Sportforum Ruhr · Referat Kultur und Sport ... XXSchon seit geraumer Zeit befindet sich der Sport...

60
Sportforum Ruhr Dokumentation des Workshops vom 21. Februar 2008 beim Regionalverband Ruhr Workshop »Sportentwicklung in Metropolen«

Transcript of Sportforum Ruhr · Referat Kultur und Sport ... XXSchon seit geraumer Zeit befindet sich der Sport...

Sportforum Ruhr

Dokumentation des Workshops vom 21. Februar 2008 beim Regionalverband Ruhr

Workshop »Sportentwicklung in Metropolen«

Impressum

Herausgeber:Regionalverband Ruhr Referat Kultur und SportKronprinzenstr. 3545128 Essenwww.rvr-online.de

Vorträge: Dr. Johannes Eulering, Paul Lawitzke, Prof. Dr. Christian Wopp, Prof. Dr. Christoph Breuer

Redaktion: Barbara Underberg, BochumGestaltung: Peter Liffers, Essen

Protokolle des Sportforums: Uwe Wick, Willibald Gebhardt Institut

Bildnachweise

Fotos des Sportforums: S. 3, 8, 9, 10, 28, 30, 32, 33, 52, 55, 58, Dirk A. Fried-rich.S. 1, 59: www.karstadt-marathon.de.S. 12/13: Klaus Hinnenkamp. S. 19: Fi-ro. S. 22/23, 35: Stadt Bochum, Pres-se- und Informationsamt. S. 36, 38: World Games 2005 GmbH. S. 41: Deutscher Tischtennis-Bund. S. 46/47 Michael Gustrau. S. 50: DLV Möldner. S. 57: Bildschön. S. 60: Jochen Färber. Alle weiteren Fotos: Archiv des Regi-onalverbandes Ruhr

DankWir danken allen Referenten und Diskussionsteilneh-mern für ihre Unterstützung und rege Beteiligung. Die zur Verfügung gestellten Textgrundlagen wurdenredaktionell bearbeitet, um das Erscheinungsbild dieser Dokumentation stilistisch zu vereinheitlichen.

Sportforum RuhrWorkshop »Sportentwicklung in Metropolen«

4 Inhalt

Dr. habil. Thomas RommelspacherAllgemeiner Vertreter des Regionaldirektors im Re-gionalverband Ruhr (RVR), Bereichsleiter für Planung

Herausforderungen an den Sport im Ballungsraum RuhrBegrüßung

Dr. Dieter NellenLeiter des RVR-Referats Kultur und Sport

Lebhafter Gedankenaustausch ist gefragtEinleitung

Sportmetropole Ruhr

Dr. Johannes EuleringBeratendes Mitglied der RVR-Verbandsversammlung

Unsere Vision: Die Sportmetropole RuhrVortrag

Paul LawitzkeRVR-Teamleiter für Freizeitmarketing

Die Sportmetropole Ruhr stellt sich vorVortrag

Stadtentwicklung und Sport aus kommunaler und regionaler SichtPodiumsdiskussion

Hanns-Ludwig BrauserGeschäftsführer der Wirtschafts-förderung metropoleruhr GmbH

Viele Interessen unter einen Hut

Dr. Manfred BeckStadtrat von Gelsenkirchen fürKultur, Bildung, Jugend und Sport Sportevents stellen gute Zu-sammenarbeit unter Beweis

Wilfried ClevenDezernent der Stadt Mülheim an der Ruhr für Soziales, Beschäftigung, Gesundheit, Sport

Mülheimer Sportdialog: Sportgerechte Stadt an der Ruhr

Bernd TischlerTechnischer Beigeordneter der Stadt Bottrop

Neue Sportanlagen ohne neue Kosten

DiskussionsbeiträgeOlympiabewerbung, Fußball-museum und regionale Zusammenarbeit

Inhaltsverzeichnis

6

8

10

18

28

30

32

33

34

38

45

5Inhalt

Ein Blick nach draußen

Prof. Dr. Christian WoppUniversität Osnabrück – Fachbereich Sport / Sportwissenschaft

Sozialräumliche Analyse zielt auf

Lebensqualität durch Sport

Raus aus der Isolation der FachplanungVortrag

Prof. Dr. Christoph BreuerDeutsche Sporthochschule Köln – Institut für Sportökonomie und Sportmanagement

Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in der Sportentwicklungsplanung

Bessere Informationen er-möglichen bessere PlanungVortrag

Nachgefragt

… aus der Sicht der Stadtpolitik

Christian Hülsmann Stadtdirektor von Essen

Gutes Rückbaumanagement ist gefragt

... aus der Sicht der NRW-Landesregierung

Annemarie ErlenweinLeitende Ministerialrätin

Abteilung Sport im Innenministerium

des Landes Nordrhein-Westfalen

Profile schärfen, regional abstimmen

... aus der Sicht des organisierten Sports

Andreas KlagesStellvertretender Direktor Sportentwicklung beim Deutschen Olympischen Sportbund

Weniger Konkurrenz, mehr Kooperation

... aus der Sicht der Stadt- und Kreissportbünde

Wolfgang RohrbergGeschäftsführer des Essener Sportbundes

Überzeugungsarbeit leisten

Inhaltsverzeichnis

38

45

52

55

57

58

6 Begrüßung

unseren muss öffentliche Infra-strukturpolitik stets die Möglichkeit der Kooperation bedenken. Das gilt auch für die Sport-Infrastruktur, die der Regionalverband Ruhr und die Kommunen bereitstellen. Gerade in der Palette der Angebote, die Kommunen für ihre Bürger erbrin-gen, gibt es Überschneidungen. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen gilt es, sie gründlich in den Blick zu nehmen und neue Formen von Zu-sammenarbeit zu entwickeln. Hier ist auch zu fragen, welche Rolle die immer stärker am Markt für Sport und Wellness präsenten gewinnori-entierten Anbieter leisten können. Schließlich muss der Masterplan XX

nach der Rolle der regionalen Ebene fragen: Wo sind Angebote an die Bürger, die sinnvollerweise nicht überall flächendeckend vorgehal-ten werden müssen? Aber auch: Wo will die Region Highlights set-zen, mit denen sie im Konzert der europäischen Sportmetropolen mitzuspielen gedenkt?

Die Verbandsversammlung des Re-gionalverbands Ruhr hat einen Mas-terplan Sport in Auftrag gegeben, der drei anspruchsvollen Zielen gerecht werden soll:

Schon seit geraumer Zeit befindet XX

sich der Sport in einem gründlichen Wandel. Das betrifft die Art und Wei-se, in der Menschen Sport treiben, aber auch ihre Motive. In Frage stehen zudem die präferierten Sportarten, und neue soziale Gruppen treiben ihre Variante von Sport. Betroffen sind schließlich auch in hohem Maße Kommunen und Vereine als die tradi-tionellen Träger von Sportangeboten. Sie sehen sich einer ungewohnten Konkurrenz durch gewinnorientierte Träger ausgesetzt, aber auch immer mehr Menschen betreiben selbst organisierte Formen von Sport. Dies alles hat tief greifende Auswir-kungen, die für den Ballungsraum Ruhr zu analysieren sind.

In einem dicht besiedelten, poly-XX

zentrischen Ballungsraum wie dem

Dr. habil. Thomas Rommelspacher

Dr. habil. Thomas RommelspacherAllgemeiner Vertreter des Regionaldirektors im Regionalverband Ruhr, Bereichsleiter für Planung

Herausforderungen an den Sport im Ballungsraum Ruhr

7 Begrüßung

Frei-Räume für Erholung, Spiel und Sport

Der Regionalverband Ruhr und sei-ne Vorläufer stehen seit über achtzig Jahren in der Verantwortung, die regi-onalen Voraussetzungen für Freizeit und Erholung im Ruhrgebiet zu schaf-fen. Diesen Auftrag haben sie immer wieder den sich wandelnden Bedin-gungen angepasst. So hielt der Sied-lungsverband Ruhrkohlenbezirk in den 1920er und 30er Jahren große Räume von Bebauung frei. Er tat dies um den Ballungsraum räumlich zu gliedern, aber auch um den Menschen Frei-Räume für Erholung, Spiel und Sport zu schaffen. Der Kommunalverband Ruhrgebiet errichtete ab den 1970er

und 80er Jahren sieben Revierparks und begann die Schaffung eines regi-onalen Radwegenetzes.

Mit dem weiteren Ausbau des regi-onalen Radwegenetzes, der Attrakti-vierung seiner Bäderlandschaft und dem „Masterplan Sport für die Me-tropole Ruhr“ führt der Regionalver-band Ruhr diese Tradition fort. Im Di-alog mit Kommunen, Vereinen und Verbänden sowie gewinnorientier-ten Anbietern von Sportinfrastruk-turen und -angeboten wollen wir die Strukturen ausloten, in denen sich der Sport im Ballungsraum Ruhr in den nächsten Jahrzehnten bewegt und die Rolle bestimmen, die die re-gionale Ebene hier spielen kann. ◆

7

8 Moderation

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nach Herrn Dr. Rommelspacher als offiziellem Vertreter der Verbandslei-tung möchte auch ich Sie heute Mor-gen hier herzlich begrüßen und mich dafür bedanken, dass Sie unserer Ein-ladung so zahlreich gefolgt sind.

Mir selbst fällt heute hier die eher be-scheidene Rolle zu, die unterschied-lichen Programmetappen unseres Workshops zu moderieren und Sie zusammen mit Herrn Dr. Eulering in dem richtigen Wechselspiel von Ein-zelvortrag, Podiumsdiskussion und Plenumsbeteiligung durch die nächs-ten Stunden zu begleiten. Wir rech-nen mit einem lebhaften Gedanken-austausch.

Beginnen wird heute Herr Dr. Eule-ring, der bekanntlich für das weiter-führende Projekt „Masterplan Sport“ im Auftrag der Verbandsversamm-lung gewissermaßen die regional-politische Patenschaft übernommen hat. Herr Eulering kennt wie kaum ein anderer alle Facetten des Sports auf kommunaler, regionaler und in-ternationaler Ebene, und ich danke ihm dafür, dass er mit seiner Keyno-te heute den inhaltlichen Aufschlag macht.

Sport als Querschnitts- aufgabe

Der Bereich Sport wird bekannt-lich im RVR als Querschnittsaufga-be wahrgenommen und für das Pro-jekt Masterplan in einer Verbindung des Referates Kultur und Sport zu-sammen mit dem Team „Freizeitmar-keting“ realisiert. Herr Lawitzke wird deshalb als zuständiger Teamleiter in seinem Referat den bisherigen Stand der sportpolitischen Erkenntnisse, ak-tuelle Daten und Fakten sowie den in-haltlichen Zuschnitt des geplanten Masterplans Sport erläutern.

Im zweiten Abschnitt des Vormittags werden drei kommunale Beigeord-nete, also gleichermaßen maßgebli-che wie sachkundige Vertreter unser kommunalen Mitgliedskörperschaf-ten, sowie Hanns-Ludwig Brauser, der Geschäftsführer der „Wirtschaftsför-derung metropoleruhr“, zunächst Impulsreferate für das große The-ma „Stadtentwicklung und Sport aus kommunaler und regionaler Sicht“ halten – mit einer begleitenden bzw. anschließenden Podiumsdiskussion.

Blick über den TellerrandDer Blick über den Tellerrand ist im-mer wieder wichtig, wenn man die

Dr. Dieter NellenLeiter des Referats Kultur und Sport beim Regionalverband Ruhr

Lebhafter Gedankenaustausch ist gefragt

Dr. Dieter Nellen

9Moderation

eigenen Stärken und Schwächen richtig einschätzen will. Nach der Mittagspause wird uns deshalb pro-fessoraler bzw. universitärer Sach-verstand, vertreten durch die Her-ren Professoren Christian Wopp und Christoph Breuer, den „Blick nach draußen“ eröffnen. Sie werden an den Beispielen von Berlin und Stutt-gart die dortige Sportentwicklungs-planung erläutern. Man wird sehen, wieweit die dortigen Erfahrungen und Vorgehensweise auf uns über-tragbar sind.

Der letzte Teil der Veranstaltung soll mit Statements und Diskussionsbei-trägen sportpolitische Einschätzungen zur Metropole Ruhr aus der Sicht der

StadtpolitikXX

der Landesregierung NRWXX

des organisierten SportsXX

der Stadt- und Kreissportbünde XX

geben. Hierzu begrüße ich schon jetzt Herrn Stadtdirektor Christian Hülsmann aus Essen, Frau Anne-marie Erlenwein, Leitende Ministe-rialrätin aus der Abteilung Sport im NRW-Innenministerium, Herrn And-reas Klages vom Deutschen Olympi-schen Sportbund sowie Herrn Wolf-gang Rohrberg, den Geschäftsführer vom Essener Sportbund.

Nach diesem kurzen Überblick möch-te ich nun Herrn Dr. Eulering bitten, mit seinem Vortrag zu beginnen. ◆

Lebhafter Gedankenaustausch ist gefragt

10 Vortrag

Wer in längst abgelebten Zeiten mit dem Rucksack, der die Aufschrift trug, „Olympia ins Ruhrgebiet“ durch die Al-pen gewandert ist, der hat heute noch eine doppelte Erfahrung im Gepäck: Einmal das Lächeln der Bergwanderer, manchmal wohlwollend, oft aber eher ironisch-nachsichtig; dann natürlich auch das Erleben, wie hoch die Berge sind - im wörtlichen wie im übertrage-nen Sinne. Das Schicksal dieser olym-pischen Werbekampagne ist sicher al-len noch in deutlicher Erinnerung: ein misslungener Aufstieg, eine verspiel-te Chance für die Ruhrmetropole. Wer einmal für die sportbegeisterte Bür-gerschaft der Ruhrregion angetreten ist, zum Beispiel bei der Universia-de in Duisburg, und von den Einwoh-nern in einem neuen Selbstwertge-fühl gehört hat: „Die Welt schaut auf uns, wir sind wieder wer“, der glaubt auch heute noch an eine Doppelchan-ce: für die Menschen in dieser Region und für die Olympische Idee. Immer-hin heißt das jährliche sportliche Ju-gendtreffen - semantisch nicht ganz korrekt - „Ruhrolympiade“. Übrigens lange bevor der IOC-Präsident Jac-ques Rogge seine nicht unumstrit-tene Idee von den „Olympischen Ju- gendspielen“ startete.

Wer selbst einmal an der Entwicklung des Sports im Land mitgearbeitet hat, den lässt die Vision von der „Sport-Me-tropole Ruhr“ nicht mehr los. Allerdings lässt ihn auch die Erfahrung nicht mehr los, dass dieses Ziel immer noch

mehr ein Desiderat als erreichte Reali-tät ist. Entgegen mancher Selbstwahr-nehmung und Selbsteinschätzung hier vor Ort hat ein Vertreter der Landesre-gierung die gegenwärtige Situation in unserer Region in einem vorbereiten-den Gespräch zum heutigen Veranstal-tungsauftakt auf den Punkt gebracht: Im Leistungssport ist das Ruhrgebiet gegenüber dem ganzen Land in den letzten Jahren zurückgefallen. Nun soll es aber im Sportforum Ruhr nicht nur - oder auch nur in erster Linie - um den Leistungssport oder sogar nur um sei-ne Hochebene, den professionellen Spitzensport, die Eventkultur, gehen, sondern ebenso um die Ebenen des Vereins- und Schulsports sowie des all-gemeinen Sports im Alltagsleben. An-gemerkt sei nur, dass diese drei Syste-me mehr und mehr von der Tendenz geprägt werden, sich abzugrenzen und zu verselbständigen.

Sport ist mehr als Bewegung

Sport ist, um es in einem gegenwär-tig dominanten Begriff unserer Region zu fassen, ein wesentlicher Teil unserer Gegenwartskultur.Oder anders formuliert:

Sport ist die Bewegungskultur, XX

die Spielkultur,XX

die Leibes- oder KörperkulturXX

und ein guter Teil der Gemeinschafts-XX

kulturin der postmodernen Industriegesell-schaft.

Dr. Johannes EuleringBeratendes Mitglied der RVR-Verbandsversammlung

Dr. Johannes Eulering

Unsere Vision: Die Sportmetropole Ruhr

Sport ist wichtiger Teil der Gegenwartskultur

Vortrag

Sport ist ins gesell-schaftliche Abseits ge-raten, sein Image hat gelitten

11

Bewegung ist eine zentrale Kategorie al-len Lernens und aller Kultur. „Die Essenz der Metropole liegt in der Bewegung … Der Organismus einer Metropole nährt sich von der ständigen Bewegung“, so heißt es z. B. im Konzept für den „Mas-terplan Kultur für die Metropole Ruhr“. Spielen lernen die Kinder heute im We-sentlichen über die Sportspiele. Diese Spiele sind die wirkmächtigsten Kon-kurrenten zu den bedrohlich ansteigen-den, die Bewegung unterdrückenden und damit schon allein gesundheitlich nicht unbedenklichen Computerspie-len. Gesundheit ist ein immer teurer werdendes Gut. Leibes- bzw. Körper-kultur, wie sie im Sport umfassend ver-mittelt wird, vermag hier ein vor allem präventiv wirkendes Gegengewicht zu bilden. Das jüngst gestartete Bundes-programm müsste deswegen auch nicht „Ernährung und Bewegung“ hei-ßen, sondern „Ernährung und Sport“. Denn Sport bedeutet eben schon be-grifflich mehr als die in Einzelstellung doch recht konturlose „Bewegung“.

20.000 Vereine in NRW

Sport ist zum Beispiel auch ein wichti-ger Faktor im Gemeinschaftsleben un-serer Zeit, wenn man nur an die rund 20.000 Vereine in unserem Land denkt, an die 500.000 Ehrenamtlichen, die mit ihrer Freiwilligenarbeit dieses gro-ße Netzwerk tragen, die daran mitwir-ken, Fairness - die Kardinaltugend des Sports - auszuformen, Solidarität zu stiften, Integration zu befördern. Das Sportvereinssystem ist ein wichtiger Akteur in unserer oft amorphen Gesell-schaft, eine Schlüsselstruktur, die hilft, dieses Gemeinwesen zusammenzu-halten, ein gewichtiger Anteil am sozi-alen Kapital unserer Städte.

54 Prozent aller Jugendlichen sind in ei-nem Sportverein. Diese Zahl ließ unse-ren Ministerpräsidenten sichtbar auf-horchen, als wir von der Internationalen Vereinigung Sport- und Freizeiteinrich-tungen (IAKS), Sektion Deutschland, speziell für die Fragen des Sportstät-tenbaus zu einem Symposion mit der Ratifizierung eines „Bündnisses für den Sport“ zwischen der Landesregierung und dem LandesSportBund in der ver-gangenen Woche in die Staatskanzlei geladen waren. Die Landesregierung wird unter anderem im Zusammen-wirken mit der NRW.Bank ein Sport-stättenfinanzierungsprogramm mit einem Volumen von 150 Millionen Eu-ro zur Verbesserung der Sportstätten-infrastruktur auf der Basis zinsgünsti-ger und durch eine Landesbürgschaft abgesicherter Darlehen für die Verei-ne und Verbände des Sports auflegen. Den Kommunen sollen zinsgünstige Kredite über die Kommunalkredite hi-naus in diesem Programm erschlos-sen werden. Ziel dieses neuen Bünd-nisses ist es insgesamt, den „Nutzen des Sports mehr als bisher deutlich zu machen“.

Nach meiner Interpretation geht es da-rum, den Sport aus dem gesellschaft-lichen Schlagschatten herauszuho-len, in den er - oder doch wichtige Teile aus seiner großen Binnenwelt, wie zum Beispiel der Sportstättenbau - in letzter Zeit geraten sind:

aus dem selbstverschuldeten Dilem-XX

ma der radikalen Kommerzialisie-rung mit der zerstörerischen Folge des Dopings, verbunden mit einem tief greifenden Imageverlust bei den Eliten des Landes;aus dem tradierten Versprechen der XX

ewigen Jugend in einer Gesellschaft im demographischen Wandel mit

Unsere Vision: Die Sportmetropole Ruhr

12 Vortrag

einer rasch alternden Bevölkerung, die neue sportgeprägte Leitbilder braucht;aus dem Schmelzen der Ressourcen XX

angesichts der Finanzengpässe der öffentlichen Hand, heute 25 Jahre nach dem Auslaufen des „Goldenen Plans für Gesundheit, Spiel und Er-holung“ - sichtbar im Sanierungs-stau der Sportstätteninfrastruktur, schamhaft versteckt hinter der Vo-kabel „Rückbau“;aus der Randständigkeit in der Stadt-XX

entwicklung, in der Stadtplanung;aus dem Verlust einer tragenden Rol-XX

le in Zeiten der Knappheitspolitik in der Stadtpolitik, trotz des Staatsziels: Sport ist durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern (Landes-verfassung § 18).

Ruhrgebiet als Sportmetropole

All das vorausgeschickt, stellt sich umso nachdrücklicher die Doppelfrage: Was kann dieser Sport zur Entwicklung der Metropole Ruhr beitragen, aber auch - angesichts seines Wohlfahrtnutzens und seiner Wohlfahrtsleistungen - was kann der Sport aus der angestrebten Entwicklung zur Metropole gewinnen? Am nicht sehr kurzen Weg zur Antwort stehen zusätzlich viele Fragezeichen, die auf zu klärende Probleme wissen-schaftlicher, politischer oder auch ge-sellschaftlicher Art verweisen:

Wie sehen die Entwicklungslini-XX

en des künftigen Gemeinbedarfs überhaupt aus?Was wissen wir heute verlässlich XX

über die Sportentwicklung und ih-re Megatrends?Können wir - zugespitzt gefragt - XX

wissen, wie der Sport in fünfzehn

bis zwanzig Jahren gestaltet sein wird?Wie ist eigentlich die Prognose-XX

wirksamkeit unserer Sportentwick-lungsplanungen einzuschätzen?Wie beurteilen wir das wissen-XX

schaftlich-theoretische Gerüst da-zu?Lässt sich aus heutigen Sportver-XX

haltensstudien ableiten, wie unsere Enkelkinder Sport treiben werden?

Deutlich unterschieden werden muss von der Sportentwicklungsplanung, die im Wesentlichen ein anderer Name für Sportpolitik ist, die Sportstätten-entwicklungsplanung. Mit heutigen Entscheidungen, sei es zur Sanierung, Modernisierung, Anpassung an die de-mographischen Daten, Neubau, aber eben auch Rückbau, bauen oder ver-

13Vortrag

bauen wir die Zukunft des Sports in unserem Land, in unserer Region. Ein-fache Antworten, wie in den Zeiten des „Goldenen Plans“ mit seinen in ei-ner absoluten Mangelsituation gera-dezu genialen städtebaulichen Ori-entierungswerten „Quadratmeter Sportfläche pro Einwohner“, verbie-ten sich heute angesichts der schnell fortschreitenden Differenzierungen in Gesellschaft und Sport.

Hinzu kommt der zentrale Wunsch, das Ruhrgebiet als Sportmetropole im Kreis der Metropolen Europas zu etab-lieren; dieser Wunsch wird hier mit all seinen unbeantworteten Impondera-bilien als gegeben vorausgesetzt. Die Antwortsuche auf unsere oben ange-führte Doppelfrage wollen wir heute aber noch weiter vertiefen.

Pakt für den Sport

Im erwähnten Bündnis für den Sport soll es nach dem Willen der Bündnisge-nossen vor allem darum gehen, basie-rend auf den Zielsetzungen des „Pakts für den Sport“, neue Partner für die Zu-kunftsentwicklung des Sports zu ge-winnen: die Wirtschaft und Medien, die Wissenschaft und Bildung, das Gesund-heitswesen und die Kommunen. Wir fü-gen hinzu, im Blick von außen auf unser Vorhaben kann darüber hinaus beson-ders die Stadtentwicklung mit ihren Er-kenntnissen und Planungsprozessen hilfreich sein. Sportentwicklung ist heu-te eine Querschnittsaufgabe, die von vielen Politikbereichen bewältigt wer-den muss, die Zukunftsgestaltung ist nicht mehr von einer Fachpolitik Sport allein zu bewältigen. Diese Erkenntnis erschwert die Antwortsuche abermals.

Im Blick nach außen wollen wir daher heute schauen, wie andere Metropolen unsere Aufgaben lösen. Wie gelingt es dort, die Basis sportlichen Wachstums zu sichern? Wie kann man eine Grund-versorgung für den Sport in den Me- tropolen beschreiben? Wer soll in ei-nem Entwicklungsprozess zur Metropo-le was machen? In den Worten des Kon-zeptentwurfs zur Kulturmetropole Ruhr heißt es: Wo sind die Institutionen und Akteure, die sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, und wer besitzt über-haupt die Möglichkeiten und Vorausset-zungen zur professionellen Koordinati-on und Anleitung der Umsetzung einer Metropolenstrategie? Es gilt aber auch zu klären und zu entscheiden, was die Mitgliedskommunen selbst regeln kön-nen und was Gegenstand des Planungs-prozesses in der Region sein muss. Wie muss der angestrebte Masterplan kon-struiert werden, damit er ein Kompass

Richtwertbezogene Planung verbietet sich heute

Besonders wichtig für die Sportplanung ist die Stadtentwicklung mit ihrer Planungser-fahrung

14 Vortrag

für die Entwicklung in eine gute Zu-kunft wird? Wir sind also mit unseren unbeantworteten Fragen, dem Berg zu lösender Probleme, den aufgetürmten Schwierigkeiten nicht allein. Beim „Blick über den Zaun“ ist manches zu lernen.

Masterplan Sport für die Metropole Ruhr

Ich will daher abrundend versuchen, ein paar Bausteine für die Entwicklung einer Strategie, die zur Sportmetropo-le Ruhr führen könnte, zu skizzieren; sie sollten heute aber nachdrücklich kri-tisch hinterfragt werden. Ausgangs-punkt ist das Vorhaben, im Regional-verband einen „Masterplan Sport für die Metropole Ruhr“ zu erstellen. Mas-terplan, das klingt heute noch wie eine Zauberformel, ein Zauberwort. London hat einen Masterplan für die Vorberei-tung der Olympischen Spiele 2012, Essen berät einen Masterplan für die Gegen-wartsentscheidungen über die zukünf-tige Sportstätteninfrastruktur, und der Bundestrainer Joachim Löw ist sich sei-ner Sache für die Europameisterschaft sicher: „… wir wissen genau, wo wir an-setzen müssen. Wir haben einen Mas-terplan“. In diesen offenen Rahmen ei-nes modernen Planungsinstruments gilt es, die Leitziele und Akteure, die Bausteine und Realisierungswege für unser Vorhaben einzuformen.

Die vielleicht schon entscheidende Auf-gabe ist es, die Idee des Masterplans sichtbar zu machen, die Bevölkerung der Region dafür zu gewinnen, ihre Kraft zur Identifikation frei zu setzen. Ein ein-vernehmlich konzipiertes Leitbild als so genanntes Alleinstellungsmerkmal könnte dabei wesentlich helfen. Vor-schlag: die „Sportgerechte Metropole“.

Damit könnte der Anschluss an die Ge-rechtigkeitsdebatte in der Gesellschaft gefunden werden, die Zugangsgerech-tigkeit für alle Einwohner der Metro-pole würde wenigstens im Leitbild ga-rantiert, die Identifikation mit einem eigenen Sportprofil der Region hätte gute Anknüpfungspunkte. Dann müs-sen die Politik und die sie tragenden Parteien in der Region gewonnen wer-den. Wie könnte eine Regionalpolitik für die Sportmetropole aussehen? Wer übernimmt die Verantwortungsträger-schaft für die Zukunft nicht zuerst des Sports, sondern für die Menschen in der Region, die in einer Gesellschaft im Wandel mehr denn je auf die Sportkul-tur angewiesen sind?

Gute Sportinfrastruktur

Ferner müssen in einer Tiefenanalyse die Hauptentwicklungslinien im Sport selbst untersucht werden. Die Metro-

Die Bevölkerung muss für die Ideen hinter dem Masterplan begeistert werden

„Sportgerechte Me-tropole“ als Allein-stellungsmerkmal

15Vortrag

pole Ruhr besitzt eine gute sportliche Infrastruktur. Sie ist sowohl ein har-ter Standortfaktor als auch Trägerin in-ternational und national bedeutsamer Veranstaltungen. Mehr Gemeinsam-keit bei der Einwerbung und Durchfüh-rung solcher weltweit wirksamen so genannten „Events“ ist allerdings sehr wünschenswert. Fehlt allein das Dach eines regionalen Zusammenschlusses, um die Wirkungen nach innen und au-ßen zu potenzieren? Vorschlag: Es wer-den drei Workshops mit Experten aus der Region, aber auch aus dem ganzen Bundesgebiet sowie aus anderen Fach-bereichen der Stadtpolitik zum Leis-tungssport, zum organisierten Sport in Schule und Verein und zum allgemeinen Sport im Alltagsleben durchgeführt und die selbstkritisch erarbeiteten Ergebnis-se in die Planungsprozesse einbezogen.Gesucht wird im Besonderen eine her-ausragende Persönlichkeit des Reviers - möglichst mit einem politischen Amt - die mit gewachsener Autorität für

die Sportmetropole als repräsentativer Sprecher in Erscheinung tritt, den ge-samten Prozess moderiert. In der ersten Phase der Olympiabewerbung des Ruhr-gebiets, auf die dann zu Gunsten des ge-teilten Berlins verzichtet wurde, war dies ein Oberbürgermeister, ein „primus inter pares“, kein „unus inter pares“ - wie Kar-dinal Lehmann gerade seine Rolle in der Bischofskonferenz beschrieben hat.

Sportagentur Ruhrmetropole?

Diskutiert werden sollte schließlich die Bildung eines „Ruhrforums für den Sport“ - analog zum früheren Stadt-forum des Sports - als ständiges Or-gan, das für die gesamte Region den Entwicklungsprozess begleitet und le-gitimiert. Repräsentanten aller Mit-gliedskommunen im RVR und der hier ansässigen Institutionen sollten darin vertreten sein. So könnte eine neuartige Organisationsform kooperativen Han-delns entstehen. Auch müssen die Res-sourcen gestärkt werden, sowohl die fi-nanziellen als auch die personellen. Ein analoges Vorgehen wie beim schon zi-tierten Masterplan Kultur drängt sich auf. Könnte die Schaffung einer „Sport-agentur Ruhrmetropole“ mit einer ent-sprechenden Ausstattung dazu eine wichtige Weichenstellung sein?Als Grundlage für die vielen Einzel-schritte in eine Zukunft der Sportme-tropole Ruhr muss aber nach wie vor der Wille zur Zusammenarbeit gestärkt werden, ansonsten „bleibt alles anders“. Die Mühen werden sich lohnen, denn der Sport und seine Kultur ist in Zukunft noch mehr als bisher ein Beitrag zu ei-nem guten Leben der Bürgerinnen und Bürger in der Ruhrregion, der hoffentlich künftigen „Sportmetropole Ruhr“. ◆

Vorschlag: Drei Work-shops zu Leistungs-sport, Schul-/Vereins-sport und Alltagssport

Moderation durch he-rausragende Persön-lichkeit

Wille zur Zusammen-arbeit ist die Voraus-setzung

17

SportmetropoleRuhr

18 Vortrag

Der Ausschuss für Kultur und Sport des Regionalverbandes Ruhr hat die Verwaltung mit der Erarbeitung ei-nes regionalen Masterplans Sport beauftragt. Auf der Basis einer Be-standsaufnahme der regional be-deutsamen Sportinfrastruktur und der regionalen Sportangebote sollen Handlungsempfehlungen zu einer regionalen Entwicklung von Sport, Freizeit, Gesundheit und Wellness er-arbeitet werden. Diese Erarbeitung erfolgt in einem engen regionalen Di-alog mit den Akteuren aus dem Sport, der Sportwirtschaft, der Politik und der Verwaltung. Das Ruhrgebiet mit seinen 5,3 Milli-onen Einwohnern verfügt über ei-nen hohen Anteil sportaktiver Bevöl-kerung. Die Sportbegeisterung der Ruhrgebietsbevölkerung ist sprich-wörtlich. Sie ist Garant für hohen Zu-schauerzuspruch und bietet darüber hinaus die Chance der Profilierung als Veranstaltungsort nationaler und internationaler Sportereignisse.

Sport hat hohen Stellenwert

Das Thema Sport hat für die Metro-pole Ruhr unter verschiedenen As-pekten einen hohen Stellenwert:

Qualifizierte Sportangebote erhö-XX

hen die Lebensqualität und sind da-mit ein wichtiger Standortfaktor.

Sportgroßveranstaltungen leisten XX

einen wichtigen Beitrag zur Image-förderung. Die Metropole Ruhr wird bundesweit - über das Thema Fußball hinaus - in hohem Maße als Sportregion wahrgenommen. Im europäischen Wettbewerb der Regionen verzichtet keine Region mit Metropolanspruch auf die Be-setzung des Themas Sport, um die eigene Ausstrahlung zu erhöhen.Die Verbindung zwischen Metro-XX

pole Ruhr und dem Fußball ist eng. Fußball hat eine hohe Image prä-gende Bedeutung für die Region. Bundesweit - und vermutlich auch international - werden Gelsenkir-chen und Dortmund zu allererst mit Schalke 04 bzw. Borussia Dort-mund assoziiert. Der Sport ist ein wichtiger Beschäf-XX

tigungs- und Wirtschaftsfaktor. Mit der zunehmenden Professio-nalisierung der Sportanbieter ent-stehen neue Beschäftigungsfelder und neue Arbeitsplätze.Sportveranstaltungen und insbe-XX

sondere Sportgroßveranstaltun-gen binden Kaufkraft in der Region und können bei entsprechender überregionaler Ausstrahlung zu-sätzliche wirtschaftliche Effekte in der Region auslösen.Für wesentliche Zukunftsaufgaben XX

der Regionalentwicklung, z. B. bei den Themen Gesundheit oder Tou-rismus ist Sport unverzichtbar.

Paul Lawitzke

Die Sportmetropole Ruhr stellt sich vor

Paul Lawitzke RVR-Teamleiter für Freizeitmarketing

Sportbegeisterung der Ruhrgebietsbevölke-rung ist sprichwörtlich

Sport ist wichtig für Lebensqualität, Image, Beschäftigung, Wirt-schaft und Regional-entwicklung

19Vortrag

Mehr als drei Millionen Menschen üben in der Metropole Ruhr sport-liche Aktivitäten aus. Das Sportver-halten unterliegt einem starken und schnellen Wandel, der auf zuneh-mender Orientierung an Gesund-heit, Wellness und Trendsport ba-siert. Starke Zuwächse zeigen sich bei den neuen Angeboten kommerzieller Sportanbieter, der gemeinnützigen Sportwirtschaft und bei den selbst organisierten Sportaktivitäten in der Landschaft. Sinkende Einwohnerzah-len, die Alterung der Gesellschaft und der wachsende Anteil der Bevölke-rung mit Migrationshintergrund er-fordern eine Neuausrichtung der öf-fentlichen Sportinfrastruktur und Programme.

Sportangebote werden zunehmend im regionalen Maßstab genutzt. Prof. Horst Hübner von der Bergi-schen Universität Wuppertal hat ak-tuell ermittelt, dass 25 Prozent aller

Sportaktivitäten der Herner Bevöl-kerung außerhalb des Stadtgebietes erfolgen.

Sportvereine und Spitzensport

Sportliche Aktivitäten werden nach wie vor in hohem Maße in Vereinen ausgeübt. 1,4 Millionen Menschen sind in etwa 5.500 Vereinen in der Metropole Ruhr organisiert. Das En-gagement der Sportvereine bildet die Basis für den Leistungs-, Wett-kampf- und Spitzensport. Zur syste-matischen Förderung des Spitzen-sports tragen in der Metropole Ruhr zahlreiche Einrichtungen bei: Zwei Olympiastützpunkte, 24 Leistungs-zentren, 110 Leistungsstützpunk-te und zwei Eliteschulen des Sports. Teilnehmer aus der Region haben ei-ne Vielzahl nationaler und internati-onaler Titel errungen.

Die Sportmetropole Ruhr stellt sich vor

Wandel durch zuneh-mende Orientierung an Gesundheit, Well-ness und Trendsport

Engagement der Sportvereine als Basis für Leistungs-, Wett-kampf- und Spitzen-sport

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

Zahlen und Fakten

20 Vortrag

Die Metropole Ruhr ist mit einer Viel-zahl von Sportgroßeinrichtungen aus-gestattet, die für die Ausrichtung nationaler und internationaler Sport-veranstaltungen hervorragend geeig-net sind. Hierbei handelt es sich unter anderem um Arenen, Fußballstadien, Großveranstaltungs- und Mehrzweck-hallen, Sondersportanlagen, Trend-sporteinrichtungen und nicht zuletzt Messen. Ohne Anspruch auf Vollstän-digkeit werden im Folgenden einige überregional bedeutsame Einrichtun-gen benannt.

Großeinrichtungen für Sportevents

Die Veltins-Arena in Gelsenkirchen ist aufgrund ihrer multifunktionellen Nutz-barkeit und ihres Fassungsvermögens vielfacher Veranstaltungsort für nati-onale und internationale Sportevents. Der Signal Iduna Park in Dortmund war Austragungsort der letzten Fußballwelt-meisterschaft. Weitere Fußballstadien mit überregionaler Bedeutung sind u. a. das rewirpower Stadion in Bochum und die MSV-Arena in Duisburg.

Sporteinrichtungen hervorragend geeignet für nationale und in-ternationale Sportver-anstaltungen

Zahlen und Fakten

21Vortrag

Unter den zahlreichen für Sportgroß-veranstaltungen geeigneten Mehr-zweckhallen besitzt die Westfalen-halle die größte Tradition. Hier fanden u. a. Spiele der Handball-WM und die Eiskunstlauf-WM statt. Als Veranstal-tungsort für Sportevents hat sich die König-Pilsener-Arena ebenso profi-liert wie die Grugahalle und die RWE Rhein-Ruhr Sporthalle, die ebenfalls für Sportevents gut geeignet sind. Aktuell neu hinzugekommen ist die Günter-Hörster-Sporthalle in Reck-linghausen.

Die Messe Essen hat sich als heraus-ragender Standort für Sport-, Freizeit- und Gesundheitsmessen mit hohem Publikumszuspruch einen Namen gemacht. Zu den bedeutendsten Er-eignissen gehören die Essen Motor Show, die FIBO, die YOU, die Equitana und die Gesundheitsmesse.

Spitzeneinrichtungen der SportfachverbändeFür die Leichtathletik und das Schwimmen, die beiden Kerndiszi-

Viele nationale und internationale Wett-kämpfe der Fachver-bände finden statt

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

XX

Zahlen und Fakten

22 Vortrag

plinen der Olympischen Spiele, beste-hen in der Metropole Ruhr gute Trai-nings- und Wettkampfeinrichtungen, die zum Teil nationales Niveau auf-weisen. Darüber hinaus ist die Regi-on ein nationales und internationales Zentrum für den Wassersport, insbe-sondere in den Disziplinen Kanu- und Rudersport. Weiterhin bestehen ver-schiedene Spezialsportanlagen von nationaler Bedeutung.Unter den für den Spitzensport geeig-neten Leichtathletikanlagen sind das Lohrheidestadion als Austragungs-ort für Deutsche Meisterschaften, das Stadion Rote Erde und die mit ei-ner Rundlaufbahn ausgestattete Hel-mut-Körnig-Halle besonders heraus-zuheben.

Das Südbad in Dortmund und das Ma-ximare in Hamm sind überregional bedeutsame Wettkampfstätten für den Schwimmsport. Drei weitere für den Schwimmsport ganzjährig nutz-bare Trainingsstätten mit 50-Meter-Bahnen befinden sich in Duisburg, Essen und Bochum. Der Bundesleis-tungsstützpunkt im Schwimmzen-trum in Essen-Rüttenscheid wurde aktuell um ein Teilzeitinternat erwei-tert. Für den Wassersport bestehen zahlreiche Spitzeneinrichtungen, al-len voran die Regattabahn Duisburg-Wedau als Austragungsort der letz-ten Kanu-Weltmeisterschaft. Eine Kanu-Slalom-Anlage befindet sich in Hagen-Hohenlimburg. Auf dem Bal-deneysee finden internationale Ru-der-Regatten statt. Dortmund ist Standort des Bundesleistungszent-rums Rudern.

Nicht zuletzt bestehen zahlreiche weitere Sondersportanlagen, bei-

spielsweise für Fußball, Handball, Basketball, Eissport, Tennis, Golf und Pferdesport. Hervorgehoben werden hier das Hockey-Waldstadion in Mül-heim, das Veltins-Ski-Alpincenter in Bottrop, das Schießsportzentrum in Dortmund und der Sportpark in Her-ne. Die Metropole Ruhr ist vielfacher Austragungsort für nationale und in-ternationale Wettkämpfe der Fach-verbände. In den letzten Jahren ha-ben hier die Eiskunstlauf-WM (2004), die World Games (2005), die Taek-wondo-WM (2005), die Skateboard-WM (2005), die Fußball-WM (2006),

23Vortrag

Tennis, die im nationalen Maßstab hochrangigen Wettbewerbe in zahl-reichen Disziplinen wie z. B. Beach-Volleyball, Kanu-Polo, Triathlon und Wasserball sowie Sonderereignis-se wie das Champions-League Finale 2004 oder Box-Events.

Attraktive Einzel- veranstaltungen

Hinzu kommen in Abhängigkeit von den Veranstaltungskalendern der Sportfachverbände jährlich etwa ein Dutzend weiterer attraktiver Einzel-veranstaltungen mit überregiona-ler Bedeutung. Hier eine Auswahl der Veranstaltungen des Jahres 2007: DFB Fußball-Länderspiel, Frauenfuß-ball WM-Qualifikation, Handball Su-per Cup, Leichtathletik Gala, Schwim-men Deutsche Mannschafts- und Kurzbahnmeisterschaften, Triathlon Deutsche Mannschaftsmeisterschaf-ten, Ultra-Marathon und Squash Deutsche Meisterschaft.

Aktuelle Bewerbungen aus der Re-gion betreffen die Ausrichtung des UEFA-Cup-Finales 2010 in der Veltins-Arena, der World Games 2013 und der Fußball-WM der Frauen.

Der Masterplan Sport Ruhr

Der Masterplan Sport Ruhr soll die Gestaltungsfähigkeit der Region beim Thema Sport sichern und ent-wickeln. Er ergänzt die kommunalen Masterpläne zum Sport um die Per-spektive interkommunaler und regi-onaler Zusammenarbeit und stellt die regionalen Gestaltungspotenzia-

die Handball-WM (2007) und die Ka-nu-WM (2007) stattgefunden.

Jährlich wiederholend finden mehr als 25 überregional bis internatio-nal bedeutsame Sportveranstaltun-gen in der Region statt. Darunter der Karstadt RuhrMarathon, der Rhein-Ruhr-Marathon, die Ruhrolympiade, der Sparkassen-Giro, das Dortmun-der 6-Tage-Rennen und viele andere.

Zu den weiteren Highlights gehören die Spiele der Vereine in den Profili-gen Fußball, Handball, Basketball und

Masterplan Sport soll den gemeinsamen Auftritt als Sportme-tropole stärken

24 Vortrag

Förderung von Modell-projekten regionaler Kooperation

Wohnungsnahe und preiswerte Sportgele-genheiten sollten ge-schaffen werden

Regionaler Teilplan Bä-der Ruhr als erstes Leit-projekt

Infrastruktur für Sportgroßereignisse ist wichtiges regionales Entwicklungsziel

le im Sport dar. Der Masterplan Sport Ruhr erarbeitet unter Mitwirkung der Sportwissenschaft ein regionales Handlungsprogramm und einen Ori-entierungsrahmen für kommunales Handeln, basierend auf der finanziel-len Situation der öffentlichen Haushal-te. Die regional bedeutsamen Akteure der Sportorganisation, der Sportselbst-verwaltung und der Sportwirtschaft werden in die Erarbeitung des regio-nalen Masterplans Sport einbezogen. Ziel ist die Stärkung des gemeinsamen Auftritts als Sportmetropole Ruhr.

Es wird vorgeschlagen, den Mas-terplan Sport Ruhr inhaltlich in drei Teilabschnitte zu gliedern: regionale Kooperation im Sport, Sportgroßer-eignisse und regionales Sportenga-gement des RVR.

Regionale Kooperation im Sport

Auf der Basis aktueller Sporttrends und unter Zugrundelegung der kom-munalen Sportkonzepte werden die für eine verstärkte regionale Koope-ration relevanten Sporteinrichtun-gen festgelegt und Modellprojek-te regionaler Kooperation gefördert. Der gesellschaftliche Wertewandel, der sich in zunehmender Individuali-sierung und Pluralisierung ausdrückt, führt zu einer vermehrten Nachfra-ge nach differenzierten Leistungsan-geboten im Sport, die einer flexiblen Angebots- und Organisationsstruk-tur bedürfen.

Der gesellschaftspolitische Beitrag des Sports wird unter den Aspekten Gesundheit und Bewegung, Präven-

tion und Gesundheitsvorsorge sowie Integration an Bedeutung gewinnen. Die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit und die Herausbildung von Verar-mungsquartieren im Ruhrgebiet er-fordern ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung wohnungsnaher und preiswerter Sportgelegenheiten für breite Bevölkerungsschichten.

Ziel ist eine soziale Gestaltung des Wandels im Sport und durch den Sport. Als ein erstes Leitprojekt wird ein regionaler Teilplan Bäder Ruhr er-arbeitet.

Sportgroßereignisse

Sportevents sind ein unverzichtbarer Beitrag zur Positionierung im Wett-bewerb der Metropolregionen. Si-cherung und Ausbau regional be-

25Vortrag

deutsamer Sportinfrastruktur als Basis für den Wettkampfsport und die Durchführung nationaler und in-ternationaler Sportveranstaltungen ist ein wichtiges regionales Entwick-lungsziel. Die Bewerbung und Aus-richtung überregional bedeutsamer Sportgroßereignisse soll auch künf-tig weiter gefördert werden. Dabei hat die Unterstützung der Aktivitä-ten zur Kulturhauptstadt 2010 durch den Sport derzeit einen besonderen Stellenwert.

Die Aktivitäten des RVR im Themen-feld Sport durch das Referat Kultur und Sport, die Freizeitbeteiligungen, RuhrGrün, die Arbeit der Ruhrge-biet Tourismus GmbH und der Wirt-schaftsförderung metropoleruhr GmbH sind verstärkt aufeinander abzustimmen. Dabei handelt es sich insbesondere um

die Entwicklung regionaler Wege-XX

netze für Radfahren, Wandern, Rei-ten und Wasserwandern,die Entwicklung von Sportangebo-XX

ten in der Landschaft, wie Paragli-ding, Mountainbiking, Volksgolf, ...den Betrieb von Sportangeboten XX

in den Revierparks und Freizeitzen-tren mit RVR-Beteiligung, wie z. B. Spiel + Sport, Aquafitness, Eislau-fen, Segeln, Surfen, Wakeboarding und neue Gesundheitsangebote,die Ruhrolympiade,XX

Beratungen der Kommunen zur XX

Sportentwicklung,Unterstützung von Sportereignis-XX

sen.

Die nächsten Schritte

Der heutige Workshop wird doku-mentiert und im Herbst 2008 vorge-legt.

Eine Expertise zum regionalen Sport-verhalten wird unmittelbar beauf-tragt.

Eine Expertise zur Positionierung der Städte in NRW als Orte von Sport-großveranstaltungen wurde vom In-nenministerium NRW, Abteilung Sport, beauftragt. Nach Veröffentli-chung der Studie wird eine spezifi-sche Auswertung der Metropole Ruhr angestrebt.

Expertengespräche vervollständigen die aktuelle Bestandsübersicht und dienen der Vorbereitung eines regi-onalen Abstimmungsprozesses über die Zielstellung eines regionalen Mas-terplans Sport. ◆

Folgende RVR-Arbeits-felder sollten verstärkt aufeinander abge-stimmt werden: die regionalen Wege- netze, Sportangebote in Landschaft, Revier-parks und Freizeitzent-ren, die Ruhr- olympiade sowie Beratung und Veran-staltungsunterstüt-zung

Als Nächstes: Dokumentation, Expertisen, Experten-gespräche

27

Stadtentwicklung und Sport aus kommunaler und regionaler Sicht

28 Podiumsdiskussion

Masterpläne müssen konkrete Um-setzungsschritte enthalten. Andern-falls bringen sie wenig bis nichts, das zeigt die Erfahrung. Ein schlechtes Beispiel ist der „Pakt für den Sport“, der im Januar 2002 geschlossen wurde. Nachdem im April 2003 die Olympiabewerbung des Ruhrgebiets gescheitert war, wurde der Pakt sang- und klanglos zu den Akten gelegt.

Die Interessen der 53 Ruhrgebiets-kommunen unter einen Hut zu be-kommen, ist nicht immer ganz ein-fach. Das gilt auch für das Thema Sport und das gemeinsame Auftre-ten der Städte in Sportfragen. In der Wirtschaftsförderung kann man im-mer wieder erleben, dass es eine sta-bile Kooperationsbasis gibt, wenn die konkreten Interessen der Städte ge-bündelt werden.

Enge finanzielle Ressourcen

Der Kampf um die finanziellen Res-sourcen wird härter. Für freiwillige Aufgaben, zu denen der Sport gehört, besteht in Haushaltssicherungsge-meinden kaum Spielraum. Die meis-ten Ruhrgebietskommunen sind einem strengen Finanzdiktat unter-worfen. Die Gemeinschaft der Kom-munen kann hier helfen und Spielräu-

me eröffnen, wenn die Arbeitsfelder präzise benannt werden.

Eine zentrale Aufgabe des Sports in der Metropole Ruhr ist eine breit ge-fächerte Jugendarbeit. Sport ist in schwierigen Stadtteilen oft die einzi-ge Chance, an Jugendliche heranzu-kommen, die aus dem normalen Bil-dungsprozess herausgefallen sind. Sport kann die Motivation der Ju-gendlichen wecken und stärken. Na-türlich löst er nicht die Probleme, aber er kann eine wichtige Hilfe sein. Obwohl es viele Jugendliche gibt, die ihre Zeit mehr oder weniger totschla-gen, herrscht ein Mangel an Fachar-beitern. Sind Jugendliche nicht mo-tiviert und nicht qualifiziert, können sie zu einem der großen Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung in einer Region werden.

Das Sportmarketing der Metropole Ruhr muss deutlich besser werden. Außerhalb von NRW kennt man Bor-russia Dortmund und Schalke 04, die Region hat aber deutlich mehr zu bie-ten. Sie muss sich intensiv um inter-nationale Sportereignisse bemühen. Diese sind für mediale Aufmerksam-keit und das regionale Image uner-lässlich. Die Loveparade ist ein gutes Beispiel dafür, wie ohne größere In-vestitionen überregionale Aufmerk-

Hanns-Ludwig BrauserGeschäftsführer der Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH

Hanns-Ludwig Brauser

Viele Interessen unter einen Hut

„Pakt für den Sport“ ist schlechtes Beispiel

Konkrete Interessen der Städte müssen ge-bündelt werden

Jugendarbeit als zent-rale Aufgabe

Sportmarketing muss besser werden

29Podiumsdiskussion

samkeit geweckt und die Bekannt-heit gesteigert werden kann.

Wellness und Gesundheits-vorsorge

Die Olympiabewerbung der Metro-pole Ruhr ist deshalb in Kooperation mit Düsseldorf erfolgt, weil das Ruhr-gebiet nicht genug Hotelkapazitäten hat. Die Kriterien des Internationa-len Olympischen Komitees (IOC) er-fordern eine bestimmte Anzahl Ho-telbetten der gehobenen und hohen Kategorie. Diese kann das Ruhrgebiet allein nicht bieten.

Wellness und Gesundheitsprophyla-xe sind wichtige Querschnittbereiche im Themenfeld Sport. Die Sportver-bände sollten dies besser kommuni-

zieren. Der Sport muss mehr zeigen, welche wirtschaftliche Bedeutung er erlangen kann. Die ökonomische Be-deutung des Sports wird öffentlich selten ausreichend dargestellt. Die reale Wertschöpfung in vielen Sport-arten und im Freizeitbereich werden von den Mediawelten dominiert. Hier wäre eine detaillierte Marketingstra-tegie sinnvoll.

Die metropoleruhr GmbH als regio-nale Wirtschaftsförderung wirkt gern beim Masterplan Sport mit. Das „Kon-zept Ruhr“, die Strategie zur nachhal-tigen Stadt- und Regionalentwick-lung im Ruhrgebiet für die nächste Dekade, ist eine Gemeinschaftsleis-tung der Ruhrgebietskommunen. Die Projekte aus dem Konzept Ruhr soll-ten im Masterplan Sport Berücksich-tigung finden. ◆

Viele Interessen unter einen Hut

Sport muss seine wirt-schaftliche Bedeutung deutlich machen

30 Podiumsdiskussion

Vorweg: Natürlich gehört das Deut-sche Fußballmuseum nach Gelsen-kirchen. Und natürlich ist Schalke 04 durchaus auch international ähnlich bekannt wie Borussia Dortmund.

In den Ruhrgebietskommunen, auch in Gelsenkirchen, neigen die Bürger dazu, sich selbst und ihre Stadt klein zu reden. Großereignisse, ob im Sport oder in anderen Bereichen, können dazu beitragen, dies positiv zu verän-dern und das Selbstbewusstsein in der Region zu stärken. Drei Beispiele demonstrieren das anschaulich: Die Olympiabewerbung 2012, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und die Kul-turhauptstadt Ruhr.2010.

Wenig parteipolitische Konflikte

Allerdings hat sich das Ruhrgebiet mit der Beteiligung Düsseldorfs bei der Olympiabewerbung keinen Ge-fallen getan. Die Region wäre besser allein angetreten. Obwohl die Bewer-bung gescheitert ist, stellt sie ein er-mutigendes Beispiel für die Zusam-menarbeit innerhalb des Ruhrgebiets dar. Im Sport ist eine erfolgreiche Zu-sammenarbeit zwischen den Städten eher als in anderen Bereichen mög-lich, weil hier wenig parteipolitische Konflikte ausgetragen werden.

Auch die Fußball-WM 2006 hat die gute Zusammenarbeit unter Beweis gestellt, über die beiden WM-Stand-orte Dortmund und Gelsenkirchen hinaus. Ohne die Nachbarstädte wä-ren die WM-Spiele für Gelsenkirchen alleine nicht zu organisieren gewe-sen, schon mit Blick auf die Über-nachtungskapazitäten. In Gelsenkir-chen konnte man durch die WM ein neues „Wir packen es“-Bewusstsein beobachten.

Ein weiterer Beweis für die gute Zu-sammenarbeit: Die erfolgreiche Be-werbung des Ruhrgebiets mit dem Flaggschiff Essen als Kulturhaupt-stadt Europas. Wichtig für diesen Er-folg war nicht zuletzt die gelungene Moderation von Prof. Oliver Scheytt. Die Kulturhauptstadt zeigt auch, wie bedeutend eine moderne Fußballare-na wie die Veltins-Arena für das ge-samte Ruhrgebiet ist. Die Arena wird bekanntlich nicht nur für Fußballspie-le, sondern auch für kulturelle Veran-staltungen genutzt. Zum Beispiel bei der Eröffnung der Ruhr.2010.

Schub für Integration

Große Events sind vor allem des-halb sinnvoll, weil sie lokal und regi-onal ein neues Bewusstsein für den Sport schaffen. Überdies profitieren

Dr. Manfred BeckStadtrat von Gelsenkirchen für Kultur, Bildung, Jugend und Sport

Dr. Manfred Beck

Sportevents stellen gute Zusammenarbeit unter Beweis

Großereignisse können regionales Selbstbe-wusstsein stärken

31Podiumsdiskussion

Verbesserte Infrastruk-tur durch Events

Durch Gelsensport Spielraum trotz Haus-haltssicherungsgesetz

viele Bürger von der Infrastruktur, die für solche Ereignisse verbessert wird. In Gelsenkirchen waren das im Zuge der WM die neue Abfahrt der A 42 und der neue Hauptbahnhof. Beide wären ohne die Weltmeisterschaft nicht so schnell gebaut worden. Der Essener Hauptbahnhof wird nun nur wegen der Kulturhauptstadt 2010 komplett renoviert.

Nachdem Gelsenkirchen Spielort für die WM 2006 wurde, ging durch die Gelsenkirchener ein richtiger „Ruck“. Auch bei den sozial Benachteiligten war das zu beobachten. Insofern hat die WM auch für die Integration einen Schub gebracht. In vielerlei Hinsicht hat die Fußball-Weltmeisterschaft nachhaltige Spuren hinterlassen.

Kultur und Sport sind zwei eindeutige Stärken des Ruhrgebiets. Neben Fuß-

ball und Veltins-Arena setzt Gelsen-kirchen aber auch auf weitere Sport-arten und Sportstätten. Zum Beispiel war das Amphitheater Gelsenkir-chen 2007 Schauplatz des Finales der Deutschen Mannschaftsmeister-schaften im Triathlon und wird hof-fentlich 2010 Ort der Europameister-schaften im Triathlon.

Gelsenkirchen steht zwar unter dem Haushaltssicherungsgesetz, trotzdem ist die Stadt im Bereich Sport noch handlungsfähig. Das liegt an „Gelsen-sport“, dem Zusammenschluss der städtischen Sportverwaltung und der kommunalen Selbstverwaltung des Sports unter einem Dach. Mit Gelsen-sport als quasi privatem Partner kön-nen für den Gelsenkirchener Sport trotz Haushaltssicherungsgesetz zu-sätzliche finanzielle Mittel erschlos-sen werden. ◆

32 Podiumsdiskussion

Mit dem „Mülheimer Sportdialog“ hat die Stadt Mülheim bereits 2001 die Pro-bleme am Schopf gepackt. Der Mülhei-mer Sportservice (MSS) sollte gemein-sam mit dem Mülheimer Sportbund die Sportentwicklungsplanung der Stadt vorantreiben. Der MSS, das ehe-malige Sport- und Bäderamt, ist heu-te eine eigenbetriebsähnliche Einrich-tung der Stadt. Dabei geht es auch um Einsparpotenziale - jedoch durch den Sport, nicht am Sport soll gespart werden. Hieraus ist in der Folge der Wunsch entstanden, einen umfassen-den Sportentwicklungsprozess anzu-stoßen. Ein Modellprojekt, für das der LandesSportBund NRW als Kooperati-onspartner mit ins Boot geholt wurde.

Der Mülheimer Sportdialog ist mehr als ein Sportprojekt. Es ist ein echter Dialog zwischen Politikern, Fachleu-ten, gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern, bei dem Sportvereine und Bürger im Mittelpunkt stehen und die Situation des Sports umfassend analysiert wird. Ganz entscheidend ist ein Leitbild und die konkrete Defi-nition von Zielen. Unser Leitbild: „Mül-heim - die sportgerechte Stadt an der Ruhr“. Unsere Ziele: Moderne Stadtge-staltung und -entwicklung, finanziel-le Planungssicherheit, Stärkung der Ehrenamtlichkeit, auch über die Ver-eine, Sport als gleichberechtigtes Poli-tikfeld neben Jugend-, Sozial- und Ge-sundheitspolitik.Zwischen 2002 und heute ist viel pas-siert. 19 konkrete Entwicklungsfelder

setzten das Leitbild um, die Situation des Sports wurde analysiert, externe Gutachter wurden eingeschaltet, na-mentlich die Professoren Rittner und Breuer von der Deutschen Sporthoch-schule Köln sowie Professor Hübner von der Universität Wuppertal. Des Wei-teren erstellten die Beteiligten einen Sportentwicklungsplan neuen Typs, der einen offenen, dialogorientierten Pro-zess in Gang setzte, um die vereinbar-ten Ziele gemeinsam zu erreichen.

Am Ende entstand der vom Rat der Stadt beschlossene „Pakt für den Mül-heimer Sport“. Obwohl das Geld knapp ist, hat er finanzielle Planungssicher-heit bis 2009 gebracht. Inzwischen wurde der Pakt bis 2013 verlängert. Die Zusammenarbeit mit dem Mülhei-mer Sportbund als gleichberechtigtem Partner hat sich gut entwickelt, es gibt mit der Sportkonferenz eine gemeinsa-me Steuerungsgruppe.Die finanzielle Knappheit in den Kom-munen wird auch im Sport immer wieder die Frage nach Öffentlich-Pri-vaten Partnerschaften aufwerfen. Wünschenswert ist auch im Sport eine engere interkommunale Zusammenar-beit. Die Stärken in der Metropole Ruhr zu bündeln und ein eigenes regionales Sportprofil zu entwickeln, sollte ein Ziel sein. Wichtig für den Erfolg der regio-nalen Kooperation, die nur freiwillig zu-stande kommen kann, ist die Qualität der Moderation. Von zentraler Bedeu-tung wird also sein, wer diese Modera-torenrolle übernimmt. ◆

Wilfried Cleven

Mülheimer Sportdialog:Sportgerechte Stadt an der Ruhr

Wilfried ClevenDezernent der Stadt Mülheim an der Ruhr für Soziales, Beschäftigung, Gesundheit, Sport (ab August 2008 im Ruhestand)

Umfassender Sport-entwicklungsprozess als Modellprojekt

Pakt für den Mülhei-mer Sport

Sportentwicklungsplan neuen Typs

33Podiumsdiskussion

Der Sport sollte die Mechanismen der Stadtplanung nutzen. Zwei Bottroper Beispiele zeigen, dass das erfolgreich funktionieren kann. Ein Fußballplatz muss aus Immissionsschutzgründen verlagert werden. Auf einer Brachflä-che wird eine neue Sportanlage mit zwei Plätzen gebaut - und zwar kos-tenneutral.

Geschafft hat Bottrop dies durch den Verkauf des alten Sportplatzgelän-des. Des Weiteren wird zurzeit an der Parkstraße ein modernes Hallenbad neu gebaut. Es ersetzt das alte Hal-lenbad aus den 1950er Jahren, das am Berliner Platz einem Einkaufszen-trum weichen musste. Der Neubau wird finanziert durch die Verkaufs-erlöse der Einzelhandelsflächen. Diese beiden Beispiele zeigen, dass Kommunen trotz finanziell schwieri-ger Zeiten das Sportangebot in ihrer Stadt verbessern können.

Alpincenter Ruhr

Im Ruhrgebiet gibt es mehrere sehr attraktive Sportstätten wie zum Bei-spiel die Veltins-Arena. Auch Bottrop verfügt mit dem Alpincenter Ruhr über eine einmalige Sportanlage.

Der „Masterplan Sport für die Metro-pole Ruhr“ muss mehr sein als ein Sta-pel Papier. Wichtig ist zum einen, dass die sportlichen Projekte räumlich ver-ankert werden. Es sollte eine Art Flä-chenentwicklungsplan für den Sport aufgestellt werden. Dabei sollte auch das „Konzept Ruhr“ berücksichtigt wer-den, bei dem die Stadt Bottrop die Mo-deration einer der drei interkommu-nalen Arbeitsgruppen übernommen hat („Städte der Arbeitsgemeinschaft 2030“). Zum anderen ist für den Mas-terplan Sport ein Leitbild entscheidend - das kann eigentlich nur die „sportge-rechte Metropole Ruhr“ sein. ◆

Bernd Tischler

Neue Sportanlagen ohne neue Kosten

Bernd TischlerTechnischer Beigeordneter der Stadt Bottrop

34 Podiumsdiskussion

Fußballmuseum zu wenig als regionales Projekt betrachtet

Engere regionale Zu-sammenarbeit wich-tige Aufgabe des Mas-terplans

Die Diskussion dreht sich insbesonde-re um die Olympiabewerbung von Düsseldorf Rhein-Ruhr und um das Deutsche Fußballmuseum, für dessen Standort sich mit Dortmund, Gelsen-kirchen und Oberhausen gleich drei Ruhrgebietsstädte beworben haben.

Zur Olympiabewerbung melden sich Hanns-Ludwig Brauser, Christi-an Hülsmann, Dr. Johannes Eulering und Annemarie Erlenwein zu Wort. Zwei unterschiedliche Standpunk-te werden deutlich. Die eine Seite ist der Auffassung, eine Bewerbung wäre ohne die Beteiligung Düssel-dorfs erfolgreicher verlaufen. Die an-dere Seite meint, aufgrund der IOC-Bedingungen wäre eine Bewerbung des Ruhrgebiets allein von vornher-ein chancenlos gewesen.

Zum Thema Deutsches Fußballmu-seum gibt es Wortmeldungen von Dr. Manfred Beck, Hanns-Ludwig Brau-ser, Christian Hülsmann, Wolfgang Rohrberg und Annemarie Erlenwein. Unter dem Strich wird die Bewer-bung um den Standort für das Deut-sche Fußballmuseum zu wenig als regionales Projekt betrachtet. Jedoch bedeutet in den Augen der Diskutan-ten ein Deutsches Fußballmuseum im Ruhrgebiet für den Sport keines-

falls das, was Ruhr.2010 für die Kultur bedeutet.

Bewegliche Gebietskulissen

Die Sportbegeisterung betont Anne-marie Erlenwein als Kapital des Ruhr-gebiets. Sie sieht eine engere regio-nale Zusammenarbeit als wichtige Aufgabe des Masterplans. Der Sport müsse laut Erlenwein als weicher Standortfaktor seine Bedeutung her-vorheben, beispielsweise bei der In-tegration der Bürger mit Migrations-hintergrund. Am Beispiel der neuen Regattabahn Duisburg-Wedau und der Kanu-WM 2007 sehe man, dass auch Städte, die unter das Haushalts-sicherungsgesetz fallen, in Sportan-lagen investieren können, um weiter-hin sportliche Großveranstaltungen auszutragen.

Düsseldorf und Duisburg haben sich gemeinsam um die Austragung der World Games 2013 beworben. Dr. Die-ter Nellen sieht darin einen Beleg für seine These der „beweglichen Gebiets-kulissen“. Das bedeutet, dass Ruhrge-bietsstädte mit Nachbarstädten, die nicht zum Ruhrgebiet gehören, ko-operieren, ohne ihre Ruhrgebietszu-gehörigkeit in Frage zu stellen.

Zusammenfassung der Diskussionsbeiträge

Olympiabewerbung, Fußballmuseum und regionale Zusammenarbeit

35Podiumsdiskussion

Essener Bäderkonzept zeigt bisher fehlende regionale Abstimmung

Im Sport herrscht zu sehr Stadtteilperspek-tive vor

Ruhrgebiet ist Sportre-gion Nummer eins

Das aktuelle Essener Bäderkonzept zeigt laut Christian Hülsmann die fehlende regionale Abstimmung. Nachbarstädte von Essen stimmten ihre Bäder-Neubauten nicht mit Es-sen ab, Essen jedoch berücksichti-ge diese im Essener Bäderkonzept. Zu sehr herrsche noch ein Denken in Stadtgrenzen vor.

Mehr Kommunikation gefordert

Mehr Kommunikation zwischen den Kommunen fordert Wolfgang Rohr-berg. Der Sport stelle sich nicht richtig auf, es herrsche zu sehr die Stadtteil-perspektive vor. Ein positives Beispiel für Kooperation ist laut Rohrberg die MEO-Runde, also ein Dialog zwischen den Städten Mülheim, Essen und Oberhausen.

Professor Jürgen Schwark berichtet von einer aktuellen Untersuchung. Die wirtschaftlichen Effekte ausge-wählter Sportereignisse auf deutsche Großstädte wurden analysiert und ein entsprechendes Ranking erstellt.

Duisburg liege als beste Revierstadt auf Platz acht. Zählt man die größten Ruhrgebietsstädte zusammen, sei das Revier in Deutschland Sportregi-on Nummer eins. Sogar vor der best-platzierten Stadt Hamburg.

Auf den gewaltigen Sanierungsbe-darf der Sportanlagen in den Ruhrge-bietskommunen weist Friedrich Cor-zilius hin. Er betont die wachsende Konkurrenz für die Sportvereine durch kommerzielle Anbieter. Der Vereins-sport als traditioneller Träger des Brei-tensports stehe vor großen finanzi-ellen Herausforderungen. ◆

37

»Ein Blick nach draußen«

38 Vortrag

Sport hat die Aufgabe, die Lebens-qualität der Menschen in ihrer sozi-alen und räumlichen Umgebung zu verbessern. Diese Sozialraumorientie-rung steht im Zentrum der seit vielen Jahren durchgeführten Forschungs-arbeiten. Die Universität Osnabrück erprobt und nutzt in mehreren Kom-munen - u. a. in Berlin, Lübeck und Hannover - Strategien, die die Sport-entwicklungsplanung in die Stadtent-wicklung integrieren. Dies gewährleis-tet eine qualitative Neuorientierung

der Sportstättenentwicklungspla-nung: Sie ist Baustein einer umfas-senden Sportentwicklungsplanung, die wiederum Teil der übergeordne-ten Stadtentwicklung ist.

Bevölkerungsrückgang sowie Verän-derungen in der Alters- und Sozial-struktur vollziehen sich in Deutsch-land regional sehr unterschiedlich. Bei der Sportentwicklungsplanung sind mehrere Herausforderungen zu bewältigen.

Prof. Dr. Christian Wopp

Sozialräumliche Analyse zielt auf Lebensqualität durch Sport

Raus aus der Isolation der Fachplanung

Prof. Dr. Christian WoppUniversität Osnabrück – Fachbereich Sport / Sportwissenschaft

Qualitative Neuorien-tierung durch Integra-tion der Sportentwick-lungsplanung in die Stadtentwicklung

Herausforderungen

Demografischer Wandel Veränderte

Sportnachfrage

Gesundheitliche Probleme

SozialerZusammenhalt

VerändertesBildungssystemZeitgemäße

Sportraumstruktur

ÖffentlicheFinanzen

GlobalerWettbewerb

Abbildung 1: Herausforderungen für die Sportentwicklungsplanung

39Vortrag

Bevölkerungsrückgang sowie Verän-derungen in der Alters- und Sozial-struktur vollziehen sich in Deutsch-land regional sehr unterschiedlich. Die Sportentwicklungsplanung soll Antworten auf die Fragen geben, welche Sporträume, -angebote, -or-ganisationsformen und -förderins-trumente angesichts des demogra-phischen Wandels erforderlich sind.

Verlagerung der Sportnachfrage

Bevölkerungsbefragungen haben ge-zeigt, dass es bei der Sportnachfrage große Verlagerungen gibt. Angebote in den Bereichen Gesundheit, Ausdau-er und Fitness stehen angesichts einer älter werdenden Bevölkerung im Mit-telpunkt. Demgegenüber werden leis-tungssportlich orientierte Angebote von immer weniger Menschen betrie-ben. All dies wirkt sich auf die Sportin-frastruktur aus. Die gesundheitlichen Probleme, u. a. ausgelöst durch Über-gewicht, nehmen zu. Daher möchten immer mehr Menschen durch Sport eine Gewichtsreduzierung, Stabilisie-rung des Herz-Kreislauf-Systems und Stärkung des Muskelsystems errei-chen. Darauf müssen sich Sportanbie-ter mit entsprechenden Angeboten und Räumen einstellen.

Der Zuzug von Menschen in die Groß-städte verteilte sich räumlich nicht gleichmäßig, sondern erfolgte in „Na-tural Areas“. Dies sind abgegrenzte soziale Räume, in denen die unter-schiedlichen Bevölkerungsgruppen ihren jeweils charakteristischen Le-bensstil praktizieren. Folge der Wan-

derungsbewegungen ist eine sozi-alräumliche Polarisierung. Darauf muss die Sportentwicklungsplanung mit differenzierten, nutzerorientier-ten Konzepten reagieren, um im und durch Sport sozialen Zusammenhalt und Integration zu fördern.

Schulsport verändert sich

Die Ganztagsschule wird in den kom-menden Jahren zur Regelschule. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf das Organisationsgefüge des Sports haben. Schülerinnen und Schüler, die bisher nachmittags die Sportvereine besuchten, werden ihre sportliche So-zialisation künftig überwiegend in den Schulen durchlaufen. Das wirkt sich auf die soziale Vernetzung der Schu-len in den Stadtquartieren und auf die räumlichen Bedingungen für den Schulsport aus. Schulsport wird über den ganzen Tag verteilt sowohl in tra-ditionellen Sportanlagen als auch auf Schulhöfen und in nahe gelegenen Räumen wie Parks, Vereinssportanla-gen und Fitnesscentern stattfinden.

Sanierungsbedarf bei Sportanlagen

Bei den Sportstätten gibt es einen gro-ßen Sanierungsbedarf. Demographi-scher Wandel, veränderte Sportnach-frage und steigende Energiekosten lassen eine einfache Sanierung vieler Sportanlagen wenig sinnvoll erschei-nen. Notwendig ist vielmehr, neben ei-ner baulichen Bestandsaufnahme eine sozialräumliche Umfeldanalyse durch-zuführen. So lässt sich der künftige Be-

Gesundheit, Ausdau-er und Fitness werden wichtiger, Leistungs-sport nimmt ab

Sozialräumliche Polari-sierung erfordert diffe-renzierte Konzepte

Neupositionierung des Schulsports

40 Vortrag

Problemorientiertedialogische

Sportentwicklungs-planung

darf einschätzen und eine zukunftsori-entierte Modernisierung planen.

Finanzsituation der Kommunen

Viele Kommunen sind hoch verschul-det. In den kommenden Jahren werden nur begrenzt zusätzliche Finanzmittel für den Sport zur Verfügung stehen. Er-forderlich ist daher, eine bedürfnisge-rechte und Betriebskosten minimie-rende Sportinfrastruktur zu schaffen. Städte stehen in einem schärfer wer-denden nationalen und internationa-len Wettbewerb. Für viele Kommunen stellt Sport einen „weichen“ Standort-faktor dar. Erfolgreiche Spitzenmann-schaften und Spitzensportlerinnen und -sportler ebenso wie eine hohe Le-bensqualität durch wohnortnahe und hochwertige Sportinfrastruktur sind für die Selbstdarstellung der Kommu-nen wichtig. Diese werden den Sport in

den kommenden Jahren verstärkt als Teil des Stadtmarketings einsetzen.

Kriterien der Sportentwick-lungsplanung

Das Instrumentarium, das die Uni-versität Osnabrück bei der Sportent-wicklungsplanung anwendet, folgt bestimmten Kriterien: Es ist problem- und lösungsorientiert, transparent und nachvollziehbar sowie einfach an-wendbar. Die Planungen können daher von den Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern in den Kommunen überwie-gend selbständig durchgeführt wer-den. Sportentwicklungsplanung ist ein dialogischer Problemlösungspro-zess, durch den Rahmenbedingungen gesichert und entwickelt werden, die möglichst vielen Menschen Chancen für sportliche Aktivitäten eröffnen. Ei-ne vollständige Sportentwicklungspla-nung beinhaltet folgende Bausteine:

Bedarfseinschätzung durch sozialräumliche Umfeldanalyse

Sport wird zunehmend Teil des Stadtmarke-tings

1.Ist-Analyse 2.

Sportentwicklungs-ziele

4.Sportmasterplan

3.Sportentwicklungs-

plan6.

KontinuierlicheSportentwicklungs-

planung

Abbildung 2: Prozess der Sportentwicklungsplanung

5.Realisierung

41Vortrag

Im Zentrum steht die Erarbeitung eines Sportentwicklungsplans. Dazu wird zunächst eine Bestandsaufnahme in Form einer Ist-Analyse durchgeführt. Gleichzeitig werden Ziele formuliert, die für die Sportentwicklung Perspek-tiven bis 2020 aufzeigen. Unterschie-den wird zwischen strategischen und operativen Zielen. Anschließend er-folgt die Erstellung des eigentlichen Sportentwicklungsplans, der Aussa-gen über die vorrangigen Herausforde-rungen und Maßnahmen enthält. Die politischen Gremien entscheiden, wel-che Empfehlungen aus dem Sportent-wicklungsplan übernommen werden und wer diese bis wann bearbeitet. Da-durch entsteht ein Sportmasterplan.Die Ergebnisse werden in bestimm-ten Zeitabständen überprüft, wo-durch Grundlagen für eine kontinu-ierliche Sportentwicklungsplanung entstehen. In der Regel begleitet eine kommunale Arbeitsgruppe die Durch-führung der Sportentwicklungspla-

nung. Dieser Arbeitsgruppe gehören u. a. politische Vertreterinnen und Ver-treter der im Rat vertretenen Parteien, die Stadtverwaltung durch Sportamt und Stadtplanungsamt sowie externe Vertreterinnen und Vertreter aus den Sportorganisationen an. Dieses Verfah-ren stellt ebenso wie die Verabschie-dung des Sportmasterplans im Rat si-cher, dass die Sportentwicklung Teil der Stadtentwicklung ist.

Vier Themenfelder

Die Sportentwicklungsplanung, wie sie die Universität Osnabrück durch-führt, konzentriert sich auf vier The-menfelder: Formen und Wünsche sportlichen Handelns der Bevölke-rung; Sportangebote und Organi-sationsformen; Sporträume sowie Mittel und Instrumente zur Finan-zierung und Förderung des Sports. Weitere für die Kommune bedeutsa-

Aus Ist-Analyse, Ziel-formulierung und Maßnahmenkatalog entsteht nach politi-scher Entscheidung der Sportmasterplan

SportengagementSporträume

Organisationsformen

Sportfinanzierung/-förderung

WeitereThemen

Themenfelderder

Sportentwicklung

Abb. 3: Schwerpunktthemen der kommunalen Sportentwicklung

42 Vortrag

me Themen wie beispielsweise die Umwandlung eines Konversionsge-ländes, der Ausbau eines Leistungs-sportzentrums oder der Bau einer Wassersportanlage können bei Be-darf hinzukommen.

Die Übersicht zeigt, dass die Sporträu-me ein zentrales, jedoch nicht das allei-nige Thema der Sportentwicklung sind. Eine isolierte Betrachtung der Sporträu-me unabhängig von ihrer sozialräumli-chen Umgebung, die prägend ist für das Sportengagement, die Sportangebote und die Sport-Finanzmittel kann zu pro-blematischen Schlussfolgerungen füh-ren. Um deutlich zu machen, dass es nicht nur um die traditionellen Sport-stätten, sondern um alle Räume geht, in denen Sport betrieben werden kann, wird der Begriff des Sportraums ver-wendet. „Sportraum“ beinhaltet alle Or-te und Grundstücksflächen mit beste-hender oder möglicher Sport-, Spiel- und Bewegungsnutzung. Von dieser Defini-tion ausgehend wurde eine Systematik entwickelt, die zwischen Außen- und In-

nenräumen unterscheidet, die jeweils unter qualitativen Gesichtspunkten wie z. B. Sportfunktionalität und quantitati-ven Gesichtspunkten wie z. B. Nutzflä-che betrachtet werden.

Vernetzte Sportraum- infrastruktur

Die Sportanlagen und die allgemei-nen Freizeit- und Erholungsbereiche der Kommunen sollen eine vernetzte Sportraumstruktur bilden, die eine ho-he Lebensqualität sicherstellt. Die qua-litative Entwicklung der Sporträume hat gestützt auf quantitative Orientie-rungshilfen Vorrang. Angestrebt wird ei-ne Sportraumentwicklung, die sich aus-zeichnet durch Zielgruppenorientierung, Wohnungsnähe, Barrierefreiheit und ökologische Nachhaltigkeit.Die Bevölkerungsbefragung in Berlin hat ergeben, dass nur ein Viertel aller sportli-chen Aktivitäten in traditionellen Sport-stätten durchgeführt werden. Die Befra-gungsergebnisse veranschaulichen die Notwendigkeit, bei der Sportentwick-

Begriff „Sportraum“ ist sinnvoller als „Sportstätte“, da er alle Räume zur Aus-übung sportlicher Ak-tivitäten einbezieht

Wichtig sind Zielgrup-penorientierung, Woh-nungsnähe, Barriere-freiheit und Nachhal-tigkeit

Nur ein Viertel aller Sportaktivitäten in traditionellen Sport-stätten

Abbildung 4: Sportraumnutzung: Ergebnisse der Berliner Bevölkerungsbefragung (2007)

2 %

28 %

19 %

11 %

11 %

9 %

9 %

5 %6 %

Tennis /Squash-CenterSpezielle Sportstätte

Sportplatz

Sporthalle

Hallenbad/Freibad

Fitness-Center

Zuhause

Straße

Natur

43Vortrag

lungsplanung nicht nur die traditionel-len Sportanlagen, sondern auch Räume in der Natur, auf den Straßen und öffent-lichen Plätzen zu berücksichtigen.

Analyse der Sporträume

Bei der Analyse und Entwicklung der Sporträume geht die Universität Os-nabrück wie folgt vor:1. Quantitativer Bestand und Bedarf

an öffentlichen Sportanlagen wer-den mit Hilfe von Orientierungs-werten ermittelt und berechnet.

2. Die Nutzer (Schulen, Sportvereine) bewerten die öffentlichen Sport-anlagen.

3. Die tatsächliche Nutzung der öf-fentlichen Sportanlagen wird er-mittelt.

4. Der Spezialbedarf für Kindertages-stätten, Schulen und Seniorenein-richtungen wird berechnet.

5. Privatwirtschaftliche Sportanlagen werden berücksichtigt.

6. Der Bedarf an quartiersbezogenen Freizeitanlagen wird ermittelt.

7. Qualitätskriterien zur Sportraum-entwicklung werden formuliert.

8. Sanierung und Modernisierung vor-handener Sportanlagen sowie even-tueller Neubaubedarf werden in Form von Szenarien vorgeschlagen.

Die quantitative Bilanzierung der öf-fentlichen Sportanlagen weist zu-nächst ein flächenmäßig vorhande-nes Defizit oder einen Überhang an Sportaußen- und Sportinnenanlagen aus. Hierzu werden die von der Uni-versität Osnabrück in Zusammenar-beit mit der Planungsgruppe Koch aus Oldenburg erarbeiteten Orien-tierungswerte genutzt. Angehörige

verschiedener Altersgruppen haben unterschiedliche Flächenbedarfe. Bei-spielsweise benötigen Kinder im Al-ter zwischen sechs und zwölf Jahren etwa zehn Quadratmeter an Außen- und 1,3 Quadratmeter an Innenflä-chen für sportliche Aktivitäten. Aus-gehend von der aktuellen und der prognostizierten Altersstruktur in den jeweiligen Kommunen lässt sich für die verschiedenen Sozialräume der gegenwärtige Sportflächenbedarf als grobe Orientierungshilfe ermitteln. Da mittlerweile Prognosen über Be-völkerungsentwicklungen in allen Gebietskörperschaften vorliegen, ist es so möglich, den Sportflächenbe-darf bis etwa 2020 zu ermitteln. Der Vorteil dieses an der Altersstruktur orientierten Verfahrens ist die leichte Durchführbarkeit für jede Kommune.

Wichtige Hinweise zur Verbesserung der Sportraumstruktur liefern die Be-wertung der öffentlichen Sportanla-gen durch die Nutzer und die Erkennt-nisse zur tatsächlichen Auslastung der Sportanlagen. Darüber hinaus wird der besondere Bedarf an Sportanlagen in Kindertagesstätten, Schulen und Seni-oreneinrichtungen, der nur teilweise durch die vorhandenen Sportanlagen abgedeckt wird, berücksichtigt.

Die Entwicklung der Sporträume be-zieht sich auf alle Räume, die für den Sport genutzt werden können. Des-halb werden auch privatwirtschaft-lich betriebene Sportanlagen und für Sport nutzbare Freizeitanlagen in die Ermittlung des Sportraumbedarfs einbezogen. Neben den öffentlichen und gewerblichen Sportanlagen ge-hören dazu Parks, Wege, Spielplätze, Parkplätze oder Brachen. Zur quan-

Unterschiedliche Flä-chenbedarfe ergeben sich aufgrund der Altersstruktur in den Sozialräumen

Straße

Natur

44 Vortrag

Vorrangig Optimie-rung und teilweise Rückbau statt Neubau von Sportanlagen

Segregationsanalysen sollten zentrales Inst-rument bei Sportent-wicklungsplanung sein

Zentral ist Gestaltung von Bewegungs-, Spiel- und Sporträumen in Wohnquartieren

titativen und qualitativen Erfassung dieser Räume gibt es zurzeit noch kein einheitliches Verfahren. Hilfen bieten hier Orientierungswerte aus der Grünflächenplanung.

Qualitative Entwicklung der Sportanlagen

Eine qualitative Entwicklung der Sport-anlagen hat Vorrang vor einer flächen-mäßigen Ausweitung. Daher werden Qualitätskriterien festgelegt, die zei-gen, bei welchen vorhandenen Sport-anlagen qualitative Verbesserungen in Form von Sanierungs- und Modernisie-rungsmaßnahmen erforderlich sind. Mittlerweile eher selten sind Empfeh-lungen zum Neubau von Sportanlagen. Dies kann jedoch im Einzelfall sinnvoll sein, wenn sich der Sanierungsaufwand für vorhandene Sportanlagen als zu hoch erweist oder wenn Neubaugebie-te erschlossen werden. Vorrangig sind in den meisten Kommunen aufgrund der demographischen Entwicklung aber die Optimierung und teilweise der Rückbau vorhandener Sportanlagen.

Bei der Sportraumentwicklung, wie sie die Universität Osnabrück durch-führt, stehen weniger die Gebietskör-perschaften als vielmehr die verschie-denen Sozialräume im Mittelpunkt der Analysen und Empfehlungen. Dies liegt an der Zunahme sozialer Ungleichheit, die in den Wohnquar-tieren beobachtbar ist. Die Sozialräu-me sind zwar nicht die Ursache für so-ziale Ungleichheit, können sie jedoch verstärken. Segregationsanalysen sind mittlerweile das zentrale Instru-

ment der Stadtforschung und sollten es auch bei der Sportentwicklungspla-nung sein. Die Großsiedlungsprojekte in den 1970er und 1980er Jahren sind gescheitert. Das zeigt, dass pauschale Analysen und Verfahren, wie sie zum Beispiel bei den Richtwerten der Deut-schen Olympischen Gesellschaft oder im Leitfaden zur Sportstättenentwick-lungsplanung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft vorgenommen werden, in Zeiten wachsender sozi-alräumlicher Heterogenität für die Sport(stätten)entwicklungsplanung nicht geeignet sind.

Soziale Bezüge entstehen durch bau-liche Arrangements und durch Inter-aktionen, die sich stark an sozialer Ho-mogenität orientieren. Insbesondere Kinder, ältere Menschen, Familien und Menschen mit Migrationshintergrund verbringen viel Zeit ihres Alltags in Wohnungsnähe. Daher ist die Gestal-tung von Bewegungs-, Spiel- und Sport- räumen in den Wohnquartieren von zentraler Bedeutung. Neben der Qua-lität der Sporträume sind zum Beispiel zielgruppenorientierte Sportangebo-te, qualifizierte Übungsleiterinnen und Übungsleiter oder die Übernah-me von Verantwortung für Sporträu-me von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität in den Wohnquartie-ren. Sportraumentwicklung ist daher nur ein Teil der umfassenden Sport-entwicklung, die wiederum integriert sein sollte in die jeweilige Stadtent-wicklung. Sportstättenplanung war häufig eine isolierte Fachplanung. Das hier beschriebene Instrumentarium soll veranschaulichen, wie diese Isola-tion überwunden werden kann. ◆

45

Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in der Sportentwicklungsplanung

Bessere Informationen ermöglichen bessere Planung

Vortrag

Geht es um Sportentwicklungspla-nung, stellt sich die Frage, ob aus-schließlich die Sportstättenentwick-lungsplanung in den Blick genommen wird, oder auch Sportförderung, Or-ganisations- und Angebotsentwick-lung betrachtet werden.Die Sonderauswertung der Ruhrge-bietssportvereine aus dem Sportent-wicklungsbericht für Deutschland/Welle 2 von 2007 bringt aufschluss-reiche Daten hervor. Für die Sport-vereine im Ruhrgebiet sind Zustand, zeitliche Verfügbarkeit oder Eignung der Sportanlagen nicht das entschei-dende Problem. Auf einer Skala von 1 bis 5 (kein Problem - sehr großes Pro-blem) stellen sie mit Werten von 2,1, 2,0 und 1,7 untergeordnete Schwie-rigkeiten dar.

Wesentlich bedeutender sind ande-re Probleme, in Klammern entspre-chend die Bewertung von 1 bis 5:

Ehrenamtliche Funktionsträger, ju-XX

gendliche Leistungssportler, Übungs-leiter und Mitglieder zu gewinnen und zu binden (3,4; 3,1; 2,9; 2,6).Die demographische Entwicklung XX

des Ruhrgebiets (2,4).Die Anzahl von Gesetzen, Verord-XX

nungen und Vorschriften (2,4).

Die Kosten des Wettkampfbetrie-XX

bes (2,3).Die finanzielle Situation und die XX

Unklarheit der Zukunft der Vereine (2,2; 2,1).

Umfassende Sport- entwicklungsplanung

Wenn die Sportmetropole Ruhr sich das strategische Ziel setzt, mit der Sportentwicklung die Sportvereine zu unterstützen, sollte eine umfas-sende Sportentwicklungsplanung vorgenommen werden, keine enge Sportstättenentwicklungsplanung. Den Sportvereinen sollte also in ih-ren zentralen oben skizzierten Prob-lemfeldern geholfen werden.

Konzentriert man sich dennoch auf die Sportstättenentwicklungspla-nung gibt es aus Sicht der Sportma-nagementlehre verschiedene Pla-nungsansätze. Generell müssen Managementansätze hinsichtlich ih-rer Effektivität, also ihrer Wirksamkeit, und ihrer Effizienz, also Wirtschaft-lichkeit, bewertet werden. Optimal ist, wenn sie beiden Kriterien hinrei-chend genügen.

Prof. Dr. Christoph Breuer

Prof. Dr. Christoph BreuerDeutsche Sporthochschule Köln – Institut für Sportökonomie und Sportmanagement

Größtes Problem der Sportvereine sind Ge-winnung und Bindung aktiver Mitglieder

Will die Region die Sportvereine unter-stützen, sollte sie sich nicht auf Sportstätten-entwicklungsplanung beschränken

46 Vortrag

Effektiv und effizient

Im Zuge des Goldenen Plans in den 1950er und 1960er Jahren führte die sogenannte Richtwertmethode - Sportfläche pro Einwohner - zu ei-ner guten Versorgung mit Sportanla-gen. Auch aus heutiger Sicht handelt es sich hierbei um eine effiziente Me-thode. Ohne großen Aufwand kön-nen die Akteure in den Sportämtern erkennen, ob ihre Kommune ausrei-chend viele Anlagenflächen hat. Hat sie zu wenige, muss sie zusätzliche Flächen bereitstellen. Die Richtwert-methode ist aus heutiger Sicht aller-dings nicht hinreichend effektiv. Die Richtwerte spiegeln nicht wirklich wi-der, welche Anlagenfläche eine Kom-mune real benötigt. Das Sportverhal-ten ist in jeder Stadt unterschiedlich, beeinflusst von Sporttraditionen, Be-völkerungszusammensetzung und vielem mehr. Daher sollte es keine allgemein gültigen Richtwerte für al-le Gemeinden gleicher Einwohner-zahl geben.

Verhaltensorientierter Ansatz

Aus diesen Gründen wurde der ver-haltensorientierte Ansatz entwickelt. Die Effektivität soll hier vor allem durch die ausdrückliche Berücksich-tigung der Bevölkerung, also eine Befragung der Menschen zu ihrem Sportverhalten, deutlich erhöht wer-den. Wie hoch der Bedarf an Sport-anlagen zukünftig ist, wird mit den Befragungsergebnissen sowie Prog-nosen zum demographischen Wan-

del und Bestandsdaten bestehender Sportanlagen berechnet. Die Komple-xität dieses Verfahrens, also auch der Aufwand, ist ungleich höher als bei der Richtwertmethode. Die Effektivi-tät des verhaltensorientierten Ansat-zes ist so zwar gestiegen, gleichzeitig ist seine Effizienz aber deutlich ge-sunken.

Unsere Forschungsarbeiten hatten das Ziel, den verhaltensorientierten Ansatz weiterzuentwickeln. In vier Bereichen konnten Fortschritte er-zielt werden, die die Effektivität der

Richtwertmethode nicht ausreichend effektiv

Verhaltensorientierter Ansatz durch vier Mo-delle weiterentwickelt

47Vortrag

Verbindung aus Alte-rung und Internatio-nalisierung ist explosi-ves Gemisch und führt zu fundamentalen Veränderungen

Sportentwicklungsplanung noch-mals steigern. Eingeführt wurden fol-gende vier Modelle:

Demo-ökonomische Modelle: Die XX

Verbindung demographischer und wirtschaftlicher Aspekte.Raumelastizitätskonzepte: Aspekte XX

der Akzeptanz räumlicher Entfer-nungen.Mehrebenen-ModelleXX : Aspekte ver-schiedener Zielgruppen.Georeferenzierte Modelle: räumli-XX

che Aspekte unabhängig von poli-tischen Grenzen.

Demo-ökonomische Modelle

Mit Hilfe demo-ökonomischer Mo-delle wurde eine Nachfragetheorie in den verhaltensorientierten Ansatz eingefügt. Damit ergeben sich zahl-reiche Möglichkeiten, Daten auszu-werten und Szenarien zu erstellen. Das demo-ökonomische Modell be-ruht auf der neuen Haushaltsökono-mie von Gary Becker, für die er den Ökonomie-Nobelpreis erhielt. Der Ausgangspunkt: Frei verfügbares Ein-kommen, Freizeitbudget und Bildung beeinflussen die Entscheidungen ei-nes Menschen auch in Bezug auf Sport. Diese Annahme wurde zu de-mographischen Parametern in Bezug gesetzt. Das Alter und insbesondere Migration spielten hier eine Rolle.

Erhebungen zeigen, dass das explo-sive Gemisch in der Verbindung aus Alterung und steigender Internatio-nalisierung der Bevölkerung besteht. Dies wird zu fundamentalen Verände-rungen in der Sportnachfrage führen. Der Einfluss des wachsenden Anteils von Menschen mit Migrationshinter-grund wurde bislang stark vernach-lässigt. Unsere Erhebungen, gemein-sam in Berlin durchgeführt mit dem Deutschen Institut für Wirtschafts-forschung, belegen jedoch, dass sich die Wahl der Sportarten und die Ent-scheidung für einen Sportverein fun-damental zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund un-terscheiden. So spielen Jugendliche mit türkischem Migrationshinter-grund wesentlich häufiger Basket-ball und Fußball als Jugendliche oh-ne Migrationshintergrund. Wächst

48 Vortrag

also der Anteil türkischstämmiger Ju-gendlicher, steigt auch die Nachfra-ge nach Angeboten im Jugendfußball und -basketball, auch wenn insgesamt die Zahl der Kinder und Jugendlichen sinkt. Das hat Folgen für den Sport-raumbedarf.

Darüber hinaus verfolgt die türkisch-stämmige Bevölkerung ein klassisches Sportalterskonzept. Während die deut-sche Bevölkerung oft lebenslang Sport treibt, hören die Menschen mit türki-schem Migrationshintergrund in der Regel mit dem aktiven Sporttreiben auf, wenn sie ins Berufsleben eintre-ten. Nimmt man diese beiden Entwick-lungen zusammen, heißt das, in Zu-kunft werden voraussichtlich weniger Menschen mittleren und höheren Al-ters sportlich aktiv sein. Auch dies hat erhebliche Folgen für die Bedarfsana-lyse und die Bereitstellung von Sport-räumen. Die Differenzierung soziolo-gischer Effekte (Alters-, Perioden- und Kohorteneffekte) hilft auch, Progno-sen besser abschätzen zu können. Die Berücksichtigung der beschriebenen Einflüsse in der Sportentwicklungs-planung steigert ihre Effektivität deut-lich.

Raumelastizitätskonzepte

Welche Entfernung sportaktive Men-schen maximal in Kauf nehmen, um ihr Sportangebot zu erreichen, zeigen Raumelastizitätskonzepte. Dies sind wichtige Informationen für den Neu-bau von Sportanlagen, weil hiermit ei-ne effizientere räumliche Verteilung von Sportanlagen gelingen kann. Sind Menschen, die aktiv bestimmte Sport-

arten betreiben, bereit, größere Ent-fernungen zurückzulegen, kann dies in der Planung berücksichtigt werden. Auch aufgrund ökonomischer Vorteile sollte die Tendenz einerseits zu größe-ren Sportkomplexen gehen, die ande-rerseits von allen Bürgern in zwanzig Minuten erreicht werden können. Die-se Ansätze des Raumelastizitätskon-zeptes können sowohl beim Neubau als auch beim Rückbau angewandt werden. Der Rückbau von Sportanla-gen kann so gestaltet werden, dass entweder bei einer bestimmten sport-lichen Beeinträchtigung die Einspa-rung möglichst hoch ist oder dass bei einer bestimmten Einsparung die sportliche Beeinträchtigung möglichst gering ist.

Mehrebenen-Modelle

Mehrebenen-Modelle ermöglichen den Zuschnitt von Sportangeboten und -anlagen auf bestimmte Zielgrup-pen wie zum Beispiel Senioren, Ju-gendliche und Frauen, um deren sport-liche Aktivität zu verbessern. Dies kann unabhängig von sozio-demographi-schen Faktoren wie Alter, Bildung, Ein-kommen und Migrationshintergrund erfolgen. Ein Beispiel aus Stuttgart: Im Stadtbezirk Stuttgart-West könnten mit der verbesserten Versorgung an öffentlichen Bädern mehr Mädchen und Frauen zum Sporttreiben ani-miert werden. Wollen die Stuttgarter Sportentwicklungsplaner die Sportak-tivität von Migranten steigern, müss-ten sie mehr öffentliche Spielflächen wie Bolzplätze und Halfpipes anbie-ten. Mit diesem Ansatz lassen sich also auch sportpolitische Ziele ansteuern.

Türkischstämmige Be-völkerung verfolgt klassisches Sportal-terskonzept

Tendenz sollte zu grö-ßeren Sportkomplexen gehen, die in zwan-zig Minuten erreich-bar sind

Weniger Menschen mittleren und höheren Alters werden Sport treiben

Mit zielgruppenorien-tierten Angeboten las-sen sich sportpolitische Ziele ansteuern

49Vortrag

Georeferenzierte Modelle

Georeferenzierte Modelle ergänzen die verhaltensorientierte Sportentwick-lungsplanung um weitere Erkenntnis-se. Insbesondere in Metropolregionen gibt es nämlich bei der Sportstättenent-wicklungsplanung häufig ein Problem: Die Datenbestände lassen sich zwar auf Stadtbezirks- oder gar Stadtteilebe-ne herunterbrechen, die tatsächlichen Planungszellen wie Neubaugebiete, neu zu bauende oder zurückzubauen-de Sportkomplexe halten sich jedoch nicht an Stadtbezirksgrenzen. Sol-che Planungszellen liegen häufig im Schnittfeld mehrerer Stadtbezirke. Mit geokodierten Daten kann man daher unabhängig von Stadtbezirksgrenzen beliebige Ausschnitte der Metropolre-gion betrachten und so Sportstätten

zielgenau und detailgerecht planen. Sportentwicklungsplanung sollte grundsätzlich mehr sein als reine Sportstättenentwicklungsplanung. Gerade die zentralen Probleme der Sportvereine zeigen, dass Sportanla-genprobleme derzeit nicht ausschlag-gebend sind. Nimmt man dennoch die Sportstättenentwicklungsplanung in den Blick, sollten die vorliegenden Forschungserkenntnisse in Bezug auf die Steigerung der Effektivität des verhaltensorientierten Ansatzes ge-nutzt werden. In der Sportmetropole Ruhr bieten sich für eine Steuerung der Sportentwicklung insbesondere die demo-ökonomischen, die Mehr-ebenen- und die georeferenzierten Modelle an. Die hierzu notwendigen Instrumente und Technologien sind entwickelt und erprobt. ◆

Tatsächliche Planungs-zellen passen in Metro-polregionen nicht zu Stadtbezirksgrenzen

Sportanlagenproble-me derzeit nicht aus-schlaggebend

Anwendung von demo-ökonomischen, Mehrebenen- und georeferenzierten Modellen im Ruhr- gebiet empfohlen

51

Nachgefragt ...

52 Statement

In der Analyse scheinen die am ersten Sportforum Ruhr Beteiligten sich recht einig zu sein. Unterschiede gibt es zwi-schen den einzelnen Städten aufgrund der verschiedenen demographischen Entwicklung. Der im Sportforum vor-getragene akademische Sachverstand zeigt, dass die Stadt Essen mit ihren Überlegungen zum Masterplan Sport und mit ihrem Bäderkonzept grund-sätzlich richtig liegt.

Gravierend sind die Veränderungen in der Sportentwicklungsplanung vom Ende der 60er Jahre bis heute. Hat man sich damals strikt an den Emp-fehlungen des „Goldenen Plans“ ori-entiert, kämpft man heute mit einem immensen Instandhaltungsstau. In den 60er und 70er Jahren konnte man nicht viel falsch machen und plante viele neue Sportstätten und Bäder, da überall die Nachfrage stieg. Ausein-andersetzungen drehten sich höchs-tens um die exakte Sportflächengrö-ße pro Einwohner. „Jedes Jahr ein Bad im Bau“ war in den 60er Jahren ein populärer Slogan in Essen, der die da-malige Philosophie gut zusammen-fasst. Neue Sportstätten entstanden also zahlreich, wohingegen die bauli-che Unterhaltung aufgrund knapper werdender finanzieller Ressourcen mehr und mehr vernachlässigt wur-de. Den Beginn dieses „Sündenfalls“

kann man in der Stadt Essen etwa am Jahr 1980 festmachen.

Bädergutachten

Bis heute hat sich eine Fülle von Pro-blemen angesammelt, die nun ge-löst werden müssen. Man muss sich den harten Realitäten stellen und dar-auf reagieren. Die verschlechterten fi-nanziellen Rahmenbedingungen ha-ben den Instandhaltungsstau massiv wachsen lassen. Ein Bädergutachten des Bundesfachverbands Öffentliche Bäder und des RVR hat für die 15 Bä-der der Stadt Essen einen Instand-haltungsstau von 40 Millionen Euro festgestellt. Hinzu kommen rund 25 Millionen Euro bei den anderen Sport-stätten sowie den Turn- und Sport-hallen - die Turn- und Sporthallen der Schulen nicht mitgerechnet.

Auf gravierende Veränderungen wur-de nicht rechtzeitig reagiert. Dabei hat sich das Sport- und Freizeitverhal-ten im Laufe der Jahre deutlich ver-ändert. So wird heute Sport immer häufiger außerhalb der klassischen kommunalen Sportstätten und Bä-der getrieben (zum Beispiel Jogging, Radfahren oder Nordic Walking). Be-sonders deutlich ist diese Entwick-lung auch an den Besucherzahlen der

Christian Hülsmann

Christian HülsmannStadtdirektor von Essen

Immenser Instandhal-tungsstau

Mehr Sport außerhalb klassischer Sportstät-ten

Nachgefragt ... aus der Sicht der Stadtpolitik

Gutes Rückbaumanagementist gefragt

53Statement

Bäder ablesbar. Das Bädergutachten zeigt, dass die Besuche pro Person und Jahr von fünfmal (1980) auf 3,1-mal (2006) zurückgegangen sind. Berück-sichtigt man dann noch die gesunke-ne Bevölkerungszahl, entspricht dies einer Halbierung der Bäderbesuche. Dagegen hat sich die Zahl der Bäder, wenn überhaupt, kaum verringert. Doch nicht nur die Einwohnerzahl ist gesunken, insbesondere die Zahl der Schülerinnen und Schüler ist zu-rückgegangen und wird weiter zu-rückgehen. Ein Trend, der auch in den meisten anderen Großstädten zu be-obachten ist.

Um überhaupt eine ausreichende und funktionsfähige Sportinfrastruk-tur auf Dauer aufrechterhalten und fi-nanzieren zu können, muss zurückge-baut werden. Hierfür ist wichtig, dass die Wissenschaft Daten, Erkenntnisse und Analysen liefert. Allerdings muss man sich darauf einstellen, dass die Betroffenen den Rückbauprozess trotz

guter Argumente nicht ohne Weiteres akzeptieren.

Rückbaumanagement

Was noch fehlt für ein Rückbauma-nagement, ist eine veränderte Grund-lage hierfür, also auch eine bessere Abstimmung widersprüchlicher politi-scher Vorgaben. Einige Beispiele zeigen, wo kommunales Handeln durch solche Widersprüche erschwert wird. Das In-nenministerium und die Kommunal-aufsicht der Bezirksregierung fordern von den Städten strikte Haushaltskon-solidierung und konkret den Rückbau von Infrastruktur. Dies bringt die Bür-ger gegen die Städte auf und sie grei-fen zum Instrument des Bürgerbegeh-rens. Vor einigen Jahren haben sich die Fraktionen im Landtag mit Forderun-gen nach immer kleineren Quoren für Bürgerbegehren gegenseitig überbo-ten. Die Hürde des Quorums ist heut-zutage relativ leicht zu nehmen, in Es-

Rückbau zwingend er-forderlich

Politische Vorgaben müssen besser abge-stimmt werden

Nachgefragt ... aus der Sicht der Stadtpolitik

Gutes Rückbaumanagementist gefragt

54 Statement

sen sind dafür lediglich rund 15.000 Unterschriften erforderlich. Da der Stadtrat in der Regel den Wünschen des Bürgerbegehrens nicht nachkom-men kann, zieht dies einen Bürgerent-scheid nach sich, der in Essen Kosten von 800.000 Euro verursacht.

Weiteres Beispiel: Das eine Ministeri-um fordert einen Rückbau der Infra-struktur, das andere Ministerium be-achtet die Faktoren demographische Entwicklung und Haushaltskonsoli-dierung bei seinen Richtlinien, etwa für das Schulschwimmen, so gut wie nicht. Hinzu kommen die Forderun-gen der Fachverbände. Vor einigen Jah-ren wurde die notwendige Hallenhöhe beim Volleyball angehoben. Das hat-te zur Folge, dass selbst unterklassige Mannschaften nicht mehr in Normal-turnhallen spielen können, sondern in Dreifachturnhallen spielen müssen, wo der Druck sowieso schon sehr hoch ist. Differenzierte Sportentwicklung

Darüber hinaus ist an manchen Stel-len nach wie vor der Neubau von Turn- und Sporthallen erforderlich, vor allem dort, wo Gesamtschulen entstehen. Häufig gibt es dort aber keine ausrei-

chende Nachfrage durch Sportvereine. Auf der anderen Seite werden in ande-ren Stadtteilen Schulen geschlossen und die Gebäude müssen vermark-tet werden. Hier stellt sich die Frage, was mit den Hallen passiert, die in ein Schulgebäude baulich integriert sind, und bei denen eine starke Vereins-nachfrage herrscht. Sportentwicklung muss also differenziert betrachtet werden. Hierfür haben sich die Städte noch nicht richtig positioniert.

Damit der Sport in den Kommu-nen bei den finanziellen Verteilungs-kämpfen vor Ort nicht auf der Strecke bleibt, brauchen die Sport- und Bä-derämter starke Partner in der Sport-selbstverwaltung. Diese Rolle können nur die Stadt- und Kreissportbünde erfüllen. Nachdem sie über Jahrzehn-te vom LandesSportBund NRW eher als eine Art Randgruppe behandelt wurden, hat der LSB nun erkannt, dass die Stadt- und Kreissportbünde wich-tige strategische Partner sind. Denn sie und nicht die Fachverbände tra-gen in den Kommunen die Gefechte aus. Daher ist sehr zu begrüßen, dass der LSB seine Haltung zu den Stadt- und Kreissportbünden zu verändern beginnt. Auch wenn dies noch nicht ausreicht, ist es ein Schritt in die rich-tige Richtung. ◆

Stadt- und Kreissport-bünden kommt wich-tige Rolle zu

55 Statement

Laut einer Studie zum Sportverhal-ten im Ruhrgebiet von 1992 betrie-ben damals 23 Prozent der Revier-bürger Sport im Verein, 20 Prozent in kommerziellen Anlagen. Nach aktu-ellen Studien, die sich nicht nur auf das Ruhrgebiet beziehen, betreiben 42 Prozent der Kinder und Jugendli-chen in Nordrhein-Westfalen Sport in einem Verein. Darüber hinaus weiß man, dass es neue Beweggrün-de zum Sporttreiben gibt, genorm-te Anlagen weniger genutzt werden und von den vorhandenen Sportan-lagen die Bäder am meisten nachge-fragt werden.

Vergleichbar der abnehmenden Bin-dungskraft bei anderen Organisati-onen zeigt sich auch eine Tendenz zur Abwendung von Sportvereinen. Diese sollte aufgehalten werden, in-dem zum Beispiel die Sportvereine und ihre Angebote attraktiver wer-den. Sportvereine sind für das so-ziale Zusammenleben und die In-tegration wichtig, sie stellen einen Gegenpol zur wachsenden Individu-alisierung der Gesellschaft dar. Auf der anderen Seite muss die Indivi-dualisierung bei der Weiterentwick-lung von Sporträumen, das heißt von Anlagen und von Angeboten be-rücksichtigt werden.

Verhaltensorientierte Planung

Die Entwicklung verhaltensorien-tierter Planungsinstrumentarien ist wichtig, damit die Kommunen ihre Ressourcen sinnvoll für die Zukunft einsetzen können. Es gibt bereits Sportstätten, die nicht mehr benötigt werden. Diese Flächen sollten dem Sport erhalten bleiben, indem sie zu Stätten für nachgefragte Sportarten umgewandelt werden. Auf Sport-stättenentwicklungsplanung kann daher in Zukunft noch weniger als bisher verzichtet werden.

Für den „Masterplan Sport für die Metropole Ruhr“ muss zunächst de-finiert werden, welches Ziel er haben soll. Geht es um die Einwerbung von Sport-Großveranstaltungen oder um einen Sportstättenentwicklungs-plan für das Ruhrgebiet? Für Sport-stätten, die die sportliche Grundver-sorgung in einem Stadtteil sichern, ist er nicht erforderlich. Es bedarf aber einer regionalen Abstimmung bei größeren Sportstätten, die ei-nen Einzugsbereich über die Stadt-grenzen hinaus besitzen, wie zum Beispiel Bäder. Hier wäre ein Mas-terplan Sport gerade im Ruhrgebiet wichtig.

Annemarie Erlenwein, Leitende MinisterialrätinAbteilung Sport im Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

Annemarie Erlenwein

Nachgefragt ... aus der Sicht der NRW-Landesregierung Profile schärfen, regional abstimmen

Abwendung von Sportvereinen durch attraktive Angebote aufhalten

Sportstättenentwick-lungsplanung ist un-verzichtbar

Regionale Abstim-mung bei größeren Sportanlagen wichtig

56 Statement

Sportpauschale

Nach Einführung der Sportpauschale für die Sportstätten hat das Land kei-ne finanziellen Steuerungsmöglich-keiten mehr. Die Bereitstellung und Entwicklung von Sportstätten ist ei-ne kommunale Aufgabe, eine regi-onale Sportstättenförderung durch das Land ist ebenfalls nicht mög-lich. Das Land fördert jedoch Sport-stätten für den Hochleistungssport,

Zuschauersportstätten für national und international bedeutende Sport-veranstaltungen sowie Sportschu-len der Verbände. Bei den Zuschauer-sportanlagen sind unterschiedliche Schwerpunktsetzungen unter Betei-ligung der Städte wichtig. Sie sollten Konkurrenzen vermeiden und beson-dere Profile erarbeiten. Dabei kann ein „Masterplan Sport für die Metro-pole Ruhr“ helfen. ◆

Förderung von Sport-stätten für den all-gemeinen Sport nur durch Sportpauschale

Zuschauersportanla-gen für unterschiedli-che Sportarten entwi-ckeln

57 Statement

Sport ist ein wichtiges Politikfeld mit hoher gesellschaftspolitischer Be-deutung. Jeden Monat werden in den Sportvereinen 45,2 Millionen Ar-beitsstunden ehrenamtlich geleistet. Damit leistet der Sport auch ökono-misch betrachtet bedeutende Arbeit, er ist kein weicher, sondern ein har-ter Standortfaktor. Der Titel des Work-shops kann daher auch umgedeutet werden: Es gibt nicht nur eine Sport-entwicklung in Metropolen, sondern auch eine Metropolenentwicklung durch den Sport.

Heute ist viel zu häufig eine defen-sive kommunale Sportpolitik zu be-obachten, in vielen Städten kommt dem Sport eine untergeordnete Rolle zu. Dabei ist er gerade im Nahbereich wichtig. Die Sportvereine mit ihrer Angebotsvielfalt leisten viel: für Men-schen mit Behinderung, im sozialen Bereich, im Wohnquartier, für gesund-heitliche Fitness und weiteres. Sport darf nicht nur als Zuschauersport ge-sehen werden. Breitensportliche Ak-tivitäten und Angebote der Vereine sind mindestens ebenso bedeutend.

Vereinsentwicklungs- programme

Auf die aktuellen Herausforderungen für die Sportvereine, etwa durch den demografischen Wandel, muss man

reagieren. Zum Beispiel sind Vereins-entwicklungsprogramme erforderlich, um die Sportvereine wieder als Orte der Selbstorganisation mit ihren Res-sourcen zu stärken. Bei der Sportstät-ten- und Sportentwicklungsplanung müssen die Sportvereine und -verbän-de stärker eingebunden werden, und zwar verbindlich. Umgekehrt sollten sich Sportvereine nicht nur mit den Sportämtern, sondern vermehrt auch mit anderen Ämtern austauschen und stärker vor Ort vernetzen. Der Rhein-Main-Raum, der sich über drei Bun-desländer erstreckt, ist ein Beispiel für regionale Kooperation im Sport. Auch dort wird auf regionaler Ebene mehr Kooperation anstelle von Konkurrenz angestrebt.

Kommunale und regionale Entwick-lungskonzeptionen im Sport nützen den Sportvereinen und -verbänden und können dazu beitragen, ihre Hand-lungsfähigkeit zu erweitern. An diesen Prozessen sollten die Sportorganisati-onen unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes aktiv und umfassend beteiligt werden. Sport-entwicklungskonzeptionen müssen über den Leistungssport und die Groß-veranstaltungen hinaus den Vereins- und Breitensport und dessen Rahmen-bedingungen in den Blick nehmen. Bei interkommunalen oder regionalen An-sätzen sollten die Landessportbünde eingebunden werden. ◆

Andreas KlagesStellvertretender Direktor Sportentwicklung beim Deutschen Olympischen Sportbund

Andreas Klages

Sport als harter Stand-ortfaktor

Sportvereine und -ver-bände bei Sportpla-nung einbeziehen

Sportentwicklung muss Vereins- und Breitensport berück-sichtigen

Nachgefragt ... aus der Sicht des organisierten Sports Weniger Konkurrenz, mehr Kooperation

58

Kleinere Kreissport-bünde besser stellen

Formulierung von Mi-nimalstandards, die al-le Städte anerkennen

Vereine akzeptie-ren Folgen des demo-graphischen Wandels nicht immer

Statement

Es gibt im Ruhrgebiet erhebliche Un-terschiede zwischen den verschie-denen Stadt- und Kreissportbünden. Das muss man bei jeder Sportpla-nung beachten. Die kleineren Kreis-sportbünde sollten besser gestellt werden, will man den Sport in der Re-gion stärken. Dies sollte eine Leitlinie des „Masterplans Sport für die Met-ropole Ruhr“ sein, um überall gleiche Voraussetzungen zu schaffen. Der Masterplan kann eine wichtige Klam-mer darstellen, den Sport in der Regi-on voranzubringen. Wichtig ist, dass die Städte lernen, auch im Bereich Sport regional zusammenzuarbei-ten. Als gutes Beispiel präsentiert sich hier die MEO-Region, in der die Städ-te Mülheim, Essen und Oberhausen kooperieren. Durch die Zusammenar-beit gibt es einen regelmäßigen Aus-tausch und schnellen Informations-fluss zwischen den Beteiligten. So erfahren diese von Problemen in der Region und können gemeinsam nach Lösungen suchen.

Masterplan als Richtschnur für die Städte

Der Masterplan Sport kann eine wich-tige Richtschnur zur Beurteilung der Sportinfrastruktur werden. Derzeit plant jede Kommune für sich allein, das sollte sich ändern. Im Masterplan lassen sich Minimalstandards formu-

lieren, die die Städte für ihre Planung anerkennen. Damit werden regiona-le Unterschiede vermieden und Stan-dards vereinheitlicht. Das Geld in den Städten ist knapp. Auch hier kann der regionale Fokus helfen zu beurteilen, wie viele Infrastruktureinrichtungen tatsächlich gebraucht werden.

Am Beispiel eines Bäderkonzepts las-sen sich die Vorteile regionaler Ab-stimmung demonstrieren: Hätte das Ruhrgebiet eine abgestimmte Ein-schätzung, wie viele Bäder erforder-lich sind und wie sie ausgestattet sein sollen, könnten die entsprechen-den Informationen und Daten bei der Bäderplanung der Städte berück-sichtigt werden. Damit ließe sich ver-meiden, dass jede Stadt ein eigenes Spaßbad glaubt anbieten zu müssen, obwohl die Besucherzahlen in Wahr-heit zum wirtschaftlichen Betrieb oft nicht ausreichen. Hier eingesparte Mittel könnten für sinnvollere Sport-projekte verwendet werden. Dieses Beispiel ist auf alle anderen Sportbe-reiche übertragbar.

Zurzeit arbeiten fast alle Kommunen an einem Masterplan Sport. Hinwei-se auf das regionale Angebot wer-den häufig belächelt. Das hat damit zu tun, dass die Folgen des demogra-phischen Wandels noch nicht überall präsent sind, weder bei der Bevölke-rung noch bei den Vereinen. Darü-

Wolfgang Rohrberg

Wolfgang RohrbergGeschäftsführer des Essener Sportbundes

Nachgefragt ... aus der Sicht der Stadt- und Kreissportbünde

Überzeugungsarbeit leisten

59Statement

Vereine müssen über-zeugt und eingebun-den werden

Faire räumliche Vertei-lung von Events

RVR-Sportbüro muss personell aufgestockt werden

ber hinaus wollen die Vereine die Ver-änderungen des Sportverhaltens oft nicht akzeptieren. Will man die Ver-eine bei der künftigen Planung ein-beziehen, will man, dass sie mit an einem Strang ziehen, muss Überzeu-gungsarbeit geleistet werden.

Events als Marketing- instrument

Weiterhin ist für die Planung wichtig zu berücksichtigen, dass Spitzensport und Breitensport aufeinander ange-wiesen sind. Große Events sind für die Region ebenso wichtig wie der All-tagssport, sie fördern das Image und stellen ein wichtiges Marketinginst-rument dar. Hier ist Zusammenarbeit

gefragt, nicht Konkurrenz. Der Regio-nalverband Ruhr sollte mehr Sport- events fördern und für eine faire räum-liche Verteilung der Veranstaltungen in der Ruhrmetropole werben.

Ein „Masterplan Sport für die Metro-pole Ruhr“ ist sehr wünschenswert. Will der RVR diese Entwicklung un-terstützen und aktiv gestalten, muss er sich auch entsprechend perso-nell aufstellen. Ein Sportteam beste-hend aus zwei Mitarbeitern reicht hierfür nicht aus. Wenn das Ruhrge-biet eine engere Abstimmung bei der Sportplanung will, ist eine intensi-vere Moderation in der Region erfor-derlich. Eine bessere personelle Aus-stattung des RVR-Sportbüros ist dann unerlässlich. ◆

Nachgefragt ... aus der Sicht der Stadt- und Kreissportbünde

Überzeugungsarbeit leisten