Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

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16 Festigkeit der Schaufelungen 16.1 Schaufelbeanspruchung durch Fliehkraft Bei den Laufradern del' Axialmaschinen kann del' Schaufelquerschnitt f (Abb. 16.1.1) langs des Radius variieren, und zwar nimmt er dann praktisch stets nach auBen abo Die radiale Zugbeanspruchung U z infolge Fliehkraft kann durch eine einfache Gleichgewichts- betrachtung gefunden werden, denn das Massenelement dm = ef dr iibt die Fliehkraft 16.1(1) aus. Daher sind die Zugspannungen im Nabenradius JON und im laufenden Radius r* rs U = nw 2 J L r dr zN c: j , N TN 16.1(2) vgl. Abb. 16.1.1 (es ist die frei endende Schaufel vorausgesetzt). Wo die Schaufel mit einer Ausrundung in den FuB iibergeht, ist unter fN derideelle Querschnitt zu verstehen, wie in Abb. 16.1.1 angedeutet. Mit erlauben diese Gleichungen auch die Darstellung y UzN = e 1l 1 J jf y dy, 1 N f f* Abb. 16.1.1. Zur Berechnung der }1'liehkraft- spannungen in einer verjiingten Schaufel 16.1(3) 16.1(4) W. Traupel, Thermische Turbomaschinen © Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1982

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16 Festigkeit der Schaufelungen

16.1 Schaufelbeanspruchung durch Fliehkraft

Bei den Laufradern del' Axialmaschinen kann del' Schaufelquerschnitt f (Abb. 16.1.1) langs des Radius variieren, und zwar nimmt er dann praktisch stets nach auBen abo Die radiale Zugbeanspruchung Uz infolge Fliehkraft kann durch eine einfache Gleichgewichts­betrachtung gefunden werden, denn das Massenelement dm = ef dr iibt die Fliehkraft

16.1(1)

aus. Daher sind die Zugspannungen im Nabenradius JON und im laufenden Radius r*

rs

U = nw2 J L r dr zN c: j , N TN

16.1(2)

vgl. Abb. 16.1.1 (es ist die frei endende Schaufel vorausgesetzt). Wo die Schaufel mit einer Ausrundung in den FuB iibergeht, ist unter fN derideelle Querschnitt zu verstehen, wie in Abb. 16.1.1 angedeutet. Mit

erlauben diese Gleichungen auch die Darstellung y

UzN = e1l1 J jf y dy, 1 N

f

f*

Abb. 16.1.1. Zur Berechnung der }1'liehkraft­spannungen in einer verjiingten Schaufel

16.1(3)

16.1(4)

W. Traupel, Thermische Turbomaschinen© Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1982

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16.1 Schaufelbeallspruchullg durch Fliehkraft 207

bei der stets die 1ntegralausdrueke dimensionslos sind, also nur von der geometrisehen Gestalt, nieht von den Absolutabmessungen abhangen. Geometrisch ahnliche Schaufelungen aus Werkstoffen gleicher Dichte erfahren bei gleicher Umfangsgeschwindigkeit gleiche Flieh­kraftbeanspruchungen.

Bei Schaufeln konstanten Querschnittes lassen sieh die 1ntegrale in allgemeiner Form auswerten. Man erhalt

Y2 -1 d zN = euE, --2-- , 16.1(5)

Fur (JzN wird in diesem Falle aueh haufig eine formal andere Darstellung gegeben. Der Sehaufelsehwerpunkt liegt dann im Mittelkreisradius r m, so daB mit 1 als Sehaufellange und m als Sehaufelmasse die Fliehkraft

Z = mu;, = elfu;, rm rm

wird, so mit naeh Division dureh f

16.1(6)

Somit ist die Fliehkraftspannung ausgedruekt dureh die aueh sonst viel benutzten Para­meter mittlere Umfangsgesehwindigkeit Um und Sehaufellangenverhaltnis ljDm. - Beaeh­tenswert ist noeh folgender Zusammenhang. 1st rp die Durehsatzzahl im Mittelkreis, so wird der Volumenstrom V dureh den Sehaufelkranz

. D 1 2 (' 1 ) 4nrpu~ ( 1 ) V = n m rpum = nDm Dm rpum = w2 Dm'

Wenn man dies naeh ljDm auflast und einsetzt in 16.1(6), folgt

eVw2 C!zN = 2 . numrp

16.1(7)

Liegen nun Volumenstrom, Winkelgesehwindigkeit und Sehaufelungstyp (also rp) fest, so bewirkt offensiehtlieh eine Erhahung der Umfangsgesehwindigkeit Um uberrasehender­weise eine Herabsetzung der Spannung, weil die Sehaufeln kurzer werden.

Als theoretiseher Grenzfall interessiert aueh die Scha1tfellconstante1' Fliehkraftspannung. Fur ein Element von der Ausdehnung dr (Abb. 16.1.1) gilt ja aueh die Gleiehgewiehts­bedingung

somit

d(dzf) = -efrw2 ••• fdC!z + dz df = -efrw2 • dr d'r dr

16.1(8)

Naeh Voraussetzung ist aber dC!zjdr = O. Also bleibt die Differentialgleiehung

df ew2 - =- --rdr f (Jz

mit der Lasung

oder

16.1(9)

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208 16 Festigkeit der Schaufelungen

Der Querschnitt nimmt also mit dem Radius exponentiell abo Theoretisch konnte sich die Schaufel ins Unendliche erstrecken, doch kann man sie an irgendeiner Stelle yenden lassen, wenn man dort eine Masse anbringt, die durch ihre Fliehkraft im ortlichen Quer­schnitt gerade die Spannung (/z erzeugt. Bemerkenswert ist, daB das Problem grundsatzlich fur beliebige Werte von UN und (/z eine Losung hat, nur wiirde z.B. bei extrem klein angenommenem az eine Querschnittsabnahme mit zunehmendem Radius resultieren, der kein stabformiger Korper mehr entspricht. - Abb. 16.1.2 zeigt ein Beispiel eines Quer­schnitts- und Spannungsverlaufes in einer Dampfturbinen-Endstufenschaufel, vgl. RiefJ [1]. Man erkennt, wie gut man sich in einem erheblichen Bereich der Schaufelhohe dem Stab konstanter Spannung nahert.

~o~--,----.----,---,

t ---

'S. 0,5 f---+~-+---+-----.'l r... .. ,

..!::.

flfN ,00zlO'zmOX' O'blO'bmQx -

Abb.16.1.2. Beispiel der Verteilung von Querschnitt und Spannungen in der Laufschaufel einer Dampftur­binen-Endstufe, Schaufellange 1044 mm. Nach Riej3 [1]. Knick im Verlauf von O'z ist bedingt durch

die "Arkaden" nach Abb. 16.S.11

Es ist weithin ublich geworden, die Laufschaufelreihen am auBeren Umfang mit Labyrinthdichtungen zu versehen. Die fruher oft verwendeten aufgenieteten Deckbander sind heute bei Laufschaufeln selten, man verwendet bevorzugt Deckplatten, die mit der Schaufel ein Stuck bilden (vgl. Abb. 16.1.3). Diese sind mechanisch meist nicht mitein­ander verbunden. Sindfd, rd, td, Ud Querschnitt, Radius, Teilung und Umfangsgeschwindig­keit im mittleren Deckplattenkreis und z die Schaufelzahl, so ist die Fliehkraft der Deck­platte

Zd =efdtdua = 2nfd eua. rd z

16.1(10)

Das erzeugt im Spitzenquerschnitt fs der Schaufel die Zugspannung

2n (fd) 2 (/zs = Z fs eUd' 16.1(11)

Abb. 16.1.3. Laufschaufel mit Deckplatte

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16.1 Schaufelbeanspruchung durch Fliehkraft

1m Nabenquersehnitt kommt zur Spannung naeh G1. 16.1(4) betragt, womit folgt (Yd = rd!rN)

2 f 2n fd [ y 1 azN = (]'UN / iNY dy + z (iN) Yd •

209

ein Zusehlag, der Zd!fN

16.1(12)

1m allgemeinen entsteht dadureh aber aueh eine Biegespannung a6 im Sehaufelblatt, dann namlieh, wenn del' Sehwerpunkt Sd del' Deekplatte und del' Sehwerpunkt S des Sehaufelprofils (es kann irgendeines del' Profile sein, nieht etwa nul' das an del' Spitze) nieht auf einem Radius liegen (vgl. Abb. 16.1.4). Sind J 1 und J 2 die beiden Haupttrag­heitsmomente, so ist mit den Bezeiehnungen in jenem Bild die im Punkt A entstehende Biegespannung mit G1. 16.1(10)

Abb.16.1.4. Zur Berec!mung der Beanspruchung einer Deckplatte

16.1(13)

Bei del' im Bild gezeigten Situation wird diese Zusatzspannung in A am groBten und addiert sieh zur reinen Zugspannung dureh Fliehkraft, doeh sind aueh andere Verhalt­nisse denkbar, wobei die Formel entspreehend abzuwandeln ist. Die Abstande II und l2 sind im Profilsehnitt zu bilden und zwar ausgehend vom DurehstoBpunkt des Radius von Sd aus dureh diesen Sehnitt.

Aueh die Deekplatte selbst erfahrt unter dem EinfluB del' Fliehkraft eine Biege­beanspruehung. In einigermaBen exakter Weise ist dieses auBel'st komplizierte Problem nur naeh dem Verfahren der finiten Elemente zu lOsen, doeh geniigt oft die naehfolgende einfaehe Naherungsl'eehnung. JVIan gl'enzt einzelne Lappen ab, vg1. die gestriehelten Linien I und II in Abb. 16.1.4. Die vereinfaehende Vorstellung ist nun die, daB diese Lappen durch die in I und II liegenden Querschnitte an einen starren Schaufelkorpel' ansehlieBen und die Spannungen in diesen Quersehnitten einfach nach del' elemental'en Biegungstheol'ie bel'echnet werden konnen. Sind W' und W" die Widerstandsmomente diesel' beiden Quel'schnitte, m' und 'in" die JVIassen del'. beiden Lappen, deren Schwel'­punkte S' und S" die Abstande l' und l" von den Quel'schnitten haben, so sind die Biege-spannungen

16.1(14)

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210 16 Festigkeit der Schaufelungen

Die Formfaktoren (x' und (x" berucksichtigen Spannungskonzentrationen beim Ubergang der Deckplatte in die Schaufel und konnen bei engen Krummungsradien dieses Uberganges die GroBenordnung 1,5 annehmen. Bei der Bildung der Widerstandsmomente ist zu be­achten, daB die Deckplatte Labyrinthkamme aufweisen kann, die unter einem spitzen Winkel geschnitten werden, vor aHem bei Schnittebene II. Senkrecht zu dieser kann ein solcher Kamm praktisch keine Biegespannungen ubertragen, weshalb der entsprechende Querschnittsanteil bei der Berechnung des Widerstandsmomentes wegzulassen ist.

Die zusatzlichen Spannungen in der Schaufel und diejenige in der Deckplatte selbst konnen bei hohen Umfangsgeschwindigkeiten die Anwendung der Deckplatte und damit der Labyrinthdichtung am Laufrad ausschlieBen. AHerdings ist dann meist die Schaufel­lange so groB, daB die Spaltverluste ohnehin zurucktreten.

Sind zur Bekampfung von Schwingungen Verbindungselemente wie Bindedrahte oder lose eingelegte Dampfungsdrahte vorgesehen, so muB auch deren Biegebeanspruchung beachtet werden. Mit den Bezeichnungen nach Abb. 16.1.5 ergibt sich

_ :rr;2fJ2 Dfa -2 Uba - 6z2W a (2u , 16.1(15)

wo fa und Wa Querschnitt und Widerstandsmoment des Elementes sind. Bei der Situation nach Abb. 16.1.5 b ergibt sich an einem uberhangenden Ende die gleiche Biegespannung, sofel'll a = 0,408 t. Bei a = 0,5 t wird die Spannung urn den Faktor 1,5 groBer.

IF-

\ a IF-

\ b

Abb.16.1.5 Abb.16.1.6

Abb.16.1.5. Anordnung mit Bindedrahten (a) und Dampferdrahten (b)

Abb.16.1.6. Zur Berechnung der Biegebeanspruchung einer Schaufel durch Fliehkrafte; ¢ und rJ die Haupt­tragheitsachsen (d.M fj negativ)

Zusatzliche Biegebeanspruchungen erfahrt eine Schaufel unter dem EinfluB del' Flieh­kraft, wenn ihre Schwerlinie (Verbindungslinie del' Schwerpunkte ihrer Profile) nicht einen Radius bildet. Zum Beispiel im Nabenschnitt ergeben sich die Biegemomente bezuglich del' Haupttn'igheitsachsen; und 17 desselben (Abb. 16.1.6) wie folgt. Ein Element mit del' Radialerstreckung dr, dessen Schwerpunktprojektion gegenuber dem Schwer­punkt SN des Nabenschnittes die Koordinaten ; und 17 aufweist, ubt die Biegemomente

dJJ1; = 17(2 w2frdr, dJYlfj = -;(! w 2frdr

ausi so daB also insgesamt die Momente

rs TS

JJ1; = (2w 2 J 17fr dT, JJ1 fj = -(2W2 J ; ft· d1' 16.1(16) f]).T TN

entstehen. Daraus ergeben sich in iiblicher W'eise die Biegespannungen.

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16.2 l'orsionsbeanspruchung von Lau£schau£eln 211

16.2 Torsionsbeanspruchung von Laufschaufeln

Verwundene Laufschaufeln erfahren unter dem EinfluB der Fliehkraft eine Torsions­beanspruchung, welche die Tendenz hat, die Verwindung zu verkleinern. In den meisten Fallen sind die so entstehenden Spannungen und Verformungen (die ,Entwindung') sehr gering. Sie werden aber betrachtlich bei Schaufeln, die gleichzeitig sehr schlank und stark verwunden sind, also bei den Endstufen von Dampfturbinen (gegebenenfalls auch groBer Gasturbinen) und bei den ersten Stufen von Axialverdichtern, insbes. von Zweistrom­triebwerken. Eine neuereTheorie dartiber gibtOhtsuka [2]; sie wird nachfolgend zusammen­gefaBt.

Abb. 16.2.1. Koordinatensystem zur Be­rechnung der l'orsionsbeanspruchung einer

verdrehten Schaufel /

(

z

w

Abb. 16.2.1 zeigt die Situation. Es ist z die Drehachse, OJ die Winkelgeschwindigkeit. Das Schaufelblatt reicht von rN bis 1'8, und es ist angenommen, daB seine Schwerlinie gerade und radial sei. Del' in r liegende Schaufelschnitt hat die Haupttragheitsachsen ~ und 17 mit den zugehorigen Tragheitsmomenten Jr;, J rr Die Lage diesel' Achsen ist dadurch definiert, daB man die ~-Achse nach r = 0 projiziert - die gestrichelt angegebene Ge­rade a - und dort den Winkel {}o gegentiber der Drehachse angibt. Ein um d1' weiter auBen liegendes ProW besitzt eine Haupttragheitsachse ;*, deren Projektion a* eine urn d{}o verschiedene Richtung aufweist. Es ist x = d{}old1' die ortliche Vel'windungsgroBe. Gegentiber del' entspannten Lage dl'eht sich der Profilschnitt in r urn einen Winkel {}r und neigt sich urn Winkelbetrage {}r;, {}rj' Dies ist im Bild durch Vektoren angedeutet, die nach del' Rechtsschraubenregel dies en Winkeln zugeordnet sind.

Nun moge ein Profilschnitt in r herausgegriffen werden. Ein beliebiger seiner Punkte verschiebt sich infolge del' Deformation in den Richtungen ;, 1], l' urn Betrage u, v, w. Wenn uo, vo' Wo diese Vel'schiebungen im Koordinatenursprung, d.h. im Schwerpunkt sind, gilt mit hinreichender Genauigkeit folgender Ansatz:

U = 1Io(r) - 17 {}r(1') , I v = vo(r) + ~{}r(r), W = wo(r) + 1]{}r;(r) - ~{}1)(r) + iX(1') 'ljJ(~, 1], r).

16.2(1)

In del' letzten diesel' Gleichungen berticksichtigt das Zusatzglied iX'ljJ die Verwolbung des Schnittes unter dem EinfluB der Torsionsbeanspruchung. In del' TheOl'ie der Torsion ist

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212 16 Festigkeit der Schaufelungen

es bekanntlich nicht zulassig, diese VerwOlbung unberucksichtigt zu lassen, worin ja die Schwierigkeit des Problems schon immer bestanden hat. In obiger Darstellung ist IX diese Auswolbung im Koordinatenursprung, wahrend das dimensionslose 'Ifl die Verteilung uber den Querschnitt beschreibt. In jedem r wird ein anderes IX angetroffen, wahrend 'Ifl(~, 'Y)) von der Gestalt des Profils abhangt. Da aber in jedem Radius ein anderes Profil erscheint, wurde geschrieben 'Ifl(~, 1}, r). Ausgehend von den Verschiebungen u, v, w erhalt man die samtlichen Dehnungen und Verzerrungen, von denen fUr die weitere Rechnung die fol­genden benotigt werden:

8w [OW OW] Sr = 8r + x 'Y) 8~ - ~ 8'Y) ,

8u ow [8U on ] Y"r = 8r + 8[ + x 1} o~ - ~ 81} - v , 16.2(2)

ov ow [OV ot' ] Y1)r = -8 + -;:;- + x 'Y) nl: - ~ -;:::- + U . r O'Y) Oc; 01}

Zum Verstandnis der Zusatzglieder mit dem Faktor x beachte man folgendes. Man denke sich langs der Schaufel aIle Punkte, die einem festen Koordinatenpaar ~, fl entsprechen (in den verschiedenen Schnitten) miteinander verbunden. Diese Verbindungslinie ist keine Gerade und durchstOBt die einzelnen Schnitte nicht senkrecht, eben weil die Schaufel verwunden ist. Ableitungen %r sind bei festem ~ und 'Y) zu bilden, d. h. langs solcher Verbindungslinien, nicht etwa langs Radien. Daher ruhren die angegebenen Korrektur­glieder. - Die Normal- und Schubspannungen im Schaufelschnitt werden mit E als Elastizitatsmodul und Gals Schubmodul

a" = ESn "(']1' = Gyw' 16.2(3)

Damit lassen sich die folgenden IntegralgroBen bilden, bei denen stets die Doppelintegrale uber die ganze Fliiche des betreffenden Querschnittes zu bilden sind.

Mr = I I ("(1)r~ - "(~I''Y)) d~ d1),

M~ = II ar'Y) d~ dl}, lYI1) = - I I al'~ d~ d'Y),

N = I I ar'lfl d~ d'Y). I 16.2(4)

Aus dem Prinzip del' virtueIlen Arbeit kann man alsdann die Gleichgewichtsbedillgungen gewillnen:

Q; + erw2f = 0, Q~ - xQ,] = 0, Q~ + xQ~ = 0, 2

M; + e; (Jr, - J~) sin Ufo = 0,

M~ - xM,] - Q1) = 0, M~ + xM; + Q~ = 0, 16.2(5)

, fj' [8W 8'1fl] fj" [OW O'lfl J N - x o~ 'Y) - 01} ~ ar d~ d'Y) - o~ "( ~r - 01) "( 1)1' d~ d'Y) = 0.

Die Akzente bedeuten hier Ableitungen nach r, wahrelld mit f del' lokale Querschnitt benannt ist. Diesen Gleichullgen sind noch die Grenzbedingungen beizufligen, namlich

U =V =10 ={}~ ={}1) ={}r =IX =0 in r =rN,

Q~ = Q~ = Qr = JYl~ = lYI1) =lJ!I" = N = ° in r = rs. 16.2(6)

Nun denke man sich die n, v, 11' in 16.2(2) ausgedriickt durch die Beziehungen 16.2(1), die so entstehenden GIn. in 16.2(3) eillgesetzt, diese wiederum in 16.2(4) und das so Ent-

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IG.il Biegebeanspruchung der Schaufeln dureh Str6mungskrafte 213

stehende schlieBlich in die GIeichgewichtsbedingungen 16.2(5) und die Grenzbedingungen 16.2(6). Del' so entstehende Satz von GIeichungen enthalt als unbekannte Funktionen ~t, v, W, ff~, ff,l' ff" 0.:.

Das rechnerische Vorgehen besteht nun darin, den ganzen Schaufelkorper zu diskreti­sieren und zur Differenzenrechnung iiberzugehen. Man teilt also den Radienbereich in eine Anzahl von Intervallen ein, und in jedem del' so ausgezeichneten Radien werden die Profilschnitte durch N etzpunkte mit endlichen ~- und 1J-Schritten diskretisiert. Die samt­lichen auftretenden Ableitungen werden in bekannter Weise durch Differenzen del' Funk­tionswerte in den verschiedenen Raumpunkten ausgedriickt. SchlieBlich werden die Inte­grale durch entsprechende Sum men dargestellt. Dann gehen die Gleichgewichtsbedin­gungen 16.2(5) zusammen mit den Grenzbedingungen 16.2(6) iiber in ein GIeichungs­system von ebensovielen Gleichungen wie unbekannten diskreten Funktionswerten ~t, v, W, ff~, ff'l' ff" 0.:. Diese sind dadurch also bestimmt. Mit den samtlichen ffr (langs r) ist gerade die gesuchte ,Entwindung' der Schaufel gefunden. Die u, v und w liefern vermoge del' GIn. 16.2(2) und (3) die Spannungen, also mit den T-Werten insbesondere die Torsions­beanspruchung.

Die Funktion 'IfJ figuriert nicht unter den unbekannten Funktionen, denn hier handelt es sich ja urn das allgemeine Problem, fiir einen Querschnitt gegebener Geometrie die Torsionsverwolbung zu finden. Dieses ist von Hcnmann [3] nach dem Verfahren del' finiten Elemente gelOst worden. Als vorbereitender Schritt del' Rechnung ist also die 'IfJ-Funktion fUr die gegebenen Profilschnitte in diesel' Weise zu bestimmen. - In del' Originalarbeit sind die Ansatze zunachst fUr den Fall einer beliebig gestalteten Schaufel­achse angegeben; die Durchfiihrung del' Theorie erfolgt abel' nur fUr die gerade, radiale S chaufelachse. Der Vergleich mit Messungen zeigt gute Ubereinstimmung fUr die Ent­windung. Fiir die Spannungen ist die Ubereinstimmung gut in groBerer Entfernung von del' Einspannung, weniger abel' in ihrer unmittelbaren Nahe. Das hangt wohl damit zusammen, daB die technisch realisierbare Einspannung niemals so vollkommen sein kann, daB die Grenzbedingungen in r = rN exakt erfiillt sind.

16.3 Biegebeanspruchung der Schaufeln durch Stromungskrafte

Das Problem del' Biegebeanspruchung durch Stromungskrafte sei bier am Beispiel einer Turbinenlaufschaufel behandelt (vgl. Abb. 16.3.1a und b), doch lassen sich die Uber­legungen sinngemaB auf andere Fane, wie die Leitschaufelung nach Abb. 16.3.1 c odeI' auf Axialverdichterschaufelungen iibertragen. Zur Behandlung des Problems miissen geeig­nete Kontrollflachen urn die Schaufelreihe gelegt werden, also die Flachen 1 und 2 Abb. 16.3.1a und eine obere AbschluBflache, welche die dort vorhandene Labyrinthdichtung umgibt. Diese letztere kann ersetzt werden durch eine einfachere Flache BO, die ihr insofern aquivalent ist, als sie aus del' stetig angenommenen auBeren Druckverteilung die gleiche Kraft erfahrt. Die Kontrollflache hat damit die gleiche Gestalt wie bei del' frei endigenden Schaufel, Abb. 16.3.1 b.

Nun sei die Aufgabe gestellt, im Schnitt, del' durch die Stromflache tp gekennzeichnet ist, die Biegespannungen im Schaufelprofil zu bestimmen. Die groBten Biegespannungen treten in del' Regel im Nabenschnitt auf (bei konstantem Schaufelprofil immer), wobei die Stromflache mit der Nabe zusammenfallt. Bei sehr stark verjiingten Schaufeln kann abel' auch eine andere Stelle die hochste Biegebeanspruchung erleiden, vgl. die entspre­chen de Kurve im Beispiel Abb. 16.1.2. Urn die Biegebeanspruchung in dem in del' Fla­che tp ersch~inenden Schaufelprofil, dessen Schwerpunkt S sei, zu bestimmen, hat man das gemaB ABOD umgrenzte Kontrollgebiet zu betrachten. Es ist zu formulieren, daB das Moment beziiglich S der an del' Kontrollflache angreifenden Druckkrafte und del' sie durchsetzenden Impulsstrome gleich dem im Profil angreifenden Moment ist. Dies gilt fiir die beiden Komponenten, namlich die Umfangskomponente lIfu(r') senkrecht zur

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214 16 Festigkeit der Schaufelungen

T

.. z

a b

A 1

1

1

I 1

1

1

01 1

1

1

1

I

r'

c

1

I

Abb. 16.3.1. Zur Berechnung der Biegebeanspruchung von Schaufeln durch Stromungskrafte. a) Laufschaufel mit Deckplatte; b) frei endigende Laufschaufel; c) Leitschaufel

Bildebene und die Axialkomponente Mz(r') in Richtung del' Drehachse. Bei M z kommen nul' die Impulsstrome in Betracht, da die Druckverteilungen keinen Beitrag liefern. Die Angabe M(r') weist darauf hin, daB die Momente gebildet werden fur den Schnitt, des sen Schwerpunkt in r' liegt (vgl. Abb. 16.3.1a). Fur das Moment Mu (r')entsteht auf diese Weise folgende Gleichung:

Mu(r') = ~~lf ? [Pl(r - r') + (hC;l(r - r') + (!lCzICr1(Z' - Zl)J r dr-Z8 rA

ra f [P2(r - r') + (!2C;2(r - r') - e2cz2Cr2(Z2 - z')] r dr +

rD

- r~ - r~ (ra + rB ') - ra + rB ( ) ( ') +Pa 2 --2-- r -Pa--2-Za-ZB Za- Z -

- rt - r~ (r A + rD ') - r A + rD ( ) ( ,)1 -Pi 2 --2-- r -Pi 2 ZD-ZA Zi- Z f" 163(1)

Hier bedeuten Pv ev P2' ez Druck und Dichte in den Kontrollflachen 1 und 2, Pa und Pi die Druckmittelwel'te an den Flachen BC und AD, Za und Zi die z-Koordinaten del' resul­tierenden Radialkomponenten Pi, Pa derDruckkrafte auf diese Flachen, ZA ... ZD die z­Koordinaten del' Punkte A ... D, Z8 die Schaufelzahl. Die iibrigen Bezeichnungen gehen aus del' Abbildung hervor. - In den Integralausdrucken sind fast stets die von den Impuls­stromen herruhrenden Glieder sehr viel kleiner als die durch die Druckverteilungen gege­benen. Insbesondere ist praktisch immer

so daB mindestens die Glieder mit cr als Faktor vernachlassigt werden konnen. Die nicht unter den Integralen stehenden Ausdrucke sind die Momente del' Krafte an den Flachen BC und AD. Da abel' die Krafte an AD mit sehr kleinen Hebelarmen angreifen, sind diese Glieder vernachlassigbar, und das gleiche gilt fUr das Moment del' Radialkraft an

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16.3 Biegebeanspruchung der Schaufeln durch Striimungskriifte 215

BG. So laBt sich schlieBlich mit hinreichender Genauigkeit setzen

M ( ') 2n f JfB ( 2 ) ( 'd u r = -l PI + f!ICzI r - r ) r r-

Zs fA

fa J (P2 + f!2C;2) (r - r') r dr

fD

- r& - r1 (ra + rB ,)1 Pa-2- 2 - r f' 16.3(2)

Fur die z-Komponente des Momentes findet man, wie unmittelbar einleuchtet,

16.3(3)

Hierbei sind CuI und Cu2 die Umfangskomponenten der Geschwindigkeiten in den Flachen 1 und 2. Man beachte, daB diese Gleichungen auch Gultigkeit haben fiir den Fall der frei endigenden Schaufel nach Abb. 16.3.1 b. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Fallen besteht darin, daB bei Anordnung einer Deckplatte CzI und Cz2 im Integranden tiber einen Teil des Integrationsweges verschwindet.

In sinngemaBer Weise laBt sich z.B. das Leitrad nach Abb. 16.3.1c behandeln. Es sind dort wie auch beim Laufrad untereinander nicht verbundene Deckplatten voraus­gesetzt. In diesem FaIle, wie auch bei frei endigenden Schaufeln treten bei der Leit­schaufel stets die groBten Biegespannungen im Einspannquerschnitt auf, weil die all­fallige Verjungung nie so stark ist wie bei gewissen Laufschaufeln. Die GIeichungen lauten hier

Mit (r') 16.3(4)

16.3(5)

Die Vorzeichenkonvention ist hier stets so getroffen, daB die M-Komponenten positiv werden. Die GIn. 16.3(2)-(5) lassen sich auch ohne weiteres auf den Fall des Axial­verdichters tibertragen, wobei man lediglich, um positive M-Komponenten zu erhalten, eine Vorzeichenumkehr vornehmen wird. Hingegen gelten sie nicht mehr, wenn eine steife Querverbindung der Schaufeln vorhanden ist, also durchgehende Deckbander oder gar Leitradzwischenboden. In diesem FaIle liegen Schaufelpakete vor, vgl. dartiber Abschn. 16.5.

Aus Mit und M z ergibt sich der Betrag des gesamten Biegemomentvektors M und sein Winkel (3 gegentiber der Drehachsenrichtung aus

M(r') = V M~(r') + M;(r') , , _ Mu(r')

alctan (3 - MAr') , 16.3(6)

Exakt ist dies das Moment in dem Schaufelschnitt, der in der betrachteten P-Flache er­scheint. Das Moment im Schnitt senkrecht zur Schaufelachse durch S unterscheidet sich von diesem aber so wenig, daB man Mauch als in jenem Schnitt angreifendes Biege­moment auffassen darf. Him'von ausgehend sind nun auch die Komponenten von lYI in Richtung der beiden Haupttragheitsachsen 1 und 2 des Profils (Abb. 16.3.2) gegeben, und die Biegespannung in einem Profilpunkt mit Koordinaten av a2 ist

( ) _ ~/r ral cos Y a2 sin Y] db aI, a2 -.lIT -J - - J .

L I 2 16.3(7)

1m Beispiel Abb. 16.3.2 ist als Profilpunkt die Austrittskante gewahlt, die oft die hochst­beanspruchte Stelle ist, um so mehr als dort durch Biegung stets eine Zugspannung ent­steht. Es kann aber ebensogut jeder andere interessierende Punkt herausgegriffen werden.

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216 16 Festigkeit der Schaufelungen

ZweckmaBig kannen nun die folgenden dimensionslosen GraBen gebildet werden:

16.3(8)

Sie kennzeichnen offenbar ein Profil gegebener Gestalt und sind unabhangig von seinen Absolutabmessungen. Gl. 16.3(7) schreibt sich dann

( ) _ M [Xl cos Y _ X 2 sin.J:::] Cfb Xl> X2 -.3 k k'

8 JI J2

Abb.16.3.2. Haupttragheitsachsen und Biege­momente in einem Schaufelschnitt

16.3(9)

Weiter kannen die GIn. 16.3(2)-(5) in folgender Weise umgeformt werden. Man ersetzt aIle Radien durch bezogene Radien R __ rjr' und dividiert aIle Druckwerte und die GraBen des Aufbaues eCiCj durch einen charakteristischen Druck p*. Diesen kann man nach irgendeiner Konvention wahlen, z. B. kann es ein Totaldruck VOl' dem Rad sein. Die so entstehenden eCiCjjp* sind dimensionslos und charakteristisch iiir die gegebene Stramung, denn sie sind proportional dem Produkt von Mach-Zahlen, die mit Ci und Cj

gebildet sind. So schreibt sich z.B. Gl. 16.8(2)

M (r') = *r'3 2n j JRB [~+ elC;l] (R _ 1) R dR _ fRe [~+ e2~~2] (R - 1) RdR + u P Zs p* p* p* p'"

RA RD

+ Pa R~ - R~ (Re + RE _ 1)1 16.3(10) p* 2 2 J'

Man kann also setzen

16.3(11)

wobei die dimensionslose GraBe F durch den Vergleich mit 16.3(10) definiert ist und G in analoger Weise durch die Umformung von 16.3(3) folgt. Selbstverstandlich erlauben auch 16.3(4) und (5) die gleiche Darstellung. Damit folgt allgemein

und Gl. 16.3(9) geht libel' in

F arctan (3 = - ,

G 16.3(12)

16.3(13)

Page 12: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.3 Biegebeanspruchung der Schaufeln durch Str6mungskrafte 217

Nun ist t = 2m-'lz. die Schaufelteilung im Radius r', womit dieser Ausdruck in die Form

(. ) _ * (_t_)3 -2H [Xl co~ _ X2 cos Y] db Xl, X2 - P 2 z. k k

nS JI J2 16.3(14)

iibergeht. Diese Gleichung zeigt folgendes. Fiir den betrachteten Schaufelkranz liege die Gestalt der Gitter langs des Radius fest (also auch tis, kJl> kJ2' Xl, ::r2, y), ferner seien die Stromungsbedingungen gegeben, insbesondere also die Mach-Zahlen (somit aIle Druck­verhaltnisse und Geschwindigkeitsverhaltnisse, mithin auch H). Dann ist die Biege­spannung proportional p*, also dem Druckpegel und proportional dem Quadrat der Schaufelzahl. Die letztere Aussage ist die entscheidende. Sie sagt gleichzeitig, daB bei gegebener thermodynamisch-stromungstechnischer Auslegung die Biegespannungen umge­kehrt proportional dem Quadrat der Sehnenlange und damit auch der axialen Radbreite sind. Geometrisch ahnliche Rader sind gleich stark beansprucht.

Eine einfachere Rechnung ist moglich bei frei endigenden Schaufeln, wenn zudem die folgenden vereinfachenden Annahmen geniigen: Inkompressibilitat, konstanter spezi­fischer Arbeitsumsatz langs des Radius, konstante Durchtrittsgeschwindigkeit. Die nach­folgende Gleichung driickt links die Leistung eines Stufenelementes von del' Ausdehnung dr durch die differentielle Tangentialkraft dT einer Laufschaufel aus, rechts vermoge der Euler-Beziehung aus dem spezifischen Arbeitsumsatz:

mithin rwzs dT = 2nr dr f!cnu Lieu,

dT = 2nf!cnu Llcu dr. zsw

16.3(15)

DaB del' Faktor vor dr nach Voraussetzung konstant ist, bedeutet, daB die gesamte Tangentialkraft T gleichmaBig iiber der Schaufelhohe verteilt ist, also fiir die Stufen­leistung geschriebon werden kann

1JmZsT = n DmZf!u'fnCPA,

wobei Cn und Llcu im Mittelkreis sogleich durch die Durchsatzzahl cP und die Leistungszahl A an dieser Stelle ausgedriickt sind. Mit nDmlzs = tm, die Teilung im Mittelkreis, folgt also

16.3(16)

Diese Gleichung gilt unter Repetierverhaltnissen, die wir voraussetzen, auch fUr das Leit­rad. We iter ist die z-Komponente des Momentes fUr Leit- und Laufrad

16.3(17)

Zudem wird davon Gebrauch gemacht, daB unter den gegebenen Voraussetzungen in roibungsfreier Naherung, die hier geniigt, die Richtung der Schaufelkraft senkrecht steht auf der geometrischen Mittelgeschwindigkeit, im FaIle des Laufrades also auf woo, wie in Abb. 16.3.3 am Beispiel des Axialverdichters gezeigt. Die Axialkomponente dA in einem Stufenelement ist also

Tdr dA =-Z-cot /300- 16.3(18)

Daraus ergibt sich sogleich auch durch Integration das Moment JJlu an der Einspann­stelle. Nachfolgend wird nun stets links die Gleichung fiir das Leitrad (Zeichen ') rechts die fUr das Laufrad (Zeichen tt) angegeben:

, T 's Mu = T J (rs - 1') cot CX oo dr,

TN

Page 13: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

218 16 Festigkeit der Schaufelungen

Wenn man hier Taus Gl. 16.3(16) entnimmt und setzt r = yrN' rs = YrN, folgt

" 2Mzrir y " 2Mzrir y Mu= 12 !(Y-y)cotcxoody, Mu = 12 !(y-1)cotpoody. 16.3(19)

1 1

dA dS dA dS

'tP-~--Tdr

TVZ

Abb. 16.3.3. Tangentiale, axiale und resultierende LImy Llmu Kriifte in einem Schaufelschnitt eines Axialverdichters 2 2

Da nun der Winkel p, den der gesamte Momentvektor mit der Drehachsenrichtung bildet gegeben ist durch tan p = MulMz, findet man aus 16.3(19)

tan p' = (Y ~ 1)2/ (Y - y) cot Poo dy, tan p" = (Y ~ 1)2/ (y - 1) cot Poo dy.

16.3(20)

Anstatt des Betrages des Momentvektors selbst, geben wir sogleich die in 16.3(9) auf­tretende GroBe p' - M' Is~, p" = M" 1st an. Mit 16.3(16) und (17) wird sie

16.3(21)

Damit wird schlieBlich nach 16.3(9)

( ' ') _ ' [X; cos y' _ x; sin y,] (jb Xl, X2 - P k' k"

JI J2

( "") " [X~' cos y" X;' sin y"] (jb Xl ,X2 = P k" - k" . ,

JI J2

16.3(22)

womit die Biegespannungen in den Einspannquerschnitten der Leit- und Laufschaufeln gefunden sind. Beachtet man, daB die SehnenHingen und Teilungen umgekehrt proportional den Schaufelzahlen sind, so werden die p proportional dem Quadrat der Schaufelzahlen,

z

kIT =3,39-10-3 klZ = 1'1,6 '10-3 kW1= k1tlx 1=0,0110 kwz=kIZ/XZ= 0,02'18 kf = 0,25'1

Abb. 16.3.4. Turbinen-Laufschaufelprofil fUr kleinen Reaktionsgrad mit zugeh5rigen Daten

kJ' kw, kf

Page 14: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.4 Ruckwirkung der Fliehkraft der freistehenden Schaufel durch Stromungskrafte 219

womit sich das friihere Ergebnis bestatigt. In einfachster Naherung kann - VOl' aHem bei kurzen Schaufeln - gesetzt werden fJ' ~ 90 0 - ()(.001n> fJu ~ 90 0 - fJoom, wo ()(.oom, fJoom die Winkel im Mittelkreis sind.

Werte del' k" kJl' kJ2 fUr typische Turbinenprofile und fUr Axialverdichter - Doppel­kreisbogenprofile fUr eine systematische Variation del' geometrischen Parameter zeigen Abb.16.3.4-7.

2

kIt = 0,90'1.,0-3 k12= 7,90.,0-3 KW1= kl1 /X, = 3,97.,0-3 KW2=kI2/xg=12,'1'1·'0-3 kf =0,150

A

Abb. 16.3.5. Turbinenschaufelprofil (z. B. t!t..erdruck­turbine) mit zugehi:irigen Daten kJ' kw, kf

Abb. 16.3.6. Flaches Turbinenschaufelprofil (z. B. Laufradspitze) mit zugehorige Daten, kJ' kw, kf

1,0 I---t----j------j-----l 'IO-¥

f----+-----+---+-j-3

2

-"" ~= -..:::::::::, '" 1

r '~~_ S 11_ I--t---- S t-rJ .... ,/-1--

2 / --

I 1---,--

t-- 8/S

--j-- .-j--

I-- l- V ~~ ~ ~ 1-.-

~ 1--- - 1- ~"'~~ -

1--- 2~ V

1 ~o,o.

~ V ~ ~ Y

,/

Y /"'

" kr" ~ ~ """v ;/ '" l- e-

r--- -

o

v V V V

I--~ [,0° V V ~~Oo V /" Vv 0° ~/ V L V

f\:x V 0° V / ~ y G-

/" ~,,~

~ ~ .d-~ -r

-/ I ~-

r---~ -t-I - --,--

0,10

0,08

1 o,oe~

0,0'1

aDZ

aoe 0,08 aiD d/s-

(},12 0,0'1- o,oe 0,08 0,10 ri/s-

0,12

Ab b. 16.3.7. Charakteristische Werte fUr Festigkeitsrechnungen bei Doppelkreisbogenprofilen. N ach Beglinger [9]

16.4 Riickwirkung der Fliehkraft auf die Beanspruchung der freistehenden Schaufel durch Stromungskrafte

1m vorhergehenden Abschnitt wurde angenommen, die Schaufel verbiege sich unter dem EinfluB del' Stromungskrafte so wenig, daB dadurch keine Riickwirkung auf die Beanspruchungsverhaltnisse entstehe. Das ist abel' bei Laufschaufeln, die einem starken

Page 15: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

220 16 Festigkeit der Schaufelungen

Fliehkraftfeld unterworfen sind, nicht ohne weiteres immer der Fall. Abb. 16.4.1 moge eine Laufschaufel im ausgebogenen Zustand veranschaulichen. Dabei sei vorerst ange­nommen, daB die Ausbiegung in einer achsnormalen Ebene erfolge. Ein im Radius r = rN + x gelegenes Schaufelelement von der Lange dx und dem Querschnitt f erfahrt eine Fliehkraft von der GroBe

roo2 dm = (rN + x) oo2(d dx.

Da ihre Angriffslinie nicht durch den Schwerpunkt des Wurzelprofils geht, sondern einen Abstand y* von diesem hat (Abb. 16.4.1), entsteht im Wurzelquerschnitt ein Biege­moment von der GroBe

dM = y*(rN + x) oo2ef dx.

Dieses steht offenbar dem von den Stromungskraften herriihrenden Moment entgegen und bewirkt somit eine Verminderung der Biegespannungen.

Abb. 16.4.1. Riickwirkung der Fliehkrafte auf die Biegebeanspruchung einer Laufschaufel

An sich ist die elastische Linie der Schaufel im allegmeinen sogar eine raumliche Kurve. Man hat also zwei Ebenen senkrecht zu den Haupttragheitsachsen des Profils der Schaufel­wurzel zu legen und die Projektionen der elastischen Linie auf diese beiden Ebenen zu betrachten. Die Konfiguration Abb. 16.4.1 ist als eine solche Projektion aufzufasen. Die betreffende Haupttragheitsachse verlauft hier parallel zur Drehachse. Da die Fliehkraft immer langs eines Radius angreift, wird dann y* = yrN!(rN + x) und somit

dM = yrNoo2ef dx.

Wiirde umgekehrt die Haupttragheitsachse senkrecht zur Richtung der Drehachse stehen, so daB die Ebene eine Meridianebene ware, so ware offenbar y* = y und somit

dM = y(rN + x)oo2ef dx.

Daraus folgt, daB fur eine Haupttragheitsachse, die mit der Richtung der Drehachse den Winkel f3 bildet,

dM = y[rN + x(l - cos f3)] oo2ef dx

gilt .. Es sei M 0 das der betreffenden Haupttragheitsachse zugeordnete Biegemoment an der Schaufelwurzel, wie es sich aus den Untersuchungen des vorhergehenden Abschnittes ergibt. Dann ist das tatsachlich auftretende Moment offenbar

1

M = Mo - eoo2 J y [rN + x(l- cos f3)]fdx. o

16.4(1)

Page 16: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.4 Riickwirkung der Fliehkraft der freistehenden Schaufel durch S~r6mungskriifte 221

Fiir den Verlauf des Querschnittes Hings x sei vereinfachend ein linearer Ansatz gemacht, namlich

16.4(2)

Zur DurchfUhrung der Integration in Gl. 16.4(1) muB noch die Funktion y(x) bekannt sein, d. h. wir miiBten bereits die elastische Linie unter dem vereinigten EinfluB von Stromungskraften und Fliehkraften kennen. Da dies nicht der Fall ist, ware das korrekte Vorgehen eigentlich folgendes. Unter Verwendung der allgemeinen Gleichung der elasti­schen Linie, die

" M y = JE 16.4(3)

lautet, miiBte von Gl. 16.4(1) aus zur Differentialgleichung fiir y iibergegangen werden [Gl. 16.4(1) ware dabei fUr einen beliebigen, also nicht den Wurzelquerschnitt zu for­mulieren]. Mit der Losung dieser Differentialgleichung ware die Losung unseres Problems gegeben. Diese Untersuchung ist durchgefiihrt bei BiezenojGrammel [4]. Wir begniigen uns statt dessen hier mit einer groben Naherung, auf deren Zulassigkeit wir spater zuriick­kommen. Diese Naherung besteht darin, die elastische Linie durch folgende Gleichung zu beschreiben:,

16.4(4)

wo A eine vorerst unbekannte Konstante ist. Es folgt daraus

16.4(5)

womit man sogleich erkennt, daB der Ansatz 16.4(4) sinnvoll ist. In der Tat ist die Kriim­mung an der Schaufelspitze Null und an der Schaufelwurzel ein Maximum - namlich gleich A - wie es dem tatsachlichen Charakter der elastischen Linie entspricht. Aus dem Vergleich von GIn. 16.4(3) und (5) folgt auch, daB A = MjJE (an der Schaufelwurzel gebildet), weshalb die GIeichung der elastischen Linie genauer

16.4(6)

lautet. Nun konnen GIn. 16.4(2) und (6) eingesetzt werden in Gl. 16.4(1), womit

16.4(7)

Wenn man diese Integration durchfUhrt und aIle GIieder mit dem Faktor M auf die linke Seite nimmt, erhalt man

Mit wrN = ~£N' iN = kts2 , J = kJ s4 und mit Einfiihrung des Schaufellangenverhaltnisses Y = rsjrN = (rN + l)jrN kann Gl. 16.4(8) auch in die folgende Form gebracht werden:

M 1

Mo = 1 +.!:L (!UJv (..£)2 [(Y _ 1) (~ __ ~) + (Y _ 1)2 (~_ 37b) (1 - cos fJ)]· kJ E s 20 9 . 9 420

16.4(9)

Page 17: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

222 16 Festigkeit der Schaufelungen

Die GraBen

K' _ (Y - 1) (~ - ~) 20 9

und K" = (Y _ 1)2 (J:.- _ 37b) 9 420

sind in Abb. 16.4.2 dargestellt.

0,15

~~I-0,15

"<:l~

V / ~ 1/

~,

L V /11

J V ~V

0,10 11 I~~

0,10

V V1 V V V

/ / V ~ Il,

l/ .,.V V ....... 0,05

I I~Y-V L V Ii L

Vi / ~ 0,05

V/ 11/ V ./

V

j~ ~ V 1~ ./ ~

~' V/ '/ / v

~,9-L ~ ~ V V

/,~ V"- i--...-V ~ ~ ~ ~

I~ ~ ~ ~ ~ r--I-""" ~

0 1 1,2 1,'1 1,6 1,8 2,0 0 1 1,2 1/1 1,6 1,8 2,0 y- y-

Abb.16.4.2. Die Gro13en K' und K" in Funktion des Schaufellangenverhaltnisses Y

Damit ist nun die Berechnung der Biegungsspannungen unter Berucksichtigung des Fliehkrafteinflusses in folgender Weise maglich. Nach Gl. 16.3(9) kann die Spannung abO

in irgendeinem Punkte Xv X 2 des FuBprofils [Xi sind dimensionslose Werte gemaB Glei­chung 16.3(8)] ohne FliehkrafteinfluB berechnet werden aus

X 2 siny o'b20 = -fk k '

J2

16.4(10)

16.4(11)

wobei fk = 1110183. Hier deutet Index 0 an, daB ohne FliehkrafteinfluB gerechnet ist. Mit diesem wird nach del' oben durchgefiihrten Untersuchung

16.4(12)

1 16.4(13)

Xi = 1 + :;i (+ret [K' + K" (1 - cos 1'1)]'

Die kJi (i = 1, 2) sind dabei fiir den Wurzelquerschnitt zu nehmen, fiir welchen auch 8

einzusetzen ist. Meistens ist fur die Achse mit dem graBeren Tragheitsmoment praktisch XR::!1.

Die Vel'minderung der Biegespannungen wird noch ausgespl'ochener, wenn die Schau­fel an ihl'er Spitze eine Deckplatte tragt (del' Fall des Deckbandes, das eine Versteifung bewirkt, ist nicht Gegenstand dieses Abschnittes). Es sei t die Teilung im Spitzenradius. Del' Quel'schnitt der Deckplatte sei das c-fache des Wurzelquerschnittes iN' Dann ist die Fliehkraft del' Deckplatte

Page 18: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.4 Riickwirkung der Fliehkraft der freistehenden Schaufel durch Stromungskrafte 223

Die Auslenkung y hat an jener Stelle gemii.B Gl. 16.4(6) den Wert

5 M12 12 JE'

Daher wird der maBgebende Hebelarm nach derselben Uberlegung wie oben

5 Ml2 1 + Y(l - cos (J) 12 JE 1 + Y

Das Produkt aus Fliehkraft und Hebelarm ist das zusatzliche Moment, das in Gl. 16.4(7) rechts noch abzuziehen ist.

Die weitere Uberlegung ist dieselbe wie oben und liefert an Stelle der Gl. 16.4(13) die Beziehung

1 16.4(14)

Xi = 1 + ~i (+fe;ir [K' + K" (1 _ cos (J) + 5n~zY2 1 + ~(~ -Ycos (J)]'

wo z die Schaufelzahl ist. Es bleibt noch zu iiberpriifen, ob die mit Gl. 16.4(6) ausgesprochene vereinfachende

Annahme iiber den Verlauf der elastischen Linie die zu fordernde Genauigkeit sichert. Die Gestalt der elastischen Linie auBert sich in der Funktion K' und K". Daher wurde vergleichsweise auch eine von Gl. 16.4(6) abweichende Annahme getroffen, namlich

16.4(15)

d.h. ein parabolischer Verlauf, bei dem die Kriimmung praktisch den konstanten Betrag y" = MjJE hat. Diese Annaherung ist offenbar sehr grob, denn an der Schaufelspitze miiBte richtigerweise y" auf Null zuriickgehen. Wenn man diese sicher sehr schlechte Annahme zugrunde legt anstatt Gl. 16.4(6), so erhalt man fiir die in Gl. 16.4(13) in eckiger Klammer geschriebene GroBe Werte, die in praktischen Fallen etwa zwischen 10 und 20% von denen abweichen, die nach Gl. 16.4(6) erhalten werden. Die Abweichung der Xi wird damit noch etwas kleiner. Wenn wir nun annehmen, daB die Xi nach unserer Methode gegebenenfalls nur auf 25% genau werden, - ein so groBer Fehler ist von vornherein nur bei Xi <;{ 1 denkbar - so haben wir die moglichen Fehler, die von der Abweichung der wirklichen elastischen Linie gegeniiber der nach Gl. 16.4(6) herriihren, sehr reichlich eingeschatzt. Was dies praktisch bedeutet, mogen folgende Beispiele zeigen. Es sind in der ZahlentafeI16.4.1 fUr einige Laufschaufeln angegeben die reinen Zugspannungen durch Fliehkraft (JzN, die Biegungsspannung (JbO ohne Korrektur, die gemaB der vorlie­genden Methode korl'igierte Biegespannung (Jb' der Unterschied L/(J = (Jb - (JbO und die Summe (J = (JzN + (Jb'

Zahlentafel16.4.1

Dampf- Dampf- Gasturbine Axial-turbine turbine Endstufe verdichter HD-Stufe ND-Stufe 1. Stufe

y 1,2 2,0 1,8 1,8 ulf m/s 100 200 200 180 Us m/s 120 400 360 324 (JzN N/mm2 17,3 275 220 207 (Jbo N/mm2 41,0 66 74,0 202,5 (Jb N/mm2 40,9 41 50,7 65,0 L1(J N/mm2 0,1 25 23,3 137,5 (J N/mm2 58,2 316 270,7 272,0

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224 16 Festigkeit del' Schaufelungen

Wie man aus diesel' Gegenuberstellung erkennt, wiTd L/() hier nur beim Axialverdichter derart groB, daB ein betrachtlicher Fehler im Endergebnis () maglich ware. Diesel' Sach­verhalt ist nicht zufallig, sondel'll er ist fUr lange Axialverdichterschaufeln typisch. Del' Grund dafur ist die schwache Krummung del' Schaufelprofile, die den Quotienten k;/kJ, del' in Gl. 16.4(13) im Nenner erscheint, weit graBer werden laBt als bei Turbinenschaufe­lungen. Namentlich wird auch del' in Gl. 16.4(11) auftretende Quotient xjlcJ fUr die Achse mit dem kleinen lcJ ausnehmend groB. - Gesetzt nun del' Fall, ()b sei fUr die oben auf­gefuhrte Axialverdichterschaufel in Wirklichkeit 25% graBer als nach del' Rechnung. Es ware dann ()b = 81,2, L/() = 121,3, () = 288,2. Das resultierende () ware also 6% graDer als nach del' Rechnung. Das ist ein Fehler, wie er gerade bei Schaufeln selbst durch Her­stellungstoleranzen zustandekommen kaIlIl. Auch in diesem FaIle durfte also das verein­fachte Verfahren noch durchaus genugen.

16.5 Beanspruchung des Schaufelpaketes durch Stromungskrafte

Sobald eine feste Querverbindung zwischen zwei odeI' mehreren Schaufeln besteht, bilden sie ein Schaufelpaket. Das mechanische Verhalten einer Schaufel innerhalb eines Paketes ist ein anderes als fur die betreffende freistehende Schaufel. Dies gilt zwar nicht fUr die reine Zugbeanspruchung, wohl abel' fUr die Biegebeanspruchung, sobald die Quer­verbindung eine nennenswerte Biegesteifigkeit aufweist. Wenn die Schaufeln nicht ver­dreht sind, die Richtungen del' Haupttragheitsachsen also yom Radius unabhangig sind, ist eine naherungsweise Behandlung des Problems nach BiezenojGrammel [4] maglich.

Abb. 16.5.1 zeigt zwei Schaufeln und das sie verbindende Deckband in deformiertem Zustand. Man erkennt daraus sogleich die eigentliche grundlegende Schwierigkeit des Problems. Damit die Lasung mit angemessenem Rechenaufwand maglich sei, muB das Deckband als eingespannter gebogener Balken behandelt werden, wahrend es in Wirklich­keit ein plattenfarmiger Karper ist, del' sich in auBerst komplizierter Weise verformt. Man beachte besonders, wie kompliziert die Randbedingungen infolge del' Gestalt des Schaufel­profils sind. Dazu ist noch zu bemerken, daB die Einspannung am Ubergang in die Schaufel keine vollkommene ist, da ja auch das Schaufelende eine gewisse Nachgiebigkeit besitzt. Wie in Abb. 16.5.1 gezeigt wird, grenzen wir yom Deckband einen Bereich ab durch die parallel zur Haupttragheitsachse 1 verlaufenden gestrichelten Geraden. Das zwischen die­sen verbleibende Band von del' senkrecht zur Achse 1 gemessenen Breite l* betrachten wir als gebogenen Balken. Wie diese Breite etwa zu wahlen ist, zeigt Abb. 16.5.1 fur den Fall des mit del' Schaufel "verwachsenen" Deckbandes, wahrend Abb. 16.5.2 veranschau­licht, wie die Annahme z.B. fur ein vel'llietetes Deckband getroffen werden kannte. Wesentlich ist hierbei gerade auch die Annahme, daB del' Einspannquerschnitt des Bal­kens parallel zur einen Haupttragheitsachse gelegt werden durfe.

Das in diesel' vereinfachten Form gegebene Problem ist statisch unbestimmt. Del' wesentliche Schritt bei seiner Lasung ist die Bestimmung des Momentes JJl', welches yom Deckband auf die Schaufel ausgeiibt wird. Fur die Einzelheiten del' Uberlegung verweisen wir auf das genannte Werk von Biezeno und Grarmnel [4] und geben sogleich das dort zu findende Ergebnis fli.!' M' an:

M' 16.5(1) 1*3 J'E' . 112 + 12,11 J 10E cos (3

Hierin bedeuten: (3 der Winkel (Abb. 16.5.1), J 10E die Biegesteifigkeit del' Schaufel an der Stelle ihrer Einspannung (Nabe bei Laufschaufel, Gehause bei Leitschaufel), J'E' die

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16.5 Beanspruchung des Schaufelpaketes durch Stl'omungskriifte 225

Biegesteifigkeit des Deekbandesl, q10 die senkreeht zul' Haupttl'agheitsaehse 1 einwil'kende Stl'omungskraft je Langeneinheit del' Sehaufel, und zwal' an ihl'el' Einspannstelle, Xl ein Faktol', del' die Vel'anderliehkeit del' Belastung q1 und des Tl'agheitsmomentes J 1 langs del' Sehaufel bel'ueksiehtigt und Al ein Faktol', del' nul' del' Variation von J 1 Reehnung tragt. Fur zylindrisehe Sehaufeln und q1 = Q10 = eonst wird Xl = Al = 1. Die Annahme eines konstanten q1 ist bei diesel' Untersuehung wohl immer zuIassig, womit dann aueh Xl

nul' noeh dureh die Veranderliehkeit von J 1 gegeben ist. Trotzdem sind aueh dann noeh im allgemeinen Xl und Al versehieden. xl vel'gleieht die Neigung am freien Ende eines einseitig eingespannten und dureh eine stetig verteilte Last gebogenen Stabes mit der­jenigen Neigung, die ein Stab konstanten Quersehnitts bei konstanter Belastung Q10 auf­weisen wurde. Al hingegen vergleieht die Neigung am freien Ende eines einseitig einge­spannten Stabes, del' an dies em Ende dureh ein Biegemoment beansprueht ist mit del' entspreehenden Neigung des Stabes mit konstantem J 1 .

1

\ \

2

\ \

\ \ ~

Abb. 16.5.1. Durch die Verbiegung der Schaufel bedingte Verformung des Deckbandes. Waren die Schaufeln bezuglich der Haupttragheits­achse 2 vollig steif, so ergabe sich die Deckband-

verformung gemaB gestrichelter Eintragung

2

Abb. 16.0.2. Festlegung von l* Hir angenietetes Deckband

Urn die Bereehnung zu erleiehtel'n, kann man vel'einfaehend setzen

-----.!..l!L­l+a X

l

16.5(2)

Dureh geeignete Wahl des Parameters a laBt sieh mindestens in vielen Fallen del' tatsaeh­liehe Verlauf von J 1 langs del' Sehaufel hinreiehend genau annahern. Mit a = 0 ist damit zugleieh del' Fall unveranderliehen Quel'sehnittes umfaBt. Wenn Q1 = eonst gesetzt wird, ist leieht aufzufinden, daB mit dem Ansatz Gl. 16.5(2)

erhalten werden.

a Xl = 1 +4' 16.5(3)

1 J' ist in der iiblichell Weise fUr den Schllitt senkrecht zum Deckband einzllsetzen, nicht etwa parallel zur Achse 1.

Page 21: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

226 16 Festigkeit der Schaufelungen

Nun ist mit q1 = Q10 = const

16.5(4}

das Biegemoment um die Tragheitsachse 1, welches der Schaufelwurzelquerschnitt bei frei endigender Schaufel erhalten wiirde. Demnach kann man fiir GI. 16.5(1} auch setzen

J'E' 2"1 J E cos {J

M ' 10 M = 1*3 J'E' 1f'

F + 12A1J ECOS {J 10

16.5(5}

Fiir eine nicht am Ende des Paketes stehende Schaufel ist aber das tatsachliche Moment im Wurzelquerschnitt

16.5(6}

Der Faktor 2 vor M' riihrt daher, daB auf beiden Seiten der Schaufel ein Deckbandstiick vorhanden ist, welches das Moment M' ausiibt. Wenn hier M' noch durch GI. 16.5(5} ausgedriickt und dabei der Faktor vor M1f noch etwas iibersichtlicher geschrieben wird, folgt

M1 = 1 - J 1oE1*3 1 M 1f · 16.5(7} [ 4"1] J'E'lt2 cos {J + 12A1

Dies gilt, wie oben bemerkt, fiir eine nicht am Ende des Paketes stehende Schaufel, weil nur dort in GI. 16.5(6} der Faktor 2 auftritt. Daraus ist gelegentlich der SchluB gezogen worden, fiir die Endschaufeln des Paketes sei der Faktor 2 wegzulassen. Dies ist aber ein Irrtum, wie man aus folgender Uberlegung erkennt. Wiirde an der Endschaufel wirk­lich nur das Gegenmoment M' auftreten, so wiirde sie sich entsprechend starker ver­biegen, vgl. gestrichelte Eintragung in Abb. 16.5.3. Das Deckband verhindert dies aber, und es entstehen in ihm Langsspannungen, derart, daB die Spitze der letzten Schaufel wieder den Abstand t von der nachstfolgenden einnimmt. Ein aus einer groBeren Anzahl Schaufeln bestehendes Paket zwingt daher den Endschaufeln annahernd dieselbe Ver­formung auf, wie sie die zwischenliegenden Schaufeln erleiden, weshalb GI. 16.5(7} prak­tisch auch fUr die Endschaufeln gilt. Dies trifft allerdings um so weniger zu, je kleiner die Schaufelzahl des Paketes ist und wird im Grenzfall, wo nul' zwei Schaufeln miteinander verbunden sind (die heute oft verwendeten "Schaufelzwillinge"), vollig falsch. Dann fallt in GI. 16.5(6) der Faktor 2 tatsachlich weg, aber auch schon GI. 16.5(1) ist dann so zu andern, daB der Faktor 12 im Nenner durch 6 zu ersetzen ist. Fiir Schaufelzwillinge tritt also an die Stelle von 01. 16.5(7) die Beziehung

Abb. 16.5.3. Verformungszustand eines Schaufelpaketes

16.5(8)

Page 22: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.5 BeanspruchulIg des Schau£elpeaktes durch StromungskrMte 227

Damit ergibt sich nun das folgende einfache Verfahren zur Berechnung del' Biegungs­spannungen im Wurzelprofil bei Schaufelpaketen. GemaB Abschn. 16.3 erhalt man die Biegungsspannung in einem Punkt Xv x 2 (dimensionslose Koordinaten nach Gl. 16.3(8)) des Wurzelprofils einer freien Schaufel durch Addition del' beiden Spannungen

Xl cos Y O'bl/ = fl k '

JI

x2 sin Y O'b2/ = -fl k

J2

1st ein Deckband vorhanden, so wird die Biegungsspannung

O'b = (1 - 0) O'bl/ + db2/,

wobei fiir ein Paket aus einer groBeren Anzahl Schaufeln

o 4XI = J l*3 1 '

J~lt2 cos fJ + 12}'1

16.5(9)

16.5(10)

16.5(11)

wahrend dann, wenn nul' je zwei Schaufeln durch ein Deckband verbunden werden

o 2XI - J lol*3 1 .

J'lt2 cos fJ + 6AI

16.5(12)

Xl und Al konnen meist hinreichend genau nach Gl. 16.5(3) bestimmt werden. In Gl. 16.5(10) ist ferner angenommen, daB die Biegung urn die Tragheitsachse 2 yom

Deckband nicht beeinfluBt werde, was berechtigt ist, da die Steifigkeit del' Schaufel selbst in diesel' Richtung sehr viel groBer ist. Werden z. B. nur dreiSchaufeln zusammengebunden, so ist an sich wedel' Gl. 16.5(11) noch Gl. 16.5(12) anwendbar. In diesem FaIle kann man sich folgendermaBen helfen. Es sei zp die Schaufelzahl des Paketes. Dann tragt man gemaB Abb. 16.5.4 die GroBe 0 auf, namlich 0 = 0 fiir die freie Schaufel (zp = 1), 0 nach Gl. 16.5(12) fUr l/zp = 0,5 und 0 nach Gl. 16.5(11) fi.ir l/zp = 1/00 = O. Mit del' so erhal­tenen Kurve laBt sich fUr jedes zp del' O-Wert angenahert angeben.

Abb.16.5.4. Bestimmung des C-Wertes fllr ein Schaufelpaket mit zp Schaufeln

c

o 0,5 . 1 1/Zp

Interessant ist auch del' Grenzfall des vollig steifen Deckbandes, fiir welchen nach Gl. 16.5(11) und (12) iibereinstimmend 0 = xI/3AI gefunden wird. Da fiir verjiingte Schaufeln stets Xl < AI' erreicht 0 offenbar den absolut groBtmoglichen Wert 1/3 fiir die zylindrische Schaufel mit stan'em Deckband. Es ist in dies em Grenzfall

16.5(13)

Die mogliche Herabsetzung del' statischen Biegungsspannungen durch Deckbander bleibt daher praktisch immer relativ gering.

Nicht zu, iibersehen ist anderseits die Beanspruchung des Deckbandes selbst und del' Verbindung zwischen Schaufel und Deckband, die durch das Biegemoment M' gegeben ist. 1m Deckband entsteht damit eine Biegungsspannung

, M' O'bd =cx; lVa' 16.5(14)

Page 23: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

228 16 Festigkeit del' Schaufelungen

wo Wd das Widerstandsmoment des Deckbandes ist. Weiter ist lX ein allfalliger Formfaktor, der von der geometrischen Gestalt der Verbindung zwischen Deckband und Schaufel ab­hangt. Hier laBt sich M' vermi::ige G1. 16.5(5) durch MI! ausdriicken und dieses wiederum durch UbI!, worauf G1. 16.5(14) iibergeht in

16.5(15)

Dabei ist C* = C 12 fUr das Paket mit vielen Schaufeln und C* = C fUr Schaufelzwillinge; a 1 ist der Abstand des Punktes, in dem UbI! auf tritt, von der Haupttragheitsachse 1. Der ganze Ausdruck C*JIOIWdai hangt offensichtlich nur von der geometrischen Gestalt der Anordnung ab und nicht von den absoluten Abmessungen. Das so bestimmte U~d ist dem Udb zu iiberlagern, das von der Fliehkraftbeanspruchung herriihrt.

Wahrend die Ubertragung des Momentes M' bzw. 2M' durch das Spitzenprofil der Schaufel im allgemeinen keine Schwierigkeiten bereitet, ki::innen an Nietverbindungen auBerordentlich hohe Spannungen entstehen. Sie lassen sich in gleicher Weise berechnen wie die Biegebeanspruchungen im Deckband, d. h. es ist

CJlO Ubv = lX -w UbI!'

val 16.5(16)

Hier ist wieder lX der betreffende Formfaktor, der die Spannungskonzentration beriick­sichtigt und Wv das Widerstandsmoment des Verbindungselementes, also z. B. dasjenige des Nietschaftes oder bei Vorhandensein mehrerer Nieten das gesamte Widerstands­moment aller ihrer Querschnitte. Zu diesem ubv ist noch die reine Zugspannung zu addieren, die durch die Fliehkraft des Deckbandes gegeben ist. Der Kriimmungsradius r am Uber­gang des Nietschaftes in das Schaufelblatt (vg1. Abb. 16.5.5) sollte allermindestens 10% des Durchmessers d des Schaftes sein, wobei lX die Gri::iBenordnung 1,6 hat; besser ist ein wesentlich gri::iBerer Kriimmungsradius (rid = 0,25 gibt lX ::::::; 1,3). - Eigentlich gilt G1. 16.5(16) nur, wenn zwischen Deckband und Schaufelende ein kleiner Spalt besteht, denn nur dann muB der Nietschaftquerschnitt das ganze Biegemoment iibertragen. Es kann aber jederzeit durch herstellungsbedingte Ungenauigkeiten eine solche Konfiguration ent­stehen, weshalb vorsichtigerweise nach G1. 16.5(16) zu rechnen ist. Die Nietverbindung zwischen Schaufel und Deckband ist oftmals die eigentliche Schwachstelle der Konstruk­tion, besonders wenn infolge des Nietverfahrens noch eine i::irtliche Verspri::idung des Werk­stoffes auftritt. Dies ist um so gefiihrlicher, als zu der vorerst behandelten rein statischen Beanspruchung noch eine wesentliche Schwingungsbeanspruchung treten kann.

Abb. 16.5.5. Ausl'undung del' Wurzel des Nietschaftes am Deckband

Bei schlanken Laufschaufeln und hohen Umfangsgeschwindigkeiten ist auch im FaIle des Schaufelpaketes die Riickwirkung des Fliehkraftfeldes auf die Verformung und damit den Spannungszustand zu beriicksichtigen. Dies kann in grundsatzlich gleicher Weise geschehen wie in Abschn. 16.4 beschrieben, nur daB ein anderer Ansatz fiir die elastische Linie gemacht werden muB. Diese muB einen Wendepunkt besitzen, da ja das Biege­moment an del' Schaufelspitze dem an del' Schaufelwurzel entgegengesetzt ist. Wir setzen anstelle del' G1. 16.4(6)

j111 (l)2 ( PX) Y = JlOE P 1 - cosT' 16.5(17)

Page 24: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.6 Warmespannungell in Schaufelll 229

Dabei wird in del' Tat

"(0) MI Y =J L1' 10 121

und auBerdem wird das Verhaltnis del' Momente an Schaufelspitze und Schaufelwurzel offenbar richtig, wenn

p = arccos ( - 1 C C), 16.5(18)

und zwar gleichgiiltig, ob es sich urn ein Paket mit vielen odeI' nur mit zwei Schaufeln handelt; man hat nul' das jeweils giiltige C einzusetzen. Ausgehend vom Ansatz Gl. 16.5(17) erhalt man nach einer Rechnung, die derjenigen im vorangegangenen Abschnitt vollig ana­log ist, folgendes:

16.5(19)

Hier sind ablt und ab2t die Biegungsspannungen an del' Schaufelwurzel del' freien Schaufel, ohne Beriicksichtigung del' Fliehkraft, d.h. die Spannungen nach Gl. 16.5(9). C ist zu bestimmen nach Gl. 16.5(11) odeI' (12) und Xl und X2 nach Gl. 16.4(14). 1m FaIle von X2 konnen dabei K' und K" aus Abb. 16.4.2 entnommen werden, wahrend im FaIle von Xl gilt

, y - 1 [ b sin p b . ] K = -- 1 - - - -- - - (1 - cos p - P SIll p) . p2 2 P p2 16.5(20)

[ 1 b 1 - cos p - p sin p b . ] X 2 - 3 + p2 + p3 (3[p2 - 2] cos p + p[p2 - 6] SIll P + 6) .

16.5(21)

1m Grenzfall del' deckbandlosen Schaufel wird C = 0 und somit p = n/2. Dann miiBten die K' und K" eigentlich mit den friiher angegebenen vVerten iibereinstimmen, was natiirlich zufolge del' anderen Struktur del' Gleichung del' elastischen Linie nicht exakt zutrifft, wohl abel' mit auBerordentlich guter Naherung.

Die Biegungsspannungen im Deckband selbst und in del' Verbindung konnen analog zu friiher aus

16.5(22)

berechnet werden. Man beachte, daB die theoretische Behandlung del' Nachgiebigkeit des Deckbandes an sich nur bei f3 = 0 richtig ist und urn so mehr den Charakter einer rohen Naherung annimmt, je groBer f3 wird. Damit hangt es auch zusammen, daB bei den Ent­wicklungen dieses Abschnittes die Biegung in Richtung del' Haupttragheitsachse 2 so behandelt wird, als ob die versteifende Wirkung des Deckbandes nicht bestande. Dies erhalt seine Berechtigung VOl' allem dadurch, daB J 2 stets sehr viel groBer ist als J I • Del' sehr komplizierte Fall des Leitrades del' Kammerturbine, dessen Schaufeln den Zwischen­boden tragen, kann nur nach del' Methode del' finiten Elemente behandelt werden.

16.6 Warmespannungen in Schaufeln

Erhebliche Warmespannungen treten VOl' allem in Gasturbinenschaufeln auf, sei es bei raschen Temperaturanderungen des Gases, die zu transienten ungleichmaBigen Tem­peraturverteilungen iiber die Schaufelprofile fiihren, sei es im Falle del' Schaufelkiihlung. Stets wird man bei del' Bestimmung diesel' Spannungszustande mindestens in einem ersten

Page 25: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

230 16 Festigkeit der Schaufelungen

Schritt den durch die Temperaturverteilung allein hervorgerufenen ela8ti8chen Spannung8-zU8tand bestimmen. Transiente Vorgange erfolgen derart schnell, daB in del' verfiigbaren Zeit sich keine viskoplastischen Vorgange abspielen konnen, wohl abel' erzwungene pla­stische Verformungen CUberschreitung der FlieBgrenze), fiir deren Bestimmung ein elasti­scher Spannungszustand den Ausgangspunkt bildet (vgl. auch unter 15.7). Bei gekiihlten Schaufeln, wo ungleichmaBige Temperaturverteilungen auch stationar erhalten bleiben, setzt ein viskoplastischer Ausgleichvorgang ein, dessen Berechnung sich an die des elasti­schen Zustandes anschlieBt.

Da elastische Spannungszustande iiberlagert werden konnen, mogen nachfolgend die thermisch bedingten Spannungen fiir sich allein betrachtet werden. Dabei wird im Sinne der Theorie des Stabes vorausgesetzt, daB der Spannungszustand eindimensional sei und urspriinglich ebene Querschnitte auch nach der Verformung eben bleiben. Abb. 16.6.1 veranschaulicht das gegebene Schaufelprofil. Das Koordinatensystem x, y hat seinen Ursprung im Schwerpunkt S, kann abel' sonst zunachst beliebig gelegt werden. Die Tem­peratur sei in Funktion von x und y gegeben und sei von del' Koordinate senkrecht zur Bildebene so wenig abhangig, daB die Tempel'aturverteilung in jedem Schaufelschnitt als quasi zweidimensional betrachtet werden darf. Bedeuten dann T die lokale Tempel'atur und To die Temperatur del' kalten Schaufel, so ist die ortliche Dehnung

y f

lJ:-------

T'y

T

e = ~ + J (J(T') dT' . To

16.6(1)

Abb. 16.6.1. Schaufelprofil zur Herleitung der Beziehungen liber die Warmespan­

nungen

Hiel' ist (J del' zwischen To und T laufenden Temperatur T' zugeordnet, E der Tempe­ratur T. Da sich die Schaufelachse unter dem EinfluB del' Temperaturverteilung ver­kriimmen wird, laBt sich setzen

16.6(2)

Hier sind eo die Dehnung in del' Schaufelachse, rx und ry die Kriimmungsradien in Rich­tung x und y, Xx und Xy ihre Kehrwerte. Setzt man dies in 16.6(1) ein, so folgt

a = E [eo + XxX + Xyy - T! (J(T') dT']' 16.6(3)

Da durch die Temperaturverteilung allein keine resultierenden Krafte und Momente im Schaufelschnitt entstehen, ist mit df = dx dy

p - J adf = 0, t

Mx =J aydf =0, f

My J ax df = 0. f

16.6(4)

Page 26: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.6 Wiirmespannungen in Schaufeln 231

Wenn man hier fur (J Gl. 16.6(3) einsetzt, folgt l'

eo J E df + Xx J Ex elf + Xy J Ey elf = J E J (J(T') elT' elf, I I f I 1'0

1

I J

l'

eo J Ey df + Xx J Exy df + Xy J Ey2 df = J Ey J (J(T') dT' elf, I I I I 1'0

l'

eo J Ex elf + Xx J Ex2 elf + Xy J Exy elf = J Ex .r (J(T') dT' elf. ! f I I 1'0

16.6(5)

Da nun Tin jedem Punkt des Profils als bekannt vorausgesetzt ist, kennt man auch das von T abhangige E, womit alle Integralausdrucke in dies em Gleichungssystem berechen­bare Konstanten sind. Mithin lassen sich aus dem Gleichungssystem eo, Xx, Xy berechnen und somit aus 16.6(3) (J in jedem Punkt.

Meist genugt es, fur E und {J konstante Mittelwerte E und (J einzusetzen. Es ist in diesem Falle zweckmaBig, die Koordinatenachsen x und y so zu legen, daB sie mit den Haupttragheitsachsen zusammenfallen. Dann ist

J x df = J y df = J xy df = 0, J y2 df = J x, 16.6(6) I I I j

Die Lasung des Gleichungssystems liefert

{J Xx =7 J (T - To) x elf,

yl Xy = j J (T - To) yelf 16.6(7)

xl

und die Spannungsgleichung lautet

(J = E[eo + Xxx + Xyy - (3(T - To)]· 16.6(8)

Abb. 16.6.2 zeigt das Ergebnis einer solchen Rechnung. 2 Es handelt sich urn die gekuhlte

T

Abb. 16.6.2. Beispiel von transienten Temperatur- und Spannungsverteilungell in eiller gekiihlten Gasturbinell­laufschaufel 6 s nach Ziinden der Brennkammer. Temperatur springt bei Ziindung auf 600°C

2 Diese Unterlagen sind dem Verfasser freundlicherweise von Gebr. Sulzer AG, ·Winterthur, zur Verfiigung gestellt worden.

Page 27: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

232 16 Festigkeit del'Schaufelungen

Laufschaufel einer Gasturbine. Gezeigt sind die Verteilungen von Temperatur und Span­nung 6 s nach dem Zunden der Brennkammer, wobei die Gastemperatur schlagartig auf 600°C springt; anschlieBend steigt die Gastemperatur im Verlauf von 60 s urn weitere 70°C an. Die groBte Spannung ist eine Druckspannung von etwa 3000 bar an der Profil­nase.

Die Verbiegung der Schaufelachse durch die Temperaturverteilung beeinfluBt grund­satzlich auch die fliehkraftbedingte Biegebeanspruchung. Die Auslenkungen ox und oy im Radius r ergeben sich aus

ox = f r / xx(t) dt] ds, TN rN

oy = f r / Xy(t) dt] ds, TN TN

16.6(9)

wobei t der von rN bis slaufende, s der von rN bis r laufende Radius ist. Dementsprechend waren die ~ und 'Y} in Gl. 16.1(16) zu verandern. Dieser EinfluB ist aber in der Regel neben den Warmespannungen vernachlassigbar klein.

Die Vereinfachungen, die dieser Theorie zugrunde liegen, fiihren dazu, daB die Span­nungen eher etwas uberschatzt werden. Bei komplizierten gekuhlten Schaufeln kann die Genauigkeit unbefriedigend werden. Dann muB auf das Verfahren der finiten Elemente zuruckgegriffen werden.

16.7 Viskoplastischer Spannungszustand in Schaufeln

Beim einachsigen viskoplastischen Spannungszustand (Kriechen in hoher Temperatur), wie er hier vorausgesetzt werden moge, ist die Kriechdehnungsgeschwindigkeit 80 nach den Ausfiihrungen unter 15.5 gegeben durch einen Zusammenhang der Art

80 = F(a, T, t). 16.7(1)

Fur den Funktionszusammenhang kann z.B. das Nortonsche Gesetz in der Form 15.5(3) herangezogen werden, doch moge hier die allgemeine Form 16.7(1) beibehalten werden. Da sich die gesamte Dehnung S aus elastischer Dehnung, Warmedehnung und Kriech­dehnung zusammensetzt, ist die Dehnungsgeschwindigkeit gegeben durch

. 1 da dT S = E dt + (3 dt + F(a, T, t). 16.7(2)

Das Verhalten der Schaufel soIl nun wiederum unter den gleichen vereinfachenden Vor­aussetzungen behandelt werden wie in Abschn. 16.6, d. h. es wird von der Theorie des Stabes ausgegangen. Dann kann Gl. 16.6(2) ubernommen und nach der Zeit abgeleitet werden, woraus

8 = 80 + x,"x + x!JY

folgt. Wenn zur Abkurzung geschrieben wird

(/J (3 dd~ + F(a, T, t),

folgt aus 16.7(2) und (3) da E(· . . ffi) dt = So + x",~'r + XyY - 'V •

16.7(3)

16.7(4)

16.7(5)

Die Koordinatenachsen x, Y (Abb. 16.6.1), sollen die Haupttragheitsachsen des Profils sein, so daB die Relationen 16.6(6) gelten, und es soIl vereinfachend E = const gesetzt werden. Die vom betrachteten Schnitt ubertragene Zugkraft (Zentrifugalkraft) Z und die Momente M x, My sind

Z = J adj, t

Mx = J aydj, t

My = J axdf. t

16.7(6)

Page 28: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.7 Viskoplastischer Spannungszustand in Schaufeln 233

Wenn man die erste diesel' Gleichungen nach t ableitet, Gl. 16.7(5) einsetzt und noch die Relationen 16.6(6) beachtet, findet man

So = ) / ifJ df + ;1" Auf dem gleichen Wege erhalt man durch Ableiten del' dritten del' GIn. 16.7(6)

My = E/ (so + xxx + Xyy - ifJ) xdf =E [xxJy - / ifJxdfJ,

16.7(7)

woraus die erste del' beiden nachfolgenden Gleichungen gewonnen wird; die zweite folgt in analoger Weise.

Xx = JJ! ifJx df + ~], Xy = JJ! ifJy df + ~x]. 16.7(8)

Aus 16.7(7) und (8) sind 80, Xx, %y bekannt, wenn man sich Z(t), Mx(t) , My(t) gibt und zudem in jedem Zeitpunkt die Temperaturverteilung im Profil kennt, mithin auch ifJ(x, y). Damit liefert 16.7(5) dajdt. Es ist indessen zu beachten, daB ifJ auch von a abhangt, also erst laufend mit dem Fortschreiten del' Rechnung bestimmt werden kann. Es ist also zur Differenzrechnung uberzugehen, d.h. man schreibt 16.7(5) in del' Form

16.7(9)

Gln.16.7(7)-(9) enthalten das vollstandige Rechenverfahren. Von einem bekannten Spannungszustand in t = 0 ausgehend, berechnet man aus 16.7(7) und (8) So, Xx, ny, als­dann aus 16.7(9) Lla fUr ein gewahltes Zeitintervall LIt. Damit hat man den Spannungs­zllstand in LIt und schreitet von hier aus urn ein neues Zeitintervall fort usw.

Bei einer ersten Inbetriebnahme, bevor also das Kriechen eingesetzt hat, stellt sich zunachst del' elastische Spannungszustand ein, del' dann als Zustand in t = 0 zu betrachten ist, von dem die Rechnung ausgeht. Nun sei am Ende einer erst en Epoche del' Spannungs­zustand a(x, y) erreicht und die Temperaturverteilung sei T(x, y). Dann stellt sich nach Abkuhlung del' Schaufel ein elastischer Restspannungszustand ar(x, y) ein, del' wie folgt zu bestimmen ist. Es sei ae(x, y) del' elastische Spannungszustand, welcher aus del' Tem­peraturverteilung T(x, y) und del' gleichzeitig auftretenden mechanischen Beanspruchung folgt. Dann ist

ar(x, y) = a(x, y) - ae(x, y). 16.7(10)

Wird erneut angefahren, und ist T'(x, y) die Temperaturverteilung, die aufgebracht wird, a;(x, y) die diesel' Temperaturverteilung und del' mechanischen Beanspruchung ent­sprechende elastische Spannungsverteilung, so ist

a'(x, y) = a;(x, y) + ar(x, y) 16.7(11)

del' neue Anfangswert fUr die Berechnung des viskoplastischen Spannungsverlaufes. Die V erhal tnisse werden noch kom plizierter, wenn die Berechn ung des elastischen

Spannungszustandes in t = 0 odeI' del' Restspannung ar auf Spannungsspitzen fUhrt, deren Betrage die FlieBgrenze uberschreiten. Dann tritt plastische Verformung ein. Da es sich dabei normalerweise nur urn eng begrenzte Gebiete handelt (namentlich Austritts­kante), genugt es in del' Regel, diese Spannungsspitzen bei del' FlieBgrenze ap abzu­schneiden und die so entstehenden Spannungsverteilungen als reell zu betrachten. - Er­faBt die Plastifikation groBere Gebiete, so daB durch das einfache Abschneiden del' Span­nungsspitzen die Gleichgewichtsbedingungen fiihlbar gestol't werden, so ist ein neuer elastischer Spannungszustand zu berechnen unter Einfiihrung ideeller zusatzlichel' auBerer Krafte und Momente, die eben diesem Fehlbetrag entspl'echen. Von diesem elastischen Spannungszustand sind erneut die Spannungsspitzen bei Gp abzuschneiden. Dieses Ver­fahren fUhrt iterativ zu einem Spannungszustand, del' mit del' tatsachlichen auBeren Beanspruchung im GIeichgewicht steht.

Page 29: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

234 16 Festigkeit del'Schaufelungen

16.8 Die Gestaltung der Schaufelbefestigung

Gegenstand dieses Abschnittes ist die Befestigung del' Laufscha1Ijel am Rotor. Die Befestigung del' Leitschaufel ist viel weniger beansprucht und stellt daher im allgemeinen keine besonderen Probleme. - Gunstige Verhaltnisse liegen VOl', wenn Laufschaufeln und Rotor ein Stuck bilden, was indessen eine verhaltnismaBig seltene Ausfuhrungsform ist.

Abb. 16.S.1. Laufrad einer Kleingasturbine, Schaufeln und Rad aus einem Stiick gegossen

Kleine Rader werden gelegentlich mit den Schaufeln zusammen in PrazisionsguB her­gestellt (vgl. Abb. 16.8.1). Nicht sehr groBe Laufer mehrstufiger Maschinen lassen sich auch so herstellen, daB die Laufradkanale durch Elektroerosion erzeugt werden, wahrend die freistehenden, mit dem Laufer ein Stuck bildenden Schaufeln einfach zwischen den auserodierten Kanalen stehenbleiben. Gelegentlich werden auch Laufschaufeln auf Schei­ben aufgeschweiBt (Abb. 16.8.2). Bei allen dies en Losungen ist der KraftfluB von del' Schaufel in den Laufer ideal, doch sind sie in der Mehrzahl del' FaIle fertigungstechnisch nicht moglich oder unwirtschaftlich . In der Regel muB daher zur mechanischen Schaufel­befestigung gegriffen werden.

Abb. 16.S.2. Auf Scheibe aufgeschweiJ3te Laufschaufeln

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16.8 Die Gestaltung der Schaufelbefestigung 235

Jede mechanische Befestigung muB einander iibergreifende Bauelemente aufweisen, wie in Abb. 16.8.3 schematisch dargestellt. Aus del' Gegeniiberstellung del' Falle a, b, c geht hervor, daB man mit einem kleineren Werksto££aufwand auskommt, wenn man

a c

Abb. 16.8.3. Schematische Darstellung der mechanischen Schaufelbefestigung mit einandel' ubergreifenden Elementen

mehrere "parallelgeschaltete" Ubertragungselemente vorsieht an stelle eines einzigen (die Darstellung ist rein schematisch zu verstehen und bildet nicht die tatsachliche Konstruk­tion ab, weshalb von Biegemomenten abzusehen ist). Wahrend im Falle a del' tragende Querschnitt 3mal vorzusehen ist, braucht er bei b nul' 2,5mal vorhanden zu sein, wahrend bei c eine weitere Massenreduktion dadurch zustandekommt, daB eine Verjiingung vor­gesehen wird entsprechend dem verminderten KraftfluB. 1m Falle b sind in del' Tat die Querschnitte f' unnotig groB, weil sie nul' die halbe Kraft zu iibertragen haben. Geht man mit del' Aufteilung auf mehrere Ubertragungselemente immer weiter und wendet dabei konsequent die Verjiingung an, so nahert man sich asymptotisch dem minimalen Werksto££aufwand des direkten, nicht umgelenkten Kraftflusses. Bei hohen Umfangs­geschwindigkeiten ist abel' kleine Masse des Befestigungselementes entscheidend, da diese Masse selbst Fliehkraft ausiibt und dadurch den Laufer zusatzlich belastet. Praktisch darf die Anzahl del' tragenden Flachen allerdings nicht zu groB werden, da infolge von Herstellungstoleranzen und gegebenenfalls auch Warmedehnungen nicht alle gleichmaBig tragen; gerade bei einer groBen Zahl von Tragelementen wird dann die Uberlastung des einzelnen groB. Abb. 16.8.4 stellt einige Varianten del' HammeTkopfbefestigung dar. Del' SchaufelfuB wird dabei in einer Umfangsnut gehalten. Form a ist VOl' allem £iiI' Trommel­laufer geeignet, wahrend £iiI' Scheibenrotoren die Form b vorteilhaft ist, die iibergreifende Fortsatze 1 aufweist. Ohne diese wiirde del' Querschnitt 2 eine erhebliche Biegebeanspru­chung erleiden, die abel' vermieden wu'd, wenn durch den Fortsatz 1 das seitliche Aus­weichen des Kranzes verhindert wird. Form c ist ein doppelter Hammerkop££uB, del' aus den oben erlauterten Griinden hohere Beanspruchungen mit besserer 'iVerksto££ausnutzung zu iibertragen gestattet als del' einfache. - Urn den Hammerkopf in die Umfangsnut einfiihren zu konnen, muB an einer Stelle des Umfanges eine O££nung vorgesehen werden. Damit stellt sich das Problem des Schaufelschlosses, d.h. des letzten, dort einzu£iihrenden Stiickes. Eine Losung dieses Problems, die von Escher-Wyss stammt, ist in Abb. 16.8.4d dargestellt. Die Fiillstiicke 1 und 2 werden zunachst nicht eingelegt, so daB die Schaufeln 3, 4 weiter nach links, 6, 6 weiter nach rechts geschoben und die SchloBschaufel 7 ein­gebracht werden konnen. Dann folgt das Zuriickschieben del' Schaufeln 3 bis 6, womit die Schaufe17 "gefangen" ist. Jetzt konnen die Fiillstiicke 1 und 2 eingeschoben und in del' dargestellten Weise verstemmt werden. Schaufe17 wird durch die Schaufeln 4 und 6 getragen, die normal in del' Nut gehalten sind, gleichzeitig abel' noch in die Schaufeln 3

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236 16 Festigkeit der Schaufelullgen

und 6 eingreifen, die so noch zum Tragen herangezogen werden. Totz dieser Verteilung der Kraftubertragung sind die Spannungen in der SchloBpartie naturlich groBer als im ubrigen Teil. Man hat daher auch schon gemaB Abb. 16.8.4e die SchloBpartie so aus­gebildet, daB eine Schaufel weggelassen wurde. Die Stucke 1 und 2 werden dabei durch die beiden benachbarten Schaufeln getragen. Zwischen die beiden Stucke wird der Keil 3 eingetrieben, und durch verstemmen der Stucke 1 und 2 in der gezeigten Weise wird sein Austreten verhindert. Das Weglassen einer Schaufel vermindert aber den Wirkungsgrad und kann infolge der periodischen Storung zu Schwingungsanregung bei den Leitschaufeln fuhren.

e

d

Abb.16.8.4. Beispiele von Schaufelbefestigungen durch Hammerkopf. a) Fiir Trommelrotor; b) fiir Scheiben­rotor; c) Doppelhammerkopf; d) SchaufelschloB; e) SchaufelschloB mit "Zahnliicke"

Bei Trommellaufern ist die sehr einfache SchloBkonstruktion nach Abb. 16.8.5 mog­lich, die bei KWU verwendet wird. Der FuB der SchloBschaufel wird in die SchloBoffnung eingefuhrt, worauf zu beiden Seiten je ein Gewinde eingeschnitten wird, das auf der ganzen Lange teils im SchaufelfuB, teil im Rotor verlauft. Alsdann werden Gewinde­bolzen eingeschraubt, womit die Schaufel gehalten ist. Es ist zu beachten, daB nicht etwa der Querschnitt dieser Schrauben die Schaufel tragt, sondern sie ubertragen auf ihrer ganzen Lange durch Schub die Kraft yom SchaufelfuB auf den Laufer. Die hierfur ver­fugbare Flache ist etwa das Doppelte der tragenden FIankenfIache des Hammerkopf­fuBes.

Zur Ubertragung groBer Fliehkrafte eignet sich der SagezahnJufJ, auch Tannenbaum­JufJ genannt. Abb. 16.8.6 stellt einen solchen dar, der in eine Umfangsnut eingesetzt wird.

Page 32: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.8 Die Gestaltung derSchaufelbe£estigulJg 237

Dabei zeigen die Bilder a den normalen FuB, b und c die SchloBpartie. Zwischen dem FuB 1 und der Ausweitung 2 der Nut sind einzelne schmale beidseitig gezackte Fiillstiicke 3 eingeschoben. Zum Einfiihren dient die schmale Offnung 4, welche die einzige Unter­brechung der Tragrillen darstellt. Die Offnung 4 wird schlieBlich gefiillt durch ein einseitig gezahntes Stiick 0 und einen Fiillkeil6, der verstemmt oder verschweiBt wird.

Abb. 16.8.5. SchaufelschloB bei Trommelturbinen del' KWU

I-'r---TI-J I I I I I

c

Abb.16.8.6. In Umfangsnuten eingesetzter SagezahnfuB und zugehoriges SchaufelschloB

Abb. 16.8.7 stellt eine Schaufelbefestigung von BBC dar, die den Vorteil hat, daB die Umfangsnut keine Unterbrechung aufweist. Es folgen abwechselnd eine Schaufel mit FuB 1 und ein Zwischenstiick 2. Obwohl die Tragrillen keine Unterbrechung aufweisen, gelingt das Einsetzen der Schaufeln durch Drehen, wie in der Abbildung angedeutet. Bei den letzten Schaufeln, ist dies allerdings nur moglich, indem die Zwischenstiicke zunachst weggelassen werden, um geniigend Platz zu schaffen. Diese Zwischenstiicke werden nach­traglich eingesetzt und bestehen zu diesem Zweck aus zwei Teilen 3 und 4, zwischen die ein Keilo eingeschoben wird, der schlie.Blich durch Aufspreizen wie gezeigt gehalten wird.

2

Abb.18.8.7. Schaufelbe£estigung von BBC

Page 33: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

238 16 Festigkeit der Sehaufelungen

- Bei Schaufeln die nur gel'inge Fliehkrafte ausiiben, z. B. Axialvel'dichtel'schaufeln maBigel'Lange, wil'd auch die Lasung gewahlt, die Schaufel indil'ekt dul'ch die Zwischen­stiicke zu tl'agen (vgl. Abb. 16.8.8). Die Schaufel weist an ihl'em untel'en Ende eine Vel'­dickung auf, die unter die Zwischenstiicke greift. - Bei wenig beanspruchten Axial­vel'dichtel'schaufeln kann auch del' einfache SchwalbenschwanzfuB an die Stelle des Hammel'kopffuBes tl'eten.

Bei Maschinen mit Scheibenrotoren wird auch oft die jOeitende Schwnfel verwendet (vgl. Abb.16.8.9). Diese Konstl'uktion wird etwas leichtel' als diejenige mit FiiBen, die in Umfangsnuten eingesetzt sind. Hingegen tritt auch hier das SchloBproblem auf. Es wird in del' Regel so gelOst, daB man die SchloBschaufel dul'ch Bolzen halt, wie in Abb. 16.8.9b dargestellt.

Abb. 16.8.8. Dureh Zwischenstueke getragene Laufsehaufel eines Axialverdiehters (BBC)

a b

Abb. 16.8.~) Abb. 16.8.10

Abb.16.8.9. Reitellde Schaufel (z.B. GE). a) Normale Fu13ausfuhrullg; b) Befestigung der Schlo13schaufel durch Nietung

Abb. 16.8.10. Befestigung einer Laufsehaufel dureh Axialbolzen (.tI'lAN), sog. Steekfu13

Page 34: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

1G.8 Die Gestaltung del' Schaufelbefestigung 239

Eine grundsatzlich andere Art der Schaufelbefestigung ist der SteckfufJ, der in seiner urspriinglichen Form znerst von Rateau angewandt worden ist. 1m Beispiel Abb. 16.8.10 weist der FuB drei Stege auf, und die Scheibe ist entsprechend als Gegenstiick ausgebildet.

Abb. 16.8.11. Endstufenschaufel von 1044 mm Lange einer Turbine von MAN. Befestigung durch Steckfll13, mit neun Stegen und drei Bolzenreihen. "Arkaden", die Querverbindung zwischen den Schaufeln herstellen,

dienen del' Unterdrllckung von Schaufelschwingungen

Es sind zwei Reihen von Bolzen vorgesehen, die den Scheibenrand und die Stege so durch­dringen, daB ihr Querschnitt mehrfach zum Tragen herangezogen wird, im vorliegenden Beispiel 6 mal pro Bolzen, so daB also insgesamt 12 tragende Querschnitte pro Schaufel entstehen. Die Querschnitte der Stege und Scheibenrander sind entsprechend dem Kraft­fluB abgestuft. Ein SchloBproblem gibt es beim SteckfuB offensichtlich nicht. Abb. 16.8.11 zeigt eine Endstufenschaufel mit 1044 mm Blattlange von MAN, die durch einen Steck­fuB mit neun Stegen und drei Bolzenreihen befestigt wird. Del' GrundriB des FuBes bringt es mit sich, daB jeder Bolzen je zwei benachbarte SchaufelfiiBe durchdringt. Pro Schaufel stehen 54 tragende Bolzenquerschnitte zur Verfiigung. Jede Schaufel iibt eine Kraft von 3,59 MN = 366· 103 kp aus (vgl. RiefJ [1]), so daB ein Bolzenquerschnitt im Durchschnitt mit 66,5 . 103 N auf Abscherung beansprucht ist. - Sehr wichtig ist beim SteckfuB, daB durch zweckmaBige Wahl del' Herstellungstoleranzen klare Einspannungsverhaltnisse geschaffen werden. Wird die Einspannung durch Zufalligkeiten der Fertigung beeinfluBt, so ergeben sich Streuungen in den Eigenfrequenzen der Schaufeln,die zu unerwarteten Resonanzen AnlaB geben konnen. Wird aber dies beachtet, so gehort del' SteckfuB zu den hochwertigsten Schaufelbefestigungen, die wir kennen.

Bei den Axialverdichtern del' Flugtriebwerke sind gelegentlich auch gelenkige Schaufel­befestigungen angewandt worden (vgl. Abb. 16.8.12). Das Ziel ist dabei, im FaIle des Auf­tretens von Schaufelschwingungen fiir Dampfung zu sorgen.

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240 16 Festigkeit der Schaufelungen

Sehr hochwertig ist die Schaufelbefestigung durch Axialmden, bei der das SchloB­problem . ebenfalls entfiillt. Bereits de Laval benutzte eine solche Konstruktion, die in Abb. 16.8.13 in zwei Varianten dargestellt ist. Die einfache Form a wird bei den STAL­LAVAL-Gleichdruckturbinen bei maBigen Umfangsgeschwindigkeiten benutzt und ist leichter als Konstruktionen mit Umfangsnuten. Die Form b, die sich fiir hohere Flieh­krafte eignet, wurde friiher weithin fiir hochbeanspruchte einstufige Turbinen (z. B. Turbo­lader) verwendet. Allerdings erwies sich dabei der in der Abbildung angegebene Quer­schnitt 10ft als schwindungsgefahrdet. Deshalb ist die Konstruktion zunehmend durch

a b

Abb. 16.8.12 Abb. 16.8.13

Abb. 16.8.12. Gelenkig befestigte Axialverdichter-Laufschaufel eines Flugtriebwerkes Abb.16.8.13. Lavalbefestigung. a) Einfache Form; b) versetzte Anordnung

Abb. 16.8.14

Abb . 16.8.15 Abb. Hi . . 1 6

Abb. 16.8.14. Axial eingesetzter Sagezahnful3 (Fixierung durch Ringstiicke 1 und eingestemmte Stiicke 2) Abb. 16.8.15. Endstufenschaufeln von BBe mit Sagezahnfiil3en und kreisformig gekrummten Axialnuten

Abb.16.8.16. Schaufelbefestigung bei einer Dampfturbinen-Regelstufe von KWU. Je ein Schaufelzwilling besitzt einen gemeinsamen Sagezahnful3

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16.9 Die Berechnung der Schaufelbefestigung 241

den axial eingesetzten SagezahnfuB (Abb. 16.8.14) verdrangt worden, der insbesondere bei den Gasturbinen zur normalen Schaufelbefestigung geworden ist. Oft bedingt die Gestalt des Schaufelprofils, daB der FuB nicht rein axial eingeschoben werden kann, sondern unter einem gewissen Winkel gegen die Meridianebene. Bei den Endstufen der Dampf­turbinen ist man sogar darauf gefUhrt, einen kreisformigen GrundriB fiir FuB und Nut zu wahlen, wie im Beispiel Abb. 16.8.15. Eine Ausfiihrung einer Regelstufe, bei der je ein Schaufelzwilling einen gemeinsamen FuB besitzt, zeigt Abb. 16.8.16. - Die axiale (oder quasiaxiale) SagezahnfuBbefestigung verlangt eine sehr genaue Fertigung. Vor aHem ist die HersteHung der Nuten (durch Raumen oder Frasen) nicht billig, doch wird diese AusfUhrungsform hochsten Anforderungen gerecht.

16.9 Die Berechnung der Schaufelbefestigung

Wie es im Maschinenbau weithin iiblich war, hat man die Spannungen in den Befesti­gungselementen urspriinglich so zu berechnen versucht, daB man das Problem naherungs­weise auf die Grundaufgaben der elementaren Festigkeitslehre zuriickfiihrte. Damit konnte keine hohe Genauigkeit erreicht werden, so daB entsprechend groBe Sicherheits­faktoren eingerechnet werden muBten. Einen wesentlichen Fortschritt brachte der span­nungsoptische Versuch. Wurde bei solchen Untersuchungen mit einer gewissen Systematik vorgegangen, so konnten fUr typische Konstruktionselemente verlaBliche Grundlagen ge­wonnen werden, vgl. etwa Peterson [5] und Hetenyi [6]. Nur bei einfachen Formen gelang die elastizitatstheoretische Berechnung, vgl. Neuber [7]. Bei der Ubertragung auf ab­weichende Formen war man aber wiederum auf Naherungsiiberlegungen angewiesen. Mit dem Verfahren der finiten Elemente ist in des sen heute grundsatzlich die Moglichkeit gegeben, beliebige Formen nachzurechnen, allerdings oft mit sehr groBem Rechenaufwand. Eine Darstellung dieser Entwicklung gibt Hohn [8]. Nachdem dies die allgemein iibliche Methode geworden ist, konnen wir uns hier damit begniigen, Unterlagen iiber den Hammer­kopffuB anzugeben, die in strenger und allgemeiner Form aus spannungsoptischen Ver­suchen gewonnen werden konnten, vgl. [5] und [6].

Abb. 16.9.1 zeigt ein typisches spannungsoptisches Bild eines HammerkopffuBes. Die hochste Spannung o'max tritt naturgemaB auf in del' Ausrundung, d. h. im Punkt A bei del' Darstellung nach Abb. 16.9.2. Diese Abbildung gibt auch die nachfolgend benutzten Bezeichnungen. Es sei t die Teilung im Radius der Auflageflache. Dann sind Mittelspan­nung (j und Maximalspannung o'max gegeben durch

P o'max = IXa' = IX -. at

Abb. 16.9.1. Spannungsoptisches Bild der Spannungsverteilung in einem Hammerkopf

16.9(1)

Page 37: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

242 16 Festigkeit del' Schaufelungen

Del' Formfaktor IX ist del' Abb.16.9.3 zu entnehmen, welche die in [5] gegebene Zusammen­fassung von [6] auszugsweise wiedergibt. Beim Vergleich mit del' Originalliteratur ist zu beachten, daB dort die Abszisse mit del' Gesamtbreite des FuBes gebildet ist, also in del' Bezeichnungsweise del' Abb. 16.9.3 mit del' GroBe B + 2d. Bei den Versuchen von Hetenyi war d = c, was abel' in praktischen Anwendungen nicht ohne weiteres del' Fall ist. Des­halb wurde als zweckmiiBig erachtet, Bja als Abszisse anzugeben. Das impliziert die An­nahme, daB FiiBe, die in allen Abmessungen bis auf d miteinander iibereinstimmen, mechanisch gleichwertig seien. In dem engen Bereich, in dem d praktisch variieren kann, trifft das mit groBer Genauigkeit zu.

f~ d d I-b c

P I

1 1 j IP

C B c-N 0 h 0' r

o Abb. 16.9.2. Zul' Spannungsberechnung in Hammel'kopffiiBen

i , I 'I

! ! I I i I i r I I

7,6 7,8 2,0 2,2 7,/' 7,6 7,8 2,0 2,2 1,/' 7,6 7,8 2,0 2,2 Bla-

Abb.1.6.9.3. Formfaktor ex fiir Hammerkopf in Funktion del' geometrischen Pl'oportionen. Nach [5J und [6J

Naheliegenderweise werden die IX-Werte um so giinstiger, je groBer del' relative Aus­rundungsradius cja. Unter praktisch gegebenen konstruktiven Beschrankungen kann abel' eine VergroBerung von c eine Verkleinerung del' Flankenbreite b notwendig machen, woraus sich die Frage ergibt, welche Flachenpressung dort zugelassen werden kann. Um dies zu beurteilen, mage die ungiinstigste Annahme getroffen werden, daB d = 0 sei. Alsdann werde eine Gleichgewichtsbetrachtung an dem Dreieck BCD durchgefiihrt, das links noch graBer herausgezeichnet ist. Die Seite CD gehort unter del' getroffenen Annahme del' AuBenkontur des Karpel's an. Auf die Seite BC wirkt die Kraft Pj2 ein,

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16.9 Die Berechnung der Schaufelbefestigung 243

wahrend die Seite BD durch die Schubspannungen eine Kraft T und durch die Normal­spannungen eine Kraft N erfahrt. Diese Krafte bilden ein geschlossenes Kraftedreieck, so daB

16.9(2)

1st p die mittlere FHichenpressung auf BC und sind (1n und :r die Mittelwerte der Normal­spannung und der Schubspannung auf BD, deren Betrage offenbar gleich sein mussen, damit sich das Kraftedreieck schlieBt, so gilt

~ = pbt, T = rbt Y2, - - p an =7: =2· 16.9(3)

Man kann daher eine mittlere Vergleichsspannung berechnen nach - ,/-:::2 3 2 -Uv = Y Un + T = P , 16.9(4)

d. h. vollstandige Plastifizierung ware erreicht, wenn p den Betrag der FlieBgrenze Up

hatte. Die wirkliche Geometrie ist wegen d =1= 0 etwas gunstiger, so daB die Bedingung effektiv lautet

_ BD' p < ap-=,

BD 16.9(5)

da die Tragfahigkeit erschopft ist, wenn p den Wert des rechts stehenden Ausdruckes erreicht. Auf diesen letzteren ist also der Sicherheitsfaktor zu beziehen, wenn weder Temperaturbedingungen herrschen, bei denen der Werkstoff kriecht, noch dynamische Beanspruchung vorliegt. In diesen letzteren Fallen ist anstatt Up die entsprechende Grenz­spannung einzusetzen.

Ein Beispiel eines nach dem Vedahren der finiten Elemente berechneten Schaufel­fuBes zeigt Abb. 16.9.4. Es ist die Vergleichsspannung av angegeben und zwar sowohl fUr den FuB selbst als auch fUr die zugehorige Nut.

IJDkp/mm z

Abb.16.9.4. Bestimmung der Spannungen in einem Zweizackenfu13 nach dem Verfahren der finiten Elemente, links Elementeinteilung, rechts Verteilung der Vergleichsspannung av im Fu13 selbst und im Gegenstiick

(1 kpjmm2 = 9,81 Njmm2 )

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244 16 Festigkeit der Schaufelungen

Bei diesen AusfUhrungen ist nur die reine fliehkraftbedingte Zugbeanspruchung des FuBes betrachtet worden. Oft haben aber auch die Biegebeanspruchungen eine wesentliche Bedeutung. Bei ihrer Behandlung ist es zweckmaBig, die Biegebeanspruchung durch Flieh­krafte und durch fluiddynamische Krafte auseinanderzuhalten, weil den letzteren ein zeitlich oszillierender Anteil iiberlagert sein kann, der den Konstruktionsteil in besonders hohem MaBe gefahrdet. Abb. 16.9.5 zeigt zwei Beispiele von auf Biegung beanspruchten FuBquerschnitten; Bild a ist ein in eine Umfangsnut eingesetzter FuB, b ein axial ein­gesetzter SagezahnfuB. Der zu untersuchende Querschnitt liege in einem Radius r*, wie im Beispiel b unten angegeben. 1m allgemeinen haben nicht nur die Haupttragheits­achsen ~', rj' des Schaufelwurzelquerschnittes nicht die gleichen Richtungen wie die Haupt­tragheitsachsen ~", r/' des betrachteten FuBquerschnittes, sondern die Schwerpunkte der beiden Querschnitte liegen auch nicht auf dem gleichen Radius. Vielmehr hat die Projek­tion des Schwerpunktes des Schaufelprofils im Koordinatensystem ~", rj" die Koordinaten all a2 (im Beispiel b sind a1 und a2 negativ), und das System ~", r/' bildet mit dem System ~', r/ den Winkel ft. Die Orientierung des Systems ~", 17" ist gekennzeichnet durch den Winkel 'V gegen die axiale Richtung, der im Fall b Null ist. J~' und J;' sind die den Achsen ~" und 1]" zugeordneten Tragheitsmomente. Beim SteckfuB sind darunter die Tragheits­momente jener Figur zu verstehen, die als Schnittfigur der Stege im Radius r* erscheint und z. B. in Abb. 16.8.11 dargestellt ist.

J/'

1." , 1.' , 1]'

a

Ji 1." ,

1) ,

f2'---t\-::,...p~-+-+---L--.'7"

f2

Abb.16.9.5. Durch Biegung beanspruchte FuBquerschnitte. a) In Umfangsnut eingesetzter FuB; b) axial ein­gesetzter SagezahnfuB

Durch die Zentrifugalkraft entsteht im betrachteten FuBquerschnitt eine Biegebean­spruchung, die einerseits durch die Abstande a1 und a2 bedingt ist, anderseits durch die schon im Schaufelwurzelquerschnitt auftretenden Momente JJI~, M,I' die durch Gl. 16.1(16) gegeben sind, und in die iibrigens auch die allfalligen Beitrage del' Deckplatten mit ein­zuschlieBen sind. Die Fliehkraft im Schaufelwurzelquerschnitt ist azNfN' Somit ergibt sich fUr die beiden von del' Zentrifugalkraft herriihrenden Momente M';l und M';2 in Richtung del' Tragheitsachsen ~" und 1]"

M~'l = a2azNfN + M~ cos ft - MfJ sin ft,

M~~ = -aldzNfN + M~sin ft + MfJ cos ft·

16.9(6)

16.9(7)

Die dadurch in einem beliebigen Punkt ~", 1]" des Querschnittes hervorgerufene Biege­spannung abZ ist unter den Voraussetzungen del' elementaren Balkentheorie

16.9(8)

Page 40: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

16.9 Die Berechnung der Schaufelbefestigung 245

Die durch die flniddynarnischen Krafte bedingten Momente - d. h. ihre Komponenten in Umfangsrichtung und in axialer Richtung - k6nnen aus den GIn. 16.3(2) und (3) berechnet werden, wenn man dort r' durch den Radius r* ersetzt, in dem del' betrachtete Querschnitt liegt. Dabei werden in den Integrandenim Bereiche des FuBes selbst einfach die Geschwin­digkeiten Null, und dort wo sich del' FuB nicht iiber die volle Teilung erstreckt, sind ent­sprechende Reduktionsfaktoren in Gl. 16.3(2) einzusetzen. Aus den so bestimmten Mu(r*) und Mz(r*) erhalt man die fluiddynamischen Momentkomponenten beziiglich ;" und 'Y)":

M;;l = Mir*) cos ')I + M u(r*) sin ')I, M;;2 = Mu(r*) cos ')I - MAr*) sin 'P. 16.9(9)

Damit wiederum ergeben sich die Biegespannungen in ;", 'Y)"

16.9(10)

Diese (JbZ und (JbF wird man nun fiir die gefahrdetsten Punkte del' Kontur des betrachteten FuBquerschnittes bestimmen. Als effektive Spannungsspitzen z. B. in den Ausrundungen von HammerkopffiiBen odeI' SagezahnfiiBen kann man alsdann naherungsweise setzen

(Jmax = IX(a + (JbZ + (JbF) , 16.9(11)

d. h. man nimmt an, daB del' Formfaktor IX fiir die reine Zugspannung und fiir die Biege­spannungen den gleichen Wert habe. Dabei ist IX entweder aus spannungsoptischen Ver­suchen bekannt odeI' laBt sich bestimmen aus einer fiir reinen Zug durchgefiihrten Rech­nung mit finiten Elementen, etwa nach Art des in Abb. 16.9.4 dargestellten Beispiels.

Eine noch etwas genauere Behandlung laBt sich in folgender Weise gewinnen. Man denkt sich vom wirklichen FuB einen schmalen Streifen abgeschnitten, wie durch die Linie s (Abb. 16.9.5b) angedeutet. In diesem wird das Problem als ein ebenes aufgefaBt.

Abb. 16.9.6. Biegespannungsverteilung in Sagezahnfu13

D~--------------~C f.<------ a' -------I

In den gefahrdetsten Punkten A und B (Abb. 16.9.6) liefern die GIn. 16.9(8) und (10) gewisse Spannungen (JbZ und (JbF' Nun denkt man sich in CD Spannungsverteilungen angreifend, derart, daB in AB die Biegemomente entstehen, die dort durch die Spannungs­verteilungen nach 16.9(8) und (10) gegeben sind. Dies sind in CD lineare Spannungs­verteilungen, die in C und D die Spannungswerte

aufweisen. Nach dem Verfahren del' finiten Elemente wird nun die Spannungsverteilung im SagezahnfuB berechnet, die entsteht, wenn in CD ein lineare Spannungsverteilung mit den Spannungswerten ±(Jo in C und D angreift ((Jo ist eine beliebig angenommener Spannungswert). In einem beliebigen Punkt des FuBes entsteht so irgendeine Spannung (JbO, die in den Punkten A und B insbesondere die Werte ±(JbOmax annimmt. Damit er-

Page 41: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

246 16 Festigkeit der Schanfelungen

geben sich in A und B die e£fektiven Biegespannungsspitzen

16.9(12)

Wenn o"z(A) und die Spannung ist, die in A nach der Methode der finiten Elemente durch reinen Zug erhalten wird, also (Xd, so folgt schlieBlich

16.9(13)

Eine solche Untersuchung kann in jedem Schnitt durchgefiihrt werden, der interessieren mag, und die Methode ist gegebenenfalls gemaB der jeweiligen FuBgeometrie abzuwandeln. - Bei der Leitradbefestigung fallt naturgemaB die Fliehkraft weg, und es ist nur die Biegebeanspruchung durch die Stromungskrafte zu betrachten, wobei die GIn. 16.3(4) und (5) der Ausgangspunkt sind.

Auch die genauere Betrachtung, die auf G1. 16.9(13) fUhrt, setzt immer noch ebenen Spannungszustand (oder gegebenenfalls ebenen Verformungszustand) voraus. Die genaue Behandlung des raumlichen Spannungszustandes ist mit finiten Elementen grundsatzlich moglich, fUhrt aber auf einen sehr groBen Rechenaufwand.

16.10 Die Gesamtbeanspruchung

In einem beliebigen Punkt eines Schaufelblattes, eines SchaufelfuBes oder gegebenen­falls einer Deckplatte oder eines Deckbandes treten im allgemeinen die folgenden Span­nungen auf (von denen im Einzelfall einige wegfallen konnen); sie sind stets aufzufassen als e£fektive Spannungen, die also allfallige Formfaktoren schon enthalten wie GIn. 16.9(1), (11) oder (12):

o"z reine zentrifugalkraftbedingte Zugspannung, vg1. Abschn. 16.1, 16.9; o"bZ zentrifugalkraftbedingte Biegespannung, Abschn. 16.1, 16.4, 16.9; o"bF fluiddynamisch bedingte Biegespannung, Abschn. 16.3, 16.5, 16.9; o"T thermisch bedingte Spannung, Abschn. 16.6; 7: fliehkraftbedingte Torsionsspannung (Schubspannung) Abschn. 16.2.

Die gefahrdeten Punkte liegen stets an der Oberflache, wo die Bedingungen eines ein­achsigen Spannungszustandes selbst bei sol chen Bauteilen wie SchaufelfiiBen lokal hin­reichend erfiillt sind. Setzt man nun

16.10(1) so ist gemaB G1. 5.2(1)

16.10(2)

die lokale statische Vergleichsspann1lng. Grundsatzlich kame zu T noch ein durch Stromungs­krafte bedingter Anteil hinzu, der aber in del' Regel sehr klein ist. Hat das Schaufelblatt eine Temperatur, bei der Kriechen auf tritt, so konnen die einzelnen Spannungsanteile nicht mehr getrennt werden, da das Prinzip del' Uberlagerung nicht gilt. Die Rechnung liefert dann direkt 0", vg1. die Ausfiihrungen unter 16.7.

Der statischen Spannung iiberlagert sich ein dynamischer Anteil, der davon herruhrt, daB die fluiddynamischen Krafte zeitlich oszillieren. Fur die so entstehenden Amplituden der Wechselspannungen werde gesetzt

16.10(3)

Hier ist 7:i eine nach einer zweckmaBigen Normierung festgelegte Schubspannung, die den Stromungskraften proportional ist. D ist der "dynamische Faktor" fur Biegebeanspru­chung, D~ derjenige fUr Torsionsbeanspruchung. Diese dynamischen Faktoren werden groB in unmittelbarer Nahe von Resonanzen, vg1. daruber die AusfUhrungen in Kapitel 20.

Page 42: Thermische Turbomaschinen || Festigkeit der Schaufelungen

Literatur zu Kap. 16 247

Mit ,/ 2 + ., 2 a vA = r d A ui A 16.10( 4)

ist dann die Vergleichsspannungsamplitude gegeben. Die Vergleichsspannungen av und dvA sind die U nterlage zur Beurteilung des Spannungs­

zustandes nach den unter 15.8-13 ausgefiihrten Kriterien. Welches die gefahrdetste Stelle ist, laBt sich im allgemeinen nicht a priori sagen. Oft ist es ein Punkt des Profils an der Schaufelwurzel. Es kann aber ebensogut ein weiter auBen liegender Punkt sein, wie im Beispiel Abb. 16.1.2, besonders wenn dort gleichzeitig noch hohe Torsionsbeanspruchungen durch Entwindung auftreten. Auch ein Punkt des SchaufelfuBes kann die Schwachstelle sein. - Die groBte Unsicherheit in der Vorausrechnung des Spannungszustandes in Schaufeln liegt in der Regel in den dynamischen Faktoren, weshalb Schwingungsbriiche an Schaufeln bis heute die haufigste Storungsursache bei Turbomaschinen geblieben sind.

Literatur zu Kap. 16

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