Leseprobe Dr Alexander Heimes Aufruhr im Zahlenland

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Alexander Heimes Aufruhr im Zahlenland, Taschenbuch, ISBN: 978-3-86196-605-0, Taschenbuch, 86 Seiten: Die Zwillinge Tom und Sarah trauen ihren Augen nicht, als sie eines Morgens von drei frechen, sprechenden Zahlen geweckt und überredet werden, mit ins verborgene Zahlenland zu kommen. Dort werden die beiden Menschenkinder schon sehnsüchtig erwartet, denn es herrscht das Chaos, das Land der natürlichen Zahlen schwebt in Gefahr. Königin Null, die Herrscherin des Zahlenlandes, schickt Tom und Sarah auf eine abenteuerliche Reise durch die Welt der Mathematik. Können die beiden ihren neuen Freunden in letzter Sekunde helfen und das Zahlenland wirklich retten?

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Impressum:

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© 2016 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbROberer Schrannenplatz 2

D- 88131 [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.Erstauflage 2016

Lektorat: Melanie WittmannHerstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

www.literaturredaktion.de

Cover: Heike Georgi

Druck: Bookpress / PolenGedruckt in der EU

ISBN: 978-3-86196-605-0 – Taschenbuch

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Alexander Heimes

Aufruhr im Zahlenland

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I. Ungewöhnlicher Besuch 5

II. Im Land der Zahlen 12

III. Der Saal der Unendlichkeit 18

IV. Der Buchstabengarten 30

V. Angriff der Termgangster 42

VI. Das ewige Rätsel 50

VII. Auf der anderen Seite 60

VIII. Das Volk der ganzen Zahlen 66

IX. Abschied 77

X. Rückkehr 82

Inhaltsverzeichnis

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Tom gähnte laut, ohne die Augen zu öffnen. Er war so müde. Dabei hatte Mutter ihn doch gestern schon so früh ins Bett geschickt. Was ihn natürlich nicht so sehr erfreut hatte. Der Wecker ratterte und rasselte auf seinem Nacht-tisch. Noch mal gähnen. Ja, das fühlte sich schon viel bes-ser an. Immer noch mit geschlossenen Augen streckte der blonde, schlanke Junge den rechten Arm aus und versetzte dem alten Wecker einen Stoß.

Gut, dass Oma das nicht sehen konnte! Sie hatte ihm das rote, unförmige Gerät mit den riesigen Zahlen auf dem Ziffernblatt und den lustig lachenden Gesichtern auf den Zeigern damals geschenkt. Kurz danach war Oma nicht mehr aufgewacht. Wie traurig er damals gewesen war ...

Typisch, dass Sarah noch keinen Laut von sich gab. Toms Schwester hatte den tiefsten Schlaf, den er sich vorstellen konnte. Er war sich absolut sicher, dass man neben ihr pro-blemlos Schlagzeug spielen konnte, ohne dass Sarahs lei-ses Schnarchen nur ein kleines bisschen abnehmen würde.

Nur als er einmal Sarahs Kopf als Trommel benutzt hatte, war sie aufgeschreckt und hatte herumgebrüllt. Manchmal fragte sich Tom, ob ihm das mit dem tiefen Schlaf früher oder später wohl auch passieren würde. Unter Zwillingen kamen ja die seltsamsten Dinge vor.

I. Ungewöhnlicher Besuch

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„Guten Morgen“, hörte er plötzlich mitten in seine Ge-danken hinein eine helle, krächzende Stimme.

„Guten Morgen“, murmelte Tom. Moment, wo kam denn jetzt plötzlich diese Stimme her?

Er riss die Augen auf – so gut es direkt nach dem Aufwachen eben ging –, hob den Kopf und spähte zu seiner Schwester hinüber. Nein, Sarah rührte sich nicht. Sie schlummerte noch immer tief und fest. Und Mutter war auch nicht zu sehen.

Vielleicht hatte er sich das Ganze einfach nur eingebildet. „Ich sagte: guten Morgeeeen.“ Schon wieder diese Stimme! Sogar etwas genervt klang

sie jetzt. Doch keine Einbildung? Tom hob erneut den Kopf, öffnete seine Augen ein Stück-

chen weiter – und gefror im nächsten Augenblick vor Schreck und Verblüffung. Er starrte bewegungslos auf das Ende seines Bettes. Da, auf dem hölzernen Pfosten nur ein Stückchen über seinen Füßen, saß eine Neun. Ja!

Es klingt verrückt. Aber da saß wirklich die Zahl Neun. Zu-mindest etwas, das wie eine Neun aussah. Vielleicht zehn oder neun Zentimeter groß. Es, nein, sie oder doch es ... hatte eine Art kleines, durchsichtiges Gesicht in der Mitte des geschlossenen oberen Kreises und der unten nach links geschwungene Bogen war ständig in Bewegung. Die Neun hüpfte auf dem Bettpfosten herum wie ein Flummi.

„Waaa...“, entfuhr es Tom in schrillem Ton.„Ja, was denn?“, rief die Neun. „Du guckst und schreist

ja, als wäre dir die Null persönlich begegnet!“„Was ... was ... wer ... wer ...“ Tom konnte keinen klaren

Gedanken fassen. Überhaupt konnte er sich kaum rühren.

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Er lag einfach nur da und starrte die sprechende, irgendwie fröhlich wirkende Zahl an.

„Wer ich bin? Das siehst du doch! Ich bin die wilde Drei-zehn.“

„Wie jetzt“, stammelte Tom, „was meinst du mit wilde Dreizehn?“ Langsam konnte er sich wieder bewegen.

„Na, so eine blöde Frage kann ja sonst nur von einem Buchstaben kommen. Ich bin natürlich Nummer Neun! Das siehst du doch.“

Tom rappelte sich mühsam hoch und zog die Decke mit der Fußballbettwäsche an sich heran. Jetzt konnte er die Neun besser sehen. Tatsächlich. Eine Zahl sprach zu ihm. Und er konnte sie verstehen.

„Hey, Neuni, ist er endlich wach?“, vernahm Tom plötz-lich eine zweite quäkende Stimme. „Das wurde ja auch langsam Zeit, wir können hier doch nicht womöglich 86400 Sekunden sitzen.“ Im nächsten Moment sprangen eine Drei und eine Siebzehn aus dem Nichts auf Toms Bettdecke. Dieses Mal erschrak er nicht ganz so sehr. „Seine Schwester hat schon vorgeschlagen, ihm einen Zylinder Wasser über seine Kugel zu schütten.“

„Hey, hey, hey. Guter Mr Siebzehn, die Menschen rech-nen eher in Tagen als in Sekunden, das ist leichter für sie. Und die meisten mögen es auch nicht, wenn man ihren Kopf – ich nehme an, den meintest du – eine Kugel nennt. Und sie benutzen das Wort Eimer anstelle von Zylinder ...“

„Ach, wie gut, dass wir einen Experten in Menschenkun-de dabeihaben, Neuni, aber vergiss mal nicht, dass wir hier im Auftrag der Königin sind. Und bei seiner Schwester ging es doch auch ganz schnell“, mischte sich die Drei ein.

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„Wie, meine Schwester? Die liegt doch da und schläft!“ Endlich hatte sich Tom wieder gefasst.

Tatsächlich konnte er genau sehen, dass Sarah wie immer regungslos in ihrem Bett lag. „Und wie kommt ihr über-haupt hierher?“ Ehe er sich von einer frechen Siebzehn einen Eimer Wasser über den Kopf gießen lassen würde, dachte er, konnte man ja mal nachfragen, was die Zahlen von ihm wollten.

„Na also! Mit dem Herrn Mensch kann man ja doch rech-nen. Da scheint ja tatsächlich ein bisschen mehr als nur Fleisch in seinem umgekehrten Kegel zu stecken!“, jubelte die Siebzehn, offenbar erfreut darüber, dass Tom seine Sprache wiedergefunden hatte.

„Körper, Mr Siebzehn, Körper! Nicht umgekehrter Kegel“, wies ihn die Neun zurecht.

„Na, der sieht doch schließlich so aus wie ein Kegel!“, rechtfertigte sich die freche Zahl.

„Also, ich weiß nicht, die Menschen machen so viele Feh-ler, warum soll gerade der hier eigentlich besser sein und uns helfen können? Und als umgekehrten Kegel kann man den ja schon irgendwie bezeichnen ...“, gab die Drei auch noch ihren Kommentar ab und hüpfte ungeduldig auf der Bettdecke hin und her.

Jetzt hatte Tom genug. „Nun seid aber mal alle ruhig und erklärt mir lieber, was ihr hier wollt und was mit meiner Schwester passiert ist!“

Schlagartig trat Stille ein. Die Neun und die Drei sahen fast schon betroffen aus.

„Tom, deiner Schwester geht es gut“, erklärte die Neun in einem ruhigen Tonfall, der schon fast menschlich klang. „Es

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sieht nur so aus, als würde sie schlafen, aber sie ist schon seit ein paar Stunden an einem anderen Ort, an dem Zeit keine Rolle spielt.“

„Wie meinst du das?“ Tom wurde unsicher. Plötzlich musste er an Oma denken, die auch nicht mehr aufgewacht war. Von einem anderen Ort hatten die Erwachsenen alle geredet. „Was ... was habt ihr mit ihr gemacht und wo ist sie jetzt? Holt sie sofort zurück!“

Die Stimme der Neun wurde noch sanfter. „Tom, bitte mach dir keine Sorgen, Sarah geht es wirklich gut, sie könn-te in einer Sekunde zurück sein. Aber wir sind hier, weil wir ihre und deine Hilfe brauchen.“

„Wobei?“Eine seltsame Stille trat ein. Der zehnjährige Junge hatte

das komische Gefühl, dass sich die Zahlen verstohlen an-schauten.

„Sag mal, magst du Mathematik, Tom?“, fragte die Drei schließlich.

Tom wusste nicht so recht, was er antworten sollte. Er spürte, wie er sich ein wenig beruhigte. „Ich weiß nicht.“ Er sah in die erwartungsvollen Gesichter der drei Zahlen. Ja, es waren wirklich Gesichter. „Ja, doch, eigentlich mag ich Mathe ganz gern. Wieso?“

„Dann, junger Mann, ist es Zeit für eine Reise in unsere Heimat, das Land der Zahlen.“

Tom war ratlos. „Und wo soll das sein, dieses Land der Zahlen?“

„Hmm, überall und nirgends. Wir sind immer bei euch und doch haben wir unsere eigene Welt. Ihr Menschen braucht uns bei allem, was ihr macht oder wollt. Ohne un-

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sere Welt würde eure Welt nicht funktionieren.“ Mächtig großer Stolz schwang in der Stimme der Siebzehn mit.

„Na ja, aber manchmal brauchen wir euch eben auch. Deine Oma, Tom, hat uns vor Zehntausenden von Minuten, nein – wie sagt ihr? –, vor vielen Jahren einmal sehr ge-holfen. Sie hat uns gefunden durch die Zeit und das Gerät, in dem sich Zeit und Zahlen treffen.

„He?“ Tom verstand gar nichts mehr.Die Neun zeigte auf den Wecker. Es sah witzig aus, wie

die Neun hochsprang und ihren Bogen in Richtung des We-ckers schwang.

„Dein Platznachbar hat das Portal auch schon genutzt“, sagte die Drei.

„Wer?“„Professor Drei meint deine Schwester. Im Zahlenland

gibt es keine Geschwister, nur Platznachbarn. Meine Platz-nachbarn sind zum Beispiel die Frau Acht und Doktor Zehn“, erklärte Menschenkenner Nummer Neun.

„Ach so.“ Tom verstand. Er konnte es selbst kaum glau-ben, aber ganz langsam bekam er tatsächlich Lust auf ein Zahlenabenteuer. „Wofür braucht ihr meine Hilfe?“

„Erst die Reise, dann wird dir ihre Majestät, die Königin Null, erklären, wie ernst die Lage ist. Du bist also bereit?“, fragte die Neun.

„Wer?“„Königin Null, die niedrigste natürliche Zahl, die trotz-

dem unsere oberste ist.“ „Hmm, ja, okay“, antwortete Tom zögerlich. „Aber ich

muss doch eigentlich in die Schule, die beginnt auch schon in ...“

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„Darum mach dir keine Sorgen. Wir reisen in die Welt außerhalb der Zeit, wenn du zurückkehrst, wird hier keine Sekunde vergangen sein.“ Die Neun drehte sich zu den an-deren um. „Professor?“

Professor Drei hüpfte näher an Tom heran. „In Ordnung, Menschenkind. Schließ deine Ovale.“

„Was?“„Ähm, er meint deine Augen“, sprang ihm die Neun bei.„Ach ja, Augen. Du musst dich nun gut konzentrieren.

Denke mit aller Kraft an dieses Gerät dort drüben.“„Den Wecker?“„Ja, den Wecker, an die Zahlen auf dem Wecker. An uns.

Schalte alle anderen Gedanken aus, denke nur noch an die Zahlen.“

Tom schloss seine Augen, er sah den Wecker vor sich. Die Drei, die Neun, die Siebzehn. Und dann dachte er plötzlich an Oma. Warum hatte sie ihm nie erzählt, dass sie die Zah-len verstand? Aber vielleicht hatte sie das ja auch getan. Vielleicht waren er und Sarah damals einfach nur zu jung gewesen?

„Leg den Wecker niemals aus den Händen, er kann un-glaubliche Dinge.“ Das hatte sie tatsächlich einmal gesagt. Hatte sie das so gemeint?

„Konzentriere dich nur auf die Zahlen, auf nichts sonst!“, hörte er die Drei. Irgendwie klang die Stimme der Zahl sehr weit weg.

Plötzlich drehte sich alles immer schneller, immer wirrer, immer mehr Zahlen erschienen. Dann wurde alles schwarz.

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„Nun aber hoch mit dir, du alte Schlafmütze, ich bin auch direkt wieder aufgestanden!“ Sarahs Stimme klang fast gereizt.

Zum zweiten Mal an diesem Tag fühlte sich Tom schlaf-trunken und versuchte mühsam, seine Augen zu öffnen. Seine Schwester war schon wach und munter. Wie immer. Ach, was war das für ein verrückter Traum gewesen mit einem Wecker als Tor zu einer anderen Welt und sprechen-den Zahlen mit ...

„Genau, los, Tom, wir haben doch keine Zeit!“... krächzenden Stimmen. Moment mal, war das alles

also doch kein Traum? Der Junge riss die Augen auf und im selben Augenblick schlug ihm ein wildes Stimmgewirr ent-gegen. Über ihn gebeugt standen Sarah, die Drei, die Neun und die Siebzehn.

„Ach, du lieber Himmel, das ist also doch alles passiert?“ Toms Stimme klang kratzig vor Aufregung.

„Ja, ich bin auch gerade eben hier aufgewacht“, fuhr ihn Sarah streng an. „Und nun steh endlich auf, die Zahlen haben einen wichtigen Auftrag für uns. Sie wollen uns zu ihrer Königin bringen.“

Sarah schien die ganzen Geschehnisse als ziemlich nor-mal zu empfinden. Die sprechenden Zahlen und das ganze

II. Im Land der Zahlen

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Land. Aber irgendetwas stimmte hier doch nicht. Was war es bloß? Natürlich! Die Drei war plötzlich so groß wie Sarah ... so groß wie er selbst.

Tom sprang auf seine Füße. „Warum seid ihr so groß?“, stammelte er.

„Moment, junger Mann. Größe ist immer relativ, ich meine, eine Sache des Vergleichs! Vielleicht bist du auch einfach kleiner geworden“, erklärte die Siebzehn, die wie schon vorhin im Kinderzimmer ihre Eins sonderbar nach-zog, wenn sie sich bewegte. „Hier im Zahlenland sind alle Einwohner gleich, sie haben die gleichen Eigenschaften und Positionen. Deshalb sind wir alle gleich groß. Es sei denn“, die Zahl hüpfte nach links, „wir arbeiten gerade an etwas, damit kann man auch mal ganz groß rauskommen.“

Tom und Sarah schauten nach links und stießen einen Schrei der Überraschung aus. So etwas hatten die beiden Kinder noch nie gesehen! Soweit die Zwillinge blicken konnten, sahen sie riesige Säulen, die in die Höhe ragten, und gigantische Balken, die in einer sonderbaren Ordnung und gleichen Abständen übereinander schwebten. Auf den Säulen und Balken tanzten und lachten Zahlen.

„Was ... was ... was ist denn das?“, kreischte Sarah in ei-ner Mischung aus Bewunderung und Schreck.

„Das, meine Lieben, sind Diagramme. Sie fassen ganz viele Zahlen und Werte auf einen Blick zusammen. Wir bauen unglaublich viele von diesen Diagrammen für die Menschen. Ja, ganze Zahlengruppen beschäftigen sich da-mit“, ertönte die helle Stimme der Neun. „Dort, die großen, unterschiedlich hohen Säulen gehören zu sogenannten Säulendiagrammen. Das dahinten, die langen Balken über-

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einander, das sind Balkendiagramme. Und dort hinter euch werden Kreisdiagramme und Graphen gebaut.“

Tom und Sarah staunten nicht schlecht, als sie sich um-drehten und die riesige Scheibe sahen, die wie eine Torte in unterschiedliche Stücke zerschnitten war. Einmal mehr mit gut gelaunten Zahlen auf jedem Abschnitt. Und das, was die Neun einen Graphen genannt hatte, musste wohl die Linie sein, die sich im Zickzack zwischen zwei langen Balken entlangbewegte.

„Wow, das ist ja klasse, so etwas habe ich noch nie gese-hen“, murmelte Tom.

„Das stimmt nicht“, fiel ihm Sarah ins Wort, „letzte Wo-che, als Mutti und Vati die Nachrichten geguckt haben, da kamen diese Diagramme auch vor.“

„Ach ja, stimmt“, pflichtete Tom seiner Schwester bei, ohne dass er sich wirklich erinnern konnte. Aber er wusste, dass sie dann meistens zufrieden war und ihn endlich in Ruhe ließ.

Tom fiel auf, dass die Drei ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. „Wir sollten gehen. Königin Null erwartet uns schon ganz ungeduldig“, forderte der Professor.

Sie setzten sich in Bewegung und spazierten langsam an den Diagrammen vorbei. Seltsam, wie regelmäßig hier alles wirkte. Die Wolken am Himmel schienen Rechtecke und Quadrate zu formen, die kannte Tom schon aus der Grundschule. Ein Quadrat sah aus, als wenn man auf ei-nen Spielewürfel von oben blickte, alle Seiten gleich lang und alle Ecken gleichmäßig. Ein Rechteck so, als wenn man Vatis Schreibtisch von oben betrachtete. Jeweils zwei gleich lange Seiten, die einander genau gegenüberlagen.

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Die kreisförmigen Scheiben auf dem Boden ersetzten wohl Steine. Die Häuser sahen aus wie auf die Seite gekippte Pa-pierdrachen, die Tom im Herbst gern steigen ließ. Andere Häuser schauten wie ganz regelmäßige Zirkuszelte aus.

„Oh, ihr beide seid wahrscheinlich erstaunt über die schönen Figuren und Regelmäßigkeiten in unserer Ge-gend, was? Das ist nicht überall im Zahlenland so, hier aber schon. Die Form der Häuser da vorne nennt man Rauten.“ Die Neun zeigte auf den seitlich umgekippten Drachen. „Und das da vorne ist ein Trapez.“

„Witzig, sieht aus wie ein Zirkuszelt von vorn“, sagte Sa-rah und lachte.

„Hmm, habe ich auch gerade gedacht“, wunderte sich Tom.

„Dies ist allerdings ein besonderes Trapez, weil es so re-gelmäßig ist. Um ein Trapez zu sein, reicht es schon, wenn zwei Seiten genau parallel, also gleichmäßig einander ge-genüberliegen.“

„Aha“, gaben Tom und Sarah gleichzeitig von sich.„Interessant, ihr seht euch also nicht nur sehr ähnlich,

sondern denkt auch das Gleiche, was?“, bemerkte die Drei.Solche Kommentare konnte Tom gar nicht ausstehen.

Und Sarah auch nicht. Da war er sich sicher, sie sagte es nur nicht.

„Schau dich mal selbst an, du könntest auch der Zwil-lingsbruder von der Dreiunddreißig sein.“

„Haha, ja, das stimmt“, kreischte die Siebzehn vergnügt. „Vielleicht kannst du mit der Dreiunddreißig zusammen herumziehen und eine Show als die unheimlichen Ähnlich-keitszahlen aufziehen.“