Reisen und Sport in der Schwangerschaft Prof. Dr. KTM Schneider Abteilung für Perinatalmedizin der...
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Reisen und Sport in der Schwangerschaft
Prof. Dr. KTM SchneiderAbteilung für Perinatalmedizin der TU München
Gyn Allround Mi. 16.2.15 17.45-18.30
Verhalten in der Schwangerschaft
Die moderne Frauengeneration ist heute nicht mehr bereit, für die Dauer der Schwangerschaft ihre gewohnten Aktivitäten aufzugeben.
nach R. Huch, 2000
In der Früh-SS werden die natürlichen Grenzen der Belastbarkeit nicht erreicht. Daher ist gerade dafür die ärztliche Beratung besonders wichtig.
Physiologie der Schwangerschaft
Herz-Kreislauf-SystemSteigerung des Blutvolumens um 30-40% (ca. 1,5 Liter mehr allein intravasal)
=> Steigerung des Herzminutenvolumens + 30%Uterus: 50 ml/min => 600-700 ml /minNiere: 500 ml/min => 900-1000 ml/min
=> Steigerung der Herzfrequenz um 10-15 Schläge/min + 15%
=> Steigerung des Schlagvolumens + 15 %
=> akzidentelle Herzgeräusche in 10-20 %
Stadium der Anpassung (bis 16. SSW):hormonelle und kardiovaskuläre Einstellung auf die
Schwangerschaft
Physiologie der Schwangerschaft
Stadium der Toleranz (17.-28. SSW):Abschluss der Einstellung; meist besteht allgemeines Wohlbefinden.
Stadium der Belastung (ab 29. SSW):Zunahme besonders statischer Beschwerden,Häufung schwangerschaftsbedingter Erkrankungen
Risiko Schwangerschaft und Reisen?
Das Risiko für Schwangere ist nicht prinzipiell deutlich größer als für andere Reisende...
...aber: größere mögliche direkte oder indirekte Folgen
erhöhtes Risiko bei tropischen Ländern niedrigem hygienischen Standard Ländern mit obligatorischen Impfungen
Schwangerschaft und Reisen Reiseziel
allgemeine Risiken Infektionen Impfungen
Verkehrsmittel Flugreisen
Spezielle Risiken Sonnebaden, Sport, Höhenexposition geburtshilfliche Akutsituationen, spez. Aspekte
Allgemeine Risiken: Reiseziel Risiken in jedem Gestationsalter:
Länder ohne gute ärztliche Versorgung beschwerlich zu erreichende Gegenden solche mit hoher Anforderung an Thermoregulation
maternale / fetale Hypoxämie bei bei Höhenexposition > 2.500 m mit, bei > 3.000m bereits ohne körperliche Anstrengung
Risiko Reiseziel: Infektionen weltweit häufigste Todesursache (41%)
in den Tropen und Subtropen erkranken Reisende: zu 33 % an Diarrhoe zu 2-4 % an Malaria zu 1 % an Atemwegsinfektionen zu 0,3 % an HAV, 0,2 % GO, 0,1 % HBV zu 0,03 % an Typhus, 0,01 % an HIV zu je 0,0001% an Polio und Cholera 1 : 100.000 endet Reise tödlich
Risiko Reiseziel: Infektionen weltweit häufigste Todesursache (41%) in den Tropen und Subtropen
erkranken Reisende: zu 33 % an Diarrhoe zu 2-4 % an Malaria zu 1 % an Atemwegsinfektionen zu 0,3 % an HAV, 0,2 % GO, 0,1 % HBV zu 0,03% an Typhus, 0,01 % an HIV zu je 0,0001% an Polio und Cholera 1 : 100.000 tötlich
Malaria Anopheles, nachts sub-Sahara-Afrika Plasmodium falciparum Resistenzen
Risiko Reiseziel: Malaria in BRD 1000 Importe/Jahr, Letalität 2% meist tropisches Afrika ohne Prophylaxe 2% Risiko in West-Afrika die meisten Todesfälle durch Plasmodium
falciparum keine sicher schützende Immunität,
Teilimmunität durch jahrelange Exposition Verlust der Teilimmunität (über Jahre)
in nicht-endemischem Gebiet
http://www.dtg.mwn.de/malaria/dlmalmap.htm, geladen 11/2003
Malariaprophylaxe
Risiko Reiseziel: Malaria
zunehmende Resistenzentwicklung kein Impfstoff verfügbar Risiko bei 2 Wo. Westafrika ohne Proph.=2%, mit
Prophylaxe (Mefloquin) 0,02% Fehldiagnose: Erkältung, Grippe Vorgehen:
Expositions-Prophylaxe (Kleidung, Repellentien) + Chemoprophylaxe (-2 Wo. bis +4 Wo.; Zeitdauer!) + Selbstbehandlung (Indikation: unklares Fieber)
Malaria-Proph. in der Ss. Chloroquin (Resochin ®, 5mg/kg/Woche)
jedoch nur P. vivax, ovale, malariae Proguanil (Paludrine ®, 3mg/kg/Woche) ? Chinin
(geringe Potenz, schmale therapeutische Breite) FDA Kat. X, d.h. V. a. Toxizität/Teratogenität in Ss. nur für Therapie Chloroquin-res. Malaria tropica
Mefloquin (Lariam ®, 5mg/kg/Woche): ab 12 SSW mehr Aborte, aber keine Teratogenität
(Beobachtungs-Studie, Thailand) unterstützt von WHO, CDC
Risiko Reiseziel: Malaria
kontraindiziert vor 12 SSW: Mefloquin (Lariam ®)
(keine Ss. bis 3 Mo. nach Absetzen?) ganze Ss.: Doxycyclin – nicht zugelassen Primaquin
unsicher / fraglichAtovaquon / Proguanil (Malarone ®) – nicht zugelassen
möglichSulfadoxin / Pyrimethamin (Fansidar ®)
Risiko Reiseziel: Malaria Schwangere empfänglicher für Malaria
und ihre Komplikationen schwerere Anämie überlebende Kinder häufiger SGA in Afrika 25% der NNM durch SGA
! Resistenzen Reise in Endemiegebiete nur bei dringender
Notwendigkeit
Risiko Reiseziel: Impfungen
Totimpfstoffe keine absolute KI in der Schwangerschaft
Lebendimpfstoffe im allgemeinen kontraindiziert in der
Schwangerschaft (und bei Immundefekten)
Risiko Reiseziel: Impfungen
Kontraindikationen (1) weniger als zwei Wochen nach akuter
behandlungsbedürftiger Erkrankung
vorangegangene NW bei demselben Impfstoff
bekannte Hühnereiweißallergie bei
Gelbfieber- und Influenza-Impfstoff
angeborener oder erworbener Immundefekt
Risiko Reiseziel: Impfungen
Kontraindikationen (2) nicht dringend indizierte Impfungen in der
Schwangerschaft, vor allem Lebendimpfstoffe relativ: Gelbfieber absolut: Masern, Mumps, Röteln, Varizellen,
TBC, Pocken
ABER: versehentliche Impfung in der Ss. ist auch bei Röteln-/Masern- kein Grund für Ss.-Abbruch
Risiko Reiseziel: Impfungen
möglich oder sinnvoll:
Tetanus
Diphtherie
Polio
Influenza
HBV
Risiko Reiseziel: Impfungen
bedenklich oder fraglich: Lebendvirus-Gelbfieberimpfung
bisher keine fetalen Schädigungenbeschrieben (nach 12 SSW),bei notwendiger Reise Impfung möglich
Tollwut
Typhus
Risiko Reiseziel: Impfungen
vermutlich unbedenklich, jedoch
mangelnde Erfahrung
Cholera
FSME (ab 2. Trimenon)
Meningokokken-Meningitis
HAV (wird nicht empfohlen)
Schwangerschaft und Reisen Reiseziel,
insbesondere Infektionen Impfungen
Verkehrsmittel Flugreisen
Spezielle Risiken Sonnebaden, Sport,
Höhenexposition geburtshilfliche
Störungen
Risiko Verkehrsmittel: Flug
15 Millionen Deutsche/Jahr fliegen, zu 45% Fernreisen
Ende der 80er Jahre vermehrt Langstreckenflüge, damit Spekulationen über Risiken
Risiko Verkehrsmittel: Flug Lufthansa im Jahr 2012:
44 Mio. Passagiere 32 außerplanmäßige Landungen aus
medizinischem Grund, zusätzlich 1445 Behandlungen an Board 9 Todesfälle
Lufthansa seit 1965: 10 Entbindungen an Board
Risiko Verkehrsmittel: Flug reduzierter Gesamtluftdruck
entsprechend 2400m Seehöhe (max. entspr. 3000m)
Belastung für Herz, Kreislauf
niedrige Luftfeuchtigkeit eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit,
dadurch Thromboserisiko Lärm/Vibration Flugangst (bei 60-75% aller Reisenden)
Risiko Verkehrsmittel: Flug empfindlichster Zeitraum während der
Organogenese (bis 12 SSW= 1.Trimester)
Aspholm et al, 1999:bei 1575 finnischen Stewardessen leicht erhöhte Abortrate
Risiko Verkehrmittel: Strahlung
Röntgenstrahlung Flughöhe üblicher Langstreckenflug:
10.000m Flughöhe Concorde:
18.000m
Strahlenbelastung?
Risiko Verkehrsmittel: Strahlung
Nat. Council Radiat. Prot. Meas. NCRP bzw. Int. Com. Rad. Prot. ICRP Grenzwert für Schwangere
1mSv / Jahr (121.000 Flug-km) bzw.0,5mSv / Monat
FAA 1mSv fetale Gesamtdosis: Risiko 3 / 10.000 einmal Transkontinental <= 0,1mSv,
damit „Risiko vernachlässigbar“
Risiko Verkehrsmittel: Flug
O. Buchweiz 2000
!
Risiko Verkehrsmittel: Flug
keine Einschränkung für unkomplizierte Schwangerschaft !
in der Regel von Ges.schaft bis 34+0 SSW
Zwillings-Ss. „flugmedizin. Risiko-Ss.“
Strahlenbelastung in 12.000m
Flughöhe 0,1 mrem/h,
daher cave im 1. Trimenonmed. Dienst LH, 2002; O. Buchweiz 2000
Risiko Verkehrsmittel: Flug ! Empfehlung für Schwangere:
Kompressionsstrümpfe
Wasserzufuhr 150ml / Stunde
stündliche isometrische Übungen
med. Dienst LH, 2002; O. Buchweiz 2000
Krankentransport im Linienflugzeug
Grundsätzliche Vorteile durch Verkehrsflugzeug für Mittel- und Langstrecke
Vorbedingung: Feststellung der Transportfähigkeit (MEDA-Formular bestätigt durch den medizinischen Dienst der Fluggesellschaft)
Reiseziel, insbesondere Infektionen Impfungen
Verkehrsmittel Flugreisen Autoreisen
Spezielle Risiken Sonnenbaden, Sport,
Höhenexposition geburtshilfliche Störungen
Schwangerschaft und Reisen
Gurt tragen obligatorisch Sonst drast. Steigerung von Verletzungen
Reichlich trinken + Muskelpumpe aktivieren Sonst höheres Thromboserisiko
Pausen einplanen Alle 2 Stunden mit Bewegung
Schwangerschaft und Autoreisen
Ss. & Autoreisen: mögliche Risiken
Direkte Traumatisierung in der Früh-Ss. geringes Risiko durch
direktes Trauma (z.B. aus Analyse schwerer Autounfälle)
aber indirekte Folgen Blutung Röntgenaufnahmen medikamentöse Therapie
Schwangerschaft und Reisen Reiseziel, insbesondere
Infektionen Impfungen
Verkehrsmittel Flugreisen Autoreisen
Spezielle Risiken Sonnenbaden, Sport,
Höhenexposition geburtshilfliche
Störungen
Risiko Reiseziel: Sonnenbaden
Beachtung: Dehydrierung (Maß: „Urin, nicht Durst!“) Erwärmung Kreislaufbelastung
keine Teratogenität durch mütterliche (reine, d.h. kreislauf- und temperatur-ausgeglichene) Insolation
Risiko Reiseziel: Sport
Sport ist integraler Bestandteil der Lebensgestaltung.
Ältere Lehrbücher zum Thema Sport und Ss. nicht aufschlussreich
Erwiesener Nutzen körperlicher Fitness, geringerer Insulinbedarf
Sport und Ss. - Nutzen Erfassung positiver Wirkungen schwierig, da
Sport in Ss. nicht isoliert von anderen Lebensgewohnheiten betrachtet werden kann.
prospektiv bewiesen: Regelmäßiger Sport senkt Risiko für Gestations-
Diabetes. Sport senkt Risiko für fetale Makrosomie bei Gestations-Diabetes. Größere aerobe Fitness beeinflusst den
umbilikalen pH-Wert positiv.
Sport und Ss. – mögliche Risiken
1. direkte Traumatisierung
2. Anstieg der
Körperkerntemperatur
3. vorzeitige Wehen
4. uteroplazentare
Minderperfusion
Sport und Ss. – mögliche Risiken
Hyperthermie bei Belastung 25% der Energie als
Muskelarbeit, aber 75% als Wärme Wärmeproduktion bis 20-fach Körperkerntemperatur
Bsp.: bei Langstreckenläufen oder Wettkampf-Rudern bis 41°C
Teratogenität ab 39°C
Sport und Ss. – mögliche Risiken
Hyperthermie
evtl. Folgen
Teratogenität ab 39°C Kerntemperatur
Effekte auf die fetale 02-Bindungskurve
Steigerung des 02-Bedarfs
Blutumverteilung auf Kosten des Uterus
Sport und Ss. – mögliche Risiken
uteroplazentare Minderversorgung theroretisch / tierexperimentell
Drosselung und Umverteilung zugunsten der Muskeldurchblutung
praktisch nur tendenzielle Reduktion des kindlichen
Geburtsgewichtes bei aktiven schwangeren Sportlerinnen
Risiko Reiseziel: Sport
ACOG: HF stets <140/min
„gleichzeitig sprechen können“
Risiko Reiseziel: Sport
6 mögliche Komponenten einer Sportart Gehen Laufen Haltungskontrolle Werfen Springen Stoßen
Risiko Reiseziel: Sport
geeignet für Schwangere Gehen Laufen Haltungskontrolle Werfen Springen Stoßen
Risiko Reiseziel: Sport
ideal geeignet Schwimmen Radfahren
Risiko Reiseziel: Sport
möglich Wandern
Laufen, Joggen, gemäßigter Langlauf
Bergwandern (bis 2000m)
Saunen (Kauppinen und Vuori 1986,
Pirhonen 1994) cave Dehydrierung, Hämokonzentration
Freizeittennis
Risiko Reiseziel: Sport wahrscheinliche Nachteile
Tauchen Reiten heiße Bäder Wasserski, Surfen
erwiesene Nachteile Marathon Wettkampf Mannschafts- und Kontaktsport Ski alpin, Langlauf > 2.500m über NN
Risiko Reiseziel: Höhenexposition
akute / kurzfristige Höhenexposition bis 2.500m mit körperlicher Aktivität oder bis 3.000m ohne körperliche Aktivität
Anpassung kardiopulmonal: binnen Minuten Erythropoietin: mehrere Tage
tierexperimentell: Hypoxämie-Intoleranz unmittelbar nach
Exposition am geringsten
Risiko Reiseziel: Höhenexposition
chronische Exposition
eingeborene Anden-Populationen:
höchste menschliche Siedlung in Chile
auf 5.180m über NN
aber: verminderte Fertilität, mehr Aborte,
mehr SIH, mehr SGA (-100g / 1000m)
Beratung Ss. und Höhenexposition
besondere Vorsicht bei akuter Exposition über 3.000m intensivem Sport über 2.000m,
besonders in den ersten 3-4 Tagen Symptomen der Höhenkrankheit
(binnen 12 Std. nach Expositionsbeginn) Zusatzrisiken (Anämie, Rauchen, SGA)
Schwangerschaft und Reisen
Reiseziel, insbesondere Infektionen Impfungen
Verkehrsmittel Flugreisen
Spezielle Risiken Sonnebaden, Sport, Höhenexposition geburtshilfliche Besonderheiten, Störungen
Ss. und Reisen: Blutungen
Blutungen in der Ss. vor Reiseantritt:
Reise dringend abraten Plazenta praevia ist eine absolute KI
nach Reiseantritt: lokal unmittelbar Gynäkologen zuziehen KH-Einweisung vor Ort Fluggesellschaften lehnen Transport i.d.R. ab
Ss. und Reisen: vorzeitige Wehen
vor Reiseantritt: Reise dringend abraten
nach Reiseantritt: lokal unmittelbar Gynäkologen zuziehen falls < 35 SSW, Kind vital, keine Infektzeichen
Wehenhemmung (Adalat, Mg++), Verbleib lokal
falls Kind avital Verbleib lokal, Spontangeburt
falls keine auch nur annähernd adäquate Versorgung lokal möglich ist: Ambulanzflugzeug / Hubschrauber
„Obstetrics where there is no obstetrician“
ärztliche Notfall-Apotheke:
Adalat, Spiropent
Mg++, Tranxilium
Analgetika: Paracetamol,
Antibiotika: Penicilline, Ceph., Makrolide
(Kontrazeption: Routine, Notfall)
Reisen in der Ss. Zusammenfassung
Beste Reisevoraussetzung Risikofreie Schwangerschaft
Beste Reisezeit14.-28. SSW
Bester ReiseortLänder ohne Aktivimpfung
Bestes Reisemittel Bahn, Auto, Flugzeug
Bester ReisesportSchwimmen, Radfahren,