Leseprobe Georg Milbradt, Gernot Nerb, Wolfgang Ochel ... · tikmaßnahmen des Fiskus und der...

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Leseprobe Georg Milbradt, Gernot Nerb, Wolfgang Ochel, Hans-Werner Sinn Der ifo Wirtschaftskompass Zahlen - Fakten - Hintergründe ISBN: 978-3-446-42710-5 Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/978-3-446-42710-5 sowie im Buchhandel. © Carl Hanser Verlag, München

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Leseprobe

Georg Milbradt, Gernot Nerb, Wolfgang Ochel, Hans-Werner Sinn

Der ifo Wirtschaftskompass

Zahlen - Fakten - Hintergründe

ISBN: 978-3-446-42710-5

Weitere Informationen oder Bestellungen unter

http://www.hanser.de/978-3-446-42710-5

sowie im Buchhandel.

© Carl Hanser Verlag, München

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Konjunktur und Wachstum

Warum sie nicht dasselbe sind

Während der Wachstumsbegriff auf die Entwicklung des langfristigen Wohl-standsniveaus einer Volkswirtschaft abzielt, beschreibt der Konjunkturverlauf eher kurzfristige Schwankungen um einen langfristigen Trend. In Politik und Me-dien werden beide Konzepte häufig synonym gebraucht, obwohl sie sich auf un-ser Leben ganz unterschiedlich auswirken.

Die Unterscheidung von Konjunktur und Wachstum beruht im Wesentlichen auf der Erkenntnis, dass die wirtschaft-liche Entwicklung unstetig verläuft. Betrachtet man etwa den Verlauf des Bruttoinlandsprodukts, also den Wert der in einem Land erzeugten Waren und Dienstleistungen, zeigt sich ein Muster zyklischer Schwankungen entlang eines langfristigen Wachstumspfads >  Bild  1. Diese periodischen Muster aus Auf- und Abschwüngen werden als Konjunkturzy-klus bezeichnet.

Obwohl Konjunkturzyklen in Länge und Stärke durchaus variieren und jeder für sich genommen einzigartig ist, werden sie allgemein in vier Phasen eingeteilt > Bild 2. In die Aufschwungphase, in der die Wachstumsraten zunehmen und die Arbeitslosigkeit sinkt, in den Boom, wäh-rend dessen nahe der Kapazitätsgrenze produziert wird und in dem es häufig zu deutlichen Preisanstiegen (Inflation) kommt, in den Abschwung, in dem die Kapazitätsauslastung wieder zurückgeht und die Arbeitslosigkeit steigt, und in die Rezession, die durch Produktionsrück-gänge, hohe Arbeitslosigkeit und sin-kende Inflationsraten gekennzeichnet ist.

> Langfristige und kurzfristige Veränderungen

Im Gegensatz zum langfristigen Wachs-tum sind konjunkturelle Schwankungen

ein eher kurzfristiges Phänomen. Die Ursachen liegen vor allem in zyklischen Schwankungen der Investitionsgüter-nachfrage (Akzeleratoreffekt) sowie in plötzlich auftretenden Ereignissen wie drastischen Ölpreisanstiegen, platzenden Immobilienblasen oder erratischen Poli-tikmaßnahmen des Fiskus und der Zen-tralbank, deren langfristige Effekte auf das Wirtschaftswachstum gering sind.

Langfristiges Wachstum hingegen entsteht durch die Ausweitung der Pro-duktionsmöglichkeiten einer Volkswirt-schaft. Dafür sind vor allem Investitio-nen in physisches Kapital (Infrastruktur und Maschinen) und in Humankapital (Gesundheit und Bildung) sowie techno-logischer Fortschritt notwendig. Darüber hinaus kommt aber auch institutionel-len Faktoren, die unser gesellschaftliches Zusammenleben bestimmen, eine wich-tige Rolle zu. Hierzu zählt etwa eine effi-ziente Wirtschaftsordnung, die Planungs-sicherheit schafft und die Fehlanreize so-wie den unproduktiven Einsatz von Res-sourcen, z.  B. durch eine überbordende Bürokratie, vermeidet. Obwohl langfristi-ges Wachstum und Wohlstand in erster Linie von den oben genannten Faktoren abhängen, spielen sie in der öffentlichen Debatte häufig nur eine untergeordnete Rolle. MK

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1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011

Langfristiger Wachstumspfad

BIP in Bio. Euro zu Preisen von 2000

Konjunkturzyklus

Bild 1 Wachstumstrend und Konjunkturzyklus in Deutschland1) 1) BIP zerlegt in einen langfristigen Wachstumstrend und einen kurzfristigen Konjunkturzyklus. Quelle: Statistisches Bundesamt; Berechnungen des ifo Instituts.

Rezession Abschwung Aufschwung

Trendwachstum

Konjunkturzyklus

Boom

Zeit

Wirtschaftliche Aktivität

Bild 2 Schematische Darstellung der Phasen eines Konjunkturzyklus Quelle: Darstellung des ifo Instituts.

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einkommensverteilung

Die Amerikanisierung der Einkommensverhältnisse

Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten ist die Einkommensverteilung in Deutsch-land im letzten Jahrzehnt sehr viel ungleichmäßiger geworden. Ein Hauptgrund hierfür ist die Zunahme von Personen im Niedrigeinkommensbereich durch die Abschaffung der relativ großzügigen Arbeitslosenhilfe.

Zur Darstellung von Einkommensvertei-lungen werden in der Regel Gini-Koeffi-zienten verwendet. Diese Koeffizienten messen die Einkommensverteilung auf einer Skala von null bis eins. Bei einem Koeffizienten von null hätten alle Perso-nen in einem Land exakt dasselbe Ein-kommen, bei einem Koeffizienten von eins würde eine Person das gesamte Einkommen im Land auf sich vereinen. Für die Mitte des letzten Jahrzehnts liegt der Koeffizient für Deutschland bei 0,3 und damit im internationalen Vergleich im Mittelfeld > Bild 1. In den angelsäch-sischen Ländern, insbesondere den Ver-einigten Staaten, ist die Einkommens-verteilung deutlich ungleicher als in Deutschland, während sie in den nord-europäischen Ländern deutlich gleicher ist.

> Die Entwicklung der Einkom­mensverteilung in Deutschland

Die Einkommensverteilung in Deutsch-land ist in den letzten Jahrzehnten deut-lich ungleicher geworden, insbesondere seit 2000 > Bild 2. Wichtige Gründe für diese Entwicklung sind der starke An-stieg der Arbeitslosigkeit, die zuneh-mende Zahl der Langzeitarbeitslosen bis zur Mitte des letzten Jahrzehnts, der Abbau von Sozialleistungen, insbeson-dere die Überführung der großzügigen Arbeitslosenhilfe in das nur existenzsi-

chernde Arbeitslosengeld II, und das An-wachsen des Niedriglohnsektors.

Eine ungleichere Einkommensvertei-lung bedeutet nicht zwangsweise, dass es den ärmeren Personen in einem Land auch schlechter geht. Wenn bei einem realen Anstieg der Einkommen aller Be-völkerungsgruppen die Einkommen der Reicheren überproportional steigen, führt dies zu einer ungleicheren Einkommens-verteilung und trotzdem auch gleichzeitig zu einer verbesserten Lage für die Är-meren. Eine Politik, die zu sehr auf eine gleichmäßige Einkommensverteilung ab-zielt und zu stark umverteilt, kann unter Umständen auch für die Ärmeren schäd-lich sein. Je stärker ein Staat umverteilt, desto weniger lohnt es sich für jeden Einzelnen, sich anzustrengen. Weniger In-novationen und gebremstes Wirtschafts-wachstum können die Folge sein.

Dennoch ist das Auseinanderdriften der Einkommen in Deutschland nicht vollkommen unproblematisch. Eine sehr ungleiche Einkommensverteilung kann zu einer großen Distanz zwischen den Bevölkerungsgruppen und zu sozialen Spannungen führen. Würde die Sozialpo-litik stärker auf Lohnergänzung statt auf Lohnersatz setzen, kann, wie in der Ak-tivierenden Sozialhilfe des ifo Instituts dargelegt, das Auseinanderdriften der Einkommen abgeschwächt werden, und es lohnt sich dennoch für jeden Einzel-nen, sich anzustrengen. TH + WG

7.1

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Gini-Koeffizient

Bild 1 Einkommensverteilung im internationalen Vergleich – Gini-Koeffizienten 2005 Quelle: OECD (2008): Growing Unequal? Income Distribution and Poverty in OECD Countries.

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0,29

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Mitte der 1980er-Jahre

Um 1990 Mitte der 1990er-Jahre

Um 2000 Mitte des letztenJahrzehnts

Gesamtbevölkerung

Gini-Koeffizient

Bild 2 Entwicklung der Einkommensverteilung in Deutschland Quelle: Siehe Bild 1.

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atomkraft

Bauboom trotz Fukushima?

Vor Fukushima planten nur Deutschland und Belgien, ihre Atomkraftwerke ab-zuschalten. Kein anderes Land auf der Welt wollte sonst aus der Atomkraft aus-steigen, vielmehr war geplant, Hunderte neuer Atomkraftwerke zu bauen. Auch in unmittelbarer Nachbarschaft Deutschlands waren viele neue Kraftwerksblöcke geplant, und einige sind schon in Bau. Das Unglück in Japan könnte eine mögliche Renaissance nun verhindern.

Der Atomausstieg war vor Fukushima zu einem Erkennungsmerkmal der deut-schen Energiepolitik geworden, denn weltweit wurden wieder Atomkraftwerke geplant und gebaut > Bild 1. Selbst Schwe-den, wo der Atomausstieg zuerst prokla-miert worden war, hatte sich vom Aus-stieg verabschiedet. Indien baut derzeit fünf Kraftwerke, Russland acht und China sogar 20. Neben den aktuell 52 Neubau-ten sind weltweit 83 Kraftwerke in Bean-tragung. Weitere 125 Kraftwerke sind in Vorplanung. Auch in Europa werden neue Meiler geplant oder gebaut, so in Finn-land, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und Tschechien. 2008 wurden weltweit 2 781,9 TWh Strom in über 430 Kernkraftwerken erzeugt > Bild 2.

Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass Atomkraft als wichtige grundlast-fähige Energiequelle gilt, die fast CO2-neutral ist – im Gegensatz beispielsweise zu Kohlekraftwerken. Diese Eigenschaft gewinnt mit dem weltweit wachsenden Bewusstsein für die Folgen des Klima-wandels zunehmend an Bedeutung.

> Kernkraft am Scheideweg

Angesichts der Katastrophe in Japan bleibt abzuwarten, ob alle Projekte reali-siert werden. Aber auch begrenzte Ferti-

gungskapazitäten sowie Unsicherheiten technischer, wirtschaftlicher und gesell-schaftspolitischer Art behindern immer wieder die Umsetzung der Bauvorhaben.

Wie die Unglücke zeigen, kann Kern-kraft mit immensen externen Kosten ver-bunden sein. Gleiches gilt jedoch für Koh-lekraftwerke, die aufgrund ihres hohen CO2-Ausstoßes das Klima erwärmen. Der Ersatz von Atomkraft durch klimafreund-liche Energiequellen wie Wind- und So-larstrom ist nicht einfach. So führt deren hohe Volatilität in der Stromerzeugung dazu, dass ihr Beitrag zu einer gesicher-ten Endenergieversorgung in Deutsch-land im Promillebereich liegt, obwohl die deutsche Erzeugung dieser beiden Strom-arten weltweit an der Spitze liegt.

Unabhängig von der Frage nach dem richtigen Energiemix der Zukunft könnten die Kraftwerksbetreiber gezwungen wer-den, die Haftpflichtrisiken zu versichern. Die Versicherung würde bei entsprechen-der Risikostaffelung der Prämien Anreize für Investitionen in eine höhere Sicherheit bieten. Aufgrund der grenzüberschreiten-den Risiken von Kernkraftwerken reicht es jedoch nicht aus, die Versicherungs-pflicht in einzelnen Ländern einzuführen. So gibt es keine einfache Lösung der Ver-sorgungsfrage, schon gar nicht auf allein nationaler Ebene. LR

8.6

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Arabische Emirate

In Bau Beantragt Vorplanungen bis 2020Anzahl

Bild 1 Kernkraftwerke in ausgewählten Ländern: in Bau, beantragt und geplant Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2010).

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USAUngarn

TschechienSpanien

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Frankreich

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Finnland

Anzahl der Kraftwerke Anteil an Stromerzeugung in %

Bild 2 Kernkraftwerke in ausgewählten Ländern Quelle: Siehe Bild 1.

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Die Wirtschafts- und finanzkrise

Lehren für Europa

In den meisten europäischen Ländern stiegen wegen der Wirtschafts- und Finanz-krise die Staatsschulden relativ zum BIP. Gleichzeitig kam es zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit. Dies war das Ergebnis von Fehlentwicklungen in der Zeit vor der Krise, welche Nachholbedarf beim Regelwerk zur wirtschaftlichen Integration Europas offenbaren.

Die Fehlentwicklungen umfassten im Wesentlichen folgende vier Bereiche:

Staatsschulden: Beflügelt durch hohes Wachstum waren die Spar- und Reform-anreize vor der Krise gering. Wenige Länder haben konsequent ihren Haus-halt konsolidiert, obwohl dies durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) vorgesehen war. In der Krise mussten dann Konjunktur- und Bankenrettungs-programme aufgelegt werden, die die Staatsschulden stark erhöhten.

Leistungsbilanzdefizite: Kapitalexpor-tierende Länder wie Deutschland erlebten nach der Ankündigung und Einführung des Euro einen Rückgang der Investiti-onen. Es kam zu hoher Arbeitslosigkeit und geringen Lohn- und Preissteigerun-gen. Durch verbesserte Wettbewerbsfä-higkeit entstanden Exportüberschüsse. Kapitalimportierende Länder indes er-lebten einen Boom, der rasch zu steigen-den Löhnen und einem Importüberschuss führte. Diese Länder verloren an Wettbe-werbsfähigkeit, weil sie über ihre Verhält-nisse lebten > Bild 1.

Überhitzung auf den Immobilienmärk-ten: Vor der Krise stiegen die Preise auf den Immobilienmärkten viel schneller, als es durch langfristige Fundamentalda-ten erklärbar war > Bild 2. Als die Blase platzte, brach die Bauwirtschaft ein und in den betroffenen Ländern stieg die Ar-beitslosenquote deutlich an. Zudem wur-den Banken in Mitleidenschaft gezogen,

weil viele Bauherren ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten.

Finanzierungskosten: Der Boom der Jahre vor 2007 war angestoßen worden, weil mit dem Euro die Wechselkurs-unsicherheit beseitigt wurde und somit die Risikoaufschläge in den Zinssätzen verschwanden. Erst mit der Finanzkrise wuchsen diese wieder, weil die Anleger nun das Risiko einer Staatsinsolvenz fürchteten. Für einige Staaten wurde es schwierig, neue Kredite zur Begleichung ihrer Altschulden und für die Finanzie-rung der Außenhandelsdefizite aufzuneh-men.

> Reformnotwendigkeiten im Euro­Land

1. Die Mitgliedstaaten müssen aufhören, sich zu verschulden, und wieder Bud-getüberschüsse bilden.

2. Die Leistungsbilanzdefizite müssen durch den Sparkurs zurückgefahren werden. Dazu sind effektivere Kon-troll- und Steuerungsmechanismen nötig.

3. Europa braucht einen Krisenmechanis-mus, der bei einer drohenden Staats-insolvenz die Banken beteiligt. So blei-ben durch die Berücksichtigung länder-spezifischer Risiken Zinsunterschiede erhalten, die eine übermäßige Aus-landsverschuldung und die Bildung von Blasen verhindern. AE

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Leistungs-bilanzsalden in % des BIP

≥ -24,0≥ -10,0≥ - 5,0≥ 0,0≥ 5,0k. A.

Bild 1 Leistungsbilanzsalden in den EU-Staaten vor der Krise (2008) Quelle: Eurostat (2010); Darstellung des ifo Instituts.

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Italien

Deutschland

Spanien

Frankreich

England und Wales

Irland

Index Q1 2006 = 100

Bild 2 Immobilienpreise 1995 bis 2010 Quelle: The Economics and Social Research Institute.