QSLs erzählen deutsche Amateurfunkgeschichte (10)

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FUNK-TELEGRAMM 1/2004 29 QSLs erzählen deutsche Amateurfunkgeschichte (10) von Leo H. Jung, DH4IAB Unsere in loser Folge im FT erscheinende Amateurfunkgeschichte Deutschlands, verfasst von Fachautor Leo H. Jung, DH4IAB (ex 9S4-SWL, ex F0ESF, ex DB2UF) soll die bisher erschienenen Bücher von W. F. Körner (Geschichte des Amateurfunks 1963) und E. Fendler - G. Noack (Amateurfunk im Wandel der Zeit 1986) ergänzen bzw. gegebenenfalls korrigieren. Für den Leser ist hilfreich, wenn er auf das Buch von Körner zurückgreifen kann, das beim FUNK-TELEGRAMM bezogen werden kann. Folge 10: Amateurfunk im 2. Weltkrieg 1939-1945 Beim DASD 1939-1945 Den Kriegsplanungen zufolge pünktlich zum 1.9.39 (Beginn des 2. Weltkrieges) wurden zunächst sämtliche Amateurfunk- Genehmigungen zurückgenommen und die Geräte eingezogen, eine Massnahme, die in fast allen kriegführenden Ländern, auch in der neutralen Schweiz, erfolgte. Der DASD amtierte weiter. Laut internen, dem Autor vorliegenden Rundschreiben des DASD von 1940-1941 wurde Schwarzsenden ausdrücklich als Landesverrat bezeichnet und mit Kriegsgericht und „auch in leichteren Fällen von Beihilfe“ mit „Konzentrationslager“ bedroht. Analog zur Reichsvergrößerung wurden neue Landesverbände aufgemacht. 1940 kamen hinzu: LV Q Sudetengau (nach Besetzung von Teilen der Tschechoslowakei) LV Y Danzig-Westpreussen und LV Z Warthegau (nach Einmarsch in die betreffenden Gebiete). Diese neuen LVs standen meist nur auf dem Papier. Entsprechende Rufzeichen traten nur ganz wenige auf: D4AHQ, D4CUQ und D4RMQ, D4AWYund D3KWY, ferner D4TOZ. Die Geschichte des DASD und der langsame Rückgang des CQ im Einzelnen bis zu seinem Ende ist hier nicht das Thema, sondern der durch QSL-Karten nachgewiesene Amateurfunkbetrieb. Der Leser möge das Buch von W. F. Körner zu Rate ziehen, der nicht angibt, woher er seine (nicht durch Originalunterlagen überprüfbaren) Informationen hat. Auch andere Amateurfunk- Chroniken sind dem Autor bekannt und gehen meist auf Körner’s Schilderungen zurück. Es gibt wieder Lizenzen Bald merkte das kriegführende Deutsche Reich, dass reichsdeutsche Amateurstationen das Image aufbessern könnten und eine Reihe Amateure durften weiterfunken oder bekamen neue Genehmigungen, jetzt vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW). Welche Rolle dabei der 1940 von den Nationalsozialisten eingesetzte, also nicht von den Mitgliedern gewählte DASD-Präsident Generalleutnant a. D., SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Ernst Sachs tatsächlich spielte, ist nicht nachprüfbar. Dass er dem DASD und manchem Funkamateur behilflich war, ist anzunehmen. Zu unterscheiden sind: Kriegsfunksende- genehmigungen, bei denen das bisherige Rufzeichen, auch vom militärischen Standort weiterbenutzt werden konnte, und 10 m-Sonderlizenzen, die ab Oktober 1943 neu ausgegeben wurden: neben einigen weiterlaufenden Calls neue unter D3K... und D3L... Dem Titel dieser Reihe entsprechend sollen hier die QSL-Karten selbst von der damaligen Amateurfunkgeschichte erzählen. Das Ende 1945 ist hinlänglich bekannt. Zusammenfassend sei festgestellt, dass trotz internationaler Absprachen über die Genehmigungsmöglichkeit für Amateurfunk (seit 1929) das Dritte Reich seinen Bürgern keinen allgemeinen Zugang zu einer Amateur-Sendelizenz, wie in anderen Ländern, ermöglichte. Erst die westalliierten Siegermächte erlaubten dies im Jahre 1949 für ihren Einflussbereich - erstmalig in der Geschichte des Amateurfunks in Deutschland. Die nächsten Folgen von ‚QSLs erzählen deutsche Amateurfunk- geschichte’ berichten vom Neuanfang nach 1945. Noch gehört Österreich zum Großdeutschen Reich: OM Siegfried Herburger, D3JNS aus Wien mit einer QSL-Karte vom 19.6.1944. Er war Deutscher Empfangsmeister beim DASD als DEM 7228, ferner OE 385, nach dem Kriege OE1HR.

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FUNK-TELEGRAMM 1/2004 29

QSLs erzählen deutsche Amateurfunkgeschichte (10) von Leo H. Jung, DH4IAB Unsere in loser Folge im FT erscheinende Amateurfunkgeschichte Deutschlands, verfasst von Fachautor Leo H. Jung, DH4IAB (ex 9S4-SWL, ex F0ESF, ex DB2UF) soll die bisher erschienenen Bücher von W. F. Körner (Geschichte des Amateurfunks 1963) und E. Fendler - G. Noack (Amateurfunk im Wandel der Zeit 1986) ergänzen bzw. gegebenenfalls korrigieren. Für den Leser ist hilfreich, wenn er auf das Buch von Körner zurückgreifen kann, das beim FUNK-TELEGRAMM bezogen werden kann. Folge 10: Amateurfunk im 2. Weltkrieg 1939-1945 Beim DASD 1939-1945 Den Kriegsplanungen zufolge pünktlich zum 1.9.39 (Beginn des 2. Weltkrieges) wurden zunächst sämtliche Amateurfunk-Genehmigungen zurückgenommen und die Geräte eingezogen, eine Massnahme, die in fast allen kriegführenden Ländern, auch in der neutralen Schweiz, erfolgte. Der DASD amtierte weiter. Laut internen, dem Autor vorliegenden Rundschreiben des DASD von 1940-1941 wurde Schwarzsenden ausdrücklich als Landesverrat bezeichnet und mit Kriegsgericht und „auch in leichteren Fällen von Beihilfe“ mit „Konzentrationslager“ bedroht. Analog zur Reichsvergrößerung wurden neue Landesverbände aufgemacht. 1940 kamen hinzu: LV Q Sudetengau

(nach Besetzung von Teilen der Tschechoslowakei) LV Y Danzig-Westpreussen und LV Z Warthegau

(nach Einmarsch in die betreffenden Gebiete). Diese neuen LVs standen meist nur auf dem Papier. Entsprechende Rufzeichen traten nur ganz wenige auf: D4AHQ, D4CUQ und D4RMQ, D4AWYund D3KWY, ferner D4TOZ. Die Geschichte des DASD und der langsame Rückgang des CQ im Einzelnen bis zu seinem Ende ist hier nicht das Thema, sondern der durch QSL-Karten nachgewiesene Amateurfunkbetrieb. Der Leser möge das Buch von W. F. Körner zu Rate ziehen, der nicht angibt, woher er seine (nicht durch Originalunterlagen überprüfbaren) Informationen hat. Auch andere Amateurfunk-Chroniken sind dem Autor bekannt und gehen meist auf Körner’s Schilderungen zurück. Es gibt wieder Lizenzen Bald merkte das kriegführende Deutsche Reich, dass reichsdeutsche Amateurstationen das Image aufbessern könnten und eine Reihe Amateure durften weiterfunken oder

bekamen neue Genehmigungen, jetzt vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW). Welche Rolle dabei der 1940 von den Nationalsozialisten eingesetzte, also nicht von den Mitgliedern gewählte DASD-Präsident Generalleutnant a. D., SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Ernst Sachs tatsächlich spielte, ist nicht nachprüfbar. Dass er dem DASD und manchem Funkamateur behilflich war, ist anzunehmen. Zu unterscheiden sind: Kriegsfunksende-genehmigungen, bei denen das bisherige Rufzeichen, auch vom militärischen Standort weiterbenutzt werden konnte, und 10 m-Sonderlizenzen, die ab Oktober 1943 neu ausgegeben wurden: neben einigen weiterlaufenden Calls neue unter D3K... und D3L... Dem Titel dieser Reihe entsprechend sollen hier die QSL-Karten selbst von der damaligen Amateurfunkgeschichte erzählen. Das Ende 1945 ist hinlänglich bekannt. Zusammenfassend sei festgestellt, dass trotz internationaler Absprachen über die Genehmigungsmöglichkeit für Amateurfunk (seit 1929) das Dritte Reich seinen Bürgern keinen allgemeinen Zugang zu einer Amateur-Sendelizenz, wie in anderen Ländern, ermöglichte. Erst die westalliierten Siegermächte erlaubten dies im Jahre 1949 für ihren Einflussbereich - erstmalig in der Geschichte des Amateurfunks in Deutschland. Die nächsten Folgen von ‚QSLs erzählen deutsche Amateurfunk-geschichte’ berichten vom Neuanfang nach 1945.

Noch gehört Österreich zum Großdeutschen Reich: OM Siegfried Herburger, D3JNS aus Wien mit einer QSL-Karte vom 19.6.1944. Er war Deutscher Empfangsmeister beim DASD als DEM 7228, ferner OE 385, nach dem Kriege OE1HR.

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(Vorherige Seite unten): Nachkriegs-QSL-Karte mit dem ehemaligen Rufzeichen der 10 m-Sonderlizenz D3KNN von OM Kurt ‚Conny’ Schips aus Stuttgart, heute DL1DA, DE 7213, ex DA1AD, Mitbegründer des S.A.C. (1946), der Kurzwellensektion des W.B.R.C. (1947), 1. Vorsitzender des DARC Württemberg-Baden, Mitherausgeber des ‚QRV‘ (1948), Mitbegründer der DA-Organisation, Fachbuchautor, Gründungsmitglied des Gesamt-DARC (1950), Träger der goldenen Ehrennadel (1954) und Ehrenmitglied des DARC. Rechts: Foto und QSL des letzten Bakensenders D4WYF (Kriegsfunklizenz), betrieben bis 1945 von OM Herbert Salzbrunn in Blankenfelde bei Berlin. Wie die QSL-Karte bestätigt, stammte OM Salzbrunn aus Breslau (Schlesien), funkte dort an der genehmigten Station der Technischen Hochschule als D4ABU (ex KL9), privat als D4AHU und erhielt nach Auflösung aller Vereins- und Hochschullizenzen 1933 in Breslau das vorläufige Reichsrufzeichen D4BSG und 1935 das offizielle D4WYG. Unten: Wohl eine der letzten QSL-Karten aus Königsberg/Ostpreußen vom 10.8.1944: von OM Waldemar Kehler, D3FBA, DE 6753, handgezeichnet auf einer Postkarte.

Alle Abbildungen aus der QSL-Sammlung Saar.