Klasse Auf welche Strategien Investoren im späten Zyklus ...747ac41e-d289-469a-b14a... · PropTech...
Transcript of Klasse Auf welche Strategien Investoren im späten Zyklus ...747ac41e-d289-469a-b14a... · PropTech...
Klasse AssetsCore-Immobilien bleiben Mangelware:
Auf welche Strategien Investoren im späten Zyklus setzen
Das Immobilienmagazin von Union Investment
RAUM mehrAusgabe 1 | 2019
HandelsimmobilienZukunftsfähige Strategien
Hotellerie Anspruchsvolle Märkte
Digitaler ZwillingDatenmanagement für Immobilien
Bauen in Deutschland wird immer teurer – aus vielen Gründen, wie man weiß. Ausufernde gesetzliche Anforderungen kosten viel, schaffen aber keinen angemessenen
Mehrwert; serielles Bauen könnte Kostenvorteile bringen, ist aber unbeliebt; und 16 Landesbauordnungen machen die ohnehin langwierigen Genehmigungsprozesse für Projektentwickler noch komplizierter. Alle diese Argumente haben Gewicht. Als ImmobilienAssetManager und Treuhänder für die Sparvermögen vieler privater Anleger sowie das Kapital institutioneller Investoren muss sich Union Investment aber vor allem mit den negativen Folgen steigender Baukosten beschäftigen – und nach Wegen suchen, diese abzufedern.
Zunächst die Fakten: Im vierten Quartal 2018 verteuerte sich der Neubau von Bürohäusern um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, meldet das Statistische Bundesamt. Bei gewerblichen Betriebsgebäuden stiegen die Kosten sogar um 4,8 Prozent. Nur im Jahr 2007 gab es stärkere prozentuale Anstiege. Was ein Blick in die Statistik zudem zeigt, ist, dass sich der Preisanstieg beschleunigt hat. Wenig spricht dafür, dass der Trend abflacht. Denn unbestritten ist auch, dass das hiesige Baugewerbe an seine Kapazitätsgrenzen stößt. So verbuchten die Betriebe des Bauhauptgewerbes im November 2018 Aufträge im Wert von 6,4 Milliarden Euro, das waren annähernd 14 Prozent mehr als im November des Vorjahres – und der höchste Auftragseingang in einem November seit 25 Jahren. Wo liegt nun das Problem für den deutschen Immobilientransaktionsmarkt? Die hohen Baukosten treffen ihn in der Phase eines ohnehin bereits enorm hohen Preisniveaus – angefacht von hoher Nachfrage, geringem Angebot und extrem niedrigen Zinsen. Auch wenn die Binnenkonjunktur (noch) rund läuft, Unternehmen expandieren und die Mieten für Büros, Lagerhallen oder Produktionsstätten zuletzt gestiegen sind – mit dem Preis plus können die Erträge nicht ganz Schritt halten.
Während Käufer fertiggestellter, voll vermieteter Neubauten ihre Kauf oder NichtKaufentscheidung auf der Basis des bereits bekannten Verhältnisses von Kaufpreis und Mietertrag treffen können, wird die Situation bei Investitionen in Projektentwicklungen deutlich komplizierter. Denn einerseits müssen ImmobilienAssetManager, die in Deutschland zu angemessenen Renditen Objekte ankaufen wollen, sich diese zunehmend schon in einer frühen Projektphase sichern. Andererseits wird es angesichts unberechenbarerer Baukostensteigerungen immer schwieriger, Projektankäufe sicher zu kalkulieren. Der immer frühere Einstieg von Investoren in Bauprojekte, manchmal Jahre vor der Fertigstellung, erhöht ohne Zweifel die Risiken. Investoren müssen die steigenden Baukosten genau im Blick haben – insbesondere beim Ankauf von Projekten.
Je enger und vertrauensvoller die Partnerschaft zum Projektentwickler – und idealerweise zum späteren Mieter – ist, umso größer die Chancen, mit konkreten Maßnahmen gegenzusteuern. Das beginnt bei der mittelfristigen Preis und Honorarbindung in Rahmenverträgen für Bau und Planungsleistungen, wie wir sie etwa bei Mieterausbauten regelmäßig einsetzen. Bei größeren Bauvorhaben im Inland wie im Ausland bedeutet es aber auch, alternative Vergabe und Planungsverfahren zu prüfen und auf das jeweilige Vorhaben zuzuschneiden. Das können CostandFee
Modelle sein, PartneringVerfahren, Paket oder Einzelvergaben und selbstverständlich der klassische Generalunternehmervertrag mit garantiertem Maximalpreis. Die frühzeitige Einbindung der ausführenden Firmen in den Planungsprozess halten wir für unverzichtbar. Unserer Erfahrung nach lässt sich so das Risiko späterer Nachtragsrechnungen spürbar senken. Auch ein hohes Maß an Transparenz über das Leistungssoll für Auftraggeber wie Auftragnehmer schafft Vertrauen – die Voraussetzung für langfristige strategische Partnerschaften zwischen Bauherr und ausführenden Firmen, und zwar über konjunkturelle Zyklen hinweg. Nicht zuletzt lohnt sich Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem: preisgünstigeren, qualitativ hochwertigen Baustoffen etwa oder Modulbauweisen, aber auch hybriden Gebäuden aus Holz und Beton. Mit der Kombination solcher Maßnahmen lassen sich Baukostensteigerungen erfolgreich begrenzen – zum Nutzen aller Partner.
Mit den besten GrüßenIhr Martin J. Brühl
EDITORIAL
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019
INHALT
4
14
18
34
28
Herzlich willkommen bei RAUM & mehr! Union Investment bietet Ihnen mit dem Immobilienmagazin redaktionell aufbereitete Informationen aus den nationalen und internationalen Investment und Vermietungsmärkten.
Auf der Titelseite sehen Sie die Berliner Skyline am Breitscheidplatz mit den LandmarkGebäuden Upper West und Zoofenster in der City West.
IN DIESER AUSGABE LESEN SIE:
TITELSpäter Zyklus Herausforderung für das Asset Management 4
Union Investment Interview mit Volker Noack 11
MÄRKTEOffene Immobilienfonds 60 Jahre erfolgreich und hochaktuell 12
Kerngeschäft Investoren setzen wieder verstärkt auf Büros 18
Interview Marc Bertrand zum deutschen Büromarkt 21
Hotellerie Investments in Hotelgebäude werden anspruchsvoller 28
PropTech Die zwei Welten der Startups und Grownups 38
KONZEPTERetail Der stationäre Handel lahmt und muss sich neu erfinden 14
Refurbishment Pullman Berlin Schweizerhof im neuen Design 32
Rechenzentren Spezialimmobilien auf dem Radar der Investoren 40
PORTFOLIO50 Millionen Euro Eine magische Größe für Büroinvestments 22
Wohngebäude Immobilienanleger suchen stabile Erträge 24
REAL PEOPLELars Scheidecker Digitalen ImmobilienAssets gehört die Zukunft 34
WEITWINKELUpcycling Architekten entdecken ausrangierte Schiffscontainer 46
Editorial 3
Nachrichten 39
Neu im Union InvestmentPortfolio 47
Online & Service, Kontakt, Impressum 47
Martin J. Brühl ist CIO und Geschäftsführer der Union Investment Real Estate GmbH in Hamburg.
Tite
lfoto
: Rei
nhar
d Sc
hmid
/HUB
ER IM
AGES
Foto
s: Pa
ul L
angr
ock/
Zeni
t/lai
f, Ro
mai
n G
AILL
ARD/
REA/
laif,
Uni
on In
vest
men
t/Hot
el P
ullm
ann
Berli
n Sc
hwei
zerh
of, B
enne
Och
s, Un
ion
Inve
stm
ent/U
rban
Zin
tel
Baukosten im Blick
3
Klasse AssetsCore-Immobilien bleiben Mangelware:
Auf welche Strategien
Investoren im späten Zyklus setzen
Das Immobilienmagazin von Union InvestmentRAUM mehrAusgabe 1 | 2019
Handelsimmobilien
Zukunftsfähige Strategien
Hotellerie Anspruchsvolle Märkte
Digitaler ZwillingDatenmanagement für Immobilien
2 3
4 ▶Foto
: Pau
l Lan
groc
k/Ze
nit/l
aif
DenZyklus reiten
Trotz ansehnlicher Investment- und Vermietungszahlen
ist die Zukunft der internationalen Büroimmobilienmärkte mit vielen
Fragezeichen versehen, schon aufgrund der geopolitischen Unwägbarkeiten. Umso
wichtiger ist jetzt die Kunst des aktiven Asset Managements. Von Christian Hunziker
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019
TITEL
RAUM & mehr 1|20194 RAUM & mehr 1|2019 54 5
Standort mit Strahlkraft: Berlin ist attraktiv, für junge Talente ebenso wie für Unternehmen. Die Stadt verzeichnet trotz des aktuellen Mangels an Flächen ein hohes Wirtschaftswachstum und verändert stark ihr Gesicht – wie etwa in der pulsierenden City West. Rechts im Bild: die Monkey Bar des Hotels 25hours im Bikini Berlin und von dort der Blick auf die Gedächtniskirche.
„Anleger beschäftigen sich verstärkt mit der Frage, was
mit ihren Objekten passiert, wenn die Konjunktur nachlässt und das
Mietwachstum sich abschwächt.“Sabine Barthauer, Vorstandsmitglied
bei Deutsche Hypo
RAUM & mehr 1|2019
TITEL
RAUM & mehr 1|2016RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019 7766
Zu den Vorzeigeschönheiten Berlins zählt die Potsdamer Straße nicht. Doch seit einigen Jahren erlebt die im west-lichen Zentrum der Stadt gelegene Straße einen bemer-
kenswerten Aufschwung: Hochwertige Design- und Modeläden sowie angesagte Restaurants locken eine neue Klientel in die früher recht heruntergekommene Gegend. Und jetzt wird auch noch ein in die Jahre gekommenes Gebäudeensemble aufgewertet: Der Projektentwickler Pecan Development unterzieht im Auftrag internationaler Investoren einen ehemaligen Commerzbank-Standort einem Facelifting und ergänzt ihn durch einen Neubau. 27.000 Quadratmeter Bürofläche entstehen auf diese Weise, die unter dem sinnigen Projektnamen „Im Wirtschafts-wunder“ vermarktet werden.
Mit der Revitalisierung des Bürostandorts gibt der Projektentwick-ler eine mögliche Antwort auf die Frage, die derzeit alle Asset Manager umtreibt: Wie können sie angesichts eines weit fortgeschrittenen Markt-zyklus sowie zahlreicher politischer und ökonomischer Unwägbarkeiten verantwortungsvoll mit den ihnen anvertrauten Geldern umgehen?
Foto
s: De
utsc
he H
ypo,
Riu
Hot
el
Schwierig ist die Antwort auf diese Frage, weil die Signale sehr unter-schiedlich sind. Einerseits verzeichnete der europäische Büroimmo-bilienmarkt 2018 erneut ein herausragendes Jahr. Seit acht Quartalen steigen europaweit die Büromieten, wie die Beratungsgesellschaft Cushman & Wakefield ermittelt hat. Trotz makroökonomischer Risiken sieht die Royal Institution of Chartered Suveyors die europäischen Immobilienmärkte weiter auf Erfolgskurs. Und der „Real Estate Inves-tor Survey“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zeigt, dass Investoren weiterhin optimistisch auf den deutschen Immobilienmarkt blicken.
Große UnsicherheitenAuf der anderen Seite mehren sich die Anzeichen, dass der Boom an sein Ende kommen könnte. Gegen Ende 2018 verzeichneten die gro-ßen Börsenindizes – nicht zuletzt wegen der Ungewissheit über den bevorstehenden Brexit – erhebliche Verluste. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) senkte ihre Wachstumsprognose sowohl für die Weltwirtschaft als auch für Deutsch-land. Entsprechend sackte das vom Immobilienfinanzierer Deutsche Hypo für den deutschen Markt ermittelte Immobilienklima im Dezem-ber 2018 regelrecht ab und erreichte den niedrigsten Wert seit mehr als sechs Jahren.
Hinzu kommt die Ungewissheit, wie es an der Zinsfront weiterge-hen wird. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) ankündigte, das Ankaufsprogramm für Staatsanleihen auslaufen zu lassen, schien eine Zinserhöhung näher gerückt zu sein. Mittlerweile sind sich die Exper-ten da aber nicht mehr so sicher. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) beispielsweise erwartet, dass auch bei einem Ausstieg der EZB aus der expansiven Geldpolitik sich die Zinsen bis 2025 gerade einmal auf 1,3 Prozent erhöhen werden.
Was bedeutet das alles? „Wir sind wahrscheinlich sehr nah am absoluten Höhepunkt des Immobilienzyklus“, sagt Sabine Barthauer, Vorstandsmitglied bei Deutsche Hypo. Sie beobachtet, dass sich Anle-ger „verstärkt mit der Frage beschäftigen, was mit ihren Objekten passiert, wenn die Konjunktur nachlässt und das Mietwachstum sich abschwächt“. Gerade institutionelle Investoren konzentrieren sich Bart-hauer zufolge deshalb in Bezug auf Büroimmobilien verstärkt auf A-Städte und größere B-Städte, da sie dort eine Wertsteigerung oder zumindest Wertstabilität erwarten.
Ein etwas anderes Bild zeichnet eine Umfrage, die Engel & Völkers Investment Consulting unter in Deutschland tätigen Investoren durch-geführt hat. Demnach planen lediglich 38 Prozent der Anleger, verstärkt in den Top-Sieben-Städten zu investieren. 48 Prozent der Anleger ▶
Betten statt Büros: Für ihren ersten Standort in Deutschland hat die spanische Hotelkette Riu das frühere Philips-Bürohochhaus an der Ecke Kleist- und Martin-Luther- Straße in Berlin-Schöneberg zum Hotel mit über 300 Zimmern umgebaut. Das Riu Plaza Berlin wurde 2015 eröffnet.
Düsseldorf
Hamburg
München
Oslo
Frankfurt/M.
Köln
Amsterdam
Paris, Inner City
Paris, La Défense
London, WE
Paris, CBD
Dublin
Kopenhagen
Warschau
Madrid
Berlin
London, City
0 300.000 600.000 900.000 1.200.000 1.500.000
leer stehende Flächen Ende 2018 (Prognose)verfügbares neues Flächenangebot 2019
Gefragtes FlächenangebotLeer stehende und neu an den Markt kommende Büroflächen in europäischen Metropolen in Quadratmetern; 51 Prozent der Flächen in Projektentwicklungen sind vorvermietet
Quelle: Savills Briefing Note „European Offices“, Oktober 2018
RAUM & mehr 1|2019
TITEL
9
wollen hingegen ihr Engagement an B-Standorten intensivieren, wäh-rend 52 Prozent ein Auge auf das Umland der Metropolen geworfen haben. Besonders interessant für Philip La Pierre, Head of Continental Europe bei LaSalle Investment Management, sind dabei „Lagen rund um die klassischen Central Business Districts (CBD), die gut an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sind“. Dort bestehe Nachholbedarf bei den Mieten, argumentiert La Pierre. „Deshalb in-vestieren wir dort gern etwas mehr, um nach einem Refurbishment eine deutlich höhere Miete zu generieren. Auch ein Abriss mit anschlie-ßender Neubebauung kommt an solchen Standorten infrage.“
Die Chancen des RefurbishmentsEine solche Aufwärtsstrategie verfolgen derzeit zahlreiche Asset Manager – nicht nur beim Berliner Projekt „Im Wirtschaftswunder“. Union Investment beispielsweise prüft bauliche Maßnahmen beim Bürogebäude Le Président in der Avenue Louise in Brüssel. „Es han-delt sich um ein altes und inzwischen nicht mehr zeitgemäßes Single-Tenant-Gebäude mit rund 6.200 Quadratmeter Fläche, dessen Miet-vertrag mit hoher Wahrscheinlichkeit 2020 ausläuft“, sagt Volker Noack, Geschäftsführer der Union Investment Real Estate GmbH. Geplant ist, nicht nur die vorhandenen Flächen zu modernisieren, son-dern auch die vermietbare Fläche um bis zu 2.000 Quadratmeter zu erweitern. „Dementsprechend werden der Mietertrag und damit auch der Wert der Immobilie deutlich gesteigert“, stellt Noack fest und betont: „Ein solches Vorgehen setzt ein aktives und kreatives Asset Management voraus“ (siehe auch das Interview auf Seite 11).
Allerdings geht diese Rechnung nur dort auf, wo die Nachfrage zahlungskräftiger Büromieter groß genug ist. „Wie wirkt es sich auf die Miete aus, wenn wir einen bestimmten Betrag investieren?“, lau-tet deshalb eine oft gehörte Frage. Zu einer positiven Antwort auf diese Frage kam der Fondsdienstleister Real I.S. in Rotterdam. Dort hat er das Bürogebäude an der Wilhelminakade 123 modernisiert und durch einen 2.800 Quadratmeter großen Erweiterungsbau ergänzt. „Refur-bishment“, betont Brigitte Walter, Vorstandsmitglied von Real I.S., „spielt im aktiven Asset Management eine sehr wichtige Rolle und trägt dazu bei, die Mieteinnahmen zu erhöhen.“
Die gewachsene Bedeutung der Bestandsoptimierung hängt auch mit der Entwicklung auf dem Grundstücks-markt zusammen. „Weil Grundstücke so teuer geworden sind, können mit der Aufstockung von Gebäuden, der Bebauung von Freiflächen oder Refurbishments Miet-potenziale genutzt und so eine deutlich höhere Rendite erreicht werden als bei Investments in Neubauimmobi-lien“, stellt Michael Schneider fest, Geschäftsführer der Service-KVG Intreal.
An Bedeutung verloren hat hingegen vor dem Hin-tergrund der starken Büronachfrage die Umnutzung von Bürogebäuden in Wohnhäuser, wie sie noch vor wenigen Jahren beispielsweise in der Bürostadt Niederrad in Frank-
furt am Main zu beobachten war. Wenn eine Büroimmobilie überhaupt noch einer anderen Nutzung zugeführt wird, dann entsteht laut Deut-sche-Hypo-Vorstand Sabine Barthauer am ehesten eine studentische Wohnanlage oder ein Hotel.
Lange oder kurze Mietverträge?Mit einer kurzfristigen Änderung der Rahmenbedingungen rechnet Matthias Pink, Head of Research Germany bei der Beratungsgesell-schaft Savills, nicht. „Dass die Büromieten zurückgehen könnten, ist für 2019 und 2020 nicht absehbar“, sagt er. Marcus Lemli, Head of Investment Europe bei Savills, erwartet denn auch eine steigende Nach-frage nach qualitativ hochwertigen Büroflächen. Gleichzeitig weisen Lemli und Pink aber auf die Möglichkeit eines Konjunktureinbruchs hin. Das Risiko einer Rezession halten sie für größer als das einer Zins-wende, da die Marktteilnehmer auf Letztere besser vorbereitet seien.
Gerade langfristig orientierte Investoren sind sich der möglichen Gefahren ebenfalls bewusst. „Sollte es zu einer Abschwächung der Konjunktur kommen, so könnte es sein, dass die Knappheit an Büro-flächen ein Stück weit nachlässt“, sagt Brigitte Walter von Real I.S.
Und bei LaSalle Investment Management heißt es: „Europa hat noch gute Jahre vor sich. Aber irgendeinmal wird der Markt drehen. Deshalb müssen wir unsere Objekte optimal auf eine mögliche Abschwächung ausrichten.“ Dafür sei es entscheidend, „auf der Ertragsseite zu arbeiten“.
Mit welcher Mietvertragsdauer aber lässt sich der Ertrag heben? Darauf gebe es keine pauschale Antwort, sagt Brigitte Walter von Real I.S. Beim Büro-Tower in Rotterdam bei-spielsweise verlängerte Real I.S. den Miet-vertrag mit der Telekommunikationsge-
RAUM & mehr 1|201988
▶
8
Foto
s: V
8 ar
chite
cts/
Oss
ip c
an D
uive
nbod
e, re
nt24
/ And
reas
Luk
osch
ek38 %
der von E&V befragten Anleger
wollen in den deutschen „Big 7“
investieren; Investments im Umland
der Metropolen planen
52 %
Nach einer umfassen-den Modernisierung und Erweiterung hat Real I.S. das Bürohoch-haus an der Wilhelmin-akade 123 in Rotter-dam (Foto oben) langfristig an KPN ver-mietet. An der Ober-wallstraße 6 in Berlin (Foto rechts) betreibt Rent24 einen Cowor-king Space mit über 7.200 Quadratmeter Büro- und Eventfläche.
das aktuell günstige Marktumfeld zur Port-
foliobereinigung nutzen
nur Immobilien mit langfristig laufenden
Mietverträgen kaufen
langfristige Zinsfestschreibungen
Zinsswaps
40 % 60 % 80 % 100 %20 %0 %
0
27
87
27
Investoren beugen vorMaßnahmen, die Fondsinvestoren treffen, um auf eine potenzielle Marktkorrektur vorbereitet zu sein*
Quelle: Intreal, Oktober 2018* Mehrfachnennungen möglich
TITEL
RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|201910 11
sellschaft KPN gleich um 20 Jahre. „Bei einer kürzeren Laufzeit würden sich die umfangreichen Investitionen nicht rechnen, die wir auf Wunsch des Mieters getätigt haben“, begründet dies Brigitte Walter. Anders sei es bei Ankäufen „an Orten, die Mietsteigerungspotenzial aufwei-sen: Dort sehen wir gern kürzere Laufzeiten der Mietverträge“.
Diese Strategie verfolgen auch andere Investoren; wobei eine Um-frage der Service-KVG Intreal unter ihren Fondspartnern allerdings eine leichte Verschiebung andeutet. Immerhin 27 Prozent der für die Studie Befragten erklären demnach, dass sie nur Immobilien mit langfristigen Mietverträgen kaufen. „Vor zwei Jahren wäre dieser Anteil vermutlich niedriger gewesen“, erklärt Intreal-Geschäftsführer Michael Schneider. „Viele Marktteilnehmer sind vorsichtiger geworden, weil sie es für denkbar halten, dass in den nächsten Jahren ein Abschwung eintreten wird.“
„Auf das eigentliche Asset schauen“Intensiv diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Frage, wie Miet-verträge mit den seit geraumer Zeit stark expandierenden Coworking-Anbietern wie Wework, Spaces und Rent24 einzuschätzen sind. Auf Investorenseite ist das Interesse auf jeden Fall groß: Beim „Trend-barometer 2019“ von EY Real Estate stimmten 91 Prozent der befrag-ten Immobilienunternehmen der Aussage zu, dass Coworking Spaces in Zukunft durch die Digitalisierung stärker in den Investmentfokus rücken werden.
Hintergrund dieser Annahme ist die Tatsache, dass die Digitalisie-rung flexible Formen des Arbeitens erleichtert. Zudem haben Cowor-king-Flächen den Vorteil, dass sie Unternehmen mit kurzfristigem Platz-bedarf eine Ausweichmöglichkeit bieten, die angesichts der geringen Leerstandsquote auf dem regulären Büromarkt kaum mehr zu finden ist. Vermieter müssten sich allerdings des damit verbundenen Risikos bewusst sein, gibt John Kamphorst, Mitglied der Geschäftsleitung der Beratungsgesellschaft Engel & Völkers Investment Consulting, zu be-denken: Bei einer rückläufigen Nachfrage könne es sein, dass sich ein Standort nicht mehr trage. Entsprechend kritisch sind viele Eigentümer gegenüber Coworking-Anbietern als Alleinmieter eines Objekts eingestellt.
Auf einen weiteren Aspekt macht Volker Noack von Union Invest-ment aufmerksam. „Coworking-Operator erzielen eine höhere Qua-dratmetermiete als wir. Deshalb lohnt sich die Überlegung, wie wir durch attraktive Zusatz-Services ebenfalls am Mehrertrag partizipieren können.“ Bei einem Bürogebäude in Chicago hat Union Investment deshalb auf Wunsch des Mieters auf einer Etage Konferenzräume, ei-nen mobilen Starbucks und eine Lounge untergebracht, um so eine kommunikative Arbeits- und Begegnungsatmosphäre zu schaffen. Im-mer im Auge behalten müssen Asset Manager auch den Ankauf und
den Verkauf eines Objekts. Gerade in der jetzigen, von hohen Preisen geprägten Marktphase müsse man „beim Einkauf sehr sensibel hin-schauen und Faktoren wie Lagequalität und Drittverwendungsfähigkeit sehr genau prüfen“, stellt Real-I.S.-Vorstandsmitglied Brigitte Walter fest. „Anders ausgedrückt: Man muss mehr denn je auf das eigentli-che Asset schauen.“ Oder, wie es Michael Schneider von Intreal aus-drückt: „Die Rolle des Managers, der mit der Immobilie umzugehen weiß, hat an Bedeutung gewonnen.“ •
Herr Noack, bei einem Bürogebäude in Brüssel prüfen Sie gerade ein grundlegen-des Refurbishment. Spielen dabei Überlegungen, zusätzliche Mietfläche zu schaffen, eine maßgebliche Rolle?Dies ist nur ein Aspekt unter mehreren. Natürlich bieten neue Flächen – gerade in diesem Marktzyklus – die Möglichkeit, eine höhere Miete zu erzielen. Aber es kommt immer auf den Einzelfall an. Beim Emporio in Hamburg, das wir von 2009 bis 2012 grundlegend modernisiert haben, war der Zugewinn von Fläche nicht der entschei-dende Faktor. Vielmehr ging es darum, aus einem 60er-Jahre-Haus ein grünes Gebäude zu machen, das zukunftsorientiert aufgestellt ist. Wir glauben, dass diese nachhaltige Orientierung bei einem hohen Qualitätsniveau dem Anleger langfristig stabilere Erträge liefert.
Wie wichtig ist der Ansatz, aus einem Single- ein Multi-Tenant-Objekt zu machen?Wir prüfen immer schon im Einkauf, ob sich ein Gebäude auch an mehrere Nutzer vermieten lässt. Auch dafür ist das Emporio ein gutes Beispiel: Unser Ziel war es, uns aus der Abhängigkeit von einem einzigen Großmieter zu lösen.
Und welche Rolle spielen die geänderten Anforderungen der Nutzer?Über dieses Thema diskutieren wir intensiv. Hier und jetzt ist der Wunsch der Mieter nach neuen Arbeitswelten gar nicht so deutlich zu spüren. Trotzdem ist die Absicht der Unternehmen, für junge, talentierte Mitarbeiter mit ihrer hohen Erwartungshal-tung attraktiv zu sein, ein wichtiger Treiber.
Nicht nur IT-affine Unternehmen wollen sich junge Talente sichern und dafür das nötige Ambiente schaffen.
Welche Hindernisse können bei einer Umgestaltung auftreten?Hauptsächlich zu beachten sind Einschrän-kungen durch das geltende Planungsrecht und den Denkmalschutz. Plant man eine Umgestaltung, muss man deshalb immer das Gespräch mit den kommunalen Vertretern suchen, wobei solche Abstim-mungen manchmal nicht ganz einfach sind. Bei älteren Gebäuden können zudem Schadstoffe zum Thema werden. Und wenn wir nur einen Teil des Gebäudes anfassen, ist es eine Herausforderung, dies bei laufendem Betrieb zu machen, ohne die Mieter zu stark zu beeinträchtigen.
Welche Mietvertragsdauer bevorzugen Sie bei Bürogebäuden?Wir sind erfahren genug, um zu wissen, dass der Zyklus, wenn er denn abreißt, brutal abreißen kann. Um die kommenden
Dellen zu überbrücken, versuchen wir, Fünf-Jahres-Verträge abzuschließen. Die früher nicht unüblichen Zehn-Jahres-Miet-verträge sind heute nur noch bei Neubau-ten oder Projektentwicklungen zu finden und bleiben bei Verlängerungen eher die Ausnahme. Unserer Meinung nach wird der Zyklus in Bezug auf Büroimmobilien noch ein bis zwei Jahre anhalten. Deshalb gehen wir nicht die volle Risikokurve mit und verlängern, wo dies möglich ist, auslaufen-de Verträge auch vorab lieber längerfristig.
Ist in manchen Märkten der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich von Objekten zu trennen?Wir sind ein langfristiger Bestandshalter und wollen unsere Objekte länger als einen Zyklus im Portfolio halten. Wir haben aber in den letzten Jahren günstige Markt-konstellationen genutzt, um Immobilien zu verkaufen, die wir langfristig nicht mehr in unserem Portfolio haben wollten. Mit 98 Prozent Vermietungsquote bei unseren deutschen Büroobjekten stehen die Zeichen jetzt naturgemäß auf „Halten“.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen Asset Manager und Investment Manager?Die Entscheidungen finden im Dreieck Investment-, Asset- und Fondsmanagement statt, wobei der Fondsmanager die Strategie für jedes seiner Objekte vorgibt. Ziel im Asset Management ist es, die Dauer der Mietverträge optimal auf den vom Fondsmanagement geplanten Verkaufszeit-punkt abzustimmen.
Das Interview führte Christian Hunziker.Foto
s: Re
al IS
, Uni
on In
vest
men
t/Ral
ph R
ichte
r, Un
ion
Inve
stm
ent/U
rban
Zin
tel
„Fünf-Jahres-Mietverträge helfen, wenn der Zyklus abreißt“ Welche Mietvertragsdauer in der aktuellen Marktphase optimal ist und wann Refurbishments lohnen, erläutert Volker Noack, Geschäftsführer der Union Investment Real Estate GmbH
Geschäftsführer Volker Noack verantwor-tet das Real Estate Asset Management.
„Refurbishment spielt im aktiven Asset Management eine sehr wichtige
Rolle und trägt dazu bei, die Mieteinnahmen zu erhöhen.“
Brigitte Walter, Vorstandsmitglied von Real I.S.
Das nach LEED Platin zertifizierte Gebäude South Wacker in Chicago, USA, hat Union Investment 2005 als Neubau erworben und seither kontinuierlich weiterentwickelt.
RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|2019
MÄRKTE
12 13
offensichtlich nichts verloren. Im Gegenteil. Aus den Krisen der ver-gangenen Jahrzehnte ist es insgesamt gestärkt hervorgegangen. Allen voran aus der globalen Finanzmarktkrise des Jahres 2008, als eine Vielzahl vor allem institutioneller Anleger gleichzeitig hohe Geldsum-men aus Offenen Immobilienfonds abzog und diese so in Liquiditäts-not brachte, dass einige von ihnen vorübergehend die Rücknahme von Fondsanteilen aussetzen mussten. Nicht alle kamen in den Folgejahren wieder auf die Beine.
Diejenigen aber, die die Krise meisterten, zogen wichtige Lehren daraus – nicht zuletzt angehalten und unterstützt durch eine verän-derte Regulatorik des deutschen Gesetzgebers. Dazu zählen die klare Trennung zwischen Fonds für private und institutionelle Anleger, die Einführung von Mindesthalte- und Kündigungsfristen sowie die proaktive Steuerung von Mittelzuflüssen durch die Fondsgesellschaf-ten selbst, die inzwischen vielfach neu auszugebende Fondsanteile vorausschauend kontingentieren.
Bewertungsdisziplin hat sich bewährtInsbesondere aber hat sich im Lauf der zurückliegenden zehn Jahre vieles in der Investment- und Managementstrategie der Immobilien-Kapitalanlagegesellschaften verändert. „Die frühere Buy-and-Hold-Strategie etwa ist inzwischen einem sehr aktiven Management gewi-chen“, sagt Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH. So liege aktuell das Durchschnitts-alter aller Liegenschaften in Offenen Immobilienfonds von Union In-vestment bei nur etwas über zwölf Jahren, ein eindrücklicher Beweis für ein beschleunigtes, vor allem aber konsistentes An- und Verkaufs-management. „Die Analyse des Portfolios ist inzwischen ein stetiger, fortlaufender Prozess“, erläutert Kutscher. Aspekte wie die nachhalti-ge Ertragskraft eines Objekts würden dabei ebenso berücksichtigt wie dessen Position im typischen Immobilienlebenszyklus und das Ergebnis aus der Analyse des jeweiligen regionalen Marktgeschehens.
„Zudem hat die Branche in jüngster Zeit erhebliche Anstrengun-gen unternommen, um sinnvolle und auf das Immobilieninvestment angepasste Risikomanagementstrategien aufzubauen und ent-sprechende Instrumente zu implementieren“, betont Kutscher. „Diese Aufgabe wird die Branche in den kommenden Jahren weiterhin sehr konsequent verfolgen.“ Unterstützt wird die hohe Wertstabilität von Anteilen an Offenen Immobilienfonds durch die Bewertungspraxis der unabhängigen Gutachter, die jedes Fondsobjekt vor dem Ankauf und danach mindestens einmal im Quartal bewerten müssen. Diese ist auf nachhaltig erzielbare Erträge und eine langfristige Perspektive ausge-richtet. Angesichts des weltweit nach wie vor starken Interesses an Immobilieninvestments und den in der Folge deutlich gestiegenen Kaufpreisen kletterten zwar auch bei deutschen Offenen Immobilien-Publikumsfonds seit 2015 die Objektbewertungen und mit ihnen die Wertänderungsrenditen an. „Die Zunahme erfolgt jedoch in deutlich geringerem Tempo als der globale Preisanstieg auf den Immobilien-märkten“, bestätigt eine Studie der Ratingagentur Scope die konser-vative Bewertungspraxis der Branche.
Diese Bewertungsdisziplin, die immer die langfristigen Folgen kurz-fristiger Ausschläge sowohl nach oben wie nach unten im Blick behal-te, habe sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten im Sinne der
Beim Anlegen von Schiffen haben sich Festmacherseile bewährt, Offene Immobilienfonds bei der Anlage von Kapital.
Deutschlands Anleger gehen gern auf Nummer sicher: Von den gut 23 Milliarden Euro Spargeldern, die sie netto zwi-schen Januar und November 2018 offenen Publikumsfonds
anvertrauten, flossen annähernd 6 Milliarden Euro in Offene Immobi-lien-Publikumsfonds. Aktienfonds – mit einem Anteil von 36 Prozent am 3 Billionen Euro umfassenden Vermögen aller deutschen offenen Publikumsfonds immer noch das beliebteste Anlagevehikel privater Investoren – konnten netto gerade einmal knapp 2 Milliarden Euro für sich verbuchen. Nur Mischfonds, die Kapital auf mehrere Anlage- und Risikoklassen verteilten, wie etwa Aktien, Rentenpapiere, Edel-metalle oder auch Immobilien, schnitten besser ab. Sie waren mit einem Nettomittelaufkommen von 21 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres der absolute Spitzenreiter in der Gunst deutscher Anleger.
Die Branche der Immobilienfondsanbieter darf die vorläufige Bi-lanz des Jahres 2018 als Vertrauensbeweis und als Bestätigung des eingeschlagenen Weges sehen. Denn auch das Fondsvermögen Offe-ner Immobilien-Publikumsfonds insgesamt steigt seit 2014 wieder Fo
to: G
etty
Imag
es/ R
osa
Mar
ía F
erná
ndez
Rz,
Univ
on In
vest
men
t/ Ul
rich
Scha
arsc
hmid
t
Stabilitätsanker für AnlegerDer Offene Immobilienfonds wird 60 – und ist
heute so beliebt wie lange nicht. Das verdankt er
seiner Kraft zur Veränderung, aber auch dem
Festhalten am Bewährten. Von Anne Wiktorin
•
„Die frühere Buy-and-Hold-Strategie ist inzwischen einem
sehr aktiven Management gewichen.“
Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung
der Union Investment Real Estate GmbH
Fondsanleger mehr als bewährt, betont Kutscher. „Die Performance Offener Immobilienfonds hat in dieser Zeit fast immer die Inflations-rate deutlich geschlagen“ (siehe Grafik). In Kombination mit der vergleichsweise hohen Sicherheit der Anlageform sei dies, davon ist Kutscher überzeugt, ein eindrückliches Zeichen für die Stärke des Offenen Immobilienfonds – auch und erst recht im beginnenden sieb-ten Jahrzehnt seines Bestehens.
20182017201620152014201320122011201020092008
Immobilien-Spezialfonds Immobilien-Publikumsfonds
0
20
40
60
80
100
Spezialfonds auf WachstumskursEntwicklung des Nettofondsvermögens der Offenen Immobilien-Spezialfonds und Offenen Immobilien-Publikumsfonds in Mrd. Euro*
Quelle: BVI, Januar 2019* Stichtag jeweils 31.12., davon abweichend 30.11.2018
36 %
27 %
20 %
10 %
3 %
2 %
2 %
Aktienfonds
Mischfonds
Rentenfonds
Immobilienfonds
sonstige Fonds
wertgesicherte Fonds
Geldmarktfonds
Wichtige AssetklasseOffene Immobilien-Publikumsfonds stellen rund 10 Prozent des Fondsvermögens aller deutschen Offenen Publikumsfonds
Quelle: BVI, 31.10.2018
1960 1970 1980 1990 2000 2010 2017*
Performance Offener Immobilien-Publikumsfonds Inflation (VPI, Verbraucherpreisindex)
–2
0
2
4
6
8
10
12
Erfolgreiche PerformanceOffene Immobilien-Publikumsfonds boten nahezu durchgängig eine positive Realverzinsung, Werte in Prozent
Quelle: BVI, DPG, 31.10.2018* Sondereffekt: SEB Konzept Stiftungsfonds
befindet sich in der Liquidation
deutlich und erreicht aktuell den Rekordwert von annähernd 100 Mil-liarden Euro. Zudem bescheren auch institutionelle Investoren wie Versicherer, Pensions- und Versorgungskassen der Branche beeindru-ckende Wachstumszahlen. So vervierfachte sich in den vergangenen zehn Jahren das Nettofondsvermögen in Immobilien-Spezialfonds auf aktuell 86 Milliarden Euro und ist damit nicht mehr weit vom Gesamt-vermögen in den Publikumsfonds der Sparte entfernt (siehe Grafik).
Gute Nachrichten also zu Beginn eines Jahres, in dem der deut-sche Offene Immobilienfonds seinen 60. Geburtstag feiert. Denn an Vitalität hat das Produkt – 1959 von der Internationalen Immobilien-Institut GmbH mit dem iii-Fonds Nr. 1 erstmals aufgelegt – ganz
RAUM & mehr 1|2019
KONZEPTEKONZEPTE
15
Das große Gebäude im Art-déco-Stil, auffällig rosafarben, di-rekt am Alexanderplatz gelegen, kennen nicht nur die meis-ten Berliner. Auch für viele Touristen ist das Alexa mit seinen
186 Geschäften, verteilt auf 43.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, ein absolutes Muss. Mit rund 16 Millionen Besuchern jährlich zählt das Shopping- und Freizeitcenter, das zum Portfolio des Offenen Immobi-lienfonds UniImmo: Deutschland von Union Investment gehört, zu den am stärksten frequentierten Einkaufszentren in Deutschland. „Die Lage des Centers mitten in der Innenstadt und an einem Verkehrsknoten-punkt von Tram, U- und S-Bahn ist ein Garant für Besucherfrequenz“, stellt Ingmar Behrens fest, Sprecher des German Council of Shopping Centers.
Mieten sinken auf breiter FrontSo gut wie das Alexa stehen indes längst nicht alle Retail-Immobilien da. „Ein verändertes Kundenverhalten sowie das weiterhin überpro-portional steigende Einkaufen im Internet – mit anschließender und bislang für den Besteller noch kostenfreier Direktlieferung nach Hau-se – hat Händler taumeln und auch straucheln lassen“, sagt Dieter Bullinger. Getroffen habe es insbesondere die Einzelhändler, die wei-terhin an alten Strukturen festhalten und selbst auch keine Online-präsenz haben. „Hinzu kommen die stark wachsenden Rabattschlach-ten, die letztendlich nicht durch erhöhten Warenumschlag zu stabilen Umsätzen oder gar Steigerungen führen“, beschreibt der Geschäfts-leiter des Schweizer Beratungsunternehmens Debecon die Lage. Die Konsumenten würden davon abgehalten, etwas zum Normalpreis zu erwerben – dies gehe deutlich zulasten der Marge. Betroffen seien vielfach familiengeführte Fachgeschäfte und damit besonders die Ein-kaufslagen kleinerer Städte und Gemeinden, so Bullinger. „Doch leidet auch die Modebranche mit ihren Bekleidungs- und Schuhgeschäften unter Umsatzeinbußen, und da diese Sparten bislang das Rückgrat vieler Haupteinkaufsstraßen und Einkaufszentren darstellen, steigt auch dort die Zahl der leer stehenden Geschäfte.“
Nach einer aktuellen Befragung von 90 global agie-renden Fashionmarken durch die Strategieberatung Boston Consulting Group wuchs der Online-Absatz im Textilbereich zuletzt dreimal so rasant wie im stationären Handel. Das hat Kon-sequenzen für Vermieter. Vor allem interna-tionale Modehändler wie H&M und Zara pochen, wie es in vielen Ländern schon seit längerer Zeit Gewohnheit ist, auf kürzere Fest-laufzeiten beim Abschluss von Mietverträgen (siehe Grafik Seite 17). Davon können zwar auch die Eigentümer profitieren, wie Klaus
Striebich, Inhaber der Beratungsgesellschaft Rare Advise – Retail and Real Estate, feststellt. „Mietlaufzeiten von drei Jahren können für Ver-mieter durchaus akzeptabel sein, weil sie die Chance bieten, einen Standort schneller an die Nachfrage anzupassen und bei anziehendem Vermietungsgeschäft vom steigenden Mietzins zu profitieren.“ Doch zunächst einmal signalisieren steigende Leerstände bei Betreibern wie Vermietern von Retailflächen Handlungsbedarf.
Eine Entwicklung mit Folgen: Nach Angaben der Beratungsgesell-schaft Comfort sind 2018 die Einzelhandelsmieten in gut zwei Drittel der 132 erfassten deutschen Städte zurückgegangen. „Wir bewegen uns klar in einem Mietermarkt, auf dem Höchstmieten heute nur noch zu erreichen sind, wenn wirklich alles für den Mieter passt“, sagt Olaf Petersen, Geschäftsführer von Comfort Management Services und ver-antwortlich für den Bereich Research & Consulting. Die geänderten Rahmenbedingungen wirken sich inzwischen auch auf den Investment-markt aus: So ist der Anteil von Einzelhandelsobjekten am gesamten Transaktionsvolumen in Deutschland im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr von 18 auf 16 Prozent gesunken. Ein weiteres Alarmzeichen: Die Renditen von Shoppingcentern sind entgegen dem allgemeinen Markttrend zuletzt gestiegen.
Auf die soziale Komponente achtenDamit sind die Vermieter und Betreiber von Einzelhandelsimmobilien gefordert, den Erfolg ihrer Investitionen zu sichern. „Es ist erforder-lich, deutlich analytischer vorzugehen, um in Erfahrung zu bringen, wer der Kunde ist, welche Bedürfnisse er hat und welche Freizeitak-tivitäten gewünscht werden“, sagt Joachim Will, Geschäftsführer des Wiesbadener Analysehauses Ecostra. Ferner müsse man sich mit der Frage beschäftigen, wie die Stadtzentren und die Zentrallagen der Stadtteile weiterhin attraktiv bleiben und entsprechend frequentiert werden. „Denn nur dort, wo Menschen auf der Straße sind, lebt die Stadt“, sagt Will. „Man muss Destinationen schaffen, sprich Orte, von denen Menschen angezogen werden, wo sie gerne verweilen, sich mit Freunden verabreden, gerne Zeit verbringen, bummeln – und en passant eben auch einkaufen.“
Welch wesentliche Rolle die „menschliche Komponen-te“ bei der Umsatzentwicklung im Einzelhandelssektor spiele, belegt für den Ecostra-Chef der Erfolg der Factory Outlet Center (FOC) – einer Sparte, die sich bisher als völlig immun gegenüber der Onlinekonkurrenz erwies. Outletcenter zeichnen sich zum einen durch die im Ver-gleich zum normalen Ladenpreis günstigeren Preise für Markenware aus, zielen also auf der Preisebene auf ein ähnliches Kundensegment wie Teile des Onlinehandels. „Zum anderen aber – und das ist der springende
Mit einem spektakulären Event feierte das Berliner Shoppingcenter Alexa im Herbst 2018 sein zehnjähriges Jubiläum und die Eröffnung von vier neuen Einkaufswelten.
▶Foto
: Son
ae S
ierra
/ Ped
ro B
ecer
ra, S
hutte
rsto
ck /
Rich
ard
Pete
rson
, priv
atHandel in Bewegung
Die Retailbranche befindet sich erneut in einem tief greifenden strukturellen Wandel. Hintergrund
sind veränderte Kaufgewohnheiten, starre Strukturen der Einzelhandelsbetreiber und der Boom
des Onlinehandels. Doch mit geeigneten Konzepten lassen sich der stationäre Handel – und die
Handelsimmobilien – zukunftssicher machen. Von Susanne Osadnik und Birgitt Wüst
„Mietlaufzeiten von drei Jahren können durchaus akzeptabel sein;
bei anziehendem Vermietungs-geschäft profitiert der Standort
vom steigenden Mietzins.“Klaus Striebich, Inhaber Rare
Advise – Retail and Real Estate
14 RAUM & mehr 1|201914 RAUM & mehr 1|2019
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|201916 17
tugiesische Einzelhandelsspezialist Sonae Sierra, der das Berliner Alexa im Auftrag von Union Investment betreibt, sorgt mit einer Reihe von Attraktionen – unter anderem Autogrammstunden von Sängern und Präsentationen neuer Musikalben – für reichlich Publikum. „Bezogen auf das Gesamtportfolio weisen Shoppingcenter noch immer einen sehr hohen Vermietungsstand und eine überdurchschnittliche Rendite auf“, betont Henrike Waldburg und verweist darauf, dass Union Invest-ment über ein starkes Retailportfolio verfüge, das nach wie vor stabile Erträge erwirtschaftet sowie Umsatz- und Frequenzwachstum aufweist. Doch eines sei angesichts der sich rapide wandelnden Einkaufs-gewohnheiten und ebenso schnell verändernden Handelslandschaft klar, betont die Retail-Expertin: „Der Management- und Investitions-aufwand ist deutlich gestiegen.“
Das Quartier mit einbeziehenVermehrt wird bei der Planung von Refurbishments oder Neubauten von Kaufhäusern oder Shoppingcentern das direkte Umfeld mit einbezogen – ein Trend, der dazu diene, „das Kerngeschäft abzurunden und Destina-tionen zu kreieren“, berichtet Werner Studer, Executive Director der Inter-continental Group of Department Stores, der weltweit größten Vereinigung von Warenhäusern. Als Beispiele nennt er die bereits erwähnten Galeries Lafayette in Paris, deren Geschäftsleitung daran interessiert sei, sich in entsprechenden Lagen auch als Nachbarschafts- und Traveltourist- Retailer zu positionieren respektive dieses Geschäft aufzubauen.
Beispiele für den weltweit beobachtbaren Trend gibt es auch in Deutschland: In Stuttgart etwa investierte der Warenhauskonzern Breu-ninger gut 200 Millionen Euro, um das an sein Kaufhaus an der Markt-straße angrenzende Dorotheen Quartier zu beleben. Neben Büroräumen
und Wohnungen wartet die 2017 fertiggestellte Anlage nun mit schicken Restaurants sowie bekannten Markenshops auf – und erfreut sich ho-her Besucherzahlen. Beim Refurbishment der Riem Arcaden in München, Bayerns größtem Neubau-Stadtquartier, investierte Eigentümerin Union Investment rund 65 Millionen Euro in einen 18.500 Quadratmeter gro-ßen Erweiterungsbau. Das Quartier bietet nun insgesamt gut 122.000 Quadratmeter Mietflächen, wovon 61.000 der Einzelhandel belegt. Wie Ralf Schaffuss, Leiter Retail Deutschland bei der Union Investment Real Estate GmbH, berichtet, wurden im Zuge der bisher abgeschlossenen Umbaumaßnahmen unter anderem der Anteil der gas-tronomischen Flächen erweitert und zuvor bestehende Fehlsortimente mit neuen Mietern besetzt. Über der Shoppingmall finden sich Wohnun-gen mit Super-Aussicht, ein Ärztehaus ist im Stadtquartier integriert und zur Expo Real 2018 kam noch ein Motel One hinzu. Auch hier hat sich der Einsatz gelohnt. „Gut neun Millionen Besucher verzeichnen die Riem Arcaden pro Jahr, am Tag kommen durchschnittlich 26.000 Menschen ins Center“, so Schaffuss.
Auch Unibail-Rodamco-Westfield verfolgt mit Quartiersentwicklun-gen ambitionierte Pläne, etwa mit dem südlichen Überseequartier in Hamburg. Um den Einzelhandel attraktiver zu gestalten, wurde der Büro-flächenanteil gegenüber der ursprünglichen Planung zugunsten von Wohnungen reduziert, das geplante Kreuzfahrtterminal städtebaulich besser integriert. Auf 419.000 Quadratmetern Gesamtfläche soll Raum zum Leben, Arbeiten, Shoppen und Genießen entstehen, ein markantes Ensemble aus Kreuzfahrtterminal, Waterfront Towers und einem neuen, gut 70 Meter hohen Gebäude von Architekt Christian de Portzamparc – ein Highlight an der neuen Waterfront und vermutlich künftig einer der stärksten Besuchermagnete der Hansestadt.
schaft“ berichtete, haben sich die Umsätze im Hamburger Nobelhaus nach dem millionenschweren Umbau des Erdgeschosses um 50 Pro-zent erhöht.
Das A & O: aktives Management Um zukunftsfähig zu bleiben, rüsten auch Shoppingcenter auf – denn die Zeiten, in denen die gute Lage allein ausschlaggebend für den Er-folg war, sind vorbei. „Die Datengewinnung über das, was Kunden heute wollen, sowie die konsequente Umsetzung von Kundenbedürf-nissen sind heute das A & O im Management von Handelsimmobilien“, beschreibt Henrike Waldburg, Abteilungsleiterin Investment Manage-ment Retail bei der Union Investment Real Estate GmbH, die Lage. „Kunden wollen im Einkauf heute einen nahtlosen Übergang von Off-line zu Online und umgekehrt. Angebote werden personalisierter und individueller. Dazu gehört auch die regelmäßige Präsentation von neu-en Handels-, Gastronomie- und Erlebniskonzepten, die verhindern, dass sich Kunden langweilen.“ Im Herbst 2018 eröffnete deshalb das Alexa im Rahmen einer großen Modernisierungsaktion unter dem Mot-to „New Colours of Shopping“ vier bunte Einkaufswelten: Decoration & More, Fashion à la Carte, Food Court und Sports Zone; und der por-
Punkt – ist der Einkauf in einem FOC ein soziales Ereignis“, betont Will. „Im FOC auf dem Brenner zum Beispiel geht die Familie auf dem Rückweg vom Sommerurlaub gemeinsam einkaufen; zum Besuch in Metzingen organisieren Hausfrauen-, Sport- oder Kegelvereine Tages-fahren – keine Frage: FOCs sind Destinationen.“
Dass im Ruf einer „Destination“ zu stehen für volle Kassen sorgt, belegen auch die „großen Kaufhäuser“, etwa das Harrods in London, oder Galeries Lafayette in Paris, vor deren Shops von Louis Vuitton, Gucci und Prada zahlungskräftige Kunden Schlange stehen. Doch auch solche „Destinationen“ kommen nicht umhin, sich neuen Trends in der Handelswelt anzupassen – und greifen dabei unter anderem Konzep-te wie Pop-up-Stores auf. So zog in den Galeries Lafayette zur zurück-liegenden Weihnachtszeit eine ganz der Zauberwelt von Harry Potter gewidmete Pop-up-Boutique Kunden an.
Gleich drei Kaufhauslegenden – das KaDeWe in Berlin, das Alster-haus in Hamburg und das Oberpollinger in München – lässt die La-Rinascente-Gruppe von Stararchitekten wie dem Niederländer Rem Koolhaas aufpolieren, damit sie auch weiterhin Kundenmagneten blei-ben. Die Umbauten scheinen sich zu rechnen: Wie Alsterhaus-Chef Timo Weber kürzlich im Gespräch mit der Fachzeitschrift „Textilwirt-
Aktuelle und künftige Handelsdestinationen: Das Dorotheen Quartier in Stuttgart (Foto links), ein Pop-up-Store in den Pariser Galeries Lafayette (rechts oben) und das südliche Überseequartier, das Unibail-Rodamco-Westfield derzeit in Hamburg entwickelt.
•
„Die Datengewinnung über das, was Kunden wollen, und die Um-setzung von Kundenbedürfnissen sind heute das A & O im Manage-ment von Handelsimmobilien.“Henrike Waldburg, Abteilungsleiterin Investment Management Retail bei der Union Investment Real Estate GmbH
KONZEPTE
Foto
s: Th
omas
Nie
derm
uelle
r/ Br
euni
nger
, Gal
erie
s La
faye
tte/ R
emy
Gol
inel
li,
Wes
tfiel
d (S
imul
atio
n), U
nion
Inve
stm
ent/
Ola
f Tam
m
kleiner 50 m²
von 50,01 bis 100 m²
von 100,01 bis 300 m²
von 300,01 bis 500 m²
von 500,01 bis 1.000 m²
von 1.000,01 bis 5.000 m²
größer 5.000,01 m²
403020100
27,2
31,0
12,3
16,0
7,8
4,6
1,1
Verträge über große Flächen dominierenEinzelhandelsmietverträge bei der Union Investment Real Estate GmbH nach Größenklassen in Quadratmetern*, anteilig in Prozent
Quelle: Union Investment Real Estate GmbH,
30.11.2018
* für Objekte mit mehr als 50 Prozent Einzelhandelsanteil an der Gesamtfläche, auf Basis vermieteter Flächen, insgesamt 4.065 Mietverträge über 1.670.554 Quadratmeter
Belgien
Deutschland
Frankreich
Italien
Niederlande
Österreich
Polen
Schweden
Tschechien
Türkei
0 2 4 6 8 10
9*
10
10*
5
5
5
5
3**
5
5
Kurze Laufzeiten sind international üblichDauer von Einzelhandelsmietverträgen nach Ländern, Laufzeit in Jahren
Quelle: Union Investment Real Estate GmbH, Markteinschätzung Asset
Management, 30.11.2018
*Sonderkündigungsrecht der Mieter alle 3 Jahre**variabel, mindestens 3 Jahre
RAUM & mehr 1|2019
MÄRKTE
19
„Es ist derzeit leichter, Mieter zu finden, als
Kosten- und Terminsicher-heit am Bau herzustellen.“
Ralf Fröba, Bereichsleiter für Büro- und Investmentmärkte
bei BulwiengesaEs dürfte das größte Bauprojekt in Frankfurt am Main sein. Four heißt das neue Hochhausquartier im Bankenviertel: vier Türme, der höchste 228 Meter groß. Lokalmedien loben den Einsatz
von Geothermie und Ökostrom, die Urbanität und Offenheit des neuen Quartiers. Für die Immobilienbranche jedoch ist vor allem eine Botschaft relevant: Die Hälfte der Flächen wird für Büros zur Verfügung stehen. Die braucht der Markt, mindestens ebenso dringend wie Wohnungen. Der bestehende Mangel an Büroflächen hat sich über mehrere Jahre hinweg
Kerngeschäft
Die Nachfrage in Deutschland ist hoch, das Flächenangebot mehr als knapp, das
Mietsteigerungspotenzial attraktiv. Aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen rückt
der Büroimmobiliensektor bei Investoren und Projektentwicklern wieder verstärkt in
den Fokus. Von Christine Mattauch
▶
Im Bankenviertel von Frankfurt am Main entstehen derzeit mit dem Projekt Four die höchsten Büroetagen Deutschlands. Zudem sind in dem urbanen Quartier über 600 Wohnungen, zwei Ho-tels, eine Kita und ein Mix aus Re-tail, Nahversorgung und Gastro-nomie geplant.
Foto
: UN
Stu
dio
(Sim
ulat
ion)
, Bul
wie
nges
a
aufgebaut. Jetzt macht die große Mieternachfrage das Segment auch für Investoren interessant, die sich wegen des überkauften Marktes zuletzt zurückhielten. Hinzu kommt: Angesichts des bevorstehenden Brexits und einer sich womöglich abkühlenden Weltkonjunktur wiegen Aspekte wie Liquidität und Sicherheit stärker. Nach und nach gibt es auch wieder mehr Objekte: Die Pipeline füllt sich (siehe Grafik).
Nachfrage nach Büroflächen zieht anMit deutlicher Verzögerung reagiert der Markt auf die gute Konjunktur in Deutschland. „Die Flächennachfrage blieb lange verhalten. Nach der Finanzkrise waren die Unternehmen risikoaversiv“, berichtet Ralf Frö-ba, Bereichsleiter für Büro- und Investmentmärkte bei der Münchner Analysefirma Bulwiengesa. Vorhandene Kapazitäten wurden genutzt, solange es irgend ging. Die Folge: Das Neubauvolumen entwickelte sich unterdurchschnittlich. Unattraktiver Bestand wurde vom Markt genommen oder umgewidmet. München verlor fast eine Million Qua-dratmeter Bürofläche.
Jetzt aber, nach Jahren des Aufschwungs, wollen viele Firmen im großen Stil erweitern oder in moderne Flächen umziehen. „Die Büroflä-chennachfrage ist extrem stark, selbst in B- und C-Städten“, berichtet Matthias Leube, CEO der Immobilienberatung Colliers International Deutschland. Der steigende Bedarf trifft auf ein knappes Angebot: In Frankfurt am Main sind nur noch 8 Prozent der Büros unvermietet, Ten-denz fallend. Das hat auch mit dem Brexit zu tun: „Einzelne Banken ver-schieben Belegschaften dorthin, um handlungsfähig zu bleiben, egal was Ende März passiert“, sagt Felix Schindler, Head of Research bei Warburg-HIH. Im Stadtgebiet München liegt der Leerstand mittlerweile bereits unter 2 Prozent; und nicht viel besser sieht es in den zentralen Lagen Berlins aus. Im Durchschnitt sind in den A-Märkten heute weniger als 4 Prozent der Büroflächen ungenutzt, 2010 waren es noch 10 Prozent.
Neue Objekte sind zwar in der Entwicklung. Allerdings sind auch die Vorvermietungsquoten hoch. So etwa beim Four in Frankfurt am Main: Union Investment übernahm für den Fonds UniImmo: Deutsch-land während der Entwicklung einen der Türme mit 25 Geschossen und 24.000 Quadratmetern. Während auf dem Gelände noch der Ab-riss lief, waren bereits 38 Prozent des Projekts an die internationale Anwaltskanzlei Baker McKenzie vorvermietet. Dabei ist die Fertigstel-lung erst für Ende 2022 vorgesehen.
Baugrund wird knappBesonders in zentralen Lagen überwiegt eine gemischte Nutzung, auch weil die Städte ihre Innenstädte beleben wollen. Dass durch die Neu-bauten Überkapazitäten entstehen könnten, glaubt angesichts des enormen Bedarfs kaum ein Experte. Denn der Spielraum nach oben
RAUM & mehr 1|201918 RAUM & mehr 1|201918
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|201920 21
DB Tower. Die Deutsche Bahn mietet die Objekte für 20 Jahre; Ende 2020 ziehen die ersten Mitarbeiter ein. Man wolle sich die besonders attraktive Entwicklung „schon in einem frühen Stadium sichern“, hieß es bei Warburg-HIH. Verkäufer war Aurelis. Union Investment kaufte in Berlin von einem Joint Venture das Rathaus Mitte, das vom Land als Verwaltungsgebäude genutzt wird. „Für uns als konservativen, lang-fristig orientierten Investment Manager eine außergewöhnlich gute Investitionsmöglichkeit“, befand Alejandro Obermeyer, Gruppenleiter Investment Management Europa bei der Union Investment Real Estate GmbH. Nischeninvestments wie Pflegeimmobilien oder Parkhäuser mögen höhere Renditen versprechen, sind aber auch riskanter. „Per-sönlich empfinde ich alternative Investments als nicht ganz einfach. Man investiert in einen vergleichsweise kleinen Pool, und Nischen sind in Krisenzeiten nicht so liquide“, gibt Colliers-Chef Leube zu bedenken. „Das kann starke Schwankungen auslösen.“
Wenig Erfahrungswerte Und Coworking? Der Anteil des flexiblen Workspace am Flächenum-satz der deutschen Big Seven – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – wuchs laut Bulwiengesa in den vergangenen fünf Jahren von 0,5 auf fast 8 Prozent, und noch immer attestieren Studien einen steigenden Bedarf. Gleichwohl: „Investoren verhalten sich eher zurückhaltend, bis mehr Erfahrungs-werte vorliegen“, hat Scheunemann beobachtet. Kündigen Unterneh-men in einer Krise zuallererst diese vergleichsweise teuren Flächen? Wie stabil sind die Vermietungen, wenn sich die Anbieter untereinan-der immer mehr Konkurrenz machen? Und wie nachhaltig sind Ge-schäftsmodelle, deren Umsätze sich ebenso dynamisch entwickeln wie ihre Verluste? Aus Sicht konservativer Anleger muss sich das Segment erst noch bewähren.
ist gering, schon wegen der begrenzten Ressourcen der Bauwirtschaft. „Es ist derzeit leichter, Mieter zu finden, als Kosten- und Terminsicher-heit am Bau herzustellen“, sagt Analyst Fröba.
Und: So viele freie Grundstücke in zentralen Lagen gibt es in den meisten A- und B-Städten gar nicht mehr, ausgenommen vielleicht in der Hauptstadt. Dort aber gilt auch der Flächenbedarf als gewaltig. Entsprechend großes Potenzial wird für Mietsteigerungen gesehen – zumal deutsche Büromieten im internationalen Vergleich als günstig gelten. So liegt die Jahresspitzenmiete pro Quadratmeter in Berlin bei 390 Euro versus 810 Euro in Paris; Frankfurt am Main (480 Euro) unterbietet London deutlich (1.390 Euro). „Das ist die Story für viele Investoren, die bereit sind, auch Renditeniveaus von 3 Prozent zu akzeptieren“, sagt Felix Schindler, der die Büromarktprognose der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung in Wiesbaden koordiniert. Die Prognose, die halbjährlich bei 18 Researchinstituten abgefragt wird, sagt von 2019 an leicht steigende Renditen voraus – mit Potenzial besonders in Düsseldorf, Frankfurt am Main und Berlin.
Auch Helge Scheunemann, Head of Research bei JLL, glaubt, dass die Renditen ihren Boden gefunden haben. Allerdings: „Es bleibt teuer.“ Weil die Aussichten je nach Mikrolage, Ausstattungsqualität und Bo-nität der Mieter sehr unterschiedlich seien, sollten Deal-Interessierte schon „genau hinsehen“. Bei institutionellen Anlegern registriert Scheu-
MÄRKTE
•
In den Bürogebäuden DB Tower und DB Brick im Frankfurter Europaviertel entstehen insgesamt 53.700 Quadratmeter Mietfläche bis Ende 2020.
Herr Bertrand, La Française setzt auf Internationalisierung. Wollen Sie Ihr Engagement auch in Deutschland ausweiten?Ein klares Ja – vorausgesetzt, wir finden Objekte mit akzeptablen Erträgen. Noch vor zwei Jahren lagen die Renditen in Deutschland höher als in Frankreich. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Wir sehen allerdings grundsätzlich in Deutschland mehr Potenzial beim Mietwachstum, weil das Angebot langsamer reagiert als in Frankreich.
Welche Städte finden Sie besonders attraktiv?Wir mögen Berlin und München, weil die Leerstände extrem niedrig liegen. Wir haben uns aber auch in B-Städten umgesehen. Wegen der föderalen Struktur Deutschlands investieren wir in kleinere Städte, als wir das in Frankreich tun würden, vor allem wenn sie Wirtschafts-wachstum mit einem Profil in Wissenschaft und Forschung verbinden. Wir präferieren A-Lagen in dynamischen B-Städten wie Leipzig oder Nürnberg gegenüber B- oder C-Lagen in Top-Citys.
Wo hat Ihre Gesellschaft zuletzt ein Objekt erworben?Wir waren 2017 sehr aktiv und kauften eine Büroimmobilie in Hamburg, eine in Stuttgart und den Campus 53 in Frankfurt. Auch in Berlin haben wir investiert. 2018 war für uns auf dem Bürosektor etwas enttäuschend, weil wir keine Objekte fanden, die zu unseren Ansprüchen passten. Jetzt sind wir gerade dabei, eine Transaktion in Essen abzuschließen.
Allerdings waren wir 2018 in der Vermie-tung erfolgreich. In Berlin zum Beispiel konnten wir 4.000 Quadratmeter zum doppelten Preis nachvermieten.
Wie beurteilen Sie die längerfristigen Aussichten für den Bürosektor?Deutschland war traditionell ein Industrie-land und wird bei Dienstleistungen noch zulegen. Das ist genau der Bereich, der Büronachfrage generiert. Die Kernfrage ist: Wie groß ist der Spielraum für Mietsteige-rungen? Wir sind da positiv. Allerdings gibt es zwischen Städten wie London oder Paris auf der einen und Hamburg oder Berlin auf der anderen Seite deutliche Unterschiede bei der Quadratmeterzahl pro Beschäftigten. Das hat mit dem Mietpreisniveau zu tun. Mit anderen Worten: Wenn die Mieten steigen, gibt es in Deutschland überdurch-schnittliches Rationalisierungspotenzial. Einen Vorboten dieser Entwicklung sehen wir im Coworking. In diesem Bereich liegt
die Nutzungsdichte deutlich höher als im traditionellen Sektor.
Was ist Ihre Strategie?Wir folgen bei unseren Investmentent-scheidungen den Mietern. Unserer Ansicht nach wird die Nachfrage nach zentralen Lagen zunehmen, insbesondere nach Qualitätsimmobilien mit moderner Ausstattung. Der deutsche Büromarkt hat in diesem Segment weniger Angebote als der in Großbritannien oder Frankreich und muss nachziehen. Dagegen werden es Altbauten in Randlagen immer schwerer haben. Das ist keine ganz neue Entwick-lung, aber die Spaltung vertieft sich, auch durch neue Arbeitsformen. Je flexibler Unternehmen und ihre Mitarbeiter werden, desto wichtiger ist es, vernetzt zu sein, und eine zentrale Lage begünstigt das. Es gibt noch einen anderen Punkt, der für zentrale Lagen spricht: der angespannte Arbeitsmarkt in Deutschland. Gute, zentrale Büroimmobilien helfen Unternehmen, junge Talente anzuwerben.
Wie stark werden steigende Zinsen den deutschen Markt beeinflussen?Wer das voraussagen kann, ist ein gemachter Mann (lacht). Ich denke, dass der Effekt von einer zunehmenden Investorenkonkurrenz ausgeglichen wird, denn angesichts zunehmender globaler Unsicherheit wird Deutschland als sicherer Investmentstandort noch attraktiver. Insofern gehen wir nicht davon aus, dass leicht steigende Zinsen die Ertragsaussich-ten beeinträchtigen.
Das Interview führte Christine Mattauch.Foto
s: Au
relis
(Sim
ulat
ion)
, Ser
ge D
etal
le
„Zentrale Lagen profitieren vom angespannten Arbeitsmarkt“Der deutsche Büroimmobilienmarkt ist eines der bevorzugten Anlageziele von La Française Global Real Estate Investment Managers. CEO Marc Bertrand sieht noch viel Potenzial für Mietsteigerungen
Marc Bertrand ist CEO bei La Française Global Real Estate Investment Managers.
nemann ein wachsendes Sicherheitsbedürfnis. „Da bieten Innenstädte das beste Fundament und das geringste Risiko, auch beim Auslaufen eines Mietvertrags.“ Diejenigen, die eine Cityadresse bevorzugen – etwa unternehmensnahe Dienstleister –, sind tendenziell auch wäh-rend eines Abschwungs stabile Mieter.
Ähnliches gilt für den Staat. Im Frankfurter Europaviertel erwarb Warburg-HIH für mehrere Pensionskassen die Neubauten DB Brick und
fertiggestellt frei belegt durch Mieter belegt durch Eigennutzer
0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
2021**2020**2019**201820172016201520142013
0,921,01
0,87
1,11
0,86 0,93
1,68
2,072,27
Die Pipeline füllt sichEntwicklung der Büroflächenfertigstellungen in sieben deutschen Bürohochburgen* von 2013 bis 2021 in Mio. Quadratmetern
Quelle: JLL, Januar 2019
* Fertigstellungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg, Köln, München und Stuttgart**Prognose
PORTFOLIO
RAUM & mehr 1|201922
A uf dem deutschen Büroinvestmentmarkt wurde 2018 mäch-tig geklotzt. Nicht nur investierten in- und ausländische Käufer annähernd 30 Milliarden Euro im Segment – sie
griffen auch besonders gern bei großen Gebäuden zu. Für das Gesamt-jahr zählten die Analysten des Immobilienberatungsunternehmens BNP Paribas Real Estate 65 Ankäufe einzelner Gebäude im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Doch das spiegelt nur die eine Seite des aktuellen Marktgesche-hens. Es häufen sich Meldungen über Immobilienankäufe institutio-neller Investoren in Größenordnungen, die zuvor eher privaten Käufern oder Family Offices zuzurechnen waren. So erwarb im Januar die Im-mobilienfondsgesellschaft Deka für das Portfolio eines Spezialfonds das Ende November 2018 eröffnete Forum Krefeld – eine gemischt genutzte Immobilie mit überschaubaren 8.000 Quadratmetern Fläche. Der Preis, über den Stillschweigen vereinbart wurde, dürfte im niedri-gen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen.
Fester Faktor beim Ankaufsspektrum Bereits seit Längerem greift auch Union Investment gern bei kleineren Liegenschaften zu. So erwarb der Hamburger Investmentmanager zum Jahresende 2018 eine vollständig an den IT-Dienstleister Dimension Data vermietete Büroimmobilie in Bad Homburg. Auch in diesem Fall wurde das Gebäude für einen Spezialfonds angekauft – und mit einer Mietfläche von 6.750 Quadratmetern zu einem ebenfalls niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Kaufpreis gehandelt. Eine ähnliche Grö-ßenordnung hat das Bürohaus Step 8.3 in Stuttgart. Das sechsgeschos-sige, 2018 fertiggestellte und komplett vermietete Gebäude umfasst gerade einmal 8.000 Quadratmeter. Erworben wurde das Objekt von Union Investment für ihren österreichischen Immobilien-Publikumsfonds immofonds 1.
Die beiden Beispiele sind keineswegs Ausnahmen, betont Martin J. Brühl, Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH: „Wir haben unser Ankaufs-spektrum in den letzten drei Jahren signifikant erweitert. Speziell bei Bestandsgebäuden ist das kleinvolumige Marktsegment heute ein fester Faktor und wird weiter an Bedeutung gewinnen – sowohl was unsere institutionellen Lösungen als auch unsere Produkte für Privat-kunden betrifft.“ Immerhin 25 der insgesamt 36 Ankäufe im Gesamt-
volumen von 2,3 Milliarden Euro, die Union Investment im vergange-nen Jahr tätigte, lagen unterhalb der Marke von 50 Millionen Euro. Die Strategie macht Sinn – und das aus mehreren Gründen. So erfolgte gut die Hälfte der in Deutschland abgeschlossenen Großdeals im ver-gangenen Jahr mit dem Geld ausländischer Kapitalsammelstellen. „Ausländische Investoren konnten sich bei diesen Großdeals häufiger gegen die Konkurrenz aus dem Inland durchsetzen“, beschreibt Matthias Leube, Deutschlandchef des Immobilienberaters Colliers International, das Geschehen.
Das heißt: Die internationalen Investoren waren bereit, höhere Preise zu zahlen als heimische Mitbewerber, was die ohnehin rekord-niedrigen Spitzenankaufsrenditen für Bürohäuser in deutschen Metro-polen weiter auf Talfahrt schickte – im Jahresvergleich sanken sie um 0,1 Prozentpunkte auf nicht einmal mehr 3,2 Prozent, wie das Immo-bilienberatungsunternehmen CBRE berechnet hat.
Inländische Investoren beobachten die steigenden Kaufpreise im eigenen Land seit geraumer Zeit mit Skepsis – und suchen nach stra-tegischen Ausweich- oder Ergänzungsmöglichkeiten für ihre Portfolios. Matthias Pink, Researchleiter beim internationalen Immobilienberater Savills in Deutschland, unterstützt ausdrücklich den Ansatz der Inves-toren, auch kleinere Objekte wieder stärker in den Blick zu nehmen. Sie seien in den vergangenen Jahren in den Hintergrund gerückt, sagt er. So haben deutschlandweit die Anteile gewerblicher Immobilien-transaktionen unterhalb von 50 Millionen Euro pro Ankauf in den ver-gangenen sechs Jahren kontinuierlich abgenommen, zeigt eine Aus-wertung des Immobilienberaters JLL. Zum Gesamttransaktionsvolumen von 29,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 in Deutschland trugen diese Verkäufe mit nur rund 5 Milliarden Euro bei. Aktuell liege das durch-schnittliche Objektvolumen bei deutlich mehr als 50 Millionen Euro, ergänzt Savills-Researcher Pink und folgert: „Um diesen Wert herum müsste also der Investorenwettbewerb am intensivsten sein.“ Wer ihn vermeiden wolle, für den könne es sinnvoll sein, geringere Objekt-volumina zu fokussieren.
Projektankauf kein HindernisPink verschweigt nicht die Kehrseite kleinteiligerer Investments: „Der Aufbau eines diversifizierten Portfolios geht mit höherem Aufwand einher“, sagt er. „Der Ankauf großvolumiger Objekte ist für das Ill
ustra
tion:
Adr
ian
Baue
r
Jahrelang haben institutionelle
Immobilienkäufer vor allem nach der
Devise gehandelt: je größer, desto
besser. Jetzt entdecken sie wieder den
Charme kleinerer Investments.
Von Anne WiktorinAufwand lohnt sich
Fondsmanagement in der Regel effizienter“, bestätigt Sonja Knorr, Immobilienfondsanalystin beim Ratinghaus Scope. Denn der Umfang der Due Diligence und des gesamten Ankaufsprozesses sei bei groß-volumigen Objekten kaum aufwendiger als bei kleineren Akquisi-tionen. „Allerdings steigen mit großen Objekten auch die Konzen-trationsrisiken im Fonds“, warnt Knorr. So ist die strategische Rückbesinnung auf kleinere Objekte auch bei großen Publikums-fonds angekommen – und keineswegs auf Bürohäuser be-schränkt. Erst kürzlich erwarb Union Investment für seinen 3,5 Milliarden Euro schweren UniImmo: Global eine Hotelimmo-bilie im historischen Stadtzentrum von Edinburgh. Mit rund 43
Millionen Euro fällt auch in diesem Beispiel der Kaufpreis vergleichs-weise bescheiden aus. Und auch beim Projektankauf ist die geringe Größe kein Hindernis mehr: So erwarben die Hamburger Mitte 2018 ein damals noch im Bau befindliches Logistikzentrum in Monsheim bei Worms – ebenfalls für den UniImmo: Global. Mit einer Fläche von 63.000 Quadratmetern dürfte auch in diesem Fall der Preis un-
terhalb der 50-Millionen-Euro-Marke gelegen haben. Für die Klei-nen gibt es also auch in den Portfolios großer Fonds noch viel Platz. Und Savills-Manager Pink ist sicher: „Gerade für lang-fristig orientierte Cashflow-Investoren dürfte sich der höhere Aufwand auszahlen.“ •
23RAUM & mehr 1|2019
24 25RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|2019
Wenn Immobilienexperten den Namen Redevco hören, dann denken sie gewiss nicht in erster Linie an Woh-nungen. Denn die Investmentgesellschaft, die zur Cof-
ra-Gruppe und damit zum Bekleidungsimperium C&A gehört, ist eigent-lich auf Einzelhandelsobjekte spezialisiert. Doch seit Kurzem beackert Redevco ein zusätzliches Feld: Ende 2018 legte die Gesellschaft einen Fonds auf, der 500 Millionen Euro in Wohnimmobilien in den Nieder-landen, Deutschland, Spanien und Großbritannien investieren will. „Der Wohnimmobilienmarkt“, begründet Redevco-CEO Andrew Vaughan die
PORTFOLIO
Für institutionelle Investoren haben Wohnimmobilien einen ganz besonderen Charme:
Sie versprechen einen kontinuierlichen und sicheren Cashflow. Doch noch aus anderen Gründen
werden immer mehr Investoren in diesem Segment aktiv. Von Christian Hunziker
Robuste Nachfrage
Foto
s: Ar
t Inv
est (
Sim
ulat
ion)
, Uni
on In
vest
men
t
▶
Im 3. Bezirk von Wien nimmt bis 2020 „Das Ensemble“ Gestalt an. 390 der insgesamt 800 Wohnungen des neuen Quartiers hat das Kölner Unternehmen Art-Invest Real Estate 2018 erworben.
Strategieerweiterung, „zeichnet sich durch robuste Kerndaten aus.“ Deshalb sei es „absolut sinnvoll“, in dieses Segment einzusteigen.
Ähnlich sehen das zahlreiche andere Anleger. Wie begehrt Woh-nungen sind, belegen Zahlen des Immobiliendienstleisters Savills. Dem-nach wurden im ersten Halbjahr 2018 europaweit Mehrfamilienhäuser für rund 20,5 Milliarden Euro gehandelt, was 17 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens mit Immobilien entsprach. Besonders begehrt sind Wohnimmobilien in Deutschland: Vorläufigen Zahlen von Savills zufolge erreichte hier das Transaktionsvolumen im Gesamtjahr 2018 rund 15 Milliarden Euro, was immerhin rund 30 Prozent des Volumens von gewerblich genutzten Immobilien entsprach.
Überschaubares MietausfallwagnisEine Erklärung für das Interesse an Wohnimmobilien hat Karsten Ne-mecek, Managing Director Immobilienbewertung/Transaktionsberatung bei Savills in Deutschland. „Die hohe Risikoaversion, die seit der Fi-nanzkrise an den Kapitalmärkten vorherrscht, spielt Wohnimmobilien als Assetklasse in die Karten“, erklärt er. „Sie liefern langfristig stabile Erträge und damit genau das, was viele Investoren suchen.“ Ganz be-sonders gilt dies für die Bundesrepublik, wie Konstantin Kortmann er-läutert, Head of Residential Investment bei JLL in Deutschland: „Dass der deutsche Wohnungsmarkt gesetzlich stark reguliert ist, wirkt sich positiv auf die Stabilität aus.“ Wohnungswirtschaftliche Mietverträge sind hierzulande nämlich – anders als beispielsweise in den USA – in aller Regel unbefristet. „Investoren“, stellt Kortmann fest, „können deshalb einen stabilen Cashflow erwarten.“
Das liegt im Interesse von Anlegern, die langfristige, sichere Erträge erwarten, ohne dies mit übersteigerten Renditeerwartungen zu verbin-den. In diese Kategorie gehört die Fondsgesellschaft Union Investment, die 2017 gemeinsam mit der ZBI-Gruppe, einem auf Wohnimmobilien spezialisierten Unternehmen, einen Offenen Wohn immobilienfonds für Privatanleger auflegte. „Insbesondere im Bereich von Bestandswohnun-gen, die breiten Schichten der Bevölkerung Wohnraum bieten und damit ein Grundbedürfnis (‚Gewohnt wird immer‘) bedienen, sehen wir für unsere Investoren nachhaltige und vor allem wenig volatile Investment-möglichkeiten“, führt Thomas Wirtz, Vorstand von ZBI Immobilien, aus. Zudem bietet die ZBI-Gruppe die gesamte Wertschöpfungskette, ange-fangen vom Einkauf über die aktive Verwaltung und Optimierung der Bestände, beispielsweise über Sanierungen und Modernisierungen, bis hin zum Verkauf, aus einer Hand und mit eigenen Mitarbeitern an. „Da-mit hat die ZBI über die letzten 20 Jahre nachhaltige Erfolge erzielt, die die Grundlage der ZBI-Fondskonzepte darstellen“, sagt Wirtz. Der Uni-Immo: Wohnen ZBI hat bis November 2018 bereits 1,4 Milliarden Euro investiert und einen Bestand von 19.600 Wohneinheiten aufgebaut. Für institutionelle Anleger ist der Spezialfonds ZBI Union Wohnen Plus
„Der deutsche Wohnimmobilienmarkt profitiert von einer steigenden
Wohnraumnachfrage.“Jens Wilhelm, Mitglied des Vorstands der
Union Asset Management Holding AG
26 27RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|2019
Dabei gilt es für Investoren allerdings, die jeweiligen Rahmenbedin-gungen in den europäischen Ländern zu beachten. Sehr unterschied-lich ist beispielsweise die Einstellung zu Wohneigentum: Während in Spanien 78 Prozent und in Irland 70 Prozent der Haushalte in der eigenen Immobilie wohnen, sind es in Deutschland lediglich 45 Pro-zent. Allerdings scheint die Bereitschaft, eine Wohnung anzumieten und nicht zu kaufen, tendenziell zuzunehmen. „Wenn die Differenz zwischen der Entwicklung der Immobilienpreise und der Löhne noch größer wird, werden wir wahrscheinlich eine stärkere Mietnachfrage sehen“, vermutet jedenfalls Knight-Frank-Expertin Everett-Allen.
Unterschiede von Land zu LandAuch in Bezug auf Mietrecht und Marktregulierung zeigen sich erheb-liche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. So war zum Bei-spiel der Wohnungsmarkt in den Niederlanden lange von einer starken Stellung der Sozialwohnungsgesellschaften geprägt. Doch seit 2014 wirbt die Regierung gezielt um ausländische Investoren. Von einem „stabilen Investment mit einer zuverlässigen Rendite und einem nied-rigen Risiko“ spricht Frank van Blokland, Direktor der Association of Institutional Property Investors in the Netherlands.
Noch immer stark reguliert ist der österreichische Markt – in Wien etwa ist ein Großteil des Wohnungsbestands in der Hand des kommu-nalen Wohnungsunternehmens und anderer gemeinnütziger Anbieter. Gleichwohl kommen Investoren auch auf Österreichs Wohnimmo-bilienmärkten zum Zuge, wie Zahlen der Beratungsgesellschaft CBRE belegen: Im ersten Halbjahr 2018 wechselten demnach in der Alpen-republik Wohnimmobilien für 760 Millionen Euro den Eigentümer.
Durch ein hohes Maß an staatlichen Eingriffen in den Wohnungsmarkt zeichnet sich auch Deutschland aus. So begrenzt zum Beispiel seit 2015 die Mietpreisbremse den Mieterhöhungsspielraum bei neuen Verträ-gen. Immer mehr Kommunen nutzen zudem die gesetzliche Möglich-keit, in sogenannten Milieuschutzgebieten ihr Vorkaufsrecht wahrzu-nehmen und so Investoren auszustechen. Konstantin Kortmann von JLL beobachtet diese Entwicklung mit Sorge: Solche von Investoren schwer zu kalkulierenden Maßnahmen, sagt er, „führen zu einer zu-nehmenden Rechtsunsicherheit“.
Um diesen regionalen und lokalen Besonderheiten gerecht zu wer-den, arbeiten institutionelle Investoren in der Regel mit Wohnungs-spezialisten zusammen. Wie zum Beispiel Union Investment mit ZBI. Die ZBI-Gruppe sichert ihr Konzept der regionalen Diversifikation über ein breites, bundesweit verteiltes Niederlassungsnetz von aktuell 17 Standorten. „Wir profitieren täglich von den Erfahrungen unseres Bestandsportfolios und haben die Möglichkeit, Ankaufsoptionen in den Regionen schnell mit dem Markt, aber auch den eigenen Beständen zu vergleichen, das schafft viele Vorteile im Wettbewerb“, sagt Thomas Wirtz von ZBI.
Entscheidend ist eine detaillierte Kenntnis der Märkte auch deshalb, weil die Preise – nicht anders als bei gewerblich genutzten Immobili-en – deutlich angezogen haben. „Für Fonds und andere institutionelle Investoren ist es schwierig geworden, in deutschen A-Städten allein mit dem Cashflow die erforderliche Ausschüttungsrendite zu erwirtschaf-ten“, sagt Konstantin Kortmann von JLL. Hinzu kommt allerdings – eine anhaltend positive Entwicklung vorausgesetzt – die Wertsteigerung.
Eine Möglichkeit, die Rendite zu steigern, besteht unter anderem darin, in Sonderformen des Wohnens zu investieren. Hierzu gehört bei-spielsweise betreutes Wohnen oder auch temporäres Wohnen. „Senio-ren- und Studentenwohnanlagen“, erklärt Hans Vrensen, Head of Re-search des Investmentmanagers AEW, „bieten einen attraktiven Renditeaufschlag von 150 Basispunkten gegenüber üblichen Wohnim-mobilienportfolios.“ Für solche Wohnformen spricht darüber hinaus auch die gesellschaftliche Entwicklung. „Megatrends wie Alterung und Urbanisierung treiben die Nachfrage“, stellt Patrizia-Chefökonom Mar-cus Cieleback fest.
Doch auch bei konventionellen Wohnformen sind sich die meisten Experten einig: Wohnimmobilien an guten Standorten werden auch künftig stark nachgefragt sein. „Wohnraum in Ballungsgebieten wird knapper“, stellt Susanne Eickermann-Riepe, Real Estate Leader bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC Deutschland, fest. „Und obwohl solche Immobilien aus operativer Sicht für Investoren mit am anspruchs-vollsten zu managen sind, versuchen viele hier einzusteigen.“ Redev-co dürfte also nicht der letzte Neuzugang in diesem Marktsegment bleiben.
dazugekommen. Im institutionellen Bereich arbeitet Union Investment bei Wohninvestments außerdem in gemeinsamen Service-KVG-Manda-ten mit Deutsche Asset One zusammen.
Vorteil DeutschlandIm Fokus der beiden Offenen Union Investment-Fonds steht Deutsch-land. „Der deutsche Wohnimmobilienmarkt profitiert von einer stei-genden Wohnraumnachfrage, die aus einem generellen Aufwärtstrend der Bevölkerungszahlen bei gleichzeitig wachsendem Wohnraum-bedürfnis pro Kopf und einer zunehmenden Anzahl an Haushalten resultiert“, sagt Jens Wilhelm, Mitglied des Vorstands der Union Asset Management Holding AG. Hinzu komme ein weiterer Vorteil: „Der deutsche Wohnungsmarkt mit seinen 16 Bundesländern und zahlrei-chen attraktiven Standorten ist in sich schon so vielfältig, dass wir im Interesse der Anleger ein gutes Maß an Diversifizierung erreichen können.“ Diese Einschätzung bestätigt Ulrich Jacke, Gesellschafter
des Transaktionsberaters Dr. Lübke & Kelber. Nach seinen Worten gibt es auch abseits der sieben größten Städte „besonders attraktive Investitionsstandorte mit einem sehr positiven Risiko-Rendite-Verhält-nis“. Konsequenterweise sind die Fonds von Union Investment nicht nur in den Topstädten investiert, sondern auch in kleineren Kommu-nen wie Rendsburg, Weimar und Oberhausen.
Doch wie findet man heraus, welche internationalen Standorte langfristig gute Investitionschancen versprechen? Eine Antwort in in-ternationaler Perspektive gibt Kate Everett-Allen, Partner International Residential Research bei der Beratungsgesellschaft Knight Frank: „Transparente Märkte mit stabilen politischen Systemen, guten Trans-portverbindungen und hervorragenden Universitäten, die in der Lage sind, Talente und Qualifikationen für neue Technologien hervorzubrin-gen – das sind die Städte, die es im Auge zu behalten gilt.“ Konkret nennt die Expertin beispielsweise Berlin, Amsterdam, Madrid, Dublin und Lissabon.
In der niederländischen Stadt Zeist hat Patrizia Immobilien im Novem-ber 2018 die günstige Marktlage genutzt und eine Wohnanlage (oben rechts) mit 479 Wohnungen verkauft. Zu den Objekten, die der Fonds UniImmo: Wohnen ZBI im Rahmen von Portfolioankäufen 2017 und 2018 übernahm, zählen das Gründerzeitwohnhaus Koch-straße 15 im sächsischen Chemnitz (unten links) sowie das Wohn- und Geschäftshaus Kesselstraße 25 in Hannover (unten rechts).
•
PORTFOLIO „Dass der deutsche Wohnungsmarkt gesetzlich stark reguliert ist, wirkt sich
positiv auf die Stabilität aus.“ Konstantin Kortmann,
Head of Residential Investment Deutschland bei JLL
Foto
s: W
arrin
k Vi
ncen
t, Un
ion
Inve
stm
ent /
Julia
ne E
irich
, Uni
on In
vest
men
t / H
enni
ng K
reft,
Frit
z Ph
ilipp
Transaktionsvolumen in Mrd. Euro gehandelte Einheiten in 1.000
40 400 Tsd. Mrd. Euro
0
10
20
30
0
100
200
300
2019**201820172016201520142013
Wohninvestments bleiben gefragtEntwicklung des Investmentvolumens für Wohnobjekte und -portfolios* in Deutschland von 2013 bis 2018 sowie Anzahl der gehandelten Einheiten
Quelle: JLL, Januar 2019* inkl. vorab verkaufte Projektentwicklungen und Studentenwohnheime
**Prognose
RAUM & mehr 1|2019
MÄRKTE
28
zu verkaufen und profitiert lieber nachhaltig von den Pacht-einnahmen.“
Getrieben wird die Nachfrage nach Hotelimmobilien nicht zuletzt durch institutionelle Investoren. Zu den aktivsten Anlegergruppen, die in Deutschland in Hotels investieren, zählen Immobilienfonds. Auf eine besonders lange Hotelhistorie blickt dabei Union Investment zurück. Allein im vergangenen Jahr legten die Hamburger Invest-mentmanager 280 Millionen Euro in Hotelimmobilien an. In den letzten vier Jahren wurden nur Objekte ge-kauft, keine veräußert. Investments erfolgen für eine Haltedauer von mindestens zehn Jahren. Der Wert der
Hotels in den Fonds von Union Investment kumuliert sich mittlerweile auf einen Marktwert von 5,2 Milliarden Euro.
Sehr aktiv im Hotelsegment ist auch Invesco. Die Gesellschaft ver-waltet rund 23 Hotels mit einem Volumen von 1,4 Milliarden US-Dol-lar. Hans-Peter Hermann, Senior Director Asset Management Hotels bei Invesco Real Estate in München, sieht trotz aller Begeisterung für Hotels Risiken in manchen Märkten aufgrund des teilweise stark wach-senden Angebots. Dennoch bestünden weiterhin gute Chancen, Deals mit angemessener Rendite zu finden. Ausschlaggebend hierfür sei eine klare und vor allem kompromisslose Investmentstrategie. Man beob-achte die Märkte genau, sehe die Fundamentaldaten für den Hotel-markt aber nach wie vor positiv. Ähnlich schätzt Andreas Löcher die Lage ein. Mittelfristig gut positioniert sind aus Sicht des Hotelexperten Investoren, die strategische Partnerschaften aufgebaut haben, Deve-lopments verstehen und ein tiefes Produktverständnis für die Hotelle-rie mitbringen.
Warnende StimmenEinige Immobilienexperten werten den Anlageboom an den globalen Hotelmärkten aber auch als Warnsignal. „Investoren gehen erst im fortgeschrittenen Stadium eines Aufschwungszyklus im großen Stil in Bettenburgen“, sagt Thomas Beyerle, Chefresearcher der Immobilien-beratungsgesellschaft Catella. Zu Beginn einer Investmentphase stürz-ten sich Marktteilnehmer zunächst auf Büroliegenschaften, gefolgt von Retail- und Wohnimmobilien. „Erst wenn diese Märkte abgegrast sind, geraten Spezialimmobilien wie Hotels auf den Radarschirm der Käufer“, sagt Beyerle. Das bedeute aber nicht zwangsläufig, dass dem-nächst ein Einbruch an den Immobilienmärkten drohe. Die noch immer niedrigen Zinsen und geringen Renditen von Staatsanleihen sprächen für eine weiterhin hohe Nachfrage von Profi-Anlegern an den Immo-bilienmärkten – und für die Assetklasse Hotel nicht zuletzt die sprung-hafte Entwicklung der internationalen Tourismuszahlen. So wurden nach dem neuesten „World Tourism Barometer“ von UNWTO (Welt-tourismusorganisation der Uno) im Jahr 2018 global 1,4 Milliarden Touristenankünfte registriert, 6 Prozent mehr als 2017. Mit 713 Mil-lionen aus dem Ausland kommenden Einreisen mit mindestens einer Übernachtung entfiel fast die Hälfte auf Europa. Bis 2030 prognos-
Der Immobilienboom geht inzwischen in das achte Jahr. Die ultralockere Geldpoli-tik der Notenbanken gilt als eine der
Ursachen dieses ungewöhnlich langen Immobilien-zyklus. Doch langsam, warnen Analysten, soll sich das Blatt wenden, da einige geopolitische Risiken verstärkt auftauchen – wie etwa die Unsicherheiten des Brexits und der Handelskrieg zwischen den USA und China. Tatsächlich hat das weltweite Wirtschaftswachstum zu-letzt etwas an Dynamik verloren. Doch weil sich kurz- bis mittelfristig kaum etwas am niedrigen Zinsniveau ändern wird und die Fundamentaldaten in vielen Wirt-schaftsbereichen noch passen, sind keine wirklich fass-baren Gründe für ein Ende des Immobilienbooms ersichtlich.
Vor allem bei der Assetklasse Hotel zeigen sich Immobiliendienst-leister optimistisch. „Hotelinvestments sind auf breiter Front gefragt: als Neubauten, als Bestandsobjekte oder als Hotels mit Optimierungs-bedarf“, berichtet Alexander Trobitz, Head of Hotel Services bei BNP Paribas Real Estate. Keine ausgeprägten Präferenzen sieht er auch bei der Standortwahl in den großen Märkten. „Wenn attraktive Objekte auf den Markt kommen, finden sie in aller Regel auch ihre Käufer.“ Aufgrund der stimmigen Rahmenbedingungen rechnet Trobitz für 2019 mit einem weiterhin lebhaften Marktgeschehen. Ähnlich sieht Stefan Giesemann, Executive Vice President der JLL Hotels & Hospitality Group, die Lage. Hotelinvestments seien „eine Erfolgsstory, die nur von der Entwicklung bei Logistikimmobilien übertroffen wird“.
Hohe Nachfrage, knappes AngebotDass 2018 kein neues Rekordergebnis auf dem Hotelinvestmentmarkt verzeichnet wurde, widerspricht dieser Aussage nicht. Mit 3,85 Milli-arden Euro blieb das Transaktionsvolumen laut JLL zwar um 20 Prozent unter der historischen Bestmarke von 2016 mit 4,9 Milliarden Euro zurück – was allerdings nicht auf nachlassendes Interesse seitens der Anleger, sondern auf das knappe Angebot zurückzuführen sei. „Es ist das alte Lied: Wenn kein entsprechendes (Portfolio-)Angebot auf dem Markt ist, können Anleger auch nicht zum Zug kommen“, so Giese-mann. „Die Hotelimmobilie mit langfristigen Verträgen verspricht eine kontinuierliche Verzinsung des Kapitals“, erklärt Andreas Löcher, Leiter Investment Management Hospitality bei der Union Investment Real Estate GmbH. „Daher verspürt eine Großzahl an Anlegern wenig Lust
EincheckenHotelimmobilien stehen derzeit hoch in der Anlegergunst;
das Transaktionsvolumen wird allenfalls durch
Produktknappheit begrenzt. Damit Zukäufe oder
Projektentwicklungen in der beliebten Assetklasse zum
gewünschten Erfolg führen, müssen indes einige
Voraussetzungen erfüllt sein – insbesondere in
einer späten Phase des Immobilienzyklus.
Von Beatrix Boutonnet
▶
Der Hotelkonzern Hilton – im Bild die Lobby des Hilton Portland – treibt seine Expansion weltweit voran. Allein in Deutschland will die Gruppe bis Ende dieses Jahres fünf weitere Hotels eröffnen.
Foto
s: G
etty
Imag
es/ C
Squ
ared
Stu
dios
, Uni
on In
vest
men
t/ Da
niel
Sum
esgu
tner
, BN
P Pa
ribas
/ Fot
ostu
dio
T.W. K
lein
„Hotelinvestments sind auf breiter Front gefragt: als
Neubauten, als Bestandsobjekte oder als Hotels mit
Optimierungsbedarf.“Alexander Trobitz, Head of
Hotel Services bei BNP Paribas Real Estate
1,4 Mrd.Touristenankünfte global zählte
UNWTO im Jahr 2018
1,8 Mrd.Auslandsreisen werden
für das Jahr 2030 erwartet
29RAUM & mehr 1|2019
Hotelimmobilien stehen derzeit hoch in der Anlegergunst;
das Transaktionsvolumen wird allenfalls durch
Produktknappheit begrenzt. Damit Zukäufe oder
Projektentwicklungen in der beliebten Assetklasse zum
gewünschten Erfolg führen, müssen indes einige
Voraussetzungen erfüllt sein – insbesondere in
einer späten Phase des Immobilienzyklus.
Von Beatrix Boutonnet
29RAUM & mehr 1|2019
RAUM & mehr 1|201930
rika bekannte Marke zielt auf Millennials und „digitale Nomaden“ ab und setzt bewusst auf Hotels in szenigen Lagen in der Spätphase ihres Zyklus. Sie bietet den Eigentümern Mietverträge mit Laufzeiten von 20 Jahren und länger an und baut die Hotels nach Vertragsabschluss in drei bis sechs Monaten um. Cycas Hospitality aus den Niederlanden setzt auf Doppeldeckerhotels, wie das neue Moxy und das Residence Inn in Amsterdam. „Für Investoren ist es nicht immer einfach, gute Ob-jekte zu finden, da Grundstücke schwer zu finden sind und Baukosten steigen. Die Vorteile von Größe, rationellem Bauen in Verbindung mit Mehrmarkenhotels sind über die letzten Jahre spannend geworden“,
so Eduard Elias, Gründer von Cycas Capital, Amsterdam. Auch Mixed-Use-Immobilien, die Hotel, Wohnen und Arbeiten vereinen, sind ge-fragter denn je.
Hotellerie bleibt vor allem ein Peoples BusinessDie Qualität der Hardware ist aber nur ein Aspekt. Hotels „leben“ von Menschen. Damit sich Gäste wohlfühlen, müssen urbanes Ho-teldesign und die gelebten Werte der Gastlichkeit ineinandergreifen. Wenn aber viele der neuen Produkte und Hotelstandorte nicht mehr betreiber-, sondern investmentgetrieben sind, kann der Faktor Mensch schnell zu kurz kommen. Wer die Rendite über die Menschen stellt, wird langfristig keinen Erfolg haben, zumal die Digitalisierung den Konsolidierungsprozess der Branche noch schneller vorantreibt. Bu-chungsportale planen inzwischen auch in eigene Immobilien zu in-vestieren.
Das zeigt: Die Hotellerie bleibt spannend. Investoren werden zu-künftig mit mehr Variablen zurechtkommen müssen. Sofern es nicht zu einem exogenen Schock kommt, dürfte angesichts der Reisefreudigkeit eine massive Korrektur der Immobilienwerte im Hotelbereich kurzfristig aber wenig wahrscheinlich sein. Dennoch sollten Investoren auf einen Rückgang vorbereitet sein, gemäß dem Motto: „It’s better to be pre-pared than to repair.” „Wer gute Qualität im Portfolio hat und über solides, langjähriges Hotel-Know-how verfügt“, so Andreas Löcher von Union Investment, „braucht aber auch das Ende der Boomphase nicht zu fürchten.“
tiziert UNWTO ein Wachstum auf 1,8 Milliarden Auslandsreisen. Für den gleichen Zeitraum erwartet JLL für die wichtigen europäischen Hotelmärkte wie etwa Berlin, Barcelona, Budapest, Madrid, Mailand, München, Rom, Wien und Zürich einen ähnlich hohen Zuwachs beim RevPar, dem Erlös pro verfügbarer Zimmerkapazität, wie in den US-amerikanischen Hotelmärkten: durchschnittlich 2,7 Prozent pro Jahr.
Doch trotz der prognostizierten Tourismusströme ist die große Pipeline nicht unumstritten. „In einzelnen Mikrolagen, sowohl in Pri-mär-, Sekundär- und Tertiärstandorten, wird durch starke Angebotszu-wächse kurz- bis mittelfristig ein Überangebot entstehen“, sagt Heidi Schmidtke, Executive Vice President der JLL Hotels & Hospitality Group. Das werde zu einer Konsolidierung des jeweiligen Marktes beitragen und vor allem unzureichend instand gehaltene Häuser ohne starke Markenbindung verdrängen. In Kombination mit grundsätzlich positi-ven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und global weiter steigen-der Nachfrage sollte das zusätzliche Angebot in den Standorten aller-dings langfristig absorbiert werden können.
Hotelentwicklungen werden schwierigerDaniel Schneider sieht die Situation vor allem durch die Architekten-brille. „Im Zuge der immer weiter wachsenden Vielfalt neuer Konzep-te und Marken kommt es immer stärker darauf an, das richtige Produkt am richtigen Ort zu platzieren“, sagt der Gründer von Monoplan. Das auf Hotelbau spezialisierte Architekturbüro hat in Zürich unter ande-rem ein ehemaliges Telegrafenamt für das erste Motel One der Lim-mat metropole umgebaut – mit gutem Erfolg: Das Hotel verzeichnet seit seiner Eröffnung im Jahr 2017 überdurchschnittlich hohe Auslas-tungszahlen. Clemens Engelhardt, Rechtsanwalt und Partner im Münch-ner Büro von Trustberg LLP, rät als langjähriger Hotelexperte, man sol-le die Frage, ob derzeit die Marktsituation für Hotels unsicher sei, sowieso nicht an kurzfristigen Eckpunkten festmachen, da ein Hotel-investment ein Projekt über viele Jahre sei. Da Miet- beziehungsweise Pacht- oder auch Hybridverträge in der Regel über 20 bis 25 Jahre mit Verlängerungsoptionen laufen, müssten Hotelprojekte über Konjunk-turzyklen hinaus funktionieren, betont Engelhardt. Daher sei ein reines Ausweichen auf B-Lagen oder C-Standorte sicherlich nicht die Lösung. Nur wenn Standort und Hotelkonzept zusammenpassten, sei auch zu erwarten, dass das Projekt die anvisierte Rendite erwirtschafte.
Gern wurden daher in der Vergangenheit Projektentwicklungen gekauft. Doch auch in diesem Bereich sind die Herausforderungen ge-wachsen – beispielsweise aufgrund der immer höheren Baukosten; zudem macht sich der Fachkräftemangel am Bau bemerkbar, was zu Verzögerungen und Mehrkosten führt. Ein weiterer Engpass ist die Verfügbarkeit von Grundstücken. „Für Investoren lohnt sich daher be-sonders das Extended-Stay- und Economy-Segment, da diese Konzep-te in Zeiten wirtschaftlicher Kontraktion widerstandsfähig sind“, sagt Markus Lehnert, Vice President of International Hotel Development bei Marriott International. In Zeiten der Grundstücksknappheit komme es darauf an, die Standorte von morgen zu identifizieren und dort noch
rentabel zu entwickeln. Was gestern ein unmöglicher Standort gewe-sen sei, könne morgen hip und trendy und ein „Game Changer“ sein.
Konzepte: stylish, Mixed Use und Extended Stay Immer mehr Marken drängen in die Märkte, aber nicht jede schafft eine Trennschärfe wie Motel One, mit der Dieter Müller die Budget-Hotellerie investmentfähig gemacht hat. Er setzt auf zentrale Lagen, hohe Qualität und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Auf den Bud-get-Trend sind inzwischen viele aufgesprungen, viele weitere Konzep-te werden die nächsten Jahre eröffnen, wie Selina. Die in Lateiname-
MÄRKTE
•
Einen Panoramablick über die spanische Metropole Barcelona bietet die Rooftopbar des in der Altstadt gelegenen Hotels Barceló Raval.
Das Pullman Berlin Schweizerhof punktet mit seiner Lage in der City West. Das Design des Hotels nimmt auf die direkte Nachbarschaft zum Berliner Zoo Bezug.
Foto
s: Un
ion
Inve
stm
ent/
Pere
Per
is, M
ario
Dre
sche
r
Portfoliotransaktionen Einzeltransaktionen
20182017201620152014201320122011201020092008
0
1
2
3
4
5
Die Hotels & Hospitality Group von JLL Germany berücksichtigt Einzeltransaktionen mit einem Investitionsvolumen von mindestens 5 Mio. Euro sowie Portfoliotransaktionen mit Objekten ausschließlich in Deutschland. Ebenso enthalten sind deutsche Hotels, die als Teil von grenzüberschreitenden Portfolioverkäufen veräußert werden
*
0,99
0,31
0,80 0,951,23
1,60
3,00
4,38
4,89
4,143,85
Volumen rückläufig, Einzeltransaktionen nehmen zuHoteltransaktionsvolumina in Deutschland* von 2008 bis 2018 in Mrd. Euro
Quelle: JLL, Januar 2019
Es fehlt mangels Investment-Alter-nativen die Bereitschaft, derzeit zu verkaufen
Es gibt keinen attraktiven Rendite-Spread mehr gegenüber anderen Nutzungsarten
Investoren in fortgeschrittenem Marktzyklus agieren umsichtiger
Es wird weniger gebaut bzw. fertiggestellt; das Angebot wird geringer
Das Interesse hin zu höher rentierlichen Nischenmärkten (Alternatives) verschiebt sich
Ich weiß nicht
sonstige Gründe
30 %
20 %
19 %
16 %
11 %
3 %
2 %
Transaktionsvolumen könnte höher seinAuf die Frage, warum weniger Hotels gehandelt werden, nennen Hotelmarktexperten vor allem das geringe Verkaufsinteresse; Zustimmung der Befragten in Prozent*
Quelle: Hospitality Inside Investment Barometer, 2018* Mehrfachnennungen möglich
RAUM & mehr 1|2019 31RAUM & mehr 1|2019 31
32 33
1960 19651955 1970 1975 1980 19901985 1995 2000 2005 2010 2015 20252020
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Accor Hotels
Union Investment Real Estate GmbH, UniImmo: Europa
Dorint Hotel Schweizerhof, Berlin Dr. Ebertz KG
Intercontinental Hotel Schweizerhof
Konsul Hans Holzmüller / deutsch-schweizerische Gesellschaft
435 Zimmer/Suiten, 27 Konferenzräume, Restaurant, Bars, Festsaal, Hallenbad 24 x 10 Meter (Stand nach zwei Hotelerweiterungen)
377 Zimmer/Suiten, 956 Quadratmeter Ausstellungs- und Konferenzräume, Restaurant, Bar, Tiefgarage (Stand nach Refurbishment); Hallenbad 18 x 10 Meter (seit 2008)
Klingbeil-Gruppe
Dorint AG Intercontinental-Gruppe
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Franchisevertrag 10 Jahre
Mietvertrag (ab 1.9.2015)20 Jahre + Option
Neubau Luxus-Konferenzhotel
Hotel-erweiterung
Hotel-erweiterung
Renovierung: Hallenbad/Spa/Wellness und Zimmer
umfangreiches Refurbishment
Renovierung: Hallen-bad/Spa/Wellness
Renovierung
Renovierung SchließungAbriss (schlechte Bausubstanz)
Neubau Fünf-Sterne-Konferenzhotel
Hotel Schweizerhof
DorintSchweizerhof
Dorint-Sofitel Schweizerhof Berlin
Pullman Berlin Schweizerhof
deutsch-schweizerische Gesellschaft
Hotel-betrieb
Vertrags-gestaltung
Marke
Eigen-tümer
Betreiber
Gebäude
KurfürstenstraßeNürnberg
er Str
aße
Burggrafenstraße
Budapester Straße
Zoologischer Garten
N
Budapester Straße 25, 10787 Berlin
gegenüber dem Zoologischen Garten
wenige Schritte zum Kurfürstendamm
Standort/Lage
Budapester Straße
Elefantentor
Pullman BerlinSchweizerhof
erster Schweizerhof zweiter Schweizerhof
Dreieckspartnerschaft
Union Investment Real Estate GmbH vermietet an Valuestate Hotels Berlin GmbH, Valuestate schließt Managementvertrag mit Accor Hospitality Germany GmbH. Vereinbart werden ein umfangreiches Refurbishment sowie die Optimierung der Vertragsbedingungen.
Refurbishment
Investition: 12 Mio. Euro
Gewinner der Architektenausschreibung: Sundukovy Sisters, Moskau
Umgestaltung: Haupteingang, Lobby und Rezeption, Eingang Foyer Ballsaal, Lounge, Restaurant, Bar, Küche, alle Zimmer inkl. Bäder
Value-Add-Strategie
Objekt
Nutzungsart Hotel: aktives Asset Management
Verkehrswert: 93,5 Mio. Euro
Restnutzungsdauer: 50,5 Jahre
Auszeichnungen
2017 IHIF HAMA Europe Award „Value Add Strategy”
2018 Gold Key Award „Best Lobby Upscale“
Vertrag
Das Hotel Pullman Berlin Schweizerhof gehört seit 1999 zum Portfolio von Union
Investment. Unmittelbar gegenüber dem Tiergarten gelegen ist das moderne
Konferenzhotel unter dem Dach der Accor-Hotels-Gruppe hervorragend am
Berliner Hotelmarkt positioniert. Ein millionenschweres Refurbishment betont nach 20 Jahren im Bestand den
individuellen Charakter des Hauses und setzt kreative Akzente. Wie Eigentümer und Betreiber die Entwicklung des
Schweizerhofs prägten und in der aufstrebenden City West erfolgreich absichern, zeigt ein Blick in die Grafik.
Mut zur individuellen Note
Info
graf
ik: L
ena
Teub
er; R
eche
rche
/Tex
t: El
ke H
ildeb
rand
t. Q
uelle
n: D
ietri
ch v
on Th
adde
n, 1
8. Ja
nuar
199
9,
erst
er S
chw
eize
rhof
; Acc
orHo
tels,
Uni
on In
vest
men
t Rea
l Est
ate,
Dez
embe
r 201
8, z
wei
ter S
chw
eize
rhof
Das russische Design-Duo Sundukovy Sisters erhielt für seine
stilprägende Arbeit den Gold Key Award 2018 in der Kategorie
„Best Lobby Upscale“. Im Vorher-Nachher-Vergleich präsentiert sich
das neue Interieurkonzept modern, unaufdringlich und individuell
(Fotos untere Reihe). Neben Elementen des Bauhausstils ließen sich
Irina und Olga Sundukovy von dem benachbarten Zoologischen
Garten inspirieren: So nimmt heute eine sieben Meter hohe Giraffe die
Gäste im Eingangsbereich in Empfang. Auch bei der Gestaltung des
hoteleigenen Restaurants „BLEND – berlin kitchen and bar“ wurden
die tierischen Nachbarn des Premiumhotels gekonnt in Szene gesetzt.
Warme Holz- und dunkle Grüntöne sorgen für Wohlfühlatmosphäre
und lösen die bisher eher kühle Sachlichkeit (Fotos obere Reihe) ab.
Verweildauer und Umsatz pro Gast entwickeln sich seit dem
Refurbishment positiv.
REFURBISHMENT: Für die herausragende Design-Leistung wurde der Gold Key Award 2018 verliehen
1960 19651955 1970 1975 1980 19901985 1995 2000 2005 2010 2015 20252020
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Accor Hotels
Union Investment Real Estate GmbH, UniImmo: Europa
Dorint AG, Ber-lin Dr. Ebertz KG
InterContinental Hotel Schweizerhof
Konsul Hans Holzmüller / deutsch-schweizerische Gesellschaft
435 Zimmer/Suiten, 27 Konferenzräume, Restaurant, Bars, Festsaal, Hallenbad 10 x 24 Meter (Stand nach zwei Hotelerweiterungen)
377 Zimmer/Suiten, 956 qm Ausstellungs- und Konferenzräume, Restaurants, Bars, Tiefgarage, Hallenbad 10 x 24 Meter (Stand nach Refurbishment)
Klingbeil-Gruppe
Dorint AG InterContinental-Gruppe
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Franchise-Vertrag 10 Jahre
Mietvertrag (ab 1.9.2015)20 Jahre + Option
Neubau Luxus-Konferenzhotel
1. Hotel-erweiterung
2. Hotel-erweiterung
Renovierung Hallenbad/Spa/Wellness und Zimmer
umfangreiches Refurbishment Renovierung Hallen-bad/Spa/Wellness
1. Renovierung
2. Renovierung SchließungAbriss (schlechte Bausubstanz)
Neubau Fünf-Sterne-Konferenzhotel
Hotel Schweizerhof
Hotel Schweizerhof
Dorint-Sofitel Schweizerhof Berlin
Pullman Berlin Schweizerhof
deutsch-schweizerische Gesellschaft
Hotel-betrieb
Vertrags-gestaltung
Branding
Eigen-tümer
Betreiber
Gebäude
KurfürstenstraßeNürnberg
er Str
aße
Burggrafenstraße
Budapester Straße
Zoologischer Garten
N
Budapester Straße 25, 10787 Berlin
gegenüber des Zoologischen Gartens
wenige Schritte zum Kurfürstendamm
Standort/Lage
Budapester Straße
Elefantentor
Pullmann BerlinSchweizerhof
Erster Schweizerhof Zweiter Schweizerhof
Dreiecks-Partnerschaft
Union Investment Real Estate GmbH vermietet an Valuestate Hotels Berlin GmbH, Valuestate schließt Managementvertrag mit Accor Hospitality Germany GmbH. Vereinbart werden ein umfangreiches Refurbishment sowie die Optimierung der Vertragsbedingungen.
Refurbishment
Investition: EUR 12 Mio.
Gewinner der Architektenausschreibung: Sundukovy Sisters, Moskau
Umgestaltung: Haupteingang, Lobby und Rezeption; Eingang Foyer-Ballsaal; Lounge, Restaurant, Bar, Küche; alle Zimmer inkl. Bäder
Value-Add-Strategie
Portfolio
Bestandsobjekt: Aktives Asset Management
Verkehrswert: EUR 93,5 Mio.
Restnutzungsdauer: 50,5 Jahre
Auszeichnungen
2017 IHIF HAMA Europe Award „Value Add Strategy”
2018 Gold Key Award „Best Lobby Upscale“
Vertrag
1960 19651955 1970 1975 1980 19901985 1995 2000 2005 2010 2015 20252020
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Accor Hotels
Union Investment Real Estate GmbH, UniImmo: Europa
Dorint AG, Ber-lin Dr. Ebertz KG
InterContinental Hotel Schweizerhof
Konsul Hans Holzmüller / deutsch-schweizerische Gesellschaft
435 Zimmer/Suiten, 27 Konferenzräume, Restaurant, Bars, Festsaal, Hallenbad 10 x 24 Meter (Stand nach zwei Hotelerweiterungen)
377 Zimmer/Suiten, 956 qm Ausstellungs- und Konferenzräume, Restaurants, Bars, Tiefgarage, Hallenbad 10 x 24 Meter (Stand nach Refurbishment)
Klingbeil-Gruppe
Dorint AG InterContinental-Gruppe
Pachtvertrag 20 Jahre + Option
Franchise-Vertrag 10 Jahre
Mietvertrag (ab 1.9.2015)20 Jahre + Option
Neubau Luxus-Konferenzhotel
1. Hotel-erweiterung
2. Hotel-erweiterung
Renovierung Hallenbad/Spa/Wellness und Zimmer
umfangreiches Refurbishment Renovierung Hallen-bad/Spa/Wellness
1. Renovierung
2. Renovierung SchließungAbriss (schlechte Bausubstanz)
Neubau Fünf-Sterne-Konferenzhotel
Hotel Schweizerhof
Hotel Schweizerhof
Dorint-Sofitel Schweizerhof Berlin
Pullman Berlin Schweizerhof
deutsch-schweizerische Gesellschaft
Hotel-betrieb
Vertrags-gestaltung
Branding
Eigen-tümer
Betreiber
Gebäude
KurfürstenstraßeNürnberg
er Str
aße
Burggrafenstraße
Budapester Straße
Zoologischer Garten
N
Budapester Straße 25, 10787 Berlin
gegenüber des Zoologischen Gartens
wenige Schritte zum Kurfürstendamm
Standort/Lage
Budapester Straße
Elefantentor
Pullmann BerlinSchweizerhof
Erster Schweizerhof Zweiter Schweizerhof
Dreiecks-Partnerschaft
Union Investment Real Estate GmbH vermietet an Valuestate Hotels Berlin GmbH, Valuestate schließt Managementvertrag mit Accor Hospitality Germany GmbH. Vereinbart werden ein umfangreiches Refurbishment sowie die Optimierung der Vertragsbedingungen.
Refurbishment
Investition: EUR 12 Mio.
Gewinner der Architektenausschreibung: Sundukovy Sisters, Moskau
Umgestaltung: Haupteingang, Lobby und Rezeption; Eingang Foyer-Ballsaal; Lounge, Restaurant, Bar, Küche; alle Zimmer inkl. Bäder
Value-Add-Strategie
Portfolio
Bestandsobjekt: Aktives Asset Management
Verkehrswert: EUR 93,5 Mio.
Restnutzungsdauer: 50,5 Jahre
Auszeichnungen
2017 IHIF HAMA Europe Award „Value Add Strategy”
2018 Gold Key Award „Best Lobby Upscale“
Vertrag
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019
KONZEPTE
RAUM & mehr 1|201934
▶
REAL PEOPLELars Scheidecker hat eine Vision. Als oberster Datenmanager
und Experte für Strategien, Systeme und Prozesse führt er mit
seinem Team das Datenmanagement im Immobilienbereich
von Union Investment in eine neue Ära – in das Zeitalter der
digitalen Assets. Von Elke Hildebrandt (Text), Kerstin Müller
und Benne Ochs (Fotos)Daten veredelnDatenmanagement und Digitalisierung, das sind die zwei
Seiten einer begehrten Medaille. Mit ihrer Hilfe gilt es, den großen Datenschatz von Immobilien zu heben und erfolg-
reich zu nutzen. Union Investment Real Estate hat die Herausforderung frühzeitig erkannt und leistet sich seit Juli 2017 einen obersten Daten-manager. Und der hat als promovierter Wirtschaftsingenieur nicht nur die Immobiliendaten, sondern auch die digitalen Stellschrauben fest im Blick. „Digitalisierung treibt das ganze Haus um“, sagt Lars Schei-decker, Leiter der neu formierten Abteilung Datenmanagement, Reporting Services und Systeme. Seine Mitarbeiter nutzen vielfältige digitale Prozesse, digitale Produkte und digitale Technologien.
„Das Datenmanagement“, sagt der Abteilungsleiter, „ist ohne Digitalisierung heute schlicht undenkbar.“ Scheideckers Aufgabe ist es, die immobilienbezogenen Informationen intelligent zu organisieren und zu veredeln. Und das aus gutem Grund: „Daten, die unser Immo-biliensegment betreffen“, sagt er, „haben einen unschätzbaren Wert für uns.“ Als „Herr der Daten“ kooperiert Scheidecker eng mit dem Head of Digitalisation. Der intensive Austausch mit Thomas Müller zeigt eine empfindliche Schnittstelle, denn: „Die Standardisierung von Daten ist das Fundament der Digitalisierung.“
Die Zusammenarbeit der beiden Bereiche beschreibt Scheidecker gern so: „Wir befinden uns als Datenmanagementeinheit auf einem großen Dampfer und sind quasi der Maschinenraum. Wir sorgen dafür, dass der Motor ordentlich läuft.“ Das Schnellboot Digitalisierung kann zügig und wendig vorausfahren und neue digitale Initiativen testen, erklärt er. „Wir prüfen dann, welche Konzepte sich in die bestehenden oder in neu zu kreierende Prozesse integrieren lassen, sodass die Maschine immer reibungslos funktioniert.“
Übergreifende Perspektive schaffenParallel- oder Insellösungen seien im Datenmanagement eher hinder-lich. Das symbolisiere auch die Neuorganisation seiner Abteilung. „Wir wollen partikulare Interessen einzelner Geschäftsbereiche auflösen und in eine gemeinsame Perspektive überführen“, sagt Scheidecker und verfolgt dabei eine Mission: „Wer für das Segment Immobilien mit einem Klick auf relevante Informationen und Daten zugreifen will, muss das Datenmanagement zwangsläufig übergreifend betrachten.“ Union
Investment habe erkannt, dass es enorm wichtig ist, das Datenmanage-ment im Hintergrund komplett zu professionalisieren, um so alle operativen Einheiten bestmöglich mit Informationen unterstützen zu können, berichtet der Datenexperte. Mit seinen Union Investment-Kollegen Patrick Hanßmann, Leiter des Fondssupports, und dem Digi-talisierungsfachmann Thomas Müller hat Scheidecker die nötigen Ana-lysen und Vorbereitungen getroffen, damit künftig eine noch viel stärkere inhaltliche Verzahnung von Informationen und Daten stattfin-den kann.
Der Transformationsprozess sei nun in vollem Gange und solle möglichst noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. „Da gilt es, viele Gespräche zu führen mit Einheiten, die vorher eigenverantwortlich ge-arbeitet haben, aber alles läuft sehr partnerschaftlich“, berichtet Schei-decker. Dem 42-Jährigen kommt zugute, dass er ein wortgewandter Überzeugungstäter ist: „Wir dürfen nicht im Elfenbeinturm arbeiten, wir müssen alle mitnehmen auf die Reise.“
Strategisches Datenmanagement Seine Abteilung mit 32 Vollzeit- und 16 Teilzeitkräften hat der Immo-bilienökonom in vier Teams mit vier Gruppenleitern gegliedert. Die Vernetzung mit internen und externen Partnern ist intensiv, da die Teams als Dienstleister für alle operativen Fachbereiche ausgerichtet sind. Das „Datenmanagement Immobilien“ ist verantwortlich für die Erfassung und das Qualitätsmanagement sämtlicher Immobiliendaten aller Objekte weltweit. Das „Datenmanagement Kosten und Budgets“ steuert unter anderem eine zentrale Rechnungsbearbeitungsplattform, die mithilfe von künstlicher Intelligenz dafür sorgt, dass der Prozess der digitalen Rechnungsbearbeitung immer effizienter wird. Und im Bereich „Reporting Services“ ist das gesamte immobilienrelevante Berichtswesen organisiert.
Bei den Spezialisten des „strategischen Datenmanagements“ hat Scheidecker die fachliche Verantwortung für Systeme angesiedelt. Ein-zelne Mitarbeiter betreuen hier als Business System Owner bestimmte Applikationen beziehungsweise Systeme und entwickeln diese in enger Abstimmung unter anderem mit den Nutzern und Applikationsverant-wortlichen der Informationstechnik weiter. „Jeder Mitarbeiter erarbei-tet für sein System eine Vision und konkrete Möglichkeiten der
Mit seinem Faible für Daten, Strategien und Prozesse liegt Lars Scheidecker goldrichtig bei der Union Invest ment Real Estate GmbH. Er ist Abteilungsleiter der neu formierten Einheit Datenmanagement, Reporting Services und Systeme und managt mit seinem Team die immobilienrelevanten Daten und Systeme. Sein übergreifender Ansatz bringt enorme Vorteile: für operative Fachbereiche und auch für kooperierende Unternehmen und Geschäftspartner.
RAUM & mehr 1|2019 35RAUM & mehr 1|2019 35
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|201936 37
ling“ erhielten und als Datensatz wertvolle Informationen speicherten, erklärt Scheidecker. Die Blockchain-Technologie bringe eine deutlich verbesserte Qualitätssicherung bei der Wartung der Brandmelder. Er-wartungsvoll begleitet Scheidecker auch das Thema Sensorik, das sein Kollege Bent Mühlena, Abteilungsleiter Immobilienprojekt management, aktuell vorantreibt. Gemeinsam mit Apleona werden derzeit exempla-risch für zehn deutsche Objekte intelligente Zähler getestet, um später ein bestandsübergreifendes Energiemonitoring aufzubauen. „Ich er-warte ganz viele tolle Daten“, sagt Scheidecker. Er könne sich irgend-wann einmal vorstellen, über intelligente Zähler und Energiemonitoring, via Smart Contracts, die vielleicht über eine Blockchain abgewickelt werden, den Energieeinkauf komplett zu verändern. Ob aber letztlich die Tür aufgestoßen werde zu Smart-Building-Daten, das sei allein eine strategische Unternehmensentscheidung. „Wir müssen definieren, wie nahe wir als Fondsmanagement-Anbieter an die Immobilie heranwol-len“, sagt Scheidecker.
Das Management der Daten hat für Scheidecker auch sehr viel mit Menschen zu tun. Es gelte verschiedenste Talente, Fertigkeiten und Kompetenzen im Team zusammenzubringen. „Wir versuchen unter-schiedlichste Disziplinen und Kulturen – vom Mathematiker über den
Wirtschaftsingenieur und Datenspezialisten bis zum Betriebswirtschaft-ler oder Soziologen – zu vereinen, um automatisierte Prozesse, neue Systeme und smarte Daten liefern zu können.“
Kommunikation und TeamplayEin Einzelner könne nicht alles wissen, Lösungen müssten gemeinsam erarbeitet werden, erklärt Scheidecker. Der Abteilungsleiter strebt dabei nach Exzellenz und delegiert sehr gern Verantwortung. Er wünscht sich mutige Mitarbeiter und pflegt in seiner Abteilung zugleich eine positi-ve Fehlerkultur.
Ein wenig scheint das dem sportlichen Familienvater im Blut zu liegen. Als passionierter Skifahrer mit Skilehrer-Lizenz hat Scheidecker früh gelernt, auch bunt gemischte Gruppen anzuleiten und erfolgreich zu führen. Sein kommunikatives Talent verdankt Scheidecker aber mög-licherweise dem Faschingstreiben in seiner hessischen Heimatstadt Wiesbaden. Als Wahlhamburger ist er auch heute noch der Sitzungs-präsident der Narrenzunft „Erbenheimer Brummer“. Scheidecker hat die Ehre, als Programmleiter der großen Galasitzung auf der Bühne des Wiesbadener Kurhauses die begehrten Faschingsorden zu verleihen – auch die haben zwei Seiten und sind eine begehrte Medaille.
Weiterentwicklung für die Zukunft. So können wir Anforderungen der Datennutzer antizipieren und sehr flexibel agieren“, sagt Scheidecker. Ein Beispiel dafür ist die Architrave-Plattform. Mit ihr habe bei Union Investment im Frühjahr 2018 eine neue Epoche des digitalen Daten- und Dokumentenmanagements begonnen, erklärt Scheidecker. Grund war die erfolgreiche Migra-tion von geschätzt einer Million Dokumenten zu allen 365 Objekten des aktiv gemanagten globalen Immobilienbestands und der weiteren Objektgesellschaften.
Digitale Marktstandards setzenDie neue Plattform, die sich zum branchenwei-ten Standard für die Immobilienwirtschaft durch-setzen könnte, ist eine webbasierte Datenbank und funktioniert ähnlich wie die Google-Suchmaschine. Architrave nutzt dabei die Prinzipien des Machine Learnings. Mit digitalen Datenräumen arbeitete Union Investment zwar schon seit 2007, aber eine zufriedenstellende immo-bilienspezifische Lösung habe es bisher nicht gegeben. „Heute sind wir mit 13 Prozent an Architrave beteiligt“, sagt Scheidecker, „und sehen ein großes Entwicklungspotenzial bei der Nutzung künstlicher Intelli-genz.“ Eine Immobilie eins zu eins auf einer Plattform abzubilden, das sei die Idee des digitalen Assets und beinhalte im Idealfall die gesam-te jemals erfasste Dokumentation eines Grundstücks oder Gebäudes. Das Potenzial ist enorm: „Stehen sämtliche relevanten Informationen in maschinenlesbarer Form zur Verfügung, lässt sich der Aufwand für die Zusammenstellung eines Datenraums für Immobilientransaktionen mittelfristig auf ein Minimum reduzieren“, verspricht Scheidecker. Hin-zu komme noch der erheblich geschrumpfte Aufwand, um die pro Jahr
geschätzten 450.000 bis 500.000 neuen immo-bilien- und gesellschaftsbezogenen Dokumente zu verarbeiten und strukturiert zugänglich zu machen.
„Wir wollen uns öffnen und andere einla-den, gemeinsam mit uns neue Standards zu set-zen“, betont der Datenmanager und setzt sich deshalb aktiv für Kooperation und Austausch ein. Geht es nach ihm, liegt die Lösung in dem Wissen, das man mit anderen teilt, und in der Komplexität, die von vielen Schultern getragen wird. Der Abteilungsleiter ist Mitglied der GIF-Kompetenzgruppe Datenmanagement. Parallel dazu arbeitet er gemeinsam mit Deka Immobi-lien und Architrave am Delphi-Konzept, einem digitalen Prototyp von Architrave, in den Unter-
nehmen – unabhängig von der Plattformlösung – immobilien spezifische Dokumente eingeben können und strukturiert wieder herausbekom-men. Scheidecker ist überzeugt: „Es ist die Aufgabe von uns immobi-lienwirtschaftlichen Unternehmen, die Standardisierung voranzutreiben. Wenn dabei sogar ein neuer Marktstandard herumkommt – umso besser.“
Lösungen und Wege komplett neu denken Der Blockchain-Technologie hat sich Union Investment mit einem ers-ten Piloten vorsichtig genähert. „Man darf sich nicht blenden lassen“, merkt Scheidecker kritisch an, „denn wenn wir über Blockchain reden, müssen wir Prozesse und Geschäftsfelder komplett neu denken.“ Eine erste Anwendung wurde im Juli 2018 gemeinsam mit dem Koopera-tionspartner SAP entwickelt für die Wartung von Brandmeldern. Das seien Wertgegenstände, die in der Blockchain einen „digitalen Zwil-
•Maurice Grassau (links), CEO von Architrave in Berlin, und Lars Scheidecker sehen großes Entwicklungspotenzial bei der Nutzung künstlicher Intelligenz.
Karriere Lars Scheidecker studierte Wirtschafts-
ingenieurwesen an der TU Darmstadt und
promovierte dort nebenberuflich, er ist
Immobilienökonom der Irebs Immobilien-
akademie. Seine Karriere begann als Senior
Consultant bei Ernst & Young Real Estate
in Eschborn, gefolgt von der Strategie-,
Organisations- und Prozessberatung bei
Deka Immobilien in Frankfurt am Main und
der Leitung des Bereichs Strategie und Di-
gitalisierung, erneut bei Ernst & Young. Im
Juli 2017 wechselte Scheidecker als Abtei-
lungsleiter zur Union Investment Real Es-
tate GmbH in Hamburg, seit Oktober 2018
verantwortet er den Bereich Datenmanage-
ment, Reporting Services und Systeme.
REAL PEOPLEREAL PEOPLE
Gemeinsam mit seinen Hamburger Union Investment Kollegen Patrick Hanßmann (links), Leiter des Fondssupports, und Thomas Müller (Mitte), Head of Digitalisation, entwickelt Lars Scheidecker zukunftsweisende Standards im Datenmanagement (Foto oben). Rolf Kollmannsperger und Sascha Rebber (jeweils rechts) gehören zum Team von Lars Scheidecker (Fotos unten).
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019
MÄRKTE NACHRICHTEN
B
A
01011010
67 %
64 %
59 %
59 %
24 %
Gebäudeperformance
Entscheidungsprozesse
Profitabilität
Transaktionsgeschwindigkeit
Kundenloyalität
79 %
57 %
57 %
44 %
43 %
31 %
großes Immobilienportfolio
Know-how und Expertise
Unternehmensentwicklung
regionaler Marktzugang
Finanzierung
Big Data
Quelle: The PropTech Study von Union Investment und German
Tech Entrepreneurship Center (GTEC), Dezember 2018
Bezug der Studie: www.gtec.center/proptechstudysignup
* befragt wurden weltweit rund 100 PropTech-Unter-nehmen; Mehrfachnennungen möglich
Potenzial für starke EffekteIn welchen Bereichen PropTech-Start-ups aufgrund neuer Technologien starke Verbesserungen für die Immobilienbranche erwarten, Antworten* in Prozent
Was PropTech-Start-ups an der Zusammenarbeit mit etablierten Immobilienunternehmen besonders interessiert, Antworten* in Prozent
38 39
Kooperationen geht. Auch höhere Risikobereitschaft aufseiten der Grown-ups und eine größere Offenheit für unterschiedliche Kollabo-rationsmodelle (jeweils 60 Prozent) werden angemerkt.
Start-ups müssten lernen, dass komplexe Entscheidungsprozesse und die praktizierte Offenheit mit unterschiedlichsten PropTech-Start-ups keine Gegensätze seien, sondern sich sogar wechselseitig bedingten, kommentiert Jörn Stobbe, Chief Operation Officer und Geschäftsführer der Union Investment Real Estate GmbH, die Studie. Pilotprojekte seien dabei der effizienteste Weg, sich besser kennenzulernen.
Insgesamt bestätigt die Studie das hohe Interesse von PropTech-Start-ups an Kooperationen mit der Branche: Mehr als 70 Prozent der Studienteilnehmer suchen mehr oder weniger aktiv den Zugang zu etablierten Playern. Die Triebfeder für Kooperationen sind dabei weni-ger als erwartet die erhofften Zugänge zu Big Data, Kapital oder regi-onalen Märkten. Eine herausragende Rolle spielt offensichtlich der Zugang zum Know-how und der Expertise von großen Unternehmen (57 Prozent). Vor allem sind es aber mit fast 80 Prozent der Nennun-gen große Immobilienportfolios, also die Assets an sich, die Koopera-tionen für PropTechs interessant machen (siehe Grafik).
Gefragt nach den stärksten Effekten, die sich aufgrund neuer Tech-nologien für die Immobilienbranche ergeben, nennt mit 67 Prozent eine überdeutliche Mehrheit der PropTechs die Verbesserung der Ge-bäudeperformance. Mit großer Überzeugung erwarten die Start-ups ferner positive Tech-Effekte auf die Entscheidungsprozesse in den Im-mobilienunternehmen (64 Prozent), höhere Profitabilität (59 Prozent), höhere Transaktionsgeschwindigkeit (59 Prozent) und verbesserte Kun-denloyalität (24 Prozent).
Die digitale Immobilienwelt von morgen steht auch im Fokus des PropTech Innovation Award, der sich auf internationaler Ebene als er-folgreiches Netzwerk etabliert hat und jungen PropTech-Unternehmen den Zugang zu den Innovationspotenzialen der Immobilienbranche ermöglicht. Bereits zum dritten Mal suchen Union Investment und das GTEC die weltweit besten digitalen Lösungen und Konzepte für die Immobilienbranche. Verliehen wird der mit 40.000 Euro dotierte Preis auf dem PropTech Innovation Summit am 16. Mai in Berlin.
Infos und Vorregistrierung bei: [email protected]
PropTech Innovation Award 2019:www.gtec.center/proptech2019
PropTech-Studie:www.gtec.center/proptechstudysignup
globalen Aufschwung profitiert, lässt die
Marktentwicklung in Belgien und Frank-
reich Anzeichen einer Krise erkennen“, sagt
Henrike Waldburg, Leiterin Investment
Management Retail bei Union Investment.
„Der sich fortsetzende Negativtrend stellt
hier besondere Anforderungen an das
Risikomanagement von Retail-Investoren.
Kontakt:
Zwei Kulturen
D igitale Innovatoren bringen Probleme und Chancen der Kollaboration in der aktuellen PropTech-Start-up-Studie von Union Investment und dem German Tech Entrepreneurship
Center (GTEC) auf den Punkt. Weltweit nahmen rund 100 PropTech-Unternehmen an der Erhebung teil. Mehr als die Hälfte identifiziert „langsame und anstrengende Entscheidungsprozesse“ als größtes Hindernis bei der Anbahnung von Kooperationen mit etablierten Unternehmen. Und für 68 Prozent steht die Beschleunigung von Ent-scheidungsprozessen ganz oben auf der Wunschliste, wenn es um gute
•
Wie Start-ups und Grown-ups besser
zusammenarbeiten können, beantwortet die
PropTech-Studie von Union Investment
und GTEC. Von Fabian Hellbusch
Entwicklung gegenüber dem Vorjahr auf
und belegt mit 121 Punkten erstmals die
Spitzenposition im EU-12-Index. Mit
Spanien (114 Punkte) schafft ein weiteres
südeuropäisches Land erstmals den Sprung
unter die Top Five. Spiegelbildlich zur
robusten Entwicklung der europäischen
Top-Fünf-Märkte haben sich der Erhebung
zufolge die strukturellen Defizite auf den
hinteren Plätzen verschärft. „Während der
Einzelhandel in Europa mehrheitlich vom
Die europäischen Einzelhandelsmärkte
präsentieren sich zum Jahresstart mehrheit-
lich in guter Verfassung. Retail-Investoren
in Europa müssen sich jedoch auf ein
zunehmendes Gefälle zwischen robusten
und auf längere Sicht stark risikobehafteten
Einzelhandelsmärkten einstellen. Wie der
Global Retail Attractiveness Index (GRAI)
von Union Investment ausweist, beträgt der
Abstand zwischen dem aktuellen Top-Per-
former Portugal und dem derzeit schwächs-
ten Markt in Europa, Belgien, 25 Punkte.
Das ist die größte Differenz, die für den
Index in den vergangenen zwölf Monaten
ermittelt wurde. Zu den Top-Performern
auch im globalen Kontext zählt unverän-
dert der deutsche Einzelhandelsmarkt.
Seine stabile Position in der Spitzengruppe
beruht insbesondere auf konstant guten
Zuwächsen bei den Einzelhandelsumsät-
zen. Als einziges Land der im EU-12-Index
des GRAI abgebildeten Länder weist
Deutschland zudem im Vergleich zum
vierten Quartal 2017 einen leichten Anstieg
der Verbraucherstimmung auf (+2 Punkte).
In allen anderen untersuchten Regionen
Europas kühlt die Zuversicht der Konsu-
menten in Bezug auf die Binnenkonjunktur
mehr oder weniger deutlich ab. Verlässliche
Stützen für den EU-12-Index, der sich mit
110 Punkten weiterhin auf überdurch-
schnittlichem Niveau präsentiert, sind
neben Deutschland (115 Punkte) erneut die
beiden osteuropäischen Länder Polen
(118 Punkte) und Tschechien (117 Punkte).
Neben Tschechien weist auch Portugal mit
einem Plus von 2 Punkten eine positive
GRAI: Europas Einzelhandelsmärkte driften weiter auseinander
•
Über
40 Milliarden Euro
So volumenstark wie nie zuvor
präsentiert sich das Immobi
lienfondsvermögen von
Union Investment. Gegenüber
dem Vorjahr erzielte das
Immobiliengeschäft 2018 ein
Wachstum von 9 Prozent
854.054Quadratmeter
gewerbliche Immobilienfläche
hat Union Investment 2018
neu und nachvermietet. Für die
Fonds bedeutet diese Vermie
tungsleistung eine aggregierte
jährliche Nettomiete von rund
200 Millionen Euro
98 %Diese Rekordauslastung weist
das deutsche Büroportfolio
von Union Investment zum
Jahresultimo 2018 auf.
Das Ergebnis sind nachhaltige
Mieterträge, die maßgeblich
zur soliden Performance des
Fonds von Union Investment
beitragen
Foto
: Uni
on In
vest
men
t / Jo
hann
es S
chuc
hard
t
Stand: 31.12.2018
Die 2017 von Union Investment ange- kaufte Rathaus-Galerie Leverkusen bietet rund 38.450 Quadratmeter Nutzfläche.
▶RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|2019
KONZEPTE
40 41
Foto
: Micr
osof
t Nat
ick /
Red
Box
Pict
ures
/ Fr
anck
Bet
erm
ine,
Shu
tters
tock
/ km
ls
Vor der schottischen Küste testet Microsoft seit Sommer 2018 mit dem Projekt Natick ein Unterwasserrechenzentrum. Hierzu haben die Experten des USKonzerns zwölf Serverpacks mit 864 Servern und 27,6 Petabyte Speicherplatz in einem 12,2 Meter langen Zylinder mit 2,8 Meter Durchmesser untergebracht. Ziel ist, Kosten und Energie für die Kühlung der Rechner zu sparen. Bis zu fünf Jahre soll das Rechenzen trum auf dem Meeresgrund bleiben.
Das Interesse an Rechenzentren wächst – nicht nur
bei deren Nutzern, sondern auch bei Investoren.
Doch im Umgang mit der neuen Assetklasse ist
Fachwissen gefragt – eine Voraussetzung für gute
Renditen. Von Petra Nickisch-KohnkeReif für Rechenzentren
RAUM & mehr 1|2019RAUM & mehr 1|2019
KONZEPTEKONZEPTEKONZEPTE
4342
Sie „beherbergen“ Server, sind aber keine Hotels. Sie bieten Räume für Personal, sind aber keine Büroimmobilien. Rechen-zentren sind anders. Am ehesten könne man sie mit Hoch-
regallagern vergleichen, findet Karsten Jungk, Geschäftsführer beim Immobilienberater Wüest Partner. Allerdings übersteigen schon ihre Baukosten die eines Logistikgebäudes um ein Vielfaches. „Unter 10.000 Euro pro Quadratmeter ist ein voll ausgestattetes Rechenzen-trum nicht zu bauen“, sagt der Experte. „Aufgrund der komplexen Anforderungen muss für ein modernes Rechenzentrum mit 100 Milli-onen Euro und mehr kalkuliert werden.“ Das sind hohe Investitions-kosten, doch sie können sich lohnen, so die Einschätzung von Jungk. „Rechenzentren sind attraktiv für Investoren, die bereit sind, sich mit den Besonderheiten der Spezialimmobilie zu beschäftigen.“
Ohne Strom geht nichtsRechenzentren werden gern als das Rückgrat, Herz oder Hirn der Di-gitalisierung bezeichnet. Das zeigt, welch zentrale Bedeutung ihnen für das Funktionieren unserer digitalen Gesellschaft und Wirtschaft beigemessen wird. Und der Bedarf an Rechenleistung, am Speichern und Verarbeiten von Daten wächst. Treiber dieser Entwicklung sind nicht nur Big Data, Internet of Things, Cloudcomputing, Virtual Reality oder Streamingdienste, sondern auch unsere Nachrichten, die wir so gern über die verschiedenen Kommunikationskanäle unserer Smart-phones verschicken. „Das Internet kommt schließlich nicht aus der Steckdose“, erinnert Christian Herzog, Bereichsleiter IT-Infrastruktur & Kommunikationstechnologien beim Digitalverband Bitkom. „Alle Breit-bandkabel, die wir benutzen, enden irgendwo in einem Rechenzen-trum.“ Und diese Rechenzentren unterscheiden sich in vielen Punkten von den sonst üblichen Immobilien.
Der wichtigste und zugleich wundeste Punkt ist die Versorgung mit Strom. Sie darf unter keinen Umständen ausfallen, da es sonst zum Verlust von Daten kommt. Deshalb ist die Stromversorgung meist re-dundant vorhanden, mit unabhängigen Leitungen zu verschiedenen Kraftwerken. Sollte es dennoch zu kurzzeitigen Unterbrechungen kom-men, springt sofort eine Akku-gestützte unabhängige Stromversorgung ein. Gegen längere Ausfälle schützen sich Rechenzentren mit einer eigenen Notstromversorgung in Form von mindestens einem großen Dieselgenerator.
Eine Frage der SicherheitNicht nur die Server benötigen Strom, auch die Klimageräte, die für ausreichend Kühlung sorgen, denn die Prozessoren erzeugen Wärme. Damit sie nicht überhitzen, nutzen Rechenzentren unterschiedliche Methoden, wie kalte Luft oder Wasser, um die Rechner zu kühlen. Eine neue Lösung dafür testet Microsoft derzeit mit einem kleinen Unter-wasserrechenzentrum vor der schottischen Küste (siehe Fotos Seite 40
und 41). Unabdingbar sind auch Brandschutz und Brandmeldesysteme in jedem Rechenzentrum. Die Löschung eines Feuers findet dort mit speziellen Löschgasen statt, da Wasser einen erheblichen Schaden an der Technik anrichten würde – und vorab der Strom abgestellt werden müsste. Eine sehr effektive Möglichkeit des vorbeugenden Brandschut-zes besteht im Absenken des Sauerstoffgehalts der Luft im Rechen-zentrum, sodass kein Feuer entstehen kann.
Sicherheit wird in jeder Hinsicht großgeschrieben. Zum einen wird vorab schon darauf geachtet, dass Rechenzentren außerhalb von Ge-fahrenzonen wie Einflugschneisen, Chemiewerken, Erdbeben- oder Überschwemmungsgebieten liegen, zum anderen sind Rechenzentren mit Überwachungskameras ausgestattet. Wachpersonal und Zutritts-kontrollen sorgen dafür, dass die sensiblen Daten auf den Servern gegen einen physischen Zugriff geschützt sind.
Racks, Cages und SuitenRechenzentren, die nicht nur vom Eigentümer selbst genutzt werden, sondern als Betreiber ihre Flächen an unterschiedliche Kunden vermie-ten, heißen Colocation-Rechenzentren. Laut Bitkom liegen sie im Trend. Immer mehr Unternehmen greifen auf die Angebote der großen Colo-cation-Rechenzentren zurück, die ihre Gebäude sehr professionell und vergleichsweise kostengünstig anbieten für die Unterbringung und Netzanbindung von Kundenservern. Das Borderstep Institut prognos-tiziert, dass Colocation-Rechenzentren bis 2020 rund 45 Prozent an der Gesamt-IT-Fläche in deutschen Rechenzentren einnehmen werden.
Einer dieser Colocation-Betreiber ist das Frankfurter Unternehmen Maincubes, Teil der Zech-Gruppe, zu der das Unternehmen Art-Invest Real Estate gehört, das als Pionier in Deutschland seinen Kunden auch Rechenzentren als institutionelles Anlageobjekt ins Portfolio legte. 2017 eröffnete Maincubes sein neuestes Datacenter. Es wurde in Of-fenbach gebaut und im Sale-and-lease-back-Verfahren vom Investor, dem Keppel DC REIT aus Singapur, gemietet. Von außen: ein fenster-loser, grün-weißer Kubus mit vielen Technikaufbauten auf dem Dach. Im Inneren: Räume mit einer Höhe von über sechs Metern, in die ein doppelter Boden für die Kühlung der Server-Racks eingezogen ist. „Ein Viertel der Baukosten ging in die Hülle, das Gebäude. Die restlichen drei Viertel wurden für die technischen Anlagen benötigt“, erklärt Oli-ver Menzel, Geschäftsführer von Maincubes. „Mindestens die Hälfte der Fläche musste verwendet werden, um die technischen Anlagen unterzubringen.“ Als Betreiber stellt Maincubes nicht nur die Räume, sondern sorgt auch für die Sicherheit und dafür, dass Strom, Kühlung und Internetanbindung vorhanden sind. Die restliche Fläche steht den Kunden zur Verfügung. Die wiederum bringen ihre Hardware und Soft-ware mit und können wählen, ob sie nur ein oder mehrere Racks für ihre IT benötigen, oder die nächstgrößere Variante, einen Cage (Käfig), oder gleich einen ganzen Raum, genannt Suite.Fo
tos:
Face
book
, YAN
N S
CHRE
IBER
/AFP
/Get
ty Im
ages
, pict
ure
allia
nce/
AP
Phot
o/ D
anie
l Rol
and,
Shu
tters
tock
/ M
axx-
Stud
io, C
BRE
Das 27.000 Quadratmeter große FacebookRechenzentrum (Fotos oben und Mitte) im schwedischen Lulea zählt zu den größten in Europa. Das Klima in Polarkreisnähe erleichtert die Kühlung und so den Betrieb des Rechenzentrums; das Datacenter gilt als eines der energieeffizientesten der Welt.
DeCix betreibt in Frankfurt am Main den gemessen am Datendurchsatz größten Internetknoten der Welt. Thomas King, CTO bei DeCix Management, nimmt im Juli 2018 in einem Datacenter ein neues Server Cabinet in Betrieb (Fotos oben und rechts).
▶
„Rechenzentrumsbetreiber sind treue Mieter.“
Michael Dada, Associate Director Advisory & Transaction Services bei CBRE
RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|2019
KONZEPTE
44 45
Auch das Unternehmen E-Shelter sitzt in Frankfurt am Main. Das ist kein Zufall, denn dort konzentrieren sich die Anlagen und das Know-how der deutschen Rechenzentrumsbranche. Dort laufen viele Kabel zusammen, denn De-Cix, der größte Internetknoten der Welt, befindet sich in Frankfurt am Main. Die Stadt gehört, neben London, Amster-dam und Paris, zu den führenden europäischen Standorten. E-Shelter zählt zu den großen Betreibern in Europa. Das zur japanischen NTT-Gruppe gehörende Unternehmen betreibt 13 teilweise noch im Bau befindliche Rechenzentrumsstandorte. Alle Rechenzentren entwickelt und baut das Unternehmen selbst.
Wurden früher in der Branche teilweise noch ehemalige Lagerhal-len umfunktioniert, werden heute eher Neubauten bevorzugt, die von vornherein optimal auf den Rechenzentrumsbetrieb ausgelegt sind. „Mit jedem Rechenzentrum werden wir besser“, sagt Volker Ludwig, Senior Vice President Sales bei E-Shelter. Zusätzliche Angebote und Funktionen sind bei E-Shelter hinzugekommen, wie eine Kundenlounge, in der bis zu 70 Personen Präsentationen oder Konferenzen abhalten können. Im Innovation Lab vernetzen sich Kunden und Geschäftspart-ner, um ihre Hard- und Software in einer realen Produktionsumgebung zu testen oder neue Technologien zu erproben. Die Zukunft für große Rechenzentren sieht Ludwig positiv. „Es wird sie noch sehr lange ge-ben, denn sie sind Grundlage der Digitalisierung. Wo soll der neue Film, den alle sehen wollen, denn herkommen? Die Cloud ist nicht im Himmel.“
Treue MieterDie zunehmende Professionalisierung der Branche hat auch Michael Dada beobachtet. Er ist Associate Director Advisory & Transaction Ser-vices beim globalen Immobiliendienstleister CBRE und erkennt in den Rechenzentren eine für Investoren immer interessanter werdende Assetklasse. Ein nicht von der Hand zu weisendes Argument ist die Langfristigkeit der Mietverträge, die nicht selten über 20 Jahre abge-schlossen werden. „Rechenzentrumsbetreiber sind treue Mieter“, weiß Dada, „denn der Umzug eines Datencenters ist teuer und schwierig.“
Zu den Besonderheiten zählt ferner, dass die Miete in der Regel nicht pro Quadratmeter und Monat berechnet wird, sondern pro Kilo-watt der zur Verfügung gestellten Leistung. Strom ist das unverzicht-bare Blut in den Adern des Rechenzentrums. CBRE hat errechnet, dass mittlerweile 10 Prozent des deutschen Energieverbrauchs allein von Rechenzentren nachgefragt werden.
Energieeffizienz ist deshalb ein viel diskutiertes Thema. Denn die Strompreise gehören eher zu den Nachteilen, wenn man den Standort Deutschland betrachtet, was unter anderem ein Blick in das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien, kurz Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), zeigt. „Der deutsche Strompreis ist im europäischen
Vergleich sehr hoch. Das liegt an der EEG-Umlage und an anderen Steuerbestandteilen“, sagt Ralph Hintemann, Senior Researcher des Borderstep Instituts. „In anderen Staaten liegt der Strompreis teilweise um den Faktor zwei bis drei niedriger.“ Auch lange Genehmigungs-prozesse wirken sich eher hinderlich auf den Standort Deutschland aus.
Zu den Vorteilen hingegen zählen die hohe Fachkompetenz von Rechenzentrumsbetreibern und -dienstleistern sowie die Themen Datenschutz und IT-Sicherheit. „Aktuell werden sehr viele Rechenzen-tren in Deutschland gebaut“, weiß Hintemann. „Allein in den Jahren von 2013 bis 2017 stiegen in Deutschland die Investitionen in den Neubau und in die Modernisierung von Rechenzentren von 750 Mil-lionen Euro auf über 1 Milliarde Euro an.“ Mit 25 Prozent der euro-päischen Rechenzentrumskapazität gilt Deutschland als der größte Rechenzen trumsmarkt in Europa. Bisher sind Rechenzentren aber eher in Asien und den USA Anlageobjekte für Investoren. Die Rede ist von Real Estate Investment Trusts, kurz REITs, organisierten Spezialinves-toren mit langjähriger Expertise.
Neben den großen Rechenzentren in den Städten gilt das Interes-se aber auch den kleineren Datencentern auf dem Land, die zukünftig noch stärker gefragt sein werden. Ein Grund für die wachsende Bedeutung der sogenannten Edge-Rechenzentren ist das autonome Fahren. Die Sensoren der selbstfahrenden Autos benötigen geringe Latenzen, also kurze Reaktionszeiten. Alle Daten müssen schnell, mög-lichst nah am Entstehungsort verarbeitet werden.
Kühles Klima als StandortvorteilFür Investoren kommen unterschiedliche Möglichkeiten infrage, sich an einem Rechenzentrum zu beteiligen. Entweder wird nur in das Ge-bäude investiert oder der Investor tritt auch als Betreiber auf. Mit wach-sendem Beteiligungsumfang, der sich auch auf die IT ausweiten kann, erhöht sich das Renditepotenzial.„Zwar steckt der Investmentmarkt für Rechenzentren noch in den Kinderschuhen, jedoch reift er langsam heran“, sagt Lydia Brissy, Director European Research beim Beratungs-unternehmen Savills. „Investitionen bewegen sich auch immer mehr in Richtung Sale-and-lease-back-Optionen. Die Renditen sind mit Spit-zenwerten von 5 bis 7 Prozent im Vergleich zu anderen Anlageklassen attraktiv.“ In Europa hat Savills in seinem Rechenzentren-Investment-
Index aus dem April 2018 vor allem die nördlichen Länder als inte-ressante Standorte für großflächige Anlagen ausgemacht. Die ers-
ten drei Plätze belegen Norwegen, Schweden und Finnland. Hier erwarten die Bauherren und Betreiber ein gemäßigtes, kühles Klima und vergleichsweise
günstige Energiekosten – Vorteile, die Internetgigan-ten wie Google und Facebook schon längst für sich entdeckt haben. •Fo
tos:
Shut
ters
tock
/ Ex
plod
e, m
ainc
ubes
one
Gm
bH/R
alph
Woe
lper
t, e-
shel
ter/
Stef
an M
ülle
r-Nau
man
n, e
-she
lter, W
üest
Par
tner
In der hessischen Stadt Offenbach, in der Nähe von Frankfurt am Main, betreibt Maincubes das CollocationRechenzentrum Maincubes Fra01 (Fotos links und oben). In diesem Datacenter stehen den Racks der Kunden keine Wände und Säulen im Weg; der Einsatz innovativer Freikühlungstechnologie erlaubt eine individuelle Klimatisierung der Räume.
EShelter betreibt in Europa derzeit zwölf Rechenzentren, neun davon in Deutschland. Die vom Unternehmen selbst entwickelten und gebauten Einheiten wie beispielsweise das Datacenter München 1 (Fotos links und oben) bieten Kunden neben dem digitalen Speicherplatz außerdem Lounges für Konferenzen sowie Testlabore für die Erprobung neuer Technologien.
„Rechenzentren sind attraktiv für Investoren, die sich mit den
Besonderheiten der Spezialimmobilie beschäftigen.“
Karsten Jungk, Geschäftsführer beim Immobilienberater Wüest Partner
www.raum-und-mehr.comNutzen Sie die zusätzlichen Möglichkeiten, die Ihnen das Online-Magazin bietet:• Umfangreiches Themenarchiv• Recherche mit Such- und Filterfunktion• Ausdruck von Texten• Bestellservice• E-Mail-Newsletter
Die archivierten Print-Ausgaben vonRAUM & mehr stehen in der Mediathek für Siezum Download bereit:www.union-investment.de/realestate
Das zweite Themenportal von Union Invest-ment finden Sie hier:www.nachhaltige-immobilien-investments.de
KONTAKTIEREN SIE UNS
ONLINE & SERVICE
Union Investment Real Estate GmbHFabian HellbuschLeiter Marketing und KommunikationValentinskamp 70/EMPORIO, D-20355 HamburgTel. +49 (40) 34919-0, -4160
RAUM & mehr Das Immobilienmagazin von Union InvestmentHerausgeber Union Investment Real Estate GmbHVerantwortlich für den Inhalt Fabian Hellbusch Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder.
Chefredaktion Elke Hildebrandt, Birgitt WüstArt Direction Frauke Backer/backerdesign.comBildredaktion Annegret StraußInfografik Lena TeuberLektorat Christiane BarthLitho pixactly media gmbhVerlag C3 Creative Code and Content GmbH,Heiligegeistkirchplatz 1, D-10178 BerlinDruck optimal media GmbH,Glienholzweg 7, D-17207 Röbel
Erste Ausgabe 1995Erscheinungstermine Zweimal jährlich im März und SeptemberSprachen Deutsch und EnglischAuflage 24.000 Exemplare
Papier und Druck dieses Magazins sind nach FSCa® zertifiziert. Die Druckerei optimal media garantiert eine umweltgerechte Produktionskette.
WEITWINKELNEU IM UNION INVESTMENT-PORTFOLIO
IMPRESSUM
Flexibel und modular Die Architekten Nicholas Lacey & Partners schufen 2000 und 2002 die Container City I und II am Londoner Trinity Buoy Wharf. Die Prototypen bestehen aus einem flexiblen, modularen System alter Schiffscontainer. Das Konzept der stilvollen, qualitativ hochwertigen und erschwinglichen Unterkünfte dient vielen Projekten als Vorlage.
Vier-Sterne-Container Wer in einem ausgedienten Container luxuriös übernachten möchte, kann dies im Vier-Sterne-Superior-Boutique-Hotel i31 in Berlin-Mitte. Hier bietet die Kategorie „Comfort Container“ je 25 Quadratmeter in einer außergewöhnlichen Box auf dem Dach eines Nebengebäudes – inklusive begrünter Terrasse und Blick in den Hof.
Stahlkisten veredeln Mit einer recycelbaren Materialschicht las-sen sich alte Stahlcontainer isolieren und dämmen. Das Containerwerk, ein Start-up aus Stuttgart, präsentierte beheizbare und lärmgeschützte Boxen auf der Milan Design Week. Die Idee gewann den Green Product Award 2018 in der Kategorie Architektur.
Cooles Zuhause In Berlin errichtet das Wohnungsunterneh-men Howoge auf einem 11.000 Quadrat-meter großen Grundstück ein neues Studentenquartier. Die Besonderheit: Das EBA Berlin besteht zu einem kleineren Teil aus echten Schiffscontainern, die das Design der insgesamt 369 komplett möblierten Apartments vorgeben.
Urban, trendig und chic Der Boxpark Dubai ist seit 2015 eine Topadres-se für Boutiquen, Restaurants und Lifestyle-Unterhaltung. Ähnlich wie im allerersten Box-park in London ist in Dubai eine vielseitige Einkaufsmeile entstanden. Mehr als 200 um-gebaute Schiffscontainer bilden die Kulisse für das alternative Einkaufserlebnis.
Nachhaltiges Format In Taiwan eröffnete Starbucks 2018 einen Shop, der aus 29 recycelten Transportbehältern be-steht. Das Drive-through in Hualien City wurde vom japanischen Stararchitekten Kengo Kuma entworfen und umgesetzt. In den USA verfügt Starbucks über 45 dieser modularen und nach-haltig konzipierten Läden.
5 Keizers, AmsterdamIm historischen Grachtenviertel von Amsterdam, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, befindet sich die Büroimmobilie 5 Keizers. Das Objekt umfasst fünf Einzelgebäude mit einer Mietfläche von insgesamt 15.000 Quadratmetern. Die zwischen 2014 und 2016 umfassend modernisierte Immobilie wurde für den UniImmo: Deutschland erworben.
Mikroapartment-Anlage, DresdenIn der östlichen Altstadt von Dresden wird bis Ende 2019 eine Mikroapartment-Anlage mit 170 Wohnungen realisiert. Das Konzept richtet sich in erster Linie an Fernpendler und projektorientierte Fachkräfte. Union Investment sicherte sich das Projekt für ihren Spezialfonds Urban Living Nr. 1.
Büroobjekt, PotsdamNeu im Portfolio des DIFA-Fonds Nr. 3 ist die 7.300 Quadratmeter große Büroimmobilie auf dem ehemaligen Kasernengelände nördlich des Potsdamer Hauptbahnhofs. Das kareeförmig um einen Innenhof angeordnete Gebäude wird bis Ende 2019 modernisiert und ist langfristig an ein kommunales Unternehmen vermietet.
Gebrauchte Schiffscontainer sind bei Architekten und Innenausstattern beliebt. Klein und kompakt zeigen sie, was
Großes in ihnen steckt. Damit liegen sie weltweit im Trend. Von Elke Hildebrandt
Upcycling – Architektur zum Stapeln
Foto
s: ag
e fo
tost
ock/
Alam
y St
ock
Phot
o, H
otel
i31/
Andr
eas
Rehk
opp,
Iain
Mas
terto
n/ar
abia
nEye
, EBA
Ber
lin/A
ndre
as S
üß, S
tarb
ucks
Med
ia, C
onta
iner
wer
k M
ilan/
Stef
an H
ohlo
ch, U
nion
Inve
stm
ent/P
aul S
tarin
k, U
nion
Inve
stm
ent (
Sim
ulat
ion)
, Uni
on In
vest
men
t/Her
bert
Ohg
e, S
hutte
rsto
ck
+++ Die nächste RAUM & mehr erscheint im September 2019 +++RAUM & mehr 1|2019 RAUM & mehr 1|201946 47
Klasse AssetsCore-Immobilien bleiben Mangelware:
Auf welche Strategien Investoren im späten Zyklus setzen
Das Immobilienmagazin von Union Investment
RAUM mehrAusgabe 1 | 2019
HandelsimmobilienZukunftsfähige Strategien
Hotellerie Anspruchsvolle Märkte
Digitaler ZwillingDatenmanagement für Immobilien