NOTFÄLLE IM SÄUGLINGS- UND KINDESALTER · - Erkennen und Management des Kritisch kranken Kindes -...

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1 NOTFÄLLE IM SÄUGLINGS- UND KINDESALTER Lernziele: - Vertraut werden mit den für die Pädiatrie wichtigen Algorithmen P-BLS. P-ALS, Fremdkörper, Neugeborenversorgung - Erkennen und Management des Kritisch kranken Kindes - Spezielle Notfälle (A+B pulmonale Notfälle und C der hämodynamische Notfall) - Algorithmus der Neugeborenenversorgung und spezielle Situation der prähospitalen Geburt C Der hämodynamische Notfall 1. Schock (Dehydratation, Septischer Schock, Verbrennung, Anaphylaxie) 2. Rhythmusstörung (VT, SVT, Brady, Sinustachykardie) 3. cong. Vitium Notfälle bei Kinder sind seltene Ereignisse. Selbst erfahrene Notärzte und Notfallsanitäter können ihre Kompetenz nicht aus der täglichen Routine gewinnen. Algorithmen, die aus dem weltweit gültigen Consensusbericht abgeleitet werden und in Europa vom „European Resuscitation Council aufgestellt wurden, geben hier die Sicherheit, ein das Outcome der Kinder verbesserndes Vorgehen zu gewährleisten “ (zuletzt 2010 erstellt, alle 5 Jahre wird der Consensus erneuert; Grundlage dazu wissenschaftliche Publikationen und die daraus gezogenen Erkenntnisse) Zu den wichtigsten Algorithmen zählen: PBLS : Pediatric Basic Life Support; dieser wird beim Erstkontakt zu einem offensichtlich reaktionslos – leblosem Kind begonnen, unabhängig ob prähospital - ohne oder mit Hilfsmittel - oder intrahospital. Die Struktur ABC und das strukturierte Vorgehen ist eines der wenigen „evidenced based“ Maßnahmen, die nachweislich das Outcome der Kinder verbessert. Dies wird unterstützt von qualitativ gut ausgeführter CPR Technik ohne langen „hands off“ Zeiten. Zur Erlangung einer effizienten CPR Technik ist ein regelmäßiges Training am Simulator unumgänglich. Die BLS Maßnahmen adaptiert den Bedürfnissen der Kinder hat im Säuglingsalter und Kindesalter Gültigkeit bis zum Auftreten der ersten Pubertätsmerkmale. Ein besonderes Augenmerk wird auf das Freimachen des Atemweges, Überprüfung der Atmung und der Gabe von initialen 5 Atemhüben gelegt, da die respiratorische Ursache zum Herzkreislaufstillstand im Vordergrund steht. Die Überprüfung des Kreislaufs erfolgt über die Beurteilung von Lebenszeichen (Fehlen von Husten, Schlucken, Bewegungen; Schnappatmung ist keine suffiziente Atmung). Beim Fehlen von Lebenszeichen wird mit einem Ventilations:Kompressionsverhältnis von 15:2 begonnen. Nach 1 Minute Reanimation erfolgt eine Reevaluation; dannach wird im Bedarfsfall ohne Unterbrechung weiterreanimiert bis Monitoring zur Verfügung steht bzw. Lebenszeichen nachweisbar sind. PALS: Pediatric Advanced Life Support: sind jene Maßnahmen die nach mindestens 1 Minute BLS erfolgen bzw. sobald Hilfsmittel wie Sauerstoff, Beutel-Masken-Beatmung und ein Monitoring zur Verfügung stehen. Folgende Rhythmen verursachen einen Kreislaufstillstand: 1. Nicht-Schockbare Rhythmen (Asystolie, Pulslose Elektrische Aktivität) machen in der Pädiatrie den überwiegenden Anteil aus. Nach der Beurteilung werden unmittelbar die CPR Maßnahmen (15:2) weitergeführt; sobald ein Zugang liegt wird Adrenalin verabreicht (10 mcg/kg KG; dies entspricht 0,1 ml/kg KG einer 1:10 000 Lösung und ist in Österreich als L-Adrenalin erhältlich; falls nur 1 mg/ml Suprarenin zur Verfügung steht , muss eine Verdünnung 1: 10 000 hergestellt werden. Dies erfolgt 1mg=1ml Suprarenin + 9 ml NaCl 0,9%). Die Reevalutation erfolgt alle 2 Minuten und die Adrenalingabe wird nach jeder 2. Reevaluation wiederholt. Seltener findet sich 2. ein Schockbarer Rhythmus (VF, VT); hier wird unmittelbar ein Schock durchgeführt mit 4 Joule/kg KG. gefolgt von 2 Minuten CPR und Reevaluation. Diese Abfolge wird bei persistierendem schockbaren Rhythmus wiederholt. Nach der 3. Und 5. Schockabgabe wird während der CPR-Phase Adrenalin (10 mcg/kg KG ) gefolgt von 2ml Nachspülung mit NaCl0,9%und Amioderon (5mg/kg KG) gefolgt von 2ml Nachspülung mit NaCl 0,9% verabreicht. Bleiben alle Maßnahmen erfolglos , kann die Behebung der „Reversibler Ursachen = 4Hs+HITS“ noch zum Erfolg führen.

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NOTFÄLLE IM SÄUGLINGS- UND KINDESALTER

Lernziele:

- Vertraut werden mit den für die Pädiatrie wichtigen Algorithmen P-BLS. P-ALS, Fremdkörper, Neugeborenversorgung

- Erkennen und Management des Kritisch kranken Kindes - Spezielle Notfälle (A+B pulmonale Notfälle und C der hämodynamische Notfall) - Algorithmus der Neugeborenenversorgung und spezielle Situation der prähospitalen Geburt

C Der hämodynamische Notfall 1. Schock (Dehydratation, Septischer Schock, Verbrennung, Anaphylaxie) 2. Rhythmusstörung (VT, SVT, Brady, Sinustachykardie) 3. cong. Vitium Notfälle bei Kinder sind seltene Ereignisse. Selbst erfahrene Notärzte und Notfallsanitäter können ihre Kompetenz nicht aus der täglichen Routine gewinnen. Algorithmen, die aus dem weltweit gültigen Consensusbericht abgeleitet werden und in Europa vom „European Resuscitation Council aufgestellt wurden, geben hier die Sicherheit, ein das Outcome der Kinder verbesserndes Vorgehen zu gewährleisten “ (zuletzt 2010 erstellt, alle 5 Jahre wird der Consensus erneuert; Grundlage dazu wissenschaftliche Publikationen und die daraus gezogenen Erkenntnisse) Zu den wichtigsten Algorithmen zählen: PBLS : Pediatric Basic Life Support; dieser wird beim Erstkontakt zu einem offensichtlich reaktionslos – leblosem Kind begonnen, unabhängig ob prähospital - ohne oder mit Hilfsmittel - oder intrahospital. Die Struktur ABC und das strukturierte Vorgehen ist eines der wenigen „evidenced based“ Maßnahmen, die nachweislich das Outcome der Kinder verbessert. Dies wird unterstützt von qualitativ gut ausgeführter CPR Technik ohne langen „hands off“ Zeiten. Zur Erlangung einer effizienten CPR Technik ist ein regelmäßiges Training am Simulator unumgänglich. Die BLS Maßnahmen adaptiert den Bedürfnissen der Kinder hat im Säuglingsalter und Kindesalter Gültigkeit bis zum Auftreten der ersten Pubertätsmerkmale. Ein besonderes Augenmerk wird auf das Freimachen des Atemweges, Überprüfung der Atmung und der Gabe von initialen 5 Atemhüben gelegt, da die respiratorische Ursache zum Herzkreislaufstillstand im Vordergrund steht. Die Überprüfung des Kreislaufs erfolgt über die Beurteilung von Lebenszeichen (Fehlen von Husten, Schlucken, Bewegungen; Schnappatmung ist keine suffiziente Atmung). Beim Fehlen von Lebenszeichen wird mit einem Ventilations:Kompressionsverhältnis von 15:2 begonnen. Nach 1 Minute Reanimation erfolgt eine Reevaluation; dannach wird im Bedarfsfall ohne Unterbrechung weiterreanimiert bis Monitoring zur Verfügung steht bzw. Lebenszeichen nachweisbar sind. PALS: Pediatric Advanced Life Support: sind jene Maßnahmen die nach mindestens 1 Minute BLS erfolgen bzw. sobald Hilfsmittel wie Sauerstoff, Beutel-Masken-Beatmung und ein Monitoring zur Verfügung stehen. Folgende Rhythmen verursachen einen Kreislaufstillstand: 1. Nicht-Schockbare Rhythmen (Asystolie, Pulslose Elektrische Aktivität) machen in der Pädiatrie den überwiegenden Anteil aus. Nach der Beurteilung werden unmittelbar die CPR Maßnahmen (15:2) weitergeführt; sobald ein Zugang liegt wird Adrenalin verabreicht (10 mcg/kg KG; dies entspricht 0,1 ml/kg KG einer 1:10 000 Lösung und ist in Österreich als L-Adrenalin erhältlich; falls nur 1 mg/ml Suprarenin zur Verfügung steht , muss eine Verdünnung 1: 10 000 hergestellt werden. Dies erfolgt 1mg=1ml Suprarenin + 9 ml NaCl 0,9%). Die Reevalutation erfolgt alle 2 Minuten und die Adrenalingabe wird nach jeder 2. Reevaluation wiederholt. Seltener findet sich 2. ein Schockbarer Rhythmus (VF, VT); hier wird unmittelbar ein Schock durchgeführt mit 4 Joule/kg KG. gefolgt von 2 Minuten CPR und Reevaluation. Diese Abfolge wird bei persistierendem schockbaren Rhythmus wiederholt. Nach der 3. Und 5. Schockabgabe wird während der CPR-Phase Adrenalin (10 mcg/kg KG ) gefolgt von 2ml Nachspülung mit NaCl0,9%und Amioderon (5mg/kg KG) gefolgt von 2ml Nachspülung mit NaCl 0,9% verabreicht. Bleiben alle Maßnahmen erfolglos , kann die Behebung der „Reversibler Ursachen = 4Hs+HITS“ noch zum Erfolg führen.

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Das Kritisch Kranke Kind: Die Einschätzung des Allgemeinzustandes von Kindern bedeutet für Ungeübte eine besondere Herausforderung. Der Algorithmus zur Beurteilung des „kritisch kranken Kindes“ ist die „Checkliste“ zur strukturierten Beurteilung des akut erkrankten Kindes. Basierend auf jeden einzelnen Parameter wird eine Diagnose unabhängige Einschätzung durchgeführt und dannach problemorientiert die Therapie durchgeführt. Nach der Bewusstseinsprüfung (AVPU A= alert, V= Reaktion auf Ansprache, P= Reaktion auf Schmerz, U= unresponsive) wird A = Atemweg (3 Fragen offen, obstruiert, gefährdet), B=Atmung (4 Fragen, Atemfrequenz, Atemzuvolumen, Atemarbeit, Sättigung), C= Kreislauf (5 Fragen, Herzfrequenz, Blutdruck, Puls,Rekapzeit, Vorlast) überprüft. Das Problem kann bei A, B oder C liegen oder in kombinierte Form. Die Einschätzung der vitalen Bedrohung wird in kompensiert bzw. dekompensiert angegeben. Die sich daraus ergebenden Einschätzungen sind: respiratorisch kompensiertes Versagen, respiratorisch dekompensiertes Versagen, hämodynamisch kompensiertes Versagen bzw. hämodynamisch dekompensiertes Versagen. A + B) Der pulmonale Notfall (Atemweg+Atmung) Die Beurteilung von A – Atemweg erfolgt über Beobachtung der Thorax-Exkursion, der Auskultation des Atemzugvolumens und der Wahrnehmung von Distanz-Atemgeräuschen und wird auf „Atemweg frei“, Atemweg obstruiert“ und „Atemweg gefährdet beurteilt“. Jede Form der Bewusstseinstrübung führt zu einem gefährdeten Atemweg auch wenn im Augenblick der Atemweg frei zu sein scheint, da vorhandene Schutzreflexe nicht angenommen werden können. Die allgemeinen Maßnahmen beim gefährdeten Atemweg sind Monitoring ohne Unterbrechung und die Vorbereitung bzw. das Vorbereitetsein im Bedarfsfall intervenieren zu können. Die Beurteilung von B - Atmung erfolgt über Atemfrequenz, Atemarbeit, Atemzugvolumen und Sättigung. Das kritische Zeichen für einen dekompensierten Zustand ist neben gesteigerter Atemfrequenz, Zyanose trotz Sauerstoff und erhöhter Atemarbeit, die Bewusstseinslage. Die Therapeutischen Maßnahmen sind neben Monitoring von ABC und Reevaluation, die Gabe von Sauerstoff und unterstützende Beatmung bis zur kontrollierten Beatmung nach Intubation. Während dem kompensierten Kind die Sauerstoffbrille ausreichen wird, sind Zeichen von Dekompensation (Bewusstseinslage!) eine dringliche Indikation zur unterstützenden Beatmung (z.B.Beutel-Masken-Beatmung) Spezielle Notfälle von Atemweg und Lunge 1. Krupp Syndrom – Epiglottitis - Kind Klinischer Kontext: Definition: „Krupp“ früher Begriff für Kehlkopfdiphtherie; jetzt Begriff für folgende Krankheitsbilder: Diphterie, stenosierende Laryngotracheitis viral, pseudomembranöse bakterielle Laryngotracheobronchitis „Epiglottitis“ Entzündung der supraglottischen Strukturen.

Stenosierende Laryngotracheitis

Pseudomembranöse Laryngotracheobronchitis

Epiglottitis

Häufigkeit häufig sehr selten sehr selten Erreger Viren Bakterien Bakterien AZ wenig stark stark beeinträchtigt Fieber gering >39° >39° Schluckstörung keine keine meist Speichelfluss selten nein ausgeprägt Heiserkeit ausgeprägt ja wenig Stridor ja, wechselnd ja ja Tageszeit abends, nachts keine keine Jahreszeit Herbst/Winter kalte Jahreszeit keine bevorzugt Rezidive häufig selten selten Prognose gut ernst ernst

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Management und Therapie: Laryngitis (Pseudokrupp): - historisch: feuchte, kalte Luft - Inhalation mit Suprarenin 1-5 ml 1:1000 - Corticosteroide (Dexamethason 0,1-0,6 mg/kg i. v. wenn möglich) - Sauerstoff Epiglottitis: - Ruhe bewahren und Kind beruhigen - Monitoring, Sauerstoff - Inhalation wenn von Kind toleriert - Intubationsbereitschaft/Maskenbeatmung im Notfall möglich - dünnen Tubus wählen - durch erfahrenen Intubateur und in Tracheotomiebereitschaft - seit Impfung selten 2. Bronchiolitis - Säugling Klinischer Kontext: Virusbedingte Zerstörung des Bronchialepithels insbesondere der kleinen Atemwege; segmentale Überblähung und Ausbildung von Dystelektasen führen zur Erhöhung der Atemarbeit. Klinisch: - kurzer Verlauf mit Infektion der oberen Atemwege, Rhinitis, Fieber - Dyspnoe, Lippenzyanose - Feuchte RG´s oder abgeschwächtes Atemgeräusch - Hustenreiz, gelegentlich Apnoen - Häufung <2 Lebensjahr mit Gipfel 3.-4. Lebensmonat Management und Therapie: - ABC - Monitoring, Sauerstoff, Zugang - abschwellende Nasentropfen - Einstellen der oralen Ernährung - Inhalation mit Adrenalin - Ev. Glucocorticoide - Intubation bei Zeichen respiratorischen Versagens 3. Status Asthmaticus Definition: Lebensbedrohlicher durch Asthma bronchiale hervorgerufener Zustand, der gekennzeichnet ist durch: - Fortschreitende Verschlechterung der pulmonalen Situation - Fehlendes Ansprechen auf eine angemessene Therapie - Ausbildung einer respiratorischen Globalinsuffizienz Die typischen klinischen Symptome Giemen und Brummen korrelieren nicht mit der Schwere des Asthmaanfalls, vielmehr weist ein Fehlen des Auskultationsbefundes auf eine kritische Situation hin. Management und Therapie: - Inhalation von ß-Mimetika 2-4 Hübe (200-400 µ) mit Dosieaerosol über Spacer - Alternativ Inhalation mit 2-5 ml Suprarenin 1:1000 - Systemische Glukokortiokoidgabe, Aprednislon 2 mg/kg KG i. v. - Angemessene Hydrierung (10-20 ml/kg über ½-1h) - Bei Nichtansprechen Gabe einer i. v. Therapie - Salbutamol 2-15 µ/kg KG über 15 min. als loading dose - 0,1-4 µ/kg/min als Dauerinfusion - Alternativ vorsichtig titrierte Infusion von Suprarenin

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- Gabe von Theophyllin 6 mg/kg KG loading dose gefolgt von Dauerinfusion mit 1 mg/kg/h ist kontrovers - Ausbildung einer respiratorischen Globalinsuffizienz-Intubation Beatmung: 8-12 Frequenz mit langer Exspirationszeit, niedriger PEEP, permissive Hyperkapnie mit pCO² bis 90 mmHg kann verfolgt werden, pH <7,2 Pufferung mit NaBic oder TRIS Sedierung Midazolam/Propofol und Ketamin, Relaxierung kann erforderlich sein

Normwerte für den Notfall

Der hämodynamische Notfall Prinzipiell erfolgt die Beurteilung über Herzfrequenz, Blutdruck, zentraler + peripherer Puls, Perfusion (Rekapillarisationszeit, Harnproduktion, Bewusstseinslage, Hautfarbe und Temperatur) und Vorlast (Lebergröße, Jugularvenen) Das kritische Zeichen für Dekompensation ist neben erhöhter Herzfrequenz, niedrigem Blutdruck und abgeschwächten/bzw. fehlendem peripherem Puls, die Bewusstseinsbeeinträchtigung. Die allgemeinen Maßnahmen sind Legen eines Zugangs, vorzugsweise Volumengabe (20 ml/kg KG), Reevaluation und Wiederholung der Maßnahmen und die Gabe von Katecholaminen bei Hinweis eines beginnenden Herz-Kreislaufversagens. Schock (Dehydratation, septischer Schock, Anaphylaktischer Schock) Klinischer Kontext: Der Schock ist definiert als Störung der Herzkreislauffunktion mit inadäquatem Sauerstoff- und Substratangebot an die Organe sowie deren eingeschränkte Verwertung durch die Organe. Schockursache: Hypovolämisch: Dehydration, Verbrennung, Blutung Cardiogen: Herzfehler, Rhythmusstörung, Myokarditis, Toxisch Septisch: generalisierte bakterielle Infektion, spez. Meningokokken, TSS Anaphylaktisch: St. p. Medikamenteneinnahme

Alter >30 Tage 5 Jahre 14 Jahre AF 30 20 14 X5 X5 HF 130 100 70

Alter Atemfrequenz <1 30-40 2-5 24-30

5-12 20-24 >12 12-20

Alter Systolischer BP (normal) mmHg

Systolischer BP (unteres Limit) mmHg

0-1 Monat 60 50-60

1-12 LM 80 70

1-10 Lj 90+2x Alter 70+2x Alter

>10 Lj 120 90

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Symptome: sind im Kindesalter unspezifisch und werden oft verkannt. Für die einzelnen Schockformen gibt es keine pathognomonische Symptomatik. - Tachypnoe - Kaltschweissigkeit - Blässe - Kalt-livide Extremitäten - Marmorierte Haut - Meist kaum tast- und zählbarer Puls Management und Therapie: - prinzipielles Ziel ist die Beseitigung der Ursache - ABC Neben Monitoring, Erkennen des C – Problems, wird primär auch Sauerstoff als Unterstützung gegeben.

Bei kompensiertem hämodynamischen Versagens per insufflationem,, bei dekompensiertem hämodynamischen Versagens via Beutel-Masken-Beatmung oder Intubation. Ein Zugang ist unumgänglich via peripherer Line oder bei schlechter Venensituation bzw. im schwer-schockiertem Zustand mittel intraossärer Applikation. Das Prähospitale Legen eines zentralen Zuganges ist bei Säuglingen und Kleinkindern nicht empfohlen.

Hypovolämie - Zugang (intravenös, intraossär) bis 20 ml/kg per Bolus NaCl 0,9% über 10 min, repetitive Gabe bis Blutdruck stabil und Puls tastbar Cardiogen -Adrenalin 0,05-1 mcg/kg/min - Noradrenalin 0,05-1 µg/kg/min - Dobutamin 1-10 µ/kg/min Die „klassische Regel“ ist für den Ungeübten die patientensichere Variante in der Zubereitung eines Katecholaminbypasses. Dabei wird 1 mg Adrenalin auf 50 ml NaCl 0,9% verdünnt. Wird das Körpergewicht des Patienten durch 3 dividiert, so entspricht die errechnete Zahl der Laufgeschwindigkeit die notwendig ist um 0,1 mcg/kg/min zu verabreichen. Anaphylaxie – anaphylaktischer Schock: folgende Symptome können isoliert oder in Kombination auftreten: Atemnot, Blutdruckabfall, Schwellung im Gesicht - Adrenalin i. m.

Dosierung: 150µg im. bei Kindern < 6 Jahren 300µg im. bei Kindern 6-12 Jahre 500µg im. bei Kindern > 12 Jahre

Literaturempfehlung:

1. Therapie in der Kinder- und Jugendzeit, Strategien für Klinik und Praxis, W. Kiess, A. Merkenschlager, R. Pfäffle, W. Siekmeyer Urban und Fischer.

2. Pädiatrische Notfall- und Intensivmedizin 5. Auflage (2014); Thomas Nicolai; Springer Verlag

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Geburt im Notarztwagen Besonderheiten der Präklinischen Geburt - Daran denken, dass eine präkl. Geburt rasch ablaufen kann! - Wenn sich die Geburt bereits in der Wohnung abzeichnet, bleibt man vorort! - Wenn es im Fahrzeug zur Geburt kommt, hält man an! - Der Platz im Auto ist begrenzt: es besteht die Option, den Aufsatz der Fahrtrage so einzuladen, dass die Mutter in Fahrtrichtung positioniert ist - Wo versorgt man Neugeborene? Zwischen den Beinen der Mutter? Auf einer Ablagefläche? Auf einem Sitz? - Rechtzeitige Nachforderung weiterer Rettungsmittel !!! Mutter und Kind ok- beide können in einem Fahrzeug transportiert werden Mutter oder Kind nicht ok- zweites Fahrzeug nötig?! Mutter und Kind nicht ok- zweiter Notarzt nötig?! - Vorbereitungen für die Geburt: im Fahrzeug einheizen venöser Zugang für die Mutter Saugfähige Unterlagen aufbreiten ev. Stoffwindeln wärmen (Wohnung-Mikrowelle, Fahrzeug-Körperwärme) Beatmungsbeutel + passende Maske, an 02 anschließen Material für Abnabelung vorbereit - Abnabeln:

Wann? Präklinisch prinzipiell rasch um durch die Trennung Mutter und Kind beide besser versorgen zu können. Wenn es dem Neugeborenen gut geht dann nach 1 Minute.

Wo? 1 Handbreite vom NG 1., weitere Handbreite 2. Klemme Wie? Nabelklemmen u. Skalpell/Schere - Absaugen: Wann? nur wenn unbedingt nötig Wo? Mund vor Nase Wie? Oro-Sauger vs. Maschinelle Absaugeinheit - Doku: Zeit und genauer Ort d. Geburt (ggf. Koordinaten), Weiters muss ein APGAR Score nach 1, 5 und 10 Minuten beurteilt und im MuKi-Pass vermerkt werden. Neugeborenenreanimation Prinzipiell benötigt jedes Neugeborene folgende Maßnahmen unmittelbar nach der Geburt: Wärmen, Trocknen, Stimulieren. Diese Maßnahmen reichen, dass das Kind durch lautes Schreien die einsetzende Spontanatmung kundtut. (Anpassung vom Leben im Wasser an das an der Luft, Atmung und Kreislauf passen sich an). Abgesaugt wird nur, wenn unbedingt nötig. Treten während des Geburtsvorganges Probleme auf oder bestehen mütterliche oder kindliche Probleme (Gestose, cong. Vitium, Infektion, vorzeitige Plazentalösung) so kann die das Einsetzen der Spontanatmung fehlen. In diesem Fall sind die eigentlichen Reanimationsmaßnahmen unabdingbar. Ist das Kind schlaff, zyanotisch oder Blass und schreit nicht bzw. zeigt keine Atemhübe, dann wird durch Abtrocken und Reiben über den Rücken und den Fußsohlen das Kind stimuliert; weiters wird oral abgesaugt und das Kind in Rückenlage mit Kopf zum Helfer positioniert. Der Kopf in eine Neutralposition gebracht und das Kinn angehoben um die Atemwege freizumachen. Setzt nicht innerhalb von 30 Sekunden eine Atmung/Schreien ein, müssen initiale Atemhübe verabreicht werden (3 Sekunden Plateaubeatmung insgesamt 5 x). Dannach wird Muskeltonus, Atmung und Herzfrquenz beurteilt und die Thoraxexkusion. Da nach den ersten 5 Atemhüben eine sichtbare Thoraxexkursion nicht zu erwarten ist, werden die 5 initialen Atemhübe wiederholt. Sollte erneut keine Thoraxexkursionen beobachtet worden sein, Freimachen der Atemwege mittels Güdel-Tubus, erneutes Absaugen, Anheben des Kinds mit 2 Händen ev. Intubation und erneutes Beatmen; dannach Beurteilung Atmung, Herzfrequenz und Muskeltonus. Ist die Herzfrequenz über 60/min dann Weiterbeatmung mit 30-60 Atemhüben/min Ist die Herzfrequenz unter 60/min wird mit CPR im einem Ventilations: Kompressionsverhältnis von 1:3 begonnen. Alle 30 Sekunden bzw. 15 Atemhüben wird erneut Atmung, Herzfrequenz, Muskeltonus evaluiert. Bleibt trotz suffizienter Beatmung und Kompressionen die Herzfrequenz unter 60/minute wird Adrenalin mit 10 mcg/kg i.V., i.o. verabreicht

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DAS KINDLICHE TRAUMA Der Unfall ist die häufigste Todesursache im Kindesalter jenseits des ersten Lebensjahres. Das Schädelhirntrauma stellt hier die Haupttodeursache dar. Sowohl beim isolierten Schädelhirntrauma als auch beim Polytrauma entscheidet die Dauer der unzureichenden zerebralen Perfusion über die neurologische Prognose des Patienten. In klinischen Untersuchungen zur Bedeutung von Hypoxie und Schock für die Pognoe konnte gezeigt werden, dass die Hypotonie die Bedeutung der Hypoxie für das neurologiche outcome übersteigt. Rasche und effektive Anhebung des Blutdruckes ist daher das vorrangige Ziel. Die Dringlichkeit wird klar, bedenkt man, dass 40% der Todesfäll beim kindlihen SHT durch Schock und Hypoxie innerhalb von 30 Minuten vor Ort eintreten. Ein weiterer entscheidender Prognosefaktor ist die rasche Einbindung einer neurochirurgischen Versorgung beim schweren SHT.. Eine adäquate Diagnostik mittels CT (beim Poytrauma als GanzkörperCT) it dafür die Voraussetzung. Beim Polytrauma beinträchtigt der eventuell protrahierte Schock durch (unerkannte) Begleitverletzungn (Frakturen, Milzruptur) die zerebrale Hypoxie wesentlich. In der Primärversorgung sind Kreislaufkontrolle, Sauerstoffsättigungsmessung sowie – wenn notwendig – Beatmung -, Infusion, auch mittels intraossäre Infusion und auch –wenn notwenig – Katecholamineinsatz wesentlich, um das Kind zur stationären Versorgung bringen zu können. Während schwere SHT im Notarztdienst seltene Ereignisse darstellen, sind „leichte SHT“ ein häufiges Problem. Hier ist der neurologische Zustand bei Erstuntersuchung und – besonder wichtig – dessen Entwicklung, entscheidend. Goldstandard in jedem Fall das CT: Die Verbrühung/ Verbrennung ist im Kindesalter ein häufiger Unfallsmodus. Da die häufigsten .Fälle Verbrühungen unter 30% sind, ist bei kurzen Anfahrtswegen zu stationären Behandlung die Analgesie und die sterile Abdeckung das zentrale therapeutische Problem (Ketanest S) Besonders bei kleinflächigen Verbrennung muss vor der Überinfusion vor Ort gewarnt werden. Der Ertrinkungsunfall erfordert konsequente Reanimation bei leblos geborgenen Kindern bis zur stationären Intensivbehandlung. Fehlende Vitalzeichen (Atmung, Puls, Pupillen) sind keinesfalls als Grundlage für einen Behandlungsabbruch zu sehen. Diese Entscheidung kann nur bei Normothermie an der Intensivstation getroffen werden. Die Effektivität konservativer Reanimationsmassnahmen sind beim Ertrinkungsunfall hinlänglich dokumentiert

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KINDESMISSHANDLUNG Die Kindesmisshandlung kann für den Notfallmediziner ein beträchtliches diagnostisches, therapeutisches und psychologisches Problem darstellen. Zusätzlich kann in zunehmendem Mass für den behandelnden Arzt ein medikolegales Problem besonders bei Nichterkennen entstehen. Häufige Hinweise für Kindesmisshandlung sind gleichzeitges Vorliegen verschieden alter Frakturen, unplausibler Unfallhergang, verzögerte Vostellung nach Knochenfrakturen, Schädelkalottenfrakturen und Subduralhämatome im ersten Lebensjahr. Beweisend sind in der Regel Retina- und Trommenfellblutungen sowie typische Hämatome, Biss- und Zigarettenbrandveretzungen. Das Management erfodert professionelles Vorgehen durch eine Gruppe (Kinderschutz).mit dn Schwerpunkten Dokumentation, medizinische und psychologische Behandlung, Aufklärung und Kontrolle bzw Prophylaxe. Kindesmisshandlung ist kein Betätigungsfeld für Einzelakteure ! Das Schütteltrauma hat in voller Ausprägung (Subduralhämatom, Fundusblutungen, sekundäre Epilepsie) eine schlechte neurologische Prognose.

DER NEUROLOGISCHE NOTFALL BEI KINDERN Störung des Bewusstseins ist das Kardinalsysmptom der Kindernotfallmedizin. Die Hauptursache ist zerebraler Sauerstoffmangel im Rahmen von Schock bei Unfällen, zerebralen Infektionen und zerebraler Druckerhöhung (Tumor, Blutung). Zweithäufigste Ursache ist der Krampfanfall, gefolgt von Vergiftungen auch durch Drogen. Therapeutisch stellt sich für den Notarzt die entscheidende Frage: Sind die Vitalfunktionen gestört ? Der Ersatz der Vitalfunktionen bis zur stationären Behandlung durch Beatmung und Kreislaufunterstützung ist die wesentliche Aufgabe bei der Behandlung des bewustseinsgestörten Kindes. So die Vitalfunktionen stabil sind, sind es die anamnestischen Umstände, die zur Diagnose führen: Anfallsanamnese, Infektionszeichen, Hirndruckzeichen (Kopfschmerz, Erbrechen, Bewusstseinstrübung), medikamentöse Ananmnese, Traumaanamnese In diesem Fall beschränkt sich die Tätigkeit des Notarztes auf Begleitung, Überwachung und Sammlung anamnestischer Fakten. Die Indikation präklinischer Therapie (Antidota, Antikonvulsiva, Antibiotika) setzt eine valide Diagnose voraus. Stationär sind Bildgebung (CT, MR), Labor und EEG entscheidend.