Reiz und Risiken des neuen Netz

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Das neue Netz. Reiz und Risiken Dr. Jan-Hinrik Schmidt Wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation Berlin, 27.05.2009

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Vortrag bei der Veranstaltung "Webciety" der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft und des Netzwerk Berlin, 27.5.2009, Berlin

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Das neue Netz. Reiz und Risiken

Dr. Jan-Hinrik Schmidt

Wissenschaftlicher Referentfür digitale interaktive Medien und politische Kommunikation

Berlin, 27.05.2009

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Worüber ich heute spreche

1. Einleitend: Was passiert im Web 2.0 eigentlich?

2. Zur Einordnung: Wie sind die entstehenden persönlichen Öffentlichkeiten strukturiert?

3. Zum Weiterdenken: Was heißt das für unser Verständnis von Privatsphäre?

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Annäherung an das Web 2.0

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Was geschieht? Diagnosen.

Commons-Based Peer Production

(Yochai Benkler)

Produsage (Axel Bruns)

Convergence Culture bzw. Participatory Culture

(Henry Jenkins)

http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Web_2.0_Map.svg

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Was geschieht? Meine Perspektive.

Im Internet sinken die Hürden für onlinebasiertes…

www.flickr.com/photos/44029537@N00/12760664/

– Identitätsmanagement (Darstellung individueller Interessen, Erlebnisse, Meinungen, Kompetenzen, etc.) z.B. Weblogs, Twitter, YouTube

http://flickr.com/photos/mylesdgrant/495698908/

– Beziehungsmanagement (Pflege von bestehenden und Knüpfen von neuen Beziehungen)

z.B. studiVZ, XING

http://www.flickr.com/photos/axels_bilder/1267008046/

– Informationsmanagement (Selektion und Weiterverbreitung von relevanten Daten, Informationen, Wissen- und Kulturgütern)

z.B. Wikipedia, Digg

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Verbreitung ausgewählter Anwendungen unter 12-24jährigen (in %)

94,8

88,5

84,2

69,3

63,9

47,9

37,1

30,5

16,7

15,2

11,7

1,8

1,7

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Google

YouTube

Wikipedia

ICQ

MyVideo

SchülerVZ

StudiVZ

MySpace

Wer-kennt-wen

meinVZ

Lokalisten

Facebook

Second Life

„Zumindest einmal besucht“; Quelle: Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009

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Artikulierte soziale Netzwerke

Nutzer von Netzwerkplattformen (~76% der 12-24jährigen)

Haben im Durchschnitt: 130 Freunde

Haben davon bereits face-to-face getroffen

die meisten: 85 Prozent

weniger als die Hälfte: 5 Prozent

Sehen als enge Freunde an

die meisten: 15 Prozent

weniger als die Hälfte: 62 Prozent

Auf Netzwerkplattformen…

… artikulieren sich „weak ties“.

… entstehen persönliche Öffentlichkeiten.

… werden „Networking“-Kompetenzen vermittelt.

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Problematisches Nutzungsverhalten (in %)

Ge-samt

Männ-lich

Weib-lich

12-14 Jahre

15-17 Jahre

18-20 Jahre

21-24 Jahre

Schon mal von jemandem im Internet belästigt worden

28 27 29 25 25 37 26

Ohne Einverständnis wurden Fotos oder Informationen ins Internet gestellt

13 14 11 8 11 17 14

Schon selbst Dinge ins Internet gestellt, über die sich jemand beschwert hat

9 12 5 6 5 17 6

„bereits vorgekommen“; Quelle: Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009

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Besondere Herausforderung: Kontextabhängige Selbstpräsentation

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Kollabierende Kontexte

• Spezifische Eigenschaften der vernetzten Öffentlichkeiten im Social Web erschweren es, die Grenzen zwischen sozialen Kontexten zu ziehen (vgl. Boyd 2007):

1. Persistenz

2. Durchsuchbarkeit

3. Replizierbarkeit

4. Unsichtbares Publikum

Persönliche Öffentlichkeiten erfordern neue Strategien, um die Grenzen der eigenen Privatsphäre zu ziehen

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Differenziertes Identitäts- & Beziehungsmanagement (I)

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Differenziertes Identitäts- & Beziehungsmanagement (I)

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Differenziertes Identitäts- & Beziehungsmanagement (III)

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Umgang mit Privatsphäre anderer Personen (Auszug aus einer Gruppendiskussion mit 18-24jährigen)

Int: Und kennst du jemanden, der auch schon ein bisschen Ärger mit peinlichen Fotos [hatte]... oder gab's da mal Probleme?

F_1: Also bei uns ist das eigentlich so, bei meinen ganzen Bekannten, wir fragen vorher, ob wir das Foto reinstellen können, oder solche Sachen. Weil ich weiß nicht, nachher fotografieren die mich, wenn ich da halbwegs irgendwie besoffen (..) in den Hafen reinfall' oder so was. Das will ich ja auch nicht, dass das im Internet ist und daher wird eigentlich bei uns immer vorher gefragt.

Differenziertes Identitäts- & Beziehungsmanagement (II)

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Fazit

1. Ein Reiz des neuen Netzes besteht in den gesteigerten Möglichkeiten, sich mit den eigenen Interessen, Hobbies, Erlebnissen o.ä. zu präsentieren und so bereits bestehende soziale Beziehungen über einen weiteren Kanal pflegen

2. Damit entstehen persönlichen Öffentlichkeiten, in denen ein tendenziell kleines Publikum mit Informationen von persönlicher Relevanz adressiert wird – aber die Grenzen zu größeren oder unerwünschten Publika fließend sein können

3. Wir befinden uns mitten in einem Prozess der gesellschaftlichen Aushandlung von Routinen, Konventionen und Erwartungen über den Umgang mit persönlichen Öffentlichkeiten, der unterschiedliche Fragen aufwirft:- Werden persönliche Daten bewusst oder unbewusst, von mir selbst oder Dritten veröffentlicht

und gespeichert?

- Werden persönliche Öffentlichkeiten zunehmend zentralisiert (mit der Gefahr der kommerziellen Durchdringung) oder wird sich ein dezentrales und nicht-kommerziell betriebenes System durchsetzen?

- Inwiefern reguliert Software, inwiefern wird Software reguliert?

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Das Ende der Privatsphäre?

http://www.colinupton.com/illus/images/cyberillo1.jpg

http://www.flickr.com/photos/mrlerone/2360572263/

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Jan-Hinrik Schmidt

Hans-Bredow-Institut

Warburgstr. 8-10, 20354 Hamburg

[email protected]

www.hans-bredow-institut.de

www.schmidtmitdete.de

www.dasneuenetz.de

White Paper der Studie „Heranwachsen im Social Web“ unter

http://www.hans-bredow-institut.de/webfm_send/367

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Weiterführende Literatur

– ARD-ZDF-Onlinestudie 2008:– Van Eimeren, Birgit / Frees, Beate (2008): Internetverbreitung: Größter Zuwachs bei

Silver-Surfern. In: Media-Perspektiven, Nr. 7/2008, S. 330-344.– Fisch, Martin / Gscheidle, Christoph (2008): Mitmachnetz Web 2.0: Rege Beteiligung nur

in Communitys. In: Media-Perspektiven, Nr. 7/2008, S. 356-364.– Schmidt, Jan (2008): Was ist neu am Social Web? Soziologische und

kommunikationswissenschaftliche Grundlagen. In: Zerfaß, Ansgar; Martin Welker; Jan Schmidt (Hrsg.) (2008): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Zwei Bände. Köln: Van Halem Verlag

– Schmidt, Jan/Beate Frees/Martin Fisch (2009): Themenscan im Web 2.0. Neue Öffentlichkeiten in Weblogs und Social-News-Plattformen. In: Media-Perspektiven, Nr. 2, 2009, S. 50-59. Online verfügbar: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/02-2009_Schmidt.pdf

– Schmidt, Jan (in Vorb.): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web 2.0. Konstanz: UVK. Erscheint voraussichtlich September 2009.

– Schmidt, Jan/Ingrid Paus-Hasebrink(Uwe Hasebrink (Hrsg.)(2009): Heranwachsen mit dem Social Web. Düsseldorf: LfM. Erscheint voraussichtlich Juli 2009.

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„Welcher Kanal ist am Besten geeignet, um…..“(in %; grün: Kanal wäre erste Wahl; schwarz: überhaupt nicht geeignet)

F-2-F Brief SMS E-Mail Telefon IM SNSHome-page

Keiner

Dich zu verabreden

15,8 0,4 19,8 1,0 49,2 12,7 0,8 0,2 0,1

7,9 43,2 4,3 14,3 1,5 8,8 12,4 17,9 6,9

Mit Freunden zu plaudern

44,0 0,2 2,1 0,6 33,1 17,6 2,0 0,2 0,2

2,2 38,4 18,3 13,3 1,8 8,0 8,9 19,5 5,8

Neue Leute kennen zu lernen

45,5 0,4 0,6 2,3 1,6 29,4 17,8 1,3 1,0

7,2 34,1 19,1 12,3 20,2 7,7 6,3 13,9 4,6

Zu Flirten59,6 0,6 3,7 1,8 5,3 19,9 6,5 0,2 2,4

4,3 5,5 13,0 12,3 10,9 12,0 10,8 20,2 4,9

Eine Beziehung zu beenden

87,6 2,1 2,8 0,9 5,3 0,4 0,0 0,0 0,9

2,3 22,5 47,8 21,4 12,6 27,0 21,6 21,6 3,6

Quelle: Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009