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Mitbestimmungsförderung Information | November 2013 Dr. Henrik Steinhaus und Stephan Kraft Excellence in Change GmbH & Co. KG „Wertorientierte Unternehmensführung – Einführung in das Konzept“ Auf einen Blick … Das Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung wird kritisch hinterfragt. Wichtige Konzepte werden dargestellt und deren Verarbeitungsgrad diskutiert. Wesentliche praxisrelevante und häufig genutzte Konzepte werden herausgearbeitet. Die Nutzung von der jeweiligen Konzepten sollte jedoch von Einzelfall zu Einzelfall geprüft werden. Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat soll diese Publikation Sicherheit im Umgang mit diesen Konzepten bieten. Inhalt Einleitung ...............................7 Grundlagen der Wertorientierten Unternehmensführung ........11 Nicht-integrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung ........29 Integrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung ........58 Beurteilung der wertorientierten Konzepte ...87 Fazit / Zusammenfassung / Ausblick ............................ 105 Literatur ............................ 108 Abkürzungen .................... 119 Glossar ............................. 121 Anhang ............................. 129

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Mitbestimmungsförderung

Information | November 2013

Dr. Henrik Steinhaus und Stephan Kraft Excellence in Change GmbH & Co. KG

„Wertorientierte Unternehmensführung – Einführung in das Konzept“

Auf einen Blick …

Das Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung wird kritisch hinterfragt.

Wichtige Konzepte werden dargestellt und deren Verarbeitungsgrad diskutiert.

Wesentliche praxisrelevante und häufig genutzte Konzepte werden herausgearbeitet.

Die Nutzung von der jeweiligen Konzepten sollte jedoch von Einzelfall zu Einzelfall geprüft werden.

Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat soll diese Publikation Sicherheit im Umgang mit diesen Konzepten bieten.

Inhalt

Einleitung ...............................7

Grundlagen der Wertorientierten Unternehmensführung ........11

Nicht-integrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung ........29

Integrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung ........58

Beurteilung der wertorientierten Konzepte ...87

Fazit / Zusammenfassung / Ausblick ............................ 105

Literatur ............................ 108

Abkürzungen .................... 119

Glossar ............................. 121

Anhang ............................. 129

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Steinhaus, Henrik, Dr., Geschäftsführer der Excellence in Change GmbH & Co. KG in Gießen. Studium der Betriebs-wirtschaftslehre (Dipl.-Kfm.) und Promotion an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Publikationen zu den Themen Mit-arbeiterkapitalbeteiligung, Konfliktmanagement und Wand-lungscontrolling, Arbeitsschwerpunkte als wirtschaftlicher Sachverständiger u.a. in den Bereichen Unternehmensre-strukturierung, Prozesse und Organisation, Arbeitszeit- und Entgeltmodelle sowie Mitarbeiterbeteiligung.

Kraft, Stephan, Berater und Trainer, freiberuflicher Mitarbeiter der Excellence in Change GmbH & Co. KG in Gießen. Stu-dium der Betriebswirtschaftslehre an der Justus-Liebig-Universität Gießen (Dipl.-Kfm.) und volkswirtschaftliches Stu-dium an der University of Wisconsin – Milwaukee (M.A. / UWM), Publikationen zu den Themen Kennzahlenbasierte Steuerungskonzepte, Wandlungsmanagement und berufliche Handlungskompetenzen, Arbeitsschwerpunkte im Bereich Unternehmensführung/-organisation sowie Unternehmens-gründung/-entwicklung.

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Vorwort

Die Frage, was unter "Wert" und "Wertorientierung" im Unter-nehmen wie in der Gesamtwirtschaft zu verstehen ist, be-schäftigt die Ökonomen solange es sie gibt. Vor allem stellt sich die Frage: „Wie entsteht Wert überhaupt und ist eine Messung eines „Werts“ überhaupt möglich?“. Wie schaut die Messung vom „immateriellen Werten“ (also ohne physische Substanz) aus? Für die Betriebswirtschaftslehre hat zuletzt Alfred Rappaport 1986 mit seinem Shareholder-Value-Konzept die Fragestel-lung der „Wertorientierung“ prominent ins Zentrum gerückt. Im Rahmen der Diskussion um dieses Konzept wurde jedoch auch zunehmend Kritik laut. Kritiker beklagten zumeist die einseitige Ausrichtung der Unternehmensstrategie an den In-teressen der Anteilseigner und den daraus resultierenden ne-gativen langfristigen Folgen der Kurzfrist-Orientierung. Vor allem die negativen Folgen einer zunehmenden Globali-sierung und zuletzt die Folgen der noch andauernden Finanz- und Wirtschaftskrise haben gezeigt, dass eine Kurzfrist-Orientierung sicherlich nicht der richtige Weg sein kann. Viel-mehr sollte die Forderung heißen, ein Unternehmen nachhal-tig zu führen. Der Grund für die Gründung eines Unterneh-mens sollte ja im Wesentlichen darin bestehen „langfristig“ zu bestehen und nachhaltig zu wirtschaften. In unserem Ver-ständnis ist dies die Kombination aus sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Im vorliegenden Beitrag wird die aktuelle Diskussion um die wertorientierten Unternehmensführung aufgegriffen. Der ge-samte Themenkomplex ist für eine umfassende Darstellung jedoch viel zu umfangreich. Deswegen werden praxisrelevan-te und häufig genutzte Sachverhalte herausgearbeitet und übersichtlich dargestellt. Vor allem soll diese Publikation dem Leser die Möglichkeit bieten sich über diese Konzepte im Kla-ren zu sein und kritisch prüfen zu können, ob diese Konzepte im eigenen Unternehmen eine Rolle spielen. Dem Leser wird ebenfalls die Möglichkeit geboten erste Bewertungen vorzu-nehmen und einen Eindruck vom Umfang der jeweiligen Kon-zepte zu bekommen. Oliver Emons Wirtschaftsreferat; Abt. Mitbestimmungsförderung; Hans-Böckler-Stiftung

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 7

1.1 Problemstellung des Arbeitspapiers 7

1.2 Zielsetzung des Arbeitspapiers 8

1.3 Aufbau des Arbeitspapiers 9

2. Grundlagen der Wertorientierten

Unternehmensführung 11

2.1 Begriffe der Wertorientierten

Unternehmensführung 11

2.1.1 Definition, Einordnung und Abgrenzung relevanter

Begriffe 11

2.1.2 Wertorientierung im Sinn des Shareholder Value-Gedankens 12

2.2 Komponenten der Wertorientierten

Unternehmensführung 14

2.2.1 Value Management als wertorientierter

Rahmen 14

2.2.2 Value Management als wertorientierter

Kern 16

2.2.3 Value Controlling als wertorientiertes

Instrument 17

2.2.4 Value Reporting als wertorientiertes

Instrument 19

2.3 Werttreiber und Werttreiberhierarchien 23

2.3.1 Werttreiber als Wertbeeinflussungsmöglichkeit 23

2.3.2 Werttreiberhierarchien als Ursache-

Wirkungsgeflecht 25

3. Nicht-integrierte Konzepte der Wertorientierten

Unternehmensführung 29

3.1 Orientierung nicht-integrierter Konzepte 29

3.1.1 Wertsteigerung als Orientierung nicht-

integrierter Konzepte 29

3.1.2 Systematisierung nicht-integrierter Konzepte 30

3.1.3 Beurteilungskriterien nicht-integrierter Konzepte 33

3.2 Economic Value Added 35

3.2.1 Idee, Elemente und Berechnung 35

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3.2.2 Eignung und Aussagegehalt 37

3.2.3 Umsetzungspraxis 39

3.3 Return on Capital Employed 41

3.3.1 Idee, Elemente und Berechnung 41

3.3.2 Eignung und Aussagegehalt 42

3.3.3 Umsetzungspraxis 44

3.4 Cash Value Added 45

3.4.1 Idee, Elemente und Berechnung 45

3.4.2 Eignung und Aussagegehalt 48

3.4.3 Umsetzungspraxis 50

3.5 Cashflow Return on Investment 53

3.5.1 Idee, Elemente und Berechnung 53

3.5.2 Eignung und Aussagegehalt 54

3.5.3 Umsetzungspraxis 57

4. Integrierte Konzepte der Wertorientierten

Unternehmensführung 58

4.1 Reorientierung nicht-integrierter Konzepte 58

4.1.1 Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit als

Orientierung integrierter Konzepte 58

4.1.2 Systematisierung integrierter Konzepte 62

4.1.3 Beurteilungskriterien integrierter Konzepte 63

4.2 Corporate Governance als Basis integrierter

Konzepte 64

4.2.1 Idee und Elemente 64

4.2.2 Eignung und Aussagegehalt 66

4.2.3 Umsetzungspraxis 68

4.3 Balanced Scorecard als teilintegriertes Konzept 71

4.3.1 Idee und Elemente 71

4.3.2 Eignung und Aussagegehalt 73

4.3.3 Umsetzungspraxis 77

4.4 EFQM-Modell als vollintegriertes Konzept 79

4.4.1 Idee und Elemente 79

4.4.2 Eignung und Aussagegehalt 82

4.4.3 Umsetzungspraxis 85

5. Beurteilung der wertorientierten Konzepte 87

5.1 Funktionsbezogene Beurteilung 87

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5.1.1 Einsatzpotenziale wertorientierter Konzepte 87

5.1.2 Einsatzgrenzen wertorientierter Konzepte 89

5.2 Stakeholderbezogene Beurteilung 91

5.2.1 Unternehmensbezogene Stakeholder 91

5.2.2 Verteilungsbezogene Konsequenzen 92

5.2.3 Vergütungsbezogene Konsequenzen 95

5.3 Mitbestimmungsbezogene Beurteilung 98

5.3.1 Mitbestimmung im Kontext der Wertorientierung 98

5.3.2 Beteiligungsmodell und Handlungs-

empfehlungen 101

6. Fazit / Zusammenfassung / Ausblick 105

7. Literatur 108

8. Abkürzungen 119

9. Glossar 121

10. Anhang 129

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1 | Einleitung

1.1 Problemstellung des Arbeitspapiers

Das Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung er-langte in der praxisorientierten Fachliteratur ab dem Jahr 1986 eine erhöhte Aufmerksamkeit durch das Werk „Creating Shareholder Value“ von Alfred Rappaport.1 Basierend auf dem Managementkonzept der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung entwickelte sich die Idee der Shareholder Value Maxi-mierung in der Folge zu einer bis heute dominierenden Ma-nagementleitmaxime und -philosophie vieler Vorstände und Aufsichtsräte.2

Die rasche Verbreitung des Gedankens der Wertorientierung und die intensive Auseinandersetzung der Praxis und Wissen-schaft mit der Idee der Wertmaximierung seit Beginn der 90er Jahre resultierte in einer Fülle von thematisch unterschiedlich ausgerichteten Fachbeiträgen, deren Kerngedanke allesamt die Wertorientierung bildete.3

Die ursprünglichen Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung, die den Shareholder (= Anteilseigner) und die Maximierung des Shareholder Values betonen, genießen nach wie vor eine hohe Relevanz und einen hohen Stellenwert im Rahmen der Unternehmensführung.4 Trotz ihrer Popularität findet aber in jüngerer Zeit eine kritische Auseinandersetzung mit dem Erfolgsbeitrag und der inhaltlichen Ausrichtung der ursprünglichen Konzepte der Wertorientierten Unternehmens-führung statt.

Die Kritik an den ursprünglichen Konzepten der Wertorientier-ten Unternehmensführung hat zwischenzeitlich zur Entwick-lung teil- und vollintegrierter Konzepte geführt, die sämtlichen und nicht nur einzelnen Stakeholdergruppen eine hohe Be-

1 Vgl. Rappaport 1998. Der Begriff des Shareholder Values wurde jedoch - ohne eine

vergleichbare Aufmerksamkeit zu erlangen - bereits von William E. Fruhan, Jr. im Jahr 1979 geprägt. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen standen die Generierung, der Transfer und die Zerstörung von Shareholder Value (vgl. Fruhan Jr. 1979). Vgl. Gün-ther 1999, S. 361 zur Verbreitung der Gedanken des Shareholder Value Manage-ments.

2 Vgl. Rappaport 1998, S. 2. 3 Vgl. Weber et al. 2004, S. 5. 4 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 5 für eine Erhebung der praktischen Anwendung von

wertorientierten Kennzahlen in 56 deutschen DAX-100 Unternehmen und 34 österrei-chischen Unternehmen im Jahr 1999.

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deutung beimessen. Sie gewähren dem Aspekt der nachhalti-gen Unternehmensführung außerdem den Vorrang vor einer kurzfristigen Ausrichtung auf die Gewinnmaximierung.

Alle Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung er-fordern von den Anwendern, die eines dieser Konzepte im-plementieren wollen, und von den Beschäftigten, deren Han-deln wertorientiert erfolgen soll, ein Verständnis des jeweiligen Konzepts. Die Fülle der verschiedenartigen Beiträge macht es allerdings nicht ganz einfach, sich einen Überblick über die wesentlichen Konzepte der Wertorientierten Unternehmens-führung, deren zentrale Kerngedanken und Ausgestaltungsfa-cetten zu verschaffen.

1.2 Zielsetzung des Arbeitspapiers

Das vorliegende Arbeitspapier soll dem Praktiker daher die zentralen Aspekte der verschiedenen Konzepte der Wertorien-tierten Unternehmensführung anschaulich und transparent vermitteln. Dazu wird die aktuelle Diskussion der Wertorien-tierten Unternehmensführung aufgegriffen und Kerngedanken und -erfahrungen werden extrahiert.

Da der gesamte Themenkomplex der Wertorientierten Unter-nehmensführung für eine umfassende Darstellung zu umfang-reich ist, beschränkt sich der vorliegenden Beitrag auf die As-pekte der Wertorientierten Unternehmensführung, die unter Berücksichtigung der praktischen Anforderungen notwendig sind, damit der Leser die Zielsetzung und den Aufbau der re-levanten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung nachvollziehen und auf dieser Basis deren praktische Eignung beurteilen kann.

Wo möglich und sinnvoll fließen neben terminologischen und deskriptiven Erläuterungen auch die Ergebnisse empirischer Studien, die nach über 25 Jahren praktischer Erfahrung mit der Anwendung der Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung im deutschsprachigen Raum durchgeführt wur-den, in die Ausarbeitung ein.5

Fachbegriffe, die dem Verständnis der Erläuterungen dienen, werden entweder direkt im Text oder – um den Textfluss zu wahren – im anhängenden Glossar erläutert.

5 Lueg/Schäffer 2010, S. 31ff. für eine übersichtliche Auswertung von 120 Studien zum

Thema Value Based Management.

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1.3 Aufbau des Arbeitspapiers

Im Anschluss an die Einleitung werden im ersten Kapitel die für das Verständnis der Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung wesentlichen Begriffe, Kom-ponenten und Elemen-te der Wertorientierten Unternehmensführung erläutert. Zu Beginn des zweiten und dritten Kapitels werden konzeptüber-greifende Systemati-sierungshilfen und Beurteilungskriterien ein-geführt, die dem Leser helfen sollen, sich in der Konzeptvielfalt der Wertorientierten Unternehmensführung einen Überblick zu verschaffen und die verschiedenen Konzepte einordnen und be-urteilen zu können. Im zweiten Kapitel werden dann vier klassische und weit verbrei-tete Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung darge-stellt, die zuvor systematisiert wurden. Die wertorientierten Kenn-zahlen, die auf dem Gewinn (Economic Value Added und Return on Capital Employed) oder dem Cashflow (Cash Value Added und Cashflow Return on Investment) basieren (vgl. Tab. 1), wer-den anschaulich erläutert. Ergän-zend zur verbalen Erläuterung der vier Konzepte wird auf praktische Unternehmens-beispiele, die in der Fachliteratur ausführlich dokumentiert wurden, hinge-wiesen.

Tabelle 1: Systematisierung wertorientierter Kennzahlen (*Mehrfachnennungen möglich)

Basis der wertorientierten Kennzahlen

Wertbeitrag (Residualkonzepte - abs. Wert in €)

Rentabilität (Rentabilitätskonzepte - rel. Wert in %)

Häufig-keit*

Gewinn/Ergebnis (absoluter oder relativer Übergewinn)

z. B. Economic Value Added (EVA) Häufigkeit: 11

z. B. Return on Capital Em-ployed (ROCE) Häufigkeit: 19

30

Zahlungsströme (absoluter oder relativer Überverzinsungs-Cashflow)

z. B. Cash Value Added (CVA) Häufigkeit: 2

z. B. Cashflow Return on Investment (CFROI) Häufigkeit: 1

3

Häufigkeit* 13 20 33

Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 7 zur Systematisierung; vgl. Fischer/Rödl 2005, S. 24f. zur Nutzung der vier verschiedenen Kennzahlenkategorien durch die DAX30-Unternehmen (Stand 2002)

Gegenstand des dritten Kapitels ist die Erläuterung von aus-gewählten neueren kennzahlenbasierten Konzepten der

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Wertorientierten Unternehmensführung, die auf Basis einer erweiterten Sichtweise der Anspruchsgruppen und einer ver-änderten Zielsetzung ebenfalls der Wertorientierte Unterneh-mensführung dienen. Hierunter fallen teil- und vollintegrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung. Analog zu den klassischen Konzepten variiert auch der Bekanntheits- und Verbreitungsgrad der neueren Konzepte in Abhängigkeit des Entwicklungs- und Vermarktungsbeitrags renommierter Beratungsunternehmen an dem jeweiligen Konzept mitunter erheblich.

Die abschließenden Beurteilung der dargestellten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung erfolgt im vierten Kapitel unter Berücksichtigung der relevanten Interessen-, Anspruchs- und Bezugsgruppen und beleuchtet insbesondere die Konsequenzen aus Sicht der Unternehmensleitung und der Unternehmensbelegschaft. Schließlich werden noch Handlungsempfehlungen für Mitbestimmungsorgane abgelei-tet und das Arbeitspapier durch ein kurzes Fazit im fünften Kapitel abgerundet.

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2 | Grundlagen der Wertorientierten Unter-nehmensführung

2.1 Begriffe der Wertorientierten Unternehmensführung

2.1.1 Definition, Einordnung und Abgrenzung relevanter Begriffe

Um das Wesen der Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung eindeutig erschließen zu können, ist es sinnvoll zunächst die relevanten Fachbegriffe der Wertorientierten Unternehmensführung zu erläutern und von weiteren in der Fachliteratur rund um die Thematik der Wertorientierung ver-wendeten Fachbegriffen abzugrenzen.

Der Begriff der Wertorientierung dient in vielen Fachbeiträgen, die sich dem Thema auf verschiedene Weise in den vergan-genen Jahren gewidmet haben, häufig nur dem Zweck altbe-kannten Inhalten einen innovativen Charakter zu verleihen. Dabei ist die Idee der Wertorientierung prinzipiell nicht neu, sondern wurde in Form des Shareholder-Value-Konzepts nur neu belebt und mit dem Etikett der Modernität versehen.6

„Als Leitbegriff moderner Unternehmensführung hat sich Wertorientierung heute weitestgehend durchgesetzt.“7 Unter Wertorientierung wird „die Ausrichtung sämtlicher Unterneh-mensaktivitäten auf das Ziel der Steigerung des Unterneh-menswertes für die Eigenkapitalgeber“8 verstanden. Diese Begriffsauslegung der Wertorientierung entspricht in ihrem grundsätzlichen Ziel dem Shareholder-Value-Konzept.9

Vom Begriff der Wertorientierung, der sich auf den monetären Wert eines Unternehmens bezieht, ist der Begriff der Wert-orientierung, der sich auf die ethischen Werte eines Unter-nehmens bezieht und daher gelegentlich auch als Werteorien-tierung bezeichnet wird, deutlich zu trennen. Denn im Kern der unternehmensethischen Begriffsauffassung geht es um den prägenden Einfluss, den das Wertesystem eines Unterneh-mens, das in einem Kodex der Corporate Governance explizit zum Ausdruck gebracht werden kann, auf die individuellen

6 Vgl. Weber et al. 2004, S. 5. 7 Coenenberg/Salfeld 2003, S. 3. 8 Weber et al. 2004, S. 6. 9 Vgl. Weber et al. 2004, S. 6.; KPMG 2003, S. 4.

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und kollektiven Handlungen und Entscheidungen aller Akteure der Unternehmensleitung und -belegschaft haben kann.10

Dem Begriff der Wertorientierung, der sich auf den in Geldein-heiten ausgedrückten Unternehmenswert bezieht, steht der Begriff der Wertschöpfungsorientierung, der „das Schaffen von Mehrwert durch Transformation (Produktion, Handel und/oder Dienstleistung)“11 bezeichnet, ausgesprochen nah. Denn unter Wert wird im Fall der Wertschöpfungsorientierung, „der einem Gegenstand oder einer Leistung mit Hilfe des Maßstabes Geld mindestens beigelegte Nutzen [, der] die Zweckeignung, Verfügbarkeit, Übertragbarkeit oder Begehrt-heit zum Ausdruck [bringt]“12 verstanden.13

2.1.2 Wertorientierung im Sinn des Shareholder Value-Gedankens

Die im Rahmen der Wertorientierten Unternehmensführung relevante Begriffsauslegung der Wertorientierung bezieht sich auf den Unternehmenswert und entspricht dem Kerngedanken des Shareholder Value-Ansatzes (SVA).14 Demnach bezeich-net der Shareholder Value (SV) – der den Anteilseignern zu-stehende Unternehmenswert – den Anteil des Eigenkapitals am gesamten Unternehmenswert (UW), der sich nach Abzug des Fremdkapitals (FK) ergibt.15

SV = UW - FK Die Bestimmung des Unternehmenswertes ist Voraussetzung für die Ermittlung des Shareholder Values. Grundsätzlich exis-tieren unterschiedliche Methoden der Unternehmenswerter-mittlung. Unter die gängigsten Methoden fallen das Subs-

10 Vgl. Küpper 2008, S. 61, der die unternehmensethische Auffassung des

Wert(e)begriffs verwendet. 11 Bach et al. 2012, S. 3. 12 Bach et al. 2012, S. 3. 13 Das nutzenbezogene Wertkonzept (vgl. Bach et al. 2012, S. 3) und das bedürfnisbe-

zogene Wertkonzept (vgl. Marchthaler/Wigger/Lohe 2011, S. 11; DIN EN 1325-1) sind relative Wertkonzepte, weil der Wert personenbezogen variiert. Dem bedürfnisorien-tierten Wertkonzept zufolge drückt der Wert die Beziehung zwischen der Befriedigung von Bedürfnissen und den Ressourcen, deren Einsatz für die Bedürfnisbefriedigung notwendig ist, aus. Setzt man die Bedürfnisbefriedigung der Nutzenstiftung gleich, sind beide Konzepte nahezu identisch.

14 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 22 für zwei verschiedene rechnerische Operationali-sierungsansätze, insbesondere das SVA-Konzept von Arthur Andersen und das SVA-Konzept von Rappaport 1998, S. 49ff.

15 Vgl. Rappaport 1998, S. 39f., der zur Ermittlung des Shareholder Values die Ansätze der Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung mit Überlegungen der Unterneh-mensfinanzierung von Modigliani/Miller kombinierte.

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tanzwertverfahren, das Liquidationswertverfahren und das Ertragswertverfahren sowie Kombinationen dieser Verfahren.

Die Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem Substanz- und Liquidationswertverfahren basiert auf der stichtagsbezo-genen Bewertung des Vermögens und der Verbindlichkeiten eines Unternehmens, die in der Unternehmensbilanz aufge-führt sind. Im Gegensatz zum Substanzwertverfahren, das auf dem Going-Concern-Prinzip beruht, geht das Liquidations-wertverfahren von der Nichtweiterführung des Unternehmens und in diesem Zusammenhang auch von wertmindernden Kosten der Unternehmensauflösung und Bewertungsabschlä-gen aus.

Das Ertragswertverfahren basiert hingegen auf der Bewer-tung zukünftiger Unternehmenserfolge in Form von Gewin-nen oder Zahlungsüberschüssen der folgenden Geschäftsjah-re. Durch Abzinsung (syn. Diskontierung) der erwartenden Gewinne oder Zahlungsströme wird schließlich der theoreti-sche Marktwert des Unternehmens zum Bewertungszeitpunkt ermittelt. Die klassischen Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung (engl. Value Based Management), die Gegenstand des dritten Kapitels sind, basieren auf den Grundgedanken der Ertragswertverfahren.

Im Fall börsennotierter Unternehmen besteht neben der Op-tion der theoretischen Marktwertermittlung über die genannten Wertermittlungsmethoden die Möglichkeit, den realen Markt-wert eines Unternehmens börsentäglich in Form der Marktka-pitalisierung zu ermitteln. Die Marktkapitalisierung errechnet sich durch die Multiplikation des Aktienkurses mit der Anzahl ausstehender Aktien eines Unternehmens.

Im Unterschied zum theoretischen Marktwert, dessen Ermitt-lung auf den bestmöglichen (unternehmensinternen) Informa-tionen beruht, bildet sich der reale Marktwert auf Basis von unvollständigen Informationen der Marktakteure. Der reale Marktwert eines Unternehmens weicht daher auch nicht selten vom theoretisch (begründeten) Marktwert ab.16 Möglichen Diskrepanzen zwischen dem theoretischen und dem realen Unternehmenswert, die aufgrund von Informationsasymme-trien zwischen unternehmensinternen und -externen Adressa-ten entstehen können, sollen durch das Wertorientierte Con-

16 Vgl. Weber et al. 2004, S. 7.

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trolling und die Wertorientierte Berichterstattung vermieden werden.17

Das Wertorientierte Controlling (engl. Value Controlling) richtet sich an unternehmensinterne Adressaten (vgl. Abb. 2).18 Die interne an den Bewertungsverfahren orientierte Sichtweise offenbart die einer systematischen Steuerung zugänglichen Einflussgrößen, die als Wertreiber, Wertgeneratoren oder Werthebel bezeichnet werden.

Das Wertorientierte Berichtswesen (engl. Value Reporting) richtet sich an unternehmensexterne Adressaten (vgl. Abb. 2). Die externe auf die Marktkapitalisierung eines Unternehmens ausgerichtete Perspektive betont hingegen die Rolle der In-formation und Kommunikation zwischen Unternehmen und ihren externen Adressaten.19

2.2 Komponenten der Wertorientierten Unternehmensführung

2.2.1 Value Management als wertorientierter Rahmen

Das Wertmanagement (engl. Value Management) besitzt zwei unter-schiedliche, sich gegenseitig ergänzende Funktionen, die sich auf der normativen und der pragmatischen Ebene der Wertorientierten Unternehmensführung ansiedeln lassen und wegen ihrer Bedeutung für die Wertorientierte Unternehmensführung kurz erläutert werden.

Im normativen Sinn lässt sich Wertmanagement bzw. Value Ma-nagement zunächst als grundlegende Managementphilosophie auf-fassen, in die sich pragmatische Wertkonzepte verschiedener Art einordnen lassen. Das Value Management spannt als Management-philosophie sozusagen den Rahmen, innerhalb dessen die Wertorien-tierte Unternehmensführung neben weiteren Wertkonzepten prakti-ziert wird (vgl. Abb. 1).

17 Vgl. Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft

2002, S. 2337. 18 Vgl. Schierenbeck/Lister 2001, S. 68f. 19 Vgl. Weber et al. 2004, S. 7.

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Abbildung 1: Value Management, Wertanalyse und Wertorientierte Unter-nehmensführung

Eigene Darstellung in Anlehnung an Marchthaler/Wigger/Lohe 2011, S. 26

Ihren frühen Ursprung hat das Value Management in der klas-sischen Wertanalyse, die Lawrence D. Miles in der Mitte des letzten Jahrhunderts als Methode zur Kostensenkung entwi-ckelte (vgl. Abb. 1).20 Auch die heutige Form der modernen Wertanalyse, die sich aus den Grundgedanken der klassi-schen Wertanalyse entwickelt hat und als Standard gilt, ba-siert auf der Philosophie des Value Managements.21 Die Kon-zepte der klassischen und modernen Wertanalyse zielen auf die Wertsteigerung von Produkten und Prozessen ab. Ihr Fo-kus liegt daher auf einzelnen oder wenigen Funktionsberei-chen eines Unternehmens und der operativen Unternehmens-führungsebene.

Das Value Stream Management, das im Kontext des Wert-schöpfungsmanagements eine hohe Bedeutung genießt, lässt sich den Ansätzen der modernen Wertanalyse zuordnen. Va-lue Management beinhaltet dabei alle Aktivitäten, die der Iden-tifikation und Analyse von bestehenden Wertströmen (engl. Value Stream Mapping) und der Gestaltung und Verbesse-

20 Vgl. Miles 1964. 21 Vgl. VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung 2011, VDI-Gesellschaft Pro-

dukt- und Prozessgestaltung 2010, Deutsches Institut für Normung e.V. 2011, Deut-sches Institut für Normung e.V. 2002 für eine detaillierte Darstellung der Wertanalyse.

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rung (engl. Value Stream Design) sowie der Implementierung (engl. Value Stream Planning) der zukünftig anvisierten Wert-ströme dienen.

Im Vergleich zu den zuvor genannten Konzepten der Wert-analyse fokussiert sich das Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung viel stärker auf die strategische Ebene der Unternehmensführung und die Gesamtheit und Interde-pendenzen aller Funktionsbereiche eines Unternehmens. Mit-unter resultiert aus dem strategischen Konzeptcharakter je-doch der Vorwurf der eingeschränkten Operationalisierbarkeit der Wertorientierten Kennzahlen, die der Unternehmenssteue-rung dienen sollen.22

2.2.2 Value Management als wertorientierter Kern

Im pragmatischen Sinn der Wertorientierten Unternehmensführung lässt sich das Wertmanagement in Anlehnung an den Begriff der Wertorientierung als Planung, Steuerung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten, die auf das Ziel der Unternehmenswert-steigerung für die Eigenkapitalgeber ausgerichtet sind, auffassen.

Durch die Planung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmensakti-vitäten versucht das Value Management den aktuellen inneren Wert (B) eines Unternehmens dem potenziellen inneren Wert (C) eines Unternehmens anzupassen. Value Management schließt also eventu-ell bestehende innere Wertlücken, die zwischen dem aktuellen und dem potenziellen inneren Wert des Unternehmens bestehen können (vgl. Abb. 2).

Das Schließen der inneren Wertlücke stellt ein Teilziel der Wert-orientierten Unternehmensführung dar. Das Wertorientierte Control-ling, das sich an unternehmensinterne Adressatenkreise richtet, und die Wertorientierte Berichterstattung, die sich an unternehmensex-terne Adressatenkreise richtet, ergänzen das Wertorientierte Ma-nagement indem sie versuchen, den potenziellen inneren Wert (C) eines Unternehmens durch gezielte Maßnahmen des Controllings zu steuern und den aktuellen äußeren Börsenwert (A) durch Maßnah-men der Berichterstattung an den potenziellen inneren Wert (C) an-zupassen (vgl. Abb. 2).

22 Vgl. KMPG 2003, S. 8.

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Abbildung 2: Wertlücke als Ansatzpunkt von Value Management, Control-ling und Reporting

Eigene Darstellung in Anlehnung an Ruhwedel/Schultze 2002, S. 606.

Ein integrales Konzept wie das der Wertorientierten Unter-nehmensführung erfordert daher mehrere Sichtweisen und sich gegenseitig ergänzende Elemente, um als funktions- und leistungsfähiges Konzept seine wertorientierte Wirkung entfal-ten zu können.

2.2.3 Value Controlling als wertorientiertes Instrument

Die drei in Theorie und Praxis unbestrittenen Kernfunktionen des Unternehmenscontrollings beinhalten die Koordinations-funktion (primäre Kernfunktion) sowie die Planungs- und Kon-trollfunktion und die unternehmensinterne Informationsfunktion (sekundäre Kernfunktionen). Die beiden sekundären Kern-funktionen des Controllings dienen der Erfüllung der primären Kernfunktion des Controllings.23 Das Controlling lässt sich aufgrund seiner Zwecksetzung als Instrument der Unterneh-mensführung auffassen und richtet sich an den internen Adressatenkreis eines Unternehmens.24

23 Vgl. Schierenbeck/Lister 2001, S. 9. Für eine koordinationsorientierte Konzeption des

Controlling vgl. Küpper 2008, S. 25ff. und Schierenbeck/Lister 2001, S. 11ff. 24 Vgl. Küpper 2008, S. 33.

Wertorientierte Berichterstattung (externe Adressaten) Wertorientiertes Controlling (interne Adressaten)

Wertorientiertes Management

aktuellerBörsenwert (A)

aktuellerinnerer Wert (B)

potenziellerinnerer Wert (C)

Wertlücke

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Ein der Philosophie der Wertorientierung und Wertmaximie-rung verpflichtetes Controlling-Konzept stellt ein erfolgsrele-vantes Hilfsmittel der Wertorientierten Unternehmensführung dar. Angesichts der Betonung des Wertaspektes wird es kon-sequenterweise als Wertorientiertes Controlling (engl. Value Controlling) bezeichnet.25

Wertorientiertes Controlling als Instrument der Wertorientier-ten Unternehmensführung basiert auf einer Wertorientierten Unternehmensphilosophie, in deren Mittelpunkt die Sicherung und Optimierung des Unternehmenswertes steht. Im Fokus des Wertorientierten Controllings steht das Zielsystem der wertorientierten Managementkonzeption bestehend aus den Zielgrößen Rentabilität, Wachstum und Risiko.26

1) Im Hinblick auf das Kriterium Rentabilität besitzt das Wertorientierte Controlling die Funktion eines institutio-nalisierten Ertragsgewissens. Es hat sicherzustellen, dass alle geschäftspolitischen Entscheidungen stets der Frage unterworfen werden, ob bzw. inwiefern sie der Erzielung einer angemessenen Rentabilität dienen.

2) Im Einklang mit der Rentabilität stellt das Wertorientier-te Controlling außerdem eine der angestrebten Renta-bilität und der Risikotragfähigkeit angemessene Risiko-übernahme sicher. Risiko und Rentabilität können aus wertorientierter Sicht nicht losgelöst voneinander be-trachtet werden. Wertorientiertes Controlling ist durch eine tendenziell defensive Grundhaltung hinsichtlich des Eingehens von Risiken geprägt.

3) Schließlich ist es Aufgabe des Wertorientierten Control-ling, das angestrebte Wachstum, das ausschließlich der Sicherung und Steigerung des Unternehmenswer-tes dient, hinsichtlich seiner Risiko- und Rentabilitäts-wirkung und seines Beitrags zur Optimierung des Unternehmenswertes zu untersuchen.

Neben diesen drei zentralen Kriterien des Wertorientierten Controllings existieren weitere Indikatoren, die eine wertorien-tierte Managementphilosophie charakterisieren. Darunter fal-len unter anderem Aspekte der Kundenorientierung und -bindung, der Prozessorientierung und -verbesserung, der Kos- 25 Vgl. Coenenberg/Salfeld 2003, S. 252ff. Für Konzepte des wertorientierten Control-

lings vgl. Schierenbeck/Lister 2001 und Faul 2005 exemplarisch. 26 Vgl. Schierenbeck/Lister 2001, S. 11.

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tenkontrolle und -reduzierung, der Leistungsorientierung und -anreizstiftung, der Unternehmens- und Mitarbeiterzielerrei-chung sowie der Wettbewerbsorientierung.27

Empirische Untersuchungen, die sich dem Value Controlling widmen, zeigen zwar, dass sich die Gestaltung und Umset-zung des wertorientierten Controlling, insbesondere der DAX 30-Unternehmen, bis zur Jahrtausendwende kontinuierlich verbessert hat.28 Dennoch besteht weiteres Verbesserungs-potenzial in folgenden Punkten:

1) Nicht alle Unternehmen, die sich explizit der Maxime der Wertorientierung verpflichten, weisen tatsächlich ein Controlling auf, das auf Unternehmenswertsteige-rung ausgerichtet ist. Insbesondere wertorientierte Pla-nungs- und Kontrollinstrumente werden als unzurei-chend bewertet.29

2) Unternehmen, die sich explizit der Maxime der Wert-orientierung verpflichten, sollen darauf achten, nicht nur einzelne sondern sämtliche Controllinginstrumente auf ihre Wertorientierung hin zu überprüfen und auszu-richten.30

Zusammenfassend lässt sich zwar festhalten, dass der Pro-fessionalisierungsgrad des Wertorientierten Controllings ge-stiegen ist. Dennoch besteht weiterhin Verbesserungspoten-zial, um ein in sich geschlossenes Wertmanagementsystem zu etablieren. Dementsprechend sollte es das Ziel sein, eine auf die Wertorientierung abgestimmte Ausrichtung aller Con-trollinginstrumente eines Unternehmens zu erreichen.31

2.2.4 Value Reporting als wertorientiertes Instrument

Die Wertorientierte Berichterstattung (engl. Value Reporting)32 ist wichtiger Bestandteil des Wertorientierten Managements (engl. Value Based Management) und erfüllt daher eine er-

27 Vgl. Schierenbeck/Lister 2001, S. 12. 28 Vgl. Happel 2002, S. 275ff.; Pellens/Tomaszewski/Weber 2000b, S. 1825ff.; Pel-

lens/Rockholtz/Stienemann 1997, S. 1933ff. 29 Vgl. Happel 2002, S. 281. 30 Vgl. Pellens/Tomaszewski/Weber 2000b, S. 1833; Pellens/Rockholtz/Stienemann

1997, S. 1939. 31 Vgl. Beck 2003, S. 192ff. 32 Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 2 und Gundel 2012, S. 227 für die gleichbedeutende

Begriffsverwendung.

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folgsrelevante Rolle der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung.33 Allerdings scheint die Rolle in der letzten Dekade an Bedeutung verloren zu haben.34

Die Wertorientierte Berichterstattung umfasst die klassische, nach Rechnungslegungsvorschriften verpflichtende Finanzbe-richterstattung (engl. Financial Reporting)35 und die freiwillige unternehmensbezogene Berichterstattung (engl. Business Reporting). Die Wertorientierte Berichterstattung stellt somit Informationen bereit, die über die gesetzlich festgelegten Pflichtangaben hinausgehen. Sie dient dem Ziel, Investoren eine verbesserte Einschätzung des Unternehmenswerts zu ermöglichen.36

Unter Wertorientierter Berichterstattung werden in der Regel „all jene gesetzlich vorgeschriebenen und freiwilligen Kompo-nenten der Berichterstattung verstanden, mit denen die auf dem Kapitalmarkt zwischen Unternehmensleitung und den Kapitalgebern bestehenden Informationsasymmetrien abge-baut und die wertorientierte Ausrichtung der Unternehmens-führung kommuniziert werden sollen.“37

Der Aufbau der Wertorientierten Berichterstattung orientiert sich an einzelnen je nach Konzept variierenden Komponen-ten, die verpflichtende und freiwillige Inhalte der Wertorientier-ten Berichterstattung enthalten. Sie lassen sich wie folgt unter-teilen.

1) Pflichtbestandteile der Publizität mit Angaben gemäß § 325 HGB (Konzernabschluss, Konzernlagebericht) und ggfs. Angaben gemäß § 297 I S. 2 HGB (Kapitalfluss-rechnung, Segmentberichterstattung sowie Eigenkapi-talspiegel)

33 Vgl. KMPG 2003, S. 39ff.; Coenenberg/Salfeld 2003, S. 276ff.; Labhart 1999, S. 31. 34 Vgl. Laier/Quick 2012, S. 271. 35 Die klassische Finanzberichterstattung dient der Umsetzung der in der Bundesrepu-

blik Deutschland gültigen handelsrechtlichen Publizitätsvorschriften nach § 325 HGB. Demnach sind Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter verpflichtet bestimmte Offenlegungs-pflichten, deren Umfang in Abhängigkeit der Größenklasse der Gesellschaft variiert, zu erfüllen.

36 Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 5; Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft 2002, S. 2337; Pellens/Hillebrand/Tomaszewski 2000, S. 180.

37 Fischer/Wenzel 2003, S. 5.; Fischer/Becker/Wenzel 2002, S. 14.

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2) Total Return Reporting mit Angaben über den absolut erzielten Ertrag aus Kapitalgebersicht, z. B. Aktienkurs- und Dividendenentwicklung und -rendite

3) Value Added Reporting mit Angaben über die realisier-te Unternehmenswertentwicklung, z. B. Earnings befo-re Interest and Taxes (EBIT), Earnings before Interest, Taxes, and Amortization (EBITA) und Earnings before Interest, Taxes, and Depreciation (EBITDA) und Spit-zenkennzahlen wie zum Beispiel dem Economic Value Added (EVA) oder dem Cash Value Added (CVA)

4) Strategic Advantage Reporting mit Angaben über die vermutete Wertentwicklung der Zukunft und im Zu-sammenhang damit mit Informationen über die Unter-nehmens-, Geschäftsfeld- oder Geschäftsbereichsstra-tegie, das Wirtschaftsumfeld, die Mitarbeitern, die Um-welt, die Forschung und Entwicklung, die Produkte und Prozesse, die Chancen und Risiken und weiteren Fak-toren.38

Die wertorientierte Berichterstattung zielt darauf ab, durch die zusätzliche Publizität den Marktwert eines Unternehmens positiv zu beeinflussen und ihn dadurch an den aus Sicht des Managements potenziell erreichbaren (höheren) inneren Wert anzunähern, um unter Umständen bestehende Wertlücken zu reduzieren (vgl. Abb. 2).39

Die Informations- und Kommunikationsmaßnahmen, die im Rahmen der Wertorientierten Berichterstattung zur Verbesse-rung der Kapitalmarkteffizienz ergriffen werden und sich pri-mär an die institutionellen und privaten Investoren eines Unternehmens richten, sind erfolgsrelevanter Teil der Wert-orientierten Unternehmensführung. Sie werden für gewöhnlich unter dem Begriff der Investor Relations subsummiert.40

Untersuchungen zeigen, dass sich der Umfang der freiwilligen wertorientierten Berichterstattung, insbesondere von DAX 30-

38 Vgl. Fischer/Wenzel/Kühn 2001, S. 1210ff.; für einen tabellarischen Überblick der

einzelnen Inhalte der vier genannten Kategorien vgl. Fischer/Becker/Wenzel 2001, S. 2002; Fischer/Wenzel 2003, S. 9. Vgl. Pellens/Hillebrand/Tomaszewski 2000, S. 181ff. für eine alternative Kategorisierung des Value Reporting.

39 Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 5. 40 Vgl. Fochler 2000, S. 314ff. für die historische Entwicklung der Investor Relations und

ein Praxisbeispiel der Investor Relations als Teil des Wertorientierten Managements anhand der Böhler-Uddeholm AG.

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Unternehmen, bis zur Jahrtausendwende zwar kontinuierlich verbessert hat.41 Dennoch fallen einige Aspekte auf.

1) Der Umfang freiwillig bereitgestellter Informationen sinkt in schlechten Geschäftsjahren tendenziell und macht – wegen der mangelnden Konstanz der freiwilli-gen Berichterstattung – unterjährige Vergleiche nahezu unmöglich.42

2) Im Jahr 2008 berichteten bei weitem nicht alle DAX 30-Unternehmen über den Einsatz wertorientierter Steue-rungskonzepte in ihren Jahresabschlüssen. Die Inves-tor Relations Manager begründeten dies mit einem mangelnden Interesse oder Verständnis der Adressa-ten (u. a. Fondsmanager, Analysten, institutionelle und private Anleger) für wertorientierte Informationen.43

3) Verglichen mit den DAX 30-Unternehmen, die im Fo-kus des Kapitalmarkts stehen, weisen börsennotierte Unternehmen der übrigen Börsensegmente (MDAX, TecDAX) ein hohes Verbesserungspotenzial hinsicht-lich des Umfangs und der Darstellungsform der wert-orientierten Berichterstattung auf.44

Die Anforderungen der Wertorientierten Berichterstattung werden den Studienergebnissen entsprechend offenbar nur in wenigen Fällen ganz oder zumindest teilweise erfüllt. Eine anforderungsgerechtes Value Reporting zeichnet sich dadurch aus, dass:

1) die wertorientierte Kennzahl, nach der das Unterneh-men gesteuert wird, im Fokus der Wertorientierten Be-richterstattung stehen sollte,

2) alle Informationen (Berechnungsmethoden, Annah-men) des Value Reporting für den externen Leser klar und nachvollziehbar dargelegt werden sollten,

3) alle Informationen (Definitionen, Berechnungsmetho-den, Annahmen) sachlich, zeitlich und formal ver-gleichbar dargestellt werden sollten,

41 Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 39 und Pellens/Hillebrand/Tomaszewski 2000, S. 202f. 42 Vgl. Pellens/Hillebrand/Tomaszewski 2000, S. 203. 43 Vgl. Laier 2011, S. 286. 44 Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 39; Fischer/Becker/Wenzel 2002, S. 25.

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4) positive und negative Sachverhalte und Entwicklungen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander darge-stellt werden sollten,

5) segmentierte anstatt aggregierte Informationen über einzelne Unternehmens- und Geschäftsbereiche dar-gestellt werden sollten und

6) die Aufnahme des Value Reportings zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit in den prüfungspflichtigen Teil des Jahresabschlusses erfolgen sollte.45

Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass die Wert-orientierte Berichterstattung im Allgemeinen zwar bereits we-sentliche Fortschritte gemacht hat, im speziellen Einzelfall aber durchaus mehr oder weniger große Verbesserungs-potenziale aufweist.

2.3 Werttreiber und Werttreiberhierarchien

2.3.1 Werttreiber als Wertbeeinflussungsmöglichkeit

Die Begriffe Werttreiber, Wertgeneratoren und Werthebel werden in der Praxis nicht nur häufig, sondern regelmäßig synonym verwendet.46 Trotz unterschiedlicher Auffassungen, lassen sich Werttreiber (engl. value drivers47) allgemein und grundsätzlich als Faktoren auffassen, die eine Wirkung auf den Wert des Unternehmens entfalten.48

Werttreiber kennzeichnen daher die Größen des Shareholder Value, an denen wertorientierte Steuerungsmaßnahmen an-setzen können.49 Eine positive Beeinflussung des Wertreibers bewirkt – solange alle anderen Rahmenbedingungen konstant gehalten werden – eine Erhöhung des Unternehmenswertes für die Eigenkapitalgeber.50

Grundsätzlich existiert eine Vielzahl von Einflussfaktoren des Unternehmenswerts, die positive und negative Wirkungen be-

45 Vgl. Gundel 2012, S. 229f. 46 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 40. 47 Vgl. Rappaport 1998, S. 32. 48 Vgl. Weber et al. 2004, S. 105f. 49 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 41. 50 Vgl. Weber et al. 2004, S. 106.

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sitzen. Um aus der Menge möglicher Werttreiber diejenigen mit der im unternehmensspezifischen Anwendungsfall höchs-ten Steuerungsrelevanz zu selektieren, ist eine Charakterisie-rung der Wertreiber anhand von geeigneten Kriterien sinnvoll und hilfreich.51

Die Menge möglicher Werttreiber lässt sich in Abhängigkeit des Einflusses, den Unternehmen auf die Werttreiber haben, in interne und externe Werttreiber unterteilen. Externe Wert-treiber zeichnen sich durch eine geringe und indirekte Mög-lichkeit der Einflussnahme des Unternehmens aus. Hierzu gehören Faktoren aus dem politischen, ökonomischen, tech-nologischen und soziokulturellen Umfeld des Unternehmens. Für interne Werttreiber ist hingegen die Möglichkeit der star-ken und direkten Einflussnahme des Unternehmens bzw. sei-ner Beschäftigten typisch.52

Tabelle 2: Wesentlichen Werttreiber in deutschen börsennotierten Unter-nehmen

Vgl. Fischer/Wenzel 2003, S. 16f. für einen Überblick über die 15 jeweils am häufigsten genannten finanziellen und nicht-finanziellen Werttreiber von 81 deutschen börsennotierten Unternehmen.

Weiterhin lassen sich interne Werttreiber unter dem Aspekt der Unsicherheit, dem ein Unternehmen ausgesetzt ist, in operative und strategische Werttreiber unterteilen. Operative

51 Vgl. Weber et al. 2004, S. 106f. 52 Vgl. Weber et al. 2004, S. 107; Schomaker/Günther 2006, S. 223ff.

Finanzielle Werttreiber Nicht-finanzielle Werttreiber

• Ergebnisse/Ergebniskennzahlen (22) • (Umsatz-/Kapital-)Rentabilität (6) • Umsatz/Umsatzwachstum (5) • Investitionen/Investitionswachstum (11) • (Free) Cash Flow (8) • Kapitalkosten (4) • Kapitalumschlag (4) • Unternehmens- und Kapitalbeteiligungen

(3) • Working Capital (3) • Materialeinsatz/Rohertragsmarge (2) • Produktivitätsfortschritt/-verbesserung (2) • Finanzmanagement/Finanzierung (2) • Fremdkapitalkosten/Verschuldung (2) • Fixkosten(-management) (2) • Vertriebs- und Verwaltungskosten (2) • Preise (2)

• (Verbesserung von) Marktposition / Markt-führerschaft / Marktanteil (15)

• Know-how / Qualifikation der Mitarbeiter (11)

• Produkt- und Prozessqualität (7) • Innovationen (6) • Kundenzufriedenheit (7) • Marktwachstum (5) • (Neue) Produkte (5) • Kapazitätsauslastung (6) • Vertrieb / Vertriebswege (4) • Mitarbeiterzufriedenheit (2) • Technologieführerschaft (2) • Unternehmenskultur (2) • Image (2) • Produktivität (2)

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Werttreiber sind interne Einflussfaktoren, deren Aus- bzw. Einwirkung sich aufgrund ihrer geringen Unsicherheit gut ab-schätzen lässt und die sich für die Steuerung des Unterneh-menswertes sehr gut eignen. Beispielhaft lässt sich hier die Einführung eines Mindestlagerbestands produktionsnotwendi-ger Rohstoffe nennen. Strategische Werttreiber sind zwar ebenso wie operative Werttreiber direkt beeinflussbar, zeich-nen sich aber durch einen deutlich höheren Unsicherheitsgrad aus, weshalb die Wirkung der Einflussnahme auch nur schwer vorhersehbar ist. Dies trifft beispielhaft auf die Erschließung eines neuen Absatzmarktes durch absatzpolitische Maßnah-men eines Unternehmens mit schwer prognostizierbarer Wir-kung zu.53

Die gezielte Einflussnahme auf Werttreiber verfolgt letztlich das Ziel, den Unternehmenswert als monetäre Ergebnisgröße zu steuern. Die Werttreiber selbst können jedoch monetärer bzw. finanzieller und nicht monetärer bzw. nicht finanzieller Art sein (vgl. Tab. 2).54 Unter zeitlichen Gesichtspunkten stellen monetäre Werttreiber nachlaufende Indikatoren dar. Nicht-monetäre Werttreiber besitzen demgegenüber einen vorlau-fenden Charakter. Eine gezielte Einflussnahme auf die nach-laufenden monetären Indikatoren, die in der Regel an der Spitze einer Werttreiberhierarchie stehen, setzt daher nicht selten an den vorlaufenden nicht-monetären Indikatoren an, die auf den niedrigeren Ebenen einer Werttreiberhierarchie verankert sind (vgl. Abb. 3).

2.3.2 Werttreiberhierarchien als Ursache-Wirkungsgeflecht

Durch Kombination einzelner Werttreiber verschiedener Art lassen sich Werttreiberhierarchien entwickeln. Ganz allgemein ordnen Werttreiberhierarchien „die unterschiedlichen Werttrei-ber bezüglich ihrer gegenseitigen Beziehungen zueinander“. 55

In Anlehnung an die Art der Wertreiber lassen sich strategi-sche und operative Werttreiberhierarchien voneinander ab-grenzen. Unter die strategischen Werttreiberhierarchien fallen teil- und vollintegrierte Konzepte der Wertorientierten Unter-nehmensführung, von denen einige exemplarisch in Kapitel 4 des Arbeitspapiers erläutert werden.

53 Vgl. Weber et al. 2004, S. 106f. 54 Vgl. Schomaker/Günther 2006, S. 223. 55 Weber et al. 2004, S. 107.

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Die Wertorientierte Kennzahlen fallen unter die operativen Werttreiberhierarchien.56 Von den zahlreichen und facetten-reiche Wertorientierten Kennzahlen werden je Kategorie, in die sich die Wertorientierten Kennzahlen einteilen lassen (vgl. Kap. 1.4.2), jeweils die in der Praxis am weitesten verbreiteten Kennzahlen in Kapitel 2 erläutert.

Die Werttreiber einer Werttreiberhierarchie können sowohl auf formallogische bzw. mathematische Weise miteinander ver-knüpft sein, als auch in einer sachlogischen Beziehung in Form von vermuteten Ursache-Wirkungs-Beziehungen zuei-nander stehen. Eine Werttreiberhierarchie ist somit ein Sys-tem formal- und/oder sachlogisch verknüpfter Werttreiber, wo-bei operative Werttreiberhierarchien vorrangig auf formallogi-schen Zusammenhängen der Werttreiber und strategische Werttreiberhierarchien tendenziell auf sachlogischen Zusam-menhängen der Werttreiber basieren.57

Exemplarisch soll im Folgenden die operative Werttreiberhie-rarchie des Economic Value Added, der in Kapitel 2.1 detail-liert erläutert werden wird, überblicksartig dargestellt werden, um das grundlegende Prinzip der Werttreiberhierarchie nach-vollziehen zu können (vgl. Abb. 3). Ausgehend von der Spit-zenkennzahl des Economic Value Added erfolgt eine Aufspal-tung in die zur Berechnung des EVA notwendigen operativen Werttreiber, die mit jeder weiteren Ebene zunehmend konkre-ter werden.

56 Vgl. Weber et al. 2004, S. 107. 57 Vgl. Weber et al. 2004, S. 107.

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Abbildung 3: Operative Werttreiberhierarchie am Beispiel des Economic Value Added

Eigene Darstellung in Anlehnung an Weber et al. 2004, S. 108.

Ist eine weitere formallogische Aufspaltung der Spitzenkenn-zahl nicht möglich, werden unter Umständen auch sachlogi-sche Zusammenhänge verwendet. Im dargestellten Beispiel fallen alle Beziehungen bis auf die Ebene der Preise, Mengen und Stückkosten unter die formallogischen Zusammenhänge. Eine sachlogische Beziehung besteht aber beispielsweise zwischen der Kundenbindung und dem Preis, da dieser Zu-sammenhang auf einer Reihe von hypothetischen Annahmen beruht (vgl. Abb. 3).

Das dargestellte Beispiel der Hierarchiebildung von Werttrei-bern verdeutlicht die grundlegende Idee, dass eine Wertstei-gerung durch die Handlungen der Beschäftigten eines Unter-nehmens nur dann zielorientiert möglich ist, wenn den Be-schäftigten die einzelnen Ansatzpunkte der operativen Wert-steigerung bekannt sind und sie dadurch konkrete Hinweise über ihren individuellen Beitrag zur Wertsteigerung haben.58

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass an oberster Stelle einer Werttreiberhierarchie die wertorientierte Spitzen-

58 Vgl. Weber et al. 2004, S. 107.

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kennzahl steht, die sich in werttreibende Faktoren zerlegen lässt. Die einzelnen Faktoren einer operativen Werttreiberhie-rarchie orientieren sich stark am bestehenden Geschäft und sind in hohem Maß durch die Beschäftigten eines Unterneh-mens beeinflussbar. Verglichen damit berücksichtigen strate-gische Werttreiberhierarchien das zukünftige Geschäft, das sich aus der Unternehmensvision und -strategie ableiten lässt. Wegen der langfristigen Ausrichtung ist die Beeinflussbarkeit der wertreibenden Faktoren durch die Mitarbeiter aber nicht so punktgenau.59

59 Vgl. Weber et al. 2004, S. 105ff.

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3 | Nicht-integrierte Konzepte der Wertorien-tierten Unternehmensführung

3.1 Orientierung nicht-integrierter Konzepte

3.1.1 Wertsteigerung als Orientierung nicht-integrierter Konzepte

Orientierungspunkt der nicht-integrierten Konzepte der Wert-orientierten Unternehmensführung ist das Ziel der Wertsteige-rung oder -maximierung. Obwohl in der Frage der grundsätzli-chen Zielsetzung keine Uneinigkeit besteht, verdeutlicht ein Vergleich der nicht-integrierten Konzepte jedoch deutliche Unterscheide der Ansätze.

Alfred Rappaport hat die Wertschaffung, -erhaltung und -vernichtung eines Unternehmens anhand der zukünftig zu erwartenden Zahlungsüberschüsse, die auf den jeweils aktuel-len Betrachtungszeitpunkt abgezinst werden, gemessen (engl. Discounted Cashflows).60 Ein solcher Wert drückt aus, ob der Zukunftswert eines Unternehmens, der sich aus allen zukünf-tig zu erwartenden Zahlungsüberschüssen ergibt, aus Sicht der Gegenwart positiv oder negativ zu bewerten ist. Liegt der gegenwärtige Zukunftswert eines Unternehmens über dem Wert alternativer Investitionsmöglichkeiten, ist er positiv zu werten, andernfalls negativ. Erhöht sich der Unternehmens-wert, ist von Wertsteigerung die Rede; bleibt der Unterneh-menswert konstant, liegt Werterhaltung vor; und sinkt der Unternehmenswert, findet Wertvernichtung statt.61

Trotz der Plausibilität des Shareholder Value Konzepts ist in der Praxis der Einsatz von Steuerungskennzahlen verbreitet, die auf bilanziellen Größen basieren und gegen die Rappaport Sturm gelaufen ist.62 Denn weder aus der Bilanz noch aus der Gewinn- und Verlustrechnung (syn. GuV) – auch nicht mittels Interpretationen – ist der Unternehmenswert im Sinn des Shareholder Values ermittelbar, da den Daten des externen Rechnungswesens grundsätzlich der Zukunftsbezug fehlt. Die Bilanzierungsprinzipien erlauben weiterhin keine gleichwertige Behandlung zukünftiger Ein- und Auszahlungen im Sinn des

60 Vgl. Ballwieser 2000, S. 160. 61 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 21. 62 Vgl. Ballwieser 2000, S. 161.

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Shareholder Values. Außerdem darf die Erzielung eines bilan-ziellen Gewinns nicht mit der Wertschaffung im Sinn des Shareholder Values gleichgesetzt werden. Denn wenn der erwirtschaftete Gewinn nicht ausreicht, um die Renditeforde-rungen der Eigenkapitalgeber zu befriedigen, wird sogar Wert vernichtet.63

Trotz der Kritik an bilanzorientierten Steuerungskennzahlen versuchen die nicht-integrierten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung den Grad der Wertsteigerung und -maximierung bzw. des Shareholder Values über wertorientier-te Kennzahlen zu ermitteln, die auf der Anpassung von Daten des externen Rechnungswesens beruhen. Um wenigstens die Mindestanforderung wertorientierter Kennzahlen zu erfüllen, berücksichtigen die wertorientierten Kennzahlen aber eine Mindestrendite der Anteilseigner.64 Die folgenden Erläuterun-gen widmen sich zunächst der schlüssigen Systematisierung zur Einordnung und Beurteilung wertorientierter Kennzahlen.

3.1.2 Systematisierung nicht-integrierter Konzepte

Nicht-integrierte Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung, die als Periodenerfolg den Gewinn bzw. Jah-resüberschuss oder -fehlbetrag (vgl. Übersichtsdarstellung der GuV in Anhang 1)65 verwenden, werden als Residualgewinn-konzepte bezeichnet, weil vom Gewinn die Kapitalkosten, ge-messen als Verzinsung des investierten Kapitals, abgezogen werden. Zu diesen Konzepten zählen unter anderem der Eco-nomic Value Added (EVA® von Stern, Stewart & Co.66), der Economic Profit (EP von McKinsey) und der Geschäftswert-beitrag (GWB).67 Derartige Konzepte der wertorientierten Unternehmensführung sind in der Praxis stark vertreten und haben ihren Stellenwert im Vergleich der Jahre 2000 und 2003 gesteigert (vgl. Tab. 3).68

Gewinnbasierte Rentabilitätskennzahlen setzen den Gewinn als Periodenerfolg in Beziehung zum Kapitaleinsatz. Im Ver-

63 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 27. 64 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 28. 65 Die Hans-Böckler-Stiftung stellt umfangreiche Informationen zum Jahresabschluss

auf ihrer Website in Form der Praxisblätter für Betriebsräte und Aufsichtsräte zur Ver-fügung (vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2013c).

66 Der EVA ist eine eingetragene Marke von Stern, Stewart & Co. 67 Eine überblicksartige Kurzerläuterung der aufgezählten Kennzahlen erfolgt aus Platz-

gründen im Glossar. 68 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 31.

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gleich zum absoluten Wertbeitrag handelt es sich also um re-lative Kennzahlen der wertorientierten Unternehmensführung. Unter die Rentabilitätskennzahlen, die bilanzielle Gewin-ngrößen verwenden, fallen der Return on Investment (ROI), der Return on Capital (ROC), der Return on Risk Adjusted Capital (RORAC) und der Risk Adjusted Return on Capital (RAROC), der Return on Net Assets (RONA) und der Return on Assets (ROA), der Return on Invested Capital (ROIC), der Return on Equity (ROE) und der Return on Capital Employed (ROCE).69 Die Verbreitung gewinnbasierter Rentabilitätskenn-zahlen ist im Vergleich zu den übrigen wertorientierten Kenn-zahlen niedrig und nimmt tendenziell ab (vgl. Tab. 3).70

Wertorientierte Konzepte, die den zusätzlichen Cashflow an-statt den Gewinn als Periodenerfolg ansetzen, werden als Re-sidualstromgrößenkonzepte bezeichnet. Hierunter fallen Kon-zepte wie der Cash Value Added (syn. CVA) und der Share-holder Value Added (syn. SVA).71 Der SVA drückt den Wert des Unternehmens als Barwert derjenigen Zahlungsüber-schüsse aus, der nicht wieder für Investitionen in das Anlage-vermögen oder das Netto-Umlaufvermögen verwendet werden muss. Insofern fallen auch der Discounted Cashflow (syn. DCF) und der Free Cashflow (syn. FCF) in diese Kennzahlen-kategorie. Cashflowbasierte Kennzahlen werden im Vergleich zu den gewinnbasierten Konzepten zwar deutlich seltener verwendet, ihre Relevanz ist im Vergleich der Jahre 2000 und 2003 aber tendenziell gestiegen (vgl. Tab. 3).72

69 Eine überblicksartige Kurzerläuterung der aufgezählten Kennzahlen erfolgt aus Platz-

gründen im Glossar. 70 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 31. Der Return on Capital (ROC) wird häufig auch als

Return on Net Assets (RONA) oder Return on Invested Capital (ROIC) bezeichnet (vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 26).

71 Eine überblicksartige Kurzerläuterung der aufgezählten Kennzahlen erfolgt aus Platz-gründen im Glossar.

72 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 31.

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Tabelle 3: Logik, Systematik und Verbreitung wertorientierter Kennzahlen und Konzepte

Charakteristika der Konzepte der WOUfü

Konzeptkatego-rie der WOUfü

WOUfü- Kennzahlen

KPMG 200073

KPMG 200374

Chahed 200475

Basis (Nenner): Gewinn Wertbeitrag: Überge-winn (abs./rel.) Bedingung: Übergewinn = Gewinn ./. Mindestver-zinsung des eingesetzten (Gesamt-)Kapitals Bezugsgröße (Zähler): Kapitaleinsatz, d. h. in-vestiertes/gebundenes Kapital

Residualgewinn-konzepte (abs. Konzept)

EVA, EVA-Differenz

39% 54% 15%

EP 0% 0% 0%

GWB 0% 0% 0%

gewinnbasierte Rentabilitäts-kennzahlen (rel. Konzept)

ROI 4% 6% 0%

RORAC, RA-ROC

4% 1% 0%

RONA, ROA 2% 0% 0%

ROC 0% 0% 0%

ROIC 4% 0% 0%

ROE 9% 6% 0%

ROCE 12% 0% 9%

Basis (Nenner): Cash-flow Wertbeitrag: Überver-zinsungs-Cashflow (abs./rel.) Bedingung: Überverzin-sungs-Cashflow = Cash-flow ./. Mindestverzin-sung des eingesetzten (Gesamt-)Kapitals Bezugsgröße (Zähler): Kapitaleinsatz, d. h. in-vestiertes/gebundenes Kapital

Residualstrom-größenkonzepte (abs. Konzept)

CVA, CVA-Differenz

3% 7% 1%

SVA, DCF, FCF 4% 9% 0%

Cashflow-basierte Rentabi-litätskennzahlen (rel. Konzept)

CFROI, CFROA 3% 5% 3%

SVR 0% 0% 0%

-/- Sonstige Kenn-zahlen

ROS 2% 3% 0%

-/- -/- 0% 0% 0%

-/- Keine Angaben -/- 14% 9% 63%

Eigene Darstellung in Anlehnung an Ewert/Wagenhofer 2000, S. 5; Töp-fer/Duchmann 2006, S. 31.

Wird der Cashflow als Periodenerfolg in Beziehung zum Kapi-taleinsatz gesetzt, ist von cashflow-basierten Rentabilitäts-kennzahlen die Rede. Bei dieser Art von Kennzahl handelt es

73 Vgl. Afra/Aders 2000, S. 1ff. und Afra/Aders 2001, S. 99ff. An der Befragung im Jahr

1999 haben 56 der DAX100 Unternehmen teilgenommen. 74 Vgl. Aders/Hebertinger 2003, S. 13ff. und Aders et al. 2003, S. 719f. An der Befra-

gung im Jahr 2002 haben 38 der DAX100 Unternehmen teilgenommen. 75 Vgl. Chahed/Kaub/Müller 2004, S. 45.

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sich ebenfalls um eine relative Kennzahl der Wertorientierten Unternehmensführung. In diese Kategorie fallen Kennzahlen wie der Cashflow Return on Investment (CFROI), der Cash-flow Return on Assets (CFROA) und der Shareholder Value Return (SVR).76 Der Verbreitungsgrad der cashflow-basierten Rentabilitätskennzahlen ist im Vergleich zu den übrigen wert-orientierten Kennzahlen als sehr niedrig und im Jahresver-gleich tendenziell als konstant einzustufen (vgl. Tab. 3)77

In der Praxis herrscht eine deutliche Dominanz gewinnbasier-ter Residualkonzepte und Rentabilitätskennzahlen. Cashflow-basierte Residualkonzepte und Rentabilitätskennzahlen ge-nießen hingegen einen geringeren Stellenwert. Unter die in der Praxis häufig eingesetzten wertorientieren Kennzahlen der vier Kategorien fallen:

der Economic Value Added (EVA) der Return on Capital Employed (ROCE) der Cash Value Added (CVA) und der Cashflow Return on Investment (CFROI).

Aufgrund ihrer praktischen Relevanz stehen diese vier wert-orientieren Kennzahlen im Fokus der weiteren Erläuterungen des folgenden Kapitels.

3.1.3 Beurteilungskriterien nicht-integrierter Konzepte

Beurteilt werden die vier zuvor selektierten nicht-integrierten Kennzahlen der Wertorientierten Unternehmensführung an-hand von sechs Anforderungen, die Steuerungskennzahlen erfüllen sollten, um als geeignet zu gelten. Geeignet sind Kennzahlen und Konzepte, wenn sie das Handeln der Be-schäftigten so beeinflussen, dass diese ihren größtmöglichen Beitrag zur Erfüllung der Unternehmensziele leisten können.78 Die Eignung der Kennzahlen basiert daher auf dem folgenden Anforderungskatalog.

1) Die Zielkongruenz einer Kennzahl ist erfüllt, wenn sie das anvisierte Ziel korrekt abbildet. Ohne zielkongruen-te Kennzahlen können die Beschäftigten ihr Handeln

76 Eine überblicksartige Kurzerläuterung der aufgezählten Kennzahlen erfolgt aus Platz-

gründen im Glossar. 77 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 32. 78 Vgl. Weber et al. 2004, S. 84f.

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nicht am Ziel der Unternehmenswertsteigerung aus-richten.79

2) Die Anforderung der zeitlichen Entscheidungsverbun-denheit soll sicherstellen, dass Kennzahlen die Konse-quenzen der während einer Periode getroffener Ent-scheidungen zeitnah, d. h. am Periodenende, zum Ausdruck bringen.80

3) Um die unter motivationalen Gesichtspunkten sehr wichtige Anforderung der sachlichen Entscheidungs-verbundenheit zu erfüllen, soll eine Kennzahl aus-schließlich die von einem Mitarbeiter allein zu verant-wortenden Entscheidungsfolgen erfassen. Leistungs-beurteilungen gestalten sich sonst schwierig.81

4) Die Unempfindlichkeit gegenüber Fehleinschätzungen und Manipulationen soll gewährleisten, dass eine Kennzahl gegenüber beabsichtigten Manipulationen und unbeabsichtigten Fehleinschätzungen gleicherma-ßen geschützt ist.82

5) Die Verständlichkeit einer Kennzahl ist im Hinblick auf das zielorientierte Handeln der Kennzahlenadressaten (u.a. Kapitalgeber83, Analysten, Management, Beschäf-tigte, etc.) von zentraler Bedeutung, denn nur eine ver-ständliche Kennzahl bewirkt eine kennzahlenorientierte Ausrichtung des Handelns.84

6) Die Anforderung der Wirtschaftlichkeit einer Kennzahl setzt schließlich voraus, dass sich wertorientierte Kennzahlen unter Einhaltung eines vertretbaren Kos-ten-Nutzen-Verhältnisses ermitteln lassen.85

Die Beurteilung der folgenden Kennzahlen, die den Kern der nicht-integrierten Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung darstellen, anhand der hier skizzierten Anforde-

79 Vgl. Weber et al. 2004, S. 85. 80 Vgl. Weber et al. 2004, S. 85. 81 Vgl. Weber et al. 2004, S. 86. 82 Vgl. Weber et al. 2004, S. 86. 83 Der Aussagegehalt für Eigentümer ist generell kritisch zu betrachten. Aus Eigentü-

mersicht ist insbesondere fraglich, ob der Wertbeitrag, den ausschließlich das opera-tive Geschäft liefert, von alleiniger Bedeutung ist. Shareholder interessiert vermutlich der gesamte mit ihrem Kapital erwirtschaftete Erfolg des Unternehmens und nicht al-lein der operative Unternehmenserfolg (vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 15).

84 Vgl. Weber et al. 2004, S. 86f. 85 Vgl. Weber et al. 2004, S. 87.

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rungen soll dem Leser helfen, ein genaueres Verständnis der nicht-integrierten Konzepte zu erhalten und deren Eignungs-grad einschätzen zu können.

3.2 Economic Value Added

3.2.1 Idee, Elemente und Berechnung

Das Konzept des EVA, Anfang der 1990er Jahre von der Unternehmensberatung Stern, Stewart & Co. entwickelt, hat zum Ziel, die Unternehmenswertsteigerung für die Eigenkapi-talgeber durch eine periodische Kennzahl zu operationalisie-ren. In der Praxis besitzt der EVA seit seiner Einführung eine dominante Stellung (vgl. Tab. 3).

Der Kerngedanke des EVA besteht darin, eine periodenbezo-gene Differenz zwischen dem durch das eingesetzte Kapital erwirtschafteten betrieblichen Gewinn86 und den mit dem Ka-pitaleinsatz verbundenen Kosten eines Unternehmens zu er-mitteln.87

Der EVA berechnet sich als Differenz zwischen dem Betriebs-ergebnis vor Zinsen und nach Steuern (engl. Net Operating Profit after Taxes, NOPAT)88 und dem mit dem Kapitaleinsatz (engl. Capital Employed) gewichteten Kapitalkostensatz (engl. Weighted Average Cost of Capital) einer Periode t.89 Er drückt den Übergewinn einer Periode aus, der sich nach Subtraktion der Kosten für das zur Gewinnerwirtschaftung in der Periode durchschnittlich eingesetzte Fremd- und Eigenkapital vom betrieblichen Gewinn nach Steuern ergibt. Die Formel hierzu lautet:

𝐄𝐕𝐀𝐭 = 𝐍𝐎𝐏𝐀𝐓𝐭𝐄𝐕𝐀 – 𝐖𝐀𝐂𝐂 𝐭 ∗ 𝐂𝐄𝐭𝐄𝐕𝐀 = (𝐑𝐎𝐂𝐄𝐭 – 𝐖𝐀𝐂𝐂𝐭) ∗ 𝐂𝐄𝐭𝐄𝐕𝐀

Durch Umformung der Berechnungsformel lässt sich der EVA auch als Produkt darstellen (vgl. Berechnungsformel). Der EVA ergibt sich dann durch Multiplikation des eingesetzten

86 Dies entspricht einem positiven Ergebnis der betrieblichen Geschäftstätigkeit. Im Fall

eines negativen Ergebnisses der betrieblichen Geschäftstätigkeit wird von einem be-trieblichen Verlust gesprochen.

87 Vgl. Weber et al. 2004, S. 55. 88 Der NOPAT ergibt sich aus dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag gemäß Gewinn- und

Verlustrechnung, der um den tatsächlichen Steueraufwand gemindert wird. 89 Exemplarisch vgl. Weber et al. 2004, S. 55; Ewert/Wagenhofer 2000, S. 9.

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Kapitals (CE) mit der Differenz, die sich aus den Rückflüssen auf das in der Periode durchschnittlich eingesetzte Kapital (engl. Return on Capital Employed = ROCE in %) und dem gewichteten Kapitalkostensatz (WACC in %) ergibt.

Übersteigen die Rückflüsse aus dem eingesetzten Kapital (ROCE) den Kapitalkostensatz des eingesetzten Kapitals (WACC), steigt der Unternehmenswert und Unternehmens-wert wird geschaffen (positive ROCE-WACC-Differenz), an-dernfalls sinkt der Unternehmenswert und Wert wird vernichtet (negative ROCE-WACC-Differenz).90

In der Literatur werden die direkte und indirekte Methode als zwei unterschiedliche Vorgehensweisen zur Bestimmung des EVA vorgeschlagen. Im Rahmen der direkten Methode wer-den die einzelnen Bestandteile der EVA-Formel aus einzelnen Positionen des Rechnungswesens ermittelt und in die Formel eingesetzt. Die indirekte Berechnung setzt auf den vorhande-nen Daten des Jahresabschlusses auf und bestimmt die Er-gebnis- und Kapitalgrößen über eine Reihe von nachträgli-chen Anpassungen.91

Die indirekte Ermittlungsmethode hat sich in der Praxis im Wesentlichen durchgesetzt, obwohl der damit verbundene Anpassungsaufwand der Berechnungsgrößen nicht unerheb-lich ist. Die erforderlichen Anpassungen (engl. Conversions bzw. Adjustments), die sich in vier Kategorien einteilen lassen, betreffen die Bestimmung des Geschäftsergebnis nach Steu-ern (NOPAT) und des investierten Kapitals (CE) und sollen im Folgenden kurz erwähnt werden.

Operating Conversions haben das Ziel die Jahresabschluss-daten (Bilanz und GuV) auf die betriebliche Sphäre einzu-grenzen. Nicht betriebsnotwendige Vermögensbestandteile und nicht betriebsbedingte Ergebnisbestandteile bleiben bei der EVA-Ermittlung unberücksichtigt. Die Frage, welche Ele-mente nicht betriebsnotwendig und -bedingt sind, lässt sich jedoch nicht allgemeingültig beantworten.

1) Funding bzw. Comparability Conversions haben das Ziel, die Finanzierungseffekte verschiedenartiger Fi-nanzierungsformen (wie Kauf, Miete und Leasing) transparent zu machen, um die EVA-Vergleichbarkeit

90 Anstelle des Begriffs ‚Differenz‘ wird häufig der englischsprachige Begriff ‚Spread‘

verwendet. 91 Vgl. Weber et al. 2004, S. 57.

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zu unterschiedlichen Zeitpunkten und zwischen ver-schiedenen Unternehmensbereichen bzw. Unterneh-men zu gewährleisten.

2) Shareholder Conversions haben zum Ziel, eigenkapi-talähnliche Bilanzposten in die EVA-Berechnung ein-zubeziehen. Darunter fallen Vermögensgegenstände, die im Jahresabschluss nicht oder unzureichend er-fasst werden. Diese Aufwandspositionen mit Investi-tionscharakter sind zu aktivieren und über die Nut-zungsdauer abzuschreiben.

3) Tax Conversions haben zum Ziel, nur die Ertrags-steuern bei der EVA-Ermittlung zu berücksichtigen, die auf die angepasste Ergebnisgröße entfallen. Folglich handelt es sich bei der berücksichtigten Steuerlast um eine fiktive und keine tatsächliche Größe.92

Das Konzept des EVA ist in Theorie und Praxis anerkannt und weit verbreitet. Ursprünglich wurde der EVA zwar für die An-wendung in Konzernen und Großunternehmen entwickelt. Mit einigen Modifikationen und Vereinfachungen lässt sich der EVA aber auch schnell und einfach in kleinen und mittleren Unternehmen anwenden. Unterstützend werden auch EVA-Rechner also Software-Download angeboten.93

3.2.2 Eignung und Aussagegehalt

Der EVA findet in der Praxis sehr häufig Anwendung und scheint daher eine geeignete und aussagekräftige Kennzahl der wertorientieren Unternehmensführung zu sein. Eine detail-lierte Bewertung der Kennzahl anhand der bereits vorgestell-ten Anforderungen, die an wertorientierte Kennzahlen gestellt werden, offenbart jedoch, dass der Economic Value Added einigen Restriktionen in Bezug auf seine Eignung unterliegt.

1) In Bezug auf die Anforderung der Zielkongruenz einer Kennzahl ist festzuhalten, dass der einperiodische EVA eine sehr indirekte Beziehung zum Ziel der Unterneh-menswertsteigerung besitzt, da er die Unternehmens-

92 Vgl. Weber et al. 2004, S. 58f. 93 Vgl. Erichsen 2013, S. 263ff. Ein kostenpflichtiger Download des EVA-Rechners für

kleine Unternehmen auf Basis von Microsoft Excel ist unter http://shop.nwb.de/en/Artikel/E/63001.aspx?b=j erhältlich.

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entwicklung zukünftiger Perioden nicht berücksichtigt. Um eine Aussage über die Veränderung des Unter-nehmenswertes in einer Periode t treffen zu können, müssten sämtliche EVAs des zugrundeliegenden Be-trachtungszeitraums bekannt sein und als Barwert in die Berechnung des Marktwerts in Periode t einge-hen.94

2) Da der EVA, im Gegensatz zum Discounted Cashflow Verfahren (DCF)95, ein einperiodisches und vergan-genheitsbezogenes Konzept ist, wird die Anforderung der zeitlichen Entscheidungsverbundenheit allenfalls für die jeweilige Betrachtungsperiode erfüllt. Der EVA birgt daher das Risiko, dass Mitarbeiter ihre Entschei-dungen am kurzfristigen Erfolg ausrichten.96 Dies lässt sich bedingt vermeiden, indem der Entscheidungsfin-dung der Delta-EVA als Differenz der EVAs zweier aufeinanderfolgender Perioden zugrunde gelegt wird.97

3) Die mittels EVA geführten Mitarbeiter müssen, um der Anforderung der sachlichen Entscheidungsverbunden-heit gerecht zu werden, Einfluss auf den Kapitalkosten-satz, die Kapitalverwendung und die Steuerlast haben, sofern diese Größen im Betrachtungszeitraum nicht konstant gehalten werden.98

4) Der EVA erlaubt Manipulationen - zumindest in gerin-gem Maß - zum Beispiel über die Festlegung der Nut-zungsdauer und der periodischen Abschreibung der Vermögensbestandteile bzw. des investierten Kapitals. Je länger die Nutzung, desto niedriger der periodische Abschreibungsbetrag und desto höher der EVA und umgekehrt. Weitere Einflussmöglichkeiten bieten sich bei der Festlegung des gewichteten Kapitalkostensat-zes (WACC) und der Anpassung der Ergebnis- und Kapitalgrößen. Wegen der mangelnden Zielkongruenz des EVA besteht außerdem die Möglichkeit der Fehlin-terpretation.99

94 Vgl. Weber et al. 2004, S. 87f. 95 Vgl. Brandt/Zencke, S. 609ff. zur Anwendung des DCF-Konzepts bei der SAP AG. 96 Vgl. Weber et al. 2004, S. 96. 97 Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze 2002, S. 3. 98 Vgl. Weber et al. 2004, S. 97. 99 Vgl. Weber et al. 2004, S. 98f.

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5) Die Interpretation des EVA stellt hohe Anforderungen an den Wissenstand der Adressaten im Bereich des externen Rechnungswesens und der Kapitalmarkttheo-rie und erfordert darüber hinaus auch detaillierte Kenntnisse über die mitunter zahlreihen durchgeführ-ten Anpassungen. Die Anforderung der Verständlich-keit ist daher keinesfalls für alle Adressatengruppe ge-geben.100

6) Für den EVA ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis als durchschnittlich zu bezeichnen, weil der mit der EVA-Ermittlung verbundene Anpassungsaufwand kostener-höhend wirkt. Kostensenkend wirkt sich hingegen aus, dass die meisten der berechnungsrelevanten Daten bereits vom externen Rechnungswesen zur Verfügung gestellt werden. Viel schwieriger – wenn überhaupt möglich – ist hingegen die quantitative Bestimmung des Kennzahlennutzens.101

Zusammenfassend lässt sich trotz der nur mäßigen Erfüllung der Anforderungen, die eine wertorientierte Kennzahl erfüllen sollte, festhalten, dass der EVA keinesfalls ungeeignet ist und prinzipiell nicht abgelehnt werden sollte. Unter Berücksichti-gung von unternehmensspezifischen Besonderheiten und praktischen Erfordernissen soll allerdings betont werden, dass die Praxis ihr Vorgehen bei der Ausgestaltung und Implemen-tierung der Kennzahl hinterfragt und unter Umständen vorge-nommene Vereinfachungen bei der Interpretation und Nut-zung der Kennzahl berücksichtigt.102

3.2.3 Umsetzungspraxis

Weder in der Wissenschaft noch in der Praxis existiert eine allgemeingültige Definition des EVA, denn das Grundkonzept von Stern, Stewart & Co. enthält bereits eine Vielzahl von Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Ermittlung der Kennzah-lenbestandteile.103 Zudem wurde der EVA in der Praxis sehr unterschiedlich implementiert.

100 Vgl. Weber et al. 2004, S. 100f. 101 Vgl. Weber et al. 2004, S. 65 und 70 für eine zusammenfassende Übersichtsdarstel-

lung der NOPAT und CE-Anpassungen in Tabellenform. 102 Vgl. Weber et al. 2004, S. 92. 103 Vgl. Weber et al. 2004, S. 55f. Für Daten, die auf US-GAAP-Jahresabschlüssen

beruhen, werden 164 potenzielle Anpassungen genannt.

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Die Heterogenität der Konzeptausgestaltung und -implementierung verdeutlichen die folgenden in der Literatur ausführlich und anschaulich dokumentierten Fallbeispiele:

Continental AG104 DaimlerChrysler AG bzw. Daimler AG105 Deutsche Telekom AG106 E.ON AG107 Heidelberger Druckmaschinen AG108 Henkel KGaA109 Metro Group AG110 RWE AG111 Siemens AG112 ThyssenKrupp AG113

Alle genannten Beispiele offenbaren, dass die praktische Im-plementierung des EVA-Konzepts auf unternehmensspezifi-schen Anpassungen beruht, welche die Ermittlung des Ge-winns, des Kapitalkostensatzes und des eingesetzten Kapitals betreffen.

Neben den in der Fachliteratur gut dokumentierten Unterneh-mensbeispielen weisen die folgenden beiden Unternehmen des DAX30 zumindest in ihren Geschäftsberichten oder auf ihrer Unternehmenswebsite auf die Verwendung des EVA hin.

Adidas AG Volkswagen AG

104 Vgl. Hippe/Reibe 2003, S. 205f. 105 Vgl. Kauffmann/Götzenberger 2006, S. 181; Donlon/Weber 1999, S. 381. 106 Vgl. Jendrock 2004, S. 125ff. 107 Vgl. Beck 2003, S. 125f. 108 Vgl. Meyer 2006, S. 649ff. 109 Vgl. Beck 2003, S. 124f. 110 Vgl. Körber 2006, S. 205ff.; Beck 2003, S. 127. 111 Vgl. Börsig 2000, S. 167ff. 112 Vgl. Neubürger 2000, S. 188ff. Die Siemens AG nutzt als Kennzahl den Geschäfts-

wertbeitrag (GWB), der auf dem EVA-Konzept basiert, aber einige Vereinfachungen im Vergleich zum Ursprungskonzept beinhaltet.

113 Vgl. Berlien et al. 2006, S. 597ff.; Piontkowski 2011, S. 11ff.; Beck 2003, S, 127ff.

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3.3 Return on Capital Employed

3.3.1 Idee, Elemente und Berechnung

Der ROCE fällt als gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl unter die ebenfalls weit verbreiteten relativen Kennzahlen (vgl. Tab. 3).114 Ein Vergleich mit der zuvor dargestellten Berechnungs-formel des EVA verdeutlicht die inhaltliche Nähe zwischen gewinnbasierten Residual- und Rentabilitätskonzepten. Grundsätzlich existiert zu jeder gewinnbasierten Residual-kennzahl eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl.115

Der Kerngedanke des ROCE besteht darin, das Geschäfts-ergebnis einer Periode in Beziehung zum Kapital, das für die Erzielung des Periodenergebnisses eingesetzt wurde, zu set-zen.116 Anders formuliert setzt der ROCE die Rückflüsse, die den Eigen- und Fremdkapitalgebern zufließen, in Beziehung zum Eigen- und Fremdkapital, dass die Kapitalgeber langfris-tig zur Verfügung stellen. Er bringt dadurch die Verzinsung der Fremdkapitalgeber bzw. die Dividende der Eigenkapitalgeber zum Ausdruck.

Analog zum EVA existiert in der Literatur ebenfalls keine all-gemeingültige Definition des ROCE. Daher enthält der Zähler des ROCE je nach Quelle entweder das Geschäftsergebnis vor Zinsen und nach Steuern (Net Operating Profit after Ta-xes, NOPAT) oder aber das Betriebsergebnis vor Zinsen und vor Steuern (Earnings before Interest and Taxes, EBIT) einer Periode t. Der ROCE eignet sich folglich gleichermaßen für eine Vor- und Nachsteuerbetrachtung der gewinnbasierten Rentabilität.117

𝐑𝐎𝐂𝐄𝐭 = 𝐍𝐎𝐏𝐀𝐓𝐭𝐂𝐄𝐭

𝐨𝐝𝐞𝐫 𝐄𝐁𝐈𝐓𝐭𝐂𝐄𝐭

Dem Kerngedanken des ROCE folgend berücksichtigt der ROCE im Nenner nur das in betriebsnotwendiges Vermögen investierte und langfristig gebundene Kapital (CE). Dieses lässt sich rechnerisch sowohl aus der Aktivseite als auch aus

114 Vgl. Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 31f. 115 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 26. 116 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 26; Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 31. 117 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 27. Der NOPAT entspricht dem EBIT, das um den

tatsächlichen Steueraufwand (Taxes) gemindert wird. An Stelle des EBIT findet man aber auch weitere Größen wie EBITA (Earnings before Interest, Taxes, and Amortiza-tion) und EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, and Depreciation).

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der Passivseite der Bilanz ermitteln.118 In Abhängigkeit der jeweils gewählten ROCE-Definition beinhaltet das investierte Kapital (CE) gelegentlich auch die liquiden Mittel.

Passivisch ergibt sich das investierte langfristig gebundene Kapital als Summe des Eigenkapitals und des langfristigen verzinslichen Fremdkapitals (Anleihen, Bankdarlehen, Pen-sionsrückstellungen). Das kurzfristige nicht verzinsliche Fremdkapital (Sonstige Rückstellungen, Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung) und die Rechnungsabgrenzungspos-ten bleiben bei dieser Ermittlungsform unberücksichtigt.119

Aktivisch lässt sich das investierte langfristig gebundene Kapi-tal als Summe aus Anlagevermögen, Vorräten, Forderungen aus Lieferung und Leistung und aktiven Rechnungsabgren-zungsposten abzüglich der (kurzfristigen) Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, der sonstigen Rückstellungen und Steuerrückstellungen (ohne Pensionsrückstellungen) und der passiven Rechnungsabgrenzungsposten ermitteln.120

3.3.2 Eignung und Aussagegehalt

Die Beurteilung der Eignung und Aussagekraft des ROCE folgt konzeptionell und inhaltlich wegen der engen Verbindung im Großen und Ganzen der EVA-Bewertung.

1) Der periodische ROCE weist keine Beziehung zum Ziel der Unternehmenswertsteigerung auf und erfüllt die Anforderung der Zielkongruenz einer Kennzahl nicht. Stattdessen repräsentiert der ROCE die Höhe der Mit-telzuflüsse (Periodenüberschuss) bzw. Mittelabflüsse (Periodenfehlbetrag), die für die Ausschüttung an die Eigen- und Fremdkapitalgeber in Form von Dividenden und Zinsen zur Verfügung stehen. Außerdem handelt es sich beim ROCE um eine aus Buchwerten und nicht aus Marktwerten abgeleitete Kennzahl.121

2) Die Anforderung der zeitlichen Entscheidungsverbun-denheit erfüllt der ROCE ebenso wenig wie der EVA,

118 Vgl. Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 31f. 119 Vgl. Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 32. Das Capital Employed lässt sich

ebenfalls durch Subtraktion des kurzfristigen (nichtverzinslichen) Fremdkapitals und der liquiden Mittel vom Gesamtkapital ermitteln.

120 Vgl. Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 32. 121 Vgl. Haeseler/Hörmann 2006b, S. 126.

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da sich der ROCE analog zum EVA auf eine Periode bezieht und einen rein vergangenheitsbezogenen Cha-rakter ohne Zukunftsbezug besitzt.122

3) Die Anforderung der sachlichen Entscheidungsverbun-denheit erfüllt der ROCE nur für den Fall, dass die mit-tels ROCE geführten Mitarbeiter Einfluss auf die Kapi-talverwendung und, im Fall der Berechnung des ROCE mittels NOPAT, die Steuerlast haben oder aber diese Rechnungsgrößen im Ermittlungszeitraum konstant gehalten werden.123

4) Die Unempfindlichkeit gegenüber Fehleinschätzungen und Manipulationen ist ebenfalls nur bedingt gegeben, weil der ROCE über die Festlegung der Nutzungsdauer und der jährlichen Abschreibungshöhe der Vermö-gensbestandteile bzw. des investierten Kapitals Mani-pulationen erlaubt. Je länger die Nutzung, desto niedri-ger die periodische Abschreibung und desto höher der ROCE und vice versa. Weitere Einfluss- und Fehler-möglichkeiten bieten sich bei der Anpassung der Er-gebnis- und Kapitalgrößen.124

5) Die Verständlichkeit des ROCE ist aus Sicht der Adressaten tendenziell höher einzustufen als die Ver-ständlichkeit des EVA. Allerdings sind auch weiterhin fundiertes Wissen im Bereich des externen Rech-nungswesens und detaillierte Kenntnisse über die ge-wählte Ermittlungsmethode und die durchgeführten Anpassungen erforderlich. Die Verständlichkeit des ROCE ist folglich eben nicht als selbstverständlich an-zusehen.125

6) Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit ist der ROCE als akzeptabel einzustufen, da das Kosten-Nutzen-Verhältnis seiner Ermittlung vertretbar ist. Kos-tensenkend wirkt sich dabei vor Allem aus, dass die meisten der berechnungsrelevanten Daten bereits vom externen Rechnungswesen zur Verfügung gestellt wer-den und der Anpassungsaufwand gering ist. Obwohl der ROCE sicher eine wichtige Information für die Kapi-

122 Vgl. Haeseler/Hörmann 2006b, S. 126. 123 Vgl. Weber et al. 2004, S. 97. 124 Vgl. Weber et al. 2004, S. 98f. 125 Vgl. Weber et al. 2004, S. 100f.

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talgeber darstellt, bleibt die quantitative Bestimmung seines Nutzens unklar.126

Vorteilhaft am ROCE ist die Tatsache, dass er – wie alle ge-winnbasierten Kennzahlen relativer Art – eine Aussage über die Rentabilität des eingesetzten Kapitals erlaubt. Vor dem Hintergrund der wertorientierte Unternehmensführung liefert der ROCE jedoch keinen nennenswerten informationellen Mehrwert im Vergleich zum EVA. Außerdem bleibt sein Aus-sagegehalt ohne genaue Kenntnis seiner Berechnung gering und unklar. Deshalb und aus den zuvor erläuterten Gründen erscheint der ROCE trotz seiner praktischen Verbreitung für die Steuerungspraxis nur wenig tauglich.127

3.3.3 Umsetzungspraxis

Im Jahr 2000 und 2004 war der ROCE eine in der Praxis ebenfalls recht häufig verwendete gewinnbasierte Kennzahl (vgl. Tab. 3). Die Tatsache, dass der ROCE im Jahr 2003 nicht, aber der EVA deutlich häufiger als noch drei Jahre zu-vor von den befragten Unternehmen genannt wurde, legt die Vermutung nahe, dass die befragten Unternehmen den ROCE in das EVA-Konzept eingebunden haben könnten. Wegen der konzeptionellen Nähe beider Konzepte scheint dies durchaus plausibel zu sein.

Ebenso wenig wie für den EVA existiert für den ROCE in Theorie und Praxis eine allgemeingültige Definition. Daher wird auch der ROCE in der Praxis unterschiedlich und in Ab-hängigkeit der unternehmensspezifischen Anforderungen im-plementiert. Grundsätzlich eignen sich die zuvor erwähnten Unternehmensbeispiele, die den EVA bzw. den GWB als wertorientierte Spitzenkennzahl nutzen, um die unterneh-mensspezifischen Ausprägungen des ROCE nachvollziehen zu können (vgl. Kap. 2.2.3).

126 Vgl. Weber et al. 2004, S. 65 und 70 für eine zusammenfassende Übersichtsdarstel-

lung der NOPAT und CE-Anpassungen in Tabellenform. 127 Vgl. Haeseler/Hörmann 2006, S. 126.

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3.4 Cash Value Added

3.4.1 Idee, Elemente und Berechnung

Neben dem Economic Value Added hat sich im Laufe der 90er Jahre der Cash Value Added (CVA) als wertorientierte Kenn-zahl etabliert.128 Der von der Boston Consulting Group entwi-ckelte CVA ist eine Residualstromgrößenkennzahl (vgl. Tab. 3).129

Der CVA drückt im Vergleich zum EVA die periodische Verän-derung des Unternehmenswertes auf Basis von Zahlungs-strömen (engl. cashflows) – und nicht wie der EVA auf Basis von Gewinnen – aus und wird als Überverzinsungs-Cashflow – und nicht wie der EVA als Übergewinn – bezeichnet. Trotz der unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten und der dadurch bedingten Unschärfe der beiden Konzepte, unter-scheiden sich der CVA und der EVA mittlerweile lediglich noch im Detail.

Die Grundidee des CVA besteht in der Ermittlung einer perio-denbezogenen und zahlungsstromorientierten Differenz. Der CVA stellt folglich wie der EVA eine absolute Kennzahl dar. Vom „typischen“ durch die Betriebstätigkeit erwirtschafteten Zahlungsmittelüberschuss (syn. Cashflow der betrieblichen Tätigkeit) vor Zinsen und nach Steuern130 werden die Zinsen und Dividenden (syn. WACC) für das eingesetzte und zu his-torischen Kosten bewertete betriebsnotwendige Kapital (syn. CE) und eine Abschreibung, die der Erhaltung des eingesetz-ten Kapitals dient, abgezogen.131

In Anlehnung an diese Grundidee berechnet sich der CVA aus dem Brutto-Cashflow (syn. BCF)132 der Periode vor Zinsen und nach fiktiven Steuern, von dem die Ökonomische Ab-schreibung (syn. ÖA) und die gewichteten Kosten des in der

128 Vgl. Weber et al. 2004, S. 72f.; Ewert/Wagenhofer 2000, S. 21ff. 129 Vgl. Weber et al. 2004, S. 104. 130 Dies entspricht einem positiven Zahlungsstrom aus der betrieblichen Tätigkeit. Im Fall

eines negativen Zahlungsstroms der betrieblichen Tätigkeit ist von einem Zahlungs-mittelfehlbetrag die Rede.

131 Vgl. Weber et al. 2004, S. 55 und S. 95. 132 Der BCF ergibt sich aus dem Jahresüberschuss/-fehlbetrag (engl. earnings before

interest and taxes = EBIT) gemäß Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), der um außerordentliche und aperiodische, fremdkapitalbezogene, investitions-, miet- und leasingbezogene sowie rückstellungsbezogene Positionen mit Aufwands-, Abschrei-bungs-, Zins- und Steuercharakter und -wirkungen bereinigt wird.

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Periode eingesetzten Kapitals (syn. WACC * CE) subtrahiert werden.133

𝐂𝐕𝐀𝐭 = 𝐁𝐂𝐅𝐭 – Ö𝐀𝐭 − 𝐖𝐀𝐂𝐂 𝐭 ∗ 𝐂𝐄𝐭𝐂𝐅𝐑𝐎𝐈 = (𝐂𝐅𝐑𝐎𝐈𝐭 – 𝐖𝐀𝐂𝐂𝐭) ∗ 𝐂𝐄𝐭𝐂𝐅𝐑𝐎𝐈

Durch Umformung der Berechnungsformel lässt sich der CVA auch als Produkt darstellen. Der CVA ergibt sich demnach durch die Multiplikation der Summe des investierten Kapitals (engl. Capital Employed, CE) mit der Differenz, die sich aus der Subtraktion des gewichteten Kapitalkostensatzes (engl. Weighted Average Cost of Capital, WACC in %) von den ab-schreibungsbereinigten Rückflüssen des durchschnittlich ein-gesetzten Kapitals (engl. Cashflow Return on Investment, CFROI in %) ergibt.134

Übersteigen die Cashflow-Rückflüsse aus dem investierten Kapital (CFROI) den Kapitalkostensatz des eingesetzten Kapi-tals (WACC), steigt der Unternehmenswert bzw. wird Wert geschaffen (positive CFROI-WACC-Differenz), andernfalls sinkt der Unternehmenswert bzw. wird Wert vernichtet (nega-tive CFROI-WACC-Differenz).

Analog zum EVA dominiert die indirekte Ermittlungsmethode des CVA in der Praxis, obwohl der damit verbundene Anpas-sungsaufwand der Positionen höher ist als der Anpassungs-aufwand im EVA-Konzept. Die notwendigen bzw. potenziell möglichen Anpassungen betreffen die Ermittlung des Brutto-Cashflow (BCF), der Ökonomischen Abschreibung (ÖA) und der gewichteten Kapitalkosten (WACC * CE).

1) Als Brutto-Cashflow (BCF) wird der Zahlungsüber-schuss nach Abzug von Steuern auf den Unterneh-mensgewinn bezeichnet, der zur Ausschüttung an die Kapitalgeber oder für Investitionen zur Verfügung steht. Der Brutto-Cashflow ist daher ein „ergebnisorientierter“ und kein „liquiditätsorientierter“ Cashflow. Ein allge-meines Schema, das die Anpassungen des Jahres-ergebnisses zum Zweck der indirekten Ermittlung des Brutto-Cashflow enthält, liegt jedoch nicht vor. Insofern gestaltet sich die Ermittlung des BCF im Vergleich zur

133 Vgl. Weber et al. 2004, S. 77. 134 Vgl. Weber et al. 2004, S. 76.

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Ermittlung des NOPAT im EVA-Konzept grundsätzlich schwieriger.135

2) Die Ökonomische Abschreibung (ÖA) beschreibt den konstanten Cashflow, der alljährlich zurückzulegen ist, um das abschreibbare Anlagevermögen über die ge-samte Nutzungsdauer zurückzuverdienen bzw. die In-vestitionen zu amortisieren. Dabei wird unterstellt, dass die zur Wiedergewinnung des abschreibbaren Anlage-vermögens zurückgelegten Cashflows zum Zinssatz in Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes wiederan-gelegt werden können.136

3) Die Kapitalbasis (CE) stellt das zur Erzielung des Brut-to-Cashflows eingesetzte betriebsnotwendige Kapital dar. Uneinigkeit besteht jedoch darin, ob im Sinn einer zeitpunkt- oder zeitraumbezogenen Größe das zu Be-ginn einer Periode oder das durchschnittlich während einer Periode gebundene Kapital anzusetzen ist. Un-abhängig von der endgültigen Beantwortung dieser Frage sind Anpassungen der Bilanzsumme notwendig, um die Kapitalbasis nach dem CVA-Konzept zu ermit-teln.137

4) Der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) repräsen-tiert den mit der Fremd- und Eigenkapitalbasis gewich-teten Mittelwert der Verzinsungsansprüche der Fremd-kapitalgeber und der Dividendenforderungen der Eigenkapitalgeber. Da die Bestimmung des gewichte-ten Kapitalkostensatzes (WACC) ebenfalls nicht ein-deutig geregelt ist, berücksichtigen manche WACC-Definitionen einzelne den Unternehmenswert beein-flussende Aspekte wie den sog. Tax Shield, während andere WACC-Definitionen dieselben Aspekte unter Verweis darauf, dass diese Aspekte innerhalb der CVA-Formel anderen Positionen zuzurechnen seien, nicht berücksichtigen. Einigkeit besteht jedoch darin, einen mit der Kapitalbasis gewichteten Kapitalkosten-satz anzuwenden.138

5) Die gewichteten Kapitalkosten (WACC * CE) ergeben sich durch Multiplikation des gewichteten Kapitalkos-

135 Vgl. Weber et al. 2004, S. 78. 136 Vgl. Weber et al. 2004, S. 75. 137 Vgl. Weber et al. 2004, S. 82. 138 Vgl. Weber et al. 2004, S. 84.

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tensatzes (WACC) mit der gewichteten Kapitalbasis (CE). Die zuvor skizzierten Gestaltungsspielräume zeit- und inhaltsbezogener Art verhindern allerdings eine konsistente Ermittlung der gewichteten Kapitalkosten, die über die Zeit und/oder Unternehmen vergleichbar ist.

3.4.2 Eignung und Aussagegehalt

Der CVA findet in der Praxis im Vergleich zu den übrigen wertorientierten Kennzahlen relativ selten Anwendung (vgl. Tab. 3). Die detaillierte Betrachtung des CVA anhand der be-reits vorgestellten Anforderungen wertorientierter Kennzahlen verdeutlicht die Eignung des CVA zur wertorientierten Unter-nehmenssteuerung und liefert mögliche Erklärungen für den vergleichsweise geringen Verbreitungsgrad des CVA.

1) In Bezug auf die Anforderung der Zielkongruenz einer Kennzahl ist festzustellen, dass der periodische CVA wie der EVA nur eine sehr indirekte Beziehung zum Ziel der Unternehmenswertsteigerung besitzt.139 Zwar existieren in der Literatur bereits Ansätze, die versu-chen den CVA ebenso wie den EVA in ein mehrperio-disches Konzept einzubinden. Diese Ansätze befinden sich jedoch noch in der Entwicklung und sind daher auch nur bedingt praxistauglich.

2) Die Anforderung der zeitlichen Entscheidungsverbun-denheit kann der CVA analog zum EVA nur unzurei-chend erfüllen, da der CVA die Konsequenzen getrof-fener Entscheidungen weder zeitnah noch voraus-schauend ausweist. Im Gegensatz zum Discounted Cashflow Verfahren (DCF)140 stellt der CVA ein einpe-riodisches und vergangenheitsbezogenes Konzept dar. Insofern birgt der CVA ebenfalls das Risiko, dass Mit-arbeiter ihre Entscheidungen am kurzfristigen Erfolg ausrichten.141 Dies lässt sich in geringem Umfang da-durch vermeiden, dass der Entscheidungsfindung der

139 Vgl. Weber et al. 2004, S. 94. 140 Vgl. Brandt/Zencke, S. 609ff. zur Anwendung des DCF bei der SAP AG. 141 Vgl. Weber et al. 2004, S. 96.

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Delta-CVA als Differenz der CVAs zweier aufeinander-folgender Perioden zugrunde gelegt wird.142

3) Die Anforderung der sachlichen Entscheidungsverbun-denheit erfüllt der CVA analog zum EVA nur dann, wenn die mittels CVA geführten Mitarbeiter einen Ein-fluss auf die der CVA-Berechnung zugrundeliegenden Rechengrößen haben oder aber diese Größen im Er-mittlungszeitraum konstant gehalten werden. Andern-falls ist der CVA für die Mitarbeiterführung wenig ge-eignet.143

4) Die Unempfindlichkeit gegenüber Fehleinschätzungen wird sowohl beim CVA als auch beim EVA als moderat angesehen, ist aber weder beim CVA noch beim EVA auszuschließen. Denn aufgrund unsicherer Zukunfts-erwartungen bestehen grundsätzlich Möglichkeiten der (beabsichtigten) Manipulation und der (unbeabsichtig-ten) Fehleinschätzung, die zur Verzerrung der Kenn-zahlen führen kann. Derartige Verzerrungen basieren beispielsweise auf der Festlegung der Nutzungsdauer, die für die Wiedergewinnung des eingesetzten be-triebsnotwendigen Kapitals eine wesentliche Bedeu-tung hat. Je länger die Nutzung, desto niedriger der pe-riodische Abschreibungsbetrag (ÖA) und desto höher der CVA und umgekehrt. Weitere Einflussmöglichkei-ten bieten sich bei der Festlegung des gewichteten Ka-pitalkostensatzes (WACC).144

5) Der CVA weist im direkten Vergleich mit dem EVA-Konzept die größeren Verständnisprobleme auf. Zwar vermeidet der CVA im Gegensatz zum EVA das Pro-blem abschreibungsbedingt sinkender Buchwerte. Al-lerdings erschweren die Methode des Internen Zinsfu-ßes und die Methode der Ökonomische Abschreibung, die beide der alternativen Ermittlung des Cashflow Re-turn on Investment (CFROI) dienen, das Verständnis des CVA, weil sie den Eindruck vermitteln, es handle sich beim CVA um eine mehrperiodische Kennzahl.145

6) Der CVA erfüllt die Anforderung der Wirtschaftlichkeit bedingt und weist ein vertretbares Kosten-Nutzen-

142 Vgl. Coenenberg/Mattner/Schultze 2002, S. 3. 143 Vgl. Weber et al. 2004, S. 97. 144 Vgl. Weber et al. 2004, S. 98f. 145 Vgl. Weber et al. 2004, S. 100f.

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Verhältnis auf. Der kostenerhöhenden Wirkung der An-passungen, die im Rahmen der CVA-Ermittlung not-wendig werden, und der Notwendigkeit, zum Zweck der CVA-Berechnung eine eigene Buchhaltung einzufüh-ren, steht eine kostensenkende Wirkung gegenüber, da die meisten der berechnungsrelevanten und vergan-genheitsbezogenen Daten bereits vom externen Rech-nungswesen zur Verfügung gestellt werden.146 Da eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit immer nur im Zu-sammenhang mit dem potenziellen Nutzen der Kenn-zahlennutzung im Einzelfall getroffen werden kann, ist eine abschließende und allgemeingültige Aussage nicht möglich.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der CVA und der EVA ähnliche Beschränkungen im Hinblick auf die Anfor-derungen, die wertorientierte Kennzahlen erfüllen sollten, um für die wertorientierte Unternehmensführung geeignet zu sein, aufweisen. Verstärkt wird die nahezu deckungsgleiche Ein-schätzung der Eignung der beiden Residualkonzepte dadurch, dass sie sich nur noch unwesentlich unterscheiden.

3.4.3 Umsetzungspraxis

Trotz der vergleichsweise geringen praktischen Verbreitung des CVA-Konzepts lassen sich drei in der Fachliteratur aus-führlich dokumentierte Praxisbeispiele nennen:

Bayer AG147 Deutsche Lufthansa AG148 Stinnes AG (seit 2008 DB Mobility Logistics AG)149

Das CVA-Konzept der Bayer AG ist nicht nur sehr ausführlich in der Fachliteratur dokumentiert, sondern wird aufgrund der vergleichsweise guten Unternehmenswertentwicklung des Unternehmens offenbar auch seit Jahren erfolgreich einge-setzt.

Während die Deutsche Lufthansa AG heute noch erfolgreich agiert, firmiert die Stinnes AG nach ihrer Übernahme im Jahr

146 Vgl. Weber et al. 2004, S. 102f. 147 Vgl. Hermann/Xhonneux/Groth 1999, S. 399ff. 148 Vgl. Steinke/Beißel 2004, S. 117ff. 149 Vgl. Malmström 2006, S. 637ff.; Beck 2003, S. 121ff.

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2002 durch die Deutsche Bahn AG und ihrer Umbenennung im Jahr 2008 unter dem Namen DB Mobility Logistics AG. Obwohl der ursprünglich für 2008 geplante Börsengang der DB Mobility Logistics AG bis heute nicht stattgefunden hat, vermitteln beide Unternehmensbeispiele ein anschauliches Bild der unternehmensspezifische Konzeptausgestaltung und -implementierung.

Da die Bayer AG als separates Praxisbeispiel des Praxisblatts „Wertorientierte Unternehmensführung“ von der Hans-Böckler-Stiftung zur Verfügung gestellt wird, wird hier der Aufbau der Werttreiberhierarchie der Stinnes AG exemplarisch darge-stellt.

Abbildung 4: Operative Werttreiberhierarchie am Beispiel des Cash Value Added (Schenker)

Eigene Darstellung in Anlehnung an Malmström 2006, S. 644.

Der CVA als wertorientierte Spitzenkennzahl der Stinnes AG wurde analog zur bereits vorgestellten und erläuterten Berech-nungsformel (vgl. Kap. 2.4.1) zunächst in seine finanzwirtschaftli-chen Grundbestandteile zerlegt, nämlich den Brutto-Cashflow,

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die Kapitalbasis und die Kapitalkosten. Unberücksichtigt blieben hingegen die Ökonomischen Abschreibungen. Anschließend wurden die finanzwirtschaftlichen Werttreiber des Brutto-Cashflows weiter konkretisiert. Und schließlich wurden operative Werttreiber sämtlicher finanzwirtschaftlicher Werttreiber ermittelt, die eine unmittelbare Wirkung auf die finanzwirtschaftlichen Werttreiber besitzen und entfalten.

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3.5 Cashflow Return on Investment

3.5.1 Idee, Elemente und Berechnung

Der in den 80er Jahren von der Unternehmensberatung Holt Planning Associates150 entwickelte Cashflow Return on In-vestment (syn. CFROI) bildet die Basis für die Ermittlung des Cash Value Added.151 CVA und CFROI stehen daher in einer ebenso engen Beziehung zueinander wie EVA und ROCE. Die bereits dargestellte Berechnungsformel des CVA verdeut-licht die inhaltliche Nähe zwischen cashflow-basierten Resi-dual- und Rentabilitätskonzepten. Wegen der Nähe von CFROI und CVA scheint auch der ähnliche Verbreitungsgrad von CFROI und CVA plausibel (vgl. Tab. 3).

Als cashflow-basierte Rentabilitätskennzahl besteht der Kern-gedanke des CFROI darin, die überschüssigen Zahlungsströ-me einer Periode in Beziehung zum Kapital, das für die Erzie-lung des Zahlungsüberschusses eingesetzt wurde, zu set-zen.152 Als relative Kennzahl, die in Prozentpunkten ausge-drückt wird, repräsentiert der CFROI die Gesamtkapitalrenta-bilität vor Abzug des gewichteten Gesamtkapitalkostensatzes.

Für die CFROI-Ermittlung werden in der Literatur mit der In-ternen Zinsfußmethode und der Ökonomischen Abschreibung zwei verschiedene Methoden vorgeschlagen.153 Bei näherer Betrachtung weisen die beiden erwähnten Methoden nur einen Unterschied auf, der sich auf die Höhe des CFROI aus-wirkt, und zwar hinsichtlich der Verzinsung der für die Kapital-wiedergewinnung entnommenen Zahlungsströme. Im Fall der Internen Zinsfußmethode werden diese mit dem CFROI-Satz wiederangelegt und im Fall der Methode der Ökonomischen Abschreibung mit dem WACC-Satz.154

Aufgrund der Schwierigkeiten und engen Prämissen der älte-ren und tendenziell komplexen Methode der CFROI-Ermittlung auf Basis der Internen Zinsfußmethode (sog. CFROI I) hat sich die neuere und einfachere Methode der CFROI-Ermittlung auf Basis der Ökonomischen Abschreibung (sog.

150 Das Beratungsunternehmen HOLT Planning Associates wurde im Jahr 1991 von der

Boston Consulting Group (syn. BCG) übernommen (vgl. History 1991 unter http://www.bcg.com/about_bcg/history/history_1991.aspx).

151 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 29; Weber et al. 2004, S. 72. 152 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 26; Prangenberg/Müller/Aldenhoff 2004, S. 31. 153 Vgl. Weber et al. 2004, S. 73ff. 154 Vgl. Weber et al. 2004, S. 92f.

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CFROI II) sukzessive durchgesetzt.155 Die weiteren Erläute-rungen beschränken sich daher auf die zuletzt genannte Me-thode.

Die Definition und Zusammensetzung der Positionen des CFROI II entspricht grundsätzlich den Erläuterungen im Rah-men der CVA-Darstellung (vgl. Kap. 2.4.1). Zu beachten ist, dass der CFROI vor Kapitalkosten ermittelt wird. Denn die Kapitalkosten (WACC * CE) werden im Rahmen der CVA-Ermittlung vom CFROI subtrahiert.

𝐂𝐅𝐑𝐎𝐈𝐭 = 𝐁𝐂𝐅𝐭 − Ö𝐀𝐭

𝐂𝐄𝐭𝐂𝐅𝐑𝐎𝐈 𝐦𝐢𝐭 Ö𝐀 =

𝐖𝐀𝐂𝐂(𝟏+ 𝐖𝐀𝐂𝐂)𝐧 𝐱 𝐚𝐀𝐭−𝟏

Wie bereits erläutert, beschreibt die Ökonomische Abschrei-bung den Betrag, der für Ersatzinvestitionen notwendig ist. Ihre mathematische Darstellung verdeutlicht, dass die zur Wiedergewinnung des abschreibbaren Anlagevermögens (syn. aA) zurückgelegten Cashflows zum Zinssatz in Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes (syn. WACC) wiederan-gelegt werden können. Daher ist Betrag der Ökonomischen Abschreibung kleiner als der handels- oder steuerrechtliche Abschreibungsbetrag.156

3.5.2 Eignung und Aussagegehalt

Der CFROI findet in der Praxis im Vergleich zu den übrigen wertorientierten Kennzahlen und analog zum CVA relativ sel-ten Anwendung (vgl. Tab. 3). Wie zuvor lässt sich anhand der Anforderungen, die an wertorientierte Kennzahlen gestellt werden, auch die Eignung des CFROI zur wertorientierten Unternehmenssteuerung beurteilen.

1) In Bezug auf die Anforderung der Zielkongruenz einer Kennzahl ist zu sagen, dass der CFROI nur eine sehr indirekte Beziehung zum Ziel der Unternehmenswert-steigerung besitzt. Er erlaubt lediglich eine Aussage über die Rentabilität der jeweils abgelaufenen Periode,

155 Vgl. Ewert/Wagenhofer 2000, S. 30. Der Unterscheid beider Methoden besteht darin,

das die Methode des internen Zinsfußes implizit die Wiederanlage freigesetzter Mittel zum internen Zinsfuß unterstellt, während die Ökonomische Abschreibung auf der Prämisse einer Wiederanlage der zur Wiedergewinnung des abschreibbaren Anlage-vermögens zurückgelegten Cashflows zum WACC beruht (vgl. Weber et al. 2004, S. 75).

156 Vgl. Weber et al. 2004, S. 75.

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für die der BCF ermittelt wurde. Der Anschein einer zu-kunftsorientierten Betrachtung, der durch die Anwen-dung der Internen Zinsfußmethode oder der Ökonomi-schen Abschreibung erweckt wird, trügt. Denn beide Methoden dienen in Anbetracht der endlichen Nut-zungsdauer der Vermögensgegenstände lediglich der Berücksichtigung von Zahlungen für die Wiedergewin-nung des abschreibbaren Vermögens. Wichtig ist dies, weil der BCF keine Zahlungen für Ersatzinvestitionen enthält.157

2) Die Anforderung der zeitlichen Entscheidungsverbun-denheit kann der CFROI wie alle zuvor dargestellten Kennzahlen nur unzureichend erfüllen, da der CFROI die Konsequenzen getroffener Entscheidungen weder zeitnah noch vorausschauend ausweist. Da der CFROI ein einperiodisches und vergangenheitsbezogenes Konzept darstellt, birgt er ebenfalls das Risiko, dass Mitarbeiter ihre Entscheidungen am kurzfristigen Erfolg ausrichten.158

3) Die Anforderung der sachlichen Entscheidungsverbun-denheit erfüllt der CFROI nur dann, wenn die mittels CFROI geführten Mitarbeiter einen Einfluss auf die der CFROI-Berechnung zugrundeliegenden Rechengrößen haben oder diese Größen im Ermittlungszeitraum kon-stant gehalten werden. Um eine hohe Eignung des CFROI für die Mitarbeiterführung gewährleisten zu können, sollten die Mitarbeiter demnach über die Kapi-talverwendung entscheiden dürfen und auf den Kapi-talkostensatz einwirken können.159

4) Die Unempfindlichkeit gegenüber Fehleinschätzungen wird beim CFROI analog zu den zuvor dargestellten Kennzahlen als moderat angesehen, ist aber auch beim CFROI nicht auszuschließen. Denn aufgrund un-sicherer Zukunftserwartungen bestehen grundsätzlich Möglichkeiten der (beabsichtigten) Manipulation und der (unbeabsichtigten) Fehleinschätzung, die zur Ver-zerrung aller bisher dargestellten Kennzahlen führen kann. Die Festlegung der Nutzungsdauer der Vermö-gensgegenstände, die für die Wiedergewinnung des eingesetzten betriebsnotwendigen Kapitals eine we-

157 Vgl. Weber et al. 2004, S. 92. 158 Vgl. Weber et al. 2004, S. 96. 159 Vgl. Weber et al. 2004, S. 97.

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sentliche Bedeutung hat, ist wiederum ein anschauli-ches Beispiel. Je länger die Nutzung der Vermögens-gegenstände, desto niedriger der periodische Ab-schreibungsbetrag (ÖA) und desto höher der CFROI und umgekehrt. Eine weitere Einflussmöglichkeit des CFROI stellt im Fall des CFROI II, der auf der Ökono-mischen Abschreibung basiert, die Festlegung des Ka-pitalkostensatzes (WACC) dar.160

5) Die Verständlichkeit des CFROI ist im Vergleich aller Kennzahlen am geringsten. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass der ungeübte Betrachter den Eindruck einer zukunftsbezogenen Betrachtung gewinnen könn-te. Hinzu kommt beim CFROI, der auf Basis des Inter-nen Zinsfußes berechnet wird, die erschwerte Nach-vollziehbarkeit der Methode. Verständniserleichternd wirkt im Vergleich dazu die Ermittlung des CFROI auf Basis der Ökonomischen Abschreibung. Die Tatsache, dass für die CFROI-Ermittlung verschiedene Methoden herangezogen werden, erschwert das Verständnis wiederum.161

6) Der CFROI erfüllt die Anforderung der Wirtschaftlich-keit allenfalls bedingt und weist ein schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Die kostenerhöhenden und -senkenden Wirkungen im Rahmen der Kennzahlener-mittlung entsprechen grundsätzlich denen des CVA.162 Hinzu kommen die Kosten der Kennzahleninterpreta-tion, die sich in Form eines hohen Zeitaufwands, Fehl-interpretationen und sich anschließenden Fehlent-scheidungen offenbaren. Um eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit treffen zu können, ist jedoch der potenzielle Nutzen der Kennzahlennutzung im Einzel-fall zu berücksichtigen.

Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der CFROI ebenso wie die übrigen drei zuvor dargestellten wertorientier-ten Kennzahlen einigen Beschränkungen im Hinblick auf die Anforderungen, die wertorientierte Kennzahlen erfüllen sollten, um für die wertorientierte Unternehmensführung geeignet zu sein, unterliegt. Die Kenntnis dieser Unzulänglichkeiten stellt jedoch kein Ausschlusskriterium, sondern vielmehr eine wich-

160 Vgl. Weber et al. 2004, S. 98f. 161 Vgl. Weber et al. 2004, S. 92 und 101. 162 Vgl. Weber et al. 2004, S. 84.

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tige Information für den korrekten Umgang mit den Kennzah-len dar.

3.5.3 Umsetzungspraxis

In der Fachliteratur existieren wenige ausführlich und an-schaulich dokumentierte Praxisbeispiele von Unternehmen, die den CFROI zusammen mit anderen Kennzahlen oder aus-schließlich als wertorientierte Steuerungskennzahl einsetzen. Zur Verdeutlichung des CFROI-Konzepts eignen sich grund-sätzlich dieselben Beispiele, die als geeignete Praxisbeispiele des CVA-Konzepts erwähnt wurden (vgl. Kap. 2.4.3).

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4 | Integrierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung

4.1 Reorientierung nicht-integrierter Konzepte

4.1.1 Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit als Orientierung integrier-ter Konzepte

Zwar beruhen die klassischen Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung auf der grundlegenden Annahme, dass eine nachhaltige und langfristige Unternehmenswertsteige-rung anstatt der kurzfristigen Optimierung der Investitionen im Interesse der Eigenkapitalgeber ist.163 Dennoch scheint „nach dem Siegeszug des Shareholder Value-Konzepts in den letz-ten beiden Jahrzehnten […] spätestens seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 eine Art „Götterdämmerung“ der wertorientierten Unternehmenssteue-rung angebrochen zu sein.“164

Dieser Trend zeigt sich unter anderem auch darin, dass Be-griffe wie Wertorientierung und Shareholder Value zunehmend in den Hintergrund treten und heutzutage stattdessen Begriffe wie Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit stärker im Fokus ste-hen.165 Wegen der Bedeutung der Neuausrichtung der Wert-orientierten Unternehmensführung wird im Folgenden sowohl auf den Begriff der Nachhaltigkeit als auch auf nachhaltig-keitsorientierte Konzepte der Wertorientierten Unternehmens-führung eingegangen.

Der Begriff der Unternehmerischen Nachhaltigkeit wird seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Zusammenhängen verwen-det. Infolgedessen hat sich auch bisher keine eindeutige Be-griffsdefinition herauskristallisieren können. Der heutige und im Folgenden verwendete Begriff der Nachhaltigkeit orientiert sich am volkswirtschaftlichen Begriffsverständnis. Nachhaltig-keit beschreibt demzufolge die Erfüllung der Bedürfnisse der gegenwärtigen Generationen, ohne die Möglichkeiten zukünf-

163 Vgl. Weber et al. 2004, S. 6. 164 Weißenberger/Göbel/Kleine 2013, S. 4. 165 Vgl. Weißenberger/Göbel/Kleine 2013, S. 4.

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tiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können, zu gefährden.166

Das Ziel der volkswirtschaftlichen Nachhaltigkeit lässt sich jedoch nur erreichen, wenn Unternehmen in ihrer Funktion als separate Wirtschaftssubjekte einer Volkswirtschaft ihre Ge-schäftstätigkeit am betriebswirtschaftlichen Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit orientieren. Volks- und be-triebswirtschaftliche Nachhaltigkeit repräsentieren daher ver-schiedene Betrachtungsebenen desselben Phänomens.

Das Konzept und der Grad der Nachhaltigkeit basiert auf den drei in wechselseitiger Beziehung zueinander stehenden Di-mensionen Ökonomie, Soziales und Ökologie (vgl. Abb. 5).167 Eine nachhaltige Unternehmensführung hat daher zum Ziel, in diesen drei Bereichen im ersten Schritt adäquate Ziele zu de-finieren. Die Fähigkeit, die richtigen Ziele innerhalb der drei Dimensionen festzulegen, wird mit dem Begriff der Effektivität bezeichnet. Die Gesamteffektivität setzt sich daher wie folgt zusammen:

1) Die Einhaltung ökonomischer Effektivität dient zu-nächst der nachhaltigen Sicherung und Steigerung des Unternehmenswertes unter Zuhilfenahme betriebswirt-schaftlicher bzw. wertorientierter Kennzahlen. Hierin spiegelt sich das an den Interessen der Kapitalgeber orientierte Unternehmensziel wider.168

2) Das Streben nach sozialer Effektivität dient insbeson-dere der nachhaltigen Sicherung und Verbesserung der sozialen Mindeststandards, die von verschiedenen Anspruchs-, Interessen- und Bezugsgruppen wie bei-spielsweise Beschäftigten, sozialen Gruppen und der Gesellschaft gefordert werden.169

3) Die Erzielung ökologischer Effektivität dient schließlich der nachhaltigen Sicherung und Verbesserung ökologi-scher Standards, die unterschiedliche Anspruchs-, Inte-ressen- und Bezugsgruppen wie Endverbraucher der

166 Vgl. Sawczyn 2011, S. 17f. 167 Vgl. Sawczyn 2011, S. 18; Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 263. 168 Vgl. Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 264; Sawczyn 2011, S. 20. 169 Vgl. Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 265; Sawczyn 2011, S. 21.

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Produkte, Anwohner der Produktionsstandorte und An-bieter der Ressourcen fordern.170

Im zweiten Schritt sollen die gewählten Ziele unter Einhaltung eines optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnisses erreicht werden. Die Fähigkeit, die Ziele richtig und somit im Sinn eines optima-len Kosten-Nutzen-Verhältnisses zu verfolgen, wird mit Effi-zienz bezeichnet. Da Effizienz ein ökonomisch orientiertes Merkmal ist, ergibt sich die Gesamteffizienz aus der ökolo-gisch- und sozio-ökonomischen Effizienz wie folgt:

1) Die ökologisch-ökonomische Effizienz repräsentiert das Verhältnis zwischen der durch die Unternehmenstätig-keit verursachten Umweltbeanspruchung und der durch die Unternehmenstätigkeit erwirtschafteten Geldeinheit. Die ökologische Maßzahl der Schadschöpfung (= Summe der direkt und indirekt verursachten Umweltbe-lastungen) wird in Beziehung zur ökonomischen Maß-zahl der Wertschöpfung (= Differenz aus Umsatz minus Vorleistungen) gesetzt. Beispielhaft seien mögliche Kennzahlen wie der Energieverbrauch oder der Was-serverbrauch im Verhältnis zur Wertschöpfung ge-nannt.171

2) Die sozio-ökonomische Effizienz gibt das Verhältnis zwischen sozialen Effekten, die ein Unternehmen ver-ursacht, und der Wertschöpfung eines Unternehmens wider. Beispielhaft seien Kennzahlen wie die Anzahl der Personalunfälle oder Krankheitstage im Verhältnis zur Wertschöpfung genannt.172

170 Vgl. Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 264f.; Sawczyn 2011, S. 20f. 171 Vgl. Sawczyn 2011, S. 21; Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 265. 172 Vgl. Sawczyn 2011, S. 21; Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 265.

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Abbildung 5: Konzept der Nachhaltigkeit

Eigene Darstellung in Anlehnung an Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 264.

Um eine nachhaltige Unternehmenswertsteigerung zu ge-währleisten, ist folglich nicht nur die Berücksichtigung von unternehmerischen Oberzielen im Bereich der ökonomischen Nachhaltigkeit notwendig, sondern auch von weiteren Ober- und Unterzielen im Bereich der sozialen und der ökologischen Nachhaltigkeit eines Unternehmens.173

Damit die Konzepte der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung nicht nur der Forderung nach einem hohen Grad der Nachhaltigkeit entsprechen, sondern auch einen hohen Grad der Ganzheitlichkeit erfüllen, kommt es zusätzlich darauf an, dass sie neben den Zielen und Anliegen der Eigenkapitalge-ber (engl. shareholder) und Arbeitnehmer (engl. workholder) auch die Ziele und Anliegen der übrigen Anspruchs-, Interes-sen- und Bezugsgruppen berücksichtigen (engl. stakeholder). Aufgrund der unauflöslichen Verknüpfung von Interessen und Interessenträgern sind die Eigenschaften der Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit ebenfalls unauflöslich miteinander ver-knüpft.

173 Vgl. Fischer/Sawczyn/Brauch 2009, S. 263.

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4.1.2 Systematisierung integrierter Konzepte

Unter Zuhilfenahme der Zieldimensionen und der Adressaten-gruppen, die im Fokus der unternehmerischen Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit (vgl. Kap. 3.1.1) stehen, lassen sich die klassischen und neueren Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung einordnen. Der Integrationsgrad der Konzepte hängt von den durch die Konzepte berücksichtigten Zieldimensionen und Adressatengruppen ab und gibt an, wel-che Ziele und Adressaten die Konzepte genau berücksichti-gen. Zusätzlich zum Integrationsgrad lässt sich der operative, strategische oder normative Value Management Charakter der wertorientierten Kennzahlen und Konzepte angeben (vgl. Abb. 6).

Abbildung 6: Integrationsgrad der Instrumente der Wertorientierten Unternehmensführung

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hans-Böckler-Stiftung 2004, S. 17.

Im Unterschied zu den wertorientierten Kennzahlen, die unter die klassischen Konzepte der wertorientierten Unternehmens-führung fallen und im zweiten Kapitel dieses Arbeitspapiers erläutert wurden, besitzen die neueren Konzepte der Wert-orientierten Unternehmensführung, die im Folgenden erläutert werden, einen höheren Integrationsgrad in Bezug auf die Be-rücksichtigung der Anspruchs-, Interessen- und Bezugsgrup-pen einerseits und die verschiedenen Zieldimensionen eines Unternehmens andererseits (vgl. Abb. 6). Infolgedessen wird im weiteren Verlauf auch von teil- und vollintegrierten Konzep-ten der Wertorientierten Unternehmensführung gesprochen.

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Unter die neueren Konzepte der Wertorientierten Unterneh-mensführung fallen unterschiedliche Konzepte. Für den Zweck dieses Arbeitspapiers werden jedoch nur die neueren Konzep-te der Wertorientierten Unternehmensführung erläutert, die sich durch ihre hohe Praxisrelevanz von den übrigen Konzep-ten abheben. Dazu zählen:

das Konzept der Corporate Governance (syn. CG) das Konzept der Balanced Scorecard (syn. BSC) und das Konzept der European Foundation for Quality Ma-

nagement (syn. EFQM)

Aufgrund ihrer in der Praxis geringen Verbreitung, werden die beiden folgenden bisher als tendenziell theoretisch einzustu-fenden Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung der Vollständigkeit halber lediglich erwähnt:

das Konzept der Integrierten Erfolgsbewertung nach Hilb174 und

das Dresdner Modell des Wertorientierten Manage-ments175.

4.1.3 Beurteilungskriterien integrierter Konzepte

Die Bewertung der Eignung und des Aussagegehalts der inte-grierten Konzepte orientiert sich infolgedessen an den Krite-rien, die der Entwicklung und Einführung integrierter Konzepte zugrunde liegen. Unter die Beurteilungskriterien fallen daher:

die Erfüllung der Nachhaltigkeit im Sinn der Zieldimensio-nen – in Anlehnung an Abb. 6 kann vom vertikalen Integra-tionsgrad gesprochen werden – und

die Erfüllung der Ganzheitlichkeit im Sinn der Stakeholder-gruppen – in Anlehnung an Abb. 6 kann vom horizontalen Integrationsgrad gesprochen werden.

Darüber hinaus stellt der Anwendungs- bzw. Geltungsbe-reich der Konzepte ein weiteres Beurteilungskriterium dar.

Zusätzlich erfolgt eine Beurteilung der integrierten Konzepte anhand der Feststellung, ob und inwiefern die integrierten

174 Vgl. Hilb 2002, S. 1ff. 175 Vgl. Töpfer/Thum/Uhr 2006, S. 65ff.

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Konzepte in der Lage sind, die Schwächen der nicht-integrierten Konzepte in Bezug auf die folgenden Kriterien zu beseitigen:

Zielkongruenz, zeitliche Entscheidungsverbundenheit, sachliche Entscheidungsverbundenheit, Unempfindlichkeit gegenüber Fehlinterpretationen und Ma-

nipulationen, Verständlichkeit und Wirtschaftlichkeit.

Die Erläuterung der zuvor genannten Kriterien erfolgte bereits in Kap. 2.1.3.

4.2 Corporate Governance als Basis integrierter Konzepte

4.2.1 Idee und Elemente

Die Forderung, dass Unternehmen sozial verträglich und verantwort-lich handeln und damit einem breiteren öffentlichen Interesse genau-so dienen sollen wie den Interessen der Eigenkapitalgeber, besteht seit den 60er Jahren und ist daher nicht neu. Auch Rappaport hat die Notwendigkeit und Bedeutung einer alle Anspruchsgruppen berück-sichtigenden Unternehmensführung erkannt und betont, dass neben den Eigentümern auch alle anderen Anspruchsgruppen eines Unter-nehmens profitieren, wenn es dem Management eines Unternehmens gelingt, Shareholder Value zu schaffen.176

Die Ideen über das Ausbalancieren der Interessen sämtlicher Interes-sen-, Anspruchs- und Bezugsgruppen haben wesentlichen Einfluss auf die Diskussionen der 1990er Jahre über die Verfügungsgewalt über Unternehmen unter dem Begriff der Corporate Governance, zu Deutsch „Grundsätze der Unternehmensführung“, gehabt.177 Von Corporate Governance wird gesprochen, wenn es um die rechtliche und tatsächliche Verteilung der Aufgaben zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Eigentümern geht. Die optimale Verteilung der Auf-gaben soll den Unternehmenserfolg sichern und Vertrauen in das

176 Vgl. Rappaport 1999, S. 8f. 177 Vgl. Rappaport 1999, S. 6. Die Hans-Böckler-Stiftung bietet umfangreiche Informatio-

nen zum Corporate Governance Kodex auf ihrer Website in Form der Praxisblätter für Betriebsräte und Aufsichtsräte an (vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2013a).

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Unternehmen schaffen und steht für eine gute Corporate Governan-ce.178

Das Konzept der Corporate Governance lässt sich als ein Konzept der unternehmerischen Nachhaltigkeit anhand der verschiedenen Ebenen der unternehmerischen Verantwortung in Beziehung zu wei-teren Nachhaltigkeitskonzepten setzen und dadurch im Kontext der Wertorientierten Unternehmensführung einordnen (vgl. Abb. 7).

Da sich das Konzept der Corporate Governance über die philanthro-pische, ethische und rechtliche Verantwortungsebenen erstreckt, besitzt es gemessen an der unternehmerischen Verantwortung eine größere Reichweite als das Konzept der Corporate Social Responsi-bility und das Konzept des Corporate Citizenship. Unter Berücksich-tigung der wirtschaftlichen Verantwortung als vierter Ebene der unternehmerischen Verantwortung lässt sich das Konzept der Corpo-rate Governance seinerseits als Bestandteil des Konzepts der Wert-orientierten Unternehmensführung auffassen.179

Abbildung 7: Konzepte der unternehmerischen Nachhaltigkeit

Eigene Darstellung in Anlehnung an Sawczyn 2011, S. 49.

Im Hinblick auf den Aspekt der nachhaltigen Unternehmens-führung ist der Deutsche Corporate Governance Codex (syn. DCGK) für deutsche Unternehmen von besonderem Stellen-

178 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2013a, o.S. 179 Vgl. Sawczyn 2011, S. 49.

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wert, da es sich um eine landesspezifische Richtlinie han-delt.180 Das deutsche Modell der Corporate Governance unterscheidet sich im internationalen Vergleich sowohl durch die stärkeren ordnungspolitischen Vorgaben des Staates als auch durch einen weltweit einzigartigen Einbezug der Arbeit-nehmer (syn. workholder) in den wirtschaftlichen Interessen-ausgleich, der über die Mitbestimmung erfolgt.181

In der Präambel des Kodex wird infolgedessen die „Verpflich-tung von Vorstand und Aufsichtsrat, im Einklang mit den Prin-zipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sor-gen (Unternehmensinteresse)“182, explizit betont und dadurch die Bedeutung der nachhaltigen und wertorientierten Unter-nehmensführung besonders hervorgehoben.183

Im Hinblick auf die Berücksichtigung der verschiedenen Sta-keholdergruppen verlangt der Kodex vom Vorstand, „das Unternehmen in eigener Verantwortung im Unternehmensinte-resse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) mit dem Ziel nachhalti-ger Wertschöpfung [zu leiten].“184 Insofern berücksichtigt der Kodex die Shareholder, Workholder und alle übrigen Stake-holder gleichermaßen.

4.2.2 Eignung und Aussagegehalt

Der Deutsche Corporate Governance Kodex betont die nach-haltige Wertschöpfung im Sinn der ökonomischen Zielsetzung unter Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Zie-len.185 Daher erfüllt der Kodex gemessen am horizontalen In-tegrationsgrad der Anspruchs-, Interessen- und Bezugsgrup-pen auch die Anforderungen an ein vollintegriertes Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung (vgl. Abb. 6).

Zum anderen hebt der Kodex die Bedeutung der simultanen Interessenswahrung der Eigenkapitalgeber und der übrigen

180 Vgl. Sawcyn 2011, S. 29. 181 Vgl. Weber et al. 2004, S. 365. 182 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 1. 183 Vgl. Aders et al. 2003, S. 719. 184 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 6. 185 Vgl. Sawczyn 2011, S. 33.

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Anspruchs-, Interessen- und Bezugsgruppen hervor.186 Somit erfüllt der Kodex gemessen am vertikalen Integrationsgrad der ökonomischen, sozialen und ökologischen Zieldimensionen ebenfalls die Forderungen eines vollintegrierten Konzepts der Wertorientierten Unternehmensführung (vgl. Abb. 6).

Da es sich beim Deutschen Corporate Governance Kodex allerdings um eine Richtlinie handelt, die „[…] wesentliche ge-setzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deut-scher börsennotierter Gesellschaften (Unternehmensführung) dar[stellt] und […] international und national anerkannte Stan-dards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung [enthält]“187, bildet der DCGK im Sinn einer Unternehmensver-fassung primär den integrativen Rahmen, der durch weitere teil- und vollintegrierte Konzepte der Wertorientierten Unter-nehmensführung gefüllt werden kann.

Im Gegensatz zu den klassischen Konzepte der Wertorientier-ten Unternehmensführung, die sehr operative und zum Teil bis auf die Ebene einzelner Jahresabschlusspositionen reichende Handlungsempfehlungen anbieten, liefert der DCGK aufgrund seiner normativen Funktion nur recht allgemeine Handlungs-bestimmungen, die sich aus 96 Handlungsempfehlungen und sieben Handlungsanregungen zusammensetzen.

Durch entsprechende Zuordnung der 96 Empfehlungen und sieben Anregungen lassen sich vier Teilindices bilden, deren Bezeichnung „Transparenz“, „Überwachung und Kontrolle“, „Anreizsystem“ und „Vielfalt“ lauten (vgl. Anhang 2a bis 2d).

Wegen seines eher normativen Charakters lässt sich der DCGK auch nur schwer anhand der operativen Kriterien der Zielkongruenz, der Entscheidungsverbundenheit, der Unemp-findlichkeit gegenüber Fehlinterpretationen und Manipulatio-nen, der Verständlichkeit und der Wirtschaftlichkeit beurteilen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass der DCGK die Rahmenbe-dingungen für eine am Konzept der Nachhaltigkeit und Ganz-heitlichkeit orientierte Unternehmensführung schafft und damit eine Basis für die übrigen integrierten Konzepte der Wert-orientierten Unternehmensführung bietet.

Allerdings richtet sich der Kodex in erster Linie an börsenno-tierte Gesellschaften. Nicht börsennotierten Gesellschaften

186 Vgl. Sawczyn 2011, S. 33. 187 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 1.

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wird die Beachtung des Kodex jedoch zumindest empfoh-len.188 Der Kodex ist damit – ähnlich wie die wertorientierten Kennzahlen – vorrangig auf Konzerne und Großunternehmen ausgerichtet, was seine Eignung für mittlere und kleine nicht börsennotierte Unternehmen zunächst offen lässt.

4.2.3 Umsetzungspraxis

Die Umsetzungspraxis betrifft zunächst die Frage der struktu-rellen Implementierung. Am Beispiel der SAP AG lässt sich der Aufbau einer typischen Corporate Governance Struktur mit den Aufgaben und Aufgabenträgern nachvollziehen (vgl. Abb. 8).

Die Corporate Governance Struktur börsennotierter Gesell-schaften sagt isoliert betrachtet recht wenig über die Befol-gung der Kodex-Bestimmungen durch die börsennotierten Gesellschaften aus. Daher ist der Deutsche Corporate Gover-nance Kodex regelmäßig Gegenstand empirischer Untersu-chungen unter deutschen börsennotierten Unternehmen. Im Untersuchungsfokus stehen Fragen der Akzeptanz sowie der aktuellen und zukünftigen Anwendung des gesamten Kodex und einzelner Kodexbestimmungen, die sich aus den 96 Emp-fehlungen und 7 Anregungen zusammensetzen.189

Die Befolgungsquote, die den Anteil der Kodexbestimmungen angibt, die im Durchschnitt von den jeweils betrachteten Unternehmen befolgt werden, liegt im Durchschnitt bei 80,7%. Insgesamt betrachtet lässt sich daher eine hohe Befolgung der Kodexbestimmungen durch die deutschen börsennotierten Unternehmen konstatieren. Allerdings kann erst eine differen-zierte Betrachtung der Befolgungsquote in Abhängigkeit der Art der Kodexbestimmungen und in Abhängigkeit der Unter-nehmensgröße ein aussagekräftigeres Bild der Umsetzungs-praxis der Unternehmen vermitteln.190

188 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 2. 189 Exemplarisch vgl. von Werder/Bartz 2013; Kohl/Rapp/Wolff 2013;

Zeiss/Hiebeler/Talaulicar 2012. 190 Vgl. von Werder/Bartz 2013, S. 886.

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Abbildung 8: Corporate Governance Struktur (Beispiel: SAP AG)

Darstellung der SAP AG191

Unabhängig von der Unternehmensgröße, die sich in der Zu-gehörigkeit des jeweils betrachteten Unternehmens zu einem der Börsensegmente DAX, TecDAX, MDAX, SDAX, Prime Standard und General Standard ausdrückt, liegt die Befol-gungsquote der 96 Kodex-Empfehlungen bei 81,9% und die Befolgungsquote der 7 Kodex-Anregungen bei 64,1%. Soge-nannte „Soll-Bestimmungen“ besitzen demnach einen deutlich höheren Verbindlichkeitsgrad als sogenannte „Sollte-Bestimmungen“.192

Die Befolgungsquote ist auch von der Unternehmensgröße abhängig. Die Befolgungsquote der 96 Kodex-Empfehlungen variiert daher zwischen 71,2% im General Standard, der über 200 kleinere Unternehmen193 listet, welche die gesetzlichen

191 Vgl. SAP AG 2013, o.S. http://www.sap.com/corporate-

de/investors/governance/index.epx [11.09.2013]. 192 Vgl. von Werder/Bartz 2013, S. 886. 193 Der General All-Share Index (Börse Frankfurt) enthält 222 Unternehmen

(http://www.boerse-frankfurt.de

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Mindestanforderungen des EU-regulierten Marktes erfüllen, und 95,8% im DAX, der die gemessen an der Marktkapitalisie-rung 30 größten deutschen Unternehmen enthält. Die Befol-gungsquote der 7 Kodex-Anregungen liegt im Durchschnitt tiefer als die Befolgungsquote der Kodex-Empfehlungen und beläuft sich auf 48,3% für die Unternehmen des General Standards und 76,7% für die DAX30-Unternehmen. Große Börsenunternehmen befolgen die Handlungsempfehlungen und Handlungsanregungen des Kodex folglich deutlich stärker als die kleinen börsennotierten Gesellschaften.194

Zusammenfassend lassen sich in Bezug auf die Umsetzungs-praxis des Deutschen Corporate Governance Kodex zwei grundlegende Akzeptanzmuster festhalten, die sich als zeitlich stabil erweisen. Zum einen unterscheiden sich die Befol-gungsquoten deutlich zwischen den einzelnen Börsenseg-menten. Zum anderen liegen die Akzeptanzwerte der Kodex-Anregungen deutlich unter denen der Kodex-Empfehlungen.195

Von der Anzahl der befolgten Kodex-Empfehlungen lässt sich jedoch nicht auf die Güte der unternehmensspezifischen Cor-porate Governance schließen, denn „eine gut begründete Ab-weichung von einer Kodex-Empfehlung kann im Interesse einer guten Unternehmensführung liegen“196.197 Notwendig kann eine Abweichung von den Kodex-Empfehlungen sein, um branchen- oder unternehmensspezifische Bedürfnisse zu berücksichtigen. Die Unternehmen sind in diesem Fall ver-pflichtet, Abweichungen jährlich offenzulegen und zu begrün-den (sog. „Befolgen oder Erklären“-Prinzip).198

Festzuhalten bleibt außerdem, dass sich empirisch kein posi-tiver Zusammenhang zwischen der Zahl der befolgten Kodex-Empfehlungen und dem Erfolg des Unternehmens nachwei-sen lässt.199 Umgekehrt formuliert kann die Corporate Gover-nance Praxis ähnlich erfolgreicher Unternehmen durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein. Wichtig ist – wie bereits im Fall der wertorientierten Kennzahlen – dass das jeweilige

/de/aktien/indizes/general+all+share+performance+DE000A0S3CV0/zugehoerige +werte [10.09.2013]).

194 Vgl. von Werder/Bartz 2013, S. 886, die segmentspezifische Befolgungsquoten für Unternehmen des DAX, TecDAX, MDAX, SDAX, Prime Standard und General Stan-dard ermitteln. Eine ähnliche Tendenz mit vergleichbaren Ergebnissen findet sich auch bei Kohl/Rapp/Wolff 2013, S. 4f. für DAX und MADX-Unternehmen.

195 Vgl. von Werder/Bartz 2013, S. 895. 196 Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 2. 197 Vgl. Zeiss/Hiebeler/Talaulicar 2012, S. 9. 198 Vgl. Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex 2013, S. 2. 199 Vgl. Zeiss/Hiebeler/Talaulicar 2012, S. 9.

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Unternehmen entscheidet, welchen Empfehlungen sinnvoller-weise entsprochen werden soll und welchen nicht, und Abwei-chungen offen und nachvollziehbar begründet.

4.3 Balanced Scorecard als teilintegriertes Konzept

4.3.1 Idee und Elemente

Wegen der bedingten Eignung wertorientierter Kennzahlen zur wertorientierten Unternehmensführung wird seit den 90er Jah-ren vorgeschlagen, neben finanziellen auch nicht-finanzielle Kennzahlen in die Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Be-richtssysteme einzubeziehen.200 Die Balanced Scorecard (syn. BSC), zu Deutsch „Ausgewogener Berichtsbogen“201, von Robert Kaplan und David Norton hat dabei einen Auf-merksamkeitsgrad erlangt wie Alfred Rappaports Shareholder Value-Konzept.202

200 Vgl. Kaplan/Norton 1992, S. 77; Steinle 2005, S. 349. 201 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 5. 202 Vgl. Kaplan/Norton 1992, S. 71ff.; Kaplan/Norton 1993, S. 134ff.; Weißenber-

ger/Göbel/Kleine 2013, S. 8. Die Hans-Böckler-Stiftung stellt außerdem umfangreiche Informationen zur Balanced Scorecard auf ihrer Website in Form der Praxisblätter für Betriebsräte und Aufsichtsräte zur Verfügung (vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2013b).

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Abbildung 9: Grundkonzept der Balanced Scorecard

Darstellung in Anlehnung an Kaplan/Norton 1992, S. 72.

Die Grundidee der Balanced Scorecard besteht in der nach-vollziehbaren Transformation der Vision und Strategie eines Unternehmens in ein widerspruchsfreies Bündel qualitativer und quantitativer Zielsetzungen, deren Erreichungsgrad sich durch entsprechende Kennzahlen und Indikatoren erfassen lässt.203 Für die BSC ist kennzeichnend, dass zeitlich nachlau-fende wertorientierte Spitzenkennzahlen der Finanzperspekti-ve im Rahmen einer Ursache-Wirkungskette mit zeitlich vor-laufenden werttreibenden Kennzahlen der drei Leistungsper-spektiven Kunden, interne Geschäftsprozesse sowie Lernen und Entwicklung verknüpft werden. Auf diese Weise werden finanzielle und nicht-finanzielle Ziele und Kennzahlen mitei-nander vereint (vgl. Abb. 9).204

„Die BSC eignet sich als Denkraster und Grundlage für wert-orientiertes Management insofern gut, als durch die vier Per-spektiven […] der mehrstufige Ursachen-Wirkungs-Prozess aller wesentlichen Gestaltungs- und Aktivitätsfelder abgebildet wird, die für die Wertschöpfung und das Schaffen von Mehr-wert maßgeblich sind.“205

203 Vgl. Steinle 2005, S. 349. 204 Vgl. Weißenberger/Göbel/Kleine 2013, S. 8. 205 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 43.

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Die operative Konkretisierung und Quantifizierung der Unter-nehmensstrategie soll sich am Kriterium der Ausgewogenheit und der Ausrichtung der komplementären leistungswirtschaft-lichen Bereiche auf den finanzwirtschaftlichen Bereich orien-tieren. Die Darstellung der miteinander in Form von Ursache-Wirkungsketten verknüpften Kennzahlen erfolgt in Form von Strategischen Landkarten (engl. strategy map).

Die BSC ähnelt daher nicht nur den Werttreiberhierarchien (vgl. Kap. 1.3.2), sondern ist auch eng mit den Grundideen der Wertorientierung verbunden.206 Infolgedessen wird die BSC als wesentlicher Baustein des Wertmanagement und als nütz-liches Instrument zur Unterstützung der Wertorientierten Unternehmensführung angesehen.207

4.3.2 Eignung und Aussagegehalt

Dem BSC-Konzept kann bescheinigt werden, dass es grund-sätzlich die Möglichkeit bietet, sämtliche Stakeholdergruppen im Rahmen seiner konkreten Ausgestaltung zu berücksichti-gen. Die ursprüngliche Konzeption der BSC betont durch die Finanz- und Kundenperspektive aber insbesondere die Be-deutung der Kapitalgeber und Kunden. Arbeitnehmern sowie weiteren Anspruchs-, Interessen- und Bezugsgruppen wird zumindest keine eigene Perspektive gewidmet, was ihre Be-deutung an sich schmälert. Aufgrund der Flexibilität des BSC-Konzepts wurde die Perspektive, die im ursprünglichen Kon-zept noch mit Innovation und Lernen bezeichnet wurde, in zahlreichen Folgebeiträgen in die Potenzial- und Mitarbeiter-perspektive umgewidmet.208

Die Beurteilung des BSC-Konzepts anhand des Nachhaltig-keitskriteriums liefert ein ähnliches Resultat, weil die BSC in ihrer ursprünglichen Form auf die finanzwirtschaftlichen Ziele ausgerichtet ist. Darüber hinaus erlaubt und erfordert die BSC jedoch die Festlegung von leistungswirtschaftlichen Zielen in den Bereichen Kunden, Prozesse sowie Lernen und Entwick-lung. In Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung können die leistungswirtschaftlichen Ziele durchaus einen sozialen bzw.

206 Vgl. Steinle 2005, S. 350. 207 Vgl. Michel 1999, S. 374ff.; Hornung/Mayer 1999, S. 389ff.; Lueg 2010, S. 339f. 208 Exemplarisch vgl. Wannöffel 2012, S. 11; Arbeitskreis „Wertorientierte Führung in

mittelständischen Unternehmen“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirt-schaft e.V. 2003a, S. 529.

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gesellschaftlichen und ökologischen Charakter besitzen, sie müssen dies allerdings nicht.

Aufgrund des Gestaltungsspielraums in Bezug auf die Ganz-heitlichkeit, die sich in der Berücksichtigung der Stakeholder-gruppen ausdrückt, und die Nachhaltigkeit, die in der Berück-sichtigung der Zieldimensionen zum Ausdruck kommt, wird dem BSC-Konzept eine horizontale und vertikale Teilintegra-tion bescheinigt. Die BSC gilt also als teilintegriertes Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung (vgl. Abb. 6).

Trotz der grundsätzlichen Befürwortung des Balanced Score-card Einsatzes im Rahmen der Wertorientierten Unterneh-mensführung existieren einige Herausforderungen des Balan-ced Scorecard Einsatzes. Sie wirken sich nachteilig auf die Praxistauglichkeit der Balanced Scorecard aus und bestim-men mitunter die Grenzen des Konzepts.

Zur größten Herausforderung des Balanced Scorecard Kon-zepts zählt die Schwierigkeit der Operationalisierung der Stra-tegie. Dies beinhaltet die Konkretisierung der strategischen Ziele, die anschließende Festlegung und Quantifizierung ent-sprechender Kennzahlen sowie die Ableitung zielwirksamer Maßnahmen und Aktivitäten. Besonders schwierig gestaltet sich der Operationalisierungsprozess bei nicht-monetären, qualitativen Zielen der Kunden- und der Lern- und Entwick-lungsperspektive. Die Bedeutung dieser beiden Perspektiven leuchtet zwar unmittelbar ein, ihre Messung und Bewertung gestaltet sich jedoch mitunter sehr kompliziert oder gelingt nicht.209

Sollte trotz aller Schwierigkeiten eine Definition und Messung der Ziele aller vier BSC-Perspektiven möglich sein, bedeutet dies noch nicht, dass eine derart ganzheitliche Sammlung der definierten und messbaren Kennzahlen auch sinnvoll ist. Um sogenannte Kennzahlenfriedhöfe zu vermeiden und die For-derung nach größtmöglicher Übersichtlichkeit und Komplexi-tätsreduktion zu erfüllen, sollten für jede Perspektive der BSC nur die tatsächlich steuerungsrelevanten Kennzahlen ermittelt werden.210

Die Quantifizierung der Ursache-Wirkungsbeziehungen zwi-schen den Kennzahlen und Perspektiven der BSC stellt eine

209 Vgl. Steinle 2005, S. 359. 210 Vgl. Steinle 2005, S. 360.

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weitere Herausforderung dar, denn vielfach ist es nicht mög-lich die Beziehungsrichtung, die Beziehungsstärke oder die Reaktionszeit zwischen in Beziehung stehenden Kennzahlen eindeutig zu bestimmen oder gar konkret zu messen. Ursa-che-Wirkungsketten bergen daher die Gefahr, Scheinkausali-täten zwischen Kennzahlen zu postulieren, obwohl faktisch keine Beziehungen bestehen. Die BSC ist daher für die be-sondere Problematik sachlogischer Wirkungszusammenhän-ge, die auf hypothetischen Annahmen beruhen, anfällig (vgl. Kap. 1.3.2).

Ob und inwiefern das BSC-Konzept geeignet ist, die Schwä-chen der nicht-integrierten Konzepte (vgl. Kap. 2) zu mildern, soll im Folgenden beurteilt werden.

1) Der Operationalisierungsaspekt hat eine wesentliche Bedeutung für die Bewertung der Zielkongruenz des BSC-Konzepts. Schließlich hängt von der Operationali-sierung der Strategie in der Finanzperspektive ab, ob das klassische Ziel der Wertmaximierung verfolgt wird. Zwar ist die Nutzung von wertorientierten Kennzahlen (z.B. EVA, ROCE, CVA oder CFROI) durchaus üblich. Jedoch lassen sich in diesem Fall die bereits beschrie-benen Probleme der einperiodischen und vergangen-heitsbezogenen Kennzahlen in Bezug auf die Zielkon-gruenz (vgl. Kap. 2) auch im BSC Konzept nicht umge-hen.

2) Die Beurteilung der zeitlichen Entscheidungsverbun-denheit des BSC-Konzepts hängt ebenfalls maßgeblich von der Art und Weise der Operationalisierung ab. Denn die zeitliche Entscheidungsverbundenheit erfor-dert, dass die Kennzahlen so gewählt werden, dass sie die Folgen der im Geschäftsbetrieb zu treffenden Ent-scheidungen zeitnah ausweisen. Andernfalls lässt sich kein oder kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Treffen einer Entscheidung und dem Wirksam-werden der Entscheidungsfolgen ermitteln. Im strate-gisch ausgerichteten BSC-Konzept liegt die Herausfor-derung somit in der Übersetzung von strategischen in operative Ziele und Kennzahlen.

3) Die sachliche Entscheidungsverbundenheit des BSC-Konzepts ist dann gewährleistet, wenn sich einem Mit-arbeiter die von ihm zu verantwortenden Folgen seiner Entscheidungen eindeutig zuordnen lassen. Durch die

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Definition von zielwirksamen Maßnahmen im Rahmen des BSC-Konzepts lässt sich die sachliche Entschei-dungsverbundenheit vergleichsweise gut gewährleis-ten, sofern zusätzlich zur jeweiligen zielwirksamen Maßnahme auch der für die Maßnahmenumsetzung verantwortliche Mitarbeiter eindeutig bestimmt wird.

4) Das BSC-Konzept erfüllt die Unempfindlichkeit gegen-über (unbeabsichtigten) Fehlinterpretationen und (be-absichtigten) Manipulation nur bedingt, weil die Ursa-che-Wirkungsketten größtenteils auf sachlogischen Zu-sammenhängen beruhen und mit dem Problem der Scheinkausalität konfrontiert sind.

5) Die Verständlichkeit des BSC-Konzepts ist scheinbar hoch, weil die Bedeutung der Perspektiven unmittelbar einleuchtet. Aufgrund der im Vergleich zu den wert-orientierte Kennzahlen ansprechenderen Aufmachung (vgl. Abb. 9) besteht jedoch die Gefahr einer Komplexi-tätsunterschätzung. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die BSC aus wertorientierten Kennzahlen in der Finanzperspektive und weiteren Kennzahlen der leis-tungswirtschaftlichen Perspektiven zusammensetzt. Denn in diesem Fall summieren sich die Verständnis-probleme der finanz- und leistungswirtschaftlichen Kennzahlen.

6) Die Wirtschaftlichkeit des BSC-Konzepts ist ebenso wie die Verständlichkeit ganz entscheidend von der Art und Anzahl der gewählten Kennzahlen abhängig. Um eine adäquates Kosten-Nutzen-Verhältnis zu gewähr-leisten, sollte die Balanced Scorecard so wenige steue-rungsrelevante Kennzahlen wie möglich und gerade so viele steuerungsrelevante Kennzahlen wie nötig be-inhalten. Es gilt: Nicht jede Kennzahl, die ermittelbar ist, ist es wert ermittelt zu werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Balanced Scorecard als teil-integriertes Konzept der Wertorientierten Unternehmensführung wesentliche Vorzüge im Vergleich zu den nicht-integrierten Konzepten der Wertorientierten Unter-nehmensführung vorzuweisen hat. Die Vorzüge bestehen vor allen Dingen in der Berücksichtigung vielfältiger Stakeholder-gruppen und unterschiedlicher Zieldimensionen. Den Vorteilen der höheren Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit stehen je-doch auch einige potenzielle Nachteile gegenüber, die bei

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unsachgemäßer Ausgestaltung des BSC-Konzepts die Praxis-tauglichkeit des BSC-Konzepts beeinträchtigen können.211

4.3.3 Umsetzungspraxis

Wird das Veröffentlichungsjahr 1992 von Kaplan und Nortons ursprünglichem Balanced Scorecard Beitrag als Ausgangs-punkt der Betrachtung festgelegt, erstreckt sich die Historie des Balanced Scorecard Konzepts über nunmehr 20 Jahre. Aufgrund zahlreicher empirischer Studien, die zwischenzeitlich angestellt wurden, lassen sich Hinweise über den Verbrei-tungsgrads des Balanced Scorecard Konzepts gewinnen, wo-bei sich die Aussagen der Studien teilweise deutlich vonei-nander unterscheiden.212

Die Auswertung von 20 Studien, die unter anderem den Ver-breitungsgrad der BSC untersucht haben, deutet darauf hin, dass der Verbreitungsgrad des BSC-Konzepts seit seiner Ein-führung bis zum Jahr 2004 im Durchschnitt stetig gestiegen ist.213 Im Vergleich zum Stellenwert des BSC-Konzepts, das dieses noch zehn Jahre zuvor eingenommen hat, ist der heu-tige Stellenwert des BSC-Konzepts jedoch offenbar niedri-ger.214 Allerdings scheint der Verbreitungsgrad des BSC-Konzepts unter Großunternehmen deutlich höher zu sein als unter kleinen und mittleren Unternehmen.215

Uneinigkeit herrscht vor allen Dingen in Bezug auf die Höhe des Verbreitungsgrads des BSC-Konzepts.216 Während man-che Studien einen Verbreitungsgrad von über 50% nennen, geben andere Studien einen Verbreitungsgrad zwischen 25% und 35% unter Großunternehmen und Mittelständlern an.217 Geht man davon aus, dass der tatsächliche Verbreitungsgrad in etwa in der Mitte liegt, ist der Verbreitungs- und Einsatzgrad

211 Vgl. Beck 2003, S. 156. 212 Vgl. Bach 2006, S. 298. 213 Vgl. Bach 2006, S. 300; Matlachowsky 2008, S. 50 weist darauf hin, dass diese Ten-

denzaussage aufgrund der methodischen Eigenschaften der ausgewerteten Studien mit aller Vorsicht zu genießen ist.

214 Vgl. Wannöffel 2012, S. 30. 215 Vgl. Bach 2006, S. 300. 216 Vgl. Matlachowsky 2008, S. 50. 217 Vgl. Bach 2006, S. 300.

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des BSC-Konzepts als gering oder allenfalls als mittelmäßig einzustufen.218

Als Hauptgründe des geringen Implementierungsgrads gelten mangelndes Top-Management-Interesse und -Engagement und die Inkompatibilität mit der Unternehmenskultur. Beide Aspekte sind Ursachen einer mangelnden Akzeptanz der BSC auf der Führungs- und Mitarbeiterebene.219 Die erfolgreiche Einführung einer BSC erfordert daher im Vorfeld der Umset-zung neben einer sorgfältigen Initialisierung und Konzipierung eine Mobilisierung, in deren Mittelpunkt die Akzeptanzschaf-fung steht. Da die Zahl der Unternehmen, die den Einsatz der BSC nach einiger Zeit aus verschiedenen Gründen beenden, nicht gering ist, ist für den dauerhaft erfolgreichen Einsatz der BSC im Anschluss an die Umsetzung die Verstetigung erfolgs-relevant.

In der Fachliteratur existieren zahlreiche ausführlich und an-schaulich dokumentierte Praxisbeispiele des BSC-Einsatzes im Rahmen bzw. als Instrument der Wertorientierten Unter-nehmensführung.220 Außerdem existieren Kataloge, die ge-eignete Kennzahlen für jede der vier BSC-Perspektiven zur Auswahl anbieten.221 Das folgende Beispiel soll den Aufbau und die Inhalte der Perspektiven exemplarisch darstellen.222

218 Vgl. Weißenberger/Göbel/Kleine 2013, S. 8. Somit hat sich an der Feststellung von

Havighorst/Müller 2002, S. 5 in Bezug auf den Implementierungsgrad der BSC in der Praxis überraschender Weise nur wenig geändert.

219 Vgl. Weißenberger/Göbel/Kleine 2013, S. 8. 220 Vgl. Malmström 2006, S. 645ff.; Friedag/Schmidt 2002, S 77 ff.; Hornung/Mayer 1999,

S. 389ff.; Satzer/Kleinhempel/Steinberger/Michalski 2012, S. 1ff.; Abel/Wannöffel 2002, S. 11ff.

221 Vgl. Friedag/Schmidt 2002, S. 113 ff. 222 Vgl. Michel 1999, S. 375.

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Abbildung 10: Wertmanagementunterstützung durch die Balanced Score-card (Beispiel)

Eigene Darstellung in Anlehnung an Michel 1999, S. 375

Anhand des Beispiels (vgl. Abb. 10) wird deutlich, dass die Struktur der BSC zwar grundsätzlich vorgegeben ist, jedoch im Hinblick auf die unternehmensspezifische Ausgestaltung völlig flexibel ist.223 Hierin liegt eine weiterer großer Vorteil des teilintegrierten BSC-Konzepts gegenüber den nicht-integrierten Kennzahlenkonzepten, deren Anpassung in der Praxis zwar ebenfalls unternehmensspezifisch vorgenommen wird, aber nicht von vorneherein als bewusste Konzepteigen-schaft angelegt wurde.

4.4 EFQM-Modell als vollintegriertes Konzept

4.4.1 Idee und Elemente

Neben der Balanced Scorecard, die als ein unterstützendes Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung ange-sehen wird, hat sich ein weiteres Konzept seit seiner Einfüh-rung im Jahr 1988 etablieren können, das sich anhand der Kriterien Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit in die Reihe der

223 Vgl. Beck 2003, S. 181.

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bisher diskutierten Konzepte einordnen lässt, ursprünglich aber aus dem Bereich des Qualitätsmanagements kommt.224

Das sogenannte EFQM-Konzept der European Foundation for Quality Management unterteilt sich in zwei große Abschnitte, die zum einen die sogenannten Befähiger und zum anderen die sogenannten Ergebnisse des Konzepts beinhalten (vgl. Abb. 11).225 Befähiger und Ergebnisse stehen in einem wech-selseitigen Ursache-Wirkungszusammenhang zueinander. Befähiger sollen sicherstellen, dass ein Unternehmen sein geplantes Ergebnis erreicht und die erreichten Ergebnisse sind Ausgangspunkte für Lern- und Entwicklungsprozesse, die eine kreative und innovative Veränderung und Weiterentwick-lung aller Befähiger bewirken können (vgl. Abb. 11).

Befähigern und Ergebnisgrößen wird im Hinblick auf die nach-haltige Zielerfüllung eine spezifische Bedeutung beigemessen, die durch die jeweilige Gewichtung der Einzelkriterien im Ge-samtkonzept zum Ausdruck gebracht wird. Alle Kriterien summieren sich auf 100% und sind seit der Konzepteinfüh-rung unverändert geblieben.

Exzellente Unternehmen zeichnen sich zum einen dadurch aus, dass sie über die notwendigen Befähiger (syn. Potenzia-le) verfügen, um herausragende Ergebnisse zu erzielen. Unter die gleichgewichteten Befähiger des EFQM-Konzepts fallen:

die Führung (10%), die sich durch ein zukunftsorientiertes, tatkräftiges, flexibles, wertebewusstes, ethisches und ver-trauensvolles Management auszeichnet,

die Mitarbeiter (10%), die ihre Fähigkeiten und ihr Wissen in den Dienst des Unternehmens stellen und dafür im Gegenzug Wertschätzung, Weiterbildungsmöglichkeiten, einen fairen Umgang und eine offene Kommunikation ge-nießen,

die Strategie (10%), die sich durch ihren expliziten Stake-holderfokus, also die Ausrichtung der Vision und Mission auf alle Anspruchsgruppen, auszeichnet,

die Partnerschaften und Ressourcen (10%), die sich durch die optimale Abstimmung und Verknüpfung mit unterneh-mensexternen Kooperationspartnern und Zulieferern und unternehmensinternen Ressourcen ausdrücken und

224 Vgl http://www.efqm.org/efqm-model [18.09.2013] zu den weiteren Ausführungen des

EFQM-Konzepts. 225 Vgl. HBS 2004, S. 35 ff. für eine detailliertere Auseinandersetzung mit dem EFQM-

Modell.

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die Prozesse, Produkte und Dienstleistungen (10%), die die Anforderungen der Kunden aber auch der übrigen Stake-holdergruppen erfüllen.226

Operationalisiert werden vier der fünf Befähiger durch jeweils fünf vorgegebene Unterkriterien. Lediglich der Befähiger „Stra-tegie“ wird durch vier Unterkriterien operationalisiert. Der Kri-terienkatalog der Befähiger enthält folglich 24 Unterkriterien.

Abbildung 11: Grundkonzept des EFQM-Modells

Darstellung in Anlehnung an EFQM 2013, o.S.

Die Exzellenz eines Unternehmens kommt zum anderen ganz offensichtlich in den Ergebnisgrößen zum Ausdruck, die nicht gleichgewichtet sind und wie folgt lauten:

Mitarbeiterbezogene Ergebnisse (10%), die sich in der nachhaltigen (Über-)Erfül-lung der Mitarbeiterbedürfnisse ausdrückt,

Kundenbezogene Ergebnisse (10%), die in der nachhalti-gen (Über-)Erfüllung der Kundenbedürfnisse zum Ausdruck kommen,

Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (15%), die sich in der nachhaltigen (Über-)Er-füllung der Bedürfnisse aller weite-ren Stakeholder der Gesellschaft zeigen, und

226 Vgl. http://www.efqm.org/efqm-model/criteria/enablers [18.09.2013] zur Erläuterung

der Befähiger.

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Schlüsselergebnisse (15%), die sich in der nachhaltigen (Über-)Erfüllung der Bedürfnisse der Anteilseigner ausdrü-cken.227

Operationalisiert werden die vier Ergebniskriterien durch je-weils vier vorgegebene Unterkriterien. Zwei der vier Unterkri-terien pro Ergebnisgröße sind harte Ergebniskriterien in Form neutraler Indikatoren und die übrigen zwei Unterkriterien be-treffen als tendenziell weiche Ergebnisgrößen die Wahrneh-mung durch die Zielgruppe. Der Kriterienkatalog der Ergeb-nisgrößen enthält folglich insgesamt 16 Unterkriterien.

4.4.2 Eignung und Aussagegehalt

Im EFQM-Modell sind letztlich sämtliche Befähiger- und Er-gebniskategorien – analog zu den Perspektiven des Balanced Scorecard-Konzepts – auf die Erfüllung der Interessen der Shareholder ausgerichtet. Das EFQM-Modell bietet daher auch grundsätzlich die Möglichkeit, eine gewinn- oder cash-flow-basierte Residual- oder Rentabilitätskennzahl als Spit-zenkennzahl im Bereich der Schlüsselergebnisse anzusetzen.

Im Gegensatz zur Balanced Scorecard, die keine Gewichtung der einzelnen Perspektiven zur Ermittlung der Unternehmens-exzellenz vorsieht, misst das EFQM-Konzept nicht nur den Schlüsselergebnissen, sondern allen Befähiger- und Ergeb-nisbereichen explizit eine Bedeutung bei und stellt somit ein äußerst ausgewogenes Instrument dar. Diese Eigenart des EFQM-Konzepts stellt sicherlich einen wesentlichen Vorteil dar.

Denn ein Unternehmen, dass zwar im Bereich der Schlüssel-ergebnisse die Anforderungen vollumfänglich erreicht und somit die vordergründigen Interessen der Anteilseigner erfüllt, ist nicht automatisch als exzellent zu bezeichnen, sofern die Erfüllung der Kriterien aller anderen Kategorien schlecht aus-fällt. Exzellenz erfordert stattdessen die ganzheitliche Betrach-tung aller bewertungsrelevanten Bereiche und die nachhaltige Erzielung hoher Bewertungsresultate in allen Bereichen des EFQM-Konzepts.

227 Vgl. http://www.efqm.org/efqm-model/criteria/results [18.09.2013] zur Erläuterung der

Ergebnisse.

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Im Vergleich zum Konzept der Balanced Scorecard weist das EFQM-Konzept einen höheren methodischen und inhaltlichen Standardisierungsgrad auf. Dadurch bietet es die Möglichkeit der objektiven und transparenten Vergleichbarkeit (engl. Benchmarking) der Exzellenz verschiedener Unternehmen. Im Gegensatz zur BSC ist eine Erweiterung des EFQM-Konzepts um weitere Perspektiven allerdings nicht vorgesehen. Den-noch bietet das EFQM-Konzept ausreichend Flexibilität, um unternehmensspezifische Anforderungen und Eigenarten zu berücksichtigen, und verdeutlicht, dass unterschiedliche Mittel und Wege zur Erreichung hervorragender Ergebnisse be-stehen.

Zusammenfassend betrachtet bestehen also große Ähnlich-keiten zwischen dem EFQM- und dem BSC-Konzept. Beide Konzepte besitzen einen strategischen Charakter, basieren auf Ursache-Wirkungszusammenhängen, stimmen in Bezug auf einige Kriterien und Perspektiven überein und verfolgen die Unternehmenswertsteigerung.

Im Unterschied zum BSC-Konzept beinhaltet das EFQM-Konzept jedoch noch weitere Stakeholder und weist daher einen höheren Grad der Ganzheitlichkeit auf. Der Grad der Nachhaltigkeit ist außerdem als hoch einzustufen, weil das EFQM-Konzept neben ökonomischen und sozialen Zielen auch die Ziele aller anderen Anspruchsgruppen berücksichtigt und somit auch die ökologischen Ziele abdeckt. Beide Aspek-te führen dazu, dass das EFQM-Modell als strategisches Kon-zept mit dem aktuell höchsten Integrationsgrad angesehen und als vollintegriert bezeichnet werden kann.

Im Hinblick auf die zugrundeliegenden Bewertungskriterien lässt sich abschließend – unter Berücksichtigung der BSC-Beurteilung – Folgendes festhalten:

1) Die Anforderung der Zielkongruenz im Sinn der Wert-orientierung wird durch das EFQM-Konzept grundsätz-lich gut erfüllt. Dies liegt vor allem am ausgewogenen Charakter des Konzepts, das die Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit der Wertorientierung tendenziell stär-ker abbildet als das BSC-Konzept.

2) Die zeitliche Entscheidungsverbundenheit im grund-sätzlich strategisch orientierten EFQM-Konzept lässt sich durch eine adäquate Operationalisierung der stra-tegischen Ziele in operative Ziele sicherstellen. Eine

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detaillierte Betrachtung der Teilbereiche und Teilkrite-rien des EFQM-Konzepts offenbart, dass die adäquate Operationalisierung eine besondere Herausforderung darstellt.

3) Der Grad der sachlichen Entscheidungsverbundenheit des EFQM-Konzepts hängt davon ab, inwieweit sich die operationalisierten Ziele und abgeleiteten Maß-nahmen auf die Ebene einzelner Mitarbeiter beziehen und sich die zu verantwortenden Folgen von Entschei-dung einem Mitarbeiter eindeutig zuordnen lassen. Damit wird deutlich, dass die Erfüllung dieser Anforde-rung ebenfalls maßgeblich von der adäquaten Opera-tionalisierung abhängt.

4) Das EFQM-Konzept erfüllt die Unempfindlichkeit gegenüber (unbeabsichtigten) Fehlinterpretationen und (beabsichtigten) Manipulation nur bedingt, weil die Ursache-Wirkungsketten größtenteils auf sachlogi-schen Zusammenhängen beruhen und mit dem Pro-blem der Scheinkausalität konfrontiert sind.

5) Die Verständlichkeit des EFQM-Konzepts ist scheinbar hoch, weil die Bedeutung der Perspektiven unmittelbar einleuchtet. Aufgrund der im Vergleich zu den wert-orientierte Kennzahlen ansprechenderen Konzeptvi-sualisierung besteht jedoch die latente Gefahr einer Komplexitätsunterschätzung.

6) Die Wirtschaftlichkeit des EFQM-Konzepts lässt sich nur unter Berücksichtigung seines langfristigen Nut-zens bewerten. Denn kurzfristig ist der Implementie-rungsaufwand – ähnlich wie bei der Balanced Score-card – aufgrund des Projekt- und Schulungsaufwands der Belegschaft relativ hoch. Langfristig kann sich je-doch ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis einstellen, wenn die in regelmäßigen Abständen erforderliche Selbstbewertung routiniert und effizient von statten geht und sich gleichzeitig eine Steigerung des Unter-nehmenswertes einstellt, der auf die Konzeptnutzung zurückzuführen ist.

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4.4.3 Umsetzungspraxis

Zum Stand der praktischen Umsetzung gibt es vergleichswei-se wenige Erkenntnisse in Form von empirischen Studien.228 Demnach hat sich das EFQM-Modell seit seiner Entwicklung zumindest in deutschen Industrieunternehmen relativ gut ver-breitet, da 40 Prozent der befragten Produktionsunternehmen (Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes) angaben, Quali-tätsmanagement auf Basis des EFQM-Konzepts zu betreiben. Allerdings war die Verbreitung in den ersten zehn Jahren der Konzeptentwicklung deutlich geringer als in den Jahren da-nach, was darauf schließen lässt, dass das Konzept zunächst Aufmerksamkeit erlangen musste bevor es sich etablieren konnte.229

Analog zu den übrigen bereits skizzierten Konzepten der Wertorientierten Unternehmensführung nutzen größere Unter-nehmen das EFQM-Konzept offenbar häufiger als kleine Unternehmen. Weiterhin lässt sich ein branchenspezifischer Einsatzschwerpunkt im Fahrzeugbau und in der Metallerzeu-gung und -bearbeitung feststellen.230

Von zentraler Bedeutung ist jedoch die Erkenntnis, dass Unternehmen, die das EFQM-Konzept einsetzen und gezielte Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen ergreifen, sich überdurchschnittlich gut im Hinblick auf die Produktionsquali-tät, die kundenorientierte Liefertreue und das Produktinnova-tionspotenzial entwickeln. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Unternehmen mehr Forschungs-, Beschaffungs-, Produktions- und Vertriebskooperationen unterhalten, häufiger Personalentwicklungsgespräche führen und in höherem Aus-maß Prozessoptimierung betreiben. Die regelmäßige Erhe-bung ergebnisbezogener Kennzahlen der vier Ergebnisberei-che erlaubt den Unternehmen ihre Befähiger schrittweise und zielführend zu optimieren.231

Da die Informationslage zur Umsetzungspraxis des EFQM-Konzepts sehr „dünn“ und damit wenig belastbar und nicht repräsentativ ist, sollen und können an dieser Stelle keine verallgemeinernde Aussagen getroffen werden. Festzuhalten bleibt jedoch, dass das EFQM-Konzept – trotz oder gerade wegen seiner Herkunft aus dem Qualitätsmanagementbereich

228 Vgl. Lay/Schat/Jäger 2009, S. 1ff.; Fechlin 2006, S. 21f. 229 Vgl. Lay/Schat/Jäger 2009, S. 11. 230 Vgl. Lay/Schat/Jäger 2009, S. 11. 231 Vgl. Lay/Schat/Jäger 2009, S. 7f..

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– als vollintegriertes Konzept im Rahmen der Wertorientierten Unternehmensführung einsetzbar ist, weil es sowohl mit den Überlegungen der nicht-integrierten Konzepte der Wertorien-tierten Unternehmensführung kombinierbar ist als auch mit den integrierten Konzepten der Wertorientierten Unterneh-mensführung, insbesondere dem Deutschen Corporate Go-vernance Kodex, optimal harmoniert.

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5 | Beurteilung der wertorientierten Konzepte

5.1 Funktionsbezogene Beurteilung

5.1.1 Einsatzpotenziale wertorientierter Konzepte

Die konzeptspezifische Beurteilung der Eignung und des Aus-sagegehalts der erläuterten Konzepte erfolgte bereits zuvor in den entsprechenden Kapiteln der Konzepte. Daher beschränkt sich die folgende funktionsbezogene Beurteilung der Konzep-te auf die allgemeinen Funktionen von Werttreiberhierarchien, auf denen die nicht-, teil- und vollintegrierten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung basieren.

Werttreiberhierarchien bieten als Konzeptbasis wesentliche Vorteile und Chancen, da sie vielfältige Funktionen erfüllen. Zu den erfolgsrelevanten Funktionen zählen neben der Pla-nungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktion vor allen Dingen die Operationalisierungs-, Fokussierungs-, Kommunikations-, Lern- und Legitimationsfunktion.232

1) Die Kernfunktion von Werttreiberhierarchien, auf denen die nicht-, teil- und vollintegrierten Konzepte der wert-orientierten Unternehmensführung beruhen, ist die Planungs- und Kontrollfunktion. Wertreiberhierarchien ermöglichen die systematische Planung und Kontrolle anhand explizierter und transparenter Werttreiber und Werttreiberbeziehungen. Sie ermöglichen die Plausibi-lisierung von Plänen zur Vermeidung unrealistischer Pläne sowie die Erkennung von Planabweichung zur Analyse und Korrektur der Abweichungen.233

2) Unter der Operationalisierungsfunktion wird die Mög-lichkeit verstanden, möglichst stark beeinflussbare und am operativen Tagesgeschäft ausgerichtete Unterziele aus dem Oberziel der Unternehmenswertsteigerung ableiten zu können. Die Operationalisierung liefert den Beschäftigten eine konkrete Handlungsorientierung und erlaubt die unternehmensweite Verfolgung der Unternehmenswertsteigerung durch alle Beschäftigten.

232 Vgl. Weber et al. 2004, S. 109ff. 233 Vgl. Weber et al. 2004, S. 111.

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Sie ist eine wichtige Voraussetzung für die Berücksich-tigung wertorientierter Beiträge der Beschäftigten im Rahmen von Leistungsvereinbarungen und Anreizsys-temen.234

3) Die Fokussierungsfunktion der Konzepte der wertorien-tierten Unternehmensführung äußert sich in der Not-wendigkeit, aus der nahezu unbegrenzten Menge mög-licher Einflussfaktoren des Unternehmenswertes die wesentlichen Einflussfaktoren auszuwählen und in der Werttreiberhierarchie zu vereinen, welche die be-stehende Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im Wesentlichen abbildet. Damit vermeidet die Fokussie-rungsfunktion das Entstehen von Kennzahlenfriedhöfen und hält das wertorientierten Berichtswesen (Value Reporting) und Controlling (Value Controlling) effizient und schlank.235

4) Zweck der Kommunikations- und Lernfunktion ist zu-nächst die Schaffung eines einheitlichen Verständnis-ses der aktuellen Geschäftstätigkeit des Unterneh-mens. Auf Basis der einheitlichen Diskussionsgrundla-ge sind die Abstimmung zwischen verschiedenen Ge-schäftsbereichen und die Weiterentwicklung der Ge-schäftstätigkeit möglich. Zentrale Voraussetzung dafür ist die Transparenz der Werttreiberhierarchie für alle betroffenen Bereiche.236

5) Die Legitimationsfunktion der Konzepte verfolgt außer-dem den Zweck, wertorientierte Ziele und zielorientierte Maßnahmenpakete zu rechtfertigen und durchzuset-zen. Konkret zeigt sich die Wirkung dieser Funktion bei der Festlegung eines Zielausmaßes im Zielvereinba-rungsprozess für das Unternehmen, einen Unterneh-mensteil oder ein einzelnes Unternehmensmitglied.237

Zusammenfassend betrachtet bieten nicht-, teil- und vollinte-grierter Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung mehrere überzeugende Argumente, die ihren Einsatz durch-aus rechtfertigen. Um eine fundierte Entscheidung über den Einsatz eines oder mehrerer der beschriebenen Konzepte

234 Vgl. Weber et al. 2004, S. 109. 235 Vgl. Weber et al. 2004, S. 109f. 236 Vgl. Weber et al. 2004, S. 110. 237 Vgl. Weber et al. 2004, S. 110.

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treffen zu können, sollten zusätzlich zu den Einsatzpotenzia-len allerdings die Einsatzgrenzen der Konzepte bekannt sein.

5.1.2 Einsatzgrenzen wertorientierter Konzepte

Die Betonung der Einsatzpotenziale darf nicht darüber hin-wegtäuschen, dass der Einsatz von nicht-, teil- und vollinte-grierten Konzepte der wertorientierten Unternehmensführung mit Implementierungs- und Nutzungsschwierigkeiten verbun-den sein kann, die den Nutzen der wertorientierten Konzepte erheblich beschränken können.

Mögliche Einschränkungen der Werttreiberhierarchen, die den Konzepten der wertorientierten Unternehmensführung zu-grunde liegen, resultieren aus dem Problem der Scheinkausa-lität und Scheingenauigkeit, der Priorisierung und Selektion, der Operationalisierbarkeit und Operationalisierungstiefe so-wie der Inflexibilität.238

1) Das Problem der Scheinkausalität und -genauigkeit tritt auf, weil einzelne Werttreiber der Konzepte nicht nur in einem formallogischen, sondern auch in einem sachlo-gischen Wirkungszusammenhang miteinander stehen. Die einem sachlogischen Wirkungszusammenhang zu-grundeliegende Kausalitätsvermutung ist in der Regel aber nicht zweifelsfrei belegbar. Infolgedessen sollten speziell sachlogische Wirkungsbeziehungen perma-nent auf ihre Gültigkeit, Wirkungsrichtung und Wir-kungsstärke hin überprüft werden.239

2) Das Problem der Priorisierung und Selektion von Wert-treibern hat zwei Ursachen. Zum einen ist es der Ge-staltungswunsch, nur die wesentlichen werttreibenden Faktoren in einem Steuerungskonzept zu vereinen, um die Komplexität des Steuerungskonzepts gering und seinen Nutzen hoch zu halten. Zum anderen ist es die Unmöglichkeit, in einem wertorientierten Steuerungs-konzept jemals alle Einflussfaktoren und -beziehungen realitätskonform abbilden zu können. Beide Aspekte verdeutlichen den Priorisierungs- und Selektionsbedarf, der zum Problem wird, weil sich die relevanten Wert-treiber in der Regel nicht zweifelsfrei identifizieren und

238 Vgl. Weber et al. 2004, S. 111ff. 239 Vgl. Weber et al. 2004, S. 111.

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quantifizieren lassen. Daher ist es empfehlenswert, die relevanten Werttreiber anhand ihrer Einflussstärke aus einer Menge möglicher Werttreiber durch interne Teams identifizieren zu lassen, um wenigstens eine intersubjektiv nachprüfbare Auswahl zu erhalten.240

3) Das Problem der Operationalisierbarkeit und Operatio-nalisierungstiefe betrifft in erster Linie die mögliche bzw. notwendige Aufgliederung einer Spitzenkennzahl in nachgeordnete Werttreiber. Aus Expertensicht han-delt es sich hierbei um ein zentrales Problem mit dem größten Nachholbedarf.241 Ein zweckmäßiger Opera-tionalisierungsgrad gilt dann als erreicht, wenn die Auf-gliederung der Spitzenkennzahl in operative Werttrei-ber eine unmittelbare Handlungsorientierung für das operative Tagesgeschäft erlaubt.242

4) Das Problem der Inflexibilität entsteht, weil ein dynami-sches Unternehmensumfeld regelmäßig Anpassungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens und in die-sem Zusammenhang auch eine regelmäßige Anpas-sung der implementierten Werttreiberhierarchie erfor-dert. Da eine einmal aufgestellte Werttreiberhierarchie das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Ausarbeitung und Aushandlung der Beschäftigten darstellt, weist sie jedoch eine nicht unerhebliche Beharrungstendenz auf. Zusätzlich erschwert die Absicht, durch die längerfristi-ge Anwendung eines wertorientierten Konzepts ver-gleichbare Ergebnisse zu generieren, die Flexibilisie-rung des jeweils verwendeten Konzepts.243

Die skizzierten Probleme kommen umso stärker zum Tragen, je geringer die Beeinflussbarkeit der Werttreiber ist und je hö-her die Unsicherheit ist, der Unternehmen ausgesetzt sind. Strategische Werttreiberhierarchien sind daher tendenziell problembehafteter als operative Werttreiberhierarchien. Dies unterstreicht erneut die Bedeutung einer adäquaten und ziel-gerichteten Operationalisierung der Kennzahlen.

240 Vgl. Weber et al. 2004, S. 111f. 241 Vgl. Müller/Hirsch 2005, S. 84. 242 Vgl. Weber et al. 2004, S. 111f. 243 Vgl. Weber et al. 2004, S. 112.

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5.2 Stakeholderbezogene Beurteilung

5.2.1 Unternehmensbezogene Stakeholder

Ergänzend zur funktionsbezogenen Beurteilung, die sich ten-denziell um instrumentelle Aspekte der wertorientierten Kon-zepte drehen, stellt die stakeholderbezogene Beurteilung inte-ressenorientierte Aspekte der wertorientierten Konzepte in den Fokus.

Die Systematisierung der nicht, teil- und vollintegrierten Kon-zepte der Wertorientierten Unternehmensführung (vgl. Kap. 3.1.2) orientiert sich unter anderem an den Stakeholdergrup-pen und betont dadurch bereits die Bedeutung der verschie-denen Stakeholdergruppen im Rahmen der Wertorientierten Unternehmensführung.

Im Folgenden werden die verschiedenen unternehmensinter-nen und -externen Stakeholdergruppen nochmals aufgegrif-fen, um im Anschluss an deren Darstellung auf die Bedeutung und Konsequenzen der Konzepte der Wertorientierten Unter-nehmensführung für die unternehmensinternen Akteursgrup-pen etwas näher einzugehen.244

Personen oder Gruppen, die Unternehmen und deren Aktivitä-ten beeinflussen oder von Unternehmen und deren Aktivitäten beeinflusst werden können, werden als Stakeholder bezeich-net. Stakeholdergruppen verfolgen ihre eigenen Ziele, stehen auf unterschiedliche Weise in einer unmittelbaren Beziehung zum Unternehmen und stellen ihre individuellen Ansprüche an ein Unternehmen, die mit den Ansprüchen andere Stakehol-dergruppen an das Unternehmen kollidieren können (vgl. Abb. 12).245

244 Vgl. Rappaport 1999, S. 6ff. für eine Darstellung der Stakeholdergruppen. 245 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 5.

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Abbildung 12: Akteursgruppen und -beziehungen

Darstellung in Anlehnung an Sawczyn 2011, S. 27

Einige Stakeholder besitzen aufgrund der wettbewerbsent-scheidenden Ressourcen, die sie dem Unternehmen zur Ver-fügung stellen, eine „Vormachtstellung“. Dazu zählen der Staat als Anbieter öffentlicher Güter, die Führungskräfte und Mitarbeiter als Anbieter von Wissen und Arbeitsleistung, die Lieferanten als Anbieter von Vorprodukten und -leistungen, die Kunden als Abnehmer der Endprodukte und -leistungen, die Gläubiger als Anbieter von Fremdkapital und die Anteilseigner (engl. Shareholder) als Anbieter von Eigen-kapital (vgl. Abb. 12). Daneben existieren weitere Stakeholder in Form von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden (Ge-werkschaften), die als Vertreter der jeweiligen Stakeholder die jeweiligen Interessen vertreten.

5.2.2 Verteilungsbezogene Konsequenzen

Der gesamte erwirtschaftete Gewinn- bzw. Cashflow-Überschuss nach Berücksichtigung der Zahlungen an alle Stakeholder außer den Anteilseignern ist der sogenannte Mehrwert. Der Mehrwert wird als Brutto-Größe aufgefasst, weil von ihm die Zahlungen an die Eigenkapitalgeber in Höhe der geforderten Rendite auf das Eigenkapital noch nicht abge-zogen sind. Werden vom Brutto-Mehrwert die Zahlungen an

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die Eigenkapitalgeber abgezogen, ergibt sich der Netto-Mehrwert, der auch als Übergewinn bzw. Überverzinsung be-zeichnet wird.246 Der Netto-Mehrwert liegt den gewinn- und cashflow-basierten Residual- und Rentabilitätskennzahlen zugrunde (vgl. Kap. 2.1.2).

Die Eigenkapitalgeber werden einem Unternehmen ihr Kapital nur dann überlassen, wenn sie im Gegenzug eine Rendite in Form der Dividende auf ihr eingesetztes Eigenkapital erhalten, die in der Höhe mindestens der Rendite der alternativen In-vestitionsmöglichkeiten entspricht. Die Zahlungen, die vom Brutto-Mehrwert abgezogen werden, müssen daher mindes-tens diese Höhe – also die Mindestrendite – erreichen. Der verbleibende Netto-Mehrwert drückt schließlich den geschaf-fenen Wert aus.247

Die entscheidende Frage, die sich stellt, lautet, wem der ge-schaffene Netto-Mehrwert in Form des Übergewinns bzw. der Überverzinsung letztlich zusteht. Nach dem Prinzip der reinen Shareholder Value Lehre sollte der gesamte Netto-Mehrwert den Eigenkapitalgebern im Interesse einer Maximierung der Eigenkapitalrendite für die Bereitstellung des Eigenkapitals und die Übernahme des Ausfallrisikos zufließen.248

Da der Netto-Mehrwert aber nicht nur auf die Bereitstellung des Eigenkapitals zurückzuführen ist, sondern auch dadurch geschaffen wird, dass alle anderen der zuvor genannten Sta-keholdergruppen ihre Beiträge leisten und einbringen, ist eine Geltendmachung von Ansprüchen am Netto-Mehrwert durch diese Stakeholder ebenfalls legitim.249 Die Herausforderung, mit der die Unternehmen konfrontiert sind, besteht folglich darin eine Entscheidung über die mögliche Verteilung des Mehrwerts unter den Stakeholdern zu treffen. Die Mehrwert-maximierung zu Gunsten der Shareholder und zu Lasten aller übrigen Stakeholder stellt eine mögliche Form der Verteilung dar.

Im Zusammenhang mit der Mehrwertverteilung spielt die Ver-handlungsmacht der einzelnen Stakeholdergruppen eine do-minierende Rolle. Denn Machteinflüsse bestimmen im We-sentlichen, welche Stakeholder den Mehrwert erhalten. Die

246 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 5. 247 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 6. 248 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 6. 249 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 6; Grieger 2001, S. 79.

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Verhandlungsmacht eines Stakeholders ist wiederum von den folgenden Faktoren abhängig.250

1) Exklusivität, d. h. der Stakeholder verfügt über nicht oder schwer substituierbare Ressourcen, die das Unternehmen benötigt.

2) Freiheit, d. h. der Stakeholder ist nicht oder nur schwach an ein Unternehmen gebunden und kann mit einer Abwanderung drohen.

3) Durchlässigkeit, d. h. der Wechsel des Stakeholders zu einem anderen Unternehmen ist mit geringen Wech-selkosten verbunden.

4) Transparenz, d. h. der Stakeholder hat eine genaue Kenntnis über den verteilbaren Mehrwert, der unter Mitwirkung aller Stakeholder geschaffen wurde.

5) Beziehungen, d. h. der Stakeholder hat gute Verbin-dungen zu den Entscheidungsträgern des Unterneh-mens (insb. Vorstand und Aufsichtsrat).

6) Organisation, d. h. eine Stakeholdergruppe ist gut or-ganisiert und spricht mit einer Stimme (insb. Verbände aller Art und Gewerkschaften).

7) Zielübereinstimmung, d. h. eine Stakeholdergruppe zeichnet sich durch einheitliche Interessen aus.

Die Frage der Machtverteilung ist von zentraler Bedeutung, weil Konflikte um die Höhe von Zahlungen des Unternehmens an die Stakeholder an der Tagesordnung sind, seien es Preis-verhandlungen mit den Zulieferern, Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften in ihrer Funktion als Arbeitnehmervertre-ter, Kreditverhandlungen mit Gläubigern oder Gehaltsverhand-lungen mit der Unternehmensführung.

Empirische Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass in Shareholder Value-Unternehmen eine Verbesserung der Ver-teilungsposition der Anteilseigner mit einer Verschlechterung der Verteilungsposition der Arbeitnehmer einhergeht. Der Um-verteilungseffekt basiert insbesondere auf dem Rückgang der Beschäftigtenzahl zur Steigerung der Unternehmensrentabili-

250 Vgl. Töpfer/Duchmann 2006, S. 8.

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tät. Entgegen der Erwartung ändern ein Verbleib im System der Flächentarifverträge und eine Steigerung der Lohnsum-men der verbleibenden Beschäftigten an diesem Umvertei-lungseffekt nichts, da der Einsparungseffekt stärker ausfällt, obwohl er langfristig das Unternehmenswachstum ein-schränkt.251

5.2.3 Vergütungsbezogene Konsequenzen

Die Konsequenzen der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung sind zahlreich und vielfältig und betreffen – wie die Fra-gen der Wertverteilung im vorhergehenden Kapitel bereits verdeutlicht haben – grundsätzlich alle Stakeholder eines Unternehmens.

Die folgenden Ausführungen über die vergütungsorientierten Konsequenzen der Wertorientierten Unternehmensführung konzentrieren sich allerdings auf die unternehmensinternen Stakeholder, insbesondere das Management. Von besonde-rem Interesse ist dabei die Wirkung wertorientierte Anreizsys-teme im Hinblick auf die Ausrichtung des Verhaltens und der Entscheidungen der unternehmensinternen Stakeholder am bzw. auf das Ziel der Unternehmenswertsteigerung.252

Wertorientierten Anreizen wird wegen ihrer Erfolgsrelevanz eine besondere Stellung im Rahmen der Wertorientierten Unternehmensführung zugesprochen.253 Denn nachdem sich zwischenzeitlich die meisten großen Unternehmen der Share-holder Value Generierung verschrieben haben, wird nach An-reizen gesucht, die die Zielerreichung unterstützen und leis-tungssteigernd wirken.254 Ohne geeignete Anreizsysteme – so die Hypothese – wird die wertorientierte Unternehmensfüh-rung erfolglos bleiben.255

Anreizsysteme, die sich am Ziel der Unternehmenswertmaxi-mierung orientieren (engl. Value Incentivizing), lassen sich als wertorientierte Anreizsysteme bezeichnen. Die möglichen An-

251 Vgl. Höpner 2003, S.183ff. 252 Vgl. Locarek-Junge/Imberger 2006, S. 536; Höpner 2003, S. 185ff.; Günther 1999, S.

362 für den Zusammenhang zwischen Anreiz und Verhalten bzw. die verhaltens- und entscheidungssteuernde Wirkung einer Ausrichtung am Unternehmenswert.

253 Vgl. Gundel 2012, S. 195. 254 Vgl. Locarek-Junge/Imberger 2006, S. 536. 255 Vgl. Afra/Aders 2001, S. 105 zur Erfolgsrelevanz von wertorientierten Anreizsyste-

men.

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reize können grundsätzlich sehr unterschiedliche Ausprägun-gen besitzen.256 Dazu zählen beispielsweise ein steigender Anerkennungsgrad, ein höherer Selbstbestimmungsgrad, an-sprechendere Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten und eine Erfolgsbeurteilung und leistungsabhängige Entlohnung und Vergütung.257

„Zentraler Bestandteil eines geeigneten Anreizsystems ist die erfolgsabhängige Vergütung.“258 Als vorrangiges Ziel wert-orientierter Entlohnungs- und Vergütungssysteme wird die Steigerung der Leistungsbereitschaft vom Managern und Mit-arbeitern genannt. Weiterhin sollen derartige Entlohnungs- und Vergütungssysteme dazu beitragen, den Grad der Mit-arbeiterbindung und -gewinnung zu erhöhen.259 Das zentrale Anliegen von Anreizsystemen im Sinn der wertorientierten Philosophie besteht jedoch darin, kurzfristige Fehlsteuerungen zu vermeiden und stattdessen unternehmerisches Handeln im Sinn der nachhaltigen Unternehmenswertsteigerung anzure-gen.260

Erfolgsabhängige Entlohnungs- und Vergütungssysteme, die sich am Unternehmenswert als Erfolgsgröße orientieren, sol-len sowohl die kurzfristige als auch die langfristige Zielerfül-lung unterstützen und aktiv fördern. Zur Gewährleistung dieser speziellen Anforderung wird vorgeschlagen, die wertorientier-ten Anreizsysteme längerfristig auszugestalten und gleicher-maßen klassische und neuere Bezugsgrößen miteinander zu kombinieren.261 Vorschläge für ein wertorientiertes Entloh-nungs- und Vergütungssystem enthalten die folgenden drei Entlohnungs- und Vergütungskomponenten.

1) Eine Vergütungsbasis in Form eines branchenüblichen Festgehalts, das den Lebensstandard des jeweiligen Empfängers sichert,

2) einen Vergütungsbonus in Form einer variablen jährli-chen Sonderzahlung, der sich am Erreichungsgrad kurzfristiger Unternehmensziele bemisst und

256 Vgl. Gundel 2012, S. 201 für einen Überblick über monetäre und nicht-monetäre

Anreize. 257 Vgl. Locarek-Junge/Imberger 2006, S. 536. 258 Afra/Aders 2001, S. 105. 259 Vgl. Locarek-Junge/Imberger 2006, S. 536f. 260 Vgl. Gundel 2012, S. 195; Plaschke 2006, S. 563; Pellens/Tomaszewski/Weber

2000b, S. 1831. 261 Vgl. Afra/Aders 2001, S. 105. Für eine detaillierte Darstellung von insgesamt 13

Anforderungskriterien, die an Anreizsysteme gestellt werden, vgl. Gundel 2012, S. 197.

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3) einen Vergütungsbonus in Form einer variablen Son-derzahlung, der sich am nachhaltigen Erreichungsgrad wertorientierter Unternehmensziele bemisst.262

Ein wertorientiertes Vergütungssystem sollte neben Bemes-sungsgrößen wie dem Gewinn, Umsatz und Marktanteil auch wertorientierte Bezugsgrößen, die den äußeren Wert in Form des Aktienkurses (syn. Börsenwert) oder den inneren Wert in Form der wertorientierten Spitzenkennzahl eines Unterneh-mens abbilden, berücksichtigen.263

Aktienbeteiligungen und -optionen repräsentieren aktienkurs-basierte Vergütungssysteme, die sich am Aktienkurs bzw. Marktwert eines Unternehmens orientieren. Sie sind in jünge-rer Zeit jedoch aufgrund von Manipulationsversuchen und überhöhten Managementgehältern stark in die Kritik geraten. Aufgrund der Kritik an aktienkursbasierten Vergütungskonzep-ten, wurden alternative wertorientierte Vergütungskonzepte notwendig, die als Bemessungsgrößen den inneren Wert eines Unternehmens in Form von wertorientierte Spitzenkenn-zahlen berücksichtigen und verwenden.264

Trotz des Siegeszugs der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung und der hohen Erfolgsrelevanz, die wertorientierten An-reizsystemen im Allgemeinen und wertorientierten Entloh-nungs- und Vergütungssystemen im Speziellen in diesem Kontext beigemessen wird, haben diese lange Zeit keine nen-nenswerte Rolle in der Praxis gespielt. Empirische Studien um die Jahrtausendwende konstatierten daher einen hohen Nachholbedarf in Bezug auf die Implementierung wertorien-tierter Anreizsysteme.265

Auch aktuelle Studien belegen, dass der Bereich der wert-orientierten Anreizsysteme verglichen mit anderen Controlling-instrumenten der Wertorientierten Unternehmensführung im-mer noch bemerkenswert gering entwickelt ist. Besonders bemerkenswert ist dies auch deshalb, weil der Bereich wert-orientierter Anreizsysteme so stark ausgebaut wurde wie kein

262 Vgl. Afra/Aders 2001, S. 105. Für eine ausführliche Darstellung und Beurteilung

wertorientierter Management-Anreizsysteme auf Basis interner Wertkennzahlen und Bonusbanken vgl. Plaschke 2006, S. 561ff. Für eine detaillierte Darstellung und Be-urteilung praktizierter Management-Vergütungssysteme wie Tantieme, Bonus, Ak-tienoptionspläne und EVA-basierte Entlohnung vgl. Locarek-Junge/Imberger 2006, S. 546ff.

263 Vgl. Afra/Aders 2001, S. 106; Gundel 2012, S. 204ff. 264 Vgl. Gundel 2012, S. 205. 265 Vgl. Happel 2002, S. 278; Afra/Aders 2001, S. 106; Günther 1999, S. 361; Pel-

lens/Tomaszewski/Weber 2000b, S. 1832.

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anderer Bereich der wertorientierten Unternehmensführung.266 Ein ähnliches Bild ergibt sich für mittelständische Unterneh-men. Ihnen fehlt die Langfristorientierung der Leistungsmes-sung und der wertorientierten Vergütung.267

Vor dem Hintergrund der bis heute anhaltenden Finanzmarkt-krise soll die Fehlsteuerungswirkung eines am fehlinterpretier-ten Shareholder Value-Gedanken orientierten Vergütungssys-tems explizit betont werden. Denn die Etablierung von Vergü-tungssystemen, die die Managementvergütung eng an die Aktienkursentwicklung und periodische Gewinnziele knüpft, haben im Investmentbankensektor maßgeblich dazu beigetra-gen risikoreiche und kurzsichtige Geschäftsfelder zu erfinden, die massive Verluste verursacht und schließlich die staatliche Rettung erforderlich gemacht haben.268

5.3 Mitbestimmungsbezogene Beurteilung

5.3.1 Mitbestimmung im Kontext der Wertorientierung

Bevor die mitbestimmungsbezogenen Handlungsmöglichkei-ten und -empfehlungen der Mitbestimmungsgremien themati-siert werden, soll der Shareholder und Stakeholder Value Ge-danke mit dem Gedanken der Mitbestimmung konfrontiert werden.269 Denn der Einfluss einzelner Stakeholder auf die Unternehmensspitze und Unternehmenszielsetzung variiert in Abhängigkeit des Mitbestimmungsmodells und -grads.

Im reinen Shareholder-Value-Regime orientiert sich die Unter-nehmensleitung ausschließlich am Interesse seiner Anteils-eigner. Es ist in ihrem Interesse den Unternehmensgewinn, der zur Ausschüttung an die Aktionäre in Form von Dividen-den zur Verfügung steht, und die Aktienkursgewinne, die sich aus dem Handel der Unternehmensaktien ergeben, zu maxi-mieren. Das Shareholder Value Regime ist durch die Klarheit und Einfachheit der Zielsetzung gekennzeichnet. In der Regel ist es den Aktionären gleichgültig, auf welche Weise die Ge-winne zustande kommen. Die Zielsetzung der Aktionäre ist homogen und Interessenskonflikte sind infolgedessen sel-

266 Vgl. Lueg 2010, S. 340f.; Britzelmaier et al. 2010, S. 35. 267 Vgl. Günther/Gonschorek 2011, S. 25f. 268 Vgl. Faust/Kädtler 2009b, S. 8. 269 Vgl. Höpner 2003, S. 150ff., Grieger 2001, S. 62ff. Zur Diskussion der Shareholder

und Stakeholder-Perspektive vgl. Fischer/Schröder 2009, S. 5ff.

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ten.270 Da die Mitbestimmung der Belegschaft in diesem Re-gime nicht vorgesehen ist, lässt sich der Shareholder Value-Gedanke nicht auf deutsche Unternehmen übertragen.271

Das Stakeholder-Value-Regime zeichnet sich im Vergleich zum Shareholder-Value-Regime dadurch aus, dass die Unter-nehmensleitung – genau wie ein Politiker – die verschiedenen Stakeholder des Unternehmens und ihre Interessen berück-sichtigt. Aufgrund der heterogenen und mitunter unvereinba-ren Zielsetzung einzelner Stakeholdergruppen ist die Befriedi-gung der Interessen aller Stakeholdergruppen schwierig oder gar unmöglich.272 Das Stakeholder-Value-Regime ist folglich durch die Vielfalt und Komplexität der Zielsetzungen geprägt. Im Hinblick auf die Frage der Wertverteilung (vgl. Kap. 4.2.2) ergeben sich Interessenkonflikte zwischen den Stakeholdern, die einen Ausgleich von Interessen sowie eine Mitbestimmung erforderlich machen. Die Mitbestimmung der Belegschaft ist explizit vorgesehen und entspricht der Stakeholder-Orientierung der deutschen Unternehmens- und Betriebsver-fassung.273

Die Bedeutung dieser eher theoretischen Differenzierung der beiden wertorientierten Philosophien gewinnt vor dem Hinter-grund der aktuellen Finanzmarktkrise an Brisanz und Rele-vanz für die Praxis der Wertorientierten Unternehmensfüh-rung. Denn die Finanzmarktkrise liefert momentan zahlreiche gute Gründe, die reduktionistische Shareholder-Value-Konzeption der Unternehmen grundsätzlich in Frage zu stel-len.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen scheint manchen Be-obachtern die Vereinbarkeit einer an den Interessen der An-teilseigner orientierten Unternehmensführung und einer insti-tutionalisierten Arbeitnehmermitsprache fragwürdiger als je zuvor und das Spannungsfeld zwischen Kapitalmarktorientie-rung und Arbeitnehmereinfluss größer denn je.274 Die mittler-weile initiierte Diskussion und kritische Auseinandersetzung auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene kann möglicherweise Freiräume für notwendige Korrekturen und Anpassungen der wertorientierten Konzepte öffnen, die

270 Vgl. von Weizsäcker 1999, S. 183f. 271 Vgl. Geiger 2001, S. 71. 272 Vgl. von Weizsäcker 1999, S. 183f.; Grieger 2001, S. 78f. 273 Vgl. Grieger 2001, S. 72. 274 Vgl. Höpner 2003, S. 150.

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sich von den Mitbestimmungsgremien sinnvoll nutzen las-sen.275

Die Entscheidungsspielräume, die sich von mitbestimmten also aus Vertretern der Anteilseigner und Arbeitnehmer be-stehenden Aufsichtsräten beeinflussen lassen und die Einfluss auf die Ausgestaltung der nicht-integrierten und der integrier-ten Konzepte der Wertorientiertem Unternehmensführung ha-ben können, beinhalten konkret:

1) die Bestimmung der für notwendig erachteten Mindest-rendite und der Dauer, die zur Erreichung der festge-legten Mindestrendite angesetzt werden kann,

2) die Strategie der Konzentration auf Kerngeschäfte, de-ren finanzökonomische Begründung erkennbar an Be-rechtigung eingebüßt hat,

3) die Vergütungssysteme des Topmanagements, insbe-sondere das Verhältnis zwischen variablen und fixen Vergütungsbestandteilen, die Definition der Leistungs- und Erfolgskriterien sowie die Fristen für die Erfolgs-messung und die Auszahlungen der vergütungsbezo-genen Ansprüche und schließlich noch

4) das Thema der wertorientierten Steuerungssysteme als verbindendes Element der zuvor genannten Mitbe-stimmungsfelder. Neben der Bestimmung der Zielrendi-te spielt in diesem Kontext die Ausgestaltung der Sys-teme und die Verknüpfung mit Anreizsystemen eine wichtige Rolle.276

Die Eröffnung möglicher Freiräume innerhalb der genannten Felder hängt auch von grundlegenden Entwicklungen anderer Bereiche ab, die sich aus der neuerlichen Diskussion über die Regulierung der Finanzmärkte und des Bankensektors sowie die weitere Ausgestaltung der Corporate Governance erge-ben. Diesbezüglich liegen bereits erste Vorschläge vor, deren Konkretisierung und Umsetzung abzuwarten ist.277

275 Vgl. Faust/Kädtler 2009a, S. 8. 276 Vgl. Faust/Kädtler 2009a, S. 11; Faust/Kädtler 2009b, S. 22ff. 277 Vgl. Faust/Kädtler 2009a, S. 11; Faust/Kädtler 2009b, S. 25.

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5.3.2 Beteiligungsmodell und Handlungsempfehlungen

Die Implementierung wertorientierter Konzepte durchläuft mehrere Prozessphasen, die von der erstmaligen Auseinan-dersetzung mit der Frage der Notwendigkeit eines wertorien-tierten Konzepts bis zur langfristigen Pflege und Nutzung eines bereits eingeführten Konzepts reichen. Die bestehenden Möglichkeiten einer Beteiligung von Mitbestimmungsgremien lassen sich denselben Implementierungsphasen zuordnen.

Die folgenden Erläuterungen orientieren sich daher an einem Phasenmodell, das eine Integration der Überlegungen zur Implementierung wertorientierter Konzepte und zur Beteili-gung von Mitbestimmungsgremien erlaubt und fünf Phasen beinhaltet: Initialisierung, Konzipierung, Mobilisierung, Umset-zung und Verstetigung (vgl. Abb. 13).278

Damit orientiert sich das hier skizzierte Phasenmodell am Grundgedanken der möglichst frühzeitigen Einbindung von Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss in den Prozess der Ein-führung und Nutzung wertorientierter Steuerungskonzepte.279

Sinnvoll scheint dieser Gedanke vor allem deshalb, weil schon in frühen Phasen des Implementierungsprozesses wichtige Entscheidungen getroffen werden, die sich im Rahmen der späteren Konzeptnutzung auf die Mitarbeiter auswirken. Eine Beschäftigung mit dem Thema der Wertorientierten Unter-nehmensführung, die erst dann beginnt, wenn sich die ersten mitbestimmungspflichtigen Auswirkungen zeigen, verschenkt gestalterische Beteiligungs- und Mitwirkungsspielräume und erschwert die Chancennutzung und Risikovermeidung zu Gunsten der betroffenen Belegschaft.280

278 Vgl. Steinhaus/Krüger 2012, S. 34; Krüger 2009, S. 70. 279 Vgl. Abel/Wannöffel 2022, S. 5f. 280 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 28; Wannöffel 2012, S. 1.

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Abbildung 13: Beteiligungsmodell

Darstellung in Anlehnung an Krüger 2009, S. 70

Aus dem skizzierten Phasenmodell lassen sich also phasen-spezifische Aufgaben und Handlungsempfehlungen ableiten, die im Folgenden erläutert werden.281

In der Initialisierungsphase geht es um die kritische Auseinan-dersetzung mit der Notwendigkeit und den Anforderungen wertorientierter Konzepte. Im Anschluss wird eine Entschei-dung über die Einführung eines bestimmten Konzepts der wertorientierten Unternehmensführung getroffen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte der Betriebsrat aktiv werden und um-fangreiche Informationen einholen. Der Einstieg könnte darin bestehen, Alternativkonzepte mit dem Arbeitgeber zu diskutie-ren und das Grundverständnis des fraglichen Konzepts mit dem Arbeitgeber zu klären (vgl. Abb. 13).282

Nachdem die grundsätzliche Entscheidung für die Einführung eines bestimmten wertorientierten Konzepts gefallen ist, geht es in der Konzipierungsphase um die strategiekonforme Fest-legung der Spitzenkennzahl des Konzepts. Darauf beruhen die Wahl geeigneter Werttreiber und Werttreiberzusammen-hänge. Im Sinn der integrierten Unternehmenssteuerung sollte außerdem auf die stimmige Einbindung des gewählten Kon-zepts der wertorientierten Unternehmensführung in das Ma-

281 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 28ff. für eine ausführlicher Erläuterung der Vorge-

hensweise im Kontext der Implementierung der Balanced Scorecard. 282 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 31.

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nagementsystem des Unternehmens geachtet werden. Dem Betriebsrat wird empfohlen, sich in dieser Phase auf Basis der verfügbaren Informationen mit den möglichen Chancen und Risiken für die von der Konzepteinführung potenziell betroffe-nen Mitarbeiter auseinanderzusetzen. Anschließend wird dem Betriebsrat die Formulierung einer Strategie und die Ableitung geeigneter Regelungsmaßnahmen und -ziele zur erfolgrei-chen Vertretung der Arbeitnehmerinteressen empfohlen. Die Strategie sowie Regelungsmaßnahmen und Ziele bilden die Grundlage für den ersten Entwurf einer Beteiligungsvereinba-rung im Kontext der Konzeptimplementierung (vgl. Abb. 13).283

Im Fokus der Mobilisierungsphase steht die Schaffung größt-möglicher Akzeptanz unter der potenziell betroffenen Beleg-schaft. Dazu ist es nötig, den Beschäftigten sowohl die Idee als auch die Wirkung des wertorientierten Konzepts nachvoll-ziehbar und verständlich zu vermitteln. Der Betriebsrat sollte an der Information der Beschäftigten beteiligt sein und die Fragen und Erwartungen der Beschäftigten im Zusammen-hang mit der Einführung und Nutzung im Nachgang der Infor-mationsmaßnahmen sammeln und mit dem Arbeitgeber klä-ren. Im Rahmen der Beteiligungsvereinbarung sollte festge-halten worden sein, in welchem Umfang, zu welchem Zeit-punkt und auf welche Art welche Beschäftigten informiert und beteiligt werden (vgl. Abb. 13).284

Der Erfolg der Umsetzungsphase hängt maßgeblich von der bisher geleisteten Vorarbeit der vorhergehenden Phasen ab. Im Kern geht es in dieser Phase um die Verankerung des ope-rationalisierten Konzepts auf allen betroffenen Hierarchieebe-nen der Belegschaft. Dazu gehört, dass die konkreten Mess-größen und Zielwerte festgelegt werden, die wertorientierten Ziele in den individuellen Zielvereinbarungen der Beschäftig-ten Berücksichtigung finden und die Beschäftigten – sofern notwendig – die notwendigen Fähigkeiten durch entsprechen-de Schulungen vermittelt bekommen, um die wertorientierten Ziele entsprechend erfüllen zu können. Der Betriebsrat sollte durchgängig in den Umsetzungsprozess eingebunden sein (vgl. Abb. 13).285

In der sich anschließenden Verstetigungsphase geht es da-rum, die Konzeptnutzung langfristig sicherzustellen und etwai-ge Konzeptanpassungen vorzunehmen, sofern die Dynamik

283 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 31. 284 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 34. 285 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 34.

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der Unternehmensentwicklung oder Fehlsteuerungseffekte des implementierten Konzepts dies notwendig machen.286 Unter der Annahme, dass eine sinnvolle Beteiligung des Be-triebsrates den gesamten Zeitraum der Konzepteinführung und -nutzung erfasst, kommen dem Betriebsrat auch in dieser Phase wichtige Aufgaben zu. Dazu gehört unter anderem die Vereinbarung von Ergänzungsvereinbarungen über Regelun-gen, deren Notwendigkeit sich erst im Lauf der Konzepteinfüh-rung und -nutzung herauskristallisiert (vgl. Abb. 13). Die Auf-gaben der Verstetigungsphase besitzen eine nicht zu unter-schätzenden Relevanz für den Konzepterfolg, weil nicht weni-ge Unternehmen in der Praxis die Konzeptnutzung nach eini-ger Zeit einstellen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine möglichst frühe Beteiligung der Interessenvertretung und der Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung angestrebt werden sollte (für ein Muster einer Beteiligungsvereinbarung vgl. Anhang 3). Voraussetzung dafür ist die Existenz einer kooperativen Unternehmenskultur. Zusätzlich kann der Betriebsrat nach §80 Abs. 3 BetrVG zur Durchführung seiner Aufgaben – also zur Erstellung und Verhandlung der Beteiligungsvereinbarung – nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachver-ständige hinzuziehen.287

Lehnt der Arbeitgeber eine entsprechende Beteiligungsver-einbarung ab, steht die erfolgreiche Einführung und Nutzung des wertorientierten Steuerungskonzepts, die auf den Beiträ-gen aller Mitarbeiter basieren, grundsätzlich in Frage. Das Schaffen einer breiten Akzeptanz unter der Belegschaft für das wertorientierte Konzept wird im Rahmen der Mobilisie-rungsphase dann nicht mehr möglich sein (vgl. Abb. 13).

286 Vgl. Haeseler/Hörmann 2006b, S. 128 zur Problematik wertorientierter Steuerungs-

systeme vor dem Hintergrund hoch dynamischer Entwicklungsprozesse von Unter-nehmen.

287 Vgl. Havighorst/Müller 2002, S. 31f.; Abel/Wannöffel 2002, S. 37ff.

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6 | Fazit / Zusammenfassung / Ausblick

Wenn selbst prominente Vertreter des Shareholder Value-Konzepts wie Jack Welch, Vorstandvorsitzender von General Electric von 1981 bis 2001, zu Protokoll geben, dass „[…] Shareholder-Value [genau betrachtet] die blödeste Idee der Welt [ist]"288, scheint es angebracht, die Konzepte der wert-orientierten Unternehmensführung kritisch zu betrachten und der Shareholder Value-Idee nicht unreflektiert zu folgen.

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat sich dieser Bei-trag im Anschluss an die Darstellung der grundlegenden Über-legungen der Wertorientierten Unternehmensführung der Er-läuterung und Beurteilung der klassischen nicht-integrierten und der neueren integrierten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung gewidmet.

Die empirische Betrachtung – insbesondere der DAX30-Unternehmen – legt zwar den Schluss nahe, dass sich die nicht-integrierten Konzepte der wertorientierten Unterneh-mensführung (vgl. Kap. 2) bei börsennotierten Großunterneh-men durchgesetzt haben. Eine genaue Betrachtung offenbart jedoch, dass die theoretischen Konzepte im Rahmen der prak-tischen Implementierung häufig von ihren Nutzern mehr oder weniger stark vereinfacht werden und dadurch hinter ihrem Anspruch zurückbleiben.289

Es verwundert daher auch nicht, dass die derzeit gebräuchli-chen nicht-integrierten Konzepte der wertorientierten Unter-nehmensführung die Unternehmensleitung offenbar nur unzu-reichend bei der Steigerung des Unternehmenswertes unter-stützen. Diese Unzulänglichkeit wird vor Allem auf die Schwie-rigkeit der Überführung der theoretischen Steuerungskonzepte in praktikable Steuerungsinstrumente zurückgeführt.290

In Anbetracht der bedingten Eignung und begrenzten Aussa-gekraft stellt sich trotz des hohen Verbreitungsgrads der nicht-integrierten Konzepte unter Großunternehmen die grundle-gende „Frage einer Abkehr von einer überwiegend an finan-

288 Guerrera/Baer 2009, S. 3. 289 Vgl. Müller/Hirsch 2005, S. 85. Für die unternehmensspezifisch stark variierende

Auslegung des Shareholder Value Gedankens vgl. Horváth/Minning 2001, S. 275. Vgl. Aders/Hebertinger/Wiedemann 2003, S. 356 für mögliche Lösungsansätze zur Schließung von Implementierungslücken.

290 Vgl. Müller/Hirsch 2005, S. 85.

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ziellen Kennzahlen orientierten Unternehmenssteuerung, die als ‚Spätindikatoren‘ einer langfristig orientierten Unterneh-mensentwicklung eher abträglich und zudem manipulationsfä-hig sind.“291 Für mittelständische Unternehmen stellt sich die-selbe Frage nur sehr eingeschränkt, weil der Anwendungs-grad der nicht-integrierten Konzepte der Wertorientierten Unternehmensführung bei diesen Unternehmen sehr gering ist.292

Die Entwicklung und Nutzung integrierter Konzepte der Wert-orientierten Unternehmensführung untermauert die Bedeutung einer Kombination finanzieller und nicht-finanzieller Kennzah-len. Die Orientierung der integrierten Konzepte an den Krite-rien der Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit erfüllt außerdem die Anforderungen zukunftsbezogener Konzepte. Den zahlrei-chen Vorteilen und Chancen, die integrierte Konzepte bieten, stehen aber auch Nachteile und Risiken gegenüber, die ins-besondere die Operationalisierbarkeit und die unterstellten Wirkungszusammenhänge betreffen.

Der nahezu identische Verbreitungsgrad nicht-integrierter Konzepte und integrierter Konzepte deutet darauf hin, dass die integrierten Konzepte die nicht-integrierten Konzepte in der Praxis nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen. Typisch dafür ist die Verwendung wertorientierter Kennzahlen als Spit-zenkennzahl der finanzwirtschaftlichen Perspektive der Balan-ced Scorecard.293 In derartigen Fällen werden jedoch weder die Schwächen der nicht-integrierten Konzepte, noch die Schwächen der nicht-integrierten Konzepte durch die Kombi-nation beiden Konzepttypen reduziert.

Die weitere Entwicklung der Wertorientierten Unternehmens-führung wird zeigen, ob sich die Schwächen der bisherigen Konzepte der wertorientierten Unternehmensführung durch die Weiterentwicklung vorhandener Konzepte oder die Ent-wicklung neuer Konzepte beheben lassen und sich die Praxis-tauglichkeit dadurch steigern lässt.294

Berücksichtigt man abschließend, dass einige der erfolg-reichsten DAX-Unternehmen bisher kein explizit wertorientier-

291 Faust/Kädtler 2009b, S. 11. 292 Vgl. Becker/Ulrich/Ebner 2010, S. 119. 293 Exemplarisch vgl. Arbeitskreis „Wertorientierte Führung in mittelständischen Unter-

nehmen“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. 2003a, S. 527ff.; Arbeitskreis „Wertorientierte Führung in mittelständischen Unternehmen“ der Schma-lenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. 2003b, S. 241ff..

294 Vgl. Müller/Hirsch 2005, S. 85.

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tes Controllingsystem eingeführt haben, erscheint die Nutzung der derzeit angebotenen Konzepte der wertorientierten Unter-nehmenssteuerung nicht zwingend notwendig.295 Daher sollte immer von Einzelfall zu Einzelfall über die Zweckmäßigkeit einer Konzepteinführung und -nutzung unter Ausschöpfung aller Beteiligungsmöglichkeiten der Mitbestimmungsgremien entschieden werden.

295 Vgl. Müller/Hirsch 2005, S. 86.

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8 | Abkürzungen

a. M. am Main aA abschreibbares Anlagevermögen Abb. Abbildung abs. absolut AG Aktiengesellschaft Aufl. Auflage BCF Brutto-Cashflow BCG Boston Consulting Group BSC Balanced Scorecard CE Capital Employed CG Corporate Governance ceteris paribus unter sonst gleichen Umständen CFROA Cashflow Return on Assets CFROI Cashflow Return on Investment Co. Cooperation CVA Cash Value Added d. h. das heißt DAX Deutscher Aktienindex DCF Discounted Cashflow DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex DGB Deutscher Gewerkschaftsbund DIN Deutsches Institut für Normung e.V. eingetragener Verein EBIT Earnings before interest and taxes EBITA Earnings before interest, taxes and amorti-zation EBITDA Earnings before interest, taxes, deprecia-

tion and amortization EFQM European Foundation of Quality Manage-ment EN Europäische Norm engl. englisch EP Economic Profit et al. und andere (et alii) etc. und weitere (et cetera) EVA Economic Value Added FCF Free Cashflow GuV Gewinn- und Verlustrechnung GWB Geschäftswertbeitrag H. Heft HBS Hans-Böckler-Stiftung i. Br. im Breisgau IAF Institut für Angewandte Forschung insb. insbesondere IUU Institut für Unternehmungsführung und

Unternehmensforschung Jg. Jahrgang

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Jr. Junior Kap. Kapitel KoR internationale und kapitalmarktorientierte

Rechnungslegung MDAX Midcap-Aktienindex Mgmt. Management NOPAT Net Operating Profit after Taxes Nr. Nummer NRW Nordrhein Westfalen o.S. ohne Seite ÖA Ökonomische Abschreibung RAROC Risk Adjusted Return on Capital ® Registered rel. relativ ROA Return on Assets ROC Return on Capital ROCE Return on Capital Employed ROE Return on Equity ROI Return on Investment ROIC Return on Invested Capital RONA Return on Net Assets RORAC Return on Risk Adjusted Capital RUB Ruhr-Universität Bochum S. Seite SDAX Smallcap-Index SOFI Soziologisches Forschungsinstitut Göttin-

gen sog. sogenannt SVA Shareholder Value Added SVR Shareholder Value Return syn. synonym t time (Zeit) Tab. Tabelle TBS Technologieberatungsstelle TecDAX Technologie-Index u. a. unter anderem VDI Verein Deutscher Ingenieure Vgl. Vergleiche vice versa umgekehrt genauso WACC Weighted Average Cost of Capital WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium WOUfü Wertorientierte Unternehmensführung zfbf Zeitschrift für betriebswirtschaftliche For-

schung

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9 | Glossar

Das Glossar dient der kurzen und treffenden Erläuterung und Definition von Fachbegriffen, die im Text verwendet wurden. Die Erläuterungen und Definitionen stammen unter anderem aus dem vorliegenden Arbeitspapier, dem Glossar der Hans-Böckler-Stiftung (http://www.boeckler.de/3696.htm) oder dem Kennzahlenkatalog des Controlling-Portals (http://www.controllingportal.de/Fachinfo/Kennzahlen/). In Be-zug auf die erwähnten Kennzahlen ist festzuhalten, dass die Definitionen in der Fachliteratur teilweise voneinander abwei-chen können und somit nicht allgemeingültig sind.

Brutto-Cashflow (BCF): Als BCF wird der Zahlungsüber-schuss nach Abzug von Steuern auf den Unternehmensge-winn bezeichnet, der zur Ausschüttung an die Kapitalgeber oder für Investitionen zur Verfügung steht. Der Brutto-Cashflow ist daher ein „ergebnisorientierter“ und kein „liquidi-tätsorientierter“ Cashflow.

Balanced Scorecard (BSC): Wörtlich bedeutet Balanced Scorecard (BSC) "ausgewogene Punktetafel", im übertrage-nen Sinne "ausgewogenes Berichtssystem". Darunter versteht man ein strategisches Managementkonzept, das sich durch eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens auszeich-net. Dabei werden Ziele für die Bereiche Kunden, Ressourcen (Mitarbeiter und Material), Unternehmensprozesse sowie Fi-nanzen formuliert, die das Unternehmen oder die Unterneh-menseinheit transparent und ausgewogen ("balanced") zu erreichen versucht. Der Vorteil der BSC besteht darin, dass neben den "klassischen" Finanzkennzahlen gleichwertig die Ziele anderer Unternehmensbereiche (z. B. Mitarbeiter und Kunden) verfolgt werden sollen.

Bilanz: Die Bilanz ist Bestandteil des Jahresabschlusses. In der Bilanz sind die Mittelverwendung bzw. das Vermögen (auf der linken Seite) sowie die Mittelherkunft bzw. Schulden und Eigenkapital (auf der rechten Seite) eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag zusammengestellt. Da Herkunft und Verwendung untrennbar miteinander verbunden sind, muss die Summe der Aktiva immer der Summe der Passiva entsprechen.

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Capital Employed (CE): das „beschäftigte“ Kapital (CE) be-zeichnet das zur Ergebniserzielung eingesetzte betriebsnot-wendige Kapital eines Unternehmens bezeichnet. Es setzt sich aus dem von den Eigen- und Fremdkapitalgebern zur Verfügung gestellten Kapital zusammen und ist vom nicht-betriebsnotwendigen Kapital zu trennen.

Cashflow Return on Assets (CFROA): Der CFROA ist eine cashflow-basierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Sie berechnet sich als Quotient aus dem überschüssigen Zah-lungsstrom (engl. cashflow) und dem Gesamtvermögen (engl. assets). Im Nenner steht damit nicht wie bei zahlreichen ande-ren Kennzahlen das Kapital, das auf der Passivseite der Bi-lanz ausgewiesen wird, sondern das Vermögen, das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Der CFROA bringt die Rentabilität des Gesamtvermögens in Bezug auf die dadurch generierten Zahlungsströme zum Ausdruck.

Cashflow Return on Investment (CFROI): Der CFROI ist eine cashflow-basierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Er setzt die überschüssigen Zahlungsströme einer Periode in Beziehung zum Kapital, das für die Erzielung des Zahlungs-überschusses eingesetzt wurde (vgl. CE). Als relative Kenn-zahl, die in Prozentpunkten ausgedrückt wird, repräsentiert der CFROI die Gesamtkapitalrentabilität vor Abzug des ge-wichteten Gesamtkapitalkostensatzes (vgl. WACC).

Cash Value Added (CVA): Der CVA ist eine cashflow-basierte Residualkennzahl (absolute Größe). Er drückt die periodische Veränderung des Unternehmenswertes auf Basis von Zahlungsströmen (engl. cashflows) aus und wird als Überverzinsungs-Cashflow bezeichnet. Vom durch die Be-triebstätigkeit erwirtschafteten Zahlungsmittelüberschuss (syn. Cashflow der betrieblichen Tätigkeit) vor Zinsen und nach Steuern werden die Zinsen und Dividenden (syn. WACC) für das eingesetzte und zu historischen Kosten bewertete be-triebsnotwendige Kapital (syn. CE) und eine Abschreibung, die der Erhaltung des eingesetzten Kapitals dient, abgezogen.

Discounted Cashflow (DCF): Der Cashflow ist eine absolute Größe, die den Zufluss oder Abfluss an finanziellen Mitteln innerhalb einer Periode zeigt und entscheidend für die lang-fristige Zahlungs- und damit Überlebensfähigkeit des Unter-nehmens ist. Durch Abzinsung aller in der Zukunft erwarteten Zu- und Abflüsse an finanziellen Mittel, ergibt sich der Di-scounted Cashflow, der diskontierte bzw. abgezinste Zah-

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lungsstrom. Er drückt den Barwert des Zahlungsstroms zu Beginn einer Investition aus und ermöglicht dadurch den Ver-gleich verschiedener Investitionsmöglichkeiten.

Earnings before interest and taxes (EBIT): EBIT ist eine absolute Größe und steht für Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Betriebsergebnis). Diese Kennzahl blendet die Einflüsse unterschiedlicher Finanzierungsstrukturen des Unternehmens (Anteil von Eigen- und Fremdfinanzierung) und regionaler Be-steuerungsformen aus, da das Zinsergebnis und das Steuer-ergebnis unberücksichtigt bleiben. Dadurch kann diese Kenn-zahl zum internationalen Vergleich von Unternehmen heran-gezogen werden.

Earnings before interest, taxes and amortization (EBITA): EBITA ist eine absolute Größe steht für Betriebsergebnis ohne Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Vermö-gensgegenstände. Diese Kennzahl ist frei von Verzerrungen durch das außerordentliche Ergebnis, Finanzergebnis und Steuern und wird gegenüber dem EBIT zusätzlich noch um die Abschreibungen auf immaterielle Vermögengegenstände (Firmenwertabschreibungen) bereinigt.

Earnings before interest, taxes, depreciation and amorti-zation (EBITDA): EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Ab-schreibungen aus Sachanlagen und immaterielle Vermögens-gegenstände) ist eine absolute Größe und kann als Annähe-rung an den Cashflow verstanden werden. Die Kennziffer er-laubt einen Ergebnisvergleich unabhängig davon, ob ein Unternehmen z. B. sein Anlagevermögen gekauft oder gemie-tet hat.

Economic Profit (EP): Der Economic Profit ist eine absolute Größe und entspricht der Differenz zwischen der Kapitalrendi-te, die durch Verwendung des betriebsnotwendigen Kapitals erwirtschaftet wird, und den gewichteten Kapitalkosten, die durch die Nutzung des betriebsnotwendigen Kapitals entste-hen, multipliziert mit dem investierten Kapital.

Economic Value Added (EVA): Der Geschäftswertbeitrag (EVA) stellt eine gewinnbasierte Residualkennzahl (absolute Größe) dar. Er drückt die periodische Veränderung des Unter-nehmenswertes auf Basis von Gewinnen aus und wird als Übergewinn bezeichnet. Er berechnet sich als Differenz zwi-schen dem Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Steuern

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(vgl. NOPAT) und dem mit dem Kapitaleinsatz (vgl. CE) ge-wichteten Kapitalkostensatz (vgl. WACC) einer Periode.

Free Cashflow (FCF): Der freie Mittelfluss (FCF) ist eine ab-solute Größe und umfasst die Zahlungsströme aus der Unter-nehmenstätigkeit, die zur Befriedigung der Renditeforderun-gen der Eigen- und Fremdkapitalgeber zur Verfügung stehen. Der FCF basiert auf dem aus der betrieblichen Geschäftstä-tigkeit resultierenden Zahlungsstrom. Zahlungsströme aus der investiven Tätigkeit werden ebenso wie Steuerzahlungen sub-trahiert (Investitionen > Desinvestitionen, Steuerverbindlich-keit) bzw. addiert (Investitionen < Desinvestitionen, Steuerfor-derung). Da der FCF von einer vollständigen Eigenkapitalfi-nanzierung des Unternehmens ausgeht, berücksichtigen die Steuerzahlungen den steuermindernden Effekt von Fremdka-pitalzinsen (vgl. Tax Shield) nicht. Damit liegen die veran-schlagten Steuern über den tatsächlichen Steuern des Unter-nehmens.

Gewinn- und Verlustrechnung (GuV): Die GuV ist als Er-folgsrechnung Teil des Jahresabschlusses von Unternehmen. In der GuV sind Erträge und Aufwendungen sowie das durch ihre Saldierung ermittelte Jahresergebnis (Jahresüberschuss bzw. Gewinn oder Jahresfehlbetrag bzw. Verlust) dargestellt. Nach dem Handelsgesetzbuch sind bestimmte Gliederungs-vorschriften zu beachten (§ 275 HGB).

Going-Concern-Prinzip: englischsprachiger Begriff für Fort-führungsprinzip oder Prinzip der Unternehmensfortführung, der im Rechnungswesen häufig verwendet wird und besagt, dass bei der Bewertung von Bilanzposten von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgegangen wird, weil weder tat-sächliche noch rechtliche Gegebenheiten dieser Annahme entgegenstehen.

Net Operating Profit after Taxes (NOPAT): NOPAT ist eine absolute Größe, die den operativen Nettogewinn nach Steu-ern darstellt. Diese Kennzahl weist den Nettogewinn bei einer vollständigen Eigenkapitalfinanzierung des Unternehmens aus.

Ökonomische Abschreibung (ÖA): Die ÖA beschreibt den konstanten Cashflow, der alljährlich zurückzulegen ist, um das abschreibbare Anlagevermögen über die gesamte Nutzungs-dauer zurückzuverdienen bzw. die Investitionen zu amortisie-ren. Dabei wird unterstellt, dass die zur Wiedergewinnung des

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abschreibbaren Anlagevermögens zurückgelegten Cashflows zum Zinssatz in Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes wiederangelegt werden können.

Risk Adjusted Return on Capital (RAROC): Der RAROC ist eng mit dem RORAC verwandt und stellt eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl dar (relative Größe). Er setzt den Ge-winn, der um die risikobereinigten Kosten des Eigenkapitalbe-darfs bereinigt wird, in Beziehung zum benötigten Eigenkapi-talbedarf. Der Eigenkapitalbedarf ist der Kapitalbetrag, der mit einer vorher bestimmten Wahrscheinlichkeit (in der Regel in Höhe von 95%) ausreicht, um die während einer Periode auf-tretenden Verluste decken zu können. Der risikobezogene Eigenkapitalbedarf wird durch die Aggregation aller Unter-nehmensrisiken ermittelt. Der risikobezogene Kostensatz wird in Abhängigkeit der potenziellen Risikohöhe variieren.

Return on Assets (ROA): Der ROA ist eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Er berechnet sich als Quotient aus dem Jahresergebnis (engl. Net Income) und dem Gesamtvermögen (engl. assets). Im Nenner steht damit nicht wie bei zahlreichen anderen Kennzahlen das Kapital, das auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen wird, sondern das Vermögen, das auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen wird. Der ROA bringt die Rentabilität des Gesamtvermögens zum Ausdruck und verdeutlicht, ob das Management das Vermögen wirtschaftlich eingesetzt hat.

Return on Capital (ROC): Der ROC ist eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Er berechnet sich als Quotient aus dem Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Steuern (vgl. NOPAT) und dem zu Periodenbeginn vorhande-nen Gesamtkapital. Der ROC bringt die Gesamtkapitalrentabi-lität zum Ausdruck und wird auch als Return on Invested Capi-tal (ROIC) bezeichnet.

Return on Capital Employed (ROCE): Der ROCE stellt eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl dar (relative Größe). Er setzt das Geschäftsergebnis einer Periode vor Zinsen in Be-ziehung zum gebundenen Kapital, das für die Erzielung des Periodenergebnisses eingesetzt wurde. Anders formuliert setzt der ROCE die Rückflüsse, die den Eigen- und Fremdka-pitalgebern zufließen, in Beziehung zum Eigen- und Fremdka-pital, dass die Kapitalgeber langfristig zur Verfügung stellen. Er bringt damit die Verzinsung der Fremdkapitalgeber bzw. die

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Dividende der Eigenkapitalgeber zum Ausdruck. Der ROCE stellt eine Abwandlung der Gesamtkapitalrendite dar.

Return on Equity (ROE): der ROE stellt eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl dar (relative Größe) dar und drückt die Eigenkapitalrentabilität aus. In Abhängigkeit der Definition wird der Jahresüberschuss (nach Steuern) oder der EBIT einer Periode in Beziehung zum zu Periodengewinn vorhandenen Eigenkapital gesetzt.

Return on Investment (ROI): der ROI ist eine gewinnbasierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Er drückt die Ertrags-kraft aus und dient als Messzahl für die Rentabilität einer In-vestition. Hierbei wird grundsätzlich das Geschäftsergebnis nach Zinsen (vgl. NOPAT) ins Verhältnis zum eingesetzten Kapital gesetzt. Berechnet man den ROI eines Gesamtunter-nehmens, so ist also der Gewinn durch dessen Gesamtkapital zu dividieren. Der ROI stellt eine Abwandlung der Gesamtka-pitalrendite dar.

Return on Net Assets (RONA): Der RONA ist eine gewinn-basierte Rentabilitätskennzahl (relative Größe). Er berechnet sich als Quotient aus dem Jahresergebnis (engl. Net Income) und dem gebundenen Vermögen bzw. Netto- oder Reinver-mögen (engl. Net Assets). Im Nenner steht damit nicht wie bei zahlreichen anderen Kennzahlen das eingesetzte Kapital, das auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen wird, sondern das gebundene Vermögen, das auf der Aktivseite der Bilanz aus-gewiesen wird. Der RONA bringt die Rentabilität des gebun-denen Vermögens zum Ausdruck

Return on Risk Adjusted Capital (RORAC): Der RORAC ist eine gewinnbasierte Renditekennzahl (relative Größe), die für das Risikomanagement eines Unternehmens von Bedeutung ist. Er drückt das Verhältnis von Gewinn zum benötigten Eigenkapitalbedarf aus. Der Eigenkapitalbedarf ist das Kapital, das mit einer vorher bestimmten Wahrscheinlichkeit (in der Regel 95%) ausreicht, um die während einer Periode auftre-tenden Verluste decken zu können. Der risikobezogene Eigenkapitalbedarf wird durch die Aggregation aller Unter-nehmensrisiken ermittelt.

Shareholder Value Added (SVA): Der Shareholder Value Added ist eine cashflow-basierte Residualkennzahl (absolute Größe). Er berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Brutto-Cashflows und den Kapitalkosten des eingesetzten

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Kapitals (vgl. CE). Der Kapitalkostensatz setzt sich aus den gewichteten Kosten des Eigen- und Fremdkapitals (vgl. WACC) und einem Faktor für den abnutzungsbedingten Kapi-talverbrauch zusammen. Der Faktor für den Kapitalverbrauch soll berücksichtigen, dass der Wert des abnutzbaren Vermö-gens am Ende der Nutzungsdauer wieder vorhanden ist, und hat Ähnlichkeit mit der Ökonomischen Abschreibung (vgl. ÖA).

Shareholder Value Return (SVR): Der Shareholder Value Return ist eine cashflow-basierte Rentabilitätskennzahl (relati-ve Größe), die den Shareholder Value Added (vgl. SVA) in Beziehung zum Kapital, das für die Erzielung des Zahlungs-überschusses eingesetzt wurde (vgl. CE), setzt.

Spread: englischsprachiger Begriff für „Differenz“ von zwei Werten, der häufig im internen und externen Rechnungswe-sen verwendet wird.

Strategy Map: englischsprachiger Begriff, der wörtlich „Stra-tegische Landkarte“ bedeutet und im Zusammenhang mit der Balanced Scorecard verwendet wird, um die Ursache-Wirkungszusammenhänge zwischen einzelnen Zielgrößen innerhalb der Balanced Scorecard (vgl. Balanced Scorecard) zu beschreiben. Die Strategische Landkarte kann sowohl for-mallogische Zusammenhänge zweier Zielgrößen, die sich ma-thematisch eindeutig definieren lassen, als auch sachlogische Zusammenhänge zweier Zielgrößen, die auf hypothetischen Annahmen basieren, beinhalten.

Tax Shield: Wert, den Fremdkapitalzinsen aus Verbindlichkei-ten oder Verlustvorträge aus Vorjahren zum Unternehmens-wert beitragen, sofern sie steuermindernd in Ansatz gebracht werden (vgl. Free Cashflow).

Weighted Average Cost of Capital (WACC): Der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) entspricht dem mit dem Anteil des Fremd- und Eigenkapitals am gesamtkapital eines Unterneh-mens gewichteten Mittelwert der Verzinsungsansprüche der Fremdkapitalgeber und der Dividendenforderungen der Eigenkapitalgeber.

Wertorientierte Unternehmensführung (WOUfü): Wertorien-tierte Unternehmensführung (engl. Value Based Management) genannt, zählt zu den zentralen aktuellen Managementtrends und Geschäftsphilosophien. Anstatt auf die althergebrachten Ziele wie Umsatz oder Gewinn, konzentriert sich die strategi-

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sche Unternehmensführung auf die Steigerung von Unter-nehmenswerten.

Wertorientiertes Controlling: Ein der Philosophie der Wert-orientierung verpflichtetes Controlling-Konzept stellt ein er-folgsrelevantes Hilfsmittel der Wertorientierten Unternehmens-führung dar. Angesichts der Betonung des Wertaspektes wird es konsequenterweise als Wertorientiertes Controlling (engl. Value Controlling) bezeichnet.

Wertorientiertes Reporting: Unter Wertorientierter Bericht-erstattung werden all jene gesetzlich vorgeschriebenen und freiwilligen Komponenten der Berichterstattung verstanden, mit denen die auf dem Kapitalmarkt zwischen Unternehmens-leitung und den Kapitalgebern bestehenden Informations-asymmetrien abgebaut und die wertorientierte Ausrichtung der Unternehmensführung kommuniziert werden sollen.

Werttreiber: Die Begriffe Werttreiber, Wertgeneratoren und Werthebel werden in der Praxis regelmäßig synonym verwen-det. Trotz unterschiedlicher Auffassungen, lassen sich Wert-treiber allgemein und grundsätzlich als Faktoren auffassen, die eine Wirkung auf den Wert des Unternehmens entfalten.

Werttreiberhierarchien: Durch Kombination einzelner Wert-treiber verschiedener Art lassen sich Werttreiberhierarchien entwickeln. Werttreiberhierarchien ordnen mehrere Werttrei-ber entsprechend ihrer gegenseitigen Beziehungen zueinan-der.

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10 | Anhang

Gewinn- und Verlustrechnung

Anhang 1: GuV nach dem Gesamt- und Umsatzkostenverfahren

Darstellung in Staffelform nach §275 HGB. (Für umfangreiche Informationen zum Jahresabschluss und zur Jahresabschlussanalyse vgl. Hans-Böckler-Stiftung 2013c)

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Deutscher Corporate Governance Kodex

Die Kodex-Bestimmungen des DCGK lassen sich nahezu vollstän-dig zu vier Teilindices des Corporate Governance Kodex zusammen-fassen. Die vier folgenden Abbildungen fassen die DCGK-Inhalte, die unter einen der vier Teilindices „Transparenz“, „Überwachung und Kontrolle“, „Anreizsystem“ und „Vielfalt“ fallen, zusammen.

Anhang 2a: Corporate Governance Index – Teilindex “Transparenz”

Zusammensetzung der Corporate Governance Indices nach Kohl/Rapp/Wolff 2013, S. 22ff.

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Anhang 2b: Corporate Governance Index – Teilindex “Anreizsysteme”

Zusammensetzung der Corporate Governance Indices nach Kohl/Rapp/Wolff 2013, S. 22ff.

Anhang 2c: Corporate Governance Index – Teilindex “Vielfalt”

Zusammensetzung der Corporate Governance Indices nach Kohl/Rapp/Wolff 2013, S. 22ff.

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Anhang 2d: Corporate Governance Index – Teilindex “Überwachung und Kontrolle”

Zusammensetzung der Corporate Governance Indices nach Kohl/Rapp/Wolff 2013, S. 22ff.

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Beteiligungsvereinbarung

Im Rahmen der Implementierung wertorientierter Konzepte sind die möglichst frühe Beteiligung der Interessenvertretung und der Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung empfeh-lenswert. Im Folgenden findet sich ein Muster einer möglichen Vereinbarung, die sich zwar auf die Implementierung einer Balanced Scorecard bezieht, grundsätzlich aber auch für die Einführung anderer Konzepte geeignet ist.

Anhang 3: Entwurf einer Beteiligungsvereinbarung

I. Gegenstand und Methode

Gegenstand dieser Betriebsvereinbarung ist die geplante Einführung und Nut-zung der Balanced Scorecard als neues Managementsystem sowie die sich aus diesem Prozess ergebenden bzw. möglicherweise ergebenden mitbestim-mungspflichtigen Tatbestände. Diese können insbesondere sein:

• Personelle Angelegenheiten im Sinne der §§ 91 – 98 BetrVG

• Personelle Einzelmaßnahmen im Sinne der §§ 99 – 102 BetrVG

• Betriebsänderungen im Sinne von § 111, Satz 2, Ziffern 4 und 5 BetrVG

• Soziale Angelegenheiten im Sinne von § 87 BetrVG

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass eine sinnvolle Beteiligung des Betriebsrats hinsichtlich der BSC-Einführung sich nicht bloß auf die Beteili-gung im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens bei einzelnen Maßnahmen beziehen darf, sondern den gesamten Zeitraum der Einführung und Nutzung der BSC erfassen muss. Dem Prozesscharakter der Einführung und Nutzung des BSC-Konzeptes soll durch ein Beteiligungsverfahren des Betriebsrates Rechnung getragen werden.

II. Ziele der Einführung und Nutzung des BSC-Konzeptes

• Zugrunde liegende Strategie

• Hoher Beschäftigungsstand

III. Beteiligung des Betriebsrates bei der BSC-Erstellung

• Festlegung von Zielen für einzelne Perspektiven

• Festlegung von Messgrößen und deren Ausgangswerten

• Festlegungen von Maßnahmen und Instrumenten

• Verbesserung der Unternehmenskultur

IV. Beteiligung des Betriebsrates bei der BSC-Nutzung

• Personalentwicklungsplanung

• Zielvereinbarungen

• Erstellen eines Qualifizierungsplans

• Festlegung von Qualifizierungsmaßnahmen

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Autoren

Dr. Henrik Steinhaus Geschäftsführer Excellence in Change GmbH & Co. KG

Stephan Kraft Freier Mitarbeiter Excellence in Change GmbH & Co. KG

Ansprechpartner

Dr. Oliver Emons Hans-Böckler-Stiftung Abteilung Mitbestimmungsförderung Referat Wirtschaft Innovationen – Fusionen und Übernahmen (M&A) – (Europäische) Industriepolitik Hans-Böckler-Straße 39 40476 Düsseldorf Tel.: 0211 / 77 78 165 Fax: 0211 / 77 78 4165 [email protected] www.boeckler.de

• Mitarbeiterbefragungen

• Kundenbefragungen

V. Arbeitsressourcen des Betriebsrates

• Erweiterter Freistellungsumfang bis zur endgültigen Implementierung der BSC

• Einsatz von Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG

• Schulungsmaßnahmen für den Betriebsrat als Gesamtgremium

• Schulungsmaßnahmen für einzelne Betriebsratsmitglieder

VI. Information und Beteiligung der Beschäftigten

• Informationsumfang

• Informationszeitpunkte

• Wer wird über was informiert?

• Wie werden die Beschäftigten im Rahmen des Steuerungsprozes-ses beteiligt?

VII. …

VIII.…

IX. …

X. Konkretisierung und Streitigkeiten

Unternehmer und Betriebsrat werden einmal im Monat über die Konkretisierung der Betriebsratsbeteiligung im Rahmen dieser Vereinbarung beraten.

Bei Streitigkeiten über Regelungen dieser Betriebsvereinbarung kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen, die innerhalb von drei Wochen zusammentreten muss. Beide Betriebsparteien unterwerfen sich hiermit vorab freiwillig dem Spruch der Einigungsstelle.

XI. Salvatorische Klausel

XII. Laufzeit, Kündigung, Nachwirkung

Darstellung nach Havighorst/Müller 2002, S. 33ff.