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Wissenschaft und Fortbildung BZB Juli/August 16 61 Wissenschaftliche und klinische Beobachtungen deuten stark darauf hin, dass eine adäquate Breite an keratinisierter Mukosa die Putzbarkeit erleich- tert und entsprechend das Risiko für periimplan- täre Entzündungen und damit verbundenen Kno- chenverlust beziehungsweise biologische Kompli- kationen verringert. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnis ist es wichtig, bereits bei der Implantat- planung neben den vorhandenen knöchernen und prothetischen Voraussetzungen auch die Weich- gewebsverhältnisse zu berücksichtigen und in die Planung einzubeziehen. Je nach Lokalisation im Kiefer und Menge an keratinisierter Mukosa kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten mithilfe diverser chirurgischer Techniken eine möglichst optimale und langzeitstabile periimplantäre Weichgewebs- situation erzielt werden. Es scheint, dass das Vorhandensein nicht-elasti- scher Kollagenfasern im darunterliegenden Binde- gewebe für die Existenz keratinisierter Gewebe ver- antwortlich ist. Im Parodontalspalt ist der Haupt- anteil der Kollagenfasern unelastisch. Aus diesem Grund bildet sich in der Regel – auch bei vollstän- diger chirurgischer Entfernung – immer ein mini- mal schmales Band an Gingiva um die natürlichen Zähne herum [22]. Im Gegensatz dazu können Im- plantate sowohl von keratinisierter Mukosa (KM) als auch von beweglicher Alveolarmukosa umge- ben sein [48]. Seit Längerem ist bekannt, dass die Spezifität des Epithels, das heißt keratinisiertes oder nicht-keratinisiertes Epithel, von der Art des darunterliegenden Bindegewebes abhängig ist [21]: Gingivales Bindegewebe hat das Potenzial, im da- rüberliegenden Epithel eine Keratinisierung zu in- duzieren [21,35]. Es gibt jedoch Fälle, bei denen trotz Keratinisierung der periimplantären Mukosa eine Befestigung am darunterliegenden Alveolar- knochen fehlt. Diese Situation tritt auf, wenn der Übergang zwischen keratinisierter und auskleiden- der Mukosa koronal des darunterliegenden Alveo- larknochenkamms liegt [48]. Das Ziel dieses Artikels ist es, eine kurze Literatur- übersicht über die Bedeutung der keratinisierten, angewachsenen Mukosa zur Erhaltung periimplan- tärer Gesundheit zu geben und anhand von Fall- beispielen Konzepte für mögliche Interventionen zu präsentieren. Was sagt die Literatur? Zurzeit ist man sich einig, dass für den Erhalt paro- dontaler Gesundheit um natürliche Zähne ohne prothetische Rekonstruktionen keine Mindestbreite an angewachsener Gingiva notwendig ist [24,42, 43]. Die mögliche Rolle einer gewissen Breite an keratinisierter, angewachsener Mukosa (KAM) für die Langzeitstabilität der periimplantären Gewebe wird in der Literatur nach wie vor kontrovers dis- kutiert [1,8,9,17,20,27,32,33,38,41,44–46]. Vor allem in älteren Untersuchungen und Übersichts- arbeiten konnte kein Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer adäquaten Manschette an keratinisierter Mukosa und dem Erfolg einer Implantatversorgung (Entzündungsfreiheit, Stabi- lität der periimplantären Gewebe) eruiert werden [1,8,17,20,27,33,38,44]. Einzelne ältere Untersu- chungen deuteten jedoch an, dass die Abwesenheit periimplantärer KM die Empfänglichkeit für Ent- zündungen erhöhen könnte [9,41,46]. Jüngere Untersuchungen zeigen nun: Fehlt eine adäquate periimplantäre KM-Manschette, führt dies zu mehr Plaqueakkumulation [2,6,14,15,34], höheren Mukositisraten [2,10,11,14,15], einem hö- heren Risiko für periimplantären Knochenverlust [10,25] und eher zu Weichgewebsrezession [2,15, 25,29,34]. Zusätzlich scheint die Breite an KAM ei- nen Einfluss auf die immunologischen Parameter zu haben [11,47]. Entsprechend sind sich die Au- toren aktueller Übersichtsarbeiten einig, dass das Fehlen einer adäquaten KAM um Zahnimplantate eher zu Problemen führt [12,18,19,28]. Nach der Zahnextraktion findet immer eine mehr oder weniger ausgeprägte horizontale und verti- kale Alveolarknochenresorption statt [4,5,13]. Die- Periimplantäres Weichgewebsmanagement Verbreiterung der keratinisierten Mukosa um Implantate Ein Beitrag von Dr. Mario Bassetti, DMD, MAS, Scuol/Schweiz, und Dr. Renzo Bassetti, DMD, MAS, Luzern/Schweiz

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Wissenschaft und Fortbildung BZB Juli/August 16 61

Wissenschaftliche und klinische Beobachtungendeuten stark darauf hin, dass eine adäquate Breitean keratinisierter Mukosa die Putzbarkeit erleich-tert und entsprechend das Risiko für periimplan-täre Entzündungen und damit verbundenen Kno-chenverlust beziehungsweise biologische Kompli-kationen verringert. Unter Berücksichtigung dieserErkenntnis ist es wichtig, bereits bei der Implantat-planung neben den vorhandenen knöchernen undprothetischen Voraussetzungen auch die Weich-gewebsverhältnisse zu berück sichtigen und in diePlanung einzubeziehen. Je nach Loka lisation imKiefer und Menge an keratinisierter Mukosa kannzu unterschiedlichen Zeitpunkten mithilfe diverserchirurgischer Tech niken eine möglichst optimaleund langzeitstabile periimplantäre Weichgewebs-situation erzielt werden.

Es scheint, dass das Vorhandensein nicht-elasti-scher Kollagenfasern im darunterliegenden Binde-gewebe für die Existenz keratinisierter Ge webe ver-antwortlich ist. Im Parodontalspalt ist der Haupt-anteil der Kollagenfasern unelastisch. Aus diesemGrund bildet sich in der Regel – auch bei vollstän-diger chirurgischer Entfernung – immer ein mini-mal schmales Band an Gingiva um die natürlichenZähne herum [22]. Im Gegensatz dazu können Im-plantate sowohl von keratinisierter Mukosa (KM)als auch von beweglicher Alveolarmukosa umge-ben sein [48]. Seit Längerem ist bekannt, dass dieSpezifität des Epithels, das heißt keratinisiertesoder nicht-keratinisiertes Epithel, von der Art desdarunterliegenden Bindegewebes abhängig ist [21]:Gingivales Bindegewebe hat das Potenzial, im da-rüberliegenden Epithel eine Kera tinisierung zu in-duzieren [21,35]. Es gibt jedoch Fälle, bei denentrotz Keratinisierung der peri implantären Mukosaeine Befestigung am da runterliegenden Alveolar-knochen fehlt. Diese Situation tritt auf, wenn derÜbergang zwischen keratinisierter und auskleiden-der Mukosa koronal des darunterliegenden Alveo-larknochenkamms liegt [48].

Das Ziel dieses Artikels ist es, eine kurze Literatur -übersicht über die Bedeutung der keratinisierten,angewachsenen Mukosa zur Erhaltung periimplan-tärer Gesundheit zu geben und anhand von Fall-beispielen Konzepte für mögliche Interventionenzu präsentieren.

Was sagt die Literatur?Zurzeit ist man sich einig, dass für den Erhalt paro-dontaler Gesundheit um natürliche Zähne ohneprothetische Rekonstruktionen keine Mindestbreitean angewachsener Gingiva notwendig ist [24,42,43]. Die mögliche Rolle einer gewissen Breite ankeratinisierter, angewachsener Mukosa (KAM) fürdie Langzeitstabilität der periimplantären Gewebewird in der Literatur nach wie vor kontrovers dis-kutiert [1,8,9,17,20,27,32,33,38,41,44–46]. Vorallem in älteren Unter suchungen und Übersichts-arbeiten konnte kein Zusammenhang zwischendem Vorhandensein einer adäquaten Manschettean keratinisierter Mukosa und dem Erfolg einerImplantatversorgung (Entzündungsfreiheit, Stabi-lität der periimplantären Gewebe) eruiert werden[1,8,17,20,27,33,38,44]. Einzelne ältere Untersu-chungen deuteten jedoch an, dass die Abwesenheitperiimplantärer KM die Empfänglichkeit für Ent-zündungen erhöhen könnte [9,41,46]. Jüngere Untersuchungen zeigen nun: Fehlt eineadäquate periimplantäre KM-Manschette, führtdies zu mehr Plaqueakkumulation [2,6,14,15,34],höheren Mukositisraten [2,10,11,14,15], einem hö-heren Risiko für periimplan tären Knochenverlust[10,25] und eher zu Weichgewebsrezession [2,15,25,29,34]. Zusätzlich scheint die Breite an KAM ei-nen Einfluss auf die immunologischen Parameterzu haben [11,47]. Entsprechend sind sich die Au-toren aktueller Übersichtsarbeiten einig, dass dasFehlen einer adäquaten KAM um Zahnimplantateeher zu Problemen führt [12,18,19,28].Nach der Zahnextraktion findet immer eine mehroder weniger ausgeprägte horizontale und verti-kale Alveolarknochenresorption statt [4,5,13]. Die-

Periimplantäres Weichgewebs management Verbreiterung der keratinisierten Mukosa um Implantate

Ein Beitrag von Dr. Mario Bassett i , DMD, MAS, Scuol/Schweiz, und Dr. Renzo Bassett i , DMD, MAS, Luzern/Schweiz

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ser Prozess wird oftmals von einer Koronalver-schiebung der mukogingivalen Grenze begleitet[16,26]. Bei der Insertion eines Zahnimplantatsist es nicht selten der Fall, dass ein- oder zweizei-tige Knochenaugmentationsverfahren notwendigwerden. Dies kann zu einer zusätzlichen Koronal-verschiebung der mukogingivalen Grenze führen[7,36]. Zur Optimierung der periimplantären KAMwerden je nach klinischer Situation unterschied-liche Weichgewebsaugmentationsprotokolle vor-geschlagen:1. als vorbereitende Maßnahme vor einer Implan -

tat insertion,

2. als Teil der chirurgischen Intervention der Implan-tatinsertion,

3. während der Wiedereröffnung (Reentry) sowie4. bei bereits vorhandenem Implantatdurchtritt

durch die Schleimhaut und eventuell bereits ein-gegliederter prothetischer Versorgung.

Die Protokolle 1, 2 und 3 scheinen vorhersagba-rere Resultate zu liefern als Interventionen nacheiner Belastung, da in derartigen Fällen meist be-reits ästhetische Probleme oder biologische Kom-plikationen (Mukositis, Periimplantitis) vorhan-den sind.

Abb. 1c: Entsprechend der freipräparierten Fläche im Unterkiefer wurde aus Alufolieeine Schablone gleicher Größe angefertigt, um im Gaumen ein freies Schleimhaut-transplantat von optimaler Passgenauigkeit entnehmen zu können.

Abb. 1a: Die Ausgangssituation im Unterkiefer, lediglich mit einem schmalen Bandan KM (max. 1 mm). Vor der Insertion zweier interforaminaler Implantate wurde dieVerbreiterung der KM im Unterkiefer-Frontzahnbereich geplant.

Abb. 1d: Das freie Schleimhauttransplantat wurde mittels Einzelknopfnähten undKreuz nähten (Ethilon 5-0 und 4-0) am Empfängerbett befestigt.

Abb. 1e: Die Situation zwei Monate nach der Augmentation von keratinisierterMukosa: Es zeigt sich ein deutlich breiteres Band an KM im Bereich der geplantenImplantatinsertionsstellen regio 32 und 42.

Abb. 1b: Die erste Inzision wurde genau am bukkalen Übergang zwischen keratini-sierter und auskleidender Mukosa zwischen regio 33 und 43 angelegt. Im Anschlusserfolgte eine Vestibulumplastik im Spaltlappendesign.

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Techniken und Fallbeispiele periimplantärerWeichgewebsaugmentationenGrundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Metho-den zur Weichgewebsaugmentation:1. Verbreiterung der KAM durch einen apikalen Ver-

schiebelappen/Vestibulumplastik (in Kombina-tion mit einem freien Schleimhauttransplantat)

2. Weichgewebsvolumenzuwachs unter Anwen-dung eines subepithelialen Bindegewebes (SBG)oder eines Weichgewebsersatzmaterials

In Abhängigkeit der Lokalisation im Kiefer (Ober-/Unterkiefer oder Frontzahn-/Seitenzahnbereich)und der vorhandenen Weichgewebssituation sindgewisse Augmentationsverfahren beziehungsweise-zeitpunkte bezüglich der Implantatinsertion mehroder weniger vorteilhaft [23]:

1. Aufbau von KM vor ImplantatinsertionIm Unterkieferfront- beziehungsweise -seitenzahn-bereich ist im Gegensatz zum Oberkiefer kein Re-servoir an Bindegewebe oder KM vorhanden. Des-halb kann es hier bei der Planung einer Implantat-

versorgung bei massivem Mangel an KM sinnvollsein, vor der Implantatinsertion KM aufzubauen,um nach der Abheilung über optimale Schleim-hautverhältnisse für die Implan tatinser tion zuverfügen. Das zeigt der Fall einer 76-jährigen Pa-tientin mit einem zahnlosen Unterkiefer und demWunsch nach einer abnehmbaren Implantatver-sorgung im Unterkiefer (Abb. 1a bis e).

2. Aufbau von KM bei Reentry nach Implantat insertionmit einem freien Schleimhauttransplantat (FST)Speziell im Unterkiefer besteht auch die Möglich-keit, bei der Wiedereröffnung (Reentry) nach einerImplantat insertion KM mittels eines FST aufzu-bauen. Dies scheint bei einer vorhandenen Breitean KM von 2 bis 3 mm sinnvoll zu sein. Es ermög-licht beim Reentry einen KM-Anteil von mindes-tens 2 mm nach lingual zu verschieben und dasbukkal fehlende keratinisierte Weichgewebe auf-zubauen. Dies veranschaulicht das Beispiel eines63-jährigen zahnlosen Patienten nach interfora-minaler Implantatinsertion und submukosaler Ein-heilung (Abb. 2a bis f).

Abb. 2a: Orthopantomogramm unmittelbar nach Implantatinsertion in regio 33und 43 (SPI Element Implantate 4,0 x 11 mm, Thommen Medical) und primäremWundverschluss

Abb. 2b: Die intraorale Situation im Unterkiefer drei Monate nach Implantatinser-tion zeigt eine circa 2 bis 3 mm breite keratinisierte Mukosa – nicht ausreichend füreine Mindestbreite an KM bukkal und lingual.

Abb. 2c: Über den Implantaten in regio 33 und 43 wurde je eine Inzision so angelegt, dass im lingualen Bereich jeweils eine Mindestbreite von 2 mm an KM verblieb. Nach dem Einbringen der Gingivaformer erfolgte bukkal der Implantate 33 und 43 eine kleine Vestibulumplastik im Spaltlappendesign.

Abb. 2d: Entsprechend der freipräparierten Flächen wurden zweiSchablonen aus Alufolie angefertigt, um im Gaumen zwei pass-genaue freie Schleimhauttransplantate zu entnehmen.

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3. Gewebeaufbau mit Anwendung des RolllappendesignsIm Gegensatz zum Unterkiefer besteht im Oberkie-fer im Bereich des Gaumens ein großes Reservoiran kera tinisierter Schleimhaut und Bindegewebe.Dies hat den Vorteil, dass bei submukosaler Lagedes Implantats palatinal gelegenes Gewebe ein-fach und in gestielter Form nach vestibulär ver-schoben werden kann. Das verdeutlicht der Fall

eines 48-jährigen Patienten mit Oberkiefer-Front-zahnverlust (Zahn 21) nach Unfall mit einem Mo-torradroller (Abb. 3a bis g).

4. Weichgewebstransplantat bei transmukosalemWeichgewebsdurchtrittBesteht bei einem Implantat bereits der transmuko-sale Weichgewebsdurchtritt, so muss im Oberkie-

Abb. 2e: Die beiden freien Schleimhauttransplantate wurden mittels Einzelknopf-und Kreuznähten (Ethilon 5-0 und 4-0) am jeweiligen Empfängerbett befestigt.

Abb. 2f: Die Situation drei Monate nach Durchführung der Weich -gewebsaugmentation mit dem inserierten gefrästen parallelwandigenTitansteg: Es zeigt sich eine deutliche Verbreiterung der bukkalenKM im Bereich der Implantate mit einem leichten Farbunterschiedverglichen mit der umgebenden Schleimhaut.

Abb. 3c: Die Situation drei Monate nach der Implantatinsertion: Es zeigt sich eine adäquate Dimen-sion an KM bukkal des Implantats, doch besteht – trotz bukkaler Knochenaugmentation im Vergleichzum korrespondierenden Zahn 11 – vestibulär ein Volumendefizit. Zur Volumengewinnung bukkaldes Implantats 21 wurde ein Reentry mittels Rolllappen geplant.

Abb. 3d: Inzision von Zahn 11 bis Zahn 22 auf dem Alveolarkammsowie sulkuläre Inzision mesial der Zähne 11 und 22

Abb. 3a: Die Ausgangssituation im Oberkiefer acht Wochen nach dem Verlust des Frontzahns 21(deutliche Knochenresorption in bukko-oraler Dimension)

Abb. 3b: Einzelzahnröntgenbild nach Implantat-insertion regio 21 (Bone Level Implan-tat 4,1 x 12 mm, Straumann) kombiniertmit bukkaler Knochenaugmentation(BioOss plus BioGide, Geistlich) und pri-märem Wundverschluss

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fer analog zum Unterkiefer mittels Weichgewebs-transplantat aufgebaut werden. Der bestehendetransmukosale Durchtritt spricht gegen eine Vor-gehensweise mittels Roll- oder Verschiebelappenzur Generierung von KM. Dies zeigt das Beispiel

einer 58- jährigen Patientin mit bestehender im-plantatgetragener Oberkieferhybridprothese. DasImplantat regio 15 weist bukkal keine keratini-sierte Schleimhaut und ein tief inserierendes Wan-genband auf (Abb. 4a bis e).

Abb. 3e: Anschließend erfolgte die Präparation eines ge-stielten subepithelialen Bindegewebslappens nach pala-tinal im Spalt lappendesign. Dieser wurde in gestieltemZustand nach bukkal vor das Implantat 21 positioniert.

Abb. 3f: Die Situation unmittelbar nach der Wiedereröff-nung am Implantat 21 mittels Rolllappen: Nach der In-sertion eines entsprechenden Gingivaformers wurdendie Wundränder mittels Einzel knopfnähten adaptiert.

Abb. 3g: Die Situation sechs Monate nach Insertionder defini tiven Implantatkrone: Es zeigen sich stabileperiimplantäre Weichgewebsverhältnisse mit genü-gend bukkalem Volumen.

Abb. 4c: Entsprechend des präparierten Empfängerbetts wurde am Gaumen einfreies Schleimhauttransplantat entnommen.

Abb. 4d: Das freie Schleimhauttransplantat wurde mittels Einzelknopfnähten (Ethi-lon 5-0) im Empfänger bett fixiert.

Abb. 4a: Ausgangssituation im ersten Quadranten des Oberkiefers: Das Implantatin regio 15 zeigt bereits eine Periimplantitis. Vestibulär des Implantats 15 zeigt sichkeine KM und ein tief inserierendes Wangenband.

Abb. 4b: Nach vorgängiger Reinigung des Implantats und dem Erreichen einer mög-lichst entzündungsarmen periimplantären Situation wurde bukkal des Implantats 15im Spaltlappendesign eine Vestibulumplastik durchgeführt.

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DiskussionDas Konzept, Schleimhauttransplantate zur Ver-breiterung der keratinisierten Schleimhaut zu ver-wenden, stammt ursprünglich aus der Parodon-tologie [16,31,35,39]. Eine retrospektive Untersu-chung konnte zeigen, dass an Zähnen mithilfe die-ses Verfahrens ein Jahr nach dem Eingriff ein Zu-wachs an Gingiva von durchschnittlich 4,2 mmzu erreichen ist. Die Dimen sion verringerte sich inden folgenden 10 bis 25 Jahren um durchschnitt-lich nur 0,7 bis 0,8 mm [3]. In einer Studie mit Im-plantaten, in der die Verbreiterung der KM unterAnwendung einer Vestibulumplastik und FST beimReentry untersucht wurde, konnte nach einem Jahrein Zuwachs von durchschnittlich 3,7 mm erreichtwerden. Innerhalb des ersten Jahres war eine mitt-lere Schrumpfung von 0,9 mm festzustellen [37].Basierend auf den Resultaten von Agudio et al.aus dem Jahr 2008 ist nach dem ersten Jahr nacheiner Weichgewebsaugmentation keine nennens-werte Schrumpfung der keratinisierten Mukosa zuerwarten [3].Im dritten Fallbeispiel wurde in erster Linie dasbukkale Weichgewebsvolumen augmentiert undnicht keratinisierte Schleimhaut. Dies wurde mit-hilfe eines subepi thelialen Bindegewebsaugmen-tats unter Anwendung eines Roll lappens durchge-führt. Die Rolllappentechnik zum Volumengewinnkann nur im Oberkiefer durchgeführt werden. Stu-

dien haben gezeigt, dass durch die Anwendung ei-nes Rolllappens beim Reentry ein statistisch signi-fikanter Volumengewinn bukkal eines Implantatserwartet werden kann [30, 40]. Mittels Rolllappenwird zwar etwas keratinisierte Mukosa generiert,jedoch in statistisch signifikant geringerem Aus-maß als unter Anwendung eines Verschiebelappensoder einer Vestibulumplastik in Kombination miteinem freien Schleimhauttransplantat [40].Diese kurze Übersichtsarbeit zeigt, dass das peri-implantäre Weichgewebe zu unterschiedlichstenZeitpunkten bezüglich der Implantatinsertion op-timiert werden kann. Je nach Lokalisation im Kie-fer, Zeitpunkt – das heißt, vor der Implantationoder bei der Distanzoperation – und vorhandenerWeichgewebssituation gilt es, die passende Aug-mentationstechnik anzuwenden. Neben dem vor-handenen Knochenangebot sollte immer auch dievorliegende Weichgewebssituation in die Planungmiteinbezogen werden, um bei Bedarf zum güns-tigsten Zeitpunkt mit der geeigneten Operations-technik korrigierend intervenieren zu können.

Korrespondenzadresse:Dr. Mario Bassetti, DMD, MAS

Stradun 403A 7550 Scuol/Schweiz

[email protected]

Literatur bei den Verfassern

Abb. 4e: Klinische Situation sechs Monatenach Verbreiterung der keratini-sierten Schleimhaut bukkal desImplantats 15: Es bestehen nunstraffe periimplantäre Weichge-websverhältnisse, die eine Voraus-setzung für eine optimale Hygiene-fähigkeit darstellen.