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Ausgabe Mai 2010 des PM Magazins

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  • Der Golfstrom-Code

  • Tomaten aus dem 132. Stock Liebe Leserin, lieber Leser,

    bald werden sieben Milliarden Menschen auf der Erde leben, die Ballungszentren ver-dichten sich mehr und mehr, whrend die Flchen fr Weiden und Felder gleich-zeitig immer knapper werden.

    Was tun? Seit Jahren beschftigt diese Frage Agronomen und Architekten. Inzwi-schen arbeiten sie fast alle auf die gleiche Lsung hin: Die Landwirtschaft muss in die Luft gehen, damit die Menschen in den Megastdten auch in Zukunft mit Nah-rungsmitteln ausreichend und preiswert ver-sorgt werden knnen.

    Vertical Farming heit das Zauberwort, hinter dem sich khne Visionen verbergen, die bereits erfolgreich getestet wurden. Die Pioniere der Etagenlandwirt-schaft wollen nicht nur Parkhuser und Lagerhallen in den Innenstdten zu lokalen Agrarfabriken auf-rsten, sondern bis zu 600 Meter in den Himmel ragende Silos bauen, in denen auf Dutzenden Etagen Khe weiden, Tomaten wachsen und Orangen gedeihen.

    Konkrete Bauplne gibt es bereits. Das spektakulrste Projekt nennt sich Dragon-fly und soll, ginge es nach den Planern, auf einer Insel vor Manhattan errichtet werden.

    Die grne Arche Noah (s. Seite 38) in umittelbare Nhe der dicht besiedelten Me-tropole bte den Einwohnern zahlreiche Vor-teile: Statt Fast Food und Tiefkhlkost knnten die New Yorker frische Waren von nebenan essen, die mehr Vitamine und Nhrstoffe ent-halten als herkmmlich angebaute Lebensmit-tel und berdies nicht von weither herange-karrt werden mssten, um zum Endverbraucher zu gelangen. Das spart Energie und hlt die Luft von den Abgasen der Lieferwagen sauber.

    Zugegeben, bevor es so weit ist, werden kleine Schritte erforderlich sein, um dieses hochgesteckte Ziel irgendwann zu erreichen. Aber die Forschung hat sich in mehreren Ln-dern bereits auf den Weg gemacht. Denn die Vorteile der in die Hhe strebenden landwirt-schaft sind beachtlich. Und wahrscheinlich alternativlos.

    Hans-Hermann Sprado Chefredakteur

    Jetzt neu im Handel: P.M. Fragen & Antworten WIE VIEL WAHRHEIT STECKT IM ABERGLAUBEN? Magie und Zauberei sind bis heute Tell unserer Alltagskultur. Hinter der Sehnsucht nach Horoskopen, Engeln und Dmonen steckt eine tiefe Sehnsucht, die so alt ist wie wir. Denn vieles an unserer Existenz bleibt rtselhaft und offen fr Irrationales.

    Editorial

    05/ 2010 PM. 3

  • 84 Sind Sie der neue Einstein? Die NASA hat Wettbewerbe ausgelobt, in denen es um die Lsung wissen-schaftlicher Probleme der Zukunft geht. Teilnehmen kann jeder - und die Preisgelder sind nicht zu verachten!

    8 PM. 05 1 2010

    3 OWohnt Gott in unserem Gehirn? Die Neurotheologie entwirft ein vllig neues Verstndnis von Religion: Mystische Erfahrungen erreichen uns nicht von auen, sondern entstehen in einem handtellergroen Hirnareal

  • 7 6 Endlich wieder Affe sein! Nach Jahren in den Labors der Medizin haben die Versuchstiere einen respektvollen Ruhestand verdient - in Chimp Haven, dem ersten Altersheim fr Affen

    6 4 Hilfe fr den Golfstrom Kommt der Golfstrom zum Erliegen? Forscher haben jetzt entdeckt, dass ihm eine andere Meeresstrmung offenbar beim berleben hilft. Messsonden sollen Klarheit schaffen

    TITEL-THEMA

    38 LANDWIRTSCHAFT Die grne Arche Noah

    12 RADAR Wissen zum Mitreden

    22 NATURKATASTROPHEN Hypercanes: Gigantische Wirbelstrme verndern das Antlitz der Erde

    30 NEUROTHEOLOGIE Wohnt Gott in unserem Gehirn?

    SO AUGENHEILKUNDE Sehen wie ein Terminator

    58 GELD & WIRTSCHAFT Wem gehrt der Mond?

    64 MEERESSTRMUNGEN Kann ein Killerstrom Europa retten?

    70 AUTOTECHNIK Elektroflitzer im Praxistest

    76 ALTERSHEIM FR TIERE Endlich wieder Affe sein!

    82 BCHER, DIE DIE WELT VERNDERTEN Versuch ber die Ungleichheit der Menschen-rassen von Joseph Arthur de Gobineau

    84 WISSENSCHAFTSWETTBEWERBE Sind Sie der neue Einstein ?

    94 RECHENMEISTER Die Philosophen der Zahlen

    STANDARDS

    46 FRAGEN & ANTWORTEN

    56 LOGIK-TRAINER

    57 KREUZWORTRTSEL & LSUNGEN 92 LESERBRIEFE

    93 IMPRESSUM & SERVICE

    100 ZITATE

    106 VORSCHAU

    OS / 2010 PM. 9

  • Wissen zum Mitreden

  • Bienen sind eher fr ihren Flei als fr ihre Intelligenz bekannt - bisher! Jetzt haben Biologen gezeigt, dass die summenden Honigsammler ziemlich clever sind, Sie haben Bienen beigebracht, menschliche Gesichter zu unterscheiden, Dazu zeigten sie den Bienen gerasterte Bilder von Kpfen. Mit Zuckerwasser als Belohnung trainierten sie die Bienen nach und nach darauf, jenes

    Bild anzusteuern, auf dem das Gesicht am deutlichsten zu erken-nen war, Dann konnten sie die Tierchen sogar auf bestimmte Gesichter trainieren, Wenn sie die Gesichter vermischten, also Mund, Augen, Nase und Ohren anders kombinierten, kamen die Bienen durcheinander. Ungeklrt iSt, warum die Insekten Gesichter so genau differenzieren knnen, denn das bringt im Bienenalltag keinen Vorteil.

    Minus 89 2 Grad Celsius

    16 PM. 05 / 2010

    ... ist die klteste Temperatur, die je auf der Erde gemessen wurde: am 21. Juli 1983 an der russischen Forschungsstation Vostok in der Antarktis. Das ist so kalt, dass Kohlendioxid gefriert! Bislang war es ein Rtsel, wie die Temperatur derart tief fallen konnte. Britische Atmo-sphrenforscher haben jetzt die Erklrung gefunden: Ein ungewhnlicher Luftwirbellag unbeweglich ber der Station. Er verhinderte, dass wrmere Luft vom Meer einstrmte. Als der Wirbel sich auflste, stieg die Tempera-tur schlagartig um 20 Grad. Bei noch niedrigeren Windge-schwindigkeiten als damals knnte die Temperatur an der Vostok-Station auf minus 96 Grad fa llen, auf der nahe gelegenen Hochebene Dome Argus sogar auf minus 100 Grad. Sie wre demnach die klteste Gegend der Erde.

  • Wissen zum Mitreden

    Als unsere Vorfahren vor 1,8 Millionen Jahren durch die ostafrikanischen Regenwlder

    streiften, war das Baden in Flssen lebensge-fhrlich fr sie. Denn dort lauerte das Riesen-krokodil Crocodylus anthropophagus. dessen fossile berreste amerikanische Forscher jetzt in der Olduvai- Schlucht in Tansania gefunden haben. Sein lateinischer Name bedeutet auf

    18 PM. 05 1 2010

    Deutsch Menschenfresser. Tatschlicll tragen Menschenknochen, die zuvor dort gefunden wurden, Bissspuren von Krokodilen. Die Forscher g lauben, dass Anthropophagus mit seinen 7,5 Metern Lnge das grte Raubtier seiner Zeit war. Er trug markante dreieckige Hrner ber den Augen, die vermutlich der Verteidigung des Territoriums dienten, hnlich wie das Geweih bei Hirschen.

    GESCHMACKSFORSCHUNG

    PHYSIK

    ~. Fuball, Pferderennen .... - wer dafr ein Gefhl hat, kann mit Wetten viel Geld verdienen. Jetzt kann man auch auf Teilchen-physik setzen! Auf der Webslte www.bet-on-the-higgs.com kann man Wetten darauf abgeben, wann das rtselhafte Higgs-Teilchen endlich dingfest gemacht wird. Es muss existieren, da sind die Physiker sicher. Der neue Superbeschleuniger LHC soll es aufspren. Eine vernnftige Wette ist allerdings, dass es noch ein paar Jahre dauern wird.

    Fliegen macht scharf: auf Tomaten ~) Stewardessen rtseln seit Langem darber: Warum ~ bestellen so viele Fluggste Tomatensaft, wo ihn

    doch am Boden kaum jemand trinkt? Aroma-Chemiker des Fraunhofer-Instituts fr Bauphysik sind der Frage nachgegangen und haben herausgefunden, dass es am vernderten Geschmacksempfinden im Flugzeug liegt. In der Kabine ber den Wolken ist der Luftdruck niedriger als am Boden, dadurch schmecken wir Salz, Zucker und Kruter weniger, Suren dagegen unverndert. Daher fanden die Testschmecker den Tomatensaft im Flieger angenehm fruchtig, am Boden jedoch muffig. Die Lufthansa, die die Forscher beauftragt hatte, will ihre Kochrezepte jetzt den neuen Erkenntnissen anpassen.

  • Was tun Menschen nicht alles fr einen Ad renal insto: Sie strzen sich an Gummisei len von Brcken und Trmen, rauschen in Schlauchbooten reiende Flsse hinunter. Wem das nicht gengt. der kann sich an die franzsische Firma Ultime Realite (www.ultimerealite.fr) wenden. Sie bietet Kidnappings, Men-schenjagden und hnliche Abenteuer fr den ultimativen Kick an. Beim Kidnapping

    zum Beispiel w ird der Kunde irgendwann pltzlich, vielleicht beim Spazierengehen oder Besteigen seines Autos, entfhrt , gefesselt und fr mehrere Stunden eingesperrt. 900 Euro kostet das Grundpaket, dazu sind Extras wie Lsegeldverhandlungen und Verfol -gungsjagden buch bar. Und ganz neu im Angebot: Scheintod inklusive Aufwachen auf dem Autopsie- Tisch.

    MEDIZIN

    Schneller nchtern mit Sauerstoff

    '" ~ Wer Alkohol trinkt, will meist ~ nach dem Gelage schnell wieder nchtern sein. Dabei hilft Sauerstoff, haben sdkoreanische Forscher festgestellt. Sie gaben 30 Mnnern und 19 Frauen je ein groes Glas eines Getrnks mit 19,5 Prozent Alkohol- das entspricht einem krft igen Reiswein. Dann maen sie den Blutalkohol. Nach ungefhr fnf Stunden war er auf null gesunken, aber wenn die Forscher zuvor in dem Getrnk Sauerstoff gelst hatten, ging es eine knappe halbe Stunde schneller.

  • r~[~~ ~,. Wissen zum Mitreden FLUGTECHNIK

    Superman ,,~ Seit dem James-Bond-Film ~ Feuerball (1965) ist der Raketenrucksack legendr. Bond nutzt ihn darin zu einer spektakulren Flucht. Tatschlich tfteln Militringenieure seit Jahrzehnten an so einem Fluggert zum Anschnallen. Jetzt kann man es kaufen. Das neuseelndische Unternehmen Martin bietet es fr 75000 Dollar an. Es ist von zwei Propellern angetrieben, mit einer Leistung von 200 PS. Mit einer Tankfllung herkmmlichen Autobenzins kommt der Flugrucksack rund 50 Kilometer weit , bei einer Hchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde. Maximale Flughhe: 2400 Meter! Das damals von James Bond geflogene Modell konnte nicht einmal eine halbe Minute in der Luft bleiben

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  • Gebetsmhlenartig wie-derholen Wissenschaft-ler seit Jahrzehnten die-se These: Vor 65 Mil-lionen Jahren hat ein Asteroideneinschlag an der Kste Mexikos die Dinosaurier ausge-lscht und damit den Sugetieren - auch uns - den Weg geebnet. Aber neuere geologische Studien widersprechen der alten These: Der Chicxulub-Krater auf der Halbin-sel Yucatan datiert 300 Millionen Jahre zurck ins Erdaltertum, als es noch gar keine Dinosaurier gab. Zwar trifft es zu, dass auch vor 65 Millionen Jahren die Hlle in Form eines Asteroiden auf die Welt kam - aber es passierte ganz woanders und war noch viel heftiger, als wir bisher dachten. Denn der Einschlag setzte Wirbelstrme von unglaub-licher Gewalt in Gang, die in der Folge das Antlitz der Erde formten - und die wir erst heute ver-stehen.

    WO DER GEWALTIGE CRASH wirklich stattfand, brachten Bohrungen im Indischen Ozean an den Tag. Die Offshore-Industrie war hier auf eine groe Senke im Meeresboden gestoen. Sankar Chatterjee, Geo-loge an der Texas Tech University, nahm sie unter die Lupe und stell-te krzlich fest: Sie hat einen Durchmesser von 500 Kilometern, und das Gestein ist bis in groe Tiefen so stark verdichtet, dass nur ein Schluss bleibt - hier muss ein Asteroid eingeschlagen sein, und zwar vor 65

    bisher grte bekannte kosmische Geschoss in der Erdgeschichte.

    Was genau sich damals abge-spielt hatte, simulierte US-Meteo-rologe Kerry Emanuel, renom-mierter Professor am Massachusetts Institute ofTechnology (MIT), an seinem Rechner. Der Asteroid n-hert sich der Kste Indiens, mit 200 000 km/h schlgt er nahe Bombay (heute Mumbai) fast un-gebremst aufs Wasser und bohrt die heute Shiva-Krater genannte Senke in den Meeresboden. Dabei setzt er eine Sprengkraft von 4,8 Milliarden Megatonnen TNT frei. Das ist 700 ooo-mal so viel wie alle Atomsprengkpfe der Erde zusammen - ausreichend, um die 48 Kilometer dicke Erdkruste zu durchschlagen und die Seychellen vom indischen Festland abzu-reien.

    Der Knall ist rund um die Erde zu hren. Eine enorme Flutwelle berrennt die Ksten des Indischen Ozeans. Viele hundert Billionen Tonnen Gestein werden in die At-mosphre geschleudert und regnen als Meteoritenregen im Umkreis von 1000 Kilometern herunter. Ein dichter Staubschleier bleibt hngen und schirmt das Sonnenlicht ab, sodass die Temperaturen schlag-artig fallen.

    Doch die eigentliche Apokalyp-se steht erst noch bevor. Flssiges Gestein, 1200 Grad Celsiusheies Magma, kommt aus der Tiefe an die Oberflche und erhitzt das Meerwasser. Explosionsartig ver-

    Millionen Der grte Asteroid Jahren, wie dampfen riesige Mengen, und die Oberfl-chentempera-tur des In-dischen Ozeans steigt auf einer Flche von hun-dert Quadrat-kilometern auf ber 50 Grad

    Gesteinsun- aller Zeiten prallte tersuchungen nahelegten. mit 200 000 km/h Der Koloss auf die Erde. Rund hatte einen Durchmesser von 40 Kilo-metern: das

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    um den Planeten war der Knall zu hren

  • Celsius an -beide Effekte sind Grundbe-dingung fr die Entstehung ge-waltiger Wir-belstrme.

    Nach dem Einschlag brach die Hlle

    und katapul-tiert ihn him-melwrts. Der Wirbel gewinnt an Gre - das Sturmtief wchst. Stun-denlang, ta-gelang. Ema-

    Man kennt solche Vorgn-ge aus dem Golf von Me-

    los: ein infernalischer Sturm, der drei Viertel aller Lebe-wesen dahinraffte

    xiko: Sein warmes Wasser ist eine Hexenkche der Orkane. Von hier aus fallen sie in Zentralamerika oder im Sden der USA ein . Die

    ~1aya nannten diese Strme Hu-racan nach dem Namen ihres Windgottes - daraus wurde die heutige Bezeichnung Hurricane (deutsch: Hurrikan). Die Gottes-strme stellen immer neue Re-korde auf: Andrewerreichte 1992 Windgeschwindigkeiten von ber 250 km/h und hinterlie Hundert-tausende Obdachlose. Im Jahr 2005 kamen Katrina und Wilma bereits auf 300 km/ho

    EMANUELS SIMULATIONEN des As-teroideneinschlags im Indischen Ozean vor 65 Millionen Jahren brachten ihn zu der berzeugung: Damals muss es einen noch viel schnelleren Wirbelsturm gege-ben haben, denn nach seinen Be-rechnungen schaffen es selbst kilo-metergroe Gesteinsbomben aus dem All nicht, die Erde an den Rand des Untergangs zu bringen. Der Koloss aus dem All muss auf der Erde einen Mittter gehabt ha-ben - einen Hurrikan, der alle Vor-stellungen sprengt. Emanuel nennt ihn: Hypercane.

    In seinem Computer lie er ihn noch einmal tosen. Die vom N1ag-ma erzeugten Dampfschwaden ballen sich zu Wolken zusammen und steigen in die Hhe. Durch die Erdrotation formen sie sich zur Spirale, die sich immer schneller dreht. In ihrem Zentrum entsteht wie in einern Kamin Unterdruck. Dieser saugt immer mehr und im-mer schneller den Wasserdampf an

    nuels Simu-lation zeigt: Setzt sich das Hurrikan-Wachstum ber 40 Stun-den lang fort, braut sich ein Hyper-cane zusammen.

    Seine Ausmae sind gigantisch. Der Durchmesser entspricht der Strecke von Berlin bis Rom - mehr als 1500 Kilometer. Der Wirbel ist so gewaltig, dass er 30 Kilometer hoch bis in die obere Stratosphre reicht. Die Windgeschwindigkeiten in diesem Monster erreichen 800 Kilometer pro Stunde - so viel wie ein Passagierflugzeug.

    Dieser Sturm ldt sich mit so viel Energie auf, dass er vllig auer Kontrolle gert und durchgeht, wie Emanuel sagt. Er zieht ber weite Teile der Erde hinweg und schlgt alles, was ihm in den Weg kommt, kurz und klein. Nur we-nige Lebewesen knnen dem Monstersturm entkommen - die unfrmigen Dinosaurier gehren nicht dazu. Sie erliegen dem Hy-percane, der mit ihnen 75 Prozent des Lebens auf unserem Planeten vernichtet. Der Wind macht auf allen Kontinenten Tabula rasa.

    DOCH DAS ZERSTRUNGSWERK geht weiter. Beim normalen Hurrikan khlt sich der Wasserda mpf, der die Wolken bildet, auf dem Weg nach oben ab - kleine Wassertrop-fen bilden sich, es beginnt zu reg-nen. Ganz anders beim Hypercane: Die Trpfchen werden weiter in die Hhe geschleudert, bis sie zu klei-nen Eiskristallen gefrieren. Sie kn-nen jahrelang in der Stratosphre bleiben - und dabei unheilvolle chemische Reaktionen auslsen, denn aus dem Salz des Meerwas-

    OS / 2010 PM 27

  • sers wird Chlor abgespalten, das sich mit Ozon verbindet und dieses abbaut: Ein riesiges Ozonloch reit auf.

    AUF DER ERDE VERSCHWINDET der Schurz vor den gefhrlichen ultra-violetten Strahlen der Sonne. Das kurzweIlige Licht dringt bis auf den Boden vor und attackiert die Bltter. Die Pflanzen verlieren ihre Fhigkeit zur Photosynthese: Sie knnen das Kohlendioxid in der Luft nicht mehr in Sauerstoff um-wandeln - die Atmosphre begin-nt zu kollabieren. Auerdem stel-lendie Pflanzen keine Strke mehr her, ihr Grundnahrungsmittel, und verdorren : Wer Flutwelle und Monstersturm berlebt hat, findet bald kein Fressen mehr. Zuerst ver-abschieden sich die Pflanzen, dann werden die vegetarisch lebenden Tiere dahinge-rafft , schlielich si nd die Fleisch fresser an der Reihe.

    Es wird immer unwirtlicher auf der Erde, auch in den Meeren. Die kurzweiligen UV-Strahlen lassen die Algen sterben, die im gesunden Zustand 90 Prozent des Luftsau-erstoffs erzeugen . Folge: Der C02-Gehalt der Atmosphre nimmt sprunghaft zu, der Treibhauseffekt beschleunigt sich rasant. Es wird immer heier, was das Massenster-ben weiter anheizt - das Leben steht auf der Kippe.

    So geschehen vor 65 Millionen Jahren im Indischen Ozean. Der Attentter aus dem All, der der Erde beinahe den Garaus gemacht htte, war 40 Kilometer lang. Emanuels Simulationen zufolge mssen kos-

    ten einige Geschosse dieses Kali-bers die Erde getroffen haben. Von den bekannten Crashs, die via Hy-percane ein Massensterben ausls-ten, ist der Yucatan-Einschlag vor 300 Millionen Jahren der frheste; der auslsende Asteroid hatte eine Lnge von zehn Kilometern. Dann folgte vor 250 Millionen Jahren das zweite Massensterben durch einen erst krzlich entdeckten Ein-schlag vor der australischen Kste; schlielich von 65 Millionen Jah-ren der Einschlag im Indischen Ozean.

    Und wie strmisch wird die Zu-kunft? In den nchsten Jahrzehnten droht kein Hypercane, beruhigt der Wiener Impaktforscher Chris-tian Koeberl. Selbst der berchtigte Apophis-Asteroid hat sich als harmlos entpuppt: Nach neuesten Erkenntnissen wird er am Freitag, dem 13. April 2029, die Erde knapp verfehlen. Mit 270 Metern wre er auch zu klein fr ein Monster-srurmereignis. Aber nicht alle St-renfriede kndigen sich vorher an. Der Komet Hale-Bopp tauchte erst zwei Jahre vor seinem Vorbeiflug an der Erde in den Teleskopen auf. Und: Die Anziehungskrfte der Planeten knnen die Bahnen der Flugkrper jederzeit verndern.

    AUSSERDEMDROHT die Gefahr nicht nur von oben, sondern auch von unten. Ein Hypercane knnte auch vom Ausbruch eines Unterwasser-vulkans ausgelst werden. Solche Feuerberge gibt es berall dort auf den Meeresbden, wo Erdplatten aneinanderstoen. Einige dieser Vulkane liegen fast vor unserer

    Haustr. Der mische Kr-per minde-stens fnf Kilometer lang sein, um einen Hyper-cane zu trig-gern. In der Erdvergan-genheit drf-

    Verheerende Folge des Hyper-Orkans:

    Empedokles bei Sizilien zum Beispiel. In der Vergangenheit war er hoch-aktiv und hat mehrere Tsuna-mis ausgelst -ein Kandidat? Nein, sagt der

    28 PM 05 / 2010

    Etliche Vulkane erwachten. 700 000 Jahre lang spien sie Feuer und Schwefel

    Krater in Utah (r.). Die meisten EinschlagsteIlen

    befinden sich aber auf den

  • Vulkanologe Ulrich Kppers von der Universitt Mnchen, die Vul-kane vor Sizilien seien zu klein fr einen Hypercane.

    Die grte Ansammlung von Feuerspuckern findet sich in den Meeren entlang des Mittelozea-nischen Rckens in einer Tiefe von 2500 Metern. Dort ist das Wasser nur vier Grad Celsius warm: Ein gigantischer Ausbruch wre ntig, um es auf 50 Grad an der Oberfl-che zu erhitzen und einen Hyper-cane einzuleiten. Das ist wohl eher Theorie - aber sicher kann man nicht sein . Viele Unterwasservul-kane sind unerforscht und die meisten unterseeischen Asteroiden-krater noch unbekannt; auf Empe-dokles ist man auch erst vor vier Jahren gestoen.

    ALSO KEINE ENTWARNUNG, auer-dem: Weltuntergnge kommen selten allein, sagt Emanuel. Der Shiva-Asteroid hat nicht nur den Hypercane entfesselt, sondern da-rber hinaus auf dem indischen Festland eine Reihe schlafender Vulkane wachgerttelt. 700 000 Jahre lang haben sie Staub, Schwe-fel, Kohlendioxid gespuckt und den Subkontinent, bis heute sichtbar, mit Hunderttausenden Kubikkilo-metern Basalt berzogen.

    Eigentlich ist es ein groes Wun-der, findet Emanuel: Dass der Pla-net und die damaligen Lebewesen diese Hyper-Katastrophe ber-lebten, drfe uns bei allem Erschre-cken schon wieder zuversichtlich stimmen. ~~

    WEBWEISER , Sankar Chatterjee u. Shiva - Krater: www.depts.ttu.edu/gesc/Fac_ pages/ chatterjee/index.html

    Hypercanes und Monsterstrme: www.dailygalaxy.com/my_weblog /2009/04/is-a-mega-katri.html

    Atmosphrenforscher Emanuel: wind.mit.edu/ -emanuel/home.html

    05 / 2010 PM 29

  • TEXT: KARSTEN FLOHR

    Die ~) Area 51 in der Wste von Nevada (USA) umfasst 100 Quadratkilometer und ist der geheimnis-vollste Ort der Welt. US-Militrs experimentieren hier mit Auerir-dischen, behaupten Verschw-rungstheoretiker. Noch geheimnis-voller ist die Area 9. Sie umfasst die Gre eines Handtellers und liegt im vorderen linken Bereich des menschlichen Gehirns. Auch hier wird mit berirdischem experi-mentiert: Wissenschaftler sind da-bei, Schritt fr Schritt dieses Zent-rum mystischer Visionen und gttlicher Eingebungen zu erfor-schen - Gottes Mailbox, Fenster Gottes oder Gottesmodul, sagen sie salopp dazu.

    Korrekt heit es pr frontaler Cortex, vorderer Schlfenlappen. Dysfunktionen an dieser Stelle knnen zu allerlei Problemen fh-ren: Depressionen, Parkinson, Tin-nitus. Und Epilepsie. Eine seltene Variante, die Herd-Epilepsie, lie Hippokrates (ca. 460- 370 v. Chr.), den bedeutendsten Arzt der Anti-

    32 PM. 05 / 2010

    ke, den Begriff von der heiligen Krankheit prgen. Denn die Pati-enten haben whrend ihrer Anfl-le Begegnungen mit Gttern, Geis-tern und Gespenstern, so berichten sie. Damals wie heute.

    Heute ist die Medizin in der Lage, auch bei Nicht-Epileptikern religise Regungen und Erlebnisse gttlicher Gegenwart hervorzuru-fen, indem sie diese Hirnregion knstlich stimuliert. Der US-ame-rikanische Hirnforscher Michael Persinger war der Erste, der das in den 1980er Jahren tat - was sich seitdem abspielt zwischen Neuro-logen, Psychologen, Evolutionsfor-schern und Theologen, ist ein er-bitterter Streit um die Deu-tungshoheit der hchsten Instanz des Universums: Gott. Belegen die Experimente Gottes Existenz oder tun sie das genaue Gegenteil: Outen sie ihn als eine Erfindung des menschlichen Gehirns? Sitzt er im menschlichen Gehirn und spricht von dort zu uns? Oder ist er eine Halluzination des linken vorderen Schlfenlappens ? Neuro-theologie (Neurologie + Theologie)

    nennt sich die grenzbergreifende Wissenschaft, die das zu klren versucht.

    Fakt ist: Es funktioniert nicht nur bei Schlfenlappen-Persn-lichkeiten, wie mystisch veranlag-te Menschen genannt werden, son-dern bei fast allen . 80 Prozent von ber 1000 Probanden der Persin-ger-Versuche hatten sie: Erlebnisse der dritten Art.

    PERSINGER, Professor an der Lau-rentian University in Sudbury (On-tario/Kanada), hat etwas konstru-iert, was als Gottes-Helm in die Geschichte der Neurologie einge-gangen ist. Eine Art Motorradhelm, in den zweimal vier Magnetspulen, um die Schlfen- und Scheitellap-pen gruppiert, integriert sind. Knstlich fluktuierende Magnet-felder werden 30 Minuten lang horizontal auf den Schdel der Ver-suchsperson geleitet, so schwach wie die Strahlung eines Computer-bildschirms. Was sich dann einstellt nennt Persinger ~~gefhlte Prsenz: Die Probanden hren Stimmen, haben Visionen, whnen ber ir-

  • disehe Krfte in ihrer Nhe, fhlen sich eins mit dem Universum oder haben das Gefhl, ihr Krper wr-de vibrieren und schweben. Einige wenige bekamen Panikattacken, rissen sich den Helm vom Kopf und ergriffen die Flucht. Allen gemein-sam war, dass sie vorher nicht ein-geweiht worden waren - sie glaubten, an einem Entspannungs-Experiment teilzunehmen. Und sie waren religis gut durchmischt: Vertreter aller Glaubensrichtungen bis hin zu Atheisten befanden sich unter den Teilnehmern.

    Der zweite Forscher, dessen aufsehenerregende Experimente

    Gottes-Helm: Probanden, die den von Neurowissen-schaftlern prparierten Helm 30 Minuten tragen, hren Stimmen und haben Visionen

    die ffentlichkeit polarisieren, ist der Radiologe und Religionswis-senschaftIer Andrew Newberg, Professor an der University of Pennsylvania (USA), der Persin-gers Entdeckungen vertieft und ausgeweitet hat: Er untersuchte, was im Gehirn vor sich geht, wenn Menschen in den Zustand hchster religiser Konzentration geraten. Dazu filmte er die Gehirne von Franziskaner-Nonnen und tibe-tischen Mnchen im Gebet bzw. bei der Meditation, indem er ih-rem Blut radioaktive Substanzen als Kontrastmittel zufhrte und dann ihre Gehirnfunktionen in einem bildgebenden Verfahren namens SPEeT (Single-Photon Emission Computed Tomography) darstellte.

    DASS ERGEBNIS IST eine signifikante Abnahme jener Hirnaktivitten, die der Orientierung dienen, sowie eine nachlassende Durchblutung der Grohirnrinde. Die Teile des Gehirns, die die Grenze zwischen dem Ich und dem Rest der Welt bestimmen, fahren ihre Aktivitten

    drastisch zurck, wodurch der me-ditierende Mensch das Gefhl be-kommt, mit dem Gegenstand sei-ner Meditation ganz und gar eins zu werden. Newberg: Mystische Erfahrung ist also wissenschaftlich real und nachweisbar. Was wir als Realitt ansehen, ist eine vom Gehirn erzeugte Darstellung von Realitt.

    Newbergs Erkenntnisse gelten seither als plausibelste Erklrung fr Wunderwahrnehmungen von Menschen - trotzdem verwahrt er sich gegen die Interpretation, alles sei Einbildung, und schob einen berzeugend-witzigen Versuch nach: Er lie Probanden Apfelku-chen verzehren und zeichnete im Computertomografen auf, was sich dabei in deren Gehirnen abspielte - das Genuss-Erlebnis ist neurolo-gisch sichtbar. Newbergs Frage: Ist der Apfelkuchen eine Einbildung, nur weil der Essgenuss im Gehirn sichtbar gemacht werden kann? Seine Antwort: Wer spirituelle Erfahrungen als bloe neurolo-gische Aktivitt abtun will, muss auch allen anderen Wahrneh-

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  • mungen der materiellen Welt durch das Gehirn misstrauen.

    Das tun allerdings viele. Physik-Nobelpreistrger Albert Einstein (1879-I955) zum Beispiel war der Meinung: Physikalische Begriffe sind freie Schpfungen des Geistes und ergeben sich nicht etwa zwangslufig aus den Verhltnissen der Auenwelt. Der fhrende deutsche Hirnforscher Wolf Singer, Professor und Leiter des Max-Planck-Instituts fr Hirn forschung in Frankfurt/M., erregte im vor-vergangenen Jahr die ffentlich-keit mit seinen Thesen, der freie Wi lIe des Menschen sei eine pure Illusion, eine Handlungsautonomie existiere nicht.

    Singer, Festredner bei Angela MerkeIs 50. Geburtstag (Thema: Das Gehirn - ein Beispiel zur Selbstorganisation komplexer Sys-teme), hat eine Weile unter Ere-mitenmnchen auf dem Berg Athos in Griechenland verbracht und ihre Visionen und Kontakte mit Gtt-lichem beobachtet. Sein Ergebnis: Das ist aus neurobiologischer Sicht erstaunlich, es ist das typische Ergebnis von Schlafentzug und

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    Hyperventilation. Auch das Jesus-Syndrom kann auftreten, ein epi-leptisches Krankheitsbild, bei dem die Patienten wunderbare Gefhle haben, sich eins mit der Welt und erleuchtet fhlen. Da krampft sich ein Stck Hirn zusamlnen, das normalerweise als innerer Zensor fungiert.

    DIE VISIONEN VON Moses, Paulus, Mohammed - alles nur Gehirn-Verkrampfungen? Der Welt be-kanntester Religions-Bekmpfer, Oxford-Professor Richard Dawkins ( Der Gotteswahn ), sieht sich be-sttigt von den neurobiologischen Erkenntnissen Persingers und New-bergs, mehr noch: Der Glaube ist in der Lage, Menschen derart zu gefhrlichem Wahnsinn zu treiben, dass er sich in meinen Augen als Geisteskrankheit darstellt, sagt er. Und Michael Schmidt-Salomon (Vom Virus des Glaubens), Phi-losoph in Trier: Gott ist ein ima-ginres Alphamnnchen, eine Pri-matenhi rnkonstruktion.

    So weit gehen die Verursacher der Debatte nicht. Persinger: Wenn ein Mensch die Erfahrung Gottes

    Orientierungs-verlust: Whrend der Meditation zeigt das Gehrin eines buddhis-tischen Mnchs im SPECT -Com-puterbild eine Abnahme der Hirnaktvitten, die der Orientie-rungdienen

    macht, kann ich sagen, was dessen Gehirn dabei tut, aber ich kann nichts darber sagen, ob dieser Mensch sich wirklich in Gottes Ge-genwart befindet. Ich will und kann Gott nicht als Phnomen beseiti-gen, ich versuche nur zu verstehen, was er mit unseren Gehirnen macht. Und sein Kollege Newberg ergnzt: Gott nhert sich den Menschen nicht von auen. Visi-onen, Stimmen und andere Erschei-nungen produziert er im Gehirn, es sind neurologische Vorgnge, die wir sichtbar machen knnen.

    Fr den Magdeburger Neurobio-logen Professor Gerald Wolf (Der

  • Hirngott) ist das selbstverstnd-lich: Wo sonst, wenn nicht im Gehirn, sollte die Gotteswahrneh-mung vonstatten gehen? , kontert er. Professor Matthias Petzold, Theologe aus Leipzig, geht weiter: Das Gottes-Modul ist eine Erfin-dung der Hirnforscher, sie ver-wechseln die Schpfung mit dem Schpfer.

    Einen Kompromiss bietet der Religionswissenschaftler Michael Blume aus Filderstadt: Gott ist kein Fehler unseres Gehirns, unser Hirn ist mit Fhigkeiten ausgestat-tet, die biologische Vorteile haben. Worauf er anspielt: Evolutionsfor-scher sind sich sicher, dass Religion und Gottesglaube beim Siegeszug der Menschheit entscheidende Be-deutung zukommen. Sie haben einen kognitiven Imperativ aus-gemacht, eine Art Zwangshand-lung, die uns dazu anhlt, nach Sinn in der uns umgebenden Rea-litt zu suchen und dabei auch bernatrliche Erklrungsmodelle zu erfinden, wenn keine rationalen vorhanden sind.

    Es gibt sogar ein Datum, seit wann der Mensch dazu in der Lage

    ist. Der weltberhmte amerika-nisehe Psychologe Julian Jaynes (1920-1997, Ursprung des Be-wusstseins) glaubt: Mit dem Auf-kommen des Homo erectus, dem aufrecht gehenden Menschen, habe der Urknall des menschlichen Be-wusstseins stattgefunden: Vor zwei Millionen Jahren entstanden neuronale Brcken zwischen der rechten und der linken Hirnhlfte, und es bi Ideten sich komplexe Scheitellappen heraus, die Grund-lage der internen Kommunikation des Gehirns mit sich selbst sind - das Ich-Bewusstsein. Seitdem sei der Mensch in der Lage, Mythen und Religionen zu bilden mit dem Ziel, in einer feindlichen Umge-bung besser zu berleben als ande-re Lebewesen.

    MICHAEL BLUME: Die Fhigkeit, den Strom unseres Bewusstseins zu analysieren, bringt praktische berlebensvorteile fr den Men-schen. Auerdem strken religise Bande den Zusammenhalt im so-zialen Verband - ein weiterer evo-lutionrer VorteiL Der britische Zoologe Matt Ridley: Rituale,

    Mythen und Religionen dienen dazu, Gruppen nach innen zu festigen und nach auen stark zu machen.

    Ist Religion also ein Produkt der Evolution und somit Teil der menschlichen Natur? Lg' nicht in uns des Gottes eigne Kraft, wie knnt' uns Gttliches entzcken?, beantwortet Dichterfrst Goethe (1749-1832 ) die Frage mit einer Gegen frage. Rel igionswissen-schaftler Michael Blume sagt es pragmatischer: Neurologen auf der Suche nach Gott sind wie Leu-te, die den Fernseher aufschrauben auf der Suche nach dem Nachrich-tensprecher. ..........

    WEBWEISER , Der AllmClcht ige steckt im Hirn www.zeit.de/zelt-wissenI2008/01/ Titel-Kasten-Gotteshelm?page=all

    Oie JLlian - Jaynes-Geselischaft www.julianjaynes.org

    Hornepage von Michael BIl.J ;'11e: www.blume- religlonswissen-

    schaft.de

    OS / 2010 PM 35

  • Die Erde ist fr uns der ide-ale Lebensraum: Sie bietet Wasser, Sauerstoff, ertrg-liche Temperaturen und dank ei-ner schtzenden Atmosph re nur wenig gefhrliche Strahlung. Wel-che Bedingungen wrden unsere Nachkommen aber auf anderen Planeten vorfinden, wenn sie eines Tages versuchen sollten, auer-halb der Erde neue Welten zu be-siedeln? Mit dieser spannenden Frage be-fassen sich die Forscher, die den Zuschauer der DVD Gefhrliche Planeten (Abbildung oben) auf einer Reise durch das Sonnensys-tem begleiten. Knnte man Him-melskrper, ber denen giftige

    36 PM. 05 / 2010

    Spannend und informativ: die DVD Gefhr-liche Planeten aus der Edition Welt des Wissens

    Surewolken schweben oder Wind-geschwindigkeiten von mehr als 2200 km/h toben, berhaupt be-treten? Lsst sich der Mars, auf dem sich ja einst Wasser befand, trotz seiner extrem hohen Strah-lung eines Tages zur zweiten Hei-mat fr Menschen machen? Auf einer dramatischen Expediti-on, bei der Millionen Kilometer zurckgelegt werden, erlutern

    Wissenschaftler, wie sie die Chancen fr eine zuknf-

    tige Besiedelung naher und ferner Planeten be-urteilen. Der Nlars mit seinen Sandstrmen, die Venus mit ihren Schwefelsurewolken

    und der Neptun mit seinen td-lichen Winden sind nur drei der Stationen dieser aufregenden Reise durch das All. Die DVD ) Gefhrliche Planeten ist in der P.M.-Dokumentarfilm-Reihe Welt des Wissens erschie-nen (weitere Themen unter ande-rem: Raumfahrt, Technik, Natur und Umwelt). Diese und alle anderen DVDs der P.M.-Edition sind einzeln im Han-del erhltlich (unverbindliche Preis-empfehlung pro Folge: 9,99 Euro) oder im Internet unter www.pm-magazin.de/dvd Hier knnen Sie auch Trailer der verschiedenen DVDs sehen und an einem Gewinnspiel teilnehmen.

  • Das Projekt Dragonfly ist eine khne Vision belglscher Architekten:

    Auf einer Insel vor Manhattan soll ein gigantisches Hochhaus

    entstehen, mit Obst, Gemse und Viehweiden auf 132 Etagen

  • In Megastdten wie New York

    drngen sich die Menschen auf

    engstem Raum. Kein Platz fr

    Landwirtschaft -dachte man

    bisher!

    Was wre, wenn alle Menschen in Bungalows leben wrden? Ein Albtraum wre es. Die Stdte wrden sich ausbreiten, das freie Land schwinden. Man wre noch lnger unterwegs zur Arbeit, zum Einkaufen und zu Freunden, weil alles weiter auseinander lge. Stattdessen haben sich Std-te, seit es sie gibt, immer weiter verdichtet: Die Men-schen rcken immer enger zusammen, die Flche wird zu Stockwerken bereinandergestapelt. In Mnchen, der am dichtesten besiedelten Grostadt Deutschlands, leben 4300 Menschen auf einem Quadratkilometer. Paris ist sogar fast sechsmal so dicht besiedelt. Gut so. Sonst wre der Globus lngst von einem gleichmigen Siedlungsbrei berzogen.

    Inzwischen lebt ber die Hlfte der Menschheit in Stdten. Aber ihre Nahrung kommt wie eh und je vom Land. Seit zehntausend Jahren wird Landwirtschaft in der Ebene betrieben, als htte der Raum keine dritte Dimension. Die 6,8 Milliarden Menschen, die derzeit die Erde bevlkern, nutzen eine Flche von der Gre Sdamerikas fr Ackerbau und Viehzucht.

    Die horizontale Landwirtschaft gert unter Druck: immer hher die Flchenertrge, immer mehr Dnger und Pestizide, immer weiter die Transportwege. Wer heute Obst oder Gemse kauft, zahlt einen Groteil seines Geldes fr den Transport. Und der Landfra hlt an. Wenn die Weltbevlkerung so weiterwchst,

    wie Demografen vorhersagen, msste in den nchsten vierzig Jahren eine zustzliche Flche landwirtschaft-lich nutzbar gemacht werden, die dem Doppelten der Europischen Union entspricht. Unmglich! Denn so viel urbar zu machendes Land gibt es gar nicht.

    SO KANN ES ALSO nicht weitergehen. Wie dann? Die Landwirtschaft muss jetzt denselben Weg gehen wie einst die Stdte, sind viele Ingenieure berzeugt: in die Vertikale! Sie wollen Gemsefelder bereinandersta-peln wie Stockwerke. Vertical Farming lautet das Zauberwort. Der amerika nische Biologieprofessor und Vertical-Farming-Vordenker Dickson Despom-mier stellt sich Gebude vor, ganze Straenblcke gro, in denen Essbares auf 30 Etagen wchst. Inge-nieure, Stdteplaner und Agronomen sind nicht nur berzeugt, dass Vertical Farming machbar ist, ver-kndet Despommier, sondern auch, dass es gemacht werden sollte. ~

    Mehr Vitamine, kaum Pestizide, geringerer Wasserverbrauch. Und: keine Transportwege!

  • Tomaten knnten im Projekt Dragonfly hydroponisch angebaut werden, also in Wasser wurzelnd (oben). berdies wrde das Landwirtschafts-Hochhaus den Menschen einen grnen Erho-lungsraum mitten in der geschftigen Grostadt bieten (unten)

  • Die Konzeptstudie Tour Solargreen des Pariser Bros SOA Architectes: ein Brohaus mit bepflanzten Fassaden

  • Senkrechte Felder gibt es schon heute zu kaufen. Hier das System der kanadischen Firma Valcent

    Die Idee der vertikalen Landwirtschaft krempelt so ziemlich alles um, was Bauern gewohnt sind: Die Pflanzen wachsen drinnen, unter streng kontrollierten Bedingungen, sie bekommen exakt so viel Licht, Wasser und Nhrstoffe, wie sie brauchen. Hagel und gefrige Schdlinge bleiben drauen. Insgesamt: Laboratmosphre statt Landromantik.

    Auch mit der Selbstverstndlichkeit, dass Pflanzen in Erde wachsen, wre es vorbei. Stattdessen kommen drei andere Techniken infrage:

    ~ Tropfberieselung: Die Pflanzen schlagen ihre Wur-zeln in leichte Granulate wie Vermiculit. Kleine Rohre im Granulat betrpfeln die Wurzeln gezielt mit nhr-stoffhaltigem Wasser. Die Methode ist geeignet fr Getreide.

    ~ Hydroponik: Es gibt keinen festen Untergrund mehr, die Pflanzen wurzeln direkt in Nhrstofflsung. Tomaten, Spinat und Beeren lassen sich besonders gut hydroponisch ziehen.

    ~ Aeroponik: Die Pflanzen hngen in der Luft, ihre Wurzeln werden mit Nhrstoffen bedampft. Gut ge-eignet fr Kartoffeln und Wurzelgemse.

    Alle drei Techniken sind bereits erfolgreich erprobt. Zum Beispiel zogen die Amerikaner im Zweiten Welt-krieg auf Inseln im Sdpazifik mehrere Millionen Kilogramm Gemse in hydroponischen Kulturen, um ihre Truppen zu versorgen. Heute ist Hydroponik in Gewchshusern etablierter Standard. Wem ange-sichts dieser Technik die Sorge vor wssrigen Gurken und bleichen Tomaten aus gesichtslosen Agrarfabriken kommt, der kann sich von Dickson Despommier be-ruhigen lassen: Unser Essen wrde besser schme-cken, versichert er, und >regional angebaut< wrde die Norm. Es wre auch gesnder, weil es kaum noch mit Schdlingsgiften gespritzt werden msste. Vor allem aber wrde sich der Wir-kungsgrad der Landwirtschaft enorm erh-hen: Der Verbrauch an Wasser und Dn-gemittel snke auf einen Bruchteil des heutigen Werts.

    In New York ist die Herausforderung besonders gro. Dort drngen sich 27 500 Einwohner pro Quad-ratkilometer, mehr als irgendwo in Europa, dazu kommen Pendler und Touristen. Nach oben wachsen die Wolkenkratzer, unter der Erde rattert die Subway - New York ist eine Stadt mit drei Dimensionen. Die nchsten freien Anbauflchen sind zig Meilen entfernt. Jede Tomate, die auf einem an der 5th Avenue ver-kauften Sandwich liegt, ist weit gereist. Dickson Des-pommier hat seine Studenten auf die Suche nach verlassenen Gebuden und Pltzen ausgeschickt, die fr Vertical Farming geeignet sind. 120 haben sie gefunden: die blichen Bauruinen, einen verfallenen Lokschuppen, einen alten Militrflugplatz. In allen Stdten der Welt gibt es solche rte, sagt Des-pommler.

    Natrlich wre einiges zu klren, bevor sie landwirtschaftlich genutzt werden knnten: Investoren mssten gefunden werden, und die Versorgung mit Energie msste gewhrleistet sein. Ideal wren Anlagen, die stdtisches Abwasser in Nutzwasser umwan-deln. Aber das sind eher brokra-tische als technische Hrden.

    Und das wre nur der erste Schritt. Das Architekturbro Vincent Calle-baut Architectures hat sich berlegt, wie Vertical Farming in Vollendung ausshe: Die belgisehen Planer haben eine gigantische metabolische Farm fr New York entworfen. Das Projekt Dragonfly (Libelle) auf Roosevelt Island im East River soll die in Sichtweite gelegenen Wahrzeichen der Metropole, das UN-Gebude und das Chrysler Building, weit berragen: 600 Meter hoch soll es sein!

    IN JEDEM DER 132 STOCKWERKE gedeihen andere Frch-te, von Algen im Souterrain ber Pilze, Kruter, Erd-beeren bis zu Orangen und Pfirsichen ganz oben. Dazwischen weiden Khe und gackern Hhner, auch fr Milch, Eier und Fleisch wre damit gesorgt. Statt Fast Food und Tiefkhlkost knnten die New Yorker frisch von nebenan essen - und bessere Luft atmen, denn drinnen reinigen die Pflanzen die Raumluft, und drauen spart es Abgase, wenn die Viktualien nicht mehr langwierig herangekarrt werden mssen.

    Der Riesenkomplex bte reich-lich Raum zum Leben und

    Arbeiten im Grnen und eine fantastische Aussicht

    auf Manhattan. Mit Wasser und Energie ver-sorgt sich das Dragon-fly-Gebude komplett

    Der Vordenker des Vertical Farming, Dickson Despommier, glaubt, die Lsung des globalen Ernhrungs-problems gefunden zu haben

    Beim aeropo-nischen Anbau hngen die Wurzeln buchstblich in der Luft. Hier ist es Basilikum, das mit Nhr-stoffen be-dampft wird

  • Die Pioniere der Etagenlandwirtschaft wollen Parkhuser und Lagerhallen in den Innenstdten zu lokalen Agrarfabriken umbauen

    Der Konzern Philips hat ein

    System fr Vertical Farming im Wohnzimmer

    entwickelt: die Biosphere Horne

    Farm mit Fisch- und

    Gemsezucht auf engstem

    Raum

    selbst. Seinen Namen hat das Projekt von der an einem zentralen Turm aufgehngten Auenstruktur des Gebudes, sie ist wabenfrmig aufgebaut wie ein Li-bellenflgel.

    Das Projekt Dragonfly zeigt, wie elegant Vertical Farming sich ins Stadtleben einfgen liee - bisher allerdings nur im Konjunktiv. Es ist nichts als eine khne Vision fernab der Realisierbarkeit. Es ging dem Callebaut-Team nur darum, das Potential von Vertical Farming vorzufhren. .

    WHREND DIE ARCHITEKTEN groe Zukunftsplne aus-tfteln, haben die Bewohner der Metropolen die Botschaft lngst begriffen - und setzen sie um. Sie betreiben bereits jetzt in kleinem Mastab Vertical Farming. Auf Balkonen und Dachterrassen, in Hin-terhfen und Baulcken werden Tomaten gezogen und Hhner gehalten. AufWebsites wie www.cityfarmer. info tauschen sie Tipps, Tricks und Neuigkeiten aus. 2008 wurde in den USA erstmals mehr Saatgut fr Gemse als fr Blumen verkauft. Weltweit verzehren inzwischen 800 Millionen Stadtbewohner Pflanzen-frchte aus Do-it-yourself-Grtnerei, schtzen UN-

    Ernhrungsexperten - von den Pariser Arbeitergrten ber die Gemeinschaftsgrten von New York bis zu den Gemsepltzen in Moskau.

    Doch das Ackern und Ziehen in Stdten ist inzwi-schen ber die reine Hobbygrtnerei hinausgewach-sen. Die Wirtschaft hat den Trend gewittert und be-gonnen, ihn zu kommerzialisieren. Die Designer des niederlndischen Grokonzerns Philips haben eine Biosphere Horne Farm entworfen, eine Art mehr-stckiges Aquarium fr das Wohnzimmer, mit dem Selbstversorger Gemse, Algen, Fische und Schalen-tiere bereinander ziehen knnen. Das System funk-tioniert fast vllig eigenstndig, filtert das Wasser, recycelt Nhrstoffe und dosiert das Licht exakt fr den Bedarf.

    Der kanadische Unternehmer Jerry Fitzpatrick ist dabei, Vertical Farming in grerem Stil zu verwirk-lichen. Das Aha-Erlebnis dazu hatte er vor zwei Jah-ren, als er ber die hydroponische Marihuana-Zim-merzucht eines Freundes staunte (fr rein medizinische Zwecke, versteht sich) . Das Drogenkraut gedieh prch-tig, obwohl es kein bissehen Sonnenlicht bekam. Die beiden begannen, das Heimbauern-Know-how auf

  • andere Pflanzen zu bertragen: Wir ernteten die besten, saftigsten Erdbeeren, die ich je gegessen habe, schwrmt Fitzpatrick. Das Basilikum berwuchterte die Testanlage geradezu.

    FITZPATRICK. der bis dahin schon alle erdenklichen Projekte von TV-Fernbedienungen bis zur satelliten-gesttzten Diebstahlsicherung verfolgt hatte, hatte sein Metier gefunden. Er grndete Urban Barns, das vielleicht weltweit erste auf urbane Landwirtschaft spezialisierte Unternehmen, und brachte es an die Brse. Inzwischen hat er erfolgreich mit Kohl, Gurken, Auberginen, Spinat, Tomaten und Paprika experimen-tiert. Der Gehalt an Vitaminen und Nhrstoffen bersteigt alles herkmmlich Angebaute, sagt er.

    Fitzpatricks Geschftsplan hnelt der Vision des Landwirtschaftspropheten Dickson Despommier: Parkhuser und Lagerhallen in den Innenstdten in wasser- und stromsparende Hightech-Etagenlandwirt-schaft umbauen, ertragreich, sauber und verbraucher-nah. Fitzpatrick beteuert, bereits mit groen Lebens-mittelkonzernen in Verhandlungen zu stehen. Aber bisher lebt Urban Barns eher von seiner Begeisterung als vom Geschft. Das Unternehmen hat bisher keinen Cent verdient, und sein Aktienkurs hlt sich nur mhsam ber der Ein-Dollar-Marke. Aber Fitzpatrick

    Das Projekt Physalla ~ ArchitekturbUibS caUebaut zeigt, dass Vertlcal Farmlng nicht an Lan"-

    stattfinden muss. Das knstliche BIotop schwimmt Im Meer und deckt seinen ganzen Energiebedarf

    aus der Son~nstrahlung

    bleibt berzeugt: Alles, was bei uns wchst, wird sofort verkauft sein.

    Ob als Graswurzel-

    I'

    bewegung, als Start-up-Unternehmen oder als glit-zerndes Groprojekt, Vertical Farming wird kommen. Es muss kom-men, denn die traditionelle Landwirtschaft ist ausge-reizt. Sie kann sich, wie damals die Stdte, die Eben-erdigkeit nicht mehr leisten. Also auf in die Vertikale! Das Know-how dafr steht bereit. Fr den Vertical-Farming-Vordenker Despommier bleibt lediglich eine Frage offen: Worauf warten wir noch? ~~

    WEBWEISER i Amerikanische Website fr Stadtbauern: www.cityfarmer.info ________________ _

    Despommiers Projekt: r----------------- www.verticalfarm.com

    Das Unternehmen von Jerry Fitzpatrick: www.urbanbarnsfoods.com

  • Was kostet der 9,02 MIUlonen Euro~(!l~~~!lID'[s1lmm!lmliWimm : . . .

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    46 PM. 05 I 2010

    . . . .. ... A

    . . . . .

    . . -

    Wo liegt die lteste Stadt der Welt? Als sich die Menschen im 10. Jahrtausend v. ehr. von Jgern und Sammlern zu Bauern entwickelten, entstanden erste Drfer. Und noch bevor die Steinzeit im 7. Jahrtausend v. ehr . in die Bronzezeit berging. gab es in der Gegend der heutigen Palstinensischen Autonomie-gebiete einen Ort, der heute Jericho heit. Nach gngiger Definition erfllte diese Siedlung schon bald die wichtigsten Kriterien einer richtigen Stadt: Sie lag an einer Karawanenstrae und damit direkt an einem greren Verkehrsweg. Um die nahe gelegene Furt des Jordans und den Handel zu kontrollieren, musste eine Verwaltungs- und Versorgungsstruktur aufgebaut werden. Neben dieser wich-t igen Eigenschaft moderner Stdte konnte Jericho mit einer gewaltigen

    Mauer aufwarten. Allerdings diskutieren Wissenschaftler heute darber, ob diese Umgrenzung nicht einfach Teil eines Staudamms war. In jedem Fall steckt hinter solch einem Bauprojekt jede Menge technisches Know-how, was auf einen hohen Zivilisationsgrad schlieen lsst. Mit all diesen Eigenschaften sticht Jericho das in der heutigen Trkei gelegene ~atalhyk aus, das ebenfalls um den Titel lteste Stadt der Welt konkurriert. Auch wenn es diese in den 1960er Jahren entdeckte Ansiedlung im 6. Jahrtausend v. ehr. schon auf 10000 Einwohner brachte, fehlt hier jede Spur ffentlicher Verwaltungsgebude. Auerdem wurde ~atalhyk vor mehr als 8000 Jahren aufgegeben - Jericho besteht bis heute.

  • IiltlrnlT'lnn"lhlll='m,p ergeben sich durch gestresste Schleimhute und / oder durch eine schlecht nierte bzw. berlastete Muskulatur im Kehlkopfbereich. Konkret: Die einen werden heiser,

    weil sie ihre Stimme fa lsch belasten, etwa indem sie gegen eine lrmende Schulklasse anschreien, die anderen im Zusammenhang mit einer Halsentzndung. In beiden F llen w ird die Arbeit der Stimmlippen, wie die Stimmbnder korrekt heien, sabotiert: Sie mssen schnell hin- und herschwingen, bei besonders hohen Tnen ber tausendmal pro Sekunde. Das erfordert elastisches Gewebe, das gut durchfeuchtet und gut durchblutet ist. Reine Schonung im Sinne von wenig sprechen bringt der Stimme also gar nichts - es sei denn, die Heiserkeit ist schon da. Dann t rinkt man am besten Sa lbeitee und wartet auf Besserung. In

    gesunden Zeiten dagegen gilt: Richtiges (!) Sprechen ist das beste Fitnessprogramm fr die Stimme. Das heit: nicht fl stern, nicht ruspern und entspannt in der

    eigenen Tonlage sprechen. Diese findet man, indem man einen Moment an etwas Leckeres denkt und dabei gensslich Mmmmh! macht:

    Auf dieser Tonhhe ist das Sprechen am bequemsten. Mit einer individuellen Sprechstimme kann man endlos plaudern, das

    nutzt den Stimmapparat nicht ab, sondern hlt ihn geschmeidig. Auch Summen und Trllern lt die Stimme und lsst sie langsamer altern.

    Warum ist Muse-Milch so wertvoll? Musemilch schlgt alle Rekorde: Ein Liter kann bis zu 23000 Euro kosten. Grund dafr: Die Gewinnung ist ein extrem mhseliger Prozess. Der Melkakt dauert gut 30 Minuten und ergibt gerade einmal 0,25 Kubikzentime-ter Milch. Fr einen Liter mssen daher 4000 Muse gemolken werden. Das kostet Zeit und damit auch Geld, selbst dann, wenn sich dafr studentische Hilfskrfte mit der speziellen Pipette abmhen. Doch der Aufwand lohnt sich - denn Musemilch ist fr Forschungs-zwecke kostbar. Erst krzlich haben Wissen-schaftler die Erbanlagen von Musen so verndert, dass in der Milch ein Stoff entstanden ist, der mglicherweise gegen Malaria helfen kann. Doch warum

    48 PM 05 I 2010

    nimmt man fr Forschungszwecke aus-gerechnet Musemilch und nicht die preis-wertere Kuhmilch? Muse sind die Lieblings-tiere der Genetiker, iher DNA ist am weitesten entschlsselt, und damit sind Eingriffe ins Erbgut am einfachsten. Auer-dem mssen fr DNA-Versuche Tausende von Tieren herhalten - die Unterbringung, Verpflegung und Entsorgung von so vielen Khen wrde auch groe Universitten vor Probleme stellen.

    Milch-Rekorde Eine Kuh gibt im Jahr rund 10 000 Liter Milch, das SIebenfache ihres Krpergewicht s. Eine Ziege liefert das Zwlffache ihres Gewichts. Spitze ist das Blauwalweibchen, das pro Tag (I) bis zu 600 Liter Milch produziert. Diese Milch ist so fetthaltig, dass die Walbabys an einem Tag um 100 Kilogramm zunehmen knnen.

    Zum Musemelken? Die Milch der kleinen Nager

    Ist kostbar - eine Melkmaschine gibt es

    allerdings noch nicht tI\

    ~ o u

  • 50 PM. OS/2010

  • A ls Arnold Schwarzen-egger noch nicht Gou-verneur von Kalifor-nien war, sondern Terminator I1 im Actionfilm, da besa er bernatr-liche Fhigkeiten: Erstens war er so gut wie unverwundbar, und zweitens konnte er mit seinen Au-gen nicht nur sehen - er konnte auch alles scannen, was er sah, und als zustzliche Information jeder-zeit in sein Sichtfeld einblenden: Wie schnell das Motorrad fhrt, das er gerade gestohlen hat. Oder wie lange es dauert, um von 0 auf roo km/h zu beschleunigen. Fr-her war das Science-Fiction - heu-te sind wir einen Schritt weiter.

    DIE HOLLYWOOD-VISION der Au-genscanner knnte in einigen Jah-ren Realitt sein. Weltweit forschen Wissenschaftler an Hightech-Haftschalen, die ihrem Trger eine vllig neue Sicht auf seine Umge-bung ermglichen. Mit so einer Kontaktlinse knnten wir auf vieles verzichten - z. B. auf eine Uhr oder auf den Geschwindigkeitsmesser im Auto, erklrt Babak Parviz, Professor fr Elektrotechnik an der University of Washington in Seattle.

    Mit seinem Team entwickelt der Forscher Kontaktlinsen, die eine Art virtuelles Display direkt im Auge sind: So knnten Piloten durch das Tragen der Linse jeder-zeit ber die aktuellen Daten ihres Flugzeugs oder d ie zurckgelegte Strecke informiert werden - ohne auf den Monitor schauen zu ms-sen. Computerspieler knnten in eine Mischung aus realer und vir-tueller Welt eintauchen. Mit ein-gebauten Sensoren auf der Linse knnte es Diabetikern mglich sein, ihren Blutzuckerspiegel stn-dig im Auge zu behalten.

    Solche Haftschalen gibt es noch nicht. Aber schon jetzt steht fest,

    52 PM OS / 2010

    dass Kontaktlinsen ein milliarden-schwerer Zukunftsmarkt sind. Al-lein in Deutschland brauchen etwa 33 Millionen Menschen eine Seh-hilfe; nach Angaben des Fachver-bands Consumer Optics tragen davon nur 2,7 Millionen Kontakt-linsen.

    Damit sich noch mehr fr die Linse entscheiden, wollen Wissen-schaftler rund um den Globus die Haftschalen wesentlich verbessern: Durch neue Materialien sollen sie noch vertrglicher, bequemer zu tragen und leichter zu pflegen sein. Wie intensiv sich die Forscher um die Verbesserung der winzigen

    Welch oder hart? Das ist die erste Entscheidung beim Kontakt-linsenkauf. Auch bifokale Linsen (oben die gngigen Varianten) gibt es in beiden Ausfhrungen

    Kunststoffscheiben bemhen, zei-gen beispielsweise die Kontaktlin-sentests der US Air Force.

    Der Kontrollraum der Flugme-dizinischen Forschungsanstalt in San Antonio, Texas: Gespannt blickt Mediziner Colonel Douglas Ivan auf einen Monitor. In der Mit-te des Raums ist ein sechs Meter langer Schwenkarm montiert, an dessen Ende eine gondelartige Stahlkapsel hngt. Ein junger Pilot steigt ein, schnallt sich auf dem Sitz fest. Er wirkt angespannt, als die Zentrifuge anfngt, immer schnel-ler zu rotieren. Bis auf etwa 30 Umdrehungen pro Sekunde wird

  • sie beschleunigt - sechsfache Erd-beschleunigung. Auf dem Monitor beobachtet Ivan die Augen des jun-gen Mannes: Die Experimente sollen zeigen, welche Haftschalen fr Jet-Piloten optimal sind. Fr-here Tests haben ergeben, dass harte Linsen bei dieser Geschwin-

    '" digkeit nach hinten rutschen - ein ~ tdliches Risiko. u

    ~ Weiche oder harte Haftschalen: ~ ~ eine Frage, die auch fr normale ~ -' Trger wichtig ist. Viele sehen mit : harten Linsen besser und schrfer CIl

    ~ als mit weichen. Das liegt daran, ~ dass der Durchn1esser der harten ~ g Kontaktlinsen kleiner ist als der

    Die Kontaktlinsen-Implantate ICL von Staar Surgical werden stark Kurzsichtigen empfohlen. Dabei wird eine Spezial-linse (unten) ber die natrliche Linse

    Intraokulare Kontaktlinse (ICL)

    Linse

    gestlpt. Vor dem fnfzehnmintlgen ambulanten Eingriff wird das Auge mit Tropfen betubt. Die knstliche Linse bleibt permanent im Auge

    1. Die zusammengerollte Linse wird durch einen kleinen

    Schnitt injiziert

    2. Die eingefhrte Linse entfaltet sich ber der

    natrlichen Linse

    3. Die vier Ecken der Linse werden unter die

    Regenbogenhaut geschoben

    Auch das gibt es: Kontaktlinsen fr die Nacht. Am nchsten Tag ist die Kurzsichtigkeit besiegt - fr zwlf Stunden

    Durchmesser der Hornhaut. So werden Unregelmigkeiten der Hornhaut und Brechungsfehler des Auges besser ausgeglichen als mit weichen Haftschalen. Ein weiterer Vorteil ist die einfachere Pflege.

    Leider gibt es auch gravierende Nachteile: Weil harte Linsen in ihrer Form stabil sind, haben viele Trger vor allem in der Anfangszeit

    das Gefhl, einen Fremdkrper im Auge zu haben. Zudem gleiten har-te Linsen bei jeder Augenbewegung auf der Hornhaut hin und her und gehen deshalb schnell verloren.

    Weiche Linsen dagegen nehmen die Form der Hornhaut an und sitzen somit fest. Genau deshalb eignen sie sich leider auch nicht dafr, komplizierte Brechungsfeh-ler des Auges auszugleichen. Die meisten Betroffenen ziehen sie den-noch den harten Linsen vor, denn man sprt sie beim Tragen nicht. Teilweise vergessen viele sogar, die weichen Kunststoffscheibchen he-rauszunehmen.

    OS I 2010 PM. 53

  • .J F-"---+--+--+-+---l---+-+---f-,--t-----'~

    In der Vergangenheit fhrte das Beuth Hochschule in Berlin den oft zu gesundheitlichen Problemen: Praxis-Bereich Kontaktlinsen lei-Der Sauerstoffbedarf des Auges tet. )Gut ist das auch, weil sich auf wurde nicht ausreichend gedeckt. diese Weise schdigende Keime Die Folge: In den 1970er Jahren nicht ausbreiten knnen. erblindeten in den USA zahlreiche Infektionen sollen durch die Kontaktlinsentrger, weil sie ihre jngste Kontaktlinsen-Innovation Haftschalen zu lange getragen hat- vermieden werden: weiche Tages-ten und die Augen dadurch nicht linsen aus Silikonhydrogel. Sie sind ausreichend mit Sauerstoff versorgt viel sauerstoffdurchlssiger als die wurden. Zum Glck kommt das bisherigen Materialien. Zudem er-mittlerweile nur noch in extremen laubt das Silikon dem Auge zu at-Ausnahmefllen vor. men - selbst wenn es mit der Kon-

    Heute geht der Trend bei wei- taktlinse abgedeckt ist. ehen Linsen zu immer krzeren Auch bei harten Linsen gibt es Austauschzeiten, sagt Physik- eine Innovation: die Haftschale Professor Peter Moest, der an der nach Ma. )) Durch neuartige Ge-

    54 PM 05 I 2010

    Elektronische Patienten-dateikarte fr personalisierte Haftschalen (0.). Darunter: Darstellung von Brechwert-vernderungen der Hornhaut

    Mit dem Oculus-Keratografen der Freiburger Firma Hecht wird die Hornhaut des Auges zur Anfer-tigungma-geschneiderter Kontaktlinsen vermessen

    rte knnen die Augen viel genauer vermessen werden , sagt Moest. Man muss kein Standardmodell mehr kaufen, sondern kann sich die Linse wie einen Anzug indivi-duell fertigen lassen.

    Deutschlandweit der einzige Produzent und Anbieter solcher personalisierten Anpasscontact1in-sen (ACL) ist die Firma Hecht aus Au bei Freiburg. Mit dem soge-nannten Oculus-Keratografen wird die Hornhaut des Auges vermessen und ihre Topografie bewertet, er-klrt Silke Lohrengel, Diplom-In-genieurin im Bereich Augenoptik bei Hecht. )Verschiedene mathe-

    m

    ~ ~

  • Beim Spaziergang durch Rom werden in die Kontaktlinse Infos ber die besichtigten Sehenswrdigkeiten eingespielt

    matische Analyseverfahren geben Auskunft ber Form, Abflachung und Unregelmigkeiten der Ober-flche.

    Die individuelle Kontaktlinse kann erst zur Probe getragen wer-den, um zu testen, ob sie bequem sitzt. Anschlieend werden eventu-ell notwendige Korrekturen vor-genommen, das Material der Linse wird auf den Trnenfilm ab-~ gestimmt und Sehstrke sowie

  • I.Q. Logik-Trainer Nachdem Kerstln Ihre belden Kinder In die Schule gebracht hat, plaudert sie noch ein wenig mit anderen Mttern, die Ihre Kinder ebenfalls dort abgeliefert haben. Welche Frau (Vor- und Nachname) hat welche belden Kinder?

    1. Eine der Frauen heit Ruth Drechsler.

    2. Alexander und seine Schwester Britta sind nicht die Kinder von Leonore.

    3. Eines von Giselas Kindern heit Christian.

    4. Annika Richter hat eine Schwester. t-------+-r--.,.....-r---,--t--r---,-.,.....-r--t-.,.--r---r-~_1 5. Die Kinder von Frau Drechsler

    BettIna

    GiseIa

    Kerstln

    Leonore

    Ruth

    BrItta

    Dennis

    FIona

    0Iver

    AIexander

    AnnIka

    AUFLSUNG IM NCHSTEN HEFT

    I.'.tunt::! ~~

    56 PM. 05 / 2010

    t~r!l.:I,' r!,.'., ~ .1 ~I!'!L..'! IJ

    Ilaben das gleiche Geschlecht. Gleiches gilt fr den Nachwuchs von Frau Laurentzen.

    6. Fiona und Julia sind keine Geschwister.

    7. Eines von Bettinas Kindern heit Hannah.

    8. Oliver hat den Nachnamen Imme!.

    I. rPl~I:a..':~I~I'J

    UND 50 GEHT'5: Zum Lsen des Logik - Trainers brauchen Sie nichts weiter als einen Stift und einen khlen Kopf. Lesen Sie bitte zunchst den T ext des Rtsels und die Hinweise im Kasten. Wenn Sie nun alle Informationen aus den Hinweisen In das nebenstehende Diagramm eintragen, dann kommen Sie Schritt fr Schritt auf die Lsung. Machen Sie ein Pluszeichen (+) fr jedes sichere Ja und ein Minuszeichen (-) fr jedes eindeutige Nein. So ergeben sich im Diagramm neue (positive und negative) Informationen, die sich wiederum mit einem Plus- oder Minuszeichen markie-ren lassen. (Wenn Sie zum Beispiel wissen, dass x=y ist, und dann herausfinden, dass y nicht z ist, dann haben Sie die neue Informa-tion gewonnen, dass x nicht z ist. Machen Sie also in das Feld x/z ein Minuszeichen.) Smtliche gesuchten Angaben entstehen logisch zwingend. Sie brauchen also nicht zu probieren oder gar zu raten. Aber: Lesen Sie Jeden einzelnen Hinweis genau. Tragen Sie bitte in die Tabelle unten Ihre Ergebnisse ein. brigens: Auch kluge Kpfe brauchen fr dieses Rtsel durchaus 30 Minuten oder mehr.

    AB 7.5.2010 IM HANDEL: Die Sonderausgabe P.M. Logik-Trainer

    5/10: 28 unterschiedlich schwere Aufgaben mit ausgewhlten

    Lsungsbesprechungen, 1,90 Euro

  • Rtsel

    WAAGERECHT 1 Frher Herrscher Venedigs 4 HUNECK 9 In Koffer tun 14 Iberischer Vor - 15 Menschen, die das konnten, waren fr-her begehrt (s. Bericht) 16 Spucktier 18 Sieger der Schlacht von Trafalgar 19 Altrm.lnnenhof 21 Nicht hei, nicht kalt 22 Manifestiert sich nachweisbar im Gehirn (5. Bericht) 23 Bundeslandfluss 24 1989 Literatur-Nobelpreistrger 25 Kampfplatz 27 Sargassoseegeborener 29 Psalmenzei-chen 31 Leiterin eines Nonnenklosters 34 Anhnglich, be-stndig 36 Lat. ich 37 Engl. sie 39 Weltalter 41 Kontaktieren die Augen (s. Bericht) 43 Der Kampf um seine Ressourcen hat begonnen (s. Bericht) 45 Programmierpionierin (Vorn. und Programmiersprache) 46 Kleinster ind. Bundesstaat 48 Zwischen Attmhl und Regen 51 Ausgeruht 54 Totaler TV -Mensch (Nachn.) 56 Insel bei Sumatra 57 Waschraum 59 Oriental. Laute 61 GAUSEZ 63 Merkelt sich so durch 65 Griech. Unheilbringerin in der Mythologie 66 Mohr von Ve-nedig 71 UmgangssprachI. Verstand 74 Vorbeter in der Mo-schee 77 Landschaft in Palstina 78 Hinterlassenschaft 79 Fruchtgetrnke 81 Apparat 83 Eile 85 Andauernder Nach-name 87 Seine zukunft liegt im Strombetrieb (s. Bericht) 88 Nebenfluss der franz. Sarthe 89 In ihnen soll knftig Nahrung wachsen (s. Bericht) 91 Servus 92 Abzugsgraben 93 Franz. unbest. Artikel 94 Den Tag nicht vor ihm loben 95 In Germanenstein geritzt 96 TREISA.

    SENKRECHT 1 St an der Nordseekste 2 Soll auch in der Stadt angebaut werden (5. Bericht) 3 Arianes Laden 4 Frster im Frei-schtz 5 Richthofens Kamerad 6 US-Waffe{nfabrik) 7 Amor der Griechen 8 Alias Gabriele Susanne Kerner 9 Altgypt. Herrscher 10 Eng!. Ameise 11 Vornehmer Ge-seIlschaftskreis 12 Beingelenk 13 Khoikhoistamm 17 Wappentier 20 Spaig 22 Kurze dt. politische Partei 26 Stadt gegenber von Dsseldorf 28 Pionier der modernen Optik 30 Golfstadt im Jemen 32 Stadt in Nevada 33 Windrichtung 35 Eng!. berraschungs-angriff 38 Schwester = Gattin des Zeus 39 Knnen durch moderne 41 waager. besser sehen (s. Bericht) 40 Grte Stadt in Nebraska 41 Stadtteil von Duisburg 42 Rgur von Niki de Saint Phalle 44 Lngster Afrikaner 47 NEI-TOR 49 Erlebten ihr Waterloo beim European Song Con-test 50 verkaufsstand 52 Nebenfluss der Untereibe 53 Auch Brutto - Netto 55 Hat frher Aotofahrer gergert 58 Flink 60 Span. Schreckensherrscher ber die Niederlande 61 Linse zum Heranholen 62 Der Run auf die des Erdtra-banten beginnt (5. Bericht) 63 Mutter des Peer Gynt 64 Segeltampen 67 War mal dt. Kolonie 68 Zweitlngster nach dem Tajo 69 Windschattenseite 70 Hchster liroler 71 Sitz des postulierten bersinnlichkeits-Moduls (s. Bericht) 72 Kurzes Himmels-Habitat 73 Feierliches Ergriffensein 75 Studentenkampf 76 Sage 80 Hamburger Lagune 82 Stadt in Rumnien 84 Opernsolo 86 Tragen die Erbanlagen 87 Ausge-storbener neuseel. Vogel 90 Franz. nach Art von.

    LSUNGEN AUS P.M. 4/2010

    Elternteil Kind Alter leidet unter Alexander Felix fnf Jahre Ohrenschmerzen Dagmar Philipp acht jahre Hustenreiz Hanna Laura sieben Jahre Schlafstrungen Klaus Nele neun Jahre Hautasschlag Sybille Ben sechs Jahre Heuschnupfen

    AUFLSUNG IM NCHSTEN HEFT

    ~ ........ , ....... ~ ___ ZU gewinnen* Bel diesem Rtsel geht es nicht nur um Definitionen und Ihre Auslegung. Einige der gesuchten Wrter stehen schon fertig da - allerdngs als Buchstabensa-Iat, der entwirrt werden muss (NERG = GERN, ABST = BAST oder STAB). DIe Buchstaben In den grnen Feldern ergeben das Lsungswort. Unter den 8nsendern des Lsungsworts verlost P.M. 10 Jahres-Abomements Im Wert von Je 38,40 Euro. Sie haben drei Mglichkeiten, das Lsungswort an P.M. zu schicken: per Postkarte an Redaktion P.M., Kemwort: Kreuzwortrtsel, Postfach 801527, 81615 MUnchen, per Fax an (089) 4152-500 oder an folgende E-Mail-Adresse: [email protected] EInsendeschluss Ist der 5.5.2010. Der Rechtsweg Ist ausgeschlossen. .) Aus rechtlichen Grnden gilt dieses Angebot niCht In stem!lch.

    EUCH . GHETTO.UNEGAL N.HAMLET . HEILIGE . U OALI . ABAKUS . SEMMEL IBO . ANET . NEST.OAHU VIREN . ERN . E. I.IGLU RETURN ELOE . M .Z.ONA . O. LTE AIRE . R URANIA VAETER FAM.E . I . M. O. E. BARI SMILEY RIEGEL OUSE . E . H. I . K .S . ILL ANCONA WIESEL S . H. M. AKA . F. SPARSAM . WANST . RATE . ORA . ROTOR . STALL . N FLIPPER . HALO . R. FOG . ASSE . BANOA . AMOEBE ARM . SEI.E.GRAU . LSN . EAST . OINGO.STAOT.

    GEWINNER DES KREUZWORTRTSELS AUS P.M. 3/2010

    Das Lsungswort hie Erzbischof. Der vergrerte Bildausschnitt befand sich auf Seite 54. Die 10 P.M.-Jahresabos haben gewonnen: Helmut Ppke, Treuenbrietzen; Deniz Schfer, Freiburg; Georg Spath, Offenburg; Marie-Luis Thielcke, Hogenow; Manfred Koss-mahn, Kronach; Angelika Best, Mainz-Kastel; Dominik Horn, Winnenden; Heinz Kmmel, Schiffweiler; Georg Moser, Krefeld; Heidemarie Roa, Schulzendorf.

  • '" W ...J
  • Das deutsche Project Enter-prise will Touristik -Flge ins All von Sachsen-Anhalt aus starten (beide Bilder links)

    Das amerikanische Unternehmen SpaceX macht vor, dass sich bemannte Raumflugtechnik auch mit privaten Mitteln entwickeln lsst. Seine Rakete Falcon fliegt bereits

    fnf Jahre, bevor Schtzings Li-mit spielt - wollte die NASA wieder Menschen zum Mond brin-gen. Dazu hatte der vorige US-Prsident George W. Bush das Programm Constellation aufge-legt, eine Art modernisierte Fas-sung des Apollo-Programms. Die NASA hatte den Plan, zwei neue Raketen und eine vllig neue Kap-sel zu bauen, um ihre Astronauten auf dem Erdtrabanten landen zu lassen. Doch Ende Januar dieses Jahres stoppte Bushs Nachfolger Barack Obama berraschend das Constellation-Programm - nach-dem es bereits neun Milliarden Dollar verschlungen hatte. Das Programm sei hinter dem Zeitplan, zu teuer und nicht innovativ genug, beschied

    Obama. Sind die USA damit aus

    dem Rennen? Keineswegs. Die Amerikaner haben zwar Constellation auf-gegeben, aber nicht das

    Vorhaben, zum Mond zu fliegen. Der neue NASA-

    Haushalt frdert private Un-ternehmen dabei, Technologien fr bemannte Mondflge zu entwi-ckeln. Statt alles selbst auszutf-teln, lsst sich die NASA von der Industrie helfen. Die Privatwirt-schaft knnte Routineaufgaben wie Weltraumtaxis in den Orbit schneller und billiger erledigen, whrend die NASA sich auf die groen Herausforderungen kon-zentriert.

    Manche, die sich auskennen, halten es fr mglich, dass die Amerikaner mit der neuen Strate-gie sogar noch schneller zum Mond zurckkehren werden. NASA-Vi-zechefin Lori Garver antwortete auf die Frage eines Reporters, ob sie erwarte, in ihrer Lebenszeit As-tronauten auf dem Mond gehen zu sehen: Ja, und ich kann mir vor-stellen, selbst dort zu gehen.

    Und selbst wenn der Favorit schwcheln sollte, wird das Ren-nen nicht weniger spannend. Im

    Gegenteil. Es wird die Konkurrenz anspornen. Gut mglich, dass die Zukunft der bemannten Mondfl-ge in der kommerziellen Industrie liegt. Es knnte werden wie in der Frhzeit der Luftfahrt. Zunchst waren staatliche Behrden und das Militr die Triebkrfte, aber bald schon bemchtigte sich die private Wirtschaft der Sache. Wenn wir heute fliegen, dann nicht mit staat-lichen Maschinen, sondern mit der Lufthansa oder Virgin Atlantic. Warum also sollten wir nach einem halben Jahrhundert bemannter Raumfahrt nicht kommerzielle Raumschiffe besteigen?

    DIE PRIVATE WELTRAUMBRANCHE for-miert sich bereits. Das amerika-nische Unternehmen Space X ent-wickelt Raketen, die die Eigen-entwicklungen der NASA ersetzen knnen. Bigelow Aerospace hat aufblasbare Module fr ein Welt-raumhotel im Orbit getestet - ein Konzept, das die NASA auch fr Mondstationen erwgt. Virgin Ga-lactic will Ende dieses Jahres den kommerziellen Flugverkehr in den Orbit beginnen. Ein Sitzplatz im SpaceShipTwo ist fr 200000 Dol-lar zu haben. Beim Konkurrenten Space Adventures kann man schon jetzt Flge in den Mondorbit bu-chen, fr 100 Millionen Dollar. Auch Deutschland spielt mit: Das Project Enterprise will von Cochstedt (Sachsen-Anhalt) aus mit selbst entwickelten Raketen-flugzeugen zu suborbitalen Flgen starten.

    Nicht nur die US-Weltraumbe-hrde frdert die Mondflugplne privater Unternehmen, sondern auch der Internet-Riese Google. Der Suchmaschinen-Betreiber hat einen Wettbewerb dafr ausge-schrieben, einen privatfinanzierten Roboter auf dem Mond landen zu lassen. Dem Gewinner dieses Google Lunar X-Prize winkt ein Preisgeld von 20 Millionen Dollar, der Zweite bekommt immerhin noch fnf Millionen. ~

    OS / 2010 PM 61

  • Auf den ersten Blick ist der Mond ein unwirtliches Terrain. Nur Staub und Steine, kein biss-chen Luft zum Atmen, Tempera-turen nahe dem absoluten Null-punkt. Der klteste bekannte Ort des Sonnensystems, gefunden letztes Jahr von einer amerika-nischen Sonde, liegt im Schatten eines Mondkraters. Dort wird es nie wrmer als minus 240 Grad Celsius. Selbst auf dem Pluto ist es milder. Die Extrembedingungen auf dem Mond kommen Forschern

    Am 9. Oktober 2009 lie die NASA Ihre Sonde LCROSS auf den Mond abstrzen (r.). Spter fand sie Spuren von Wasser Im aufgewirbelten Staub

    Der klteste bekannte Ort des Sonnensystems liegt im Schatten eines Mondkraters. Dort ist es noch eisiger als auf dem fernen Pluto gerade recht. Fr Versuche im Va-kuum brauchen sie dort keine Kammern und Pumpen, es reicht, vor die Tr zu gehen. Auch die Klte ist praktisch, zum Beispiel fr Experimente mit Supraleitern. Je nher die Forscher hinsehen, desto spannender finden sie den Mond. Letztes Jahr entdeckte die japanische Mondsonde Kaguya ein seltsames Loch in einer Hgel-gegend, 65 Meter im Durchmesser und mindestens 80 Meter tief. Es wre ein guter Bauplatz fr eine Mondbasis oder ein Startpunkt fr Erkundungsbohrungen.

    Es lohnt sich, im Mondboden zu whlen. Letzten Herbst lie die NASA eine ihrer Mondsonden mit Karacho in den Mond einschlagen und fand Wasserspuren im auf-gewirbelten Staub. Eine entschei-dende Entdeckung, denn Mondbe-wohner brauchen etwas zu trinken. Wasser ist auf dem Mond wert-voller als Gold, sagt der amerika-nisehe Physiker Michio Kaku.

    berhaupt ist der Mond, che-misch betrachtet, recht einladend. Mondstaub enthlt reichlich Was-serstoff und Sauerstoff. Aus diesen

    62 PM. 05 / 2010

    Die Einschlag-steIlevon LCROSS lag nahe dem Sdpol des Mondes. Doch auf den Bildern sahen selbst Experten zunchst fast nichts von dem Crash (u.)

    Elementen lassen sich Wasser und Raketentreibstoff erzeugen, der Sauerstoff ist lebenswichtig fr As-tronauten. Der Mondboden ist zudem reich an Metallen wie Eisen, Nickel, Titan und Aluminium und an Silizium fr Solarzellen. Das Baumaterial fr Mondstationen liegt also bereit! Zudem lieen sich dort seltene Elemente wie Iridium abbauen und auf der Erde teuer verkaufen. Vielleicht liegt sogar die Zukunft unserer Energieversor-gung auf dem Mond. Es war das Vorkommen von Helium-3, das Frank Schtzing dazu bewog, Li-mit zu schreiben. Der Roman dreht sich um einen Milliardr, der das Gas auf dem Mond abbaut. Helium-3 ist der perfekte Brenn-stoff fr Fusionsreaktoren, die ir-gendwann einmal Kohle und Kern-kraft ablsen sollen. Ein paar Raumschiffladungen Helium-3 wrden den globalen Strombedarf fr ein Jahr decken.

    Das ist keine reine Science-Fic-tion. Tatschlich hat das russische Raumfahrtunternehmen Energija konkrete Plne, lunares Helium-3 zu frdern und zur Erde zu schi-cken. Dann allerdings beginnen die Probleme, denn noch wei nie-mand, wie man einen Fusionsreak-tor bauen soll, der mehr Strom liefert, als er verbraucht.

    Wer glaubt, dass solche Hrden den Drang zum Mond bremsen werden, htte vor einem Jahrhun-dert wohl auch ber die zwei Fahr-radmechaniker gelacht, die im amerikanischen Stdtchen Dayton an einem grotesken Fluggert bas-telten. Es waren die Gebrder Wright, die Pioniere des Luftfahrt-zeitalters. ~~

    WEBWEISER

    Das Project Enterprise: www.european-spacetourism.eu

    Der Google Lunar X-Prize: www.googlelunarxprize.org

  • Der Agulhas-strom passiert

    aus stlicher Richtung kom-

    mend Sdafrika (Bild I., rot). Der Golfstrom (Bild r., rot) fliet an

    der US-Ost-kste (schwarz) vorbei Richtung

    Europa

    66 PM. os / 2010

    TEXT: MARTIN TZSCHASCHEL

    W arum nur heit es immer, der sd-lichste Punkt Afrikas sei das Kap der Guten Hoffnung? Ein Blick auf die Karte zeigt: Noch sdlicher liegt das Kap Agulhas, ein Ort, an dem Seeleu-te ihre Hoffnung verlieren - Hunderte haben vor der Kste ihr Leben gelassen. Mehr als 120 Schiffe ver-sanken hier in den letzten dreihundert Jahren im strmischen Meer. Nicht einmal moderne Tanker knnen den Agulhasstrom vor Afrikas Sdspitze oh-ne Risiko passieren. Er ist sehr gefhrlich , sagt der US-amerikanische Ozeanograf Libe Washburn. Selbst auf einem groen Schiff ist man nicht sicher.

    Vor allem zwischen September und November er-reichen die schweren Orkane an der Nahtstelle zwi-schen Indischem Ozean und Atlantik Geschwindig-keiten von bis zu 180 km/ho Das allein bedeutet schon Gefahr. Wenn aber die aus dem Indischen Ozean kommende Agulhasstrmung fast frontal auf die at-lantischen Sturmwellen stt, kann es noch schlimmer werden: Urpltzlich bilden sich 30 oder sogar 40 Meter hohe Monsterwellen und abgrundtiefe Wellen-tler. Die Gewalt des Wassers knackt den sthlernen Mantel eines Schiffes wie eine Eierschale. 200 Meter lange Frachter sind hier schon in wenigen Minuten gesunken. Im schlimmsten Fall bleibt der Besatzung nicht einmal Zeit fr einen Notruf.

    Unglubig staunt man, wenn Wissenschaftler nun verknden: Ausgerechnet der tdliche Agulhasstrom

    knnte uns im weit entfernten Europa vor einer Kli-makatastrophe bewahren.

    Es hrt sich vielleicht eigenartig an, dass Str-mungen rund um Sdafrika unser Klima beeinflus-sen, sagt Arne Biastoch, Meeresforscher am Leibniz-Institut fr Meereswissenschaften (lFM-Geomar) in Kiel. Aber vieles deutet darauf hin: Der vom Indischen Ozean nach Sdafrika flieende Agulhasstrom wird vermutlich zum Retter fr den krnkelnden Golfstrom - und von dessen Wohlergehen hngt bekanntlich unser eigenes ab.

    Vor vier Jahren sorgte die alarmierende Meldung britischer Forscher fr Aufsehen: Der Golfstrom schwcht sich ab und mit ihm die europische Klima-heizung. Sie bewirkt, dass im Mai auf dem 54. Brei-tengrad in Schleswig-Holstein Khe auf grnen Wiesen weiden, Obstbume blhen, sich die Cam-pingpltze fllen. Zur selben Zeit auf demselben Breitengrad in Kanada mit derselben Dosis Sonne: dunkle Wlder, Taiga und Tundra. Ein amerikanisches Sibirien, vom Golfstrom nicht erwrmt. So hnlich wre es auch in Europa, wenn die warme Meeresstr-mung ausbliebe. Der Film The Day After Tomorrow fand schockierende Bilder fr die Gefahr: die Nord-halbkugel bedroht von Eis und Schnee, ganz Europa in klirrender Klte erstarrt.

    Das war nicht aus der Luft gegriffen, denn der Golfstrom ist trotz seiner Gre - er fhrt mehr Was-ser mit sich als alle Flsse der Erde zusammen - durch-

  • aus labil: Er funktioniert nur, wenn Temperatur und Salzgehalt in etwa stabil bleiben - und das ist in Zeiten des rapiden Klimawandels nicht mehr gewhrleistet.

    Der Strom startet im Golf von Mexiko, wo er Wrme tankt; seine Energie entspricht der von meh-reren hunderttausend Atomkraftwerken. Dass diese Meeresstrmung berhaupt in Gang kommt, liegt am Wind, der wiederum durch Temperaturunterschiede (viel Sonne am quator) und durch die Drehung der Erde entfacht wird. Auf dem Weg nach Norden in den Atlantik verdunstet ein Teil des Wassers und erwrmt die darberliegende Luft. Sie sorgt fr mildes Klima auch weit vom Ursprungsort entfernt .

    Im Norden khlt das Wasser ab. Da kaltes Salz-wasser schwerer als warmes ist, sinkt es zum Meeres-boden: Nrdlich von Island und in der Labradorsee zwischen Kanada und Grnland fllt es in gigan-tischen Sulen, sogenannten Chimneys, bis zu drei-tausend Meter in die Tiefe: die mchtigsten Wasser-flle der Erde.

    Unten angekommen, tritt die Strmung den lan-gen Rckweg zum Golf von Mexiko an, als Teil ei-nes riesigen erdumspannenden Frderbandes in den Ozeanen. Die Wissenschaftler nennen es thermo-haline (Temperat ur und Salz betreffende) Zirkula-tion, weil im Wasser unaufhrlich Wrme und Salz um den Globus kreisen. Der Warnruf der britischen Forscher, dass der Golfstrom sich abschwche, bezog sich genau darauf: auf eine dramatische Verringerung der thermohalinen Zirkulation, mit der Folge, dass Europa die Vereisung drohe.

    INZWISCHEN SIND VIER JAHRE VERGANGEN, und es steht fest, dass sich die Wissenschaftler geirrt haben. Sie hatten zu wenig Messinstrun1ente eingesetzt und diese zu selten abgelesen; so hielten sie typische Schwankungen des Golfstroms fr Normalwerte . Lngst haben sie ihre Aussagen revidiert. Aber eines konnten sie nicht mehr rckgngig machen: die Angst vor einer neuen Eiszeit.

    Und die ist nach wie vor berechtigt. Denn im Nord-atlantik schmelzen, durch den Treibhauseffekt be-dingt, die Eisberge schneller als erwartet. Das Wasser, aus dem sie vor langer Zeit entstanden sind, stammt berwiegend von Festland-Gletschern, ist also S-wasser. Es verringert den Salzgehalt des Meeres. Dieses salzarme Wasser hat eine geringere Dichte und sinkt langsamer in die Tiefe. Das bedeutet: Die Zirkulation des Golfstroms erlahmt, die Klte nimmt zu.

    Mehr Salz wre die Rettung. Aber woher soll es kommen? Jetzt haben Wissenschaftler der Universi-tten Kapstadt und Kiel die Antwort gefunden: Der Agulhasstrom knnte helfen.

    Diese mchtige Meeresstrmung transportiert 70 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Wenn sie

    Sdafrika erreicht, macht sie eine abrupte Kehrtwen-de und fliet zurck. Am Umkehrpunkt passiert etwa alle drei Monate etwas Merkwrdiges: Riesige Was-serwirbel mit mehreren hundert Kilometern Durch-messer spalten sich ab; ihre Drehbewegung ist noch in 5000 Meter Tiefe am Meeresgrund sprbar. Diese mchtigen Wirbel flieen in den Atlantik und liefern dem Golfstrom nicht nur Wasser, sondern auch Salz. Millionen von Tonnen. Es dauert zwar einige Jahr-zehnte, bis das Salz im Norden des Atlantiks ange-

    Eine Messboje wird im Atlantik stationiert. Sie soll im Golfstrom Temperatur, Salzgehalt und Strmung ermitteln und diese Daten ber Satelliten an Land senden

  • Eine von vielen: Rund 3000

    Argo-Floats schwimmen

    zurzeit in den Weltmeeren.

    Wenn sie auf-tauchen, funken

    sie ihre Mess-daten selbst-

    stndig an Land

    68 PM. 05 / 2010

    kommen ist, weil es sich langsamer fortbewegt als die Wellen, sagt Arne Biastoch, aber dann kann es dort oben helfen, den Golfsrrom zu stabilisieren.

    BISHERIGE KLIMAMODELLE hatten das bersehen, weil das Netz der Messungen vor Sdafrika zu grobmaschig war. Erst die Kieler Forscher haben mit neuen Com-putermodellen die entscheidene Rolle des Agulhas-stroms erkannt. Ihre jngsten Simulationen zeigen: Normalerweise bilden Westwinde eine Sperre zwi-schen Indischem und Atlantischem Ozean, doch seit einigen Jahren verschieben sich die Windsysteme auf der Sdhalbkugel in sdliche Richtung. Dadurch entsteht vor dem Kap Agulhas Raum, in dem nun vermehrt Salzwasser aus dem Indischen Ozean um die Sdspitze herum in den Atlantik flieen kann.

    Die Sddrift der Windfelder ist vermutlich eine Folge des Ozonlochs und des Treibhauseffekts. Es ist schon verrckt, was alles passiert, weil der Mensch die Klimaheizung aufdreht: Im Norden schmelzen die Eisberge, versen das salzige Wasser, bremsen den Golfstrom - und im Sden verndern aus demselben Grund Meereswinde ihre Richtung, bis das Salz des Agulhasstroms den Golfstrom wieder munter macht. Zuerst erzeugen wir den Salzmangel, dann gleichen wir ihn aus. Hoffentlich geht diese Rechnung auf.

    Was passiert, wenn sich die Hoffnung auf den Agulhasstrom nicht erfllt? Wenn der Golfstrom doch langsamer wird? Berechnungen zeigen: Die nachlas-sende Meereszirkulation wrde den Treibhauseffekt abmildern. Statt der befrchteten Temperaturerh-hung von vier bis sechs Grad Celsius wrde der Zu-wachs nur bei einem bis vier Grad liegen. Derselbe Golfstrom, der heute unsere Klimaheizung auf an- I genehm warm stellt, knnte also dafr sorgen, dass sie nicht zu viel Hitze liefert.

    Um herauszufinden, was tatschlich passieren wird, arbeiten die Forscher zurzeit auf Hochtouren. Eine schwierige Aufgabe: Wenn man die Atmosphre

    erforscht, kann man schon von Weitem die Wolken sehen - aber die Ozeane sind dunkel und sehr viel schwerer zu beobachten, sagt Professor Detlef Stam-mer, Meereskundler an der Uni Hamburg.

    Ein Heer von Messgerten soll jetzt Licht ins Dun-kel bringen: Fest verankerte Bojen, mit der Strmung treibende Sonden (Floats) sowie Tauchgerte ( Gli-der) messen Temperatur, Salzgehalt und Strmung des Golfstroms. Die ermittelten Werte senden sie au-tomatisch ber Satelliten an Land. Eines der For-schungsprojekte, die diese Daten nutzen, ist das von den USA und Grobritannien finanzierte Programm Rapid Watch. Es soll bis zum Jahr 201 4 laufen.

    Solche Projekte gab es aber auch schon in der Ver-gangenheit. Besitzen die Wissenschaftler nicht allmh-lich gengend Daten? Das Problem beim Golfstrom ist ja, dass wir nicht wissen wollen, was ist, sondern was sich ndert, sagt Peter Brandt, Professor fr Meeresforschung an der Uni Kiel. Und das geht nur langfristig. Sein Hamburger Kollege Detlef Stammer meint sogar: Wenn man statistisch gen aue Aussagen ber Klimavernderungen haben will, dann muss man im Grunde hundert Jahre lang messen.

    WIE WICHTIG AUCH beim Agulhasstrom ausfhrliche Messungen sind, zeigt ein Phnomen, das die Wissen-schaftler zunchst irritiert hat: Einige Male im Jahr ist er scheinbar komplett verschwunden. Htte man dies nur bei einer Einzelmessung registriert, wre man womglich zu dem falschen Schluss gekommen, dass die Meeresstrmung vollkommen versiegt wre. So aber, dank lngerfristiger Beobachtung mithilfe von Satelliten, wei man: Grorumige Wasserwirbel drngen den Agulhasstrom zwar um mehrere hundert Kilometer nach Osten ab, aber immer nur vorberge-hend. Danach luft alles wieder wie zuvor.

    Mehrere wissenschaftliche Teams wollen den Agul-hasstrom nun intensiv und ber Jahre hinweg beob-achten und simulieren. Sie kommen unter anderem aus Deutschland, Holland, Japan, Sdafrika und den USA. Eine Dachorganisation (Scientific Committee on Oceanic Research, SCOR) koordiniert die Arbeit der einzelnen Gruppen. Arne Biastoch leitet das Pro-jekt zusammen mit einer Kollegin aus Miami. Und er ist sicher, auch mit Blick auf den Golfstrom: In drei Jahren sind wir ein gehriges Stck weiter. ~~

    WEBWEISER --,

    Meeresstroill- Simulat ion www.ifm-geomar.de/fileadmin/ifm-geomar/fuer _ alie/institutiPR/Video/ Agulhas-global_ temp_ speed_ 450m-ger.mpg

  • Der viertrige Elektro-Peugeot

    iOn kann fr monatlich 500

    Euro brutto inklusive

    Wartungskosten geleast werden. Reichweite 130 km, Betriebs-

    kosten 1,50 Euro pro 100 km

    Ee tro itz

  • er im Praxistest Die Revolution an der Steckdose - jetzt startet

    sie durch. Alle Experten glauben an die Zukunft der Elektroautos, auch wenn noch groe Probleme

    zu lsen sind. Daher laufen allein in Deutschland in acht Ballungsgebieten umfangreiche Tests. P.M.

    kennt die ersten Ergebnisse: Es luft besser, als mancher Skeptiker fr mglich hielt

  • TEXT: WOLFGANG STEGERS

    Sie knnen nicht irren: 1,3 Milliarden Chinesen. Im be-vlkerungsreichsten Land der Erde werden jedes Jahr ber 20 ~1illionen Motorroller mit Elektro-antrieb produziert - und damit mehr Elektro- als Benzinfahrzeuge. War frher im Reich der Mitte das Fahrrad Synonym fr die Fort-bewegung, ist es heute der Elektro-Scooter.

    Experten warnen schon lange davor: Die Chinesen wollen den Markt der Elektrofahrzeuge be-herrschen. Auch deshalb schieen berall in den mit der alten Tech-nologie gesttigten Automrkten Europas, Asiens oder Nordameri-kas Elektroprojekte wie Pilze aus dem Boden berfllter Ballungs-zentren und geplagter Grostdte. Kein Monat vergeht, in dem nicht wieder ein Groversuch mit Elekt-rofahrzeugen angekndigt wird. Marktbeobachter beklagen in Deutschland allerdings ein groes Durcheinander, bei dem noch nicht zusammenwachse, was zusam-mengehre.

    IN DIESEM MONOPOLY spielen die Stromkonzerne als neue Marktteil-nehmer mit. Sie wittern das ganz groe Geschft. Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als eine kopernikanische Wende der Mobilitt: Benzin und Diesel ha-ben als Essenz fr den Antrieb der ~10toren ausgedient - Strom soll flieen. Gespeichert wird er in Bat-terien - die aber gehren noch zu den groen Unbekannten im Pro-jekt Elektroauto.

    Eigentlich schien dessen Zu-kunft bereits mehrfach abgehakt. Vor zwanzig Jahren hatte der R-gen-Versuch die mangelnde Taug-lichkeit der Elektromobilitt unter Beweis gestellt. Auch waren die Elektro-Visionen nach den Ener-giekrisen der 1970er Jahre und dem Club-of-Rome-Schock schnell

    72 PM. OS / 2010

    wieder verworfen worden. l war einfach zu billig, das krnkelnde Klima noch nicht diagnostiziert. Lediglich die Deutsche Bundespost hatte nach Ende des Zweiten Welt-kriegs einige Zustellfahrzeuge bat-terieelektrisch betrieben. Wer noch tiefer in die Geschichte steigt, erlebt ein Deja-vu, wenn er die Grnde fr die Ablsung der Elektroautos im Berlin der Kaiserzeit erfhrt: Batterien, die fr lange Strecken nicht gengend Saft parat haben, und Strom, der nicht berall und dann zu langsam fliet, um die Akkus viele hundert Mal flott auf-zutanken.

    Darber kann Horst Schulz nur schmunzeln: Der Leiter des Ho-ckenheimer Automobilmuseums

    ....... ... ,---

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    / 11 J / 1 _/ I

    stromert seit I3 Jahren gnstig, sauber und lautlos jeden Tag zur Arbeit und zurck; Reichweite sei-nes Golf III, Baujahr 1996: 70 Ki-lon1eter. Der Wagen, der ber 35 000 klaglos absolvierte Kilome-ter auf dem Tacho hat, ist einer von hundert City-Stromern, die VW gebaut hat.

    Bei ihnen ist die Reichweite immer eine Thema, sagt Schulz, auch wenn man sich daran ge-whnt. Zwar legt sich sein E-Golf beim Losfahren mchtig ins Zeug, doch die Hchstgeschwindigkeit ist begrenzt. Zu oft sollte man nicht Volllast fahren, sagt der Elektroingenieur, denn das saugt die Batterie leer. Auch Heizung und Licht sind starke Verbraucher, die den Bewegungsdrang ein-schrnken.

    Aber ist die geringere Reichwei-te wirklich eine Einschrnkung? BMW, Vattenfall und das Bundes-

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    ministerium fr Umweltschutz wollten es genau wissen. Professor Josef Krems vom Institut fr Ar-beitspsychologie der Universitt Chemnitz bekam den Forschungs-auftrag, die knapp hundert Teil-nehmer des gerade abgeschlossenen halbjhrigen Feldversuchs Elekt-romobilitt Mini E in Berlin zu befragen.

    Erstaunt hat uns, sagt Krems, dass mehr als 90 Prozent der Test-personen die Reichweite von durch-schnittlich 150 Kilometern ausrei-chend fanden . Zwei Drittel der Nutzer fhlten sich in dem Mini E genauso flexibel wie mit einem her-kmmlichen Fahrzeug. Lediglich in 14 Prozent der Flle war die Reichweite entscheidend, und nur vier Prozent der Fahrten konnte nicht angetreten werden, weil die Batterie nicht gengend geladen war. Damit besttigen die Be-fragten auch eine europische Sta-

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    tistik, wonach der Groteil der Fahrten in Ballungsgebieten 65 Ki-lometer nicht berschreitet.

    Auerdem stellte das Team von Krems fest : Die Versuchsteilneh-mer lernten recht schnell, den La-dezustand der Batterie richtig ein-zuschtzen und den Wagen nicht jedes Mal die ganze Nacht ber in der eigenen Ga rage oder andau-ernd am Arbeitsplatz ans Ladeka-bel anzuschlieen. )} SO, wie man sein Handy anfangs permanent in die Ladeschale legt, aus Angst, es nicht benutzen zu knnen, so stellt sich eine gewisse Gelassenheit ein, fanden die Forscher heraus.

    KRITIK HINGEGEN GAB ES beim Raumangebot und bei der Winter-ta ugl ich keit der Elekrro-T ech ni k: Die hinteren Sitze des umgebauten Minis mussten der Batterie wei-chen, und die Lithium-Ionen-Ak-kus verloren bei Klte erheblich an

    Ergebnis des Versuchs mit Elektrofahr-zeugen in Berlin: Gefhlt fahren die Tester weit mehr Kilometer als in Wirklichkeit. Daher ist die 150-km-Reich-weite der Batterie fr Citytouren kein Problem

    Tagespensum A-B Wohnung - Berlin Mitte: 18km

    B-C City - Studio Babelsberg: 40km

    A- E Wohnung - Kino: 15km

    E-A Kino - Wohnung: 18 km

    Insgesamt: 104 km Rolf Bauer hat die Fahrten eines normalen Arbeitstages notiert. Ergebnis: Die Batte-rie schafft es. Es bleiben 40 km Rest.

    Kapazitt, sodass sie ber 30 Pro-zent ihrer Leistung einbten. Zu-sammen mit dem erhhten Strom-bedarf durch Licht und Klima-tisierung sinkt die Reichweite an fros tigen Tagen dramatisch.

    BMW-SPRECHER Tobias Hahn weist jedoch darauf hin, dass der Elekt-ro-Mini ein konvertiertes Seri-enmodell sei, bei dem die Elektri -fizierung zustzlich in den Wagen eingebaut wurde. Der jngst auf dem Genfer Automobilsalon vor-gestellte Active E dagegen sei ein ausschlielich fr den Elektro-betrieb konzipierter Einser-BNIW, der die Mgl ichkeit der Vorkon-ditionierung von Batterie und In-nenraum bietet. Damit ist ge-meint : Wenn f