Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

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Acta Medica Scandinavica. Vol. LXXXVIII, fasc. V-VI, 1936. Aus der I. Medizinischen Universitats Klinik, Helsingfors, Prof. Dr. R. Ehrstrom. Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herz- insuffizienz.' Von M. CH. EHRSTROM. init 11 Tabellen und Kurven. Schon vor einigen 50 Jahren wurde in der Literatur der Ge- danke ausgesprochen, dass die symptomatische Polyglobulie, wie sie bei kongenitalen Herzfehlern und bei Aufenthalt in Hohen- klima zum Ausdruck kommt, durch Sauremangel bedingt sei. In der Literatur der letzten Jahre wird immer zahlreicher hervor- gehoben, dass Anoxamie wahrscheinlich der dominierende Faktor bei der Entstehung von Polyglobulie bei Zirkulationsstorungen, in Hohenklima und bei Sauglingen ist. Das Auftreten von Polyglobulie bei anderen Zirkulationssto- rungen als bei kongenitalen Herzfehlern wurde in einzelnen Fallen erwahnt. Der Argentiner Ayerza hat die Polyglobulie bei Pulmo- nalsklerose beschrieben und Mitteilungen uber Polyglobulie bei anderen Herzfehlern mit mangelhafter Sauerung des Blutes findet man in der Literatur hier und da. Die VerhPltnisse bei Herzinsuffizienz, wo der Anoxamiefaktor a priori als vorhanden angesehen werden muss, sind dagegen recht wenig untersucht worden. Vereinzelte Mitteilungen in der Literatur betonen die Beobachtung gesteigerter Erytrozytenwerte, andere Beobachter haben Zeichen fur eine gesteigerte Hamolyse nach Bei der Redaktion am 13. Februar 1936 eingegangen.

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Acta Medica Scandinavica. Vol. LXXXVIII, fasc. V-VI, 1936.

Aus der I . Medizinischen Universitats Klinik, Helsingfors, Prof. Dr. R. Ehrstrom.

Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herz- insuff izienz.'

Von

M. CH. EHRSTROM.

init 11 Tabellen und Kurven.

Schon vor einigen 50 Jahren wurde in der Literatur der Ge- danke ausgesprochen, dass die symptomatische Polyglobulie, wie sie bei kongenitalen Herzfehlern und bei Aufenthalt in Hohen- klima zum Ausdruck kommt, durch Sauremangel bedingt sei. In der Literatur der letzten Jahre wird immer zahlreicher hervor- gehoben, dass Anoxamie wahrscheinlich der dominierende Faktor bei der Entstehung von Polyglobulie bei Zirkulationsstorungen, in Hohenklima und bei Sauglingen ist.

Das Auftreten von Polyglobulie bei anderen Zirkulationssto- rungen als bei kongenitalen Herzfehlern wurde in einzelnen Fallen erwahnt. Der Argentiner Ayerza hat die Polyglobulie bei Pulmo- nalsklerose beschrieben und Mitteilungen uber Polyglobulie bei anderen Herzfehlern mit mangelhafter Sauerung des Blutes findet man in der Literatur hier und da.

Die VerhPltnisse bei Herzinsuffizienz, wo der Anoxamiefaktor a priori als vorhanden angesehen werden muss, sind dagegen recht wenig untersucht worden. Vereinzelte Mitteilungen in der Literatur betonen die Beobachtung gesteigerter Erytrozytenwerte, andere Beobachter haben Zeichen fur eine gesteigerte Hamolyse nach

Bei der Redaktion am 13. Februar 1936 eingegangen.

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5 18 M. CH. EHRSTROP.

einer verklungenen Herzinsuffizienz auftreten sehcn (Rowntree und Brown, Griesbach); sie haben diese als einen Ausdruck fur das Bestreben des Organismus angesprochen, sich von dem Uber- schuss an Erytrozyten zu befreien, die wahrend der Insuffizienz zu kompensatorischen Zwecken gebildet wurden.

Man findet jedoch recht oft, dass die Erytrozytenwerte bei Herzinsuffizienz innerhalb der normalen Grenzen liegen und wo gesteigerte Werte angetroffen wurden, war man geneigt, dicse als ein Eintrocknungsphanomen zu deuten (Morawitz, Lepehne u. a.).

Die Schwankungen im Wassergehalt des Blutes bei Herzinsuffi- zienz haben zur Folge, dass man von der Anzahl roter Blutkorper- chen per Kubikmillimeter Blut nicht mit Sicherheit darauf schliessen kann, 01) eine gesteigerte Blutneubildung vorliegt oder nicht.

Urn zeigen zu konnen, ob eine gesteigerte Blutbildung wirk- lich vorkommt, muss man auch die ubrigen Komponenten des Blutstoffwechsels untersuchen.

Die Hesultate einer derartigen Untersuchung bei 10 Fallen von Herzinsuffizienz werden hier unten wiedergegeben.

Methodik. Um eine Auffassung von dem Blutstoffwechsel des Korpers

zu bckomnien, muss man, wie bei jedem anderen Stoffwechsel, zwei Grossen kennen, namlich Einnahmen und Ausgaben. Eine dritte, von diesen zwei Faktoren abhangige Grosse ist die aktuelle Konzentration des fraglichen Stoffes im Korper.

Eine exakte Kenntnis aller dieser drei Komponenten gibt uns die Moglichkeit, das Wandeln eines Stoffes im Korper quantitativ zu bturteilen. Einc derartige Idealkenntnis besitzen wir dagegeri von keinem einzigen Stoff, der an der Physiologie des Korpers beteiligt ist. Fur einige Stoffe, wie beispielsweise Kalzium, konnen wir zwei dieser Grossen messen, auf ihrer Basis einigermassen auf die dritte schliessen und uns somit eine wahrscheinliche, wenn auch nicht exakte Auffassung von den Umsatzverhaltnisse des Stoffes hilden.

Wenn es sich urn Blutstoffwechsel handelt, sind wir jedoch recht ubel daran, indem wir mit unseren heutigen Kenntnissen keine Moglichkeit hahen, irgend eine dieser Grossen mit absoluter Sicherheit zu messen.

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BLUTSTOFFWECHSEL U N D U R O B I L I N U R I E B E I H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 519

Durch Bestimmung der Menge von jungen Erytrozyten in dem zirkulierenden Blut konnen wir die Blutneubildung ungefahr schat- Zen; exakte Ziffern konnen jedoch nicht erzielt werden. In der Erytrozytenzahlung und Hamoglobinbestimmung, in der Hama- tokritprobe und Bestimmung des zirkulierenden Blutvolumens liegen unsere Moglichkeiten, die aktuelle Konzentration von zirku- lierendem Hamoglobin zu berechnen. Absolute Ziffern fur die to- tale Hamoglobinmenge des Korpers konnen wir nicht erhalten, da sich die Grosse der an der Zirkulation nicht teilnehmenden Blut- mengen sowie des Muskelhamoglobins unserer Beurteilung entzieht. Schliesslich haben wir in der Messung der ausgeschiedenen Gallen- farbstoffe eine Methode, den Blutzerfall zu berechnen. Da es jedoch bislang nicht moglich war, einen bindenden Beweis dafur zu er- bringen, dass die ausgeschiedenen Gallenfarbstoffe dem Grad der Hamolyse quantitativ entsprechen, muss auch die Berechnung dieser Grosse ungenau bleiben.

Sieht man davon ab, irgend welche absoluten quantitativen Zahlen zu erzielen, so besitzt man in einer gleichzeitigen Bestim- mung der Erytrozytenneubildung, der zirkulierenden Hamoglobin- menge und der ausgeschiedenen Gallenfarbstoffe dennoch eine Methode, die in der Praxis ein recht gutes Bild von der Griisse des Blutstoffwechsels vermittelt.

Eine derartige Methode wurde von Heilmeyer praktisch aus- gearbeitet, der jedoch aus seinen Resultaten recht weitgehende mathematische Schlussfolgerungen bezuglich der Grosse des Blut- stoffwechsels zieht. In dieser Arbeit folgte ich hauptsachlich Heil- meyer’s Methode, ging jedoch davon aus, dass die erzielten Zahlen- werte nur einen relativen quantitativen Wert insofern haben, als nicht die wirkliche Grosse des Blutstoffwechsels, sondern nur quan- titative Verschiebungen in ihm von den Zahlenwerten abgelesen werden konnen. Ich gehe hier nicht auf eine Kritik der Methode ein, sondern verweise auf Heilmeyer’s eigene Kritik in seinen ersten Publikationen. Es diirfte jedoch keinem Zweifel unterworfen sein, dass die Methode - wenn die Darmtatigkeit des Patienten regel- miissig ist und er unter gleichmassigen Diatverhaltnissen lebt - recht feine Verschiebungen des Blutstoffwechsels enthullt.

Die Untersuchung der Falle wurde nach folgendem Schema ausgef uhrt :

J J - Aclu med. scandinav. Vol. L X X X V I I I .

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520 M. CH. E H R S T R O P .

1) Retikulozytenrechnung und Differenzierung nach Heil- meyer.

2) Blutkorperrechnung und Hamoglobinbestimmung nach Sahli (unkorrigierte Werte).

3) Blutvolumenbestimmung mit der Kongorot-Methode unter Anwendung von Pulfrich’s Stufenphotometer (Heilmeyer).

4) Urobilinbestimmung im Stuhl und Harn nach Terwen’s Methode und Stufenphotometrierung nach Heilmeyer.

5) Bestimmung des ,Ikterusindex, im Serum nach Meulen- gracht.

Tabelle I und Figur 1 geben die Resultate fur eine Normal- person wieder.

Fig. 1. Normalfall.

Wahrend einer Untersuchungsperiode, die 24 Tage dauert, halt sich die Totalanzahl Retikulozyten in diesem Normalfall zwischen 0.8 und 0.5 yo. Retikulozyten von Gruppe IV sind am zahlreichsten, die von Gruppe I11 weniger zahlreich vertreten. Retikulozyten von Gruppe I1 kommen nur in geringer Menge vor. Die Anzahl Erylrozyten und der Hiimoglobinwert verandern sich nicht und das Blutvolumen ist zu Anfang wie am Ende des Versuches das gleiche. Die Urobilinurie ist ziemlich konstant - ca. 1 mg - und wird von der Harnmenge oder von einer l-2tagigen Obstipation nicht beeinflusst. Die totale Urobilinaus- scheidung - Stuhlurobilin plus Harnurobilin - betragt wahrend der ersten 8 Tage des Versuches im Durchschnitt 100 mg pro die, wahrend der beiden spiiteren 8-Tageperioden 75 mg pro die.

Diese Normalwerte decken sich mit den Werten, die Heilmeyer und andere mit entsprechenden Methoden gefunden haben. Als die obere Grenze fur die Retikulozytenwerte betrachtet man im allgemeinen 1 yo. Heilmeyer gibt die Extremgrenzen 0.5 und

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B L U T S T O F F W E C H S E L U N D U R O B I L I N U R I E B E 1 H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 521

Totalurobilin, Mittelwert,

mg

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522 H C H . EHRSTROM.

1.4 yo an. Die Mehrzahl Retikulozyten gehoren zu Gruppe IV, ein kleinerer Teil zu Gruppe 111, wahrend Gruppe I1 und I bei nor- malen Fallen fehlen. Das Auftreten von zahlreicheren Retikulo- zyten der zwei letztgenannten Gruppen - Linksverschiebung - ist ein empfindliches Kriterium fur eine gesteigerte Knochenmarks- funktion. Die totale Urobilinausscheidung, auf 8-10tagige Perio- den gerechnet, kann laut Heilmeyer bei der gleichen Normal- person um max. 100 mg variieren und liegt bei dem Einzelnen zwischen 70 und 250 mg pro die. Die Urobilinurie schwankt laut dem gleichen Verfasser zwischen 0.7 und 3.7 mg pro die.

Da die vorliegende Untersuchung nicht darauf ausgeht, die absoluten Werte fur den Blutstoffwechsel zu bestimmen, sondern nur danach strebt, den relativen Wert fur Verschiebungen waih- rend Herzinsuffizienz zu finden, habe ich es nicht fur notwendig erachtet, eine grossere Anzahl eigener Normalvergleichswerte auf- zustellen, zumal sich die Werte fur den oben relatierten Normalfall mit fruheren, von anderen erzielten Resultaten decken.

Untersuchungsresultate. Die Beobachtungszeiten sind mit Rucksiclit auf den Grad der

Insuffizienz in Perioden eingeteilt. Als Masstab fur diese dienten Atemnot, odeme, Stauungsleber, Gewicht und Diurese. In samt- lichen Fallen war die Fliissigkeitszufuhr reguliert und umfasste 300-1400 g pro die (nicht mitgerechnet die in fester Nahrung ent- haltene Flussigkeitsmenge).

Fall 1. 0. W. 55 jahrige Frau. Beobachtungszeit: 18. 7.--10. 8. 1932.

Diagnose: Hypertrophia e t dilatatio et insufficientia cordis. Vitium mitrale cordis.

Seit einem Jahr Kurzatmigkeit beim Gehen; seit drei Monaten zuneh- mende Odeme und Atemnot auch bei Ruhe.

Status: Schlechter Ernahrungszustand. Starke Atemnot, sitzt im Bett. Gewaltige Odeme am Unterkorper, auf dem Rucken bis hinauf zum Angulus scapulae. Hydrothorax nach links. Keine Zyanose. Reichliches Stauungsrasseln. Leberrand eine Handbreite unterhalb des Rippenbogens. Herz: stark vergrossert, besonders nach links, von Mitraltypus, retrokar- dialer Raum ausgefullt. Starkes systolisches Nebengerausch uber der Spitze. R R 120/60 mm Hg. Flimmern. Ham: Alb. -.

Blutumsatz: Fig. 2 und Tab. 11. Beobachtungszeit kann am besten in drei 8-Tageperioden mit Rucksicht auf Atemnot und Odeme eingeteilt werden.

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BLUTSTOFFWECHSEL U N D U ~ O B I L I N U R I E B E I H E R Z I N S U F F I Z I E N Z .

Thrapie: Digitalis, Salyrgan. Erste Periode: Wahrend dieser Zeit nimmt die Atemnot ab, sodass der

Patient am letzten Tage ohne Ruckenlehne liegen kann. Die Odeme neh- men a b und das Gewicht sinkt um 6.2 kg. Die Harnmenge, die wahrend der zwei ersten Tage 235 resp. 100 betragt, steigt auf 500 und betragt

523

am vorletzten Tage nach einer Salyrganeinspritzung 5675 g, am letzten, 2175 g.

Zweite Periode: Das Gewicht nimmt um 9.0 kg ab, doch bleiben leichte Odeme bestehen. Keine Atemnot. Leber ca. drei Fingerbreiten unter- halb des Rippenbogens. Die Diurese halt sich nach der Salyrganinjektion zwei Tage hoch, sinkt darauf innerhalb vier Tage auf 350, wonach eine erneute Salyrganinjektion sie drei Tage uber 1000 cm3 halt.

Fig. 2. Fall 1.

Dritte Periode: Keine Atemnot. Das Gewicht sinkt um weitere 3.2 kg halt sich aber die drei letzten Tage konstant, wo der Patient odemfrei ist. Die Diurese schwankt zwischen 200 und 800 cms ohne Salyrgan. Eine Salyrganinjektion ha t am vierten und funften Tage eine Harnmenge von 3125 resp. 1325 cms zur Folge. Leber palpabel. Wahrend der drei Perioden ist die Herztatigkeit wahrend der Digitalisbehandlung allmahlich in ein langsames Flimmern ubergegangen und die Herzsilhouette ha t sich etwas verringert .

Zu Anfang der Beobachtungszeit hat der Patient eine Retikulozytose von 4.4 yo mit zahlreichen, zu Gruppe I1 und I11 gehorigen Retikulozyten. Wahrend der ersten Periode sinkt die Retiku- lozytenanzahl auf unter 1.0 % und halt sich danach wahrend der zweiten und dritten Periode zwischen 0.2 und 0.8 yo.

Das Blutvolumen steigt am Hohepunkt der Insuffizienz auf 5.0 Liter und betragt 4.4 Liter, als die Insuffizienz am Ende der Beobachtungszeit verklang. Es handelt sich also - soweit Blut- volumenbestimmungen bei Herzinsuffizienz uberhaupt zuverlhsig sind

Blutneubildung:

Das sirkulierende Blut:

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-

-

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BLUTSTOPFWECHSEL U N D UROBILINURIE B E I HERZINSUPPIZIENZ. 525

- um eine Plusdekompensation, nach welcher das Blutvolumen um 0.6 Liter verringert wird.

Der Hamoglobinwert betragt wahrend des Hohepunktes der Insuffi- zienz 85 %, steigt wahrend der ersten Periode auf 90 %, erreicht wah- rend der zwei ersten Tage der zweiten Periode 95 yo und sinkt danach allmahlich auf den niedrigsten Wert 80 % wahrend des mittleren Teiles der dritten Periode, um daraufhin wieder auf 85 yo zu steigen. Die Erytro- zytenkurve folgt der Hamoglobinkurve. Die Werte schwanken zwischen 5.56 und 4.78 Millionen.

Der Ikterusindex im Serum nach Meulengracht betragt zu Anfang der Beobachtungsperiode 1: 29, sinkt wahrend der ersten Periode auf 1: 20, wahrend der zweiten auf 1: 18, wahrend der dritten auf 1: 11. Das Serum gibt Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion.

Wahrend der ersten 8-Tageperiode betragt die mittlere Ausscheidung von (Total-) Urobilin 87.6 mg pro die. Wahrend der zweiten Periode ist die mittlere Ausscheidung beinahe dreimal so gross, 235.6 mg pro die. Die grossten Quantitaten gehen wahrend der vier letzten Tage der Periode ab. Wihrend der dritten Periode sinkt die Ausscheidung wieder und betragt bis zu 105 mg pro die.

Blutzerfall:

Fa22 2. F. T. 59 jiihriger Mann. Beobachtungszeit: 1. 12.-23. 12. 1932.

Diagnose: Hypertrophia et dilatatio e t insufficientia cordis. Stenosis valv. semilun. aortae. Arteriosclerosis.

Vor 15 Jahren Lues. Ein halbes Jahr vorubergehend geschwollene Beine. Seit zwei Monaten Atemnot auch bei Ruhe; Beine konstant ge- schwollen.

Status: Schlechter Ernahrungszustand. Haut bleich, im Gesicht jedoch leichte Zyanose. Schwere Atemnot, sitzt im Bett. Odeme an den Beinen bis zu den Knien und am Rucken bis zur Hohe der Spina scapulae. Reichliches Stauungsrasseln. Leber drei Fingerbreiten unterhalb des Rip- penbogens. Herz: In allen Dimensionen stark vergossertes Herz von Aortakonfiguration. Retrokardialer Raum ausgefiillt. uber der Basis ein systolisches und ein diastolisches blasendes Nebengerausch. Pulsus tardus. Flimmern. RR variiert zwischen 98/70 und 85/55 mm Hg. Harn: Alb. -.

Keine medikamentose Thrapie . Blutstoffwechsel: Fig. 3 und Tab. 111. Die Beobachtungszeit kann am

besten in zwei 10-Tageperioden mit Hinblick auf Atemnot und Odeme e ingeteilt werden.

Erste Periode: Wahrend dieser Periode nehmen Atemnot, Leberan- schwellung und Odeme allmahlich ab. Am letzten Tage der Periode kann der Patient ohne Ruckenlehne liegen und ist odemfrei. Das Gewicht sinkt von 80.9 auf 70.2 (10.7 kg). Die Diurese ist recht gross und schwankt zwischen 1000 und 2800 cm3.

Zweite Periode: Keine Atemnot, keine Odeme. 1st auf, ohne kurzatmig zu werden. Das Gewicht halt sich zwischen 69.2 und 70.4 kg. Die Diurese ist kleiner, 750-1450 cm3. Leber nicht nachweisbar vergrossert. Am

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526 M . CH. EHRSTROM.

letzten Tage tritt plotzlich Exitus letalis ein. Bei der Obduktion werden eine hochgradige Stenose des Aortaostiums, geringe Leber- und Lungen- stauung sowie Sklerose in der Aorta, Arteria pulmonalis und Koronar- arterien angetroffen.

Blutneubildung: Der Patient hat wahrend der ersten Tage des Versuches eine Retikulozytose von maximum 1.6 %. Wahrend der ersten Periode verringert sich diese auf 1.0 %. Wahrend der zweiten Periode liegen die Werte zwischen 0.5 und 1.0 %. Retikulozyten von Uruppe I1 und I11 kommen in reichlicher Menge wahrend der ersten Periode vor, was darauf deutet, dass es sich um eine echte Retikulozytose und nicht um ein Ein- trocknungsphanomen handelt.

Dao zirkulierende Blut: Das Blutvolumen betrug zu Anfang der ersten Periode 5.1 Liter, zu Anfang der zweiten 5.8 Liter. Es liegt also eine Minusdekompensation vor, bei der das Blutvolumen nach Abklingen der Insuffizienz um 0.7 Liter vergr6ssert wird.

Der Hamoglobinwert steigt wahrend der ersten Periode von 75 % auf 85 %, verhtilt sich daraufhin wahrend der ersten Halfte der zweiten Periode konstant und sinkt am Ende der Periode auf 80 yo. Die Erytrozytenkurve folgt der Hamoglobinkurve mit Werten zwischen 4.77 und 5.22 Millionen.

Der Ikterusindex wurde nur einmal bestimmt - zu Anfang der zweiten Periode - und betrug da 1: 12. Hijmans van den Bergh’s indirekte Reak- tion war positiv.

Blutzerfd: Wiihrend der ersten 10-Tageperiode ist der Mittelwert filr die totale Urobilinausscheidung 140 mg pro die. Die griisste Ausscheidung fand wahrend der filnf letzten Tage der Periode statt. Wahrend der zwei- ten Periode ist die mittlere Ausscheidung urn 40 mg kleiner, d. h. 100 mg pro die.

Fall 3. F. K. 43 jahriger Mann. Beobachtungszeit: 22. 8.-13. 9. 1932. Diagnose: Myodegeneratio, hypertrophia, dilatatio et insufficientia

cordis.

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BLUTSTOFFWECHSEI N D U R O B I L I N U R I E BE1 H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 527

Blutvolumen

Totalurobilin, Mittelwert, mg

Stuhlmenge, g

Harnmenge, g

Fllbsigkeitszufuhr (freie Fltlssigk.,) g

Urobilin im Harn, mg

Urobilin im Stuhl, mg

Meulengracht

Gewicht, kg

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Erytrozyten Millionen

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9 5:

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528 M. CH. EHRSTROM.

Hat Nierenentziindung, Malaria und Uelbsucht durchgemacht. Seit sieben Wochen zunehmende Atemnot, allmahlich auch bei Ruhe, ferner geschwollene Beine.

Status: Fettleibig. Lippen leicht zyanotisch. Atemnot bei Ruhe, kann jedoch ohne Riickenlehne liegen. Miissige Odeme an den Beinen bis hinauf zu den Oberschenkeln und im Kreuz. Ascites. Leber vier Fingerbreiten unterhalb des Rippenbogens. Etwas Rasseln iiber den Lungenbasen. Herz: Cor bovinum. Flimmern mit hoher Kammerfrequenz. RR 110/80 mm Hg. Dumpfe Tone, kein Nebengerausch. Harn: Alb. -.

Blutstoffwechsel: Fig. 4, Tab. IV. Die Beobachtungszeit wird in drei Perioderr mit Hinblick auf Atemnot und Odeme eingeteilt.

Therapie: Digitalis.

Fig. 4. Fall 3.

Erste Periode: Umfasst sechs Tage, wahrend der sich Atemnot, Odeme und das Gewicht ziemlich unverandert halten. Die Diurese schwankt zwischen 1050 und 1400 cm8.

Zweite Periode: Umfasst acht Tage. Atemnot, odeme und Gewicht nehmen schnell ab, sodass der Patient gegen Ende der Periode ohne Kurz- atmigkeit auf sein kann; Odeme und Ascites konnen nicht l a g e r nach- gewiesen werden; Leberrand ca. eine Fingerbreite unterhalb des Rippen- bogens. Das Gewicht sinkt von 85.3 auf 73.4 kg (11.9 kg). Die Diurese steigt zu Anfang der Periode von 2500 auf 4750 cma und sinkt dann wieder auf 2800 cm8 (keine Salyrgantherapie). Das schnelle Flimmern geht in langsames Flimmern iiber.

Dritte Periode: Umfasst sechs Tage. Keine Atemnot, keine nachweis- baren Odeme, keine Ascites, Leber eine Fingerbreite unterhalb des Rip- penbogens. Das Uewicht sinkt weiterhin etwas, von 73.4 auf 71.7 kg (1.7 kg). Die Diurese halt sich zwischen 1250 und 2300 cm8.

Blutneubi1dun.g: Zu Anfang der Beobachtungszeit hat der Patient eine Retikulozytose von 7.6 % mit Retikulozyten sowohl von Typ I, I1 und 111, als auch von Typ IV. Wahrend der ersten Periode verringert sich der

Page 13: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOPPWECHSEL U N D U R O B I L I N U R I E B E I H E R Z I N S U P P I Z I E N Z 529

Totalurobilin, Mittelwert, g

Stuhlmenge, g

Harnmenge, g

Flihsigkeitszufuhr (freie FlBssigk.), g

Urobilin im Harn, mg

Urobilin im Stuhl, mg

Meulengracht

Gewicht, kg

U

Hb %

Erytrozyten Millionen

M

F

-r 0 2 m cv

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 m t m m o o m a o m m m o 10 o o m o m m 8 ~ ~ c v o - r ~ - r o d m ~ r - r - d m w c v o m ~ ~ o 3 n n - n - n N m d m m c v c v c v c v N N l c v

ooo3oooooocooooooooo 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 C O O N O O C m 0 0 W a a m O O m O O O O o O U J U J m m m r - w W

?-In n*-r(-r l

I I I I I I l l I I I I I I I

Page 14: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

530 M. C H . EHRSTROH.

Retikulozytengehalt etwas - auf 6.8 % - und betragt zu Anfang der zweiten Periode 5.4 %. Wahrend der ersten vier Tage der zweiten Periode sinkt die Retikulozytose schnell auf 0.5 % und halt sich wahrend des Restes der Beobachtungszeit under 0.5 %.

Das zirkulierende Blut: Die Blutvolumenbestimmungen misslangen. Der Hamoglobinwert betragt zu Anfang 90 06, sinkt wahrend der ersten

Periode auf 80 % und halt sich wahrend der restlichen Beobachtungszeit konstant auf 80 %. Die Erytrozytenkurve verlauft parallel mit der Hamo- globinkurve mit Werten zwischen 5.30 und 4.53 Millionen.

Der Ikterusindex betrug zu Anfang der Beobachtungszeit 1: 20 und Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion war positiv.

Blutzerfall: Wahrend der ersten Periode betrug der mittlere Wert fur die totale Urobilinausscheidung 90.7 mg pro die. Wahrend der zweiten Periode wurde pro die mehr als doppelt so vie1 ausgeschieden, d. h. 204 mg, wobei der grossere Teil auf die vier ersten Tage kommt. Wahrend der dritten Periode verringert sich die Ausscheidung wieder auf 88 mg pro die.

Fall 4. E. S. 66 jahriger Mann. Beobachtungszeit: 20. 10.-25.’ 11. 1932.

Diagnose: Hypertrophia et dilatatio e t myodegeneratio et insuffici- entia cordis. Aortitis luetica. Insufficientia valv. semilunaris aortae. Hypertonia.

Vor zwei Jahren Herzinsuffizienz, wobei serologisch Lues konstatiert wurde. Nach antiluetischer Behandlung und Digitalistherapie wurde er symptomfrei. Seit einigen Monaten zunehmende Atemnot auch bei Ruhe, wit einer Woche geschwollene Beine.

Status: Pyknischer Korperbau. Etwas abgemagert. Lippen leicht zyanotisch. Recht starke Atemnot, halt sich am liebsten in halbsitzender Rtellung im Bett auf. An den Beinen miissige odeme bis hinauf zu den Knien. Leber zwei Fingerbreiten oberhalb des Nabels, recht fest. Btauungs- rasseln. Herz: In allen Dimensionen stark erweitertes Herz von Aorten- konfiguration, retrokardialer Raum ausgefullt. Aorta breit, Arcus aortae sackformig erweitert. Blasendes diastolisches Nebengerausch iiber der Basis. Puls celer, schnell, regelmhsig. RR 240/170 mm Hg. Harn: Alb. -.

Blutstoffweehsel: Fig. 5 und Tab. V. Die Beobachtungszeit wird in drei Perioden mit Hinblick auf Atemnot und Odeme eingeteilt.

Therapie: Digitalis, Strophantin und Salyrganinjektionen. Erste Periode; Umfasst 14 Tage, wahrend der sich die Insuffizienz-

symptome - Atemnot, odeme, Gewicht und Diurese - ziemlich unver- andert halten. Salyrgan ergibt am 20sten und 24sten Tage eine Diurese von 2500 resp. 1800 cms.

Zweite Periode: Umfasst 11 Tage, wahrend der die Atemnot und Odeme an den Beinen verschwinden, das Uewicht sinkt von 61.7 auf 58.7 kg (3 kg). Die Diurese halt sich jedoch nur auf ca. 500 cmS, wird durch Salyrgan auf 2600 cms am 7ten und 2200 cms am l l ten Tage gebracht. Die Leber ist gegen Ende der Periode noch ebenso gross wie bei der Aufnahme, jedoch in ihrer Konsistenz weicher.

Page 15: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWECHSEL U N D U R O B I L I N U R I E BE1 HERZINSUFFIZIENZ. 531

Dritfe Periode: 12 Tage. Der Zustand ist unverandert. Keine Atemnot, nur Kurzatmigkeit bei forciertem Gehen, keine Odeme. Gewicht unveran- dert. Diurese 500-1000 cm*. Leber weich, ihr unterer Rand ist aber noch einige Fingerbreiten oberhalb des Nabels zu fiihlen.

Blutneubildung: Bei der Aufnahme hat der Patient eine Retikulozy- tose von 2.4 % mit Retikulozyten sowohl von Typ I, I1 und 111, ferner von Typ IV. Wahrend der ersten Periode sinkt der Prozentsatz allmahlich auf 0.8 und halt sich daraufhin zwischen 0.8 und 0.4 yo.

Das nirkdierende Blut: Die Blutvolumenbestimmungen gelangen nicht. Der Hamoglobinwert halt sich wahrend der ganzen Beobachtungs- zeit zwisohen 75 und 80 %. Die Erytrozytenkurve verlauft mit Werten zwischen 4.70 und 4.39 Millionen parallel.

5 I ) - S o ! y r g P n

Fig. 5. Fall 4.

Der Ikterusindex betragt zu Anfang und gegen Ende der ersten Periode 1: 17 und war gegen Ende der dritten Periode auf 1: 12 gesunken. Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion positiv.

Blutnerfull: Wahrend der ersten Periode betragt der mittlere Wert fur die totale Urobilinausscheidung 90.8 mg pro die und steigt wahrend der zweiten Periode auf 183.3 mg pro die, wobei wahrend der sieben ersten Tage der Periode im Durchschnitt 230 mg pro die ausgeschieden werden. Wahrend der letzten Periode sank er wieder auf 166 mg pro die.

Fall 1. K. E. 57 jahrige Frau. Beobachtungszeit: 17. 12. 1932-5. 2. 1933.

Diagnose: Hypertrophia e t dilatatio e t insufficientia cordis. Vitium mitrale cordis.

Mit 18 Jahren Polyartritis. Im Laufe der Jahre leichte Herzinsuffizienz- perioden, die mit Digitalis behandelt wurden. Seit zwei Monaten so schwere Atemnot, dass sie im Bett nur sitzen konnte. Etwas geschwollene Beine.

Status: Recht dick, nicht abgemagert. Mittelstarke Zyanose an Lippen und Fingern. Infolge der Atemnot kann der Patient im Bett nur sitzen. Leichte odeme an den Unterschenkeln. Reichliches Stauungsrasseln. Leber- rand zwei Fingerbreiten unterhalb des Rippenbogens palpabel, fest. Herz: Allseitig, a m meisten aber nach rechts erweitertes Herz von Mitralkon- figuration. Flimmern mit hoher Kammerfrequenz. Ein starkes, blasendes

Page 16: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

532

Tag

20. x 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 1. XI 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

- - M

E3 R s m

s

- 4.70

4.61

4.50

4.35

4.40

4.34

4.35

4.38

4.38

4.40

4.42

4.40

4.37

4.38

4.53

4.56

4.55

- -

8 8

- 80

80

80

75

78

75

75

75

75

75

75

75

75

75

75

80

80

M. CH. E H R S T R O M .

Tabelle V. - -

I

- 0.85

0.86

0.88

0.87

0.88

0.87

0.87

0.87

0.87

0.85

0.87

0.85

0.87

0.87

0.83

0.88

0.88

- - 6 g TC v? 09

- 50.35

59.9

i0.6

60.72

61.3

61.5

61.7

61.4

61.05

61.1

59.02

59.8

58.7

59.0;

59.3

58.6

58.4

58.4

58.31

Retikulozyten

11 %

- 0.46 0.4 0.3

0.26 0.03 0.16 0.16 0.13

0.16 0.13

0.16

0.06

0.13

0.03

0.03

0.3

0.06

111 %

- 0.73 0 73 0.76

0.53 0.43 0.4 0.33 0.33

0.23 0.23

0.23

0.26

0.23

0.13

0.13

0.16

0.2

-

IV %

- 1 .o 0.9 0.86

0.66 0.76 0.7 0.63 0.56

0.5 0.46

0.4

0.4

0.43

0.33

0.26

0.2

0.23

Page 17: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWECHSEL U N D UROBILINURIE BE1 IIERZINSUFFIZIENZ. 533

0 - 110 135 70 0 0

140 95 83 0 63 80 100 30 120 0 50 50 0

120 75 0 65 100 0 ,

Fall 4.

* 90.8

,

' 183.3

1: 17

1: 17

1: 12

140 0

100 175 65 80 100 130 0 90 160 65

157.08 137.14 85.68

90.53 75.57 68.0

185.64 163.2 179 52 75.88 23.6

281 .o 341.7

587.52 344.6

121.99 264.2

346.5

163.0 258.04 132.6 229.5 155.04 159.12

168.0 280.7 68.9 ,

7.14 10.45 4.3 1.8 3.6 0.81 11.02 0.64 1 .o 0.11 2.1 2.0 4.0 4.95 3.48 4.24 2.8 5.44 18.98 2.38 3.2 3.76 1.05 5.48 126 3.18 5.44 4.55 2.84 9.9 4.7 3.03 1.6 1.86 0.51 2.06 2.01

1000 1000 1000 1000 1000 1000 1000 1000 850 775 955 700 750

1000 1000 750 650 500 650 675 875 800 825 600 705 730 1000 950 1000 525 1055 750 810 805 1000 700

inoo

2500 450 500 400 1800 600 450 800 970

450 400 500 450 400 500 300 400 2600 350 500 400 2200 900 300 500 800 1000 950 900 800 800 800 750 925 650 650

5on

66

Page 18: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

534

Tag

- 17. XI1 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

1.1.33 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 1 4 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 1. I1 2 3 4 5

- - M 53

$5 rz 0 a

4.57

4.55

4.62

4.87

-

4.80

4.92

4.81

4.98

4.86

4.81

4.69

4.75

4.80

4.85

4.74

4.50

4.44

4.51

4.64

4.42

4.14

4.27

P. CB. EBRSTROM.

Tabelle VI. - - B 23

- 75

75

78

80

80

85

80

85

80

80

78

no 85

80

80

75

75

75

80

75

70

70

- - I

- 0.83

0.83

0.84

0.83

0.83

0.86

0.83

0.86

0.83

0.83

0.84

0.85

0.88

0.83

0.85

0.83

0.85

0.83

0.86

0.8:

0.85

0.8:

65.7 65.6

63.4 62.4

61.8

62.8

63.3

62.7

63.2

62.4

62.3

62.3

62.6

62.0

61.9

62.3

62.9

63.1

63.2

63.1

63.4

64.3

64.8

64.3

63.9

Retikulozyten - I1 %

1.43

1.33 1.3 1.3 1.3 1.3

-

1.1 1.1

1.56

1.5

1.4

1.53

0.2E 0.2 0.2

0.13

0.1( 0.1

0.1 O.Ot

0.0f

0.0:

0.0:

0.01

0.01

0.2

- I1 Yo - 1.7

1.73 .03 .06 1.93 1.96

1.6 1.5

).6f 1.62 1.6:

1.5f

3.5 3.5

9.4 D.4

0.31

0.3(

0.3:

0.31

0.3

0.4

- [V Y O

.03

. . l .2 .2 1.2 L.16

-

1.9 1.8

D.73 0.7 D.66

0.6

0.56 0.53

0.5 0.43

0.4

0.4

0.36

0.4

0.3(

0.4

Page 19: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

B L U T S T O F F W E C H S E L U N D U R O B I L l N U R l E B E 1 H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 535 Fall 5 =

c Y

09

E z a E cc -

1: 15

1: 6

1: 8

- g s g g ; 5’ m g - 39.17

164.57

827.42

617.1

293.76

212.97

168.72 185.64 97.92 84.45 217.05 100.0

414‘38 163.2 222.96 183.6

275.4 183.6 106.08 40.0 207.08 194.2 106.08 88.12 201.96 171.36 29.37

114.24 58.14 95.47 157.08 53.85 249.69

90.17 126.48 61.42 314.02

348.84 261.12

35 - A d a med. scandinau.

- 35 ;”’ 2 %

m g - 0.4 2.31 2.25 14.26 7.12 0.84 0.82 0.76 1.11 0.37 0.4 0.57 0.69 0.37 1.02 0.34 0.57 0.4 0.13 0.1 1 0.2 0.31 0.67 0.27 0 17 0.25 0.25 0.18 0.18 0.14 0.3 0.1 0.3 0.14 0.56 0.23 0.4 1.42 1.05 1.16 1 .o 1.14 0.66 0.9 0.9 1.48 1.28 1.18 1 .0 1.38 0.96

- W N V

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m T L :

8Q0 800 a00 700 600 700 550 850 650 950 750 800 650 500 700 700 700 800 700 950 765 800 800 800 800 800 650 850 900 700 800 800 800 900 1100 800 800 800 1000 650 600 800 750 950 950 800 750 1100 800 920 700

m r c -

V O l . L X X X V I l l

= 3:

3 9 - 400 850 -100 875 1250 775 600 750 550 750 650 700 1000 650 525 600 1000 1000 475 625 775 700 1100 1500 950 1250 1250 900 625 500 625 450 1125 750 800 1125 700 750 1300 500 875 700 1250 750 1125 875 1125 625 I000 1000 875

2 ” 2

3

e a

- 12 0 80 0

130 0

110 0 0

180 0

180 0

135 130 120 115 190 70 0

155 100 140 150 0

135 90 50 55 145 140 100 120 150 210 30 0 70 95 130 110 110 255 0

130 155 45 175 0

190 100

Page 20: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

536 M. C H . EHRSTROM.

syslolisches Nebengerausch, am stiirksten iiber der Spitze. R R 155/90 mm Hg. Harn: Alb. -.

Blutstoffweehsel: Fig. 6 und Tab. VI. Mit Hinblick auf Atemnot und Odeme kann die Beobachtungszeit in zwei Perioden eingeteilt werden.

Therapie: Digitalis und Strophantin. Erste Periode: Umfasst acht Tage, wahrend der die Odeme verschwin-

den und die Atemnot abnimmt, sodass der Patient ohne Ruckenlehne liegen kann. Die Leber wird weicher, ihre Grijsse verandert sich aber nicht. Das Gewicht sinkt von 65.7 auf 61.8 kg (3.9 kg). Die Diurese schwankt zwischen 400 und 1250 ccm.

Die sweite Perioda umfasst den Rest der Beobachtungszeit, d. h. 43 Tage. Wahrend dieser Zeit bleibt der Zustand ziemlich stationar, indem der Patient im allgemeinen keine Atemnot hat, wenn er ruht, wohl aber, wenn er auf ist. Nur kiirzere Anfiille von Atemnot auch bei Ruhe. Wechsel-

Fig. 6. Fall 6.

weise bessere und schlechtere Perioden. Die Odeme bleiben weg, Uewicht bleibt stationar, Leber ist weich, aber vergrijssert; Stauungsrasseln in den Lungen.

Wahrend der ersten Periode hat der Patient eine Retikulozytose zwischen 2.2 und 2.6 % mit Retikulozyten der Uruppe I, 11, 111 und IV. Zu Anfang der zweiten Periode sank sie auf 1.6 %, halt sich danach ziemlich unverandert bei etwa 1.5 %, um erst wahrend der zweiten Halfte der Periode allmahlich unter 1.0 % zu sinken.

Daa sirkulierende Blut: Das Blutvolumen betragt zu Anfang des Ver- suches 5.92 Liter, sank zu Anfang der zweiten Periode auf 5.2 Liter und gegen Ende der Periode auf 4.8 Liter. Es liegt also wahrscheinlich eine Plusdekompensation vor, die mit 1.1 Liter ausgeglichen wird.

Der Hamoglobinwert steigt wahrend der ersten Periode und des ersten Teiles der zweiten Periode von 75 % auf 85 %, bleibt daraufhin wahrend des mittleren Teiles der zweiten Periode konstant, um gegen Ende der Periode wieder auf 75 yo zu sinken.

Der Ikterusindex betragt zu Anfang der ersten Periode 1: 15 und Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion ist positiv.

Zu Anfang der zweiten Periode sank er auf 1: 6 und betragt gegen Ende dieser Periode unverandert 1: 8. Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion negativ.

Blutneubildung:

Page 21: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWECHSEL UND UROBILINURIE BE1 HERZINSUPPIZIENZ. 537 Blutzerfall: Wahrend der ersten Periode ist der mittlere Wert fIir die

totale Urobilinausscheidung 205 mg pro die, wobei der grosste Teil wahrend der vier letzten Tage der Periode ausgeschieden wird. Wihrend der zweiten Periode schwankt der mittlere Wert (8-1 1 tagige-Perioden) zwischen 95 und 175 mg pro die.

Fall 6. V. 0. 48 jahriger Mann. Beobachtungszeit: 4. 10.-6. 12. 1932. Diagnose: Hypertonia. Hypertrophia, dilatatio, myodegeneratio et

insufficientia cordis. Vor sechs Jahren wurde Hypertonie konstatiert. 1931 Herzinsuffi-

zienz, die bei Digitalisbehandlung voruberging. Hat seitdem zeitweise Digitalis eingenommen. Seit ca. sechs Monaten wiederum zunehmende Atemnot und geschwollene Beine. Nachtliche Anfdle von gewaltiger Atemnot mit schaumigem Auswurf.

Status: Kraftiger Korperbau, etwas abgemagert. Unbedeutende Zyanose im Oesichb. Der Patient sitzt infolge der Atemnot den ganzen Tag tiber in einem Stuhl, die Arme gegen einen Tisch gelehnt. Hoch- gradige odeme am ganzen Unterkorper bis hinauf zur Brust, ferner an den Unterarmen und Handen. Leberrand in Nabelhdhe. Reichliches Stauungs- rasseln. Herz: Ein in allen Dimensionen stark erweitertes Herz von DHypertoniekonfiguration,. Retrokardialer Raum ausgefullt. Schwache dumpfe Herztone. Puls schnell, regelmassig, etwas ungleich. RR 170/90 mm Hg. Harn: Alb. -.

Blutstoffwechsel: Fig. 7 und Tab. VII. Die Beobachtungszeit wird in 5 Perioden mit Hinblick auf Atemnot und Odeme eingeteilt.

Therapie: Digitalis, Strophantin, Salyrgan. Die erste Periode umfasst 10 Tage, wobei sich der Zustand, abgesehen

von einer leichten Abnahme der Atemnot wihrend der zwei letzten Tage, unverandert halt. Gewicht ist stationar, die Diurese wird durch eine am ersten Tage vorgenommene Salyrganinjektion auf 3900 cms gebracht, sinkt danach auf 700 cma. Am vorletzten Tage betragt die Diurese mit Hilfe von Salyrgan 5500 cm*.

Fig. 7. Fall 6.

Page 22: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

538 Y. CH. E H R S T R O Y .

Wssig- teitszu- ihr, fret1 'Itissigk.

g

m Harn mg

Jrobilin m Stuhl

mg

Meulen- gracht

Jrobilin

- 2

Gewichl kg

Y

Erytroz Millione

dt

F

Y d cv

Page 23: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

31 1.X

I 2 3 4 5 6 7 8 9 10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

7i

0 52

5 70

580

135

50

530 0

560

860 70

178 0 0

610

330

830

11; 0

230 0

170

240 O

I

loo

4.46

4.69

4.71

4.72

4.70

4.77

4.40

4.50

4.60

4.55

4.58

4.65

4.74

4.77

-1.7

1

I) 95.61

' )

183.

51

. 1

100.

2

I

63

65

65

65

65

65

60

65

65

60

60

60

65

65

65

0.71

0.70

0.69

0.69

0.69

0.69

0.68

0.72

0.70

0.66

0.66

0.63

0.69

0.69

0.69

91.4

92.3

91.1

94

93.5

96.4

94.5

92

94.2

93.2

94.7

95.7

94.7

94.2

91.5

00.6

0.13

0.1

0.1

0.13

0.06

0.

3 0.

3

0.16

0.

16

0.13

0.1

0.2

0.23

0.

26

0.3

0.13

0.23

0.26

0.3

0.3

0.2

0.23

0.2

0.53

0.

5

0.3

0.3

0.33

0.4

0.4

0.4

0.36

0.

4

0.4

0.46

0.6

0.4

0.36

0.3

0.33

0.3

0.63

0.

6

0.46

0.

36

0.36

0.46

0.5

0.46

0.

4 0.

5

0.5

0.53

0.53

1: 6

1: 6

1: 6

38.0

23.6

22

.4

1041

.21

181.

86

93.8

4 10

3.8

7.9

254.

61

71.4

14

5.25

15.4

2 10

4.34

62

3.09

22

4.4

123.

87

41.6

97

.92

155.

04

1.72

0.

66

0.46

2.

18

6.36

0.

12

1.56

0.

42

1.42

0.

34

0.8

2.08

1.

0 0.

49

2.50

1.

65

0.76

1.

4 1.

93

1.71

1.

05

1.98

0.

85

0.8

5.44

1.

91

0.77

1.

27

4.32

7.

35

3.15

6.

85

2.73

. 1.54

800

1000

85

0 17

00

1095

13

25

900

800

1300

13

70

800

850

1200

90

0 55

0 70

0 65

0 63

0 10

50

950

670

970

620

600

550

440

680

950

1100

75

0 20

0 69

0 20

0

1150

60

0 65

0 36

50

750

600

1200

42

00

750

250

400

1300

10

00

400

4200

70

0 45

0 19

00

350

850

500

1050

60

0 75

0 50

0 40

0 19

50

300

400

800

1500

60

0 12

00

300

0

Page 24: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

540 M. C H . E H R S T R ~ Y .

Die zweite Periode umfasst wiederum 10 Tage. Wahrend dieser Zeit vermindern sich die odeme, sodass das Uewicht von 98.1 auf 91.5 kg (6.6 kg) sinkt. Die Atsmwt nimmt ab, sodass der Patient am Ende der Periode in der Nacht einige Stunden im Bett liegen kann. Leber unver- andert. Diurese ca. 1000 cma, steigt jedoch auf 3300 cms unter Einwirkung von drei Salyrganinjektionen.

Die dritte Periode umfasst ebenfalls 10 Tage. Uewicht und odeme ver- bleiben stationair, die Atemnot nimmt aber ab, sodass der Patient am Ende dieser Periode die ganze Nacht im Bett liegen kann, wenn er auch den Tag in einem Stuhl verbringt. Leber unverandert. Mit zwei Salyrganinjektio- nen, die an zwei verschiedenen Tagen vorgenommen wurden, wird die Diurese auf 4400 und 3100 cma gebracht, an den iibrigen Tagen betragt sie 700-1250 cma.

Die oierte Periode umfasst 10 Tage und die fiinfte Periode 16 Tage. Zu Anfang der vierten Periode ging es dem

Patienten schlechter, die Atemnot nimmt allmahlich zu, sodass er die ganze Nacht sitzen muss. Das Uewicht steigt wieder auf 96.4 kg. Bei zunehmen- der Insuffizienz wahrehd der fiinften Periode schliesslich Exitus letalis. Mit Salyrgan hat die Diurese noch warend der vierten Periode aut 4200 cm* gebracht werden konnen, wahrend der fiinften Periode jedoch hat der Patient auf Salyrgan nicht mehr nennenswert reagiert.

Wahrend der ersten Periode betragt die Retikulo- zytose im Anfang etwa 2 yo mit Retikulozyten der Uruppe I, 11, I11 und IV, sinkt am Ende der Periode auf 1 yo, um sich danach wahrend der zwei- ten, dritten und dem grosseren Teil der vierten Periode zwischen 1 yo und 0.5 yo zu halten. Am Ende der vierten Periode steigt sie auf 1,5 yo und halt sich danach zwischen 1.5 yo und 1.0 yo. Uleichzeitig mit dieser Stei- gerung treten zahlreichere Retikulozyten der Uruppe I1 auf.

Das zirkulierende Blut: Blutvolumenbestimmungen wurden nicht gemac h t .

Der Hamoglobinwert schwankt wahrend des Verlaufes des Versuches unregelmiissig zwischen 60 und 70 %. Die Erytrozytenkurve verlauft mit Werten zwischen 4.40 und 4.86 Millionen hiermit ziemlich parallel.

Der Ikterusindex betragt zu Anfang des Versuches 1: 14. Hijmans van den Bergh's indirekte Reaktion ist positiv. Am Ende der ersten Periode sank der Index auf 1: 8, wahrend der zweiten auf 1: 4 und betragt wahrend der iibrigen Perioden 1: 6. Hijmans van den B q h bei diesen Werten negativ.

Blutzerfall: Wahrend der ersten Periode betragt der mittlere Wert fur die totale Urobilinausscheidung 155 mg pro die, steigt wahrend der zweiten auf 204 mg, sinkt wahrend der dritten auf 95 mg, um wahrend der vierten Periode wieder auf 183 mg zu steigen. Wahrend der letzten Periode sank er wieder auf 100 mg pro die. Die mittlere Ausscheidung wahrend der ersten, zweiten und dritten Periode 151 mg, wahrend der vierten und fiinften Periode 133 mg pro die.

Blutneubildung:

Fall 7. H. K. 31 jahriger Mann. Beobachtungszeit: 1. 12. 1932-17. 1. 1933.

Page 25: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOPPWECHSEL U N D u ROBILINURIB BEI HERZINSUFFIZIENZ. 541

Diagnose: Hypertrophia et dilatatio et myodegeneratio e t insufficientia cordis, Thromboangiitis obliterans. Vitium mitrale cordis.

Seit drei Jahren Kurzatmigkeit bei Anstrengungen. Im April und Oktober 1932 Anfalle von schwerer Atemnot, kombiniert rnit blutigem Auswurf. Nach dem letzten Anfall schwere Kurzatmigkeit trotz perma- nenter Digitalistherapie, der Patient hat jedoch auf sein ktinnen.

Status: Astheniker. Etwas abgemagert. Starke Atemnot, h a t sich halbsitzend im Bett auf. Lippen und Finger stark zyanotisch Keine nachweisbaren odeme. Leberrand eine Handbreite unterhalb des Rippen- bogens. Klinisch keine, rontgenologisch leichte Lungenstauung. Herz: Stark nach rechts und links erweitert, von Mitralkonfiguration. uber der Spitze ein rollendes, systolisches Nebengerausch, der zweite Ton uber der Pulmonalis akzentuiert, langgezogen und rauh. Puls schnell, regelmiissig. RR 125/85 mm Hg. Ekg.: Myokardschaden, offenbar von Coronararterien- obturation herruhrend. - An den Unterschenkeln migrierende Phlebiten. Pulsationen im Aa. dors pediei fehlen; in den verdickten Aa. popliteae sind sie schwach. Die Fiisse werden bei Elevation vollkommen weiss. Harn: Alb. -.

Fig. 8. Fall 7.

Blutatoffwechsel: Fig. 8 und Tab. VIII. Im Verlauf der Beobachtungs- zeit geht es dem Patienten allmahlich etwas besser, sodass er bei der Ent- lassung etwas weniger zyanotisch ist und keine Atemnot hat, wenn er ruht, wohl aber, wenn er sich bewegt. Die Leber wird kleiner, sodass sie sich bei der Entlassung nur ein paar Finger unterhalb des Rippenbogens er- streckt. Da aber schlechtere und bessere Perioden aufeinander folgen, ist er schwer, die Beobachtungszeit in verschiedene Abschnitte rnit Hin- blick auf den Grad der Insuffizienz einzuteilen. - Das Gewicht schwankt unregelmbsig zwischen 60 und 63 kg, die Diurese zwischen 2200 und 500 cma. Die grtisste Diurese ist zu Anfang, in der Mitte und am Ende, rnit Zwischenperioden von geringerer DiureSe zu verzeichnen.

Therupie: Digitalis, Strophantin. Blutneubildung: Bei der aufnahme werden 1.2 yo Retikulozyten rnit

Repriisentanten der Gruppe 11, 111 und IV angetrotfen. Im Verlauf der halben Beobachtungszeit sinken sie allmahlich mit unregelmLsigem Ver-

Page 26: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

542 M . CH. E H R S T R O M .

Tabelle VIII.

Tag

- 1. XI1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 L2 13 14 I5 16 17 18 19 20 2 1 22 23 14 15 26 17 28 29 30 31 1.1.33 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

4.85

5.03

5.06

5.05

5.00

4.73

4.77

4.89

4.85

4 97

4.84

4.81

4.83

4.80

4.82

4.95

4.94

4.93

a9

- 87

90

90

90

85

80

80

80

80

85

80

80

80

80

80

80

80

80

I

- 0.90

0.90

0.90

0.90

0.85

0.85

0.85

0.83

0.83

0.86

0.82

0.83

0.83

0.83

0.83

0.81

0.81

0.81

6 a R. v

p: 119

rc

- 60.2

59.8

59.4

59.0

59.9

60.7

61.4

62.1

62.5

61.5

61.3

61.6

62.9

61.5

61.3

62.a

61.6

61.2

61.3

61.1

61.8

Retikulozyten

I1

% - 0 1 0.06

0.1

0.1 0.06

0.06

0.06 0.03

0.1

0.03

0.03

0.0:

- [I1 Yo

L4 1.4

1.23

3.36 3.33

3.3

0.26 0.3

0.26

n.3

0.3

0.3

0.3

- IV %

1.7 1.7

1.7

3.8 8.73

0.7

0.7 0.66

0.56

0.6

0.6

0.4

0.43

0.3

0.3

0.4

0.36

Page 27: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

B L U T S T O F F W E C H S E L U N D U R O B I L I N U R I E BE1 H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 543

Fall 7. =

5 k 9 K 5 - 1: 8

1: 9

1: 6

91 8 380.69 180.9 332.11 195.84 63.85 77.5 183.5 159.12 201.96 157.08 228.2

233.37 116.25 597.31 91.8 128.52 325.58 115.66 47.12 122.4 60.99 57.12 318.24 257.04 367.2 79.96 201.96 201.96 279.9 146.88 63.64 293.76 249.69 180.0 178.5 180.33

3.08 8.16 6.0 : 2.58 4 66 1.1 0.8 0.62 0.4 0.78 1.65 2.85 2.4 2.93 6.63 3.3 1.57 2.22 2.84 18.03 1.6 3.42 2.5 2.3 5.07 0.3 2.47 0.97 1.63 14.33 3.6 0.76 1 .o 1.77 6.8 2.22 0.48 1.82 1.09

= Q V

E. 2. g 9% E 3 E. E EEL "C m "Z

m

- 900 1930 1375 1760 1500 1850 1625 1000 990 1000 950 1000 850 1015 1200 1100 1200 1240 1060 1515 1120 1250 1195 950 1200 1300 800 930 1175 1200 975 1030 1200 1145 1195 1200 1150 900 810

2100 1000 2225 1725 2200 1100 1300 625 600 600 750 500 750 900 850 900 1750 1850 1450 1950 1450 1000 1150 1150 650 750 1050 600 1000 925 2000 1250 1500 1450 1200 1300 700 1250 150CJ

0 45 65 90 220 150 60 95 225 100 150 110 140 0

260 75 305 100 105 285 105 110 150 65 100 325 31 5 180 70 110 110 210 300 65 200 170 120 125 130

2

180

Page 28: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

544 M. CE. EERBTROH.

lauf auf 1 yo und halten sich wahrend der zweiten Halite der Beobach- tungszeit zwischen 0.8 und 0.5 %. Gleichzeitig verringert sich die Anzahl der zur Ctruppe I1 gehorenden Retikulozyten.

Das zirkulierende Blut: Das Blutvolumen halt sich wahrend der Beobach- tungszeit bei drei Bestimmungen am aten, l4ten und 43sten Tage unver- andert. (5.8-5.7 Liter).

Der Hihoglobinwort betragt zu Anfang 90 %, sinkt vom 9ten bis zum 15ten Tage auf 80 yo und halt sich danach unverandert, abgesehen yon einer Steigerung auf 85 yo am 23sten Tage. Die Erytrozytenkurve verlauft rnit Werten zwischen 5.05 und 4.73 Millionen parallel hiermit. Der Ikterus- index betragt bei drei Bestimmungen, die gleichzeitig mit den Blutvolu- menbestimmungen vorgenommen wurden, 1: 8, 1: 9 und 1: 6.

Blutzerfall: Wenn die Beobachtungszeit in vier 8-Tageperioden und eine letzte 7-Tageperiode eingeteilt wird, findet man wahrend der zwei ersten Perioden einen mittleren Wert fur die totale Urobilinausscheidung von 165 resp. 160 mg pro die, wahrend der dritten Periode eine Steigerung auf 180 mg, wahrend der vierten eine weitere Steigerung auf 215 mg und wahrend der letzten wiederum eine Senkung auf 180 mg pro die.

Fall 8. A. H. 58 jahrige Frau. Beobachtungszeit: 17. 10.-11. 11. 1932. Diagnose: Myodegeneratio e t hypertrophia et dilatatio et insuffi-

cientia cordis. Arteriosclerosis. Im Februar-Marz 1932 Herzinsuffizienz, die mit Digitalisbehandlung

voriiberging. Seit August dieses Jahres zunehmende Atemnot und geschwollene Beine.

Status: Oewohnlicher KBrperbau, etwas abgemagert. Leichte Zyanose an den Lippen. Recht starke Atemnot; der Patient kann jedoch liegen. MLsige, Odeme an den Beinen. Ascites. Leberrand in Nabelhohe. Stauungsrasseln iiber den Lungenbasen. Herz: In allen Dimensionen stark erweitertes Herz. Retrokardialer Raum ausgefullt. Dumpfe Herztone, systolisches Nebengerausch uber der Spitze. Flimmern rnit hoher Kam- merfrequenz.

Blutstoffwechsel: Fig. 9 und Tab. IX. Die Beobachtungszeit kann rnit Hinblick auf Atemnot und Odeme in drei Perioden eingeteilt werden.

Therap ie: Digitalis, Salyrgan. Die erste Periode umfasst zehn Tage. Wiihrend dieser Zeit nimmt die

Herzinsuffizienz ab, sodass der Patient am Ende der Periode Odem- und Ascites- frei ist und auch nicht an Atemnot leidet. Die Leber wird weicher, die Grosse verandert sich aber nicht. Das Gewicht verringert sich von 68.8 auf 60.8 kg (8 kg). Die Diurese betragt die zwei ersten Tage ca. 400 cm8, wird am dritten Tage mit Salyrgan auf 5000 cm8 gebracht und sinkt danach allmahlich auf etwa 600 c m t Wahrend

der zweiten Periode (7 Tage) ist der Zustand unverandert. Die Diurese halt sich zwischen 400 und 600 cma, ausser am vorletzten Tage, wo sie auf 1625 cm8 steigt.

Die dritte Periode umfasst ebenfalls sieben Tage. Am Ende dieser Zeit tritt eine gewisse Verschlechterung ein, indem etwas Ascites auftritt, die

Page 29: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOPPWECESEL U N D U R O B I L I N U R I E BE1 EERZINSUPPIZIENZ. 545

Leber wird etwas h5rter, das Gewicht steigt von 60.4 kg gegen Mitte der zweiten Periode auf 62.3 kg (1.9 kg) am Ende dieser Periode. Die Diurese halt sich zwischen 360 und 900 cma. Atemnot tritt nicht auf.

Der Patient beginnt mit einer Retikulozytose von 1.2 % mit Retikulozyten der Gruppen I, 11, I11 und IV. Wahrend der ersten Periode geht sie allmahlich auf 0.5 % zuriick, wobei die Retikulozy- ten der Gruppe I verschwinden. Wahrend der zweiten Periode verschwin- den auch die Retikulozyten der Gruppe I1 und die Totalanzahlbewegt sich um 0.4 %. Wahrend der dritten Periode kann eine leichte Tendenz fur eine Steigerung bis zu 0.6 yo bemerkt werden; Retikulozyten der Gruppe I1 treten wieder auf.

Das zirkulierende Blut: Blutvolumen bestimmungen wurden nicht vorgenommen.

Blutneubildung:

Fig. 9. Fall 8.

Der Hamoglobinwert steigt wahrend der ersten Periode von 60 auf 75 %, sinkt wahrend der zweiten Periode auf 70 yo und halt sich wahrend der dritten Periode bei 70 yo. Die Erytrozytenkurve verlauft mit Ziffern zwischen 4.10 und 4.66 Millionen parallel hiermit.

Der Ikterusindex betragt zu Anfang der ersten Periode 1: 20, am Ende der Periode 1: 17. Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion positiv. Wahrend der zweiten Periode betragt der Ikterusindex 1: 9 mitnegativem Hijmans van den Bergh. Am Ende der dritten Periode wird wieder eine Steigerung auf 1: 14 beobachtet. Hijrnans van den Bergh negativ.

BlutzerfaU: Der mittlere Wert fur die totale Urobilinausscheidung ist wahrend der ersten Periode 86.0 mg pro die, steigt wahrend der zweiten Periode auf 116.2 und wahrend der dritten auf 141.6 mg pro die.

Fall @. V. A. 67 jahrige Frau. Beobachtungszeit: 30. 8.-28. 9. 1932.

Diagnose: Myodegeneratio e t dilatatio et hypertrophia et insuffi- cientia cordis. Arteriosclerosis.

Page 30: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

Tag

-

17.X

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

1.X

I 2 3

4 5 6 7 8 9 10

11

=

F z

w

ZG

gg

g

g

Y

L

-

4.10

4.

10

4.36

4.33

4.59

4.66

4.66

4.45

4.32

4.26

4.35

4.20

-

-

5 8 -

60

65

70

70

75

75

75

72

70

70

70

70

-

-

I -

0.87

0.

79

0.81

0.81

0.83

0.81

0.81

0.81

0.81

0.83

0.81

0.83

s -5 4 i;

k

m -

68.8

62.8

62.9

60.8

60.0

60.4

61.9

61.7

62.1

62.3

Tab

elle

IX.

Fal

l 8.

Ret

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en

I1

%

0.16

0.

23

0.26

0.

23

0.2

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0.

06

0.03

0.

03

0.03

0.

03

-

-

-

-

-

0.03

0.06

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0.

03

0.06

Ill

%

0.36

0.

53

0.46

0.

4 0.

36

0.36

0.3

0.16

0.

23

0.23

0.

2 0.

16

0.13

0.

13

0.2

0.2

0.06

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Page 31: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWECHSEL U N D UROBILINURIE B E 1 HERZINSUFFIZIENZ. 547

Seit zwei Jahren allmahlich zunehmende Kurzatrnigkeit und Atemnot. Vor drei Monaten begannen die Beine stark anzuschwellen und die Atemnot wurde immer schwerer.

Status: Korpulent. Blauschwarze Zyanose hauptsachlich im Gesicht und an den Handen. Kann infolge von Atemnot nur in einem Stuhl sitzen. Gewaltige Odeme am ganzen Unterkorper, auf dem Riicken bis hinauf zum Angulus scapulae. Leberrqnd in Nabelhohe. Doppelseitiger Hydro- thorax. Keine nachweisbare Ascites. Herz: Nach rechts und links erweitert, kein Klappenfehlertypus. Retrokardialer Raum ausgefiillt. Schnelles Flirnmern. Systolisches Nebengerausch iiber der Spitze. RR 150/85 mrn Hg. Harn: Alb. 0.5 Oleo.

Blutstoffwechsel: Fig. 10 und Tab. X. Die Beobachtungszeit wird mit Hinblick auf Atemnot und Odeme in zwei Perioden eingeteilt.

Therapie: Digitalis, Strophaniin, Salyrgan.

Fig. 10. Fnll 9.

Die erste Periode umfasst fiinf Tage. Wahrend dieser Zeit verschwindet die Zyanose und die Atemnot nimmt ab, sodass der Patient, allerdings mit einer Riickenlehne, liegen kann. Die Diurese, die wahrend der ersten Tage 150-480 cms betrug, wird am vierten Tage mit Salyrgan auf 4500 cms gebracht und betragt am fiinften Tage 2130 cma. Die Odeme sind unver- andert, das Gewicht vermindert sich jedoch von 98.3 auf 96.0 kg (2.3 kg). Leber unverandert.

Die sweite Periode umfasst die restliche Beobachtungszeit (25 Tage). Wahrend dieser Zeit gehen die Odeme allmahlich zuriick, sodass der Patient schliesslich frei von Odemen urid Pleuratranssudat ist. Das Gewicht ist von 96.0 auf 70.0 kg (26 kg) heruntergegangen. Die Diurese halt sich zwischen 450 und 2400 cm9. Mit Hilfe einer am 7.9. vorgenommenen Salyrganinjektion wird sie auf 1590 cm3 gebracht. Die Atemnot nimmt allmahlich ab, sodass der Patient am Ende der Beobachtungszeit auf

Page 32: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

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Page 33: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOPFWECHSEL U N D UROBlLlNURIE BE1 HERZINSUFPIZIENZ. 549 0.8 und 0.2 %. Die niedrigsten Werte werden gegen Mitte der zweiten Periode erzielt.

DIN zirkulierende Blut: Blutvolumenbestimmungen wurden nicht ge- macht.

Der Hamoglobinwert betragt wahrend der ersten Periode 80 %, wah- rend der ersten Hiilfte der zweiten Periode 75 % und wahrend der zweiten Hiilfte der gleichen Periode wiederum 80 %. Die Erytrozytenkurve ver- Iauft mit Werten zwischen 4.78 und 4.31 Millionen parallel hiermit.

Der Ikterusindex halt sich wahrend der ersten und des grosseren Teiles der zweiten Periode bei 1: 17, urn gegen Ende auf 1: 9 zu sinken.

Blutzerfall: Infolge von Diarrhoen und verlorengegangenem Stuhl konnten Totalurobilinbestimmungen nicht durchgefuhrt werden.

Fall 10. A. P. 26 jahrige Frau. Beobachtungszeit: 15. 8.-27. 8. 1932.

Diagnose: Hypertrophia et dilatatio et insufficientia cordis. Vitium mitrale cordis.

Hat akute Polyarthritis durchgemacht. Seit einigen Monaten zuneh- mende Atemnot und geschwollene Beine.

Statw: Zart gebaut. Kann sich infolge von Atemnot nur in halbsit- zender Stellung im Bett aufhalten. Leichte Zyanose an den Lippen. Leichte odeme bis hinauf zur Inguinalfalte und im Kreuz. Leber ca. eine Fingerbreite unterhalb des Nabels. Reichliches Stauungsrasseln. Herz: Gewaltig nach rechts und links erweitertes Herz von Mitralkonfiguration. Retrokardialer Raum ausgefiillt. Uber dem ganzen Herz ist ein starkes systolisches und ein schwacheres diastolisches Nebengerausch zu horen. Schnelles Flimmern. Harn: Spuren von Albumin.

Blutstoffwecbel: Fig. 11 und Tab. XI. Wahrend der kurzen Beobach- tungszeit nimmt die Atemnot allmahlich ab. 'Am Ende der Beobachtungs- zeit kann der Patient liegen, ohne von Atemnot belastigt zu werden. Uleich-

Fig. 11. Fqll 1 0 .

Page 34: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

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Page 35: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWBCHSEL UND UROBILINURIE B E I HBRZINSUFPIZIENZ. 551

zeitig nehmen die odeme ab, sodass sie am 13ten Tage so gut wie 8dem- frei ist; das Gewicht ist von 50.5 auf 48.3 kg (2.3 kg) zuriickgegangen. Die Leber verringert sich um einige Fingerbreiten, erstreckt sich jedoch immer noch ca. eine Handbreite unterhalb des Rippenbogens. Zwei Salyrgan- injektionen am 3ten und 7ten Tage erzielen 2100 resp. 1950 cm* Harn. Ohne Salyrgan schwankt die Diurese zwischen 400 und 1950 cmS. Der Puls wird regelmhsig und langsam. Das diastolische Nebengerausch verschwindet. -

Therapie: Digitalis, Salyrgan. Blutneubildung: Der Patient beginnt mit einer Retikulozytose von

15.0 %; die Mehrzahl Retikulozyten gehiiren zu Gruppe IV und 111. Nur 0.3 % gehoren zu Gruppe I1 (Blutvolumen jedoch 5.3 Liter). Die Reti- kulozytose sinkt schnell, sodass der Patient am Ende der Beobachtungs- zeit nur 0.4 yo Retikulozyten, alle von Gruppe IV, hat.

Das Blutvolumen betragt bei einer Unter- suchung am l7ten Tage 5.3 Liter.

Die Erytrozyten verhalten sich ebenso konstant zwischen 4.20 und 4.33 Millio- nen.

Der Ikterusindex betragt zu Anfang der Beobachtungszeit 1: 14, am Ende 1: 17.

Blutaerfall: Totalurobilinbestimmungen konnten infolge einer wahr- scheinlich von Digitalis verursachten Diarrhoe nicht durchgefiihrt werden.

Die Falle 3 und 10 wurden auf der 11. Medizinischen Klinik behandelt und von Prof. G. Becker freundlichst zu meiner Verfii- gung gestellt.

Das zirkulierende Blut:

Der Hamoglobinwert halt sich konstant bei 75 yo (74-76 yo).

Diskussion. I . Blutsloffwechsel.

. Unter den zehn untersuchten Fallen von Herzinsuffizienz kommt kein Fall mit Polyglobulie vor. Die Erytrozytenwerte liegen zwischen 4.1 und 5.5 Millionen, die Hamoglobinwerte (unkorri- gierte Sahli-Werte) zwischen 60 und 90 yo.

Demgegenuber weisen alle Falle Retikulozyfenwerte auf, die zu Anfang der Beobachlungszeilen zwischen 1.2 und 15.0 yo liegen und bis auf efwa 0.5 % sinken, wahrend gleichzeilig die Znsuffi,' 71enz- sympiome verklingen.

Dass es sich hierhei um eine echte Retikulozytose und nicht um eine durch eine Bluteintrocknung bedingte, relative Zunahme der Retikulozyten handelt, ist ohne weiteres klar, wo es sich um die hoheren Retikulozytenwerte von 3.0 oder mehr yo handelt. Durch eine einfache Rechnung kommt man namlich zu dem Resultat, 36 - Ada med. scandinau. Vol. L X X X V I I .

Page 36: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

552 P. CH. E H R S T R O P .

dass die Retikuiozytenmenge nicht hoher als 2.0 bis 3.0 yo steigcn wiirde, d. h. zu dem Doppelten des Normalwertes, wenn eine Blut- eintrocknung das Blutplasma bis auf die Halfte der ursprung- lichen Menge reduziert und dadurch eine Verdoppelung der Anzahl roter Blutkorper herbeifuhrt. Dass derartige hochgradige Ein- trocknungsphanomene in keinem der zehn Falle vorkamen, zeigen die Erytrozytenwerte, aus welchem Grunde die Retikulozytenwerte iiber 2 yo ohne weiteres als Ausdruck einer echten Retikulozytose betrachtet werden konnen.

Die Hetikulozytendifferenzierung zeigt, dass eine wirkliche Retikulozytose auch in den Fallen mit niedrigeren Retikulozyten- werten vorgelegen hat. In samtlichen Fallen wurden 3000-5000 Erytrozyten bei der Retikulozytenzhhlung gepriift. Wie aus der Beschreibung der Falle hervorging, war die Initialretikulozytose durch das Auftreten zahlreicher jiingerer (zu Gruppr I, I1 und I11 gehoriger) Hetikulozyten gekennzeichnet, die aus dem Blut ver- schwanden, als die Retikulozytose abnahm. Wenn eine derartig grosse Anzahl Erytrozyten gepriift wird, durfte das Auftreten und Verschwinden der jungen Retikulozyten ein sicheres Zeichen fur das Auftreten einer echten Retikulozytose sein.

Ein Vergleich zwischen dem Verlauf der Anzahl Retikulozyten und der gleichzeitigen Totalanzahl Erytrozyten zeigt ebenfalls, dass es sich nicht um ein Eintrocknungsphanomen handeln kann. In den Fallen 1,2 und 8 nehmen die Erytrozyten zu, wahrend die Retikulo- zyten abnehmen, in den Fallen, 3, 4 und 9 dagegen nehmen beide gleichzeitig ab und in den ubrigen Fallen treten unregelmassige Verschiebungen in dem Verhaltnis der Retikulozyten und Erytro- zyten auf. Ware die Retikulozytose durch einen Fliissigkeitsverlust des Blutes bedingt, so wiirden in allen Fallen die Erytrozyten paral- lel mit dem Verklingen der Retikulozytose abnehmen.

In den Blutvolumenbestimmungen hat man schliesslich eine direkte Methode, das Vorkommen einer Bluteintrocknung zu beur- teilen. Da jedoch eine berechtigte und scharfe Kritik (auf die icli hier nicht eingehe) gegen den Wert der Blutvolumenbestimmungen mit den iiblichen Methoden im allgemeinen, und bei Herzinsuffi- zienz im besonderen vorgebracht wurde, werden die hier erzielten Resultate mit der grossten Reservation wiedergegeben und grosse- res Gewicht auf die Retikulozytendifferenzierung und das gegen- seitige Verhaltnis der Retikulozyten und Erytrozyten gelegt.

Page 37: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

BLUTSTOFFWECHSEL U N D U R O B l L l N U R l E B E 1 HERZINSUFFIZIENZ. 553

Zwei oder mehrere Blutvolumenbestimmungen wurden bei den Fallen 1, 2 ,5 und 7, eine Bestimmung bei Fall 10 gemacht. Bei den Fallen 1 und 5 wurde das Vorkommen einer Plusdckompen- sation nachgewiesen, d. h. das Blutvolumen war wahrend der Insuffi- zienz grosser als nachher. Bei Fall 2 dagegen lag eine Minusdekom- pensation vor, d. h. eine Steigerung des Blutvolumens nach verklun- gener Insuffizienz. Bei Fall 7 schliesslich verblieb das Blutvolumen unverandert. Bei diesem Fall verandert sich jedoch das klinische Bild wahrend der Beobachtungszeit nur in geringem Masse. -

Die Werte fur die Hamatokritprobe und die Erytrozytenanzahl, verglichen rnit dem gesamten Blutvolumen (z. B. Fall 2: 5.09 Liter mit Hamatokrite 41.5 yo und Erytrozyten 4.59 Millionen, und spater 5.81 Liter mit Hamatokrite 50 yo und Erytrozyten 5.13 Millionen, ergeben als Fazit eine Steigerung der geformten Blut- bestandteile um 8.5 yo, des Plasmas um 16 yo), zeigen, dass die Grossenveranderungen in dem zirkulierenden Blut zum grossten Teil auf Veranderungen im Plasma zuruckzufuhren sind und dass also die Retikulozytose bei den Fallen mit Plusdekompensation oder unverandertem Blutvolumen wirklich auf einer Zunahme der absoluten Anzahl zirkulierender Retikulozyten beruht. Bei Fall 2 mit Minusdekompensation zeigt die rnit der Plasmazuiiahme parallel ver- laufende Erytrozytenzunahme bei sinkenden Retikulozytenwerten, dass eine absolute Retikulozytose wahrend der Insuffizienz vorlag.

Die obige Erorterung kann also dahin zusammengefasst werden, dass die gefundenen Retikulozytenwerte nicht auf Bluteintrock- nung beruhen konnen, sondern dass bei Herzinsuffizienz eine echte Retikulozyiose vorhanden isi, welche verklingt, wenn die lnsuffizienz- symptome abnehmen.

Diese Retikulozytose bei Herzinsuffizienz scheint ein recht empfindliches Zeichen fur den Grad der Insuffizienz in ein und dem- selben Fall auszumachen. So bemerkt man bei den Fallen, wo man zu Anfang der Beobachtungszeit klinisch noch nicht nachweisen kann, dass die Insuffizienz abnimmt, schon eine beginnende Ab- nahme der Retikulozyten (Falle 3, 4 und 6), und man beobachtet bei den Fallen 6 und 8 bei eintretender Verschlimmerung eine Ten- denz fur eine Zunahme der Retikulozyten.

Demgegenuber steht der Grad der Insuffizienz bei den ver- schiedenen Fallen in keinem konstanten Verhaltnis zu den Retikulo- zytenwerten, wie aus nachfolgender Tabelle hervorgeht:

Page 38: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

554 Fall Atemnot

1 stark

2 stark

3 massig

4 stark

5 stark 6 stark

7 stark

8 massig

9 stark

10 stark

M. C H . EHRSTROM.

odeme Dauer der Insuffizienz gewaltig Kurzatmigkeit 1 Jahr

Odeme 3 Monate gross

grosse Odeme milssig 4 Jahre Kurzatmigkeit

7 Wochen Odeme massig einige Monate Kurz-

atmigkeit und Odeme leicht einige Monate Atemnot gewaltig 6 Monate Atemnot und

nicht nach- 3 Jahre Kurzatmigkeit, weisbar 3 Monate schwer

miissig vor 1 Jahr insuffizient

y2 Jahr leichte, 2 Monate

Odeme

Reti kul. 4.4 %

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und odeme gewaltig 3 Monate Atemnot und 3.0 yo

Odeme massig 2 Monate Atemnot und 15.0 yo

Odeme

Auch die Dauer der Insuffizienz scheint, nach der Tabelle zu urteilen, keine Einvirkung auf die Retikulozytose zu haben. Mich haben jedoch fortgesetzte, hier nicht aufgenommene Retikulozyten- zahlungen bei Herzinsuffizienz zu der Auffassung gebracht, dass die Retikulozytose bei den akuten und frischesten Insuffizienz- fallen am grossten ist. Irgendein Unterschied zwischen Rechts- und Linksinsuffizienz kann nicht aufgestellt werden.

Das Vorkommen von gesteigerten Retikulozytenwerten bei akuter Herzinsuffizienz wurde, nachdem diese Arbeit beendigt war, durch ahnliche Funde von C. W. Heath, die im Juli 1933 publiziert wurden, bestatigt. Auch er ist der Ansicht, dass es sich um eine echte Retikulozytose handelt.

Wie oben erwahnt wurde, kann man keine Gesetzmhssigkeit zwischen dem Verlauf der Retikulozytose und der Erytrozyten- kurve bei den verschiedenen Fallen verspuren. Die Grosse der Retikulozytose steht, wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht, in keinem bestimmten Verhlltnis zur Erytrozytenanzahl:

Page 39: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

B L U T S T O P F W E C H S E L U N D U R O B I L I N U R I E BE1 H E R Z I N S U F F I Z I E N Z . 555 Fall Erytr. 8 4.10

10 4.20 2 4.59 5 4.57 6 4.62 4 4.70 9 4.85 7 4.78 1 4.94 3 5.30

Hb Retik.

60 1.2 75 15.0 75 1.6 75 2.6 60 2.0 75 2.4 87 1.2 80 3.0 85 4.4 90 7.6

Das Verklingen der Retikulozytose hat zuweilen eine gestei- gerte, zuweilen eine gesenkte und auch eine unveranderte Erytro- zytenanzahl im Gefolge. Die Variationen der Erytrozytenwerte bei den einzelnen Fallen liegen zwischen 1OO.OOO und 800.000. Es wurden jedoch (wie es bei Herzinsuffizienz sicher anzunehmen ist) bei den Blutvolumenbestimmungen recht grosse Schwankungen des Blutplasmagehaltes nachgewiesen. Diese Veranderungen wirken mehr auf die Erytrozytenwerte als auf die Retikulozytenwerte ein und verhindern die Moglichkeiten, die Einwirkung der Retikulozy- tose auf die absolute Anzahl zirkulierender roter Blutkorper zu beurteilen. (Rechnet man z. B. mit einem Blutvolumen von 5 Liter, so wird eine Veranderung der Plasmamenge um beispiels- weise '/z Liter eine Erytrozytenzahl von 5 Millionen um 500.000 verandern, wahrend eine gleichzeitige Retikulozytose von beispiels- weise 3 % um nur 0.3 % vergrossert wird oder abnimmt.) Derar- tige Verschiebungen konnen bei einer Kurvenprufung im Detail z. B. nach grosseren Diuresen nachgewiesen werden. (Beispiel: Fall 1 am 8.9. und 9.9.) Die Variationen der Erytrozytenanzahl, die bei den 10 Insuffizienzfallen zutage traten, miissen mit anderen Worten durch zwei Komponenten bedingt werden, teils wirkliche Zunah- men und Verminderungen der absoluten Anzahl Erytrozyten, teils relative Zunahmen und Verminderungen, die auf Schwankungen der Plasmamenge beruhen. Die Erytrozytenkurven der einzelnen Falle diirften keine Moglichkeiten fur eine Analyse im Detail mit Hin- blick auf ihre Komponenten bieten. Es ist jedoch glaubhaft, dass bei den Fallen mit Plusdekompensation eine Zunahme der totalen Menge zirkulierender Erytrozyten vorhanden ist.

Page 40: Blutstoffwechsel und Urobilinurie bei Herzinsuffizienz.

556 M . CH. E H R S T R O M .

Die Retikulozytose steht bei den acht Fallen, wo Urobilinbestim- mungen durchgef uhrt wurden, in einem direkten Zeitverhaltnis zu den Schwankungen der Totalurobilinausscheidung. In samtlichen Fallen ist sie mil einer gesteigerten Urobilinausscheidung verbunden oder hat eine solche zur Folge. -

Die Details gehen am deutlichsten aus den den Fallen beige- fugten Kurven hervor, welche zeigen, dass die Retikulozytose mit dem Verklingen der Insuffizienz auf ca. 0.5 yo sinkt. Vergleicht man die Totalurobilinausscheidung wahrend dieser Zeit mit Perio- den nachfolgender Insuffizienzfreiheit ohne Retikulozytose, so findet man, dass sie bei den Fallen 1, 3, 4, 6, 7 und 8 nach dem Ver- klingen der Retikulozytose um 50 bis 140 mg zugenommen hat, um daraufhin wieder um 20 bis 120 mg zu sinken. Bei den Fallen 2 und 5 ist das Verklingen der Retikulozytose mit der grossten Total- urobilinausscheidung verbunden; das Maximum fallt jedoch in den letzten Teil der Periode. Die Unterschiede betragen 40-100 mg. Der Umstand, dass diese Steigerung der Urobilinausscheidung regelmhssig auftritt und sie sehr oft die von mir und Heilmeyer gefundenen Normalschwankungen ubersteigt, zeigt, dass es sich nicht um zufallige Schwankungen handelt.

Die am nachsten liegende Erklarung fur dieses Phanomen scheint in der Annahme zu liegen, dass der von derRetikulozytose bedingte uberschuss roter Blutkorper nach den1 Verklingen der Insuffizienz Hamolyse anheim fallt.

Man muss aber auch einen anderen Faktor mit berucksichtigen. Wie aus den Beschreibungen der Faille hervorgeht, ist der Ikterus- index wahrend der Insuffizienz bei den meisten Fallen gesteigert und sinkt auf normale oder einigermassen normale Werte, wenn die Insuffizienz besser ist. Der hochste Maximumwert, 1: 29, findet sich bei Fall 1, der niedrigste, 1: 9, bei Fall 7. Bei Werter uber 1: 12 war Hijmans van den Bergh’s indirekte Reaktion positiv; in keinem Fall wurde eine direkte Reaktion erzielt. Nach allgemeiner Auffassung bedeutet dieses, dass das Serumbilirubin dic Leberparenchymzellen nicht passiert hat, sondern durch Hamolyse bedingt ist.

Die gesteigerte Urobilinausscheidung, die nach dem Verklingen der Insuffizienz auftritt, konnte moglicherweise ihre Erklarung darin haben, dass die Ausspulung von Bilirubin aus dem Serum zunimmt, wenn die Sperre in der Leber, nachdem die Stauung ab- genommen hat, leichter wurde. Zwei der Falie konnen aber mit

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dieser Auffassung nicht in Einklang gebracht werden. Bei Fall 7 ist keine (nennenswerte) Hyperbilirubinamie (Meulengracht 1 : 8) trotz starker Leberstauung vorhanden und doch hat das Verklin- gen der Insuffizienz eine Periode gesteigerter Urobilinausscheidung im Gefolge. Bei Fall 10 wiederum (wo Urobilinbestimmungen nicht durchgefuhrt werden konnten) zeigt der Ikterusindex eine Steige- rung bei eintretender Kompensation.

Wenn auch eine Ausschwemmung des im Blut angehauften Bilirubins durch die Leber gut als mitwirkender Umstand bei der Urobilinzunahme angenommen werden kann, gibt sie doch keine erschopfende Erklarung fur dieses Phanomen.

Man findet eine fur alle Falle gemeinsame Erklarung fur die gesteigerte Totalurobilinausscheidung, wenn man sie mit einer gesteigerten Hamolyse in Verbindung bringt, die durch den Zerfall des wahrend der Insuffizienz uberschiissigen, neu gebildeten Blutes bedingt wurde.

Es llsst sich in den einzelnen Fallen nicht entscheiden, inwie- weit die Hyperbilirubinamie, als von Lebersperre bei normaler Hamolyse bedingt oder durch gesteigerte Hamolyse mit oder ohne Lebersperre verursacht aufgefasst werden soll.

Die Diskussion kann also in folgender Weise zusammengefasst werden:

Bei Herzinsuffizienz ist eine echte Retikulozytose, d. h. eine gesleigerle Bluineubildung vorhanden, welche bei Eintreten der Kom- pensation verklingt.

Die Besserung der Insuffizienz ist mil einer Periode gesteigerter Totalurobilinausscheidung verbunden die mil dem Verklingen der Retikulozytose verknupft ist oder sie im Gefolge hat und von einer gesleigerlen Hamolyse bedingt wird.

Der Blutstoffwechsel bei Herzinsuff izienz wird also durch eine gesteigerte Neubildung wahrend der Insutfizienz und eine gesteigerle Hdmolyse wahrend ihres Verklingens charakierisiert. Diese beiden Phanomene brauche das akluelle Blufbild (Eryirozyten und Hamo- globin) nicht zu beeinflussen.

Es diirfte keinem Zweifel unferliegen, dass die Ursache zu diesen Verschiebungen in dem Anoxamie-Faktor bei Herzinsuffizienz zu suchen isl.

Die Retikulozytose ist als ein Zeichen fur das Streben des Kor- pers, durch gesteigerte Blutbildung die saurebindende Fahigkeit

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des Blutes zu steigern, aufzufassen und damit die periphare Anoxa- mie zu kompensieren. Inwieweit die Retikulozytose wirklich zu einer Steigerung der Anzahl roter Blutkorper und des Blutvolu- mens fiihrt, ist infolge der komplizierten Verhaltnisse bei Herzin- suffizienz schwer in bindender Form zu beweisen. Die Retikulo- zyten sind jedoch gewohnlich grosser und hiimoglobinreicher, als die alteren Erytrozyten, weshalb zum mindesten eine Steigerung des zirkulierenden Hlmoglobinbestandes entstehen diirfte. Die gesteigerte Urobilinausscheidung, die nach Verklingen der Retikulozytose auftritt, kann ihre Erklarung schon hierdurch erhalten.

11. Urobilinurie. Man ist bekanntlich der Ansicht, dass Urobilinurie bei Patien-

ten mit Herzfehlern ein recht empfindliches Zeichen fur Herz- insuffizienz darstellt. Mit der entero-hepathogenen Urobilinpatho- genestheorie als Basis wird erklart, dass diese Urobilinurie auf einem durch Stauung hervorgerufenen Leberschaden beruht, der die Fahigkeit der Leber verringert, das Urobilin, das ihr aus dem Darm via dem Portalgefass zugefiihrt wird, zuriickzuhalten und zu verwandeln. Nach Adlercreutz’ Untersuchungen zu urteilen, scheint diese Funktion bei der Leber mit der Wasserumsatz-regulierenden Funktion der Leber koordiniert zu sein.

Alle meine zehn Falle weisen wahrend irgend einer Periode der Beobachtungszeit eine Urobilinurie auf, die in grosserem oder klei- nerem Masse den hochsten Urobilinuriewert der Normalkontrolle, 2.0 mg pro die, ebenso auch Heilmeyer’s und Terwen’s Normal- maximum, 3.7 mg, iiberschreitet.

Im iibrigen schwankt die Grosse der Urobilinurie stark bei den verschiedenen Fallen. Bei demselben Patienten weist sie grosse Schwankungen wahrend verschiedener Perioden auf. Dieses Verhaltnis zur Insuffizienz geht aus folgender Zusammenstellung hervor:

Bei Fall 3 und 5 ist die Urobilinurie wahrend des Hohepunktes der Insuffizienz normal. Bei Fall 3 treten wahrend der Abnahme der Insuffizienz zwei plotzliche Steigerungen bis zu 37 mg auf und haben normale Werte im Gefolge, wenn die Insuffizienz klinisch so gut wie vorbei ist. Bei Fall 5 tritt eine kurzfristige Steigerung bis zu 14 mg wiihrend der Periode auf, wo die Insuffizienz abnimmt,

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wahrend die Urobilinurie im weiteren Verlauf bei einer klinisch unbedeutenden lnsuffizienz normal ist. Bei keinem dieser Falle ver- schwindef die Stauungsleber vollig, wenn sie auch eiwas uerrinqert wird.

Die Falle 1, 6, 9, und 10 haben wahrend des Hohepunktes der Dekompensation eine massige Urobilinurie zwischen 2.0 und 7.0 mg. Bei Fall 1 und 9 ist die Verbesserung mit einer starken Urobi- linurie verbunden (bis zu 57 mg bei Fall 1 und 72 mg bei Fall 9), die auf das Normale zuruckgeht, als die Insuffizienz weiterhin abnimmt. Bei Fall 6 ist der Verlauf ungefahr der gleiche, der hochste Tageswert jedoch nur 15 mg, und wahrend der spateren Periode, die klinisch durch eine chronische Insuffizienz charakte- risiert wird, ist die Urobilinurie einigermassen normal, unter 2 mg mit einzelnen Meineren Zacken bis zu.6 mg. Auch bei Fall 10 ist die Verbesserung der Insuffizienz mit einer starken Urobi- linurie bis auf iiber 50 mg verbunden und wahrend der kurzen Beobachtungszeit sinkt der Wert auf 3 mg. Auch bei diesen Fullen verschwand die Leberstauung wdhrend des Verlaufes der Beobach- fungszeif nicht.

Bei den Fallen 4 und 7, wo die Insuffizienz wahrend der Beo- bachtungszeit allerdings successive besser wurde, jedoch einen mehr chronischen Verlauf zeigte, schwankte die Urobilinurie unre- gelmassig zwischen Perioden mit normalen Verhaltnissen und Stei- gerungen bis zu 19 mg. Die Lebersfauung ging auch bei diesen Fall en nicht uor uber.

Bei Fall 8 schwankt die Urobilinurie zu Anfang der Beobach- tungszeit, wahrend die lnsuffizienz abnimmt - zwischen 2 und 11 mg - und hat daraufhin eine standige Tendenz, auf normale Werte zuriickzugehen, als es dem Patient besser geht. Bei eintretender Verschlimmerung am Ende der Beobachtungszeit tritt keine Stei- gerung der Urobilinurie ein. Die Konsistenz der verqrosserten Leber wird weich, als die iibrigen Insuffizienzsympfome verschwinden, am Ende der Beobachtungszeit wird sie wieder hurter.

Bei Fall 2 endlich liegt die Urobilinurie wahrend der ganzen Beobachtungszeit an der Normalgrenze, hat aber eine Tendenz fur niedrigere Werte wahrend der insuffizienzfreien Zeit. Die Leber isf zu Anfang vergrossert, spaterhin nichf nachweisbar, die Sekiion zeigt jedoch eine Sfauung.

Wie aus dieser Zusammenstellung hervorgeht, steht die G r o w der Urobilinurie weder zum Insuffizienzgrad noch zur Leber-

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stauung in irgend einem direkten Verhaltnis. Allen Fallen gemein- Sam aber ist, dass die Urobilinurie wahrend des Hohepunktes der Insuffizienz normal oder leicht gesteigert ist und wahrend der Verbesserung eine grossere oder geringere Zunahme zeigt, wor- aufhin sie wieder auf normale oder leicht gesteigerte Werte her- untergeht. Irgend eine merkliche Einwirkung der Leberstauung kann nicht gespurt werden. Dementsprechend haben die Falle 3 und 5 normale Urobilinurie, wahrend die Leberstauung am aus- gepragtesten ist, und in allen Fallen persistiert die Leberstauung, wahrend die Urobilinurie diese Schwankungen durchmacht. Bei den Fallen 6 und 8 tritt keine Steigerung der Urobilinurie bei zunehmender Insuffizienz und Leberstauung ein und bei den Fallen 4 und 7 wiederum wechseln Perioden von normaler mit solchen gesteigerter Urobilinurie, ohne dass entsprechende Schwankungen in der Leberstauung nachgewiesen werden konnen.

Es scheint also offenbar zu sein, dass die Leberstauung den dominierenden Faktor bei der Enfsfehung uon Urobilinuri ebei Herz- insuffizienz nicht ausmachf, wenn auch ihre Rolle als ein mitwir- krnder Faktor nicht ubersehen werden soll.

Ware die Urobilinurie mit dem Wasserumsatz koordiniert, so niusste man irgend eine Art Parallellitat zwischen der Diurese und der Urobilinurie elwarten. Aus Adlercreutz Versuch ging hervor, dass, wenn eine Person rnit einem kompensierten Herzfehler inner- lialb kurzer Zeit ein grosseres Quantum Flussigkeit einnahm, d. h. uwasserbelasteto wurde, diese Belastung eine pathologisch gestei- gerte Urobilinurie im Gefolge hatte. Adlercreutz ist geneigt zu glauben, dass diese Urobilinurie letzten Endes durch eine latentr Insuffizienz mit gestorter Leberpartialfunktion bedingt wird, wobei der Zusammenhang zwischen Urobilinurie und Wasserbelas- tung damit erklart wird, dass die Partialfunktionen der Leber vis-A-vis dem Urobilin und Wasserumsatz koordiniert seien.

Eine Prufung meiner Falle ergibt jedoch keine sicheren Anhalts- punkte fiir diese Erklarung.

Bei Fall 1 ist allerdings eine starke Steigerung der Diurese (Salyrgan!) bis zu 5675 mit einer Urobilinsteigerung auf 19 mg am gleichen Tage und 32.0, 53.0 und 31.0 mg an den folgenden Tagen verbunden, mit Riickgang auf 0.7 mg am darauffolgenden Tage. Hierauf folgt jedoch eine neue Steigerung bis zu 34.0 und 33.0 bei einer Diurese zwischen 550 und 600. Als die Diurese danach steigt,

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sinkt die Urobilinurie bis auf unter 1. Eine erneute Salyrgandiurese von 3100 und 1325 steigert die Urobilinurie nicht uber 1 mg.

Bei Fall 3 kommt eine Steigerung der Urobilinurie vor der Steigerung der Diurese vor, bei Fall 6 sind wiederholte grossere (Salyrgan-) Diuresen nur in Ausnahmefallen mit gesteigerter Uro- bilinurie koordiniert, bei den Fallen 2 und 8 scheint die Urobilin- urie vollig unabhangig von der Diurese zu verlaufen. Ebenso wenig kann man in den ubrigen Fallen irgendein regelmassiges Verhaltnis zwischen der Flussigkeitsausscheidung und Urobilinurie beobachten. Die Details gehen am besten aus den Kurven hervor. Weiterhin kann noch einmal hervorgehoben werden, dass in samt- lichen Fallen wahrend der ganzen Zeit Leberstauung vorhanden war.

Wenn auch bei vielen der Falle die grosste Urobilinurie in gewis- sem Masse mit der Zeit fur das Verschwinden der odeme wahrend gesteigerter Diurese zusammenfallt, zeigt doch das ebenerwahnte Missverhaltnis zwischen der Diurese und Urobilinurie, dass eine intimere Koordination zwischen dem Wasserumsatz und Urobilin- stoffwechsel in diesen Fallen nicht vorliegt und dass der Wasser- umsatz zum mindesten keine dominierende Rolle bei der Entste- hung von Urobilinurie bei Herzinsuffizienz spielt.

Periode I Periode I1 Periode 111 Fall X U . H.U. St.U. H.U. St.U. H.U. 1 77 10.6 215 22.2 105 2.0 2 140 2.5 100 2.0 3 100 9.0 200 11.0 85 2.1 4 90 2.5 180 5.0 165 3.5 5 200 3.5 130 0.6 6 150 4.9 200 5.0 125 1.3 7 160 2.9 195 3.2 8 80 5.5 150 6.5 52 3.3

In obiger Tabelle wurden die mittleren Werte fur die im Harn (H. U.) resp. im Stuhl (St. U.) bei den verschiedenen Fallen pro die ausgeschiedenen Urobilinmengen zusammengestellt, wobei die Beobachtungszeit in Perioden mit Hinhlick auf die Grosse der Urobilinmenge im Stuhl eingeteilt wurde.

Die Priifung der Tabelle zeigt, dass die Urobilinurie bei den einzelnen Fallen in Proportion zum Stuhlurobilin steht, sodass sie wahrend der uerschiedenen Perioden bei hoherem Stuhlurobilin gros- ser resp. bei kleinerem geringer ist. Z. B. hat Fall 1 bei einem Stuhl-

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urobilin von 77 mg eine Urobilinurie von 10.6 mg, wahrend bei einem Stuhlurobilin von 215 mg die Urobilinurie doppelt so gross ist (22.2 mg). Bei den iibrigen Ftillen sind die Unterschiede nicht so markant, wohl aber eindeutig.

Mit Hinblick auf den Grad der Insuffizienz fallt die in der Tabeiie angewandte Periodeneinteilung im grossen und ganzen mit der in der Beschreibung der Ftille befolgten Einteilung zusammen. Eine Priifung der Kurven derjenigen Falle, wo Totalurobilinbestimmun- gen gemacht wurden, zeigt auch, dass die Steigerung der Urobili- nurie mil der gesteigerten Totalurobilinausscheidung, die mit dem Verklingen der Insuffizienz und Retikulozytose verbunden ist, zuzam- menfallt oder ihr unmittelbar vorangehi.

Heilmeyer gibt in einer Tabelle die Resultate von gleichzeitigen Stuhl- und Harnurobilinbestimmungen bei einer Normalperson wieder. Die mittleren Werte von 7 4 Tagesperioden sind folgende:

St.U. H.U. 110 1.05 1 20 2.07 209 3.65 120 1.28 205 2.42

Auch in diesem Normalfall steht also die Urobilinurie in Propor- tion zum Stuhlurobilin. In meinem eigenen Normalfall kann die gleiche Tendenz beobachtet werden, obwohl die Unterschiede sehr kleine sind:

St.U. H.U. 100 0.8 75 0.7 75 0.7

Das Verhaltnis zwischen der Urobilinquantittit im Harn und Stuhl schwankt bei Normalfiillen zwischen 1: 56 und 1: 125, bei Fallen mit Herzinsuffizienz zwischen 1: 7 und 1: 217. Adler uiid Sachs legen grosses Gewicht auf diese Quote und geben an, dass sie normaliter zwischen 1: 10 und 1: 35 schwankt (wenn die Urobilin- bestimmungen laut Adler's Modifikation von Schlesinger's Methode ausgefiihrt werden). Eine Steigerung der Quote, d. h. eine propor- tionell grossere Menge Urobilin im Harn, ist laut Adler eine Zeichen fur Leberschaden.

Bei Animien mit gesteigerter Htimolyse kommt wie bekannt eine pathologische Urobilinurie vor und dabei ist die Adlersche Quote nie-

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drig, d. h. der Stuhl ist proportionell urobilinreich. Bei vielen dieser Anamien fehlen die Symptome fur Leberschaden. Die Erklarung fur die Urobilinurie sieht man in der von der Hamolyse bedingten Zunahme des Urobilins im Darm. Man hat unter dieser Erklarung verstanden, dass die Leber das aus dem Darmuberschussig zuge- fuhrte Urobilin nicht zu bearbeiten vermag.

Die Parallellitat zwischen der Grosse der Urobilinurie und Hamolyse bei Herzinsuffizienz wurde also zu der Annahme berech- tigen, dass die pathologische Urobilinurie bei Herzdekompensa- tion ganz und gar von der gleichzeitig gesteigerten Hamolyse oder mit anderen Worten von einer wrelativen Leberinsuffizienzw bedingt ist. Diese einseitige Erklarung erscheint jedoch unwahrscheinlich. Glaubhafter ist, dass auch die storende Wirkung der Stauung auf die Partialfunktionen der Leber vis-a-vis dem Wasser- und Urobi- linstoffwechsel auf die Urobilinurie einwirkt.

So kann man sich denken, dass die Stauung der Leber dieses Organ fur eine gesteigerte Hamolyse, d. h. eine gesteigerte Urobilin- zufuhr, empfindlicher als normal macht. Eine normale Leber lasst bei normaler Hamolyse nur eine unbedeutende Menge des Urobilins durch, das ihr aus dem Darm zugefuhrt wird, hat aber wahrschein- lich die Fahigkeit, wenn die Verhaltnisse es erforderlich machen, auch eine grossere Menge Urobilin zu bearbeiten und somit die Ent- stehung einer pathologischen Urobilinurie zu verhindern. Bei der Stauungsleber liegf der Schwellenwert verrnutlich fiefer. Wahrend des Verlaufes der Insuffizienz wo die Hamolyse infolge der Retikulozy- tose etwas gesteigert ist, was auf einen gesteigerten Blutstoffwechsel hinweist, ist die Leber zeitweise, jedoch nicht immer, imsfande, das rugefuhrte Urobilin zu bearbeiien. Wenn aber die Retikulozytose verklingt und die Hamolyse weiterhin zunimmt, wird der Schwel- lenwert der Leber f u r Urobilin uberschritfen und eine Steigerung des Urobilins tritt ein.

Wenn man annehmen wollte, dass die Urobilin- und Wasser- stoffwechselfunktionen koordiniert sind, so ware es auch denkbar, dass die gesteigerte Inanspruchnahme der letztgenannten Funk- tion bei dem Ausspulen der odeme zu einer Vergrosserung der Urobitinurie beitragen kann. Man muss aber auch Rucksicht auf die Adgglichkeit nehmen, dass das Urobilin, das wahrend der Insuf- fiziend in der vergrosserten Leber aufgespeichert wurde, auf rein mechanischem Wege ausgespult wird.

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Zusammenfassung . 1. Bei 10 Fallen von Herzinsuffizienz wurde der Blutstoff-

wechsel durch Retikulozytenzahlung, Blutvolumenbestimmung, Blutkorperzahlung, Hamoglobinbestimmung, Serumfarbebestim- mung und Bestimmung der totalen Urohilinausscheidung studiert. Ausserdem wurde die Urobilinurie studiert,

2. Als hauptsachliche Resultate der Untersuchungen konnen angefiihrt werden:

Wahrend der Insuffizienz ist eine echte Retikulozytose vorhan- den, die bei eintretender Kompensation verklingt. Das Verklin- gen der Retikulozytose ist mit einer gesteigerten Totalurobilin- ausscheidung verbunden.

Der Blutstoffwechsel bei Herzinsuffizienz ist mit anderep Wor- ten durch. eine gesteigerte Neubildung wahrend der Insuffizienz und eine gesteigerte Hamolyse wahrend des Verklingens der Insuf- fizienz charakterisiert.

Die wahrscheinlichste Ursache zu diesen Blutstoffwechscl- verschiebungen ist die Anoxamie.

3. Die Urobilinurie bei Herzinsuffizienz zeigt eine derartig grosse Parallellitat mit der Urobilinausscheidung im Stuhl, dass es glaubhaft erscheint, dass die Hamolyse einen dominierenden Faktor bei der Entstehung der Urobilinurie bei Herzinsuffizienz ausmacht.

Literatur.

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