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126 Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität Ralf Busskamp und Karl-Heinz Schmidt Das vielfältige Spektrum der Nutzung des Wassers durch den Menschen und die wasserbaulichen Eingriffe in die na- türlichen Fließgewässersysteme z.B. durch die Anlage von Talsperren, durch Wassertransfer über Einzugsgebietsgren- zen hinweg, durch Flussbegradigungen und Flächenversiegelung, durch Berg- bau oder Deichbau haben dazu geführt, dass sich das Abflussgeschehen in seiner räumlichen Verteilung und seinem zeit- lichen Ablauf erheblich verändert hat Bei den Flüssen in Deutschland nimmt der Abfluss mit zunehmender Einzugs- gebietsgröße und Lauflänge zu, was in der Bänderdarstellung der Karte gut zum Ausdruck kommt. Diese Zunahme wird auch in hydrologischen Längsschnitten verdeutlicht . Die Längsschnitte be- inhalten, bezogen auf die Flusslänge, die Darstellung des mittleren Abflusses (MQ), des mittleren Niedrigwasserab- flusses (MNQ), des mittleren Hochwas- serabflusses (MHQ) sowie der mittleren Hochwasserabflussspende (MHq). Bei den Spenden liegt meist eine Abnahme in Fließrichtung vor, u.a. weil die Flüsse im Unterlauf in niedrigere Höhen mit geringeren Niederschlägen gelangen. Stellenweise kann es zu einer starken Zunahme des Abflusses infolge der Ein- mündung eines abflussreichen Neben- flusses (z.B. Aare, Mosel) kommen. Besonders ausgeprägt ist die sprunghafte Abflusszunahme an der Mündung und einen z.T. stark anthropogen modi- fizierten Charakter trägt. Die Karte zeigt anschaulich die Unterschiede in der Wasserführung. Die mittleren jährlichen Abflüsse (MQ) werden in einer Bänderdarstellung entlang der Flussläufe dargestellt, wobei die Bandbreite proportional zur Wasser- menge in den Gewässerabschnitten ist und die farbliche Gestaltung Informati- onen über die Abflussvariabilität der Gewässerabschnitte vermittelt. (Die in der Tabelle genannten Abflussmess- stellen (Pegel) sind in der Karte na- mentlich aufgeführt.) Abflussmessung und Abflussre- gistrierung Der Abfluss wird mit Hilfe der Regist- rierung der Wasserstände an Pegeln er- mittelt. Das amtliche Pegelnetz in Deutschland besteht gegenwärtig aus mehr als 4000 Messstellen. Die ältesten Überlieferungen von Wasserständen lie- gen in Form von Hochwassermarken vor, die die Bewohner von flussnahen Siedlungen schon seit dem Mittelalter an Brückenpfeilern und Gebäuden an- gebracht haben ( Foto), um verheeren- de Überschwemmungen zu dokumentie- ren. In Deutschland begannen die ers- ten regelmäßigen Wasserstandsmessun- gen durch Lattenpegel im Jahre 1727 bei Magdeburg an der Elbe. Es folgten die Pegel Barby/Elbe (1753), Düsseldorf/ Rhein (1766) und Stettin/Oder (1771). Heute werden an Pegeln die Wasserstän- de automatisch registriert oder durch Datenfernübertragung an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Zur Berech- nung des Abflusses (Q: m 3 /s) benötigt man neben der Fläche des durchflosse- nen Querschnitts (F: m²) den Wert der mittleren Geschwindigkeit (v: m/s), mit der das Wasser den Querschnitt passiert. Zur Messung der Fließgeschwindigkeit Der Begriff Abfluss bezeichnet in Hy- drologie und Wasserwirtschaft die Was- sermenge, die je Zeiteinheit einen defi- nierten Querschnitt in einem Fließgewäs- ser durchfließt. Als Maßeinheiten wer- den je nach Größe der Flüsse und Bäche m 3/ s oder l/s verwendet. Wird der Ab- fluss auf die zugehörige Fläche des Ein- zugsgebietes bezogen, spricht man von der Abflussspende (l/s/km 2 ). In der Wasserhaushaltsgleichung: N (Niederschlag) = A (Abfluss) + V (Ver- dunstung in mm) wird der Abfluss als Abflusshöhe (mm pro Zeiteinheit), meist in mm/a, ausge- drückt ( Beitrag Glugla/Jankiewicz, S. 130). Bei der Grundwasserneubildung ( Beitrag Neumann/Wycisk, S. 144) und in der Wasserbilanz ( Beitrag Jan- kiewicz/Krahe, S. 148) erscheint der Ab- fluss ebenfalls als Abflusshöhe. Historische Hochwassermarken der Saale, dokumentiert an der Mühlpforte in Halle Die Ruhr bei Bochum bei Trockenwetterabfluss und bei einem Hochwasserabfluss von 802 m³/s am 6.2.1980. Die beiden Bilder zeigen denselben Ausschnitt. Zur Orientierung kann der Baum in der linken Bildmitte dienen. werden in der Hydrometrie Präzisions- messflügel eingesetzt. Räumliche und zeitliche Vertei- lung Als Datenbasis der Kartendarstellung wurden im Wesentlichen die für die amtlichen Pegel verfügbaren Abfluss- hauptzahlen herangezogen. Das regiona- le Verteilungsmuster des mittleren Ab- flusses (MQ) bietet eine wertvolle Ba- sisinformation über die Verfügbarkeit von Wasser für den öffentlichen, indus- triellen und privaten Wasserverbrauch sowie für die Schifffahrt. Allerdings ist das Abflussgeschehen nicht nur räum- lich, sondern auch zeitlich ausgespro- chen variabel. Großanlagen und Sied- lungen mit hohem Wasserverbrauch be- nötigen deswegen Informationen darüber, ob die Versorgung mit der von ihnen benötigten Wassermenge ohne längere Ausfallsgefährdung gewährleis- tet ist. Dazu muss über langjährige Pe- gelmessungen bekannt sein, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein be- stimmter Mindestabfluss in einem Fließ- gewässer unterschritten wird. Dasselbe Prinzip lässt sich auch auf die Häufigkeit des Auftretens von Hochwassern be- stimmter Gefährdungsstufen im Rahmen des Hochwasserschutzes anwenden. Zu- sätzlich gibt es an den großen Flüssen spezielle Hochwasserwarnsysteme ( Beitrag Busskamp/Wilke, S. 132).

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126Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser

Mittlerer jährlicher Abfluss und AbflussvariabilitätRalf Busskamp und Karl-Heinz Schmidt

Das vielfältige Spektrum der Nutzungdes Wassers durch den Menschen unddie wasserbaulichen Eingriffe in die na-türlichen Fließgewässersysteme z.B.durch die Anlage von Talsperren, durchWassertransfer über Einzugsgebietsgren-zen hinweg, durch Flussbegradigungenund Flächenversiegelung, durch Berg-bau oder Deichbau haben dazu geführt,dass sich das Abflussgeschehen in seinerräumlichen Verteilung und seinem zeit-lichen Ablauf erheblich verändert hat Bei den Flüssen in Deutschland nimmt

der Abfluss mit zunehmender Einzugs-gebietsgröße und Lauflänge zu, was inder Bänderdarstellung der Karte gut zumAusdruck kommt. Diese Zunahme wirdauch in hydrologischen Längsschnittenverdeutlicht �. Die Längsschnitte be-inhalten, bezogen auf die Flusslänge, dieDarstellung des mittleren Abflusses(MQ), des mittleren Niedrigwasserab-flusses (MNQ), des mittleren Hochwas-serabflusses (MHQ) sowie der mittlerenHochwasserabflussspende (MHq). Beiden Spenden liegt meist eine Abnahmein Fließrichtung vor, u.a. weil die Flüsseim Unterlauf in niedrigere Höhen mitgeringeren Niederschlägen gelangen.Stellenweise kann es zu einer starkenZunahme des Abflusses infolge der Ein-mündung eines abflussreichen Neben-flusses (z.B. Aare, Mosel) kommen.Besonders ausgeprägt ist die sprunghafteAbflusszunahme an der Mündung �����

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und einen z.T. stark anthropogen modi-fizierten Charakter trägt.

Die Karte � zeigt anschaulich dieUnterschiede in der Wasserführung. Diemittleren jährlichen Abflüsse (MQ)werden in einer Bänderdarstellungentlang der Flussläufe dargestellt, wobeidie Bandbreite proportional zur Wasser-menge in den Gewässerabschnitten istund die farbliche Gestaltung Informati-onen über die Abflussvariabilität derGewässerabschnitte vermittelt. (Die inder Tabelle � genannten Abflussmess-stellen (Pegel) sind in der Karte na-mentlich aufgeführt.)

Abflussmessung und Abflussre-gistrierungDer Abfluss wird mit Hilfe der Regist-rierung der Wasserstände an Pegeln er-mittelt. Das amtliche Pegelnetz inDeutschland besteht gegenwärtig ausmehr als 4000 Messstellen. Die ältestenÜberlieferungen von Wasserständen lie-gen in Form von Hochwassermarkenvor, die die Bewohner von flussnahenSiedlungen schon seit dem Mittelalteran Brückenpfeilern und Gebäuden an-gebracht haben (� Foto), um verheeren-de Überschwemmungen zu dokumentie-ren. In Deutschland begannen die ers-ten regelmäßigen Wasserstandsmessun-gen durch Lattenpegel im Jahre 1727bei Magdeburg an der Elbe. Es folgtendie Pegel Barby/Elbe (1753), Düsseldorf/Rhein (1766) und Stettin/Oder (1771).Heute werden an Pegeln die Wasserstän-de automatisch registriert oder durchDatenfernübertragung an die zuständigenBehörden weitergeleitet. Zur Berech-nung des Abflusses (Q: m3/s) benötigtman neben der Fläche des durchflosse-nen Querschnitts (F: m²) den Wert dermittleren Geschwindigkeit (v: m/s), mitder das Wasser den Querschnitt passiert.Zur Messung der Fließgeschwindigkeit

Der Begriff Abfluss bezeichnet in Hy-drologie und Wasserwirtschaft die Was-sermenge, die je Zeiteinheit einen defi-nierten Querschnitt in einem Fließgewäs-ser durchfließt. Als Maßeinheiten wer-den je nach Größe der Flüsse und Bächem3/s oder l/s verwendet. Wird der Ab-fluss auf die zugehörige Fläche des Ein-zugsgebietes bezogen, spricht man vonder Abflussspende (l/s/km2).

In der Wasserhaushaltsgleichung:

N (Niederschlag) = A (Abfluss) + V (Ver-dunstung in mm)

wird der Abfluss als Abflusshöhe (mmpro Zeiteinheit), meist in mm/a, ausge-drückt (�� Beitrag Glugla/Jankiewicz,S. 130). Bei der Grundwasserneubildung(�� Beitrag Neumann/Wycisk, S. 144)und in der Wasserbilanz (�� Beitrag Jan-kiewicz/Krahe, S. 148) erscheint der Ab-fluss ebenfalls als Abflusshöhe.

Historische Hochwassermarken der Saale,dokumentiert an der Mühlpforte in Halle

Die Ruhr bei Bochum bei Trockenwetterabfluss und bei einemHochwasserabfluss von 802 m³/s am 6.2.1980. Die beiden Bilderzeigen denselben Ausschnitt. Zur Orientierung kann der Baum inder linken Bildmitte dienen.

werden in der Hydrometrie Präzisions-messflügel eingesetzt.

Räumliche und zeitliche Vertei-lungAls Datenbasis der Kartendarstellungwurden im Wesentlichen die für dieamtlichen Pegel verfügbaren Abfluss-hauptzahlen herangezogen. Das regiona-le Verteilungsmuster des mittleren Ab-flusses (MQ) bietet eine wertvolle Ba-sisinformation über die Verfügbarkeitvon Wasser für den öffentlichen, indus-triellen und privaten Wasserverbrauchsowie für die Schifffahrt. Allerdings istdas Abflussgeschehen nicht nur räum-lich, sondern auch zeitlich ausgespro-chen variabel. Großanlagen und Sied-lungen mit hohem Wasserverbrauch be-nötigen deswegen Informationendarüber, ob die Versorgung mit der vonihnen benötigten Wassermenge ohnelängere Ausfallsgefährdung gewährleis-tet ist. Dazu muss über langjährige Pe-gelmessungen bekannt sein, wie groß

die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein be-stimmter Mindestabfluss in einem Fließ-gewässer unterschritten wird. DasselbePrinzip lässt sich auch auf die Häufigkeitdes Auftretens von Hochwassern be-stimmter Gefährdungsstufen im Rahmendes Hochwasserschutzes anwenden. Zu-sätzlich gibt es an den großen Flüssenspezielle Hochwasserwarnsysteme(�� Beitrag Busskamp/Wilke, S. 132).

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127Mittlerer jährlicher Abfluss und Abflussvariabilität

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128Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser

des Inn in die Donau. Der mittlere Ab-fluss der Donau beträgt hier etwa665 m³/s, der des Inn liegt bei etwa765 m³/s. Gemessen am Abflussvolu-men müsste die Donau unterhalb vonPassau eigentlich Inn heißen.

Als Beispiellängsschnitt dient dieDarstellung des Rheins unterhalb desBodensees �. Sein Einzugsgebiet be-trägt bei Konstanz 10.922 km², der mitt-lere Abfluss (MQ) liegt bei etwa350 m³/s und die mittlere Abflussspendeüber 30 l/s x km2. Der disproportionalgroße Anstieg des mittleren Hochwas-serabflusses an der Moselmündung weistauf das hohe Hochwasser-Gefährdungs-potenzial der Mosel für den Rheinunter-lauf hin. Die Hochwasseranfälligkeitder Mosel ist wesentlich durch das star-ke Relief und die geringe Durchlässig-keit der Gesteine im Mittelgebirgsteilihres Einzugsgebietes begründet. BeiEmmerich nahe der deutsch-niederlän-dischen Grenze hat das Einzugsgebietdes Rheins eine Größe von 159.784 km²und einen mittleren Abfluss von weitüber 2000 m³/s erreicht, was einer mitt-

leren Abflussspende von mehr als14 l/s/km2 entspricht.

Das Abflussregime des RheinsDer durchschnittliche jahreszeitlicheVerlauf des Abflussgeschehens an einemFließgewässer wird als Abflussregimebezeichnet. Abbildung � zeigt das Ab-flussregime des Rheins für verschie-dene Pegelstationen in seinem Längs-verlauf. Je nach Höhenlage und Klimader Einzugsgebietsteile herrscht ein gla-ziales (Gletscherabfluss), nivales(Schneeschmelze) oder pluviales (Ab-fluss aus Niederschlag) Regime vor. DieAlpenzuflüsse sind noch durch starkesaisonale Unterschiede gekennzeichnet,wesentlich beeinflusst durch die Ab-schmelzvorgänge (glazial) im Sommer(Pegel Rheinfelden). Stromab gewinntder nivale Einfluss zunehmend an Be-deutung, die Winterabflüsse werden hö-her und das Sommermaximum wird re-duziert. Zwischen Mainz und Ander-nach (verstärkter Einfluss der Mittelge-birge) verschiebt sich das Maximumvom Sommer auf den Winter. Mit zu-nehmendem Flachlandanteil wächst derEinfluss des pluvialen Regenregimes,dessen Jahresgang von Niederschlags-und Verdunstungshöhe bestimmt wird.Im Sommer entsteht hier ein Feuchte-defizit durch die stärkere � Evapotrans-piration. Die ausgleichende Wirkungder unterschiedlichen Regimetypenführt im Unterlauf zu einer rechtgleichmäßigen Wasserführung und da-mit zu günstigen Bedingungen für dieRheinschifffahrt.

AbflussvariabilitätFließgewässer mit hoher Abflussvariabi-lität sind einerseits durch starke Hoch-wassergefährdung, andererseits aberauch durch zeitweilige Wasserknappheitgekennzeichnet. Im Verlauf von Hoch-wassern durchströmen große Wasser-mengen die Flüsse, ohne dass sie fürwasserwirtschaftliche Nutzung herange-zogen werden könnten. Zudem ist mitden Hochwassern ein erhebliches Scha-denpotenzial verbunden.

In den mitteleuropäischen Flüssenkönnen Hochwasser zu allen Jahreszei-ten auftreten, wobei es regional undwetterlagenbedingt zu Häufungen in be-stimmten Zeiträumen kommen kann.Bedingt durch über das Mittelmeernach Norden ziehende Tiefdruckgebietetreten an den Alpenflüssen Hochwasservor allem im Frühling und Frühsommerauf, in den Mittelgebirgen insbesonderein den Wintermonaten in Zusammen-hang mit der Schneeschmelze undWest- und Südwestwindlagen. AmRhein wirkt sich auch die Zugbahn derNiederschlagsfronten auf die Größen-ordnung von Hochwassern aus. Bei Süd-und Südwestwindlagen verlaufen dieFronten in derselben Richtung wie dieHochwasserwellen, und die Einzelwel-len der Nebenflüsse können sich sta-peln. Durch die Klimaerwärmungscheint es in jüngster Zeit zu einer Häu-fung und Verstärkung der Hochwasserzu kommen.

Die Abflussvariabilität eines Gewässerskann man quantitativ relativ einfachmit Hilfe der Abflusshauptzahlen �charakterisieren, indem man den Quo-tienten aus dem mittleren höchsten unddem mittleren niedrigsten beobachtetenAbfluss (MHQ/MNQ) berechnet. DieseVerhältniszahl wurde zur graphischenWiedergabe der regionalen Variabilitätdes Abflussgeschehens für die Karten-darstellung herangezogen �. Es zeigtsich die generelle Tendenz, dass die Ab-flussvariabilität mit zunehmender Ein-zugsgebietsgröße abnimmt, denn mit zu-nehmender Größe wächst auch derAusgleichseffekt auf lokale Extrembe-dingungen. Die großen FlusssystemeRhein, Elbe, Oder, Donau und Weserhaben daher recht niedrige Variabilitä-ten, während die kleinflächigeren Ne-bengewässer im Allgemeinen höhereWerte aufweisen.

Obwohl die Pegelstationen Eschel-bach (Inn), Rathenow (Havel), Klein-heubach (Main) und Cochem (Mosel)mit Flächen zwischen 10.000 und30.000 km2 vergleichbar große Einzugs-gebiete haben, unterscheiden sich ihreVariabilitäten (MHQ/MNQ und HHQ/NNQ) erheblich �. Der Inn zeigt – ob-wohl er die kleinste Fläche einnimmt –eine geringe Variabilität; hier machtsich der Einfluss des Alpenvorlandesmit den reichhaltigen, den Abflussgangausgleichenden Grundwasservorräten inden glazialen Schmelzwasserablagerun-gen bemerkbar. In Bezug auf die MHQ/MNQ-Variabilität reagiert die Havel

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Die Mittelgebirgsflüsse (Main, Mo-sel) haben im Vergleich zu Inn und Ha-vel wesentlich höhere Variabilitäten.Ihre Einzugsgebiete werden von unter-schiedlich stark verfestigten Gesteinenmit vielfach niedrigen Speicherkapazi-täten unterlagert. Besonders die Moselhat einen hohen Wert, da der Unter-grund des Rheinischen Schiefergebirgesim Wesentlichen aus wenig durchlässi-gen, für die Grundwasserneubildung(�� Beitrag Neumann/Wycisk, S. 144)ungünstigen Schiefern besteht. Ähnli-ches Verhalten zeigen die meisten Ge-wässer in den � paläozoischen und� kristallinen Gebirgskomplexen, wasim Maßstab kleinerer Einzugsgebietedurch die Beispiele von Ruhr (� FotosS. 126) und Mulde verdeutlicht wird.Gerade in diesen Gebieten mit hoherAbflussvariabilität musste in den natür-lichen Wasserhaushalt durch Talsper-renbau eingegriffen werden (�� BeiträgeBusskamp/Wilke, S. 132 und Kern/Leib-undgut, S. 138), um die Gewässer beiNiedrigwasserabfluss aufzufüllen und umHochwasserspitzen aufzufangen.

HochwasserkatastrophenEines der schwersten Hochwasser andeutschen Fließgewässern ereignete sich

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im Juli 1997 an der Oder. In den Sude-ten und Westbeskiden fielen extremeNiederschläge mit sehr ergiebigem undintensivem Dauerregen. Südlich vonFrankfurt/Oder brach der Hochwasser-deich und bedingte die Evakuierung derZiltendorfer Niederung.

In seinen Schadensauswirkungen nochübertroffen wurde dieses Ereignis durchdas Sommerhochwasser 2002 an Elbeund Mulde. Im Südosten Deutschlandswerden derartige Katastrophenhochwas-ser häufig ausgelöst durch Tiefdruckge-biete, die als so genannte Vb-Wetterla-gen über das Mittelmeer heranziehen(vgl. Satellitenbild vom 12.08.02 ),

sich dort mit Wasser voll saugen, amOstrand der Alpen vorbeiziehen undsich dann an den höheren östlichen Mit-telgebirgen (Böhmerwald, Erzgebirge,Sudeten) abregnen. Innerhalb von nur72 Stunden fielen im August 2002 inZinnwald im Erzgebirge mehr als 400 mm(400 l/m2) Niederschlag. Eine größereMenge wurde niemals zuvor gemessen.Die starken Niederschläge führten zu ei-nem plötzlichen Anstieg der Wasserstän-de an der Mulde und den kleineren Erz-gebirgsgewässern (z.B. Weißeritz); an derElbe wirkte sich zusätzlich der starke Zu-fluss aus den Hochwassergebieten inTschechien (Moldau) aus. Durch die Flu-

ten verloren Menschen ihr Leben; Ge-bäude, Kulturschätze und Infrastrukturwurden beschädigt und zerstört. Die fi-nanziellen Schäden beliefen sich auf ca.10 Mrd. Euro.

Das Satellitenbild veranschaulichtdas Ausmaß des Hochwassers an derMittleren Elbe zwischen Torgau undDessau und an der Mulde stromab vonBad Düben. Zum Zeitpunkt der Aufnah-me war das Hochwasser der Muldeallerdings bereits weitgehend abgelau-fen. Weite Landstriche sind überflutet.Die eigentlichen Flussläufe wären kaumnoch zu erkennen, wenn sie nicht gra-phisch hervorgehoben worden wären.�

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