), aber technisch komplizierter.

(b) Seien und rationale Zahlen. Z.z.: 1

1

q

p

2

2

q

p.

q

p

q

p

q

p

q

p

1

1

2

2

2

2

1

1

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Seite 20

Be weisBe weis

Dies folgt so

(c) Die Zahl 0 erfüllt:

(d) Sei r = p/q eine rationale Zahl. Dann ist auch –r := –p/q eine

rationale Zahl. Es gilt:

Dies folgt so

(c) Die Zahl 0 erfüllt:

(d) Sei r = p/q eine rationale Zahl. Dann ist auch –r := –p/q eine

rationale Zahl. Es gilt:

.q

p

q

p

qq

qpqp

qq

qpqp

q

p

q

p

1

1

2

2

12

2112

21

1221

2

2

1

1

Kommutativität in Z

.q

p

q1

1pq0

q

p

1

0

q

p0

.0q

0

q

)p(p

q

p

q

p)r(r

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 21

Das DistributivgesetzDas Distributivgesetz

Das Distributivgesetz verbindet die Addition mit der Multiplikation.

2.2.5 Satz. Die Addition und Multiplikation in Q erfüllen das

Distributivgesetz. Das heißt, für alle rationalen Zahlen r, s, t gilt

r(s+t) = rs + rt.

Beweis. Seien rationale Zahlen. Wir müssen

zeigen,

dass folgende Gleichung gilt:

Das Distributivgesetz verbindet die Addition mit der Multiplikation.

2.2.5 Satz. Die Addition und Multiplikation in Q erfüllen das

Distributivgesetz. Das heißt, für alle rationalen Zahlen r, s, t gilt

r(s+t) = rs + rt.

Beweis. Seien rationale Zahlen. Wir müssen

zeigen,

dass folgende Gleichung gilt:

3

3

2

2

1

1

q

pund

q

p,

q

p

.q

p

q

p

q

p

q

p

q

p

q

p

q

p

3

3

1

1

2

2

1

1

3

3

2

2

1

1

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 22

Beweis des DistributivgesetzesBeweis des Distributivgesetzes

Wir beginnen mit der linken Seite:

Die rechte Seite ergibt sich als

Wir müssen zeigen, dass diese beiden Brüche äquivalent sind. Dies

folgt so:

(p1p2q3+p1p3q2)q1q2q1q3 = p1p2q3q1q2q1q3 + p1p3q2q1q2q1q3

= (p1p2q1q3 + p1p3q1q2)q1q2q3 .

Wir beginnen mit der linken Seite:

Die rechte Seite ergibt sich als

Wir müssen zeigen, dass diese beiden Brüche äquivalent sind. Dies

folgt so:

(p1p2q3+p1p3q2)q1q2q1q3 = p1p2q3q1q2q1q3 + p1p3q2q1q2q1q3

= (p1p2q1q3 + p1p3q1q2)q1q2q3 .

.qqq

qppqpp

qqq

)qpqp(p

qq

qpqp

q

p

q

p

q

p

q

p

321

231321

321

23321

32

2332

1

1

3

3

2

2

1

1

31

31

21

21

3

3

1

1

2

2

1

1

qq

pp

qq

pp

q

p

q

p

q

p

q

p .qqqq

qqppqqpp

3121

21313121

Page 23: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 23

Der Körper der rationalen ZahlenDer Körper der rationalen Zahlen

Definition: Eine Menge K mit + und bildet einen Körper, wenn

– die beiden Operationen assoziativ und kommutativ sind,

– es ein neutrales Element 0 bzgl. der Addition und ein neutrales

Element 1 0 bezüglich der Multiplikation gibt,

– jedes Element ein additives Inverses und jedes von 0

verschiedene Element ein multiplikatives Inverses hat,

– das Distributivgesetz gilt.

Ein Körper ist eine Struktur, in der man wie gewohnt rechnen kann.

2.2.6 Satz. Die Menge Q der rationalen Zahlen bildet zusammen

mit + und einen Körper. (2.2.3, 2.2.4, 2.2.5). Man spricht auch

vom Körper der rationalen Zahlen.

Definition: Eine Menge K mit + und bildet einen Körper, wenn

– die beiden Operationen assoziativ und kommutativ sind,

– es ein neutrales Element 0 bzgl. der Addition und ein neutrales

Element 1 0 bezüglich der Multiplikation gibt,

– jedes Element ein additives Inverses und jedes von 0

verschiedene Element ein multiplikatives Inverses hat,

– das Distributivgesetz gilt.

Ein Körper ist eine Struktur, in der man wie gewohnt rechnen kann.

2.2.6 Satz. Die Menge Q der rationalen Zahlen bildet zusammen

mit + und einen Körper. (2.2.3, 2.2.4, 2.2.5). Man spricht auch

vom Körper der rationalen Zahlen.

Page 24: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 24

2.3 Dezimalbrüche2.3 Dezimalbrüche

Erinnerung bzw. Vorschau:

Wir berechnen Dezimalbrüche aus rationalen Zahlen, indem wir

dividieren:

3/8 = 3 : 8 = 0,375

3/7 = 3 : 7 =

Erinnerung bzw. Vorschau:

Wir berechnen Dezimalbrüche aus rationalen Zahlen, indem wir

dividieren:

3/8 = 3 : 8 = 0,375

3/7 = 3 : 7 =

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 25

DezimalbrücheDezimalbrüche

Definition. Ein Dezimalbruch ist eine Folge z0, z1 z2 z3 ….

Dabei ist z0 eine natürliche Zahl (die 0 sein kann!), und z1, z2, z3,

… sind natürliche Zahlen zwischen 0 und 9 („Ziffern“). Die Folge der zi kann endlich oder unendlich sein.

Der Wert dieses Dezimalbruches (die Dezimalzahl) ist

z0 + z1/10 + z2/100 + z3/1000 + z4/104 + …

Definition. Ein Dezimalbruch ist eine Folge z0, z1 z2 z3 ….

Dabei ist z0 eine natürliche Zahl (die 0 sein kann!), und z1, z2, z3,

… sind natürliche Zahlen zwischen 0 und 9 („Ziffern“). Die Folge der zi kann endlich oder unendlich sein.

Der Wert dieses Dezimalbruches (die Dezimalzahl) ist

z0 + z1/10 + z2/100 + z3/1000 + z4/104 + …

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 26

Endliche DezimalbrücheEndliche Dezimalbrüche

Ein Dezimalbruch heißt endlich, wenn die Folge seiner Ziffern

endlich ist (bzw. wenn ab einer Stelle nur noch Nullen kommen).

Klar: z0, z1 z2 z3…zk = z0 + [z110k–1 + z210k–2 +…+ zk–110 + zk] /10k.

Zum Beispiel: 3,26 = 3 + 26/100; 72,1829 = 72 + 1829/10000; …

Das bedeutet: Ein endlicher Dezimalbruch entspricht einem

gewöhnlichen Bruch, dessen Nenner (nach Kürzung) eine Zahl ist,

die nur die Primfaktoren 2 und 5 enthält.

Es gilt auch die Umkehrung:

Ein Dezimalbruch heißt endlich, wenn die Folge seiner Ziffern

endlich ist (bzw. wenn ab einer Stelle nur noch Nullen kommen).

Klar: z0, z1 z2 z3…zk = z0 + [z110k–1 + z210k–2 +…+ zk–110 + zk] /10k.

Zum Beispiel: 3,26 = 3 + 26/100; 72,1829 = 72 + 1829/10000; …

Das bedeutet: Ein endlicher Dezimalbruch entspricht einem

gewöhnlichen Bruch, dessen Nenner (nach Kürzung) eine Zahl ist,

die nur die Primfaktoren 2 und 5 enthält.

Es gilt auch die Umkehrung:

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 27

Endliche Dezimalbrüche IIEndliche Dezimalbrüche II

2.3.1 Satz. Sei p/q eine vollständig gekürzte Bruchzahl. (D.h.

ggT(p, q) = 1.) Ohne Einschränkung sei p < q (d.h. die Bruchzahl ist

< 1). Dann gilt: Genau dann entspricht p/q ein endlicher

Dezimalbruch, wenn q nur Primfaktoren 2 und 5 enthält.

Beweis. Die eine Richtung wurde bereits gezeigt.

Umgekehrt sei p/q eine Bruchzahl, die < 1 istmöge q nur die

Primfaktoren 2 und 5 enthalten. Dann kann man den Bruch so zu

p‘/q‘ erweitern, dass der Nenner q‘ eine Zehnerpotenz 10k ist. Das heißt p/q = p‘/q‘ = p‘/10k. Also ist p/q = p‘/q‘ = 0, z1 z2 z3…zk , wobei

die zi die Ziffern von q‘ sind.

2.3.1 Satz. Sei p/q eine vollständig gekürzte Bruchzahl. (D.h.

ggT(p, q) = 1.) Ohne Einschränkung sei p < q (d.h. die Bruchzahl ist

< 1). Dann gilt: Genau dann entspricht p/q ein endlicher

Dezimalbruch, wenn q nur Primfaktoren 2 und 5 enthält.

Beweis. Die eine Richtung wurde bereits gezeigt.

Umgekehrt sei p/q eine Bruchzahl, die < 1 istmöge q nur die

Primfaktoren 2 und 5 enthalten. Dann kann man den Bruch so zu

p‘/q‘ erweitern, dass der Nenner q‘ eine Zehnerpotenz 10k ist. Das heißt p/q = p‘/q‘ = p‘/10k. Also ist p/q = p‘/q‘ = 0, z1 z2 z3…zk , wobei

die zi die Ziffern von q‘ sind.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 28

Periodische DezimalbrüchePeriodische Dezimalbrüche

Sei p/q eine „ausgekürzte“ Bruchzahl. Man erhält den zugehörigen

Dezimalbruch, indem man p durch q teilt. Dabei können zwei Fälle

auftreten:

1. Fall: Irgendwann entsteht als Rest bei der Division 0. Dann

entstehen ab dieser Stelle immer nur Nullen. D.h. es liegt ein

endlicher Dezimalbruch vor.

2. Fall. Alle Reste sind 0. Da die Reste < q sind, müssen sie sich

nach spätestens q–1 Schritten wiederholen. Es liegt ein

periodischer Dezimalbruch vor. Die Periodenlänge ist q– 1.

Sei p/q eine „ausgekürzte“ Bruchzahl. Man erhält den zugehörigen

Dezimalbruch, indem man p durch q teilt. Dabei können zwei Fälle

auftreten:

1. Fall: Irgendwann entsteht als Rest bei der Division 0. Dann

entstehen ab dieser Stelle immer nur Nullen. D.h. es liegt ein

endlicher Dezimalbruch vor.

2. Fall. Alle Reste sind 0. Da die Reste < q sind, müssen sie sich

nach spätestens q–1 Schritten wiederholen. Es liegt ein

periodischer Dezimalbruch vor. Die Periodenlänge ist q– 1.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Rein periodische DezimalbrücheRein periodische Dezimalbrüche

Sei ein rein periodischer Dezimalbruch. Der zugehörige

gewöhnliche Bruch ist

Beispiele.

Sei ein rein periodischer Dezimalbruch. Der zugehörige

gewöhnliche Bruch ist

Beispiele.

k21 zzz0,

110

z10z10z10zk

k1k2k

21k

1

.3

1

9

33,0 .

99

1717,0 .

999

875875,0 .1

9

99,0

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Nicht periodische DezimalbrücheNicht periodische Dezimalbrüche

Ein nicht-endlicher, nichtperiodischer Dezimalbruch ist eine reelle

Zahl, die nicht rational ist.

Beispiele: 0,1010010001000010000010000001…

(u.ä.)

2 = 1,41421356237309504880168872420969807856967187537 …

= 3,1415926535897932384626433832795028841971693993 …

Ein nicht-endlicher, nichtperiodischer Dezimalbruch ist eine reelle

Zahl, die nicht rational ist.

Beispiele: 0,1010010001000010000010000001…

(u.ä.)

2 = 1,41421356237309504880168872420969807856967187537 …

= 3,1415926535897932384626433832795028841971693993 …

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 31

2.4 Ordnung in den rationalen Zahlen2.4 Ordnung in den rationalen Zahlen

Ziele: 1. Einführung einer Ordnungsrelation (<): Rückführung auf <

in Z. 2. Untersuchung der Eigenschaften

Sei eine rationale Zahl. Dann kann man den Nenner positiv

wählen. (Wenn dies nicht der Fall sein sollte, erweitert man den

Bruch zum Beispiel mit –1).

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen mit positiven

Nennern.

Wir definieren

< p1q2 < p2q1 .

Zum Beispiel ist 1/3 < 2/5, da 15 < 23 ist.

Ziele: 1. Einführung einer Ordnungsrelation (<): Rückführung auf <

in Z. 2. Untersuchung der Eigenschaften

Sei eine rationale Zahl. Dann kann man den Nenner positiv

wählen. (Wenn dies nicht der Fall sein sollte, erweitert man den

Bruch zum Beispiel mit –1).

Definition. Seien und zwei rationale Zahlen mit positiven

Nennern.

Wir definieren

< p1q2 < p2q1 .

Zum Beispiel ist 1/3 < 2/5, da 15 < 23 ist.

1

1

q

p

1

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q

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2

2

q

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Erste EigenschaftenErste Eigenschaften

• Die Operation < ist wohldefiniert. Das heißt: Wenn < ist,

dann erfüllt auch jeder zu äquivalente Bruch die Beziehung

< .

(Dies folgt so: Aus der <-Beziehung folgt p1q2 < p2q1 .

Da q1' > 0, gilt also auch p1q2 q1' < p2q1 q1'.

Die Äquivalenz der Brüche sagt p1 q1' = q1p1'.

Einsetzen in die Ungleichung: q1p1'q2 < p2q1 q1',

also p1'q2 < p2 q1, da q1 > 0. Das ist die Behauptung.)

• 2. Die Operation ist eine „totale Ordnung“ auf Q. D.h.: für je zwei

verschiedene rationale Zahlen r, s gilt entweder r < s oder s < r.

• Die Operation < ist wohldefiniert. Das heißt: Wenn < ist,

dann erfüllt auch jeder zu äquivalente Bruch die Beziehung

< .

(Dies folgt so: Aus der <-Beziehung folgt p1q2 < p2q1 .

Da q1' > 0, gilt also auch p1q2 q1' < p2q1 q1'.

Die Äquivalenz der Brüche sagt p1 q1' = q1p1'.

Einsetzen in die Ungleichung: q1p1'q2 < p2q1 q1',

also p1'q2 < p2 q1, da q1 > 0. Das ist die Behauptung.)

• 2. Die Operation ist eine „totale Ordnung“ auf Q. D.h.: für je zwei

verschiedene rationale Zahlen r, s gilt entweder r < s oder s < r.

1

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q

p

2

2

q

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1

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q

p

'q

'p

1

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q

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Page 33: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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Addition einer rationalen ZahlAddition einer rationalen Zahl

2.4.1 Satz. Wenn man zu beiden Seiten einer Ungleichung dieselbe

rationale Zahl addiert, bleibt die Ungleichung erhalten.

Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen mit < ,

und sei eine beliebige rationale Zahl. Dann gilt

+ < + .

Beispiel. Aus 5/6 < 9/10 folgt durch Addition von –1/4 die

Ungleichung 7/12 < 13/20.

2.4.1 Satz. Wenn man zu beiden Seiten einer Ungleichung dieselbe

rationale Zahl addiert, bleibt die Ungleichung erhalten.

Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen mit < ,

und sei eine beliebige rationale Zahl. Dann gilt

+ < + .

Beispiel. Aus 5/6 < 9/10 folgt durch Addition von –1/4 die

Ungleichung 7/12 < 13/20.

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Page 34: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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BeweisvorbereitungBeweisvorbereitung

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir bringen die Brüche der Behauptung auf einen Hauptnenner:

<

Nach Definition lautet die Behauptung jetzt:

(p1q + pq1)q2q < (p2q + pq2)q1q .

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir bringen die Brüche der Behauptung auf einen Hauptnenner:

<

Nach Definition lautet die Behauptung jetzt:

(p1q + pq1)q2q < (p2q + pq2)q1q .

qq

pqqp

1

11 qq

pqqp

2

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Page 35: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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BeweisdurchführungBeweisdurchführung

Wir formulieren dies schrittweise äquivalent um

(p1q + pq1)q2q < (p2q + pq2)q1q

p1q q2q + pq1q2q < p2q q1q + pq2q1q

p1q q2q < p2q q1q (entsprechendes Gesetz in Z)

p1q2 < p2q1 (Multiplikation mit (1/q)2 > 0) .

Dies ist die Voraussetzung des Satzes. Also ist dies eine richtige

Aussage. Somit gilt auch die Behauptung.

Wir formulieren dies schrittweise äquivalent um

(p1q + pq1)q2q < (p2q + pq2)q1q

p1q q2q + pq1q2q < p2q q1q + pq2q1q

p1q q2q < p2q q1q (entsprechendes Gesetz in Z)

p1q2 < p2q1 (Multiplikation mit (1/q)2 > 0) .

Dies ist die Voraussetzung des Satzes. Also ist dies eine richtige

Aussage. Somit gilt auch die Behauptung.

Page 36: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 36

Multiplikation mit einer positiven rationalen ZahlMultiplikation mit einer positiven rationalen Zahl

2.4.2 Satz. Wenn man eine Ungleichung mit einer beliebigen

positiven rationalen Zahl multipliziert, bleibt die Ungleichung

erhalten. Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen

mit < , und sei eine positive rationale Zahl. Dann gilt

< .

Beispiel: Aus 1/2 < 5/9 folgt durch Multiplikation mit 3/2 die

Ungleichung 3/4 < 5/6 .

2.4.2 Satz. Wenn man eine Ungleichung mit einer beliebigen

positiven rationalen Zahl multipliziert, bleibt die Ungleichung

erhalten. Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen

mit < , und sei eine positive rationale Zahl. Dann gilt

< .

Beispiel: Aus 1/2 < 5/9 folgt durch Multiplikation mit 3/2 die

Ungleichung 3/4 < 5/6 .

1

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q

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2

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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BeweisBeweis

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Dann ist auch p positiv.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir wollen zeigen:

< ,

das heißt p1pq2q < p2pq1q

Da pq eine positive ganze Zahl ist, ist dies gleichbedeutend mit p1q2 < p2q1 .

Dies gilt aber nach Voraussetzung. Also gilt auch die Behauptung.

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Dann ist auch p positiv.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir wollen zeigen:

< ,

das heißt p1pq2q < p2pq1q

Da pq eine positive ganze Zahl ist, ist dies gleichbedeutend mit p1q2 < p2q1 .

Dies gilt aber nach Voraussetzung. Also gilt auch die Behauptung.

qq

pp

1

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Page 38: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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Multiplikation mit einer negativen rationalen ZahlMultiplikation mit einer negativen rationalen Zahl

2.4.2 Satz. Wenn man eine Ungleichung mit einer beliebigen

negativen rationalen Zahl multipliziert, dreht sich die Ungleichung

um. Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen

mit < , und sei eine negative rationale Zahl. Dann gilt

> .

Beispiel: Aus 1/2 < 5/9 folgt durch Multiplikation mit –3/4 die

Ungleichung –3/8 > –15/36 .

2.4.2 Satz. Wenn man eine Ungleichung mit einer beliebigen

negativen rationalen Zahl multipliziert, dreht sich die Ungleichung

um. Das bedeutet: Seien und rationale Zahlen

mit < , und sei eine negative rationale Zahl. Dann gilt

> .

Beispiel: Aus 1/2 < 5/9 folgt durch Multiplikation mit –3/4 die

Ungleichung –3/8 > –15/36 .

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Page 39: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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BeweisBeweis

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Dann ist p negativ.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir wollen zeigen:

> ,

das heißt p1pq2q > p2pq1q

Da pq eine negative ganze Zahl ist, ist dies gleichbedeutend mit p1q2 < p2q1 .

Dies gilt aber nach Voraussetzung. Also gilt auch die Behauptung.

Beweis. Wir können annehmen, dass die Nenner positiv sind.

Dann ist p negativ.

Nach Voraussetzung gilt: p1q2 < p2q1 .

Wir wollen zeigen:

> ,

das heißt p1pq2q > p2pq1q

Da pq eine negative ganze Zahl ist, ist dies gleichbedeutend mit p1q2 < p2q1 .

Dies gilt aber nach Voraussetzung. Also gilt auch die Behauptung.

qq

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Page 40: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

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2.5 Die Entdeckung der Irrationalität2.5 Die Entdeckung der Irrationalität

Die Entdeckung der Irrationalität bei den Pythagoräern (ca. 500 v.

Chr.) war ein Schock. Denn die Pythagoräer waren davon

überzeugt, dass „alles Zahl ist“, und das heißt „rationale“, und damit

im wesentlichen „ganze“ Zahl ist.

Die Pythagoräer entdeckten, dass es Zahlen gibt,

-- die unzweifelhaft existieren, da sie geometrische Größen sind,

-- von denen man aber beweisen kann, dass man sie nicht durch

einen Bruch darstellen kann.

Definition. Eine Zahl heißt irrational, wenn sie keine rationale Zahl

ist. Zwei Zahlen heißen inkommensurabel, wenn ihr Verhältnis

keine rationale Zahl ist.

Die Entdeckung der Irrationalität bei den Pythagoräern (ca. 500 v.

Chr.) war ein Schock. Denn die Pythagoräer waren davon

überzeugt, dass „alles Zahl ist“, und das heißt „rationale“, und damit

im wesentlichen „ganze“ Zahl ist.

Die Pythagoräer entdeckten, dass es Zahlen gibt,

-- die unzweifelhaft existieren, da sie geometrische Größen sind,

-- von denen man aber beweisen kann, dass man sie nicht durch

einen Bruch darstellen kann.

Definition. Eine Zahl heißt irrational, wenn sie keine rationale Zahl

ist. Zwei Zahlen heißen inkommensurabel, wenn ihr Verhältnis

keine rationale Zahl ist.

Page 41: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

© BeutelspacherApril 2005

Seite 41

Das reguläre FünfeckDas reguläre Fünfeck

Die Pythagoräer entdeckten die Irrationalität am regulären Fünfeck.

Es gilt das folgende sensationelle Ergebnis:

2.5.1 Satz. Das Verhältnis von Länge einer Diagonale zur

Seitenlänge eines regulären Fünfecks ist keine rationale Zahl.

Mit anderen Worten: Die Seitenlänge und die Diagonalenlänge eines

regulären Fünfecks sind inkommensurabel.

Bemerkung: Dieses Verhältnis ist der „goldene Schnitt“.

Die Pythagoräer entdeckten die Irrationalität am regulären Fünfeck.

Es gilt das folgende sensationelle Ergebnis:

2.5.1 Satz. Das Verhältnis von Länge einer Diagonale zur

Seitenlänge eines regulären Fünfecks ist keine rationale Zahl.

Mit anderen Worten: Die Seitenlänge und die Diagonalenlänge eines

regulären Fünfecks sind inkommensurabel.

Bemerkung: Dieses Verhältnis ist der „goldene Schnitt“.

Page 42: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 42

BeweisvorbereitungBeweisvorbereitung

Beweis. Wir stellen uns ein „großes“ reguläres Fünfeck vor.

Seien D und F die Längen der Diagonalen und der Fünfecksseite.

Wenn man die Diagonalen einzeichnet, ergibt sich ein „kleines“

reguläres Fünfeck mit Seitenlänge f und Diagonalenlänge d. Da

das große und das kleine reguläre Fünfeck ähnlich sind, sind

entsprechende Längenverhältnisse gleich. Daher gilt D/F = d/f.

Angenommen, das Verhältnis D/F wäre rational. Dann ist dieses

Verhältnis ein Bruch (mit positivem Zähler und Nenner).

Sei p/q (mit p > q) dieses Verhältnis als Bruch mit positivem Zähler,

so dass dieser kleinstmöglich ist. Das heißt: Es gibt keine Darstel-

lung von D/F als Bruch p‘/q‘ mit positivem p', so dass p' < p ist.

Beweis. Wir stellen uns ein „großes“ reguläres Fünfeck vor.

Seien D und F die Längen der Diagonalen und der Fünfecksseite.

Wenn man die Diagonalen einzeichnet, ergibt sich ein „kleines“

reguläres Fünfeck mit Seitenlänge f und Diagonalenlänge d. Da

das große und das kleine reguläre Fünfeck ähnlich sind, sind

entsprechende Längenverhältnisse gleich. Daher gilt D/F = d/f.

Angenommen, das Verhältnis D/F wäre rational. Dann ist dieses

Verhältnis ein Bruch (mit positivem Zähler und Nenner).

Sei p/q (mit p > q) dieses Verhältnis als Bruch mit positivem Zähler,

so dass dieser kleinstmöglich ist. Das heißt: Es gibt keine Darstel-

lung von D/F als Bruch p‘/q‘ mit positivem p', so dass p' < p ist.

Page 43: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 43

Der BeweisDer Beweis

Wir zeigen, dass es doch ein solches p' gibt.

Aus der Zeichnung erkennen wir: D = 2d+f und F = d+f.

Sei g = ggT(2d+f, d+f). Damit folgt aus (2d+f)/(d+f) = D/F = p/q,

dass 2d+f = pg und d+f = qg ist. Es folgt

d = (2d+f) – (d+f) = pg – qg = (p–q)g und f = qg – d = (2q–p)g .

Daraus folgt d/f = (p–q)g/(2q–p)g = (p–q)/(2q–p).

Dies ist eine Darstellung von d/f (= D/F) als Bruch mit positivem

Zähler, der kleiner als p ist: Widerspruch.

Also ist D/F tatsächlich keine rationale Zahl.

Wir zeigen, dass es doch ein solches p' gibt.

Aus der Zeichnung erkennen wir: D = 2d+f und F = d+f.

Sei g = ggT(2d+f, d+f). Damit folgt aus (2d+f)/(d+f) = D/F = p/q,

dass 2d+f = pg und d+f = qg ist. Es folgt

d = (2d+f) – (d+f) = pg – qg = (p–q)g und f = qg – d = (2q–p)g .

Daraus folgt d/f = (p–q)g/(2q–p)g = (p–q)/(2q–p).

Dies ist eine Darstellung von d/f (= D/F) als Bruch mit positivem

Zähler, der kleiner als p ist: Widerspruch.

Also ist D/F tatsächlich keine rationale Zahl.

Page 44: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 44

22

Der berühmteste Irrationalitätsbeweis ist der für 2.

2.5.2 Satz. Die Zahl 2 ist keine rationale Zahl.

Beweis. Angenommen, 2 wäre rational. Dann gäbe es ganze

Zahlen p und q mit q 0, so dass gilt 2 = p/q.

Wir können p und q so wählen, dass sie teilerfremd sind, also ggT

1 haben. Insbesondere sind nicht beide Zahlen p und q gerade.

Wir quadrieren obige Gleichung und multiplizieren dann mit q2:

2 = p2/q2 , also 2 q2 = p2.

Dies ist die Schlüsselgleichung. Diese müssen wir betrachten!

Der berühmteste Irrationalitätsbeweis ist der für 2.

2.5.2 Satz. Die Zahl 2 ist keine rationale Zahl.

Beweis. Angenommen, 2 wäre rational. Dann gäbe es ganze

Zahlen p und q mit q 0, so dass gilt 2 = p/q.

Wir können p und q so wählen, dass sie teilerfremd sind, also ggT

1 haben. Insbesondere sind nicht beide Zahlen p und q gerade.

Wir quadrieren obige Gleichung und multiplizieren dann mit q2:

2 = p2/q2 , also 2 q2 = p2.

Dies ist die Schlüsselgleichung. Diese müssen wir betrachten!

Page 45: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 45

Der BeweisDer Beweis

Die linke Seite ist ein Vielfaches von 2, also eine gerade Zahl.

Also muss auch die rechte Seite eine gerade Zahl sein.

Daher ist p2 gerade, also muss auch p gerade sein (Eindeutigkeit

der Primfaktorzerlegung).

Dann ist p2 sogar durch 4 teilbar.

Da die rechte Seite durch 4 teilbar ist, muss auch die linke Seite

(also 2q2) durch 4 teilbar sein. Also ist q2 durch 2 teilbar, und

daraus folgt, dass auch q durch 2 teilbar ist.

Somit sind p und q beide durch 2 teilbar: Widerspruch zur Wahl

dieser Zahlen! Also ist 2 tatsächlich eine irrationale Zahl.

Die linke Seite ist ein Vielfaches von 2, also eine gerade Zahl.

Also muss auch die rechte Seite eine gerade Zahl sein.

Daher ist p2 gerade, also muss auch p gerade sein (Eindeutigkeit

der Primfaktorzerlegung).

Dann ist p2 sogar durch 4 teilbar.

Da die rechte Seite durch 4 teilbar ist, muss auch die linke Seite

(also 2q2) durch 4 teilbar sein. Also ist q2 durch 2 teilbar, und

daraus folgt, dass auch q durch 2 teilbar ist.

Somit sind p und q beide durch 2 teilbar: Widerspruch zur Wahl

dieser Zahlen! Also ist 2 tatsächlich eine irrationale Zahl.

Page 46: Kapitel 2 Die rationalen und die irrationalen Zahlen.

Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 46

2.6 Wie viele rationale Zahlen gibt es?2.6 Wie viele rationale Zahlen gibt es?

Wir wissen: Z und N sind gleichmächtig, d.h. Z ist „abzählbar.

Frage: Ist Q abzählbar?

Klar: N ist eine echte Teilmenge von Q. Also ist die Menge der

rationalen Zahlen viel „größer“ als die Menge der natürlichen Zahlen.

Wir werden beweisen, dass Q und N gleichmächtig sind, also

„gleich viele Elemente“ enthalten.

Achtung! Bei unendlichen Mengen sind Dinge möglich, die wir

zunächst nicht für möglich halten.

2.6.1 Satz. Die Menge Q der rationalen Zahlen ist abzählbar.

Wir wissen: Z und N sind gleichmächtig, d.h. Z ist „abzählbar.

Frage: Ist Q abzählbar?

Klar: N ist eine echte Teilmenge von Q. Also ist die Menge der

rationalen Zahlen viel „größer“ als die Menge der natürlichen Zahlen.

Wir werden beweisen, dass Q und N gleichmächtig sind, also

„gleich viele Elemente“ enthalten.

Achtung! Bei unendlichen Mengen sind Dinge möglich, die wir

zunächst nicht für möglich halten.

2.6.1 Satz. Die Menge Q der rationalen Zahlen ist abzählbar.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 47

BeweisstrategieBeweisstrategie

Beweis. Z. z.: Man kann die rationalen Zahlen durchnummerieren:

rationale Zahl Nr. 1,

rationale Zahl Nr. 2,

rationale Zahl Nr. 3, ...

Dabei muss jede rationale Zahl genau einmal vorkommen.

Der Beweis hat zwei Teile.

1. Teil (trickreich): Man kann die positiven rationalen Zahlen

durchnummerieren.

2. Teil (einfach): Man kann die Menge aller rationalen Zahlen

durchnummerieren.

Beweis. Z. z.: Man kann die rationalen Zahlen durchnummerieren:

rationale Zahl Nr. 1,

rationale Zahl Nr. 2,

rationale Zahl Nr. 3, ...

Dabei muss jede rationale Zahl genau einmal vorkommen.

Der Beweis hat zwei Teile.

1. Teil (trickreich): Man kann die positiven rationalen Zahlen

durchnummerieren.

2. Teil (einfach): Man kann die Menge aller rationalen Zahlen

durchnummerieren.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 48

Beweis: 1. TeilBeweis: 1. Teil

Die positiven rationalen Zahlen werden so angeordnet, dass in jeder

Zeile die Zahlen stehen, bei denen die Summe aus Zähler und

Nenner konstant ist. Jede rationale Zahl wird nur einmal erfasst.

1/1 (Zähler + Nenner = 2)

1/2  2/1 (Zähler + Nenner = 3)

1/3  3/1 (Zähler + Nenner = 4)

1/4  2/3 3/2 4/1 (Zähler + Nenner = 5)

1/5 5/1 (Zähler + Nenner = 6)

1/6 2/5 3/4 4/3 5/2 6/1 (Zähler + Nenner = 7)

1/7 3/5 5/3 7/1 (Zähler + Nenner = 8)

... (Zähler + Nenner = ...)

Die positiven rationalen Zahlen werden so angeordnet, dass in jeder

Zeile die Zahlen stehen, bei denen die Summe aus Zähler und

Nenner konstant ist. Jede rationale Zahl wird nur einmal erfasst.

1/1 (Zähler + Nenner = 2)

1/2  2/1 (Zähler + Nenner = 3)

1/3  3/1 (Zähler + Nenner = 4)

1/4  2/3 3/2 4/1 (Zähler + Nenner = 5)

1/5 5/1 (Zähler + Nenner = 6)

1/6 2/5 3/4 4/3 5/2 6/1 (Zähler + Nenner = 7)

1/7 3/5 5/3 7/1 (Zähler + Nenner = 8)

... (Zähler + Nenner = ...)

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 49

Beweis: 1. Teil, AbschlussBeweis: 1. Teil, Abschluss

Klar: Jede positive rationale Zahl kommt in irgend einer Zeile vor.

Denn die Summe aus Zähler und Nenner ist irgendeine natürliche

Zahl, und in der entsprechenden Zeile kommt diese Zahl vor.

Damit ergibt sich eine Nummerierung der rationalen Zahlen:

Zuerst kommen die Zahlen in der ersten Zeile, dann die in der

zweiten Zeile, dann die in der dritten usw.

Klar: Jede positive rationale Zahl kommt in irgend einer Zeile vor.

Denn die Summe aus Zähler und Nenner ist irgendeine natürliche

Zahl, und in der entsprechenden Zeile kommt diese Zahl vor.

Damit ergibt sich eine Nummerierung der rationalen Zahlen:

Zuerst kommen die Zahlen in der ersten Zeile, dann die in der

zweiten Zeile, dann die in der dritten usw.

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 50

Beweis: 2. TeilBeweis: 2. Teil

Zu zeigen: Die Menge aller rationalen Zahlen ist abzählbar.

Dies folgt nun einfach: Nach dem ersten Teil gibt es eine Nummerierung r1, r2, r3, ... der positiven reellen Zahlen.

Daraus erhalten wir auf folgende Weise eine Nummerierung aller

rationalen Zahlen:

0, r1, –r1, r2, –r2, r3, –r3, ...

In dieser Folge kommt jede rationale Zahl genau einmal vor: Die Null zuerst, jede positive rationale Zahl als ri und jede negative rationale

Zahl als –ri.

Also ist die Menge der rationalen Zahlen abzählbar!

Zu zeigen: Die Menge aller rationalen Zahlen ist abzählbar.

Dies folgt nun einfach: Nach dem ersten Teil gibt es eine Nummerierung r1, r2, r3, ... der positiven reellen Zahlen.

Daraus erhalten wir auf folgende Weise eine Nummerierung aller

rationalen Zahlen:

0, r1, –r1, r2, –r2, r3, –r3, ...

In dieser Folge kommt jede rationale Zahl genau einmal vor: Die Null zuerst, jede positive rationale Zahl als ri und jede negative rationale

Zahl als –ri.

Also ist die Menge der rationalen Zahlen abzählbar!

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Kapitel 2. Die rationalen und die irrationalen Zahlen

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Seite 51

Wie viele irrationale Zahlen gibt es?Wie viele irrationale Zahlen gibt es?

Wir werden später zeigen, dass die Menge R der reellen Zahlen

überabzählbar ist.

Daraus folgt dann, dass auch die Menge der irrationalen Zahlen

(d.h. die reellen Zahlen, die keine rationalen Zahlen sind)

auch überabzählbar ist.

Also ist „fast jede“ reelle Zahl eine irrationale Zahl!

Wir werden später zeigen, dass die Menge R der reellen Zahlen

überabzählbar ist.

Daraus folgt dann, dass auch die Menge der irrationalen Zahlen

(d.h. die reellen Zahlen, die keine rationalen Zahlen sind)

auch überabzählbar ist.

Also ist „fast jede“ reelle Zahl eine irrationale Zahl!