MAG Nr. 16

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Latonia Moore singt Aida MAG 16

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Schwerpunktthema: Aida

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Editorial1

Verehrtes Publikum,

Giuseppe Verdis Aida ist eine Oper, bei der man die Inszenie­rung immer schon vor sich sieht. Man blickt auf den Titel und hat alles gleich vor Augen: die Pyramiden, den Pharao­nenpalast, die Palmen und den breiten Kajalstrich auf den Augenlidern der schönen Ägypterinnen, die goldblitzenden Aida­Trompeten und den Triumphmarsch mit jubelndem Volk, strengen Priestern, zierlichen Schleiertänzerinnen, äthiopischen Gefangenen und echten Elefanten. Unser kol­lek tives Gedächtnis ist bei Aida mit Bildern so vollgestopft wie das National­Museum in Kairo mit Grabschätzen, Statuen und Mumien. Was wir da so gut zu kennen glauben, ist frei l ich nicht das Werk selbst, sondern die zum Klischee ge­ ronne ne Aufführungstradition. Jede Neuproduktion verhält sich, ob sie will oder nicht, zu dieser Aufführungstradi tion. So ist es auch mit unserer neuen Aida am Opernhaus Zürich, die am 2. März Premiere hat: Es wird wohl kaum jemanden über raschen, dass bei ihr die Pappmachè­Pyramiden im Fundus bleiben.

Dass die Verdi­Oper, die zu seinen schönsten zählt, gerne als elefantös ausstattungsmächtige Veranstaltung wahrgenommen wird, hat viel mit dem berühmten Triumph­marsch zu tun, der so populär ist, dass man ihn auch auf den Zuschauertribünen der Fussballstadien anstimmt. Wer sich allerdings genauer mit Verdi und seiner Partitur befasst, stellt fest, dass dem italienischen Komponisten der Triumphmarsch gar nicht so affirmativ und stolz prunkend aus der Feder geflossen ist, wie es viele Produktionen nahelegen. Verdi bedient das Massenspektakel in seiner Musik eher kühl und distanziert. Er führt es mit der ganzen Könnerschaft eines reifen Künstlers vor, aber er marschiert nicht jubelnd mit. Dafür kippt der Tonfall zu oft ins unangenehm Dröhnende.

Aida mit echten Elefanten

MAG 16 / Februar 2O14 Unser Titel zeigt Latonia Moore,

ein Porträt mit der Sängerin lesen Sie auf Seite 24 (Foto Florian Kalotay)

Man weiss aus Briefen, dass Verdi imperialistisches Triumph­gehabe zuwider waren und er das sich grossägyptisch aufplus­ternde Preussen seiner Zeit hasste. Das legt den Schluss nahe, dass der Triumpmarsch als szenischer Anti­Kriegsappell viel eher den Intentionen des Komponisten entspräche als ein buntes Kostümspektakel.

Tatjana Gürbaca und Fabio Luisi, die unsere neue Zürcher Aida auf die Bühne bringen, beschreiten allerdings einen anderen Weg: Ihr interpretierender Blick geht in erster Linie vorbei an aller vermeintlichen Grossarchitektur auf die Figuren und ihre Seelenlagen, Liebessehnsüchte, Wunsch­welten und Albträume. Sie sind den Innenwelten auf der Spur, denen Verdi in seiner Partitur weite Räume öffnet. Tatjana Gürbaca hat in der vergangenen Spielzeit unsere sehr erfolgreiche Rigoletto­Produktion inszeniert und wurde von den deutschsprachigen Kritikern zur «Regisseurin des Jahres» gekürt. Sie kehrt nun – wie in Rigoletto mit Fabio Luisi am Dirigentenpult – für eine weitere Regiearbeit im zentralen Verdi­Repertoire an unser Opernhaus zurück. Mit Latonia Moore als Aida, Aleksandrs Antonenko als Radamès, Iano Tamar als Amneris und Andrzej Dobber als Amonasro hat sie ein international hochkarätiges Sängerensemble als künstlerische Partner. Elefanten gibt es in unserer Aida übrigens auch. In einer Probe, in der unser famos spielender Opernchor eine Jubel­szene zu improvisieren hatte, liefen sie plötzlich spontan durchs Bild – eine Herrenpolonaise mit schlenkernden Armen als Rüssel. Vielleicht entdecken Sie sie in der Aufführung. Sie sind ganz unscheinbar, denn sie bestehen nur aus Theater­fantasie und Übermut.

Claus Spahn

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Inhalt3

Filzstiftporträt 36 Vorhang zu! 38 Kalendarium und Serviceteil 39Sibylle Berg geht in die Oper 44

6 Oper aktuell7 Drei Fragen an Andreas Homoki

9 Wie machen Sie das, Herr Bogatu?34 Die geniale Stelle

Fabio Luisi dirigiert im März nicht nur zwei Verdi-Opern, sondern auch ein Konzert mit der

Philharmonia Zürich. Ein Gespräch

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Siegreich kehrt Radamès in Aida aus dem Krieg zurück – doch was er dort erlebte,

hat ihn verändert. Ein Blick in die Wirklichkeit eines amerikanischen Kriegsheimkehrers

10Tatjana Gürbaca inszeniert Aida.Ein Gespräch mit der Regisseurin und ihrem Bühnenbildner Klaus Grünberg

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Wagners Der fliegende Holländer ab 11. März wieder im Spielpan – mit Anja Kampe und John Lundgren

28Yen Han tanzt die Titelrolle in

Mats Eks Sleeping Beauty. Ein Porträtder charismatischen Tänzerin

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sie gibt den ton anHanna Weinmeister ist Konzertmeisterin am Opernhaus Zürich.

Bei Händels «Alcina» gibt sie vom ersten Pult im Orchestergraben aus den Ton an. Am 16. März vertauscht sie

dann den Graben mit dem Podium: Sie ist die Solistin im «Concerto funebre» von Karl Amadeus Hartmann.

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Das neue Saisonbuch ist da!

Soeben ist unser neues Saisonbuch er­schienen – schon jetzt können Sie sich über alle Premieren und Wiederauf­nahmen, Preise und Abonnements der Spielzeit 2014/2015 informieren! Bestellen Sie das Saisonbuch auf unse­rer Homepage oder rufen Sie uns an.

www.opernhaus.chT + 41 44 268 66 66, [email protected]

Luisi and Friends

Generalmusikdirektor Fabio Luisi wurde mit dem Grifo d’Oro geehrt, der höchsten Auszeichnung seiner Heimatstadt Genua. Wir gratulieren! Im März wird er nicht nur als Dirigent der Aida-Premiere, von Don Carlo, Les Contes d’Hoffmann und dem 3. Philharmonischen Konzert zu er­leben sein, sondern auch als Pianist. Gemeinsam mit Musikern der Philhar­monia Zürich interpretiert er in unserem nächsten Brunchkonzert das Klarinettenquintett in A-Dur von Franz Schmidt.

Brunchkonzert: 2. März, 11.15 Uhr, SpiegelsaalLunchkonzert: 3. März, 12 Uhr, Spiegelsaal

Aufforderung zum Tanz!

Am 8. März findet unser traditioneller Opernball statt. Bevor die Debütantin­nen und Debütanten die Ballnacht eröffnen, bieten wir ein exklusives Gala­diner aus dem Hause Baur au Lac an. Renommierte Gesangssolisten wie Alek sandrs Antonenko und Anna Go rya­chova, das Ballett Zürich und die Philharmonia Zürich unter der Leitung von Cornelius Meister sorgen für musikalische Höhepunkte! Geniessen Sie mit uns die einzigartige Atmosphäre und flanieren Sie nach Belieben zwi­schen Ballsaal, Galeria Latina, Disco und Champagner­Lounge! Der Erlös des Balls unterstützt die künstlerische Arbeit des Opernhauses.

8. März 2O14, ab 18 Uhr Weitere Informationen: Tel. +41 44 268 66 68 und auf unserer Homepage

Neun Cellisten

Mit den Bachianas Brasileiras hat Heitor Villa­Lobos Werke für unter­schied lichste musikalische Besetzungen geschrieben und liess sich dabei von der Folklore seines Heimatlands Brasi­lien inspirieren. Die Bachianas No. 1 und No. 5 erforden jeweils eine grosse Cello gruppe. Neun CellistInnen der Philharmonia lassen diese Werke sowie Kompositionen von John Dowland, Zoltán Kodály u.a. im zweiten Brunch­/Lunchkonzert dieses Monats erklingen.

Brunchkonzert: 3O. März, 11.15 Uhr, SpiegelsaalLunchkonzert: 31. März, 12 Uhr, Spiegelsaal

Oper aktuell6

Liederabend Nina Stemme

Bevor sie im April und Mai in der Titelpartie von Richard Strauss’ klang­mächtiger Salome auf der Zürcher Opernbühne zu erleben ist, widmet sich die schwedische Star­Sopranistin Nina Stemme dem intimen Lied­gesang, der ihr sehr am Herzen liegt: «Mich fasziniert immer wieder diese kammermusikalische Situation: zwei Menschen auf einer Bühne, die miteinander musizieren und mit dem Publikum gleichsam in einen intimen Dialog treten, ohne jene zahl­reichen ‹Ablenkungen›, die eine Opern aufführung in Form von Insze­nie rung, Bühnenbild und Kostüme begleiten.» Gemeinsam mit dem Pianisten Matti Hirvonen interpre ­tiert sie am 17. März Werke von Franz Schubert, Johannes Brahms, Gustav Mahler und Richard Wagner (Wesendonck-Lieder).

17. März, 19 Uhr, Opernhaus

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In Händels Alcina war mit Cecilia Bartoli einer der ganz grossen Sängerstars in Zürich zu erleben. Sie legen als Intendant aber auch Wert auf ein eigenes En-semble, das Sie fördern wollen. Steht das nicht im Widerspruch zueinander – Startheater und Ensemble?Niemand wird als Star geboren, und jeder Künstler, der heute ein Star ist, hat sich diesen Status hart erarbeitet. Voraussetzung dafür ist – neben einer aussergewöhnlichen Stimme, einer grossen Persönlichkeit und Fleiss – immer auch ein Schutzraum zur künstlerischen Entwicklung. Zum Beispiel in einem Ensemble. Ein Intendant ist also gut beraten, sich nicht nur darüber Gedanken zu machen, wie er die aktuellen Produktionen seines Opernhauses so hochkarätig wie möglich besetzt, sondern vor allem auch darüber, wie dies in fünf oder in zehn Jahren ge schehen soll. Er muss beobachten, wie seine jungen Sänger sich entwickeln und versuchen, Entwicklungspotenziale früh­zeitig zu erkennen. Dazu gehört es, jungen Sängern im richtigen Moment Partien zu geben, an denen sie wachsen können. Ein gutes Beispiel ist Aleksandrs Antonen ko, der in unserer Aida den Radamès singt. Vor zehn Jahren war er noch Ensemblemitglied an der Oper in Riga, dort konnte er in Ruhe zu dem reifen, was er heute ist, nämlich einer der weltweit exponiertesten Vertreter seines Rollen­fachs. Aber auch das Rollenfach eines Sängers kann sich wandeln. Ich erzähle immer wieder gern die Ge schich te von der Pamina in meiner Zauberflöte vor fast 20 Jahren. Sie war ein ganz junges Ensemblemitglied der Kölner Oper und musste die Partie leider wenige Wochen nach der Premiere abgeben, weil ihre Stimme über diese Rolle hinausgewachsen war: Ich spreche von Nina Stemme, heute eine grossartige hochdramatische Sopranistin und ein weltweit gefeierter Star.Fo

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Drei Fragen an Andreas Homoki7

Wenn Sänger den ganz grossen Karrieresprung ge-schafft haben, stehen sie oft nicht mehr für eine länge re Probenzeit zur Verfügung. Ihnen ist aber wichtig, dass jede Inszenierung sorgfältig erarbeitet wird.Ein Argument, das man immer wieder hört, ist: dieser oder jener Sänger liefere auch mit wenigen Proben mehr als die meisten seiner Kollegen. Das ist zu kurz gedacht: Kein Regisseur von Rang wird bei mir inszenieren, wenn sein Protagonist erst in letzter Minute anreist. Eine genaue und seriöse Musiktheater­Arbeit wird da unmöglich. Aber es gibt auch Kompromisse. Als Bryn Terfel in meiner In­szenierung den Fliegenden Holländer einstudiert hat, konnte ich die Proben so einteilen, dass er zwei Wochen später anreisen musste. Das lag aber auch daran, dass der Holländer nur etwa eine halbe Stunde auf der Bühne ist. Für die Weiterentwicklung des Ensembles ist auch das Internationale Opernstudio von grosser Bedeutung.Mit dem Internationalen Opernstudio wollen wir jungen Sängern, die direkt von der Hochschule kommen, eine Brücke bauen ins Ensemble und in eine erfolgreiche Karrie re. Viele der Solisten, die neu ins Ensemble kommen, waren vorher in einem Opernstudio, häufig sogar in unserem eigenen. Um die besten Leute zu uns ins Opern­studio zu holen, veranstalten wir Vorsingen in London und New York, und unsere Operndirektorin Sophie de Lint besucht die Finalrunden internationaler Gesangswett­bewerbe. Unser Opernstudio muss attraktiv sein und den jungen Sängern interessante Herausforderungen bieten. Ich selbst nehme die Arbeit mit den jungen Sängern sehr ernst und mache jede Spielzeit zwei einwöchige Work­shops, in denen wir intensiv an Arien und Opernszenen arbeiten, was uns allen grossen Spass macht.

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Opernhaus Magazin 2013-2014 Nr. 1 1 14.1.2014 15:05:17 Uhr

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?9

Das Bühnenbild von Aida hat es in sich. Zunächst einmal statisch: Der gesamte vordere Teil der Spielfläche schwebt scheinbar schwerelos über einem grossen schwarzen Loch. Da auf dieser Fläche auch der Chor spielen wird, musste unsere Projektleiterin Marina Nordsiek eine stabile, schnell aufbaubare, grösstenteils frei tragende Stahlkonstruktion entwerfen, die das Gewicht der über 100 Mitwirkenden tragen kann. Schwerelos ist diese Fläche allerdings nicht: Unsere Schlosser haben anderthalb Tonnen Stahl zu fili­granen Stahlträgern verarbeitet, die sich mittels speziellen Verbindern schnell aufbauen lassen und anschliessend mit Holztafeln bedeckt werden.

Zu den statischen Anforderungen kamen die ästhe­tischen: Der Boden soll gemäss Bühnenbildner Klaus Grünberg eine vergrösserte Holzmaserung haben, die von Holztafel zu Holztafel identisch ist – wie ein Druck. Die Theater maler haben dazu ein Siebdruckverfahren ange­wendet: In der Grösse der Holztafeln bespannten sie einen Rahmen mit einem Netz. Darauf verschlossen sie einen Bereich des Netzes mit einem Füllstoff. Nun bemalten sie die Bodenplatten mit einer hellen Holzfarbe und legten den Rahmen anschliessend mit dem Netz auf die Platten. Zuletzt sprühten die Maler einen dunkleren Farbton über das Netz: Der undurchlässi ge Bereich hat dabei in der Form der Maserung die Platte abgedeckt, und das von Platte zu Platte identisch.

Eine noch grössere Herausforderung waren die Wände des Bühnenbildes: Von einer Szene zur nächsten sollten diese plötzlich transparent und dann wieder undurchsichtig wer­den. Schalldurchlässig und dazu noch leicht mussten sie sein: Deshalb bestehen sie aus Tüll – einem sehr leichten Gewebe, das undurchsichtig ist, wenn von vorne Licht darauf fällt, durch das man aber hindurchsehen kann, wenn dahinter Licht ist. Diese Tülls sind mit Wandflächen, Fenstern und Türen bemalt. Tülls sind aber auch oft der Albtraum der Technik: Der Stoff hängt zuweilen in Falten, die Aussenkan­ten hängen lose herab – wie ein ungeglättetes Seidentuch. Damit das nicht passiert, hat unser Bühnenmeister Peter Unger in den Holztafeln vom Boden Elektromagnete ein­bauen lassen, mit denen ein dünnes Eisenrohr, das in die Unterseite der Tülls eingenäht ist, am Boden festgehalten wird. Damit kann auf Kommando der Magnet abgeschaltet und der Tüll nach oben weggefahren werden.

So spannen wir die Tülls bis zum Ende des Stückes – denn dann kommt das theatertechnische Finale, das ich nun ausnahmsweise einmal nicht verrate. Schauen Sie es sich an, es ist recht spektakulär.

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Ich habe Albträume

Im Triumphmarsch in Verdis Oper «Aida» kehrt der Feldherr Radamès siegreich aus dem Krieg zurück. Aber was er dort erlebt hat, hat ihn verändert.

Was denken und fühlen Kriegsheimkehrer? Wir dokumentieren ein Beispiel aus der amerikanischen Wirklichkeit.

Text und Fotos Elisabeth Real

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Der 1982 geborene Timothy McClellan diente als Infanteriesoldat in der US-Army und wurde zweimal zwischen 2006 und 2007 in den Irak geschickt. Das Land war zu diesem Zeitpunkt von amerikanischen Truppen besetzt, es herrschte Bürgerkrieg. Nach dem zwei ten Einsatz hatte der Soldat zunehmend mit psychi-schen und physischen Problemen zu kämpfen. Die Zür-cher Fotografin und Autorin Elisabeth Real hat Timothy McClellan über einen Zeitraum von neun Jahren immer wieder besucht und seine Selbstauskünfte protokolliert. Wir veröffentlichen Auszüge daraus.

•Ich wusste, dass ich einmal in den Krieg ziehen werde.

Ich hatte immer die Vorstellung im Kopf, dass diese Erfah-rung mir gefallen würde. Ich weiss nicht, wie ich das erklä-ren soll... es hat was, Krieger zu sein. Das war etwas, das ich in meinem Leben unbedingt tun musste: in den Krieg ziehen.

•Im Irak fiel mir zuerst die Hitze auf. Stell dir vor, du

bist in der Wüste und sehr heisse Luft bläst dir ins Gesicht. Dauernd tropfte mir der Schweiss von der Nase. Bei meiner ersten Mission fuhren wir in eine Stadt. Kurz davor hatten

wir ei nen Mann gefangen genommen, der gesagt hatte: Ich weiss, wo eine Menge übler Typen sind. Die sind in einem Haus und haben da einen Haufen gefährlichen Zeugs. Also setzten wir uns in unsere Fahrzeuge und fuhren dorthin. Links und rechts der Strasse waren Geschäfte, und plötzlich liessen alle die Rolläden herunter. Die Kinder rannten weg, nur noch die Männer standen draussen. Ich dachte nur: «O nein!» Wir gingen also rein und alles, was ich hörte, waren Schüsse. Dann schossen Leute von der Strasse her auf uns und warfen Handgranaten. Das war meine erste Mission.

•Als mein Freund Sapp starb, heulte ich. Das war total

unprofessionell. Denn ich sollte aufpassen. Stattdessen heulte ich. Ich heulte nicht nur, ich brach regelrecht zusammen, dabei hätte ich meinen Abschnitt bewachen sollen.

•Im Alltag habe ich manchmal Angst. Wie am 4. Juli, da

hatte ich vergessen, dass Nationalfeiertag war. Ich war alleine, und es gab ein Feuerwerk. Ich wusste aber nicht, dass es ein Feuerwerk war. Ich hatte keine Ahnung, was los war da draussen. Ich schnappte meine Pistole, rannte in Unterhosen aus dem Haus und dachte: «Was geht da ab? Da läuft etwas!»

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Das passiert mir nur, wenn ich alleine bin. Manchmal könnte ich schwören, dass ich Schüsse höre. Dann schnappe ich mir meine Waffe. Oder wenn die Eismaschine rumpelt, dann raste ich manchmal ein bisschen aus. Du weisst, wie das klingt? Wie Schüsse in der Ferne. Und seit dem Krieg ertappe ich mich dabei, dass ich immer in der Mitte der Strasse fahren will wegen der Bomben, die immer am Rand der Strasse hochgehen.

•Ich träume vom Krieg und von den Sachen, die ich dort

gemacht habe. Das passiert so einmal im Monat. Ich träume dann, dass ich im Kampfeinsatz bin und Leute umbringe. Ich wache nicht mit Angst auf oder voller Reue für das, was ich getan habe, bin auch nicht schweissgebadet. Ehrlich gesagt, wache ich auf und fühle mich gut. Das ist merkwür-dig. Ich bin überhaupt nicht traurig und habe auch keine Albträume. Aber normalerweise erinnere ich mich gar nicht an meine Träume.

•Ich habe viele Leute umgebracht im Irak, yeah, hab ich.

Mit meinem Gewehr oder mit meinem Bradley-Schützen-panzer bin ich auf sie losgegangen. Ein paar von denen sind

in einem Haus und ich mach es platt, jage es einfach in die Luft. Oder ich gehe rein, trete die Vordertür ein und töte sie im Nahkampf oder werfe Handgranaten. Ich hab alles gemacht. So ist das bei der Infanterie. Meine einzige Mission ist es, «den Feind zu lokalisieren, festzusetzen und durch Feuer und Manöver zu eliminieren». Das ist mein Job. Im Grunde heisst er einfach nur: «Töte!». Und darin bin ich gut. Ist halt mein Beruf. Ich habe kein schlechtes Gefühl dabei. Denn wenn ich nicht töte, würden die anderen ver-suchen, mich zu töten. Nur wenn ich unschuldige Leute getötet hätte, würde ich mich schlecht fühlen. Sicher, das habe ich auch getan. Das sind Verluste, die ein Krieg mit sich bringt. Aber ich habe es nie richtig realisiert.

•Was ich im Krieg gesehen habe, sollte niemand jemals

sehen müssen. Und ich weiss wirklich nicht, wie sie es ge-schafft haben, dass ich noch einmal dorthin gehe.

•Viele reden nicht über den Irak, kein Wort. Mein

Kumpel Evan zum Beispiel spricht nie darüber. Wenn jemand sagt «Hey Jungs, ihr seid doch gerade zurück aus dem Irak», starrt er den nur mit einem leeren Blick an.

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Um nach Hause zu kommen, flogen wir mit einem Helikop-ter nach Balad, dann von da mit einem Frachtflugzeug nach Kuwait. Dort blieben wir drei Tage, dann nahmen wir einen Linienflug, der von der US-Armee gechartert wurde. So ka men wir zurück. Die setzen dich auf dem Exerzierplatz in Fort Hood ab, und alle schreien durcheinander. Wir stel-len uns auf in Formation, der General geht aufs Podium und sagt «Danke für alles, was ihr getan habt. Ihr seid entlassen!» Und dann rollt eine riesige Welle von Familien auf uns zu. Ich war gerade am Weggehen, mein Kumpel Evan und ich hatten Pläne, wir wollten richtig Party machen an diesem Abend. Da stiess mich jemand von hinten an und hängte sich an mich dran und ich so «Wer ist das denn?». Es war Josci, meine Frau! Sie überraschte mich in Texas! Ich nahm sie mit nach Austin, wir liessen uns tätowieren und machten Party an der 6th Street. Wir hatten echt Spass. Nach zwei Tagen ging sie nach Hause. Dann war ich gute drei Wochen in Fort Hood und wartete auf meinen Urlaub. In dieser Zeit machen sie Wiedereingliederungstraining mit dir. Du hast Kurse, in denen sagen sie dir: Schlag deine Frau nicht, schlag deine Kinder nicht, sei geduldig, erschiess niemanden; fahr nicht auf der falschen Strassenseite, du hast hier keine Au-torität mehr. Die fragen dich nicht direkt, ob du PTBS [Posttraumatische Belastungsstörung] hast. Die stellen dir einfach eine Menge Fragen. Hast du das Gefühl, du willst dich selbst verletzen? Andere Menschen verletzen? Hast du Albträume?

•Soldaten verändern sich in dem Jahr im Irak. Ich glaube,

ich bin ein bisschen ruhiger geworden. Ich gehe nicht mehr so oft aus. Ich mag keine Menschen. Es ist komisch. Ich will mich einfach nur entspannen. So lange wie möglich, bevor ich zurück muss.

•Jetzt habe ich Albträume. Nichts Schlimmes. Ich meine,

ich wache nicht auf und habe Angst oder fühle mich schlecht oder so. Ich träume einfach davon, wie ich Leute töte und solche Sachen. Josci sagt, ich schreie im Schlaf, aber nicht so, wie wenn ich Angst hätte. Ich bin nie aufgewacht und hatte Angst. Josci sagt, mein Herz schlage richtig schnell. Ich mache mir deswegen keine Sorgen. Im Irak litt ich ab und zu an Schlaflosigkeit, aber ich glaube nicht, dass es ir-gendetwas mit dem Krieg zu tun hatte. Ich konnte einfach nicht schlafen. Ich nahm Ambien, und alles war gut.

•Josci und ich hatten schon immer Probleme, und jetzt

lassen wir uns scheiden. Es kotzt mich an, hier unten in Texas allein zu leben. Ich bin einsam. Ich will eine Freundin.

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Ich bin normal, und ich fühle mich völlig normal. Ehrlich ge sagt hab ich ein positives Gefühl anstatt, du weisst schon, die ganze Zeit traurig zu sein. Ich weiss nicht, warum ich im mer so traurig bin (er beginnt zu weinen). Der Krieg ist wie ein Nebel. Ich erinnere mich an nichts, ausser es wird da rüber berichtet. Ge dächtnisverlust ist etwas Komisches. Sie sagen, das sei PTBS. Mein Körper sagt meinem Hirn, dass es ihm nicht ge fällt wie es sich anfühlt, wenn ich an bestimmte Sachen denke. Die Therapie wird mir nicht helfen. Helfen wird mir nur, ganz normal zu leben. Weil ich den Psychiater manipulieren kann. Als erstes fragt er mich immer: «Hast du das Bedürfnis, dich selbst zu verletzen?» «Nein.» «Willst du andere Menschen verletzen?» Und ich sag immer: «Yeah.» Weil ich wirklich daran denke, anderen Leute etwas anzutun. Das einzige, das mich daran hindert, ist das Rechtssystem. Moralisch gesehen lässt es mich völlig kalt, jemanden um-zubringen. Jemanden, der mir nicht passt oder den ich hasse. Das verstehen die meisten Leute nicht. Aber ganz ehrlich, ich würde nicht das kleinste bisschen Mitleid haben. Ich bin ein ausgebildeter Killer. Töten ist alles, was ich kann. Bist du schon mal im Auto angehalten worden und hattest eine Scheissangst um dein Leben? Wenn dich jemand umbringen will, heisst es eben: du oder er. Ich spüre nicht den Drang zu töten, weil ich töten muss. Ich spüre den Drang zu töten, wenn mich jemand anpisst.

•Ich mache mir Sorgen um mein Karma. Ich glaube, ich

hab viele üble Dinge getan, und ich muss mich davon frei machen. Ich meine, ich habe 30, 40 oder mehr Leute um-gebracht, weisst du? Ich habe ganze Dörfer zerstört. Wer weiss, wie viele ich wirklich umgebracht habe. Ich habe offiziell 28 bestätigte Tötungen. Aber ich habe grosse Dör-fer zerstört, grosse Gebäude. Platt gemacht. Von mir. Und danach fühlte ich mich gut. Ich habe unschuldige Menschen getötet und anschliessend gelacht. Ich bin zurück zur Basis und habe nichts gefühlt.

•Weisst du eigentlich, dass ich jeden Tag an meine Be-

erdigung denke? Ist das nicht krank? Wer wird meine Grab-rede halten? Was wird man über mich sagen? Würden meine Freunde aus der Armee kommen? Ich weiss, jeder hier in Hibbing würde kommen. Wie bei der Beerdigung meines Vaters. Meine Mutter sagte, es hätte noch nie so einen Stau gegeben in Hibbing. So will ich das auch bei mir.

Das Buch «The Army of One» von Elisabeth Real, dem Text und Bilder entstammen, ist in diesem Jahr beim Verlag Scheidegger und Spiess erschienen.

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Claus Spahn: Aida spielt in Ägypten. Was hat Giuseppe Verdi an diesem Schauplatz interessiert?

Tatjana Gürbaca: Er hat seine Stücke oft an abenteuerliche Plätze verlegt. Alleine von Un ballo in maschera gibt es drei Fas sungen, und eine davon spielt bei den Eskimos. Verdi sucht sich historische Stoffe und liest sie aus seiner Gegenwart heraus. Auch mit Aida zielte er auf seine eigene Zeit ab und weniger auf ein historisches Ägypten. Es gibt Briefe von ihm, die erkennen lassen, dass er mit der imperialistischen ägypti­schen Gesellschaft, die er in der Oper entwirft, das Preussen seiner Zeit meinte, das ihm so verhasst war. Indem Verdi die Opernstoffe in seine Gegenwart übersetzt, verleiht er ihnen überzeitliche Relevanz, und deshalb erzählt Aida aus sich selbst heraus auch wahnsinnig viel über unser Heute. Man schaut sich die gesellschaftlichen Situationen und Gefühls­lagen der Hauptfiguren an und denkt: Ja genau, kenn ich gut.

Spahn: Die Oper vor Pharaonenpalästen und Pyramiden spielen zu lassen, ist also ein Missverständnis?

Klaus Grünberg: Für mich ist es offensichtlich, dass Verdi nicht an der Abbildung eines authentischen Ägyptens inter­essiert war. Verdi schaut mit seiner Musik die ganze Zeit hinter die Fassaden! Dem muss man Rechnung tragen.

Spahn: Der Blick auf die ägyptische Kultur war zu Verdis Zeit voll von Projektionen. Das Ausgrabungsfieber am Nil war getrieben von kolonialen Eroberungsfantasien und einer

Sehnsucht nach vergangener Grösse. Die Pharaonenpaläste und Königsgräber, die da plötzlich aus dem Wüstensand auf tauchten, standen vor den Europäern wie eine Stein ge­wordene Fata Morgana. Eine Orientfantasie des 19. Jahr­hun derts.

Gürbaca: Verdis Ägypten zeigt ein Machtsystem, das in seiner inneren Verfasstheit hohl und erstarrt ist. Es wird dominiert von alten Männern und ist gekennzeichnet durch eine enge Verzahnung von politischer und religiöser Macht. Verdi hat in Aida zum Beispiel viele Rituale komponiert, deren Funktion es ist, das herrschende politische System zu zementieren. Dieses Ägypten agiert nur noch, um seinen Status quo zu erhalten. Es lenkt von seinen Problemen im Inneren ab, indem es Krieg gegen einen äusseren Feind führt. Grünberg: Man erkennt eine saturierte, in ihren Strukturen festgefahrene Wohlstandsgesellschaft – also etwas, das uns heute sehr vertraut vorkommt. Und es gibt eine junge Ge­neration, die hochbefähigt ist und etwas erreichen will im Leben, in dieser Gesellschaft aber nicht zum Zug kommt. Es ist für sie unmöglich, aus der Statik der Verhältnisse aus­zu brechen. Sie lebt im Wohlstand der Eltern. Es ist nicht ihre Welt, sondern eine ererbte.

Gürbaca: Gleichzeitig fokussiert das Stück andauernd ferne Fluchtpunkte und Sehnsuchtsorte. Alle wollen weg und wo anders hin. Es werden ständig Orte besungen, an denen

Alle wünschensich weg

«Aida» erzählt von versteinerten politischen Verhältnissen, einer chancenlosen Jugend und dem Fremdsein in der Welt.

Ein Gespräch zwischen Regisseurin Tatjana Gürbaca, Bühnenbildner Klaus Grünberg und Dramaturg Claus Spahn

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Tatjana Gürbaca auf der Probe

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man gerne wäre. Einmal ist es der Thron an der Sonne, der Radamès Aida errichten will. Dann heisst es wieder: Komm, wir gehen in die Wüste. Die Realität kippt ständig in Wunsch­ und Traumwelten.

Grünberg: Und alle befinden sich in einer merkwürdigen Wartesituation. Die Elterngeneration, repräsentiert durch den König und Ramfis, suggeriert, alles sei erreicht und es fehle an nichts. Aber genau das ist für die junge Generation ein Riesenproblem, weil sie im Grunde gar nicht gebraucht wird. Sie wartet vergeblich auf eine Aufgabe und wird einfach übergangen.

Gürbaca: Die Frauen noch mehr als die Männer. Amneris, die Königstochter, ist auf dem Gipfel ihrer Jugend, ihrer Schönheit und ihrer Fähigkeiten und kann trotzdem nur auf Radamès warten und hoffen, dass er sie zur Frau nimmt. Schrecklich. Aber Radamès nimmt sie nicht.

Spahn: Die Verschiebung von Traum und Wirklichkeit, die in dem Stück eine grosse Rolle spielt, beginnt gleich mit der ersten Arie. Was passiert mit Radamès im berühmten «Celeste Aida»?

Gürbaca: Ich habe in den Vorbereitungen oft gedacht, dass das Stück eigentlich Radamès und nicht Aida heissen müsste,

weil er am meisten zwischen zwei Welten und divergierenden Wünschen hin und her gerissen ist. In «Celeste Aida» kommt das zum Ausdruck: Er will eine Aufgabe und Erfolg haben und ein Abenteuer bestehen. Zugleich gibt es die Liebe zu dieser Frau, die total realitätsfern ist. Er sieht nicht, dass er mit Aida schon aus gesellschaftlichen Gründen gar nicht zusammen kommen kann. Er singt, dass er ihr einen Thron an der Sonne bauen will. Aber er setzt sie an den falschen Himmel! Verdi hat diesen Realitätsverlust sehr genau kompo­niert. Die Gesangslinie steigt hoch hinauf, und in der Be­gleitung folgen ihr flirrend nur die hohen Orchester instru­mente. Der Traum hat schon alleine musikalisch überhaupt kein Fundament. Radamès wird als hochempfindsamer, verletzlicher Träumer erkennbar. Man hört in der Musik gewissermassen schon sein schwaches Nervenkostüm durch. Er scheint in Aida auch viel mehr zu suchen als eine Part­nerin, die zu ihm passen könnte. Ich vernehme da auch eine Sehnsucht nach etwas Mütterlichem und Beschützendem. Vielleicht sieht er in ihr auch eine Art afrikanische Urgöttin, der er einen Thron im Himmel bauen will.

Spahn: Ausgerechnet die vermeintlich prächtigste und aus­stattungssüchtigste Verdi­Oper erzählt immerzu von höchst fragilen und komplizierten Seelenlagen.

Grünberg: Genau. Verdi fährt auf den ersten Blick einen rie sigen Repräsentationsapparat auf, der dann aber überra­schend viel Freiraum lässt, auf die Rückseite zu schauen und zu beobachten, was in den privaten Räumen dahinter statt­findet.

Gürbaca: Das ist schon im Vorspiel angelegt in dem intimen Ton, der da angeschlagen wird und den sehr zarten Linien. Ich finde es auch bezeichnend, dass Verdi in Aida zwar für den ganz grossen Chor schreibt, aber vieles davon nur hin­ter der Bühne erklingen lässt. Es gibt ja eigentlich nur zwei wirklich grosse Chormomente: Das ist einmal die «Guerra, Guerra»­Szene im ersten Akt, in der alle in den Krieg wollen und dem zukünftigen Sieger zujubeln. Und dann eben im zweiten Akt die Triumphszene, die jeder kennt.

Spahn: Ich finde, die «Guerra»­Szene erzählt viel über den (Anti­)Realismus in Verdis Opern. Bis sie losbricht, ist das Stück immer nah dran an den Figuren. Amneris, Aida und Radamès besingen im Terzett ihre unterschiedlichen Liebes­hoffnungen. Und dann schlägt wie aus dem Nichts die Stim­mung um. Plötzlich steht ein riesiger Chor auf der Büh ne, peitscht sich hoch in frenetische Kriegslust und Jubel hysterie, und ehe man sich versieht, ist die emotionalisierte Masse auch

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schon wieder verschwunden, und wir erleben etwas ganz anderes – die Einsamkeit von Aidas «Numi Pietà»­Arie. Das wirkt sehr surreal.

Grünberg: Wenn die ganz grossen Momente kommen, ist der Umschlag bei Verdi oft so abrupt, dass man das Gefühl hat, da kann gar kein realistischer Szenenwechsel gemeint sein. Das sind Bilder, die nebeneinander stehen oder inein­ander geblendet sind. Man fragt sich in Aida immer wieder: Was ist hier eigentlich real? Radamès wird feierlich zum Feldherrn gekürt. Schnitt. Plötzlich ist der Krieg vorbei, und alle warten auf die Rückkehr des Siegers. Sehr merk­würdig.

Gürbaca: Für mich ist ganz klar, dass Verdi, würde er heute leben, Filmregisseur wäre. Er komponiert ständig Gegen­schnitte, Kamerafahrten, Close­ups und Zooms. Auch in der Triumphszene gibt es so einen Moment: Alle singen, der Chor, die Solisten, und plötzlich hören sie auf, und es gibt diese ausgedehnte Solokadenz von Aida. Man weiss gar nicht: Warum singt sie das? Zu wem singt sie das? Hört das jemand?

Spahn: Verdi changiert permanent zwischen äusserer und innerer Wirklichkeit.

Gürbaca: Das ist über Verdi hinaus auch etwas Urroman­tisches. Das Stück hat ja unverkennbare Parallelen zu Tristan und Isolde. Die Paare steigen, indem sie in den Tod gehen, aus einer Gesellschaft aus, die für die freie grosse Liebe keinen Raum lässt.

Spahn: Was ist beim Cineasten Verdi dann die richtige Kameraeinstellung für den Triumphmarsch, ist es die Totale?

Gürbaca: Die erlebt man ja in vielen Inszenierungen. Aber ich finde, es ergibt wenig Sinn, die Musik szenisch zu ver­dop peln und genau das zu zeigen, was man hört. Ich über­lasse es gerne der Fantasie des Zuschauers, sich das auszu­malen, was nicht gezeigt wird. Und deshalb wollten wir auch in der Triumphszene nahe heran an die Figuren. Mich hat die Frage interessiert: In welcher Verfassung kommt Rada­mès zurück, und wie geht es ihm mit diesem Sieg?

Spahn: Hat man denn eine Chance nahe heran zu kommen an die Figuren, wenn 120 Chorsänger auf der Bühne stehen? Macht die schiere Masse an Priestern, Sklaven und Volk nicht jede differenzierte Regie unmöglich?

Gürbaca: Überhaupt nicht. Es ist zunächst einmal ein gross­artiger Kontrast: Den Figuren steht Öffentlichkeit gegen­über. Wenn Masse anwesend ist, erzeugt die auch einen enormen Druck, das finde ich bei Verdi immer hochspan­nend. Der Einzelne steht in einem Kontext und wird dadurch definiert.

Spahn: Und wie geht es nun Radamès mit diesem Sieg?

Grünberg: Er kommt aus dem Krieg als ein anderer zurück. Das unterscheidet ihn von allen anderen Ägyptern. Der Krieg, der weit weg ist und in der Oper gar nicht stattfindet, hat nichts verändert oder politisch bewirkt. Mir kommt er seltsam folgenlos vor.

Gürbaca: Ich glaube doch, dass er grosse Veränderung her­vorruft. Die ist im Triumphmarsch nur noch nicht sichtbar. Da ist noch alles, wie es erwartet wurde. Die Schlacht ist ge wonnen, Radamès kehrt als Gewinner zurück und wird Amneris heiraten. Die Rechnung von Ramfis scheint aufzu­

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gehen. Aber dann kommen ja noch zwei Akte, in denen sich zeigt: Mit einer gewissen Verzögerung hat der Krieg eben doch alles verändert. Mir kommt das vor wie bei einem schweren Seebeben, wenn sich die Katastrophe erst einmal zurückzieht, bevor sie mit voller Wucht anbrandet.

Spahn: Ist die finale Grabkammer als realer Ort zu verstehen?

Gürbaca: Sie ist der Punkt, auf den am Ende alles zuläuft. Sie stellt einen Gegenentwurf zur existierenden Gesellschaft dar. Die Musik gewinnt plötzlich eine unglaubliche Ruhe und Weite, es werden ganz grosse Bögen gespannt. Ich habe das Gefühl, dass die Figuren dann endlich befreit sind. Ich höre da kein qualvolles Ersticken, sondern Tod und Verklä­rung zugleich.

Spahn: Man wundert sich, dass in Aida alles so resignativ auf den Tod zuläuft. Da ist nichts mehr zu spüren von der gesellschaftskritischen Auflehnung, die Verdis frühere Opern geprägt hat.

Gürbaca: Das stimmt. Wahrscheinlich ist Aida die passivste Hauptfigur der Operngeschichte überhaupt. Erst ihr Vater Amonasro bringt sie mit seinem Auftritt dazu, zumindest für einen vorübergehenden Moment etwas für sich zu er­reichen.

Grünberg: Die Resignation ist auch bei Radamès und Am­neris zu spüren. Sie haben sich in das System gefügt und versuchen gar nicht erst auszubrechen. Das macht die Oper aus meiner Sicht unheimlich aktuell. Denn dieses Gefühl, dass es unmöglich geworden ist, die Verhältnisse grundsätz­lich in Frage zu stellen, kennen wir doch alle sehr gut.

Spahn: Aidas Passivität ist dem Umstand geschuldet, dass sie in einem fremden Land lebt. Erzählt Aida von kulturel­ler Entwurzelung?

Gürbaca: Ich denke, es geht um das Fremdsein in der Welt überhaupt, denn wahrscheinlich würde sich Aida auch in ihrer äthiopischen Heimat nicht mehr zu Hause fühlen. Wir wissen ja nicht, wie lange sie schon in Ägypten lebt. Aber bestimmte Anzeichen deuten darauf hin, dass sie schon sehr lange dort ist. Wenn Amneris sagt, sie sei ihr wie eine Schwes­ter oder eine Freundin, möchte ich dem erst einmal Glauben schenken. Aida hängt zwischen allen Welten, wie wir das in der modernen Welt auch andauernd erfahren. Wir leben in einer Zeit, in der der Begriff der kulturellen Identität immer komplizierter wird. Die Globalisierung bringt es mit sich,

dass wir unser Leben nicht mehr an dem Ort verbringen, an dem wir geboren wurden. Ich begegne ständig Leu ten, die von irgendwo kommen und Partner von woanders finden. Meine Erfahrung ist, dass sich Identität im Leben permanent weiter entwickelt und nicht festlegbar ist. Und die Probleme unter den Menschen beginnen, wenn man Identität zu fixie­ren versucht und sagt: Hey, du bist doch Ausländer! Du gehörst doch gar nicht in dieses Land. Ich kann Aida durch meine eigene Biografie sehr gut verstehen, denn ich wurde in Deutschland geboren, meine Eltern jedoch stammen beide nicht aus Deutschland. Da gibt es zum Beispiel am Ende der «Guerra­Szene» bei «Ritorna vincitor» den Moment, in dem Aida mitjubelt und gleich hinterher über das erschrickt, was sie da aus dem Moment heraus mit Überzeugung gesagt hat. Für wen bin ich eigentlich? Da erfährt man viel über Identi tätsbrüche. Ich finde, Aidas Gefühlslagen sind total modern.

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Oper von Giuseppe Verdi

Musikalische Leitung Fabio Luisi Inszenierung Tatjana Gürbaca Bühnenbild Klaus Grünberg Kostüme Silke Willrett Lichtgestaltung Klaus Grünberg Choreinstudierung Jürg Hämmerli Dramaturgie Claus Spahn

Aida Latonia Moore Amneris Iano Tamar Una sacerdotessa Sen Guo Radamès Aleksandrs Antonenko Amonasro Andrzej Dobber Ramfis Rafal Siwek (2, 6, 9, 19, 22, 26 März, 1 April) Alexei Botnarciuc (13, 16, 29 März) Il Re Pavel Daniluk Un messagero Dmitry Ivanchey Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich

Partner Opernhaus Zürich Premiere 2 März 2O14 Weitere Vorstellungen 6, 9, 13, 16, 19, 22, 26, 29 März 1 April 2O14

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«Aida» ist Kammermusik

Fabio Luisi dirigiert zurzeit zwei Verdi-Opern am Opernhaus Zürich – die Neuproduktion von «Aida» und «Don Carlo».

Ein Gespräch über Verdis reifen Stil

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Georges Bizet schrieb nach der Pariser Don Carlo- Ur auf ührung: «Verdi ist kein Italiener mehr. Er macht jetzt Wagner. Er hat keine einzige seiner guten Eigenschaften mehr. Die Schlacht ist für ihn verloren und seine Oper liegt nunmehr im Todeskampf.»Die Musikgeschichte hat Bizet da aber eine andere Antwort gegeben. Was er sagt, stimmt natürlich überhaupt nicht. Die Oper liegt keineswegs im Todeskampf, im Gegenteil. Verdi hat erreicht, was Bizet selbst nie gelang. Er spannt einen grossen Bogen permanenter Fortent­wicklung über sein Schaffen, während Bizet nur zwei starke Stücke zustande brachte – Carmen und Die Perlenfischer.

Aber trotzdem hat Bizet ja etwas Richtiges wahrge­nom men – die Vertiefung und Ausweitung des Dra ma ­tischen, die vergrösserten Formbögen usw. Nur hat Verdi das nicht Wagner nachgemacht, sondern aus seinem eigenen Schafen entwickelt. Genau. Verdi und Wagner sind die grossen Genies in der Opernliteratur des 19. Jahrhunderts und haben mehr oder weniger gleichzeitig die Gattung revolutioniert. Vor allem bei Verdi können wir den weiten kompositorischen Weg, den er in seinem Œuvre zurücklegt, sehr genau beobachten von Oberto bis zum Falstaff. Am Ende ist er ein anderer Komponist, und dennoch ist er nach wie vor Verdi, in seiner Fantasie, seiner Frische, das ist das Gross artige an ihm. Aida gerät ihm noch grösser, reicher, fantasie voller als die vorhergehenden Werke. Sie besitzt eine tief ausgreifende geistige Dimension. Aber wegen der Triumphszene wird sie gerne verkannt.

Für die meisten Zuhörer ist die Triumphszene der zentrale Moment des ganzen Stücks.Ja, die Triumphszene ist schon auch wichtig, aber nicht das Beste an Aida. Um sie kam Verdi nicht herum, er musste dem repräsentativen Anlass gemäss etwas Opu len tes in das Stück einbauen. Aber das Phänomale der Partitur kommt erst nach der Pause, im dritten und vierten Akt.

Herr Luisi, zurzeit proben Sie in Zürich gleich zwei Opern von Giuseppe Verdi parallel – eine Wiederauf­nahme von Don Carlo und die Neuproduktion von Aida. Beide Opern sind unmittelbar nacheinander ent­standen. Was erfährt man über die Werke, wenn man sie im direkten Vergleich auf dem Dirigentenpult liegen hat?Ich habe das Gefühl, dass sich die beiden Opern in der Probenarbeit gegenseitig bereichern. Von Don Carlo spie­len wir die italienische Fassung, die etwas später entstan­den ist und kompositorisch noch einen Schritt weiter geht. Sie ist knapper als die französische, dunkler, weniger pompös und fasst die Personen essenzieller. Diese Entwick­lung setzt sich dann in Aida fort. Mit diesen beiden Werken sind wir mitten in der reifen Periode von Verdis Schaffen. Es sind mit die schönsten Opern, die er kom­poniert hat, die Bearbeitung von Simon Boccanegra gehört für mich auch noch dazu. Sie beide parallel zu dirigieren, ist eine grossartige Erfahrung.

Was sind Merkmale dieser kompositorischen Reife?Es gibt fast keine geschlossenen Nummern mehr. Verdi dramatisiert die Musik in grösseren Zusammenhängen. Er kommt immer mehr weg von der konventionellen Orchesterbegleitung und den Cabaletta­Formen. Pointiert kann man es so sagen: Er entwickelt die Oper in Richtung der Moderne. Don Carlo und Aida weisen der Opern­literatur der Spätromantik und des zwanzigsten Jahrhun­derts den Weg. Der andere grosse Impuls geht in dieser Hinsicht von der Musik Richard Wagners aus.

3. Philharmonisches Konzert

Fabio Luisi, DirigentHanna Weinmeister, Violine

Philharmonia Zürich

KARL AMADEUS HARTMANN«Concerto funebre» für Violine und Streichorchester

GUSTAV MAHLERSinfonie Nr. 1 D-Dur

TONHALLE ZÜRiCHSonntag 16 März 2O14, 11.15

Unterstützt von Evelyn und Herbert Axelrod

MAHLER/HARTMANN

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Da hören wir dann den ganz grossen Verdi, der nach neuen Farben sucht und sie auf geniale Weise findet. Er fo kus­siert die Personen mit einer unglaublichen Genauigkeit. Wir erleben sie immer wieder alleine oder in intimen Paar­kon stel lationen, und Verdi entwirft feinfühlige psy cho­logi sche Porträts der Protagonisten. Und was seine Farb­fantasie angeht, denke man nur an den Beginn der Nil­sze ne – lediglich vier Töne in den Geigen, spieltechnisch sehr unbequem zu greifen, erzeugen eine atemberauben de impressionistische Stimmung.

Was, glauben Sie, hat Verdi an Ägypten als Ort der Handlung gereizt?Er neigt ja nicht nur in der Aida dazu, sich von fernen Orten inspirieren zu lassen. Ihn interessierte das Fremde, aber nicht als Exotismus. Was in Aida musikalisch gerne als Orientalismus wahrgenommen wird, ist in Wirklichkeit gar keiner. Die Verschleierung der Tonart, das Vermeiden der dritten Stufe in der Harmonik, das Changieren zwischen Dur und Moll – das sind musi­kalische Mittel der abendländischen Tradition. Es ist eigentlich mehr Gregorianik als Exotik.

Aida ist also eine Oper, die viele Missverständnisse nahe legt. Ja. Sie gilt wegen der Triumphszene als Massenspektakel, ist aber vor allem ein Werk feinster Kammermusik. So beginnt ja schon das Vorspiel: fragil, atmosphärisch, intim. Was vordergründig wahrgenommen wird, ist nur die Schauseite. Das Herz des Stücks bilden die persönlichen tragischen Konflikte der Hauptfiguren. Wie Verdi sie charakterisiert und dramatisch auf den Punkt bringt, darin liegt die eigentliche Stärke des Stücks. Nehmen wir zum Beispiel Radamès: Er ist alles andere als ein eindimen sional gestrickter Tenor. Er will Karriere machen und wird in seiner Arie «Celeste Aida» trotzdem sofort als Träumer er­kennbar. Oder denken wir an Amneris. In ihrer Person können wir eine Verbindung zu Don Carlo herstellen, zur Eboli. In ihr haben wir zum ersten Mal einen Mezzo­sopran, der von Verdi nicht eindimensional gefasst ist – und Amneris ist die Fortentwicklung der Eboli. Eine Seelen­welt voller Facetten und Ambivalenzen, von der Liebenden bis zur Furie, tut sich in ihr auf. Man darf ihr die ver­meint lich negative Energie, die sie antreibt, nicht übel nehmen. Sie liebt auch und kämpft um diese Liebe mit ihren Mitteln. Das sind nun mal die Mittel der Macht, sie ist schliesslich Pharaonentochter. Ich finde Amneris eine faszinierend komplexe und farbige Figur. Gerade das

allerletzte Bild ist bezeichnend dafür. Dass sie es ist, die die letzten Worte überhaupt hat und – pace t’imploro – um Frieden fleht, ist ein unglaublich süsser Moment. Ein Moment der Einsicht und des resignativen Frieden­schliessens mit der Welt. Sie singt am Ende nur zwei Sätze, aber was Verdi daraus macht, zeigt uns eine ganze Welt. Der Schluss ist ja überhaupt einer der genialsten Verdi­Momente. Die Oper hört einfach im Nichts auf, im totalen Stillstand. Es gibt keine Handlung mehr. Und Verdi führt mit Amneris vor, wie es im Leben geht: Verzweiflung verharrt am Ende selten in Auflehnung, Wut ist nur eine Zwischenstufe. Am Ende kommt die grosse Leere.

Wir haben noch nicht über die Titelfigur gesprochen. Welche musikalischen Herausforderungen stellt die Oper an sie? Unsere Zürcher Aida Latonia Moore sagt, ihr komme es vor, als seien es zwei schwere und unterschiedliche Opern, die sie an einem Abend zu bewältigen habe, die eine vor der Pause, die andere danach.Man braucht in der Tat eine grosse Stimme. Sie muss auch enorm modulierungsfähig sein, denn die schönsten Sachen, die sie zu singen hat, stehen im Piano. Es sind deshalb auch die schwierigsten. Gleichzeitig muss ihr Sopran in den Massenszenen durchkommen und führen. Dafür braucht es Volumen und grosse stimmliche Potenz. Mit den «zwei Opern in einer» hat Latonia recht, aber so hat Verdi oft komponiert, besonders für Sopranstimmen. Wenn wir etwa an Traviata denken, das sind auch zwei Opern in einer, oder an I vespri Siciliani, da sind es sogar drei. Es ist typisch Verdi: Er verlangt immer alles von seinen Sopranistinnen. Eine Ausnahme ist Desdemona in Otello, die hat er nur für lyrischen Sopran geschrieben.

Was sind die interpretatorischen Fallen, in die ein Aida­Dirigent leicht tappt?Übertriebene Opulenz in den Massenszenen. Aber von Opulenz lebt die Triumphszene nun einmal. Sie ist schön und farbig, manchmal sogar richtiggehend kristallin. Aber man sollte ihr auf keinen Fall mit Schwerfälligkeit und Pathos begegnen. In Aida geht es um die Konzentration auf die Intimität des Stücks. Und der werde ich auch in meiner Interpretation nachspüren.

Das Gespräch führte Claus Spahn

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Seit Latonia Moores umjubeltem Met-Debüt als Aida gehört sie weltweit zu den gefragtesten Interpretinnen

dieser Partie. Ursprünglich wollte sie Jazzsängerin werden. Ein singender Clown hat sie umgestimmt.

Most wanted!

Was war das? – Die Regisseurin Tatjana Gür­baca probt eine Szene aus Verdis Aida. Feinsinnig und mit einem psychologischen Tiefsinn, den man sonst eher in ei­nem Drama von Ibsen erwartet. – Aber soeben hat ein derber Lacher die konzentrierte Stimmung unterbrochen, den man im ersten Moment nicht einer Opernsängerin zu­schreiben würde. Er stammt von der Sopranistin Latonia Moore, die als Aida ihr Debüt am Opernhaus Zürich gibt.

«Früher wollte ich Jazzsängerin werden», erzählt La­tonia Moore, als sie mir nach der Probe gegenüber sitzt – und alles andere als erschöpft wirkt. Aufgewachsen ist sie in Hou ston, wo ihr Grossvater Pastor einer Baptisten­Kirche war. Bereits in jungen Jahren sang sie dort regelmässig Gos­pels und reiste mit dem Kirchenchor quer durch Texas. «Die Welt des Jazz interessierte mich damals weit mehr», sagt sie, «ich dachte, ich hätte das Zeug dazu...» Als ihr Gesangsleh­rer am College meinte, sie hätte eine gute Stimme für eine Opernsängerin, war ihre erste Reaktion deshalb: «Nooo! I don’t like opera!»

Im Alter von dreizehn Jahren zappte sie eines Abends durch die Fernsehkanäle. Auf einem Sender wurden «Great Per­formances» der Metropolitan Opera gezeigt. «Da war ein stark geschminkter Clown zu sehen, der aufgeregt sang... Und dann erstach er plötzlich eine Frau... ‹Zapp›, ich wollte nicht wissen, was da gerade passiert war, aber das fand ich extrem seltsam...» – Ein paar Wochen später landete sie erneut auf dem Sender: «Diesmal war eine asiatische Frau mit einem Kind zu sehen. Im Hintergrund lief Musik. Die beiden standen einfach da, etwa drei Minuten lang, und es passierte – absolut nichts... ‹Zapp› Ich dachte: ‹this is stu­pid!›». Schliesslich überredete sie ihr Gesangslehrer, einen Opernkurs zu besuchen. Latonia Moore ging hin: «Und weisst Du, welche Oper sie da geprobt haben? – Die mit dem Clown, der die Frau ersticht! Ich konnte es nicht glau­ben...» – Dank sei Leoncavallo und seiner Oper Pagliacci: «Ich habe in diesem Kurs nur im Chor gesungen, aber jetzt wollte ich wirklich wissen, um was es in dieser Geschichte geht! Und ich wollte die Hauptrolle singen!» – Die «asiati­

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sche Frau mit dem Kind», die «nur rumsteht» war natürlich Madama Butterfly – heute Latonia Moores Lieblingspartie. Sie hat sie soeben an der Hamburger Staatsoper gesungen.

Der internationale Durchbruch gelang Latonia Moore jedoch als Aida. Und wie es dazu kam, klingt fast wie ein Märchen: «Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich überhaupt keine Arbeit mehr hatte.» Die Sängerin hatte ihren Manager verloren, ihre Beziehung war in die Brüche gegangen, und sie war sozusagen «homeless». «Mein einzi­ger Job war die Coverbesetzung für die Aida in der Met. – Ich sass da also rum, schaute bei den Proben zu und war einfach froh, etwas zu tun zu haben.» Vor der zweitletzten Vorstel­lung sagte Violeta Urmana, die in dieser Produktion die Aida sang, ab. Doch statt Latonia Moore eine Chance zu geben, wurde eine andere Sängerin eingeflogen... Latonia war «richtig genervt» [sehr moderate Übersetzung] und ist mit Freunden ausgegangen um sich zu betrinken. – Für die allerletzte Aida­Vorstellung sagte Urmana erneut ab. Die Sängerkollegen von Latonia Moore fanden es unfair, was da gelaufen war, und legten bei der Direktion ein gutes Wort für sie ein. Knapp zwei Tage vor der Vorstellung erhielt sie einen Anruf: sie würde in der letzten Vorstellung die Aida singen. «I was freaking the f *** out!» sagt sie, langsam und jedes einzelne Wort betonend. – Jetzt ging alles sehr schnell. Die Vorstellung wurde weltweit live übertragen. «Ich bin dafür bekannt, Nerven aus Stahl zu haben, aber kurz vor meinem Auftritt war ich wie gelähmt vor Aufregung, und mein Herz schlug schätzungsweise eine Million Mal pro Minute! Doch dann habe ich angefangen zu singen, und bevor es mir bewusst war, war die Vorstellung vorbei...» – Was folgte, waren «standing ovations». Das kuzfristige Met­ Debüt hat Latonia Moore die Türen zu allen Bühnen dieser Welt geöffnet, und innert kürzester Zeit avancierte sie zur meistgefragten Aida­Interpretin. Allein in der letzten Spielzeit hat sie die Partie in fünf verschiedenen Produktio­nen gesungen. Bekommt man da keine Angst vor einem Aida­Burnout? «Doch, diese Angst hatte ich schon – aber ich bin mir auch bewusst, dass ich aufgrund des Verdi­Jubi­läumsjahres so viele Aida­Angebote bekommen habe. In Zukunft wende ich mich wieder vermehrt anderen Partien zu.» Verdi und Puccini wird sie auf jeden Fall treu bleiben. Besonders gefallen ihr aber auch die Verismo­Opern und sie würde gerne Partien des deutschen und russischen Reper­toires singen. Senta im Fliegenden Holländer zum Beispiel, oder Tatjana in Eugen Onegin.

Giuseppe Verdi schrieb 1847 in einem Brief an den Impressario Alessandro Lanari: «Sänger müssen zum Singen und zum Spielen engagiert werden». Viele Aida­Interpretin­nen setzen hingegen alles aufs Singen und begnügen sich

mit ein paar Handbewegungen oder zwei, drei Schritten nach vorne und zurück. Das liegt auch daran, dass die Partie sehr schwierig zu singen ist: «Eigentlich benötigt man zwei So­prane dafür: einen dramatischen für die ersten beiden Akte und einen lyrischen für die beiden letzten. Es ist eine grosse Herausforderung, diese beiden unterschiedlichen Facetten der Partie zu vereinen. Und am besten geht das natürlich, wenn man mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht. – Aber ich liebe das Risiko. Wenn man nur auf technische Perfektion setzt, hat man irgendwie den Punkt verpasst, um den es in der Oper geht.»

Nach Latonia Moores Debüt an der Met schrieb die New York Times: «Dass Frau Moore eine junge schwarze Künstlerin ist, die diese afrikanische Opernheroine singt, ver lieh ihrer bewegenden Darstellung eine besondere Di­mension.» Ist es wirklich von Bedeutung, ob eine Aida­Dar­stellerin schwarz oder weiss ist? – «Ja, es macht einen Unter­schied. Es kann den realistischen Effekt verstärken. Einer abgemagerten Mimì oder Violetta nimmt man es ja auch eher ab, dass sie gleich sterben wird. – In Tatjana Gürbacas Inszenierung wird diese Thematik aber keine Rolle spielen. Sie ist viel mehr an den zwischenmenschlichen Beziehungen interessiert als an äusserlichen Details.» Besonders spannend findet Latonia Moore an dieser Produktion, dass das Zürcher Opernhaus ursprünglich als Sprechtheater konzipiert wurde: «In Gürbacas Inszenierung wird die Oper nicht auf spekta­kuläre Effekte reduziert. In diesem Opernhaus ist es möglich, Aida als Theaterstück zu zeigen, mit all seinen intimen Momenten und Details, die man sonst so oft vermisst. Glaub’ mir, ich liebe die Aida­Produktionen mit Elefanten, Pferden und Pyramiden, aber für jemanden, der schon so viele Aidas gesungen hat, ist es wirklich spannend, dieses Stück aus einem anderen Blickwinkel kennenzulernen.»

Zu ihren Vorbildern zählt sie u.a. Renata Tebaldi, Clau­dia Muzio, Rosa Ponselle und Magda Olivero. Letztere ist die einzige, die von ihnen noch lebt. Dieses Jahr wird sie 104 Jahre alt. Latonia Moore sagt über sie: «Jedes Mal wenn sie gesungen hat, war danach Blut auf der Bühne, das schwöre ich!» Manchmal wurde Latonia Moore auch dafür kritisiert, dass sie sich stark von dieser «old school»­Gesangskunst in­ spirieren lässt. «Aber so klingt es für mich einfach natürlich...»

Und wer ist ihre Jazzikone? «Ella Fitzgerald!», sagt sie und strahlt, «Manchmal denke ich: Bitte lass mich in einem anderen Leben als Ella wiederkommen!» – und irgendwie wünscht man sich das auch... Bevor sie geht, sagt sie «Bye darling!» und gibt mir einen Handshake.

Fabio Dietsche

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Aleksandrs Antonenko sitzt in seiner Solisten-garderobe und überlegt, was ihm am meisten fehlt, wenn er nicht zu Hause in Lettland ist. «Das Fischen», sagt er mit einem strahlenden Lächeln. Nach einer kurzen Pause setzt er die Liste fort: Lesen, in seinem Garten arbeiten, Kochen, Freunde ein laden und ihnen dann zuschauen, wie sie das Essen genies sen. Zu solchen Alltags- Vergnügungen kommt er allerdings selten, seit er innerhalb kurzer Zeit zum inter-national gefragten Spinto-Tenor wurde und an Häusern wie der Wiener Staatsoper, der Metropolitan Opera in New York, der Baye rischen Staatsoper, der Mailänder Scala und am Londoner Covent Garden gastiert. Zusammengerechnet ver bringt er höchstens zwei Monate im Jahr zu Hause in Riga.

Geboren wurde er dort, als Lettland noch zur Sowjet-union gehörte. Seine Eltern, beide Mitglieder der altortho-doxen Kirche, waren aus dem ukrainischen Teil von Polesien nach Lettland gekommen, um ihren Kindern eine akademi-

sche Zukunft zu ermöglichen. Hier liess sich ein religiöses Leben mit einem Studium an Universität oder Musikhoch-schule vereinbaren. Im Kirchenchor kam Aleksandrs Anto-nenko zum ersten Mal in Berührung mit Musik. Seine Leiden-schaft galt aber zunächst dem Dirigieren. Die Schulung der Stimme geschah nebenher und entwickelte sich allmählich zu einem parallelen Interesse. Was war der Auslöser für sein Umsatteln? Als Chorsänger an der Lettischen Staatsoper fiel sein ausgeprägtes Falsett auf und in einer Produktion von Alcina sollte er als Zweitbesetzung den Ruggiero lernen. Ehe er sich versah, war er nicht mehr der Ersatz-Ruggiero, sondern die Erstbesetzung des Oronte!

Die Bühne der Lettischen Nationaloper, auf der die Entscheidung zu Aleksandrs Antonenkos Sängerlaufbahn fiel, ist ein Sprungbrett für viele junge Gesangstalente. Hier begannen auch die internationalen Karrieren von Elīna Garanča, Kristīne Opolais, Marina Rebeka, Inessa Galante oder Egils Silins. Worin besteht das Erfolgsgeheimnis dieses

Ekstase und AbgründeDer lettische Tenor Aleksandrs Antonenko

debütiert in «Aida» als Radamès.

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Hauses? Es sei das unheimlich reiche Musikleben in Lettland, das sowohl von russischen als auch europäischen Einflüssen profitiere, erklärt Antonenko. Durch die lebendige Chor-tradition in Lettland hätten sie alle schon seit jeher gesungen. Der Austausch mit den Musikzentren Moskau und St. Pe-tersburg garantiere das hohe Niveau der Ausbildung. Und nicht zuletzt sei es die kulturelle Durchmischung, die das Baltikum als Teil der Sowjetunion erlebte, das die Stärke dieses kleinen Landes ausmache. Obwohl er kaum noch dazu kommt, nutzt Aleksandrs Antonenko jede Gelegenheit, um am Musikleben seiner Heimatstadt teilzuhaben. Er kehre nicht nur in die Oper gerne zurück, sondern auch in den Rigaer Dom, die Philharmonie oder die St. Johanniskirche, erzählt er mit leuchtenden Augen. Und besonders freue er sich auf ein Open-Air-Konzert im Sommer, bei dem die Kulturhauptstadt Riga 2014 alle ihre Weltstars auf einer Bühne versammelt.

«Otello ist meine Visitenkarte», sagt Aleksandrs Anto-nenko über die Rolle, die er bisher am häufigsten verkörpert hat, zumeist in prominenter Zusammenarbeit, etwa mit Riccardo Muti und dem Chicago Symphony Orchestra oder mit Anna Netrebko in Verbier. Gelobt wird er nicht nur für seine klanglich nuancierte Interpretation des psychisch ver-fallenden Heerführers, sondern auch für seine darstellerische Intensität. Jetzt konzentriert er sich ganz auf den Radamès und die Proben mit Tatjana Gürbaca und Fabio Luisi. Ein bisschen Zeit, um Zürich und die Schweiz kennen zu lernen, will er sich erst zwischen den Vorstellungen nehmen. Zu wichtig ist ihm dieses Debüt, das er eigentlich schon zu Beginn des vergangenen Jahres an der Wiener Staatsoper in Angriff nehmen wollte. «Statt zu singen, lag ich im Kranken-haus mit hohem Fieber, und niemand konnte mir helfen», erzählt er mit einem ergebenen Lächeln. Kein Wunder, dass er Gesundheit und eine gute Balance zwischen beruflichem und privatem Glück als das Wichtigste an seinem Beruf erwähnt.

Nach Zürich kam Aleksandrs Antonenko zunächst mit einem grossen Fragezeichen in Bezug auf seine Rolle. «Aida war für mich ein Märchen und Radamès demnach eine Figur ohne wirkliche Biografie», sagt er. «Radamès will unbedingt eine militärische Karriere machen, aber im dritten Akt lässt er alles fallen für seine Liebe, will sogar sein Vaterland ver-lassen. Für mich war dieser radikale Schritt schwer nachvoll-ziehbar.» Tatjana Gürbacas psychologisch feinsinniger Zu-griff auf die Ekstasen und Abgründe in der Beziehung zwischen dem Feldherrn, der Königstochter und der Sklavin hat ihm die nötigen Impulse gegeben, um seine Figur plas-tisch vor Augen zu sehen. «Bei Tatjana ist Radamès jemand, der den Krieg als ein Spiel ansieht, bis er ihn tatsächlich

erlebt hat und als unwiderbringlich veränderter Mensch zurückkehrt. Das war der Schlüssel für meine schauspiele-rische Herangehensweise an Radamès.» Die Probenarbeit sei wahnsinnig interessant und intensiv, aber es gebe auch Platz für Humor. Auf der Probe, zwei Tage vor unserem Gespräch, feiert das Ensemble ausgelassen den frisch auser-korenen Feldherrn Radamès, und Antonenko lässt anstelle seiner «Guerra»-Rufe ein japsendes Bellen ertönen. Alle lachen. Der Moment der Anspannung komme noch früh genug, sagt Antonenko. Gegen die Premiere hin fühle er sich jeweils wie ein einsamer Schwimmer mitten im Meer, der Strand liege schon weit hinter ihm und er frage sich, wann er zu seiner Insel oder ans andere Ufer komme. Aber da gäbe es nur eins: Weiterschwimmen. Der Gedanken an den gefürchtetsten Moment der Partie gleich zu Beginn der Oper entlockt ihm ein scherzhaftes Knurren. Die drei spek-takulären hohen B’s in der Romanze von Radamès seien tatsächlich eine ziemliche Nervensache für den Tenor. Das ganze Publikum warte darauf, wie lange, wie schön sie ge-sungen würden und wie leicht vor allem der letzte der drei Töne dem Sänger über die Lippen käme. Sei diese Hürde erst einmal überstanden, könne man sich erst richtig in die Rolle einfinden.

Nach Otello und Radamès wird sich Aleksandrs Anto-nenko in nächster Zeit mit der Partie des Alvaro und La forza del destino beschäftigen. Als hundertprozentigen Ver-di-Tenor würde er sich aber nicht bezeichnen. Neben ande-ren italienischen Partien seines Fachs wie Turiddu, Rodolfo, Des Grieux, Cavaradossi und Giuseppe Hagenbach in La Wally singt er auch Don José oder Samson, den Prinzen in Rusalka und German in Pique Dame. Ausserdem wolle er sich nicht in eine musikalische Ecke zurückziehen, er stehe doch erst am Anfang! Viel wichtiger als sängerische Lebens-ziele zu formulieren ist es ihm, sich auf den Moment zu konzentrieren. «Meine Rollen sind wie meine Kinder, ich liebe sie wie eine Mutter», sagt er ernst. «Aber ja, Kinder möchte ich noch viele!»

Daniela Lehmann

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Wiederaufnahme28

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Treu bis in den TodDer fliegende Holländer ist zu

einer unendlichen Irrfahrt über die Weltmeere verdammt. Einzig die ewige Treue einer Frau kann ihn erlösen...

Wiederaufnahme29

Romantische Oper von Richard Wagner

Musikalische Leitung Constantin Trinks Inszenierung Andreas Homoki Szenische Einstudierung Jan Eßinger Bühnenbild Wolfgang Gussmann Kostüme Wolfgang Gussmann, Susana Mendoza Lichtgestaltung Franck Evin Choreinstudierung Jürg Hämmerli Dramaturgie Werner Hintze

Senta Anja Kampe Mary Judit Kutasi (11, 14 März) Liliana Nikiteanu (20, 23 März) Holländer John Lundgren Daland Christof Fischesser Erik Marco Jentzsch Steuermann Michael Laurenz Dalands Diener Nelson Egede Koproduktion mit dem Teatro alla Scala und der Norwegischen Staatsoper Oslo Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Wiederaufnahme 11 März 2014 Weitere Vorstellungen 14, 20, 23 März 2014

Der fliegenDe HollänDer

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Ich bin ein weisses BlattYen Han hat in Zürich als Solistin unter

drei Ballettdirektoren getanzt. Das ist einzigartig, aber längst nicht das Einzige, was

diese Tänzerin so aussergewöhnlich macht.

Text Lilo Weber, Portrait Danielle Liniger

Prinzessin Aurora sei ein sehr kompliziertes Mäd-chen, sagt Yen Han über das Dornröschen von Mats Ek. «Sie ist so ziemlich das Gegenteil von mir: aufbegehrend, re bellisch – drogensüchtig.» Die US-amerikanische Tänzerin sitzt im Ballettstudio, dem Raum, in dem sie einen gros sen Teil ih res Lebens verbracht hat und verbringt. Das lange Haar trägt sie nach der Probe offen, die Beine lässig überei-nander geschlagen – das ist die Yen Han, die wir seit vielen Jahren kennen: eine feingliedrige, feine Person, nett zu jeder und jedem, bescheiden, auch nachdem sie im letzten Jahr gleich mit zwei Preisen geehrt wurde. Im Juni erhielt sie den Tanz preis der Freunde des Balletts Zürich und wurde dann im September mit dem erstmals vom Bundesamt für Kultur ver gebenen Schweizer Tanzpreis als «Herausragende Tänzerin» ausgezeichnet. Wer Yen Han auch nur in einigen wenigen ihrer vielen der Hauptrollen gesehen hat, weiss wo her die Preise kommen.

Die zierliche Frau, die, wenn sie über den Bellevue-Platz eilt, auch leicht mal übersehen werden könnte, pflegt auf der Bühne magisch zu wachsen. Sie trägt jenes Leuchten im Körper, das den charismatischsten unter den Tänzerinnen und Tänzern eigen ist. Und damit scheint sie, wo immer sie tanzt, bis in den hintersten Platz im Saal. Viele Jahre lang war dies ein gelbes, weiches Licht, hell, warm und poetisch. Dann wurde sie 2011 zu Mats Eks Aurora und sandte Flut-licht aus. Und wir glaubten unseren Augen kaum: War diese freche Göre, aus deren Innerstem Gefühle von Wut und Ver zweiflung zugleich, Aufbegehren und Heimatlosigkeit drangen, wirklich die lyrische Tänzerin, die wir als Julia aus Heinz Spoerlis Shakespeare-Ballett kannten? Oder als Marie aus dem Nussknacker oder als Giselle?

«Mats Ek hat mich neu geformt», sagt Yen Han. Viele Jahre lang hat sie auf der Bühne getanzt, allein in Zürich seit bald zwanzig Jahren. «Ich mag das zwar nicht gerne sa gen,

aber es ist so. Man entwickelt sich seinen Stil und be kommt irgendwann einmal das Etikett: lyrische Tänzerin.» Das stimmt für Yen Han, das machte sie hervorragend – aber sie hat immer auch mehr und anderes gekonnt, wie sie in den abstrakteren Balletten Heinz Spoerlis und seiner Gäste zeigte. Wir wussten um ihre Wandelbarkeit. Wir kannten Yen Han als zerbrechlichen Feuervogel, als liebendes Mädchen, als zerbrochenes Mädchen, als liebende Frau, als trauernde Frau, als verzweifeltes und zugleich unheimlich kraftvolles Opfer in Spoerlis Le Sacre du printemps, als starke Figur in Bal letten von Hans van Manen oder als Solveig, die in Spoerlis Peer Gynt vor unseren Augen vom jungen Mädchen zur wartenden Alten wurde. Als Aurora aber tanzte sie sich in eine neue Dimension. Und in eine neue Liga: jene der Weltspitzen-Tänzerinnen.

Die Rolle kam aus heiterem Himmel. Als hätten Engel die Hand im Spiel gehabt. Zu der Zeit, da Mats Ek sich in Zürich die Tänzerinnen und Tänzer für sein Ballett Sleeping Beauty (Dornrös chen) auswählte, war Yen Han nicht dabei. Sie weilte zu Hause auf Mutterschaftsurlaub. Der zweite Sohn Maximilian gedieh; seine Mutter brachte sich wieder in Form und war be reit für neue Taten, aber ohne Rolle. Der schwedische Choreograf aber kannte sie von seiner Arbeit mit dem Ballett Zürich 1994. Für ihn war schnell klar. Yen Han war sein Dornröschen. Und sie war ausser sich vor Freude.

Sie sei eben schon so lange dabei, die Dienstälteste mit Sicherheit – «und wohl auch die Älteste», lacht sie. Das Thema taucht in unserem Gespräch wiederholt auf. Die junge Frau, die da in Jeans und langen Haaren im Ballettsaal sitzt, ist letztes Jahr vierzig geworden. Kein Alter für die Frau. Für die Tänzerin aber ein Thema. «Ich bin sehr gut in Form und möchte weiter tanzen, so lange Geist und Körper das zulassen.» Für die Zeit nach ihrem Rückzug von der

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Bühne hat sie aber vorgesorgt und vor zwei Jahren eine Ballettschule übernommen. Im Yen Han Dance Center an der Witikonerstrasse in Zürich vermittelt sie zusammen mit Kollegen und Kolleginnen Kindern die Grundlagen des klassischen Tanzes.

Und als reife Tänzerin, die sie nun geworden ist? «Ich muss nicht mehr täglich auftreten, aber ich brauche die Herausforderung.» Wie beispielsweise in Mats Eks Sleeping Beauty. Seine Königstochter sticht sich nicht an der Spindel, sondern an einer Spritze. Der Schlaf, den sie schläft, ist die Sucht. Und der Prinz, der sie erlöst, ein rechter Frosch von einem Mann. «Das Ganze ist eigentlich eine Tragödie, aber Mats Eks Choreografie ist nicht aggressiv.» Das Ballett hat viele Facetten, und es sei vielschichtig lesbar. «Mein Sohn fand das ganz lustig, während wir Erwachsenen eher die dunklen Seiten sehen.» Aurora durchläuft verschiedene Ver­änderungen. Sich da hinein zu denken, hinein zu fühlen und hinein zu tauchen, sei sehr anspruchsvoll. «Das sind grosse, gewaltige Bewegungen – wer diese Dinge tut, kann sich selbst nicht einfach draussen halten.»

Sich hineinfühlen in eine Rolle, in das, was der Choreo graf ausdrücken will, das betrachtet sie als ihre wichtigste Auf­gabe – eine Herausforderung, die sich ihr stets von neuem stellt. «Als Tänzerin muss ich mit jedem Tanzstück neu be ­ginnen. Ich muss völlig offen sein für die Choreografie – ein weisses Blatt oder rohes Material, das nun in irgendeine neue Form gebracht werden kann. Es geht hier nicht um mich und um das, was ich denke. Wir sind das Instrument des Cho reogra fen, das heisst, ich öffne mein Herz für das, was immer mir gegeben wird.»

Ein tiefes Verständnis für das, was ein Choreograf ausdrücken will, das schätzt sie, ist ihre grosse Stärke, gepaart mit aus­ser ordentlicher Musikalität, die sie aus ihrem Elternhaus mit gebracht hat. Der Vater war Komponist, die Mutter Kon zertpianistin, beide waren Musikprofessoren in Hanoi gewesen, bevor sie während des Kriegs in Vietnam als Flüchtlinge in die USA kamen. Yen Han spielte als Kind erst Klavier und fing dann zu tanzen an – letzteres würde sie später packen. Sie studierte bei Stefan Mucsi und Paul Maure in Los Angeles, an der Hartford Ballet School in Connecti­cut und an der San Francisco Ballet School. Mit 16 reiste sie allein in die ursprüngliche Heimat ihrer Familie, um an der Beijing Dance Academy ihre professionelle Ausbildung abzuschliessen. Von Beijing kam sie nach Europa. Sie war erst Tänzerin beim Jeune Ballet de France und beim Ballet de Nice, bevor der damalige Ballettdirektor Bernd Roger Bienert sie 1994 ans Zürcher Opernhaus engagierte.

Das ausserordentliche Talent fiel dem Fokine­Spezia­listen und früheren Zürcher Ballett­Chef Nicholas Beriozoff sofort auf, als er 1995 in Zürich den Feuervogel einstudierte. Er mach te Yen Han zum Feuervogel. Und er hätte sie sofort zu seiner Primaballerina gemacht, erklärte er damals in einem Gespräch über seine Arbeit an Fokines Ballett. Yen Han habe so wunderbare Linien, eine feine Expressivität. Wenige Wo­chen später wussten wir, was er gemeint hatte. Dieses feine Zittern von Armen und Händen, die kleinräumigen Bewe­gungen, die Zerbrechlichkeit des Vogels, die aus der Mitte des Körper zu strömen schien wie seine Todesfurcht – damals wurde diese Leuchten Yen Hans zum ersten Mal einer brei­teren Tanzöffentlichkeit offenbar. Für die 21­Jährige war es das erste grosse Highlight ihrer langen Tänzerinnen­Karrie re und vielleicht darum aus heutiger Sicht das wichtigste. Von da an begannen die Choreografen für sie Hauptrollen zu kreie ren, für eine kurze Zeit noch Bernd Roger Bienert, dann ab 1996 Heinz Spoerli. Fo

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Ich öffne mein Herz für das, was immer mir gegeben wird

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Sleeping Beauty33

In den sechzehn Jahren ihrer Arbeit mit dem Basler Choreo­grafen sollte Höhepunkt auf Höhepunkt folgen. 1999 trat das Zürcher Ballett in Beijing auf, mit Yen Han als Giselle. Die Lehrerinnen und Lehrer aus ihrer Ballettschule sassen im Saal, auch ihre Verwandten und Freunde. «Ich war zu Beginn sehr nervös», erinnert sie sich. Sie war zwar schon früher mit dem Jeune Ballet de France in der Stadt ihrer Aus bildung aufgetreten. Aber Giselle war eine andere Geschichte. Als Ballett­Studentin habe sie nämlich nicht genau dem Ideal eine Ballerina entsprochen. Und nun kehrte sie in einer so grossen Rolle zurück und wurde als grosse Tänze rin gefeiert.

Nicht dem Ideal entsprochen? Yen Han mag nicht in Details gehen. Eine Ballettausbildung war in Ländern wie China ein Riesenprivileg. Da habe man genaue Vorstellungen von dem gehabt, was Jugendliche an körperlichen Voraus­setzungen mitbringen mussten. Sie selbst sieht das in Bezug auf ihre Ballettschülerinnen und ­schüler anders: «Sag nie das Talent eines Kindes voraus.» Sicher, ein schwerer Körper bau eignet sich nicht für klassisches Ballett, aber sie wendet sich gegen zu enge Vorstellungen von idealem Körper. «Ich kenne meine Vor­ und Nachteile, ich akzeptiere mich, wie ich bin. Als Tänzer müssen wir ehrlich mit uns selbst sein und lernen, mit unserem Körper zu arbeiten. Wir müssen uns mental auf vieles einstellen können und vieles akzeptieren. Man lernt auch, die künstlerische Qualität ständig zu verbessern und an den eigenen Grenzen zu arbeiten.» Das braucht Zeit. «Wir trainieren jeden Tag – aber ich glaube, wichtiger noch ist für Tänzerinnen und Tänzer: Geduld zu haben.»

Sie spricht von jenem Mehrwert, der die Kunst ausmacht: «Wenn du es schaffst, eine Rolle mit Sinn zu füllen, mit Musikalität und das mittels deines Körpers, vergessen die Leute, wie lang deine Beine sind.» Doch derlei kommt nicht von heute auf morgen – reifer werden hilft. In ihrem langen Berufsleben hat Yen Han so viele verschiedene Rollen getanzt und auch verschiedene Interpretationen derselben Figur. Sie hat als Julia in Heinz Spoerlis Romeo und Julia geliebt, als Julia von Mats Ek und als Julia von Christian Spuck – das waren jeweils nicht nur andere Schritte, sondern auch andere Gefühlswelten. Doch genau das mag sie: Geschichten erzäh­len und ihnen zum Leben verhelfen. «Einen Charakter zum Tragen zu bringen, durch ein ganzes abendfüllendes Ballett hindurch – das ist die grösste Herausforderung für mich. Das liebe ich.»

(Dornröschen) Ballett von Mats Ek

Choreografie Mats Ek Musik Pjotr I. Tschaikowski Musikalische Leitung Rossen Milanov Bühnenbild und Kostüme Peder Freiij Lichtgestaltung Erik Berglund

Prinzessin Aurora Yen Han Königin Sylvia Mélanie Borel König Florestan Filipe Portugal Carabosse Arman Grigoryan Prinz Désiré Olaf Kollmannsperger

Ballett Zürich, Junior Ballett

Wiederaufnahme 5 März 2O14 Weitere Vorstellungen 15 März, 5, 13 April 2O14

Sleeping beauty

Ballettgespräch zu «Sleeping Beauty» Michael Küster im Gespräch mit Yen Han, Arman Grigoryan

und Ballettdirektor Christian Spuck2 März 2O14, 11.15 Uhr, Studiobühne

Wenn du es schaffst, eine Rolle mit Sinn zu füllen, vergessen die Leute,

wie lang deine Beine sind.

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Die geniale Stelle35

Das Altern ist keine leichte Angelegenheit. Wenn es losgeht, merkt man es gar nicht, und wenn es einem auffällt, ist es zu spät, sich noch daran zu gewöhnen. Dass der Prozess im Gange ist, merkt man spätestens, wenn man zum ersten Mal erstaunt auf etwas schaut, was man als junger Mensch ge-macht hat, und sich nicht nur fragt, wie man auf diese Idee kommen konnte, sondern auch sicher ist, dass es ganz falsch war. Manch ein Künstler ist so auf den Gedanken gekommen, ein «fehlerhaftes» Jugendwerk zu vernichten oder wenigstens umzuarbeiten. Die Geschichte der Kunst kennt Fälle, wo solche späteren Überarbeitungen von Vorteil waren, nicht selten aber zeigen sie nur, dass der Autor sein Werk selbst nicht mehr verstand.

Als Richard Wagner 1860 die Partitur des Fliegenden Holländers vornahm, um eine Aufführung der Ouvertüre in einem Pariser Konzert vorzubereiten, muss er wohl heftig zusammengefahren sein. Zwar hatte er die blechlastige In-strumentation seines Jugendwerks schon einige Jahre vorher gründlich entschlackt, aber – seine Oper war ja unvollstän-dig! Unbegreiflicherweise hatte der junge Komponist gerade den Punkt ausgelassen, der dem knapp Fünfzigjährigen der wichtigste geworden war: Die Erlösung des unglücklichen Seefahrers durch die hingebungsvolle Treue der jungen Frau – er hatte sie gar nicht komponiert! Wie hatte es dazu kom-men können? Wagner erklärte sich das so, wie sich viele die ihnen plötzlich auffallenden Untaten ihrer Jugendzeit er-klären: Er hat es damals nicht besser gewusst. Aber nachdem der Holländer-Komponist zum Schöpfer des Tristan gereift war – nachdem Isoldes Verklärung komponiert war –, nun wurde es Zeit, korrigierend einzugreifen.

Also nimmt Wagner Schere und Kleister zur Hand, schneidet je ein Stück vom Ende der Ouvertüre und der Oper ab und klebt einen neuen Schluss an: Zweimal zehn Takte, die den Aufstieg Sentas und des Holländers aus den Meeresfluten in das klare Himmelsblau beschreiben. Dann betrachtet er seine Bastelarbeit, findet, dass sie gelungen sei, ordnet an, dass sein Werk nur noch in dieser revidierten Form gespielt werden soll, und – hat sich ein neues Problem eingehandelt. Hätte sich der neue Schluss nahtlos anfügen sollen, hätte er gerade mit den Mitteln komponiert werden

müssen, die untauglich schienen, also schrieb Wagner zwei-mal zehn Takte im Stil des Tristan und nahm damit in Kauf, dass der Bruch zwischen der ursprünglichen Konzeption und ihrer Veränderung unüberhörbar wurde: Ruckartig wird das Tempo verlangsamt, der Klang wird weich und rund wie bisher an keiner Stelle des Werkes, der Geruch nach Meer, Tang, Tran und fauligen Schiffsplanken, der die Partitur durchströmt, weicht dem eines erlesenen Parfüms. Aus dem Orchester rauschen Harfenarpeggien auf, über denen die Holzbläser das Motiv der Erlösung intonieren, sanft treten die Streicher hinzu und führen das Werk zu einem versöh-nenden Schluss.

Das ist ohne Zweifel sehr schön gemacht und inhaltlich ganz auf dem neuesten Stand der Auffassungen des Kom-ponisten (und so ein finales Bad im reinen Wohlklang ist ja auch angenehmer als der Untergang in den sturmgepeitsch-ten Wogen), aber künstlerisch ist das Ergebnis unbefriedi-gend. Um seinen Zweck wirklich zu erreichen, hätte Wagner das Stück vollständig umarbeiten, nicht nur einen neuen Schluss anfügen müssen. So erweist er lediglich auf über-trieben luxuriöse Weise (die Harfe spielt am ganzen Abend nicht mehr als diese zweimal zehn Takte) sein Unverständ-nis für das eigene Werk. Zum Glück ist der Fehler reparabel, indem wir uns über Wagners Festlegung hinwegsetzen, den angeklebten Schluss wegschneiden und das Stück so spielen, wie es der junge Mann mit voller Sicherheit für richtig er-kannt hat.

Aber es lohnt sich, diese missglückte Bastelei immer wieder einmal zu betrachten. Denn wir können zweierlei aus diesem Scheitern entnehmen: Zum einen, dass auch ein Genie nur ein Mensch ist und gelegentlich ausgesprochen Ungeniales produziert, zum anderen, dass wir gut daran tun, uns, je älter wir werden, desto öfter die Worte des Marquis von Posa ins Gedächtnis zu rufen, die Wagner sich nicht zu Herzen genommen hat: «Sagen Sie / Ihm, dass er für die Träume seiner Jugend / Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird.»

Werner Hintze

Erlösung angeklebtEine Bastelarbeit Richard Wagners

am «Fliegenden Holländer»

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Filzstiftporträt36

Oper von Jacques Offenbach

Musikalische Leitung Fabio Luisi Patrick Furrer (25 März) Inszenierung Grischa Asagaroff Szenische Einstudierung Claudia Blersch Bühnenbild Bernhard Kleber Kostüme Florence von Gerkan Lichtgestaltung Jürgen Hoffmann Choreinstudierung Jürg Hämmerli Dramaturgie Ronny Dietrich

Hoffmann Bryan Hymel Olympia Jane Archibald Antonia Rachel Harnisch Giulietta Veronica Simeoni Stella Alexandra Tarniceru Lindorf / Coppélius / Le docteur Miracle / Le capitaine Dapertutto Laurent Naouri La Muse / Nicklausse Anna Stéphany Andrès / Cochenille / Frantz / Pitichinaccio Michael Laurenz Spalanzani Benjamin Bernheim Crespel Reinhard Mayr Peter Schlémil Cheyne Davidson Maître Luther Dimitri Pkhaladze Nathanaël Andreas Winkler Hermann Krešimir Stražanac Wilhelm Alessandro Fantoni La voix de la mère d’Antonia Irène Friedli Le capitaine des Sbires Christoph Filler Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Wiederaufnahme 21 März 2014 Weitere Vorstellungen 25, 28, 30 März, 2 April 2014

les contes d’hoffmann

Die Kurtisane Giulietta ist die vierte Frauenfigur in Jacques Offenbachs Les Contes d’Hoffmann. Ich betrachte Olympia, Antonia und Giulietta als drei unterschiedliche Facetten von Hoffmanns grosser Liebe Stella. Innerhalb dieses Trios ver­körpert Giulietta die sinnlich­erotische Seite, während die beiden anderen eher sublimierte Erscheinungen sind. Obwohl Hoffmann vorgibt, sich nach den vorangegangenen ge schei­terten Abenteuern nicht mehr verlieben zu wollen, und nur noch dem Wein und Spiel zuspricht, lässt er sich von Giu­liet ta verführen. In ihr sucht er einzig und allein die fleisch­liche Lust. Giulietta ist denn auch eine dämonische Femme fatale, sie ist macht­ und rachsüchtig. Sie ist von Dapertutto abhängig, dem sie verspricht, im Tausch gegen einen Dia­manten Hoffmanns Spiegelbild zu verschaffen.

Für eine moderne Frau wie mich wirkt Hoffmanns Optik insgesamt sehr frauenfeindlich. Aber die Oper ist so wunderbar, dass ich das ausnahmsweise vergessen will! Das Schwierigste an der Partie der Giulietta ist, dass ich erst so spät in die Oper einsteige. Nach den drei vorangegangenen Akten ist der Abend schon an einem Höhepunkt angelangt, und ich muss diese Klimax fortführen, ohne die Möglichkeit zu haben, mich langsam in die Rolle einfinden zu können. Allerdings ist es sehr dankbar, sich mit der berühmten Barca­role Belle nuit, ô nuit d’amour vorzustellen. In diesem Duett mit Nicklausse fühlt man sich sehr aufgehoben, wie in einem flauschigen Bett. Aber so schön diese Melodie auch ist, so sehr quält mich dieser Ohrwurm während der ganzen Pro­ben phase! Als Giulietta habe ich vor zwei Jahren an der Mailänder Scala debütiert, ebenfalls mit Laurent Naouri als Bösewicht. Ich bin eingesprungen und habe die ganze Par­tie innerhalb einer Woche lernen müssen. In Mailand spiel­ten wir eine andere Fassung als hier in Zürich, wo ich neu auch noch Dialoge einstudieren muss. Offenbach ist ja noch vor der Fertigstellung der Oper gestorben, weshalb die Be­arbeitungsgeschichte dieses Werks bis heute nicht abgeschlos­sen ist. Ein Glück, dass man auf den Giulietta­Akt schon seit langem nicht mehr verzichtet – an der Uraufführung liess man ihn noch ganz weg!

Veronica Simeoni

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Veronica simeonidebütierte als Giulietta an der

Mailänder Scala und musste die Partie innerhalb einer Woche einstudieren

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Vorhang Zu Wer sich in Alcina verliebt, lebt gefährlich:

Sobald die Leidenschaft der Zauberin erlischt, verwandelt sie ihren Liebhaber in ein Tier. Die schönen

Tiermasken, die Ján Wagner für unsere «Alcina» angefertigt hat, sind hier gerade auf dem Weg in den

Kostümfundus, wo sie bis zur nächsten Vorstellung lagern.

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Serviceteil39

Februar 2O14 SO 23 bruNCHKONZerT CHF 6O 11.15 BRAHMS KLAVIERQUARTETT Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal

18.OO DON CarLO Preise F Oper von Giuseppe Verdi

Opernhaustag

MO 24 LuNCHKONZerT CHF 2O 12.OO BRAHMS KLAVIERQUARTETT Spiegelsaal

19.OO MONTaGSGeSPrÄCH CHF 1O Ein Gespräch mit der Sopranistin Anja Kampe Restaurant Belcanto

DI 25 aLCINa Preise VV 19.3O Oper von Georg Friedrich Händel AMAG-Volksvorstellung

MI 26 DON CarLO Preise F 18.3O Oper von Giuseppe Verdi

DO 27 LIeDerabeND CHF 6O 19.3O DMITrI HVOrOSTOVSKY Lieder von Tschaikowski, Medtner, Liszt und Rachmaninow

Fr 28 FOreLLeNQuINTeTT Preise VV 19.3O Choreografien von Martin Schläpfer, Douglas Lee und Jiří Kylián AMAG-Volksvorstellung

MÄrZ 2O14 Sa 1 baLLeTT-FÜHruNG MIT 14.OO MINI-WOrKSHOPS CHF 5/7

15.3O FÜHruNG DurCH DaS OPerNHauS CHF 1O

18.3O DON CarLO Preise F Oper von Giuseppe Verdi

SO 2 bruNCHKONZerT CHF 6O 11.15 FABIO LUISI AND FRIENDS Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal

11.15 baLLeTTGeSPrÄCH CHF 1O Ein Gespräch mit Christian Spuck und Tänzern des Balletts Zürich, Studiobühne

19.OO aIDa PREMIERE Preise G Oper von Giuseppe Verdi

MO 3 LuNCHKONZerT CHF 2O 12.OO FABIO LUISI AND FRIENDS, Spiegelsaal

MI 5 SLeePING beauTY (Dornröschen) Preise C 19.OO Ballett von Mats Ek , Musik von Pjotr Tschaikowski WIEDERAUFNAHME

DO 6 aIDa Preise F 19.OO Oper von Giuseppe Verdi

Sa 8 OPerNbaLL Spezialpreise

SO 9 aIDa Preise F 19.OO Oper von Giuseppe Verdi

DI 11 CHOreOGraFIe-WerKSTaTT 19.OO (TEIL 1 / 6), Ballettsaal A

19.OO Der FLIeGeNDe HOLLÄNDer Preise E Oper von Richard Wagner WIEDERAUFNAHME

DO 13 aIDa Preise F 19.OO Oper von Giuseppe Verdi

Fr 14 Der FLIeGeNDe HOLLÄNDer Preise E 19.OO Oper von Richard Wagner

Sa 15 uNTerWeGS MIT OHrWurM SQuILLO 14.OO Für 6- bis 9-Jährige CHF 5/7

19.OO SLeePING beauTY (Dornröschen) Preise VV Ballett von Mats Ek, Musik von Pjotr Tschaikowski AMAG-Volksvorstellung

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SO 16 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Preise P1 11.15 Hartmann / maHler tonhalle

11.3O JUNIOR BALLETT Preise VV Choreografien von lee, Spuck, thoss

19.OO AIDA Preise F Oper von Giuseppe Verdi

MO 17 LIEDERABEND NINA STEMME CHF 6O 19.OO lieder von Schubert, Wagner, Brahms und mahler

DI 18 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT 19.OO (teIl 2 / 6), Ballettsaal a

MI 19 AIDA Preise F 19.OO Oper von Giuseppe Verdi

DO 2O DER FLIEGENDE HOLLÄNDER Preise e 19.OO Oper von richard Wagner

FR 21 LES CONTES D'HOFFMANN Preise e 19.OO Oper von Jacques Offenbach WIeDeraUFnaHme

SA 22 FAMILIEN-WORKSHOP eintritt frei 1O.3O Junior Ballett, ab 8 Jahren

Serviceteil40

SA 22 JUNIOR BALLETT Preise VV 13.OO Choreografien von lee, Spuck, thoss

19.OO AIDA Preise F Oper von Giuseppe Verdi

SO 23 EINFÜHRUNGSMATINEE CHF 1O 11.15 ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Pique Dame», Bernhard theater

14.OO FORELLENQUINTETT Preise B Choreografien von Douglas lee, Jiří Kylián und martin Schläpfer

19.OO DER FLIEGENDE HOLLÄNDER Preise VV Oper von richard Wagner amaG-Volksvorstellung

DI 25 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT 19.OO (teIl 3 / 6), Ballettsaal a

19.OO LES CONTES D'HOFFMANN Preise e Oper von Jacques Offenbach

MI 26 AIDA Preise F 19.OO Oper von Giuseppe Verdi

FR 28 LES CONTES D'HOFFMANN Preise e 19.OO Oper von Jacques Offenbach

VONMATISSEZUMBLAUENREITER

7. 2.– 11. 5.14

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Alexej Jawlensky, Mädchen mit Pfingstrosen, 1909 (Ausschnitt), Kunst- und Museumsverein Wuppertal

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SA 29 BALLETT-WORKSHOP CHF 2O 14.3O SleePInG BeaUtY Für 16- bis 26-Jährige, Ballettsaal a

16.3O FÜHRUNG DURCH DAS OPERNHAUS CHF 1O

19.OO AIDA Preise F Oper von Giuseppe Verdi

SO 3O BRUNCHKONZERT CHF 6O 11.15 9 CellISten, Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im restaurant Belcanto, Spiegelsaal

14.OO FORELLENQUINTETT Preise B Choreografien von Douglas lee, Jiří Kylián und martin Schläpfer

14.3O STÜCKE ENTDECKEN CHF 2O SleePInG BeaUtY, Ballett-Workshop Für 12- bis 16-Jährige, Ballettsaal a

19.3O LES CONTES D'HOFFMANN Preise VV Oper von Jacques Offenbach amaG-Volksvorstellung

MO 31 LUNCHKONZERT CHF 2O 12.OO 9 CellISten, Spiegelsaal

APRIL 2O14 DI 1 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT 19.OO (teIl 4 / 6) Ballettsaal a

19.OO AIDA Preise F Oper von Giuseppe Verdi

MI 2 LES CONTES D'HOFFMANN Preise e 19.OO Oper von Jacques Offenbach

FR 4 FORELLENQUINTETT Preise B 19.3O Choreografien von Douglas lee Jiří Kylián und martin Schläpfer

SA 5 UNTERWEGS MIT OHRWURM SQUILLO 14.OO Für 6- bis 9-Jährige CHF 5/7

19.OO SLEEPING BEAUTY (Dornröschen) Preise C Ballett von mats ek, musik von Pjotr tschaikowski

SO 6 BRUNCHKONZERT CHF 6O 11.15 Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im

restaurant Belcanto Spiegelsaal

19.OO PIQUE DAME PremIere Preise G Oper von Pjotr tschaikowski

MO 7 LUNCHKONZERT CHF 2O 12.OO Spiegelsaal

DI 8 CHOREOGRAFIE-WERKSTATT 19.OO (teIl 5/6), Ballettsaal a

MI 9 OPERN-WERKSTATT CHF 1O 19.OO anDrea CHÉnIer, für 16- bis 26-Jährige Kreuzstrasse 5 (Besammlung Billettkasse)

FR 11 PIQUE DAME Preise F 19.OO Oper von Pjotr tschaikowski

SA 12 BALLETT-FÜHRUNG MIT 14.OO MINI-WORKSHOP CHF 5/7

19.3O ANDREA CHÉNIER Preise e WIeDeraUFnaHme

Oper von Umberto Giordano

SO 13 EINFÜHRUNGSMATINEE CHF 1O 11.15 ein Gespräch mit dem Produktionsteam von

« notations», Bernhard theater

14.OO SLEEPING BEAUTY (Dornröschen)  Preise C Ballett von mats ek, musik von Pjotr tschaikowski

19.3O PIQUE DAME Preise F Oper von Pjotr tschaikowski

DI 15 ANDREA CHÉNIER Preise e 19.3O Oper von Umberto Giordano

MI 16 PIQUE DAME Preise F 19.OO Oper von Pjotr tschaikowski

Werkeinführung jeweils 45 min. vor jeder Vorstellung.

Ab 6. März Auch iM Kino und

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Serviceteil42

Ein begrenztes Kartenkontingent für alle Vorstellungen ei-nes Monats geht jeweils am dritten Samstag des Vormonats in den freien Verkauf. Die aMaG-Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feiertag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Bei AMAG-Volksvorstellun-gen liegt der Maximalbezug bei 4 Karten pro Person. Für schriftliche Kartenbestellungen sowie Bestellungen per Fax und E-Mail wird eine Bearbeitungsgebühr von CHF 8 erho-ben. Die Benachrichtigung über die Platzzuteilung erfolgt in Form einer Rechnung, nach deren Begleichung die Karten per Post zugestellt werden. Für AMAG-Volksvorstellungen sind kei-ne schriftlichen Bestellungen möglich.

AMAG-VOLKSVORSTELLUNGEN Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu besuchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volks vor-stel lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Ma-gazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per Newslet-ter angekündigt. OPERNHAUS-TAGDas Opernhaus Zürich für Kurzent schlos sene: Am Opernhaus-tag erhalten Sie 5O% Ermässigung für die abend liche Vorstel-lung. Fällt der Opern haus tag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag er worben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und wer-den Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

CLUB JUNGGemeinsame und individuelle Vorstellungsbesuche zu Spezialkondi tio nen, Last-Minute-Karten für CHF 15, Proben-besuche und kostenlose Workshops, Gleichgesinnte treffen, Kontakt zu Künstlern, Einblicke in das Geschehen hinter der Bühne und vieles mehr. Weitere Infos: www.opernhaus.ch/clubjung

ERMÄSSIGUNGEN Für den Bezug von ermässigten Karten ist ein gültiger Foto-Ausweis des entsprechenden Lehrinstitutes, ein AHV- bzw. IV-Ausweis oder der Schüler- oder Lehrlingsausweis sowohl beim Kauf als auch beim Besuch der Vorstellung vorzuweisen. Das Personal der Billettkasse ist befugt, Ausweise ohne Gültigkeits-datum zurückzuweisen. Ermässigte Eintrittskarten können nur telefonisch und persönlich an der Billettkas se des Opernhauses erworben werden. Mitglieder des Club Jung können ermässigte Karten auch online erwerben. Sämtliche nachfolgend genann-ten Ermässigungen gelten nicht bei Fremdveranstaltungen, Premieren, Gala- und Sondervorstellungen und Vorstellungen zu G- und K-Preisen sowie bei Volksvorstellungen.– Kinder (6–16 Jahre) in Begleitung einer erwachsenen Person

erhalten in sämtlichen Vorstellungen Karten zu Legi-Preisen.– AHV- und IV-Bezüger erhalten für Sonntagnachmittags-

Vor stellungen eine Ermässigung von 50%.

– Abonnenten erhalten 10% Ermässigung auf max. 4 Karten pro Vorstellung.

– Schüler, Studenten und Lernende erhalten aus einem be-grenzten Kontingent ab einer Woche vor der Vorstellung Karten zu Legi-Preisen.

– Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-In ha ber erhalten ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn alle noch vorhandenen Karten zum Last-Minute-Preis von CHF 20. Mitglieder des Clubs Jung erhalten diese Karten zum Preis von CHF 15. Platzierungswünsche können bei diesem Ange-bot nicht berücksichtigt werden.

– Club-Jung-Mitgliedern steht online ein Kartenkontingent für ausgewählte Vorstellungen zum Preis von CHF 20 Verfü-gung. Die Vorstellungen werden den Mitgliedern per News-letter mitgeteilt.

– AHV- und IV-Bezüger können online für ausgewählte Vorstel-lungen Karten mit einer Ermässigung von 50% erwerben. Das Kontingent ist begrenzt. Die Vorstellungen werden den Mitgliedern per E-Newsletter mitgeteilt. Den Newsletter kön nen Sie abonnieren unter www.opernhaus.ch/newsletter

ALLGEMEINE BEDINGUNGENFür den Verkauf von Karten gelten die AGB der Opernhaus Zürich AG, die Sie an der Billettkasse beziehen oder im Internet einsehen können.

SPIELPLANINFORMATIONEN – Ausführliche Informationen über das Haus und den Spielplan

mit detaillierten Besetzungen und Biografien, Aufführungs-fotos, Opernhaus TV, Beiträgen zu allen Neuproduktionen sowie alle tagesaktuellen News bieten wir auf unserer Web-site www.opernhaus.ch.

– Abonnieren Sie unseren Newsletter für aktuelle Informa-tio nen und spezielle Angebote unter www.opernhaus.ch/newsletter.

– Gerne senden wir Ihnen unser Saisonbuch sowie die Mo nats -spielpläne kostenlos an Ihre inländische Adresse. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder [email protected].

– MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Sai-son und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter:

T +41 44 268 66 66 oder [email protected].

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Serviceteil43

IMPreSSuMMagazin des Opernhauses Zürich

Falkenstrasse 1, 8008 Zürichwww.opernhaus.ch, T + 41 44 268 64 00, [email protected]

Intendant Andreas Homoki Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn (Chefdramaturg) Sabine Turner (Direktorin für Marketing, PR und Sales) Redaktion Beate Breidenbach, Kathrin Brunner, Fabio Dietsche, Michael Küster, Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli, Martin Schoberer, Florian Streit, Giorgia Tschanz Fotografie Florian Kalotay, Danielle Liniger Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Marina Andreatta, Tania Cambeiro Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Laura Jurt (9, 44), Giorgia Tschanz (37)

MAG kooperiert mit dem Studiengang Redaktionelle Fotografie der

Schweizer Journalistenschule MAZ

SPONSOreNUnsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

ParTNer

PrODuKTIONSSPONSOreNEVELYN UND HERBERT AxELROD

FREUNDE DER OPER ZÜRICHWALTER HAEFNER STIFTUNG

SWISS REZÜRICH VERSICHERUNGS-GESELLSCHAFT AG

PrOJeKTSPONSOreNAMAG AUTOMOBIL- UND MOTOREN AG

BAUGARTEN STIFTUNGRENÉ UND SUSANNE BRAGINSKY-STIFTUNG

ERNST GÖHNER STIFTUNGFREUNDE DES BALLETTS ZÜRICH

GRIBI HYDRAULICS AGRINGIER AG

ZÜRCHER FESTSPIELSTIFTUNGZÜRCHER KANTONALBANK

GÖNNerABEGG HOLDING AG

ACCENTURE AGALLREAL

ARS RHENIA STIFTUNGBANK JULIUS BÄR

BERENBERG SCHWEIZELEKTRO COMPAGNONI AG

FITNESSPARKS MIGROS ZÜRICHEGON-UND-INGRID-HUG-STIFTUNG

JAISLI-xAMAx AGJT INTERNATIONAL SA

WALTER B. KIELHOLZ STIFTUNGKPMG AG

KÜHNE STIFTUNGLANDIS & GYR STIFTUNG

LINDT UND SPRÜNGLI (SCHWEIZ) AGSTIFTUNG MERCATOR SCHWEIZ

FONDATION LES MûRONSNEUE ZÜRCHER ZEITUNG AG

THOMAS SABO GMBH

FÖrDererFRANKFURTER BANKGESELLSCHAFT (SCHWEIZ) AG

GARMIN SWITZERLANDHOREGO AG

SIR PETER JONASMARSANO BLUMEN AG

LUZIUS R. SPRÜNGLIELISABETH STÜDLI STIFTUNG

CONFISERIE TEUSCHERZÜRCHER THEATERVEREIN

ab

bILLeTTPreISe Platzkategorien

1 2 3 4 5

Preisstufe A 92 76 65 43 16Preisstufe B 141 126 113 56 2OPreisstufe C 169 152 13O 56 2OPreisstufe D 198 173 152 92 32Preisstufe E 23O 192 168 95 35Preisstufe F 27O 216 184 98 38Preisstufe G 32O 25O 22O 98 38Preisstufe VV 75 59 44 25 15Kinderoper K 6O 5O 4O 3O 2OPreisstufe P1 95 8O 65 5O 35Preisstufe P2 125 1O5 85 65 4O Legi (Preisstufen A-C) 35 25 2O 18 13Legi (Preisstufen D-G) 45 33 25 2O 15

Alle Preise in CHF

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Damit hatten die Schulkinder wohl nicht gerechnet. Sie sollen Opernprobe schauen, und plötzlich werden alle zu Mitwirkenden. Mit grossem Enthusiasmus drapiert Regis­seurin Tatjana Gürbaca Kinder auf den Boden, lacht mit Latonia Moore, der winzig kleinen Aida mit der Riesen­stim me, und probt konzentriert weiter. Es gibt keinen un­ter schiedlichen Regiestil von Männern und Frauen. Es gibt nur einen Unterschied zwischen guten Regisseuren und unsicheren Menschen, die brüllen müssen. «Schreien schlägt Türen zu», sagt Tatjana später, «und wenn es eins zeigt, dann nur die Unklarheit des Regisseurs». Erstaunlich ruhig spricht sie auch von Niederlagen. Sehr am Beginn ihrer Berufslauf­bahn, nach dem Studium an der Hanns­Eisler­Musikhoch­schu le, in der sie als erste Westdeutsche aufgenommen wur de, inszenierte sie den Fliegenden Holländer in Berlin. 1600 Zuschauer, gefühlt alle buhten (was ich davon halte, sagte ich bereits). Tatjana brachte sich nicht um, sie wurde weder wütend noch frustriert, sondern sagt heute: gut, es einmal erlebt zu haben. Es macht einen stärker. Sie hat viel über das gefallen­Wollen in der Kunst nachgedacht und weiss jetzt, dass sie nicht allen gefallen muss, und dass es tödlich ist für eine künstlerische Arbeit, Ansprüche befriedigen zu wollen. Sich anzupassen. Ich denke, dass Niederlagen elegant zu überstehen darüber entscheidet, wer als Künstlerin über­lebt und wer nicht. Tatjana Gürbaca wurde im letzten Jahr Opernregisseurin des Jahres, bekannt ist sie für die zeitge­mässe Interpretation sehr bekannter Opernwerke. Im letzten Jahr war es Rigoletto in Zürich, und jetzt eben die Aida.

Inzwischen sind die Kinder glücklich gegangen, kleine Opernfans ab heute, die Regisseurin bespricht sich kurz mit ihrem Dramaturgen Claus Spahn, und ich habe selten jeman­den mit so durchgehend guter Laune getroffen. Frau Gür­bacas Vertrag als Intendantin der Opernsparte Mainz läuft jetzt aus, sie nahm ihn wegen seiner Befristung an, um zu wissen, wie sich der Job anfühlt, und weil sie das Haus sehr

Oper im Sandkasten

Sibylle Berg geht in die Oper44

mochte, nun ist sie nur noch Regisseurin und ausgebucht bis ins Jahr 2017. Wir überlegen, ob es in absehbarer Zeit auch in der Kunst ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen geben kann, ob Dirigentinnen, Intendantinnen, Verlagsleiterinnen und Regisseurinnen normal sein werden. Und wir kommen beide zu dem Schluss, dass dazu fünfzig Jahre nicht reichen werden. Um nicht wieder den alten Fakt zu bemühen, dass Menschen sich immer für Bekanntes ent­scheiden, ein Gremium aus Männern also immer lieber einen Mann beauftragen oder anstellen wird, rätseln wir auch über Frauen, die heute die Mehrzahl der Regiestudentinnen stellen und doch nicht vorhaben, je in dem Beruf zu arbeiten.

Frau Gürbaca, die so heisst, weil ihr Vater türkischstäm­miger Bulgare ist, oder andersrum, die Mutter ist italienisch sprechende Slowakin, jetzt bin ich durcheinandergekommen, hat ihre Kindheit, aus einem musischen Elternhaus kom­mend, mit ihrem Sandkastenfreund in der Oper verbracht. Lebensläufe gibt es! Sie spielten Opern nach, wie andere Räuber und Gendarm, und ihr Musiklehrer sagte ihr: Du wirst Opernregisseurin werden. Nach einem kleinen Umweg über die Literaturwissenschaft hat sie ihren Traumberuf er­griffen und es bis heute nicht bereut. Sie liebt, was sie tut, und das merkt man, bei der Arbeit ist es ihr wichtig, eine gute Lebenszeit mit den Mitwirkenden zu verbringen, und Ziele, Ziele gibt es nicht in der akzeptierten Karriereskala – Tatjana will gute Arbeiten machen und nicht zwingend die grossen Häuser bespielen. Eine grossartige Frau. Ich werde sofort zu singen beginnen, damit ich mit ihr arbeiten kann. Und jetzt bin ich sehr gespannt auf die Premiere.

Bis zum nächsten Mal Ihre Frau Berg

Die Schriftstellerin Sibylle Berg ist Schweizerin und lebt in Zürich

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PIQUE DAME

Mit freundlicher Unterstützung der

René und Susanne Braginsky-Stiftung und der Ringier AG

PREMIERE 6 APRIL 2O14

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Die Verwendung von Namen oder sonstiger Bezeichnungen Dritter in dieser Werbung erfolgt mit der entsprechenden Genehmigung. © UBS 2014. Alle Rechte vorbehalten.

Wir werden nicht ruhen

www.ubs.com/sponsoring

Teamgeist. Das verbindet uns mit dem Intendanten und dem Ballettdirektor des Opernhauses Zürich.

Als eine der weltweit erfolgreichsten Bühnen zeigt das Opernhaus Zürich seit Jahren

Opern- und Ballett-Vorführungen von höchster künstlerischer Qualität.

Andreas Homoki und Christian Spuck stehen hinter einem Ensemble, das mit Harmonie, Disziplin

und Können die Leidenschaft für Musik, Gesang und Tanz auf ein breites Publikum überträgt.

Der gemeinsame Wille, unermüdlichdas Beste zu bieten, kennzeichnet auch unsere

Arbeit für alle Kunden in der Schweiz.

Deshalb unterstützt UBS das Opernhaus Zürich seit 1987 als Partner.

Bis Sie von der Nachhaltigkeit unseresEngagements überzeugt sind,

dürfen Sie sich auf eines verlassen:

Andreas Homoki und Christian Spuck werden nicht ruhen, das Opernhaus Zürich neuen Künstlern und neuen Besuchern zu öffnen.

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