SIM heute 4/2014

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Zeitschrift der SIM International (Schweiz)

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4/2014 S I M i n t e r n a t i o n a l

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„Wir leben, damit Christus dort, wo man ihn noch nicht kennt, bekannt gemacht wird. Und damit Menschen zu seinen Jüngern werden

– egal, was uns daran hindern möchte. Seine grosse Liebe drängt uns dazu.“ So lautet einer der Leitgedanken, die 2014 bei einem Treffen in Malaysia aufgestellt wurden. Die Leiter der SIM trafen sich dort im Frühjahr, um über das Ziel der SIM und die Zukunft unserer Mis-sion neu nachzudenken.

Die Artikel in dieser Ausgabe zeigen Menschen, die von der Guten Nachricht hören müssen: behinderte Menschen in Indien, Kinder und Jugendliche in Afrika, arme, kaputte Familien in Südamerika. Und in unserer neuen Sparte „Volksgruppen“ stellen wir die vom Evangelium uner-reichte Gruppe der Kham-Tibeter vor.

Spielt es denn eine Rolle, ob diese Menschen die Gute Nachricht hören? Ist es nicht denkbar, dass Gott einen Weg fi ndet, damit am Ende jeder in den Himmel kommt? Der Gedanke des Univer-salismus gewinnt in unseren Tagen immer mehr an Popularität. Der christliche Apologet Simon Edwards hat sich damit etwas gründlicher auseinandergesetzt und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Denkweise im Widerspruch zum biblischen Verständnis vom göttlichen Gericht und auch von der göttlichen Liebe steht.

In Malaysia wurde der Zweck unserer Mission neu bestätigt: Von der Liebe Christi gedrängt, leben wir als seine Zeugen … auch an den äussersten Enden dieser Erde.

„Den Herrn anrufen kann man nur, wenn man an ihn glaubt. An ihn glauben kann man nur, wenn man von ihm gehört hat. Von ihm hören kann man nur, wenn jemand da ist, der die Botschaft von ihm verkündet.“ Römer 10,14; NGÜ

n Von Suzanne Green, Redakteurin, SIM International

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«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch2 Editorial

Tag für Tag sitzt Mala in ihrem Laden und be-obachtet die Passanten. Wenn ein Kunde ein-tritt, fängt sie oft ein Gespräch an, das sehr intensiv werden kann, sobald man auf ihr Lieblingsthema zu sprechen kommt: Jesus.

Vor anderthalb Jahren besuchten Mitarbeiter des UDP (Projekt für städtische Entwicklung) Malas Gemeinde. Eine Partnerorganisation der SIM, die Emmanuel Hospital Association, ist Gründerin des UDP, das Gemeinden in armen Stadtvierteln dazu befähigen möchte, die sozialen Nöte ihres Umfeldes anzugehen.

Als die Mitarbeiter des UDP eine Diskussion über die biblischen Grundlagen des sozialen Engagements in Gang brachten, meldete sich Veer Singh, ein Gemeindemitglied, zu Wort, um aus seiner eigenen Erfahrung zu erzählen. Mala merkte auf, als er von seiner grossen Leiden-schaft für Menschen mit Behinderungen berich-tete. Und sie stellte fest, dass sie sein Anliegen teilte. Als Folge davon startete ihre Gemeinde ein Projekt für solche Menschen.

Behinderten Menschen helfenSeema kam als Kundin in Malas Laden. Ihr linkes Bein ist durch Polio verkrüppelt, das Gehen fällt ihr schwer. Für Seema und ihren Mann ist es nicht einfach, mit dem bisschen Lohn, den er als Lastwagenfahrer erhält, für ihre drei Töchter zu sorgen.

Seema wusste, dass sie Anrecht auf Unter-stützung durch die indische Regierung hatte: Die kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, Rollstühle, Gehstöcke und andere Hilfsmittel sowie eine spezielle Aus-bildungsförderung standen ihr zu. Ausserdem ist ein gewisser Prozentsatz an Arbeitsstellen in der Verwaltung für Behinderte reserviert.

Und Menschen mit körperlichen Einschrän-kungen sind auch berechtigt, einen Kredit zu niedrigem Zins für Geschäftszwecke in Anspruch zu nehmen. Doch alle Versuche Seemas, einen Behinderten-Ausweis zu be-antragen, um von der Unterstützung profitie-ren zu können, blieben erfolglos. Immer wie-der scheitern behinderte Menschen daran, einen Ausweis zu erhalten, weil es ihnen an Kenntnissen oder an Hilfe fehlt, weil sich lo-gistische oder andere Probleme ergeben.

Mala war inzwischen durch das UDP besser über das System informiert, und so ermuti-gte sie Seema, einen neuen Antrag zu stellen. Sie schaute oft bei Seema vorbei und half ihr, die nötigen Dokumente zusammenzustellen. Veer Singh und Mala besorgten auch einen

speziellen Kleinbus, um 14 Menschen mit Be-hinderungen, einschliesslich Seema, zu einem örtlichen Spital zu bringen, damit ihre Behin-derungen eingeschätzt werden konnten. See-mas körperliche Einschränkung wurde auf 75 Prozent eingestuft. Wenige Tage später erhielt sie ihren Ausweis.

Die Liebe und Hilfe, die Seema von Mala und der Gemeinde erhalten hatte, motivierte sie, in den vergangenen beiden Monaten an den Gottesdiensten teilzunehmen. Im gemein-samen Lobpreis spürt sie, wie sich bei ihr in-nere Spannungen lösen.

Mala ist weiter bemüht, Freundschaften mit Behinderten aufzubauen und ihnen die Gute Nachricht zu vermitteln, dass sie nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Zudem bietet sie ihnen praktische Hilfe an. Als sie von einem Mann im Nachbargeschäft gefragt wurde, was sie für ihre Tätigkeit erhalten würde, gab sie ihm zur Antwort: „Ich folge Chistus nach. Der hat uns gelehrt, anderen in Not zu helfen. Ich selbst werde gesegnet, wenn ich so handle, und auch die Person, der ich diene. Das ist meine Belohnung.“ n

n Von Samantha Kay

▲ Mala baut weiter Freundschaften mit Behinderten auf. Sie vermittelt ihnen die Gute Nachricht, dass sie nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. Und sie bietet ihnen praktische Hilfe an.

Die Liebe und Hilfe, die Seema von Mala und der Gemeinde erhalten hatte, motivierte sie, ▼ an den Gottesdiensten teilzunehmen.

«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch 3Behinderte Menschen in Indien

Clement ist ein begabter Evangelist. Und er ist Laien-Fussballtrainer. Auf das Basis-Trainingsla-ger von „Sports Friends“ in Malawi hatte er sich gut vorbereitet. So war für ihn klar, dass es am dritten Tag auf einen Fussballplatz im Ort gehen würde. Dort wollte er den Teilnehmern im Laufe des Trainings auch praktische Tipps geben, wie sie Gottes Wort weitergeben könnten.

Nachdem sie mit den Kindern aus dem Dorf gekickt hatten, stellte sich Clement auf, um mit der „Sports Friends“ (SF)-Gruppe und allen Bewohnern, die zuhö-ren wollten, Gottes Wort zu betrachten. Er ahnte nicht, dass er eine einmalige Gelegenheit bekommen würde, den Inhalt seiner Predigt gleich direkt in die Tat umzusetzen.

Eine Gruppe modisch gekleideter Männer aus dem Dorf schaute etwas missmutig hinter ihren Sonnen-brillen hervor. Als Clement gerade dabei war, über Christus zu reden, rief einer von ihnen: „Du verplem-perst unsere Zeit! Wir wollen Fussball spielen! Halt die Klappe und verschwinde von unserem Platz. Das mit deinem heiligen Buch kannst du dir sparen!“ Die Teilnehmer des Trainingslagers schauten etwas ver-wirrt drein, aber Clement zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er redete einfach weiter über Jesus.

Da schnappten sich die Männer vom Dorf eine Tril-lerpfeife, pfiffen so laut wie möglich, rannten auf dem Fussballfeld umher und stellten sich schliesslich genau hinter Clement. Ganz offensichtlich wollten sie das Wort Gottes übertönen. Doch ihre Versuche scheiterten. Clement, der mit grosser Leidenschaft zu den Zuhörern sprach, drehte sich nicht mal zu ihnen

um. Zehn Minuten lang versuchten die Störenfriede erfolglos, Chaos zu stiften. Schliesslich gaben sie auf.

Eine überraschende EinladungDie Ereignisse dieses Tages dienten uns SF-Mitarbeitern in der Auswertungsrunde als Beispiel für geistliche Wahrheiten. Wir ermutigten die Teilnehmer, sich klar zu machen, dass der, der in uns lebt, grösser ist als der, der die Welt beherrscht. Zugleich erinnerten wir sie daran, ihre Verfolger nicht zu verachten, sondern zu lieben.

Dann geschah etwas Erstaunliches. Raten Sie mal, wer uns am nächsten Tag fragte, ob wieder eine Andacht und ein Spiel stattfinden würden? Die glei-che Clique, die am Vortag einen solchen Aufstand gemacht hatte, wollte plötzlich mehr hören und wie-der mit unserer Gruppe zusammen sein. Die Liebe Christi und Gottes Wort sind wirklich ansteckend!

Diesmal gab Sam, der neue Sportseelsorger, den Input. Es kam zu keinen Zwischenfällen. Im vollen Vertrauen auf Jesus Christus stellte sich Sam vor die

gesamte Dorfgemeinschaft und bezeugte die bedin-gungslose Liebe Gottes. Zum Schluss klatschten die Männer aus dem Dorf und dankten Sam für die Bot-schaft. Und sie beteten mit uns, bevor das Fussball-match angepfiffen wurde.

Die Männer dieses Dorfes hätten niemals ihren Fuss in eine Kirche gesetzt. Sie hätten sich auch nie zu Christen gesellt. Weil wir uns aber auf neutralem Boden begegnet sind, hatten sie die Möglichkeit, von Jesus zu hören. Aus diesem Grund setzen wir in unserem Dienst auf Sport.

Das hier war nur ein ganz einfaches Trainingslager. Wer weiss, was Gott als Nächstes tun wird, wenn wir weiteren Kirchgemeinden in Malawi die Hand zum Dienst reichen?

n Von Luke Voight, Direktor von „Sports Friends“ in Malawi

www.sports-friends.org

▲ Das Ziel von „Sports Friends“ ist, den Sport als Plattform zu gebrauchen, um Beziehungen zu Jugendlichen zu knüpfen und Gottes Liebe mit ihnen zu teilen.

▲ Wer weiss, was Gott als Nächstes tun wird, wenn wir weiteren Kirchengemeinden in Malawi die Hand zum Dienst reichen?

▲ Nachdem sie mit den Kindern aus dem Dorf gekickt hatten, stellte sich Clement auf, um mit der „Sports Friends“ (SF)-Gruppe und allen Bewohnern, die zuhören wollten, Gottes Wort zu betrachten.

«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch4 Sport …

Das Trainingslager in Langano in Äthiopien hatte im vergangenen Mai ein zweifaches Ziel: Junge Men-schen mit Christus vertraut zu machen. Und Trainer anzuleiten, wie man ein Sport-Lager effektiv gestal-tet. Das Schöne: In diesen Lagertagen nahmen Dut-zende der jungen Teilnehmer Jesus als ihren Herrn und Retter in ihr Leben auf.

„Sports Friends“ (SF) hatte jeden Trainer gebeten, jeweils fünf Kinder aus seiner Heimmannschaft ein-zuladen, die Jesus noch nicht nachfolgten. So waren zu Beginn des Lagers die meisten der 80 Teilnehmer noch keine Christen.

Viele der Trainer arbeiten in Gegenden, wo es sehr gefährlich ist, öffentlich das Evangelium zu verkün-digen. Jahrelang haben sie sich Woche für Woche für ihre Teammitglieder eingesetzt und dafür gebetet, dass viele zum Glauben finden. Doch bis zum Beginn des Lagers hatte sich bei keinem ihrer Schützlinge etwas getan. Als Kinder aus Familien und Dorfgemein-schaften, wo ausser dem Trainer niemand Christ war, schien ihnen der Preis für ein Leben mit Jesus zu hoch.Luke Voight, Direktor von SF in Malawi, nahm mit den Trainern aus Malawi an dem Lager teil. Er stellte fest, dass das Langano-Lager eine enorme Wirkung

auf die Kinder hatte. „Am Freitagabend wurde den Teilnehmern das Gleichnis vom verlorenen Sohn als Theaterstück vorgeführt. Als unsere äthiopischen Brüder und Schwestern die Handlung mit Hingabe spielten, bemerkte ich, dass einige der Jungen Tränen in den Augen hatten. Sie erfuhren zum ersten Mal, was es bedeutet, dass Gott vergibt. Sie entdeckten, dass Gott auch Sündern gnädig ist und sie liebt. Und sie erkannten, dass die Rettung nicht von unseren Werken abhängig ist. Jesus ist der Weg!In Langano sah ich, wie man die Botschaft der Bibel auf eine sehr effektive Weise präsentieren kann. Die Liebe, die in dieser Woche unter uns und gegenüber ihnen gelebt wurde, malte den Kindern Jesus vor Augen. Und deshalb riefen sie zu Gott im Namen seines auferstandenen Sohnes, dass er sie mit offe-nen Armen in seine Familie aufnehmen solle, so wie der Vater es mit dem Sohn im Gleichnis getan hatte. Diese jungen Menschen sind inzwischen zurück in ihren Dörfern. Als Lichtträger. Dort werden sie wei-terhin betreut von ihren engagierten Trainern.

Noch nie habe ich Leute so hart arbeiten und so sehr lieben sehen, wie es die äthiopischen Trainer während dieser Woche getan haben. Ich kann es kaum erwar-ten, solche Lager auch in Malawi durchzuführen.“

vimeo.com/72205234vimeo.com/98914565

VIDEOS

«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch 5… und die Gute Nachricht

Bevölkerung und Sprache: Es gibt mehr als 1,7 Millionen Kham-Tibeter. Mit 1,2 Mil-lionen Menschen sind die im Osten lebenden Khambas die grösste der drei Haupt-Volksgruppen (die anderen beiden sind die Amdo und die Lhasa in Zentral-Tibet). Geschichtlich wurden diese drei Gruppen als Provinzen von „Gross-Tibet“ betrachtet, obwohl die verschie-denen historischen Berichte über die Einzelheiten dieser Zuordnung nicht eindeutig sind. In der Hauptsache werden die Khambas, Amdos und Zentral-Tibeter an Hand ihrer Sprache unterschieden. Während die geschriebene, literarische Sprache allen Tibetern geläufig ist, unterscheiden sich die gespro-chenen Dialekte stark. „Kham“ ist ein breiter Begriff für eine Gruppe von mindestens zehn Unter-Dialekten.

Kultur und Gebräuche: Die Khambas erkennt man an ihrer einzigartigen Klei-dung und ihrer aufwändigen Haartracht. Jedes Kham-Gebiet hat seine eigenen spezifischen Gebräuche, die sie von den Khams ausserhalb ihres Gebietes unterscheiden. Die Nahrung im Alltag ist vor allem „tsampa“, das aus geröstetem Gerstenmehl gemacht wird. Es wird mit Teebutter vermengt und als Teig gegessen. Rind- und Hammelfleisch sowie Milchprodukte kommen in der Kham-Ernährung ebenfalls vor. Chinesische Küche ist in den Städten verbreitet. Der tibetische Grunzochse (Yak) ist überlebenswichtig. Die Khambas trinken die Milch und verarbeiten sie zu Käse, Butter und Yoghurt. Sie essen das Fleisch, sammeln und trocknen den Mist fürs Feuer, verweben die Haare der Tiere zu Schutzdecken und gerben das Fell zu Leder. In landwirtschaftlichen Gebieten leben die Khambas in zwei- oder dreistöckigen Häusern mit Flachdächern. Die Polygamie war in der Vergangenheit verbreitet, ist heute jedoch eher selten. Obwohl sich die Hoch-zeitsbräuche in den verschiedenen Regionen sehr unterscheiden, gilt als allgemein anerkannt, dass zuerst das elterliche Einverständnis einge-holt werden muss, bevor die Hochzeit stattfinden kann. Beerdigungen sind in der Welt der Kham mit ausgedehnten Trauer-zeiten und speziellen Riten verbun-den. Verstorbene werden auch in Flüssen beigesetzt oder erhalten eine Himmelsbestattung, bei der die Kör-perglieder abgetrennt und den Geiern zum Frass gegeben werden. Heute sind die jungen Khambas bewandert in der chinesischen Sprache und Kultur. Fernseher, DVD-Geräte und

Telefone findet man immer mehr auch in abgelegenen Dörfern. Die Alphabetisierungsrate liegt im chine-sischen Tibet jedoch bei nur 30 Prozent, im Vergleich zur Gesamtrate für China von 76 Prozent.

Religion: 95 Prozent der Kham-Tibeter sind Buddhisten. Der Tan-trismus, eine Mischung aus Buddhismus und Okkultis-mus, gilt als die offizielle Religion Tibets und wird auch in Nepal praktiziert. Für einen Tibeter steht der Dalai Lama im Zentrum der Verehrung. Die Gläubigen haben sein Bild zu Hause in Schreinen, auf Fahrzeugen oder auf Halsbändern. Klöster, als Zentren der buddhistischen Lehre, beherr-schen viele Dörfer. Geschichte: Die Geschichte der Khambas ist von einem langen Kon-flikt mit den Chinesen bestimmt, die 1720 den Grossteil der Kham-Provinz in die Sichuan-Provinz einverleibten.

Regelmässig kam es zu militä-rischen Auseinandersetzungen der beiden Gruppen. 1959 wurde ein Aufstand der Kham-bas gegen die Chinesen nie-dergeschlagen, woraufhin der Dalai Lama nach Indien, ins Exil, floh. 1965 richtete China das Autonomiegebiet Tibet ein.

Wirtschaft: Etwa 90 Prozent der Bevöl-kerung leben von Landwirt-schaft und Viehzucht, von

der Produktion von Gerste und anderer Getreidearten. Nomaden ziehen ohne festen Wohnsitz mit ihren Her-den, ihren Zelten und ihrem Hab und Gut von Weide zu Weide. Der Rest der Bevölkerung lebt in Städten und verdient seinen Unterhalt meist in Handwerks-betrieben. Einige haben aber auch Regierungs- oder Verwaltungsposten im Bereich der Bildung oder des Gesundheitswesens inne.

Christentum: Man weiss von etwa 150 Christen (weniger als 0,01 Prozent der Bevölkerung), von denen die meisten in der nördlichen Yunnan-Provinz leben. Christen waren in Tibet seit den nestorianischen Missionaren im 8. Jahrhundert tätig. Die katholische Mission begann im 17. Jahrhundert, die Protestanten kamen um 1900 an. Es gab eine kleine Anzahl von Gläubigen mit buddhis-tischem Hintergrund, und es wurden einige Gemeinden von diesen ersten Missionen gegründet. Die gegenwärtigen Herausforderungen für das christ-liche Zeugnis sind die geografische Abgelegenheit, die starke Bindung an den tibetischen Buddhismus, der oft gepaart ist mit den Idealen des tibetischen Nationalis-mus, und die Furcht vor gesellschaftlicher Ausgrenzung. Doch es zeigt sich, dass einzelne Khambas begin-nen, sich Christus zuzuwenden. Sowohl die chinesische Regierung als auch der Dalai Lama haben die Bevölke-rung ermutigt, Englisch zu lernen. Das erhöht ihre Chan-cen auf wirtschaftlichen und akademischen Fortschritt. Dadurch werden die Khambas offener für den Umgang mit Ausländern, wenn sich ihnen die Möglichkeit bietet. Sowohl die ganze Bibel als auch der Jesus-Film und einige evangelistische Broschüren stehen für Tibeter zur Verfügung. n

Die Kham-Tibeter oder „Khambas“ leben im Hochland von Tibet, welches das heutige Autonomie-Gebiet Tibet und Teile der chinesischen Provinzen Qinghai, Sichuan, Gansu und Yunnan umfasst.

«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch6 Volksgruppen

Im Februar hat der internationale Vorstand der SIM Indonesien als neues Einsatzland bestätigt. Es wurde ein Interims-Vorstand gebildet, und Dr. Stan-ley Ling, Direktor für SIM-Südostasien, wurde zum Interims-Leiter für das neue Einsatzgebiet ernannt.

Indonesien liegt mit seiner Bevölkerung von etwa 256 Millionen Menschen auf Rang vier in der Welt und ver-einigt etwa 300 Volksgruppen. Es gibt mehr als 250 unterschiedliche Sprachen, wobei die Landessprache Bahasa-Indonesisch ist. Indonesien ist die weltgrösste islamische Nation, in der sich etwa 232 Millionen als Muslime bezeichnen. Es gibt 34 vom Evangelium uner-reichte Volksgruppen, die mehr als 10‘000 Angehörige zählen. In diesen Gruppen gibt es keine Christen und auch keine vollzeitlichen christlichen Mitarbeiter. In der Arbeit der SIM in diesem Land soll es zunächst um die Verkündigung des Evangeliums, um Gemeindegrün-dung, medizinische Dienste, Arbeit unter Kindern und Jugendlichen, Unterstützung von Gemeinden und Lei-terschulung gehen.

Der internationale Vorstand hat kürzlich auch West-Malaysia als neues Einsatzgebiet bestätigt. Dr. Kelvin Chen, Direktor für SIM-Ostasien, wurde als vorläufiger Leiter nominiert.

Das 22 Millionen Einwohner zählende West-Malaysia ist zu 64 Prozent muslimisch. Der Schwerpunkt der SIM-Arbeit soll neben der Arbeit unter Migranten auf die Verkündigung des Evangeliums, auf Jüngerschaft und Gemeindegründung gelegt werden. Die Mobilisierung von Mitarbeitern soll in Zusammenarbeit mit dem SIM-Vorstand für West-Malaysia und einheimischen Gemein-den weitergehen.

„Hier ist das Feld reif zur Ernte, aber es gibt nur wenige Ernte-Arbeiter“, sagt Dr. Chen. „Es gibt Einsatzmöglich-keiten für Kurz- und Langzeitmitarbeiter. In West-Malay-sia haben wir das Vorrecht, mit einheimischen biblischen Ausbildungsstätten und Missionsschulen zusammenar-beiten zu können, um die künftigen Generationen für die Arbeit des Herrn der Ernte auszubilden.“ n

MALAYSIAINDONESIEN

Quellen: Operation China: “Introducing All the Peoples of China”, Paul Hattaway, 2001, Piquant; und “Peoples of the Buddhist World: A Christian Prayer Guide”, Paul Hattaway, 2004, Piquant.

«SIM heute» 4/2014 n www.sim.ch 7Volksgruppen

Neue Möglichkeiten

n Von Susana Wieland, Leiterin Patchwork-Projekt Lima, Peru

Im April dieses Jahres haben wir im Patch-work-Projekt mit einer neuen Näh-Gruppe begonnen. Alle Teilnehmerinnen stammen aus einem Armenviertel, wo sie als allein-erziehende, kinderreiche Mütter oft unter schwierigsten Bedingungen leben. Als Behausung dient ihnen eine drei auf vier Meter kleine Hütte aus einfachem Sperrholz.

Ein Mal pro Woche kommen die Frauen in unsere kleine Werkstatt, um den Umgang mit Nadel und Faden zu lernen. Während zu Hause der Hunger nagt, Krankheit, Verzweiflung, Gewalt und Zerstörung herrschen, erleben sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen liebe- und würdevollen Umgang, bedingungslose Hilfe, Ermutigung und Achtung. Ganz wichtig ist uns, dass sie durch unser Vorbild Jesu Liebe erfahren. In den Andachten erzählen wir ihnen aus der Bibel. Oft fliessen Tränen, weil Gottes Wort sie tief berührt.

In der neuen Gruppe sticht Olga heraus. Sie hat vier Kinder. Eines Tages kommt sie mit einer Gehirnerschütterung in die Werkstatt. Sie zeigt uns die Kratzer und Beulen von den Schlägen ihres Mannes. Er wohnt nicht bei der Familie. Niemand weiss, wo er sich herumtreibt. Wenn er kommt, schlägt er. Olga hat keine Kraft mehr, die Initiative zu ergreifen, um eine Lösung zu finden. Seit 13 Jahren erträgt sie die Misshand-lungen. Für ihre Kinder muss sie selbst sorgen.

In ihrer Not wäscht sie 12 Stunden am Tag in einer Fabrik Flaschen - für einen Tageslohn von umgerechnet sieben Franken. Vor zwei Jahren hatte ihr Mann sie gezwungen, eine Hypothek auf ihr Hüttchen aufzunehmen. Danach ver-schwand er mit dem Geld. Aber die Bank klopft unerbittlich an ihre Tür. Auch im Tante-Emma-Laden nebenan, wo sie oft auf Kredit einkau-fen muss, türmen sich die Schulden.

Wir ermutigen Olga, mit ihren vier Kindern unterzutauchen. Das Wohlbefinden aller steht auf dem Spiel. Es ist höchste Zeit, Anzeige zu erstatten und vor allem die Kinder zu schützen. Wie lange geht es noch, bis der Mann sich an seinen Töchtern vergreift? Die Realität vor Ort sagt, dass es fünf vor zwölf ist!

Nun geht es los mit Landsuche und Verhandeln. Auf allen Vieren kraxeln wir auf den steilen Hügeln herum, auf der Suche nach einem Platz für Olga. Mitten im Nirgendwo, völlig vom winterlichen Nebel eingehüllt, finden wir Menschen, die bereit sind, ein Stück Land zu einem günstigen Preis an Olga zu verkaufen. Wir kaufen 200 Quadratmeter Fels und Stein an einem steilen Hang. Ein schrift-licher Vertrag ist nicht üblich; das gesprochene Wort vor den Nachbarn als Zeugen zählt. Ich bin erstaunt über die Solidarität. Sie machen selbst den Vorschlag, Olga als ihre Verwandte zu bezeich-nen und keine weiteren Auskünfte zu geben.

Nun muss dieser Platz bearbeitet werden: Fel-sen sprengen, Steine wegtragen – eine über-aus harte Arbeit. Unterdessen lernt Olga weiter fleissig im Projekt. Doch wir spüren ihre Angst und ihr Misstrauen. Ungeachtet dessen wollen wir sie ermutigen – im Vertrauen darauf, dass Gott ihr begegnet und sie mit seiner Liebe erreicht. Olgas Misstrauen und Resignation erinnert uns an viele „unserer“ Frauen in der

Anfangsphase in der Werkstatt. In den ver-gangenen acht Jahren hat Gott die Herzen der Frauen verändert. Sie sind zu treuen Nachfol-gerinnen Jesu geworden. Einige dieser Frauen helfen nun, die Anfängerinnen anzulernen. Sie entdecken plötzlich Fähigkeiten, die früher von Elend und Not zugeschüttet waren. n

Hütte am Steilhang

Frauen erlernen die Handgriffe in der Patchworkarbeit

▲ Mühsame Suche an den Steinhängen nach geeignetem „Bauplatz“

Familie Wieland in Lima

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