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Anders produzieren und essen für Gerechtigkeit im Klimawandel Nr.1 | 2015 Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden © ACT alliance / Paul Jeffrey

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Das «contigo» sind die Mitteilungen der evangelischen Werke für Kirchgemeinden. Die Herausgeberschaft setzt sich zusammen aus: Mission 21, Brot für alle, Heks und die kantonalkirchlichen OeME-Fachstellen. Mission 21 stellt in ihrem Werkteil ausgewählte Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika vor, porträtiert ökumenische Mitarbeitende, stellt zum Beispiel ihre Herbstkampagne vor und weist auf Veranstaltungen oder Dienstleistungen für Kirchgemeinden hin. Das «contigo» erscheint viermal im Jahr (März, Juni, September, Dezember) und ist gratis.

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Anders produzieren und essenfür Gerechtigkeit im Klimawandel

Nr.1|2015Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden

©ACTalliance/PaulJeffrey

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INHALT contigoMitteilungen der evangelischenWerke für die KirchgemeindenHerausgegeben von Brot für alle,HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen

Erscheint viermal jährlich im März, Juni,September und Dezember

ISSN 1660-3788

Brot für alleBürenstrasse 12, Postfach 1015, 3000 Bern 23Tel. 031 380 65 65, Fax 031 380 65 64Mail: [email protected], Web: www.brotfueralle.chSpendenkonto: 40-984-9

HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen SchweizSeminarstrasse 28, Postfach, 8042 ZürichTel. 044 360 88 00, Fax 044 360 88 01Mail: [email protected], Web: www.heks.chSpendenkonto: 80-1115-1

Mission 21 – Evangelisches Missionswerk BaselMissionsstrasse 21, 4009 BaselTel. 061 260 21 20, Fax 061 260 21 22Mail: [email protected], Web: www.mission-21.orgSpendenkonto: 40-726233-3

OeME-Fachstellen der KantonalkirchenWeb: www.oeme.ch

RedaktionMichael Schlickenrieder (ms), Mission 21Peter Dettwiler (ped), OeMEOlivier Schmid (os), HEKSUrs Walter (uw), Brot für alle

RedaktionsleitungUrs WalterTel. 031 380 65 71Bürenstrasse 12,Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]

Adressänderungen und AbonnementsverwaltungAdministration Brot für alleBürenstrasse 12,Postfach 1015, 3000 Bern 23Mail: [email protected]. 031 380 65 65Fax 031 380 65 64

Layoutgrafik.trieb, 2560 Biel

Druckrubmedia, 3084 Wabern

Titelbild: Ann Sout freut sich über ihre ersten Ferkel. Dankeinem Hilfsprojekt der kambodschanischen OrganisationLife with Dignity hat sich die Ernährungslage in ihremkleinen Dorfes verbessert. uw

Rückseite: Genügend Essen und die Möglichkeit zumSchulbesuch öffnen den Mädchen aus dem kleinen Dorfbei Medina, Dominikanische Republik, den Weg zu mehrChancen für ihre Zukunft. uw

DOSSIERS4–9 Die Landwirtschaft darf kein Klimakiller sein

Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ernähren die Welt. Mit meist nachhaltigenMethoden erarbeiten sie rund drei Viertel der Gesamtproduktion. Zunehmendwerden sie von riesigen monotonen Plantagen der Agroindustrie verdrängt, diemit grossem Einsatz von Herbiziden wirtschaften. Der hohe Fleischkonsum ver-schärft die Entwicklung. Auf dem Bild Chey Pen aus Boeung Pram, einemDorf inBatambang, Kambodscha mit frisch geerntetem Reis. uw

©ACTalliance/PaulJeffrey

BROT FÜR ALLE

S10 – Ökumenische Kampagne 2015: Film «Vom Fluch der Soja»S11 – Eine Hühnerzucht, die das Klima schont, ist möglichS13 – Partnerorganisation Silnorf hilft imKampf gegen Ebola

HEKS

S14 – Haiti: Neue Schulhäuser helfen vielen KindernS16 – Projekt AltuM – Alter undMigration –

verbessert Gesundheit und VorsorgeS17 – Winterhilfe für Flüchtlinge imNahen Osten

MISSION 21

S18 – Perspektiven für den SüdsudanS19 – AlphabetisierungsprogrammAlfalit in den Anden PerusS20 – Mission 21 besucht Partnerkirche in Nigeria

HINWEISE UND MEDIENTIPPS

S22 – Agenda und NachrichtenS23 – Bücher- und Filmtipp

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das Klagegebet der Inselbewohner noch lauter: «Wir

weinen, Herr, weinen Meere von Tränen, weil unser ge-

liebtes Meer ansteigt und uns überschwemmt».

Das scheint uns weit weg - was geht es uns an? Und

wie können wir Politiker zum Handeln bewegen? An

einer Tagung, die Brot für alle 2008 zu den Auswir-

kungen des Klimawandels auf den globalen Süden

durchführte, meinte der damalige Bundesrat Moritz

Leuenberger: «Die Verantwortung für die Erde als

Ganzes ist bei den meisten Menschen nur aufgrund

vernünftiger Überlegungen herbeizuargumentieren».

Wer moralische Appelle nicht mag: Es ist einfach klug,

vorausschauend zu handeln. Das belegen die Beiträge

im Dossier dieses Heftes. Und mit den Kampagnen

der drei Werke erhalten Sie als Einzelne und als Kirch-

gemeinden Anregungen, was wir tun können: Projek-

te unterstützen, Klimapetition unterschreiben, einen

haushälterischen Lebensstil pflegen.

«Raubbau rächt sich»,

pflegte meine Grossmutter

zu sagen. Sie meinte die

Gesundheit. Ich hatte das

damals nicht wirklich ver-

standen. Es klang so mo-

ralisch wie «du brauchst

genug Schlaf!». Viel später

ging mir auf, wie wahr der

Ausspruch ist. Und dass er

sich auch auf den Gesund-

heitszustand unseres Pla-

neten Erde beziehen kann.

Dazu hat der Satz von Su-

san George in der Brot für

alle-Agenda von 1990 sich mir eingeprägt: «Die Natur

schlägt zurück, mit Zins und Zinseszins».

Schon 1983 riefen die Delegierten aus dem Pazifik-

raum an der 6. Versammlung des Ökumenischen Rates

der Kirchen in Vancouver zur Bewahrung der Schöp-

fung auf. Gut dreissig Jahre später in Korea 2014 war

EDITORIAL

Raubbau rächt sichBeat Dietschy, Zentralsekretär Brot für alle

Die Leiterin und Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.

©Brotfüralle

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Pünktlichkeit und Terminplanung gehören nicht zu den

hervorstechendsten Eigenschaften, die ich mit den

meisten afrikanischen Menschen, die ich kenne, ver-

binde. Uhr und Kalender haben für viele eher relative

Bedeutung.

Auf dem Land in Kamerun scheint die gelebte Zeit wich-tiger als diejenige, die von Zeitmessern diktiert wird. MeineSkepsis ist denn auch eher gross, als die Menschen in Kame-run mir nach monatelanger Trockenzeit versichern: «Am 15.März kommt der Regen.»

Ichwill nicht unhöflich sein undwiderspreche nicht, aberder Zweifel muss an meinem Gesicht ablesbar sein, denn dieBeteuerung lässt jeweils nicht lange auf sich warten: «Wirk-lich! Am 15. März kommt der Regen.» Meine Verblüffungist umso grösser, als am 15. März der Himmel sich wie be-stellt entlädt und ein erster kräftiger Regenguss den Staub der

vergangenen Monate abwäscht. Der Boden nimmt das Nassgierig auf, und nach weiteren Regenschauern in den darauffolgenden Tagen spriesst überall das Grün auf den Äckern.Die Frauen haben vorausschauend gesät und gepflanzt. Fürsie war klar: «Am 15. März kommt der Regen.»

Ungewissheit mit FolgenSowar dasMitte der 90er-Jahre imwestafrikanischenKa-

merun. Heute, zwanzig Jahre später, klingt es anders. Kaumjemand wagt noch mit Gewissheit vorherzusagen, wann derRegen kommt, ob er überhaupt kommt und ob er nicht ge-nauso schnell wieder geht. Der Klimawandel ist eine Realitätin Kamerun wie in vielen Ländern des globalen Südens. Einebittere Realität, die vor allem die Menschen auf dem Landspüren. Junge Menschen treibt es aufgrund mangelnder Zu-kunftsperspektiven vom Land in die Städte – oder gleich alsWirtschaftsflüchtlinge ins ferne Europa. Nicht wenige be-zahlen die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeerin wackligen Booten mit ihrem Leben. Andere, die es mit vielGlück schaffen, fristen einwenig erquickliches Leben in Euro-pas Asylzentren. Dort gelten für sie wieder Uhrzeit und Ka-lender, vor allemwenn es um Fristen und Termine geht.

Die Zeit drängt, denn der Klimawandel ist längst Realität– das Bewusstsein dafür ist auch in der Politik angekommen.Der Verhandlungspoker an den internationalen Klimakon-ferenzen läuft auf Hochtouren. Doch Klimagerechtigkeitdarf kein Glücksspiel wie Poker sein, bei demVerhandlungs-geschick, Kaltblütigkeit und Pokerface die ausschlaggeben-den Kriterien sind.WelcheMassstäbe sollen uns dann leiten,wenn es um Klimagerechtigkeit geht? Wie muss eine christ-lich motivierte Ethik des Klimawandels aussehen?

Drei ethische GrundfragenDrei Fragen sind dafür zu klären: Die Fragen nach dem

Wer,Was, undWie.

Wer sitzt am Verhandlungstisch?Unsere Ethik ist immer noch für den Nahbereich ausge-

legt – für die Ich-Du-Beziehung. Christliche Ethik ist für den

DOSSIER

ETHIK UND KLIMAWANDEL

Am 15. März kommt kein Regen mehrSiegfried Arends*

Ist das gerecht? Grossindustriell bearbeitete Soja-Monokulturen (Hintergrund) belasten die

angrenzenden Felder der Kleinbauern: Adao da Silva steht vor seinen wegen des Sojagiftes

abgestorbenen Pfefferpflanzen.

©Brotfüralle/LottiundJosefStöckli

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Mikrobereich. Eine Ethik des Klimawandels muss sich aberim Makrobereich globaler Zusammenhänge bewähren. DieEthik muss sich sozusagen globalisieren. Die ÖkumenischeKampagne von Brot für alle, Fastenopfer und Partner seinwill dafür sensibilisieren: Mein ökologischer Fussabdruck(konkret: mein Konsumverhalten, mein Fleischkonsum)entscheidet mit darüber, ob am 15. März die Regenzeit inKamerun beginnt oder nicht.

Es geht also um eine Erweiterung unseres Verantwor-tungsbereichs. Christliche Ethik meint aber nicht, andere zuObjekten unserer karitativen Gefühlsregungen zumachen. Siesind ebenso Subjektemit ihrer eigenen legitimen Rolle imVer-handlungsprozess. Bleibt die Frage, wer überhaupt an denVer-handlungen zurBegrenzungdesKlimawandels teilnimmtundwessen Stimme wie viel Gewicht hat? Wie werden die Interes-sen der Bäuerin vertreten und gewahrt, die gesät und gepflanzthat, und nun am 15.März vergeblich auf den Regenwartet?

Gerechtigkeit, auch Klimagerechtigkeit, ist aus biblisch-theologischer Perspektive immer ein Beziehungsbegriff. Esgeht um gerechte Beziehungen, um adäquate Teilnahme ander Lebensgestaltung. Es geht um das «Recht, Rechte zu ha-ben» (Hannah Arendt) von denjenigen, die bislang keineRechte geltendmachenkonnten.Die von rund50Organisatio-nen getrageneKlimapetition hat genau das zumZiel: die Stim-meder vomKlimawandel Betroffenen zuverstärkenund ihrenberechtigten Anliegenmehr Gewicht zu geben (siehe Seite 6).

Um was geht es bei den Klimaverhandlungen?Es geht um Gerechtigkeit – einem Grundmotiv der jü-

disch-christlichen Tradition! Im Hinblick auf das Klimathe-

mabedeutet dies vor allemdieAnerkennungder «historischenSchuld» der Industriestaaten. Als die grössten VerursachermüssendieseLänderVorreiter imKlimaschutz sein.Das ist einGebot der Fairness – so lautet der sportlicheName fürGerech-tigkeit. Nötig sind ambitioniertere CO2-Reduktionsziele undein grösseres finanzielles Engagement für denKlimafonds, derdazu dient, die Schäden des Klimawandels aufzufangen. BeideForderungen sind in der Klimapetition enthalten.

Wie ist der Wandel weg vom Klimawandel zu schaffen?Um den Wandel weg vom Klimawandel zu schaffen,

braucht esmehr als politische Forderungen allein. Es brauchteinen Mentalitätswandel, einen grundsätzlichen Gesin-nungswandel. Manche sprechen von der grossen Transfor-mation. Aber auch Transformationen beginnen immer imKleinen. Was bewegt uns, unser Verhalten tatsächlich zuverändern, nachhaltiger zu leben, anders und weniger zukonsumieren? Nötig ist auch ein spiritueller Impuls: Wer dieSchöpfung erlebt als ein uns anvertrautes Geschenk, gehthoffentlich anders mit ihr um, sorgsamer. Wer im Mitmen-schen die Züge des Ebenbildes Gottes erkennt, wird achtsa-mer für seine oder ihre Rechte – und kämpferischer.

Vielleicht liegt hier die grösste Herausforderung, sichwieder zu erinnern an die alte Verheissung: «Solange dieErde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost undHit-ze, Sommer und Winter, Tag und Nacht» (Gen 8, 22). Damites am 15. März wieder regnet in Kamerun.

*Siegfried Arends ist Leiter des Fachbereichs Bildungund Theologie bei Brot für alle.

Industrialisierung und Massenkonsum haben zum Klimawandel geführt. Doch die Folgen belasten in grossem Masse die Bäuerinnen und Bauern im Süden: Es braucht mehr

Gerechtigkeit im Klimawandel.

©HEKS/ChristianBobst

DOSSIER

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als Bewässerung angewiesen ist, im Jahr 2020 nur noch halbso viel ernten können wie heute. 2020 ist in fünf Jahren. Bisins Jahr 2050wird bereits der gesamte afrikanischeKontinentunter den Folgen der Klimaerwärmung leiden. In Südasienbedroht er die Reisproduktion und weltweit prognostiziertderWeltklimarat eine nur noch halb so grosseWeizenernte.

Opfer und Täter gleichermassenKein Zweifel: Die Landwirtschaft ist Opfer des Klima-

wandels. Doch sie ist auch «Täterin»: Über 30 Prozent dervon Menschen erzeugten Treibhausgase gehen auf ihr Kon-to. Und dies bei weitem nicht nur, weil Kühe so viel Methanrülpsen, wie oft betont wird. Wenn Wälder gerodet undHochmoore trockengelegt werden, um neues Ackerlandzu gewinnen; wenn aus Erdöl produzierter Kunstdüngermassenhaft auf die Felder ausgebracht wird; wenn schwe-re Maschinen den Boden umpflügen und Pflanzengifte ausFlugzeugen versprüht werden, dann ist die LandwirtschaftKlimakiller Nummer eins. Und nach der Ernte folgt nochmehr Klimabelastung: Weitere 10 Prozent der Treibhausga-se gehen auf Verarbeitung, Transport, Kühlung, Erhitzung,Zubereitung und Entsorgung von Lebensmitteln zurück. Be-sonders belasten die Produktion und der Konsum vonRind-,Schweine- und Poulet-Fleisch. Das Fleisch auf unseren Tel-lern verursacht 80 Prozent der direkten Emissionen aus derLandwirtschaft. Umso schlimmer, dass im Durchschnitt einDrittel aller Nahrungsmittel im Abfall landet.

Genug Essen trotz KlimawandelDoch Landwirtschaft ist nicht gleich Landwirtschaft. Das

Gros der Lebensmittel, etwa 70 Prozent, wird noch immervon Bäuerinnen und Bauern in Handarbeit und mit traditi-onellem Wissen hergestellt – ohne Agrarchemie, grosse Be-wässerungsanlagen oder schwereMaschinenunddenEinsatzvon viel Erdöl. Aber auch wenn diese meist kleinen Betriebein der Regel klimafreundlicher produzieren als grossflächi-ge Monokulturen, sind sie den Folgen des Klimawandels oftschutzlos ausgeliefert. In Entwicklungsländern kommt keinStaat für den Verlust der Ernte durch Überschwemmun-gen auf, und private Versicherungen sind viel zu teuer. Wer

DOSSIER

Industrielle Landwirtschaft ist die Hauptverursacherin

des Klimawandels. Das gefährdet die globale Ernäh-

rungssicherheit. Setzt die Landwirtschaft vermehrt

auf ökologische Anbaumethoden und kleinbäuerliche

Betriebe, kann sie Teil der Lösung werden.

Was braucht eine Pflanze zum Wachsen? FruchtbarenBoden, Wasser, Sonne und Wärme – und das alles in derrichtigen Menge, im richtigen Verhältnis und zur richtigenZeit. Genau dieses Gefüge bringt der Klimawandel aberdurcheinander. Massiv und langfristig. Es ist zu heiss, esist zu trocken, dann wieder regnet es zu viel, zu heftig undzum falschen Zeitpunkt. Die Auswirkungen auf den Anbauvon Grundnahrungsmitteln wie Reis,Weizen undMais sinddramatisch. Die globale Ernährungssicherheit ist in Gefahr,und vielenMenschen droht Hunger oder Mangelernährung.

Das belegt der Weltklimarat in seinem «vierten Sach-standsbericht1». In einigen afrikanischen Ländern dürfte diegrosse Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern, die auf Regen

ESSEN UND KLIMA

Zu viel Fleisch auf dem Teller heizt Klima aufTina Goethe*

Petition für KlimagerechtigkeitBäuerliche Betriebe in Entwicklungsländern leiden besonders

unter den Folgen des Klimawandels. Sie müssen sich anpassen,

doch das kostet viel Geld. In einer Petition an Bundesrätin Doris

Leuthard fordert die Klima-Allianz, dass die Schweiz sich an der

Finanzierung dieser Anpassung angemessen beteiligt. Sie gehört

als Industrieland auch zu den Verursachern der Klimaerwärmung.

Gerechtigkeit im Klimawandel lautet die Devise. An der Klima-

konferenz Ende November 2015 in Paris soll die Schweiz mit

ambitionierten Klimaschutzzielen die Verhandlungen für ein neues

globales Klimaabkommen vorantreiben. uw

Hinter der Klimaallianz stehen über 50 Organisationen, darunter Brot für alle und HEKS.www.klima-allianz.ch oder www.sehen-und-handeln.ch/petition

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bereits am Rand des Existenzminimums lebt, steht schnellvor dem Nichts. Kleinbauernfamilien brauchen darum drin-gend Unterstützung, um ihre Betriebe und die Produktionfür die eigene Familie und den lokalen Markt zu entwickeln,umVerarbeitung und Vermarktung zu verbessern.

Bewährte Alternativen bestehenUm sich gegen die Risiken des Klimawandels zu wapp-

nen, schöpfen schon jetzt viele Kleinbetriebe aus dem reichenFundus der ökologischen Landwirtschaft. Sie experimentie-ren mit lokalen Saatgutsorten, die sie an die veränderten Re-genzeiten anpassen. Sie pflanzenObstbäume, die gleichzeitigSchatten spenden, den Boden vor dem Austrocknen schüt-zen und Vögeln Platz bieten, welche wiederum Schädlingefressen. Und die dem Boden mit ihren Wurzeln Halt geben,damit er nicht mehr so einfach weggeschwemmt werdenkann. DasHegen und Pflegen des fruchtbaren Bodens ist dasA und O einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Vielfäl-tige Fruchtfolgen und Gründüngung sind längst bekannteMethoden, ebenso wie dieWiedervereinigung vonAckerbauund Viehzucht in ganzheitlichen Betrieben. All das hilft, umdie Landwirtschaft vomKlimaopfer und der Klimasünderinzur Klimaschützerin zu machen.

Was so banal und selbstverständlich klingt, ist es leiderlängst nicht mehr. Denn der Wachstumsdruck fördert eineLandwirtschaft, die so schnell und so viel wie möglich mitmöglichst wenig Arbeit produzieren soll. Dafür werden na-

türliche Kreisläufe in Einzelteile zerlegt und einer industri-ellen Logik unterworfen. Die Handelspolitik der Staaten, diePreispolitik von Lebensmittelkonzernen und die Einkaufs-politik der Supermärkte sowie unser Konsumverhalten ver-stärken diese Ausrichtung. Nurwennwir sie ändern, könnenbäuerliche Betriebe gesunde Lebensmittel herstellen, die Ar-tenvielfalt erhalten, dem Klimawandel entgegenwirken undein Leben inWürdemit ausreichendemEinkommen führen.

Beim täglichen Einkauf und als Bürgerin und Bürgerkönnen sich alle für verbesserte Rahmenbedingungen enga-gieren. In Biel zum Beispiel setzen sich verschiedene Grup-pen mit einer Initiative für gesunde Ernährung in den Kan-tinen von Schulen undHeimen dafür ein, dass regionale undsaisonale Lebensmittel auf den Tisch kommen. Parteien wiedie Grünen fordern mit der «FairFood»-Volksinitiative, dassauch für importierte Lebensmittel ökologische und sozialeProduktionsstandards gelten müssen.

Dies sind ermutigende Beispiele für Veränderungen,die über den eigenen Tellerrand Privater hinausgehen undeinen wichtigen Beitrag für Klimagerechtigkeit und genugzu essen für alle bedeuten.

*Tina Goethe ist Teamleiterin des Bereichs «Recht auf Nahrung»bei Brot für alle.

1www.ipcc.ch/publications_and_data/publications_and_data_reports.shtml

Soja, Soja, Soja – nicht nur im Mato Grosso verdrängen endlose Monokulturen die kleinen Parzellen der lokalen Bevölkerung und die vielfältige Wald- und Savannenlandschaft.

©Brotfüralle/LottiundJosefStöckli

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«Anpassung ist nötig, doch wie vorgehen?», frägt JuliaJawtusch am Klimaworkshop von Brot für alle in Pella (vgl.Kasten). Unter ihrer Anleitung zeichnen die Teilnehmendendie grössten Naturgefahren für ihr Dorf und seine Umge-bung auf Karten ein. Auf Kalendern halten sie fest, wie sichdas Klima, aber auch soziale Gegebenheiten in den letzten

Jahren verändert haben. Und sie be-nennen die Lebensbereiche, die durchden Klimawandel am meisten betrof-fen sind. Dabei arbeiten Frauen undMänner getrennt, denn sie sind ganzunterschiedlich betroffen. Die Män-ner, die ihre Tiere oftmals in Flussnä-he weiden lassen, fürchten die Über-schwemmungen. Für Frauen, die zuHause zu Kindern und Garten schau-en, sind die Sandstürme schlimmer.Sie betonen zudem soziale Problemewie hohe Jugendarbeitslosigkeit undder damit verbundene Drogen- undAlkoholmissbrauch.

Hitze wird unerträglich«Früher haben sich Regen und Tro-

ckenheit hier in Pella abgewechselt»,erinnert sich Beukes. «Seit ein paar Jah-ren ist es nur noch trocken. Es regnetfast nie. Und die Hitze ist viel schlim-mer geworden. Tagsüber ist es draussenoft fast nicht auszuhalten.» Auch die

Tiere des Kleinbauern leiden unter der Hitze. Von August bisMitte Oktober wollen sich die Tiere gar nicht mehr bewegen.Auch wachse wegen der Trockenheit das Gras viel schlechter.Zudem beobachtet Beukes: «Überall wächst jetzt das ‹sau-re Gras›. Das können sogar die Ziegen nicht fressen, und esschneidet ihnen die Füsse auf. Das gibt wüste Entzündungen.Auch die Schakale und die Paviane finden kein Futter mehrund greifen jetzt sogar unsere Ziegen an. Ich habe schon eini-ge Tiere auf dieseWeise verloren.»

Eine Ziege stirbt in Südafrika, weil sie kein Gras

mehr findet und Plastik frisst. Doch der Klimawandel

betrifft nicht nur die Bauernfamilien und ihre Tiere.

«Die Situation hat sich weltweit verschärft»,

beobachtet Afrika-Kenner Gottfried Horneber.

Weit draussen im kargen Land im Nordwesten vonSüdafrika liegt das kleine Dorf Pella. Einfache Häuser, einpaar Unterstände für die Tiere, ein paar eingezäunte Grün-pflanzen und viel Sand, dazwischen wuseln einige Hühnerund Ziegen herum. Sie sind der Stolz von Bauer WillemBeukes und seiner Frau Elisabeth. Mit Sorge beobachtet der73-Jährige, wie ihr Leben als Folge des Klimawandels immerschwieriger wird. Weniger Essen für das Paar und das ganzeDorf – aber auch für die Tiere.

SÜDAFRIKA

In Pella leiden alle unter dem KlimawandelPascale Schnyder*

«Grüne Wiesen und Felder gibt es in Pella heute nicht mehr», sagen Elisabeth und Willem Beukers. Sorgfältig hüten sie mit

ihrer Enkelin die Ziegen, damit diese nicht Plastik fressen und daran sterben.

©Brotfüralle/PascaleSchnyder

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9contigo Nr.1 |2015 DOSSIER

Niederschläge werden unberechenbar«Diese Folgen der Klimaerwärmung betreffen Millionen

von Bauern in Afrika, Asien und Lateinamerika», beobach-tet Gottfried Horneber. Er ist seit vielen Jahren in Afrika alsBerater tätig und führt für Brot für alle und mit lokalen Or-ganisationen Klimaworkshops durch. «Niederschläge sindwesentlich unberechenbarer geworden. Früher konnten dieBäuerinnen und Bauern den Zeitpunkt für die Saat voraus-sehen undmit einer sicheren Ernte rechnen. In vielen Regio-nen gibt es auch mehr Starkregen.» Die Berechenbarkeit fürdie Niederschläge fehle heute, zieht Horneber als Fazit. «ImDurchschnitt hat sich die Lage überall verschärft. Die Regen-zeiten sind durcheinandergeraten:Mangobäume blühen ent-lang des Aequators drei Monate früher als zuvor.»

«Meine Ziegen weiden beim Cousin»ImGegensatz zu denmeisten Jungen in Pella ist Terrence

Boysen gerne Bauer. Der 23-Jährige lebt mit derMutter, zweiSchwestern und dem behinderten Bruder zusammen. Nebendem Haus bauen sie Luzerne, Randen, Zwiebeln und Spinatan. Hühner halten sie vor allem wegen der Eier. Acht Ziegengehören Boysen, doch nur ein Bock weidet ums Haus. «Dieanderen Ziegen sind auf der Farm bei meinem Cousin, dortregnet es mehr und das Gras ist viel besser als in Pella.»

Das hat laut Boysen grosse Auswirkungen: «In den letz-ten Jahren ist es bei uns so trocken geworden, dass es schwie-rig ist, genügend Futter zu finden für die Tiere. Viele Leutemüssen deshalb Futter kaufen oder Land von einer der gros-sen Farmen pachten. Das ist aber teuer und lohnt sich ei-gentlich kaum. Wenn es lange trocken ist, müssen viele ihreTiere verkaufen. Für eine Ziege gibt es zwischen 450 und 500Rand (rund 40 Franken).»Was Boysen besonders zu schaffenmacht, ist die Hitze. «In den letzten Jahren ist es im Sommerhier in Pella so heiss, dass du tagsüber gar nicht mehr draus-sen arbeiten kannst.»

Ideen gegen ver-rücktes Wetter erarbeitenWeshalb das Klima in ihrem Dorf verrücktspielt, wissen

Willem Beukes und Terrence Boysen so wenig wie die ande-ren Dorfbewohnerinnen und -bewohner. Darum ist es fürsie schwierig, dagegen anzukämpfen. Doch auch wenn dieMenschen in Pella den Klimawandel nicht verursachen – siemüssen sich anpassen. Dafür arbeiten Frauen und Männerin Pella und in vielen anderen Regionen zusammen. Ge-meinsam erarbeiten sie Massnahmen und Anpassungsmög-lichkeiten, um die Folgen aufzufangen oder zu mildern.

Den Viehzüchtern könnten Weidewechsel und kleinereHerden Entlastung verschaffen. Dank der intensiven Arbeitam Klimaworkshop ist aber auch allen klar, dass es neueEinkommensmöglichkeiten braucht. Der zugezogene SarelBoshoff und seine Frau Inna aus Pella haben etwas oberhalbdes Ufers des Orange River eine Ferienlodge erstellt. «Gleich

gegenüber liegt Namibia, doch Pella hat bisher vom Touris-mus wenig profitiert.» Die Black Water Mine bietet Arbeits-plätze, doch sie verschmutzt wie viele grosse Unternehmendas Wasser. Der Orange River schwemmt oft Edelsteine an.Deren Verkauf bringt willkommenes Bargeld. Eine Frau hatmit Unterstützung der lokalen Hilfsorganisation Oliven-bäume angebaut, um Olivenöl herzustellen. «Dieser Klima-workshop hat uns gezeigt, dass es Hoffnung gibt», fassen dieTeilnehmenden am Ende zusammen. Mit der lokalen Part-nerorganisation, aber auch mit Behörden und politischenParteien wollen sie weiterarbeiten. «Jetzt ist es an den jungenMenschen im Dorf anzupacken», ergänzt Beukes.

*Pascale Schnyder leitet bei Brot für alle die Redaktion des Magazins«Perspektiven» und hat im Frühjahr 2014 den Klimaworkshop in Pellabegleitet.

Frauen und Männer tragen am Klimaworkshop je getrennt die Auswirkungen der

Klimaveränderung auf ihr Leben zusammen – und erarbeiten gemeinsam Gegenmassnahmen.

Im Bild Irene Robina aus Pella.

©Brotfüralle/PascaleSchnyder

Klimaworkshops stärken die BevölkerungKlimaworkshops sind mehrtägige Veranstaltungen, die Brot für alle

seit einigen Jahren mit Partnern wie HEKS, Mission 21 oder lokalen

Organisatoren rund um die Welt durchführt. Frauen und Männer

tragen dank einem durch Brot für alle verfeinerten Vorgehen detailliert

und je für ihre Arbeiten und Lebensbereiche zusammen, wie sie

vom Klimawandel betroffen sind. Danach erarbeiten sie gemeinsam,

welche Schutzmassnahmen und Anpassungen an die Folgen des

Klimawandels ihre Lebensgrundlagen sichern könnten. uw

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ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 15

Vom Fluch der Soja

Je mehr Fleisch gegessen wird, desto mehr Land

braucht der Anbau von Soja. Dafür wird Regenwald

abgeholzt. Viele Kleinbauernfamilien verlieren ihre Le-

bensgrundlagen. Der Film zur Ökumenischen Kampa-

gne 2015 zeigt die Folgen für Menschen und Klima.

Genau hinschauen, das machen Lotti und Josef Stöck-li seit sie 1975 in Chile und später in Brasilien lebten. Baldbegannen sie Dokumentarfilme über den Alltag der Bevöl-kerung ihrer Gastländer zu machen. «Film ist immer nochdas beste Medium, um Schülerinnen und Schülern fremdeWelten nahezubringen», sagt der ehemalige Sekundarlehrer.Oder um die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsumund Klimawandel aufzuzeigen. Genau davon handelt derneuste Film des Paares, «Vom Fluch der Soja»*.

Inmitten giftiger SojaplantagenIn einem Zeitungsartikel las Josef Stöckli zum ersten

Mal, wie Soja-, Mais- und Baumwollplantagen die lokalenKleinbauern in Lucas do Rio Verde im Mato Grosso in Bra-silien um ihr Land bringen. Anfang 2014 begannen er undseine Frau zu recherchieren. Demnach verfügt der durch-schnittliche Betrieb über 6000 Hektaren, einzelne aber bis

zu 100 000 Hektaren. Da verlieren sich die verstreuten Höfeder Bauernfamilien, die im Schnitt 15 Hektaren umfassen.Schwierig war es für Stöcklis, Aussagen für den Film zu er-halten. Viele Bauernfamilien sind auf ihre Löhne als Ern-tearbeiter auf den Plantagen angewiesen. Sie haben Angst,denn viele Plantagenbesitzer, welche private Sicherheitsleutebeschäftigen, drohen und schrecken weder vor Mord- nochBrandanschlägen zurück.

DieMonokulturen, diemit viel Gifteinsatz bewirtschaf-tet werden, beeinträchtigen das Leben der Kleinbauern. Sieverlieren Ernten, Bäume und Früchte verdorren, weil derWind Chemikalien und Entlaubungsmittel auf ihre Felderträgt. Ein ehemaliger Plantagenarbeiter erzählt im Film,dass er aufgrund seiner Arbeit als «Giftmischer» heute ge-lähmt sei. Hin und wieder würden Plantagenbesitzer ge-büsst, sagen Stöcklis. Doch Justiz, Polizei und Regierungwürden mit den Grossgrundbesitzern zusammenhalten.

So breiten sich heute die Sojaplantagen aus, wo einst imMatoGrosso der wertvolleWald der trockenen SavanneCer-rado wuchs. «Einigen bringt das Reichtum», sahen Stöcklis.«Doch wir begegneten vor allem massiven Problemen fürViele». Und sie betonen: «Soziale Programme gegen Hungeroder um Kindern armer Familien das Schulgeld zu bezah-len, bekämpfen bloss Symptome. Kleinbauernfamilien unddie indigene Bevölkerung brauchen Land, brauchen Arbeit,damit sie sich selbst ein Einkommen erarbeiten können.»

Soja landet auf unserem TellerDer Film verdeutlicht an menschlichen Schicksalen den

Zusammenhang zwischen hier und dort – zwischen Kon-sumierenden in der Schweiz und den Bauernfamilien in derSavanne von Mato Grosso. «Das Fleisch auf unserem Tisch,der industrielle, hochgiftige Sojaanbau und die Klimaverän-derung hängen zusammen. Nur wenn wir unser Konsumver-halten ändern und dieNachfrage abnimmt, wird sich auch dieProduktion von Soja ändern», sagen Stöcklis. uw

*Lotti und Josef Stöcklis neuster Film «Der Fluch der Soja» wird während

der Ökumenischen Kampagne 2015 an vielen Orten gezeigt.

Aufführungsorte: www.sehen-und-handeln.ch.

DVD bestellen: www.brotfueralle.ch/shop

VeranstaltungenZur Ökumenischen Kampagne 2015 gehören neben demFilm viele weitere Veranstaltungen: Theater, Gottesdienste,Podiumsgespräch wie z.B. in Appenzell zum Zusammen-hang von Kühen, Käse und Klima etc.

Alle Angaben auf www.sehen-und-handeln.ch/veranstaltungen

Nilfo Wandscheer (Mitte) betreibt mit seiner Frau Milchwirtschaft im Mato Grosso. Mutig

erhebt der Präsident der örtlichen Gewerkschaft die Stimme gegen Plantagenbesitzer und

Gifteinsätze. Das hat Folgen: Bereits viermal wurde er bedroht, einmal mit der Pistole am Kopf.

Neben ihm das Filmerpaar Lotti und Josef Stöckli.

©zvg/Brotfüralle

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11contigo Nr.1 |2015

POULET-AUFZUCHT

Fleisch, das nicht imHals stecken bleibt

Glückliche Hühner haben Auslauf und fressen Futter,

das vor Ort wächst. Dank ihrem eigenen Mist. Auf

dem Wendelinhof werden sie auch auf dem Hof

geschlachtet. Das Beispiel zeigt, dass sich Poulet-

Fleisch für unsere Teller mit Würde mästen lässt.

Was wir essen, wirkt sich auf das Weltklima aus. «Weni-ger für uns. Genug für alle.» rät die Ökumenische Kampagne2015 von Brot für alle und Fastenopfer mit Partner sein. Denndie Fakten zeigen, dass mehr Fleisch, mehr Futtermittel und– für Hochleistungskühe oder Turbohühner, die ganz schnellschlachtreif werden sollen – zusätzliches Kraftfutter und Zu-satzstoffe die Umwelt belasten. Die Fleischproduktion bean-sprucht heute 70 Prozent der weltweiten Agrarflächen. DieSchweiz benötigt neben der eigenen Ackerfläche noch einmalgleich viel Land imAusland, um ihren Bedarf zu decken.

Wer Fleisch isst, frisst viel LandVon der gesamten Umweltbelastung der Schweizer Bevöl-

kerung entfallen über 40 Prozent auf Fleisch und tierische Pro-dukte. Die Tierwirtschaft benötigt viel Land. Dafür werden ingrossem Umfang Regenwald und Savanne zerstört: Jedes Jahrverschwindet eine Fläche so gross wie drei Viertel der Schweiz.Dagegen hilft, weniger Fleisch und mehr Getreide zu essen.Ideen und Rezepte für ‹Klimamenüs›, welche dank regionalerund saisonaler Produkte unser Klima wenig belasten, gehörenzur Ökumenischen Kampagne 2015.*

So viel Klimabelastung muss nicht sein, das zeigt ein Be-such auf dem Wendelinhof in Niederwil AG. Esther und Lu-kas Vock arbeiten nach den strengen Richtlinien von Bio undKAG-Freiland. «Die Tiere erhalten ausschliesslich Bio-Futter– im Schnitt ein Viertel davon stammt vom eigenen Betrieb»,unterstreicht Lukas Vock. Dies ermögliche das System mitverschiebbaren kleinen Ställen für je 400 bis 500 Tiere. «Erstweiden und picken die Hühner auf der Weide, danach dientihr Mist den Futterpflanzen. Dieser Kreislauf der Nährstoffeist wichtig.» Eine Ernte Zuckermais, Weizen oder Kartoffelnunterbinde auch die Entwicklung von Krankheiten. Vocksverzichten strikte auf Antibiotika. «Robuste Rassen, die Stand-ortwechsel undkleineGruppenvermeidenKrankheit.Notfallshelfen homöopathischeMedikamente», erläutern sie.

Zum Schlachten in der Nacht«Qualität bedeutet, dass bei der Aufzucht und der Schlach-

tung der Respekt gegenüber dem Tier gewahrt wird», um-schreibt Esther Vock ihre Haltung. Und Lukas Vock ergänzt:«Viele meinen, es sei ‹nur› ein Huhn. Doch jedes Tier verdientSorgfalt und Respekt bis am Schluss». Kaum erstaunlich, re-agierendieTiere zutraulich.Nähert sich das Leiterpaar, rennensie in Scharen auf den Zaun zu. «Dabei müssen sie sich nichtquälen wie die 15 000 und mehr Hühner in den Masthallen,die es vor lauter Fleischansatz nur noch knapp vom Futtertrogzur Tränke schaffen.»

Sorgfalt gehört auch zur letzten Nacht im Leben einesMustica-Huhns, wie Vocks ihr Produkt nennen. Nach 70Aufzuchttagen ist es so weit. «Noch in der Nacht, ehe sierichtig wach werden, werden sie zur hofeigenen Schlachte-rei gebracht und von Hand geschlachtet, stressfrei und ohneLebendaufhängung.» So wird das Poulet im Chörbli nichtnur zum kulinarischen Genuss, sondern auch zum kleinenBeitrag für ein besseres Klima. uw

*www.sehen-und-handeln.ch/klimamenüMit Sorgfalt und Respekt halten Esther und Lukas Vock ihre Hühner.

©Brotfüralle/AlexanderEgger

Stark, muskulös, schmackhaft – und wenn der Habicht kommt auch sehr schnell, so werden

die echten Freilandhühner auf dem Wendelinhof.

©Brotfüralle/AlexanderEgger

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12 contigo Nr.1 |2015

PERSONALIA

Neuer Geschäftsleiterfür Brot für alle

Der Stiftungsrat von Brot für allehat einstimmig Bernard DuPasquierzum neuen Geschäftsleiter gewählt.Der 43-jährige Theologe übernimmtdiese Aufgabe per 1. September 2015von Beat Dietschy, der Ende September2015 pensioniert wird. Bernard DuPas-quier arbeitet seit 2012 bei Brot für alleals Verantwortlicher für den BereichKooperationssysteme.

Davor war er acht Jahre beim Hilfs-werkHEKS tätig, unter anderemalsAb-teilungsleiter Asien-Europa, und fünfJahre Zentralsekretär vonCevi Schweiz.Der gebürtige Romand und Vater vondrei Töchtern wohnt in Bern. Stiftungs-rat, Geschäftsleitung und Team freuensich sehr auf die Zusammenarbeit mitdem neuenGeschäftsleiter. uw

Bildungsangebot vonBrot für alle verstärkt

Anfang Februar 2015 hat StephanTschirren seine Arbeit als Verantwort-licher Bildung und Katechese bei Brotfür alle aufgenommen. Mit der neuenStelle wird gesamtschweizerisch dastheologische Bildungsangebot ver-stärkt. Tschirrenwird auchAnlaufstel-le von Brot für alle für die reformiertenKirchgemeinden der italienischspra-chigen Schweiz. StephanTschirren (35)ist ausgebildeter Lehrer und hat ein

Studium in Geschichte und Religi-onswissenschaften absolviert. Zuletztarbeitete er als Bildungsbeauftragterim Bereich Jugend und Pfarreien beider Bethlehem Mission Immensee imRomeroHaus Luzern. uw

Kontakt: Stephan Tschirren, Brot für alle,

031 380 65 95, [email protected]

ERFOLG

Pensionskasse Raiffei-sen investiert nicht mehr

in NahrungsmittelDas Recht auf Nahrung geht vor.

Das fordert Brot für alle, nachdemUntersuchungen gezeigt haben, dassSchweizer PensionskassenundFinanz-institute immer wieder spekulativeGeschäftemit Agrarrohstoffen tätigen.Spekulation führt zu heftigeren Preis-schwankungen für Weizen, Reis, Maisund verteuert damit das tägliche Brot.

Jetzt hat die Pensionskasse derRaiffeisen-Gruppe wie schon ande-re Pensionskassen entschieden, sichaus den Anlagen mit Agrarrohstoffenzurückzuziehen. Bisher hatte sie 5,8Millionen Franken in Agrarrohstoffeangelegt. uw

Auskunft: Yvan Maillard Ardenti,

[email protected], 031 380 65 73

Hintergrund und Studie:

www.brotfueralle.ch/spekulation

PERSPEKTIVEN

Das neue Magazin vonBrot für alle und Fastenopfer

Gemeinsam mit dem ökumeni-schen Partner Fastenopfer gibt Brot füralle jetzt das Magazin «Perspektiven»heraus. Die erste Ausgabe ist in diesenTagen erschienen und geht an alle pri-vaten Spenderinnen und Spender.

Der Mantelteil bringt jeweils Ak-tuelles aus den Projekten und derentwicklungspolitischen Arbeit derWerke, das Dossier geht auf einenThe-menschwerpunkt ein. Das erste Dossi-er steht im Zeichen der ÖkumenischenKampagne 2015 zum Thema Klima,Landwirtschaft und Fleischkonsum.«Bis 2020 wollen wir die Treibhausgas-Emissionen um 20 Prozent reduzieren.Mehr tun können wir im Verkehrs-bereich», betont Bundesrätin DorisLeuthard im Exklusivinterview mit«Perspektiven».

Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchgemeinden

können das Magazin ebenfalls kostenlos

abonnieren (bitte vollständige Adresse an

[email protected]).

Online finden Sie das Magazin unter

www.brotfueralle.ch/magazin.

AGENDA

MÄRZ

Klare Regeln für KonzerneDienstag, 17. März, 20–21.30 Uhr,

Kirchgemeindehaus Aeschi b. Spiez

Unternehmen müssen die Menschen-rechte und die Rechte der Arbeiterin-nen und Arbeiter einhalten, weltweit.Yvan Maillard Ardenti, FachexperteLand Grabbing und Korruption beiBrot für alle begründet diese Forde-rung und stellt sich der Diskussion.

[email protected], 033 654 18 26

©Brotfüralle

©Brotfüralle

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13contigo Nr.1 |2015

SIERRA LEONE

Mit Soforthilfe Ebola eindämmenYvan Maillard*/ Urs Walter

In Genf wird ein Ebola-Patient geheilt, Schweizer Rei-

sende streichen Ferien in Westafrika – so betrifft uns

die tödliche Krankheit. In Sierra Leone führt Ebola zu

Hunger für viele Menschen, befürchten Vertreter der

Partnerorganisation Silnorf.

Schon bald nach demAusbruch der tödlichen Krankheitengagierte sich Silnorf, die Partnerorganisation von Brotfür alle in Sierra Leone, im Kampf gegen Ebola. Sie hat dieLeute in den Dörfern rund um die Zuckerrohrplantagen derGenfer FirmaAddax über dieGefahren desVirus aufgeklärt.«Als Soforthilfe gegen die rasche Verbreitung von Ebolawurden Desinfektionsmittel verteilt und der BevölkerungSeife abgegeben», erläutert Mohammed Conteh, Leiter vonSilnorf. «Dank unseres Einsatzes für die Rechte der Land-bevölkerung rund um Bergbauprojekte oder die Agrotreib-stoffherstellung durch Addax haben wir engen Kontakt zuden Menschen in den Dörfern.»

Die Unterstützung der Bevölkerung ist wichtig. Viele lei-den unter den Einschränkungen für Reisen und im öffentli-chen Verkehr, welche die Regierung verordnet hat. Schulenund regionale Märkte sind seit Monaten geschlossen, Bäue-rinnen und Bauern wurde der Zugang zu weiter entferntenFeldern und die gemeinsame Landarbeit untersagt. Auf vielenFeldern wuchere das Unkraut oder verdorre Reis undManiok,beobachtet Conteh. «Hunger bedroht vieleMenschen», ist sein

Fazit. Mangels neuer Ernte begännen auch viele, ihr Saatgutzu essen. Das lässt Silnorf für dieses Jahr noch gravierendereFolgen befürchten. Nahrungsmittelhilfe sei schon jetzt nötig.Bauernfamilien könnten gewisse Produkte nicht mehr zu an-nehmbaren Preisen verkaufen, umgekehrt sei das Grundnah-rungsmittel Reis seit Ausbruch der Epidemie rund 30 Prozentteurer geworden.

Die Einschränkungen beeinträchtigen die ländliche Wirt-schaft. Viele Menschen suchen Arbeit in den Städten oder zie-hen alsWanderarbeiter denErntennach, umdenLebensunter-halt für sich und ihre Familien zu verdienen. Dazu bringt derVerkauf von etwas Gemüse, Maniok oder einem Nutztier aufdem Markt vielen ihr einziges Bargeld. Die Weltbank schätztfür die drei am stärksten von Ebola betroffenen Länder Gui-nea, Liberia und Sierra Leone eine wirtschaftliche Einbussevon insgesamt 1,6 Milliarden Dollar oder etwa 12 Prozent derjährlichenWirtschaftsleistung.

Silnorf appelliert aufgrund der schwierigen Lage an die in-ternationale Solidarität. Primär sei Nothilfe verlangt. Danachmüsse jedoch die Versorgungssicherheit mit Lebensmittelnwieder verbessert und der Kampf gegen Landraub gestärktwerden. Nur wenn die Bauern über genügend fruchtbaresLand verfügen, können sie sich und ihre Familien ernähren,wissen die Vertreter von Silnorf. Der Staat muss aber auch dieSteuerpolitik so reformieren, dass er dieMittel fürdiedringendnötigeVerbesserung desGesundheitssystems einnimmt.Nochimmer bedeutet in Sierra Leone, einem der ärmsten LänderWestafrikas, ein zusätzliches Stück Seife oft bereits eine Ver-besserung der hygienischenVerhältnisse.

* Yvan Maillard Ardenti ist Fachexperte für Landgrabbing undFinanzmärkte bei Brot für alle.

Information: www.brotfueralle.ch/

Spenden: PC-Konto 40-984-9, Recht auf Nahrung, Sierra Leone 835.8076

Als alleinerziehende Mutter leidet Doris Koroma aus Rogbasia besonders unter den

Einschränkungen.

©Brotfüralle/Silnorf

Das Reisfeld in Farama, Region Kunike Barina, überwuchert, weil die Farmarbeiter wegen

Ebola nicht mehr arbeiten dürfen.

©Brotfüralle/Silnorf

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14 contigo Nr.1 |2015

HAITI

Einmaleins für 4000KinderMonika Zwimpfer, HEKS

Seit rund 30 Jahren bauen HEKS und die Evange-

lisch-methodistische Kirche in Haiti (EMH) Schulen

und ermöglichen Kindern eine Ausbildung. Viele der

Gebäude sind mittlerweile baufällig und nur wenige

haben sanitäre Anlagen. Nun werden sie erneuert.

Dass in Haiti der Schulbesuch gratis ist, nützt den Kin-dern aus den verstreuten Siedlungen in den Hügeln des De-partementes Grand’Anse wenig. Sie leben weit entfernt vonden Strassen, die mit Schulbussen befahren werden können.Einige Siedlungen sind nur über schmale Pfade erreichbar,und die Menschen sind mehrheitlich zu Fuss unterwegs.

Deshalb hat die EMH, eine Partnerorganisation vonHEKS, seit den 1970er-Jahren in den abgelegenen GebietenHaitis 29 Schulhäuser gebaut, in denenmehr als 4000Kinderunterrichtet werden. Im Lauf der Jahre hat das feuchtwarmeund bisweilen stürmische Klima den Gebäuden aber arg zu-gesetzt. Die meisten Schulen haben zudem keine sanitärenEinrichtungen und einige platzen aus allen Nähten. In denletzten acht Jahren wurden darum 16 Schulen saniert oderneu gebaut. Fünf weitere sind zurzeit im Bau.

Ein Dach mit Löchern in NatigueEine der Schulen befindet sich in Natigue. Das Dorf liegt

15 Kilometer oder zwei Autostunden vom Hauptort Jérémieentfernt. Der Rohbau der zwei neuenGebäude, die zu Beginndes nächsten Schuljahres fertig sein sollen, steht bereits. Da-

neben entstehenWC-Anlagen und einWassertank. Die neu-en Schulbänke werden von Lernenden im Dorf gezimmert.

Noch findet der Unterricht im alten Schulhaus statt, dasaus einem Raum besteht. An jeder Wand hängen Wand-tafeln, davor sind ein paar Schulbänke gruppiert. «Unterdiesen Umständen 220 Kinder zu unterrichten, ist eine

Die Schulkinder in Cèdre, im Departement Grand‘Anse in Haiti, sind stolz auf das neue Schulhaus mitten im Dorf.

©HEKS/AndreasSchwaiger

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15contigo Nr.1 |2015

anspruchsvolle Aufgabe», sagt eineLehrerin. Zudem ist das Dach mitLöchern durchsetzt. «Wenn es regnet,müssen wir halt noch mehr zusam-menrücken», erzählt eine Schülerin.

Damit die Eltern die Löhne derLehrpersonen zahlen können, habensie einen Gemeinschaftsgarten ange-legt und drei Schweineställe eingerich-tet. Mit den 26 jungen Schweinen wol-len sie ein Einkommen erwirtschaften.Ein von HEKS engagierter Agronomberät und begleitet sie bei der Aufzuchtder Tiere.

Stattliches Schulhaus in CèdreIn Cèdre, einer Streusiedlung im

bergigen Hinterland von Jérémie, ha-ben HEKS und die EMH bereits 2008ein neues Schulhaus mit sanitärenAnlagen gebaut. Die Schule steht amDorfplatz gleich neben der Kirche. Fei-ne Betonwaben lassen das Licht in die Klassenzimmer. Trep-penstufen verhindern, dass der Boden nass wird. Zurzeit gibtes sechs Klassen und einen Kindergarten. Je zwei Schulklas-sen steht ein Schulzimmer zur Verfügung.

Auch in Cèdre bezahlen die Eltern den Schulbesuch ih-rer Kinder durch den Verkauf ihrer Produkte aus dem 800Quadratmeter grossen Gemeinschaftsgarten. Sie pflanzenKohl, Karotten, Bohnen, Peperoni undTomaten an. Eine vonihnen ist die 45-jährige Clénidanié. Die Mutter von siebenKindern zwischen 6 und 13 Jahren arbeitet zwei Tage proWoche im Gemeinschaftsgarten. «Dass ich mit dieser Arbeitmeinen Kindern den Schulbesuch ermöglichen kann, machtmich glücklich», sagt sie.

Kein Regen, keine ArbeitWährend Clénidanié mit ihrer Arbeit im Gemein-

schaftsgarten ein Einkommen erwirtschaftet, baut sie zu-hause auf ihrem 3000 Quadratmeter grossen GrundstückBananen, Erbsen, Kartoffeln und Mais zur Selbstversorgungan. «Wir haben auch schon Kaffee angebaut, doch dann ka-men Kaffeebohrer-Käfer, deren Larven die Kaffeekirschenauffrassen», erklärt sie.

Ihr Mann Luc Jean arbeitet als Schreiner und Zimmer-mann. «Ich habe unser Haus selbst gebaut», erzählt er stolz.Es hat einen offenen und zwei geschlossene Räume. DieGrundmauern bilden gepflasterte Steine, die Wände beste-hen aus geflochtenenÄsten, darüber liegt dasDach ausWell-blech. Neben demHaus befindet sich das Kochhäuschen, be-deckt mit Bananenblättern. Die Familie hat ein hartes Jahr

hinter sich: «In der ersten Jahreshälfte hat es fast nicht ge-regnet», sagt Luc Jean. «Die Bohnen verdorrten, und Arbeitgab es auch fast keine, da auch die Bauern in der UmgebungVerluste hinnehmen mussten und kaum Geld hatten.»

Die Eltern verwalten die SchuleUmso wichtiger sind darum – nebst dem Aufbau von

Gemeinschaftsgärten – weitere Massnahmen zur Einkom-mensförderung. In zehn Schuldörfern haben die Eltern Ko-mitees gebildet, die für die Führung, Verwaltung und denUnterhalt der Schulen verantwortlich sind. Die EMH unddas HEKS-Koordinationsbüro in Jérémie unterstützen dieKomitees mit viel Herzblut und ihrem Know-how.

Bis die Eltern in Natigue und Cèdre vom Erlös der Gar-tenprodukte und der Schweinemast die Lehrpersonen be-zahlen können, braucht es noch etwas Zeit. Doch die Geduldlohnt sich. Die Dorfbevölkerung ist stolz auf das, was sie be-reits erreicht hat. Selbstbewusst wirken auch die Kinder inihren Schuluniformen. Sie scheinen zu wissen, welchenWertdie Schulbildung für ihre Zukunft hat.

* Monika Zwimpfer ist Mitarbeiterin in der Abteilung Marketing und Fundraisingbei HEKS und hat im November 2014 die HEKS-Projekte in Haiti besucht.

Das feuchtwarme Klima setzt den Schulhäusern arg zu: Nach über 30 Jahren muss das Schulhaus in Natigue renoviert werden.

©HEKS/AndreasSchwaiger

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16 contigo Nr.1 |2015

ALTER UND MIGRATION

Gesund und integriertim Rentenalter

Sokaina Freij, HEKS*

Viele ältere Menschen mit Migrationshintergrund leben

isoliert in ihrem privaten Umfeld und leiden unter

finanziellen und gesundheitlichen Problemen. HEKS

berät diese Menschen bei altersrelevanten Fragen und

fördert ihre soziale Integration.

Viele ältere Migrantinnen und Migranten sind vor vielenJahrenals Saisonniers indieSchweizgekommen.Niehätten siegedacht, dass sie hier ihren Lebensabend verbringen würden.Darum kümmerten sie sich zwar umKinder und Beruf, nichtaber um ihre Integration. So bewegen sie sich fast nur inner-halb ihres eigenen soziokulturellen Umfeldes und haben nierichtig Deutsch gelernt. Auch ihrWissen über das schweizeri-sche Sozialsystem oder die Alters- und Vorsorgeversicherun-gen ist unzureichend. Wegen der körperlich anstrengendenArbeit leiden zudem viele von ihnen unter gesundheitlichenBeschwerden.Undhäufig haben sie nur ein niedriges Einkom-men. Im landesweiten Vergleich leiden sie darum vermehrtunter finanziellen Problemen, Isolation undDepressionen.

Infoabende zu SozialversicherungenHEKS hat sich dieser Problematik bereits seit einigen

Jahren in verschiedenen Regionen der Schweiz angenom-men. Das Programm HEKS AltuM – Alter und Migrationrichtet sich an Migrantinnen und Migranten ab 55 Jahren.Vor gut einem Jahr ist ein entsprechendes Projekt auchim Kanton Aargau gestartet. In Zusammenarbeit mit ProSenectute führt HEKS in zwei türkischen Kulturvereinenin Buchs und Döttingen Informationsveranstaltungen zualtersrelevanten Themen durch und vermittelt Wissen überGesundheitsthemen, das Schweizer Sozialsystem oder dieAltersvorsorge.

Der 63-jährige Hamid** und seine Frau Beren** bei-spielsweise hatten Gelegenheit, sich über die Invalidenver-sicherung zu informieren. Obwohl sie seit 35 Jahren in der

Schweiz leben, kannte Beren, die aneiner Herzkrankheit leidet, die Leis-tungen der Versicherung nicht. DaBeren nur schlecht Deutsch spricht,war sie froh, dass interkulturelle Dol-metschende das Gesagte auf Türkischübersetzten. «Wir haben viel Neueserfahren», erzählen sie. An diesemAbend hörten sie auch zum ersten Malvon Pro Infirmis, wo sie nun weitereBeratung erhalten.

Gymnastikkursein Kulturvereinen

Das Projekt bietet auch Gym-nastikkurse für Frauen an. Eine derTeilnehmerinnen ist die 57-jährigeFatma**, die nie in ihrem Leben Sportgetrieben hat. «Ich wiege über 90 Ki-logramm und hatte alles probiert, ummein Gewicht zu reduzieren, es abernicht geschafft. Und da ich nicht gutDeutsch spreche, hätte ich mich in ei-nem Fitnessklub nicht wohl gefühlt»,erzählt sie. Dass der Kurs im Kultur-

verein stattfindet, den sie ohnehin besucht, hat ihr den ers-ten Schritt erleichtert. «Die anderen Frauen kommen auchaus der Türkei. Wir lachen viel und so machen die ÜbungenSpass», erzählt Fatma.

2015 weitet HEKS AltuM Aargau sein Angebot auf Be-völkerungsgruppen aus Ex-Jugoslawien aus. Zudem plantdas Projekt monatliche Cafétreffs, wo Menschen aus ver-schiedenen Kulturkreisen Kontakte knüpfen.

*Sokaina Freij ist Programmleiterin von HEKS AltuM Aargau. HEKS AltuM gibtes auch in der Region Zürich/Schaffhausen sowie in der Ost- und Westschweiz.**Namen von der Redaktion geändert

Viele eingewanderte Arbeitskräfte sind geblieben und älter geworden. «Alter und Migration» vermittelt das nötige Wissen über

Gesundheit und Altersvorsorge.

©HEKS/WalterImhof

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17contigo Nr.1 |2015

Andreas Kressler wird neuerDirektor vonHEKS

HEKS erhält einen neuen Direktor: Andreas Kresslertritt im August 2015 die Nachfolge von Ueli Locher an, derHEKS nach acht Jahren als Direktor verlässt und sich als Be-rater in der Organisations- und Strategieentwicklung beruf-lich neu orientiert.

Andreas Kressler ist Jurist und bringt breite Erfahrungenim Tätigkeitsgebiet von HEKS mit. Für die Herrnhuter Mis-sion, deren Vorstand er über mehrere Jahre angehörte, warer in Entwicklungsprojekten in Tansania im Einsatz. Er istMitglied des Stiftungsrates der «Wegwarte», einer basel-städ-tischen Einrichtung für stationäre und ambulante Wohnbe-gleitung, und gehört der Expertenkommission für Entwick-lungszusammenarbeit des Kantons Basel-Stadt an.

Andreas Kressler verfügt über eine langjährige Füh-rungserfahrung in einem komplexen Arbeitsumfeld. Aktuellist er Geschäftsleiter von Immobilien Basel-Stadt, dem Kom-petenzzentrum für das kantonale Immobilien-Management.Zuvor war er von 2000 bis 2005 als Generalsekretär des kan-tonalen Finanzdepartements Basel-Stadt tätig. os

Winterhilfe für KriegsflüchtlingeimNahenOsten

Anfang Januar 2015 ist der schlimmste Wintersturm seitzwei Jahrzehnten über die Konfliktgebiete des Nahen Ostenshinweggefegt. Er brachte heftige Schnee- und Regenfälle so-wie Temperaturen unter demGefrierpunkt. Die bereits zuvorarg gebeutelten Flüchtlinge im Libanon und Nordirak sowiedie Bevölkerung im Gaza befinden sich in einer lebensbe-drohlichen Lage.

Um das Überleben der Flüchtlinge zu sichern, hat HEKSim Libanon Heizöfen und Decken an 1100 Familien verteilt.Zudem erhielten 1200 Flüchtlingsfamilien und 400 Gastfa-milien Gutscheine, um sich Brennmaterial für ihre Öfen zukaufen. Auch imNordirak hatHEKSWolldecken undmobileHeizöfen an die verfolgtenMinderheiten verteilt. Ebenso pre-kär ist die Situation im Gaza, wo es zu Überschwemmungenkam. 600 Familien erhielten Decken und Plastikplanen, umihre beschädigten Häuser abzudichten. os

Spenden:Für Libanon: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Syrien»Für Nordirak:PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nordirak»Für Gaza: PC-Konto 80-1115-1, Vermerk «Nothilfe für Gaza»

10 Jahre nach dem verheerendenTsunami: HEKS zieht Bilanz

Am 26. Dezember 2004 forderte der durch ein Seebebenausgelöste Tsunami rund 250 000 Menschenleben und rich-tete an den Küsten des Indischen Ozeans unbeschreiblicheVerwüstungen an. In den darauffolgenden zehn Jahren hatHEKS nebst der Nothilfe auch zahlreiche Wiederaufbaupro-jekte in den vom Tsunami am schwersten getroffenen Län-dern Indonesien, Indien und Sri Lanka mit rund 25 Millio-nen Franken unterstützt.

Eine von der Glückskette in Auftrag gegebene EvaluationzurWirkung der Tsunami-Hilfe kam zumErgebnis, dass sichdie Menschen von der Katastrophe erholt und zukunftsori-entierte Lebensperspektiven entwickelt haben. Insbesondereder auch von HEKS massgeblich mitfinanzierte Wiederauf-bau der Häuser war mitentscheidend, dass die Betroffenennach der Katastrophe ihre Ressourcen für die Sicherstellungihres Lebensunterhaltes einsetzen konnten. os

Andreas Kressler, ab August 2015 neuer Direktor von HEKS

©HEKS

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18 contigo Nr.1 |2015

Die Arbeit muss weitergehenAnstatt die Hebammenschule in Leer aufzugeben, verleg-

te die PRDA sie nach Lokichoggio in Kenia. Die geflohenenStudentinnen wurden bis auf eine gefunden und nach Keniaevakuiert. Hier setzen sie seit April 2014 ihreAusbildung fort.

Dieses Beispiel zeigt, wie die südsudanesischen Partnervon Mission 21 trotz der katastrophalen Lage weiterarbeiten:«Die Kirche ist da, wo die Menschen sind», so Jochen Kirsch,Leiter der Abteilung Internationale Beziehungen von Missi-on 21. Bei inzwischen 1,9 Millionen Flüchtlingen und einerweiterhin angespannten Sicherheitslage heisst das: DieKircheist mit mobilen Bildungsangeboten und Trauma-Begleitungin Flüchtlingslagern. Und sie baut auch in der als sicher gel-tenden Hauptstadt Juba wieder eine Präsenz auf.

Rückenwind aus BaselDie PCOSS erhält Unterstützung. Mission 21 hatte die

Geographin undAfrikanistinChantalWullimann imHerbst2013 als erste ökumenische Mitarbeiterin in den unabhängi-gen Südsudan entsendet. Sie musste jedoch kurz darauf nachKenia evakuiert werden. Seit einigen Monaten sind wiederKurzaufenthalte in Juba möglich, die sie nutzt, um Work-shops zu Projektmanagement und Personalentwicklungdurchzuführen.

«Dieses Wissen ist für unsere Part-nerkirche sehr wichtig, da die Krisen-situation noch höhere Anforderungenan das Personal stellt», erklärt sie.Wullimann hilft der PCOSS bei derVernetzung sowie bei der Projektpla-nung und -umsetzung. Mit ihrer Un-terstützung klärt die Kirche ab, woneue, für alle offene PCOSS-Schulenerrichtet werden müssen.

Nicht alle Regionen betroffenTrotz der verzweifelten Lage gibt

es Hoffnung: So blieb zum Beispiel Po-challa im Südwesten des Landes ver-schont.HierbautdiePRDAseit 2013einintegriertes Programm zur ländlichen

Entwicklung auf. Es kombiniert Kurse für Bäuerinnen undBauern mit dem Bereich Schulbildung und demAufbau einerBasisgesundheitsversorgung. «Da die Konflikte imNordostenfür zusätzliche Engpässe in der Nahrungsmittelversorgungsorgen, ist dieUnterstützung der ländlichen Entwicklung jetztwichtiger denn je», betont Jochen Kirsch.

Spenden für den Südsudan: PC 40-726233-2,

IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2 (Vermerk: «179.1001»)

SÜDSUDAN

Perspektiven für den SüdsudanKatrin Pilling

Keine vier Jahre nach der Unabhängigkeit prägen

den jüngsten Staat der Welt Chaos, Militärgewalt und

Flüchtlingsströme. Die südsudanesische Partnerkir-

che von Mission 21 bietet den Menschen auch unter

enormen Herausforderungen Hilfe und Perspektiven.

Im Flüchtlingslager Kakuma, Nordkenia: 20 junge Frau-en stehen vor ihren Zelten. Sie sind aus dem kriegsversehrtenSüdsudan geflohen, wie die meisten der 179 000 Menschen,denen das Lager derzeit Schutz bietet. Etwas unterscheidet sievon vielenMenschen in Kakuma: Sie haben eine Perspektive.In der rund 100 Kilometer entfernten Stadt Lokichoggio wer-den sie von der «Presbyterian Rural Development Agency»(PRDA) zu Hebammen ausgebildet. Die PRDA ist die unab-hängige Nothilfe- und Entwicklungsagentur der Presbyteri-anischen Kirche des Südsudans (PCOSS), Partnerkirche vonMission 21.

Eine dieser Studentinnen ist Rose Peter Diu. Vor gut ei-nem Jahr besuchte sie noch die PRDA-Hebammenschule inder südsudanesischen Stadt Leer. Sie ist stolz, zu den wenigenFrauen im Südsudan zu gehören, denen überhaupt eine Schul-undBerufsausbildungmöglichwar: «Wir sind sooftgeflüchtet,deshalb wurden auch keine Lehrer ausgebildet. Uns allen fehltBildung.» Die Zahlen geben ihr Recht: Das Land hat eine An-alphabetenrate von 73 Prozent. Mittlerweile liegen die Gebäu-de der Hebammenschule in Leer in Schutt und Asche. Über10 000 Todesopfer hat die Auseinandersetzung zwischen Ar-meeteilen der Regierung und der Opposition bereits gefordert.

Nach einem Zwischenhalt im Flüchtlingslager Kakuma können die Hebammenschülerinnen ihre Ausbildung in Lokichoggio

(Nordkenia) fortsetzen.

©Mission21/JochenKirsch

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19contigo Nr.1 |2015

PROJEKT

Lernen fürs LebenDorothee Adrian

Armut und Bildung hängen eng miteinander zu-

sammen. Das Alphabetisierungsprogramm Alfalit

in Peru zeigt: Lernen Frauen Lesen und Schreiben,

werden sie selbstsicherer und nehmen ihr Leben

selber in die Hand.

Es ist eine wunderschöne, aber karge und arme Gegend:die Hochebene der südperuanischen Anden. Viele Frauenhier können weder lesen noch schreiben. In den WeilernArapa und Chupa, die zum Department Puno gehören, le-ben sie in selbst gebauten Lehmhäusern. Sie haben ein klei-nes Stück Land und ein paar Tiere.

«Wie gernehätte ich einen anderenBeruf erlernt!», sagt dieindigene Kleinbäuerin Francisca Itusaca de Mullisaca. «Aberdazu gab es keine Möglichkeit.» Ihre sechs Kinder gehen zurSchule. Sie selbst hatte diese Möglichkeit nicht. So ging es indieser Region fast allen Frauen ihrer Generation. Sie wurdenals Arbeitskräfte zuhause und auf dem Feld gebraucht.

Eine Frage des SelbstbewusstseinsWeil sie weder lesen noch schreiben und sich auf Spanisch

nur schlecht ausdrücken können, fühlen sich viele Frauenminderwertig. Der Evangelische Entwicklungsdienst Alfalit,Partnerorganisation von Mission 21, hat für diese Frauen einBildungsprogramm entwickelt: Sie lernen in ihrer Mutter-sprache Quechua und in Spanisch Lesen und Schreiben, aberauch Fertigkeiten fürHaus undHof. Und sie lernen die Geset-ze und ihre Bürgerrechte kennen. «Wir wissen jetzt, dass wirgenauso viel wert sind wie die Männer!», sagt Nila Condoristolz. «Durch Alfalit sind wir selbstsicherer geworden.»

Die Frauen, die regelmässig zu den Kursen von Alfalitgehen, wirken tatsächlich stolz, froh, in sich ruhend. AnWegrändern und auf Plätzen finden sich auch ganz andereFrauen. Sie kauern am Boden und senken den Blick, wennman sie als Ausländerin anschaut. «Dank Alfalit haben wirunsere Angst verloren», so María Marlen. Für die 37-jährigeMutter ist es wichtig, den Lernstoff ihrer fünf Kindermitver-folgen oder ihnen etwas vorlesen zu können.

Quinoa: Kleines Korn, viele VitamineAuf dem Lehrplan stehen auch Themen wie Umwelt-

schutz, Hygiene, Viehzucht und Ernährung. «Früher ver-kaufte ich Quinoa, um dann Nudeln für meine Familie zu

kaufen», erzählt Juana Mamani Mullisaca. Bei Alfalit habesie gelernt, dass dieses Getreide einen sehr hohen Nähr-wert hat. Nun kommt es bei ihrer Familie immer öfter aufden Tisch. «Vieles hat sich bei uns geändert, seitdem meineFrau zu Alfalit geht», sagt ihr Ehemann. Auch die Rollen-verteilung werde diskutiert, er übernehme nun einen Teilder Hausarbeit. Und könne sich jetzt besser mit seiner Frauaustauschen.

Die indigene Kultur wertschätzen16 Lerngruppen gibt es in dieser Region. «Besser leben»

ist ein Wunsch vieler Menschen. «Ein Schlüssel dazu istBildung», ist Dora Peña überzeugt, die die Lehrmaterialienentwickelt. «Viele Frauen machen enorme Fortschritte undkönnen sich immer besser ausdrücken.» Sie und ihr Kolle-ge Bernabé Quispe sprechen voller Wertschätzung von denTeilnehmerinnen und ihrer indigenen Kultur. «Wenn ichmit den Menschen auf Quechua spreche», erklärt Quispe,Lehrer und Sohn einer Kleinbauernfamilie, «erfahre ich vieldarüber, was sie zutiefst bewegt.»

«Frauenförderung durch Bildung» ist eines von fünf Hoffnungsprojekten derKampagne «200 Jahre unverschämt viel Hoffnung» zum Jubiläum der BaslerMission 2015. Informationen: www.mission-21.org/hoffnungsprojekteKurzfilm zum Beispielprojekt Alfalit: www.mission-21.org/alfalit

Projekt: «Kooperationsprogramm Peru & Bolivien»,Spenden an PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2(Vermerk: «476.1001»)Informationen: [email protected], 061 260 23 03

«Zu Alfalit zu gehen, ist in jedem Sinne gut für uns», sagt María Marlen.

©Mission21/DorotheeAdrian

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20 contigo Nr.1 |2015

Personalia

Christine Christ-von Wedel istEnde 2014 als Vorstandspräsidentinvon Mission 21 zurückgetreten, bleibtdem Werk aber als Ehrenpräsidentindes Vorstandes verbunden.

Johannes Blum-Hasler, stellvertre-tender Vorstandspräsident von Mis-sion 21, übernimmt die Funktion desPräsidenten bis zur Neubesetzung desPräsidiums an der Missionssynode imJuni 2015.

Jochen Kirsch ist neuer Leiter fürInternationale Beziehungen bei Missi-on 21. Der Pfarrer und Entwicklungs-experte arbeitet seit zehn Jahren beimEvangelischen Missionswerk Basel.

AKTUELL

Mission 21 besucht Partner-kirche in Nigeria

Im Dezember 2014 waren ClaudiaBandixen, Direktorin von Mission 21,und Jochen Kirsch, Leiter Interna-tionale Beziehungen, zu Besuch beider Kirche der Geschwister in Nige-ria (EYN). Dabei hat sich gezeigt: DieSoforthilfe von Mission 21 für Flücht-linge, Witwen und Waisen kommt anund wird weiterhin dringend benötigt.

Zuletzt gingen 40000Dollar an dieaus der EYN hervorgegangene NGO«Lifeline Compassionate Global Initi-atives» (LCGI). Mit dem Geld wird eininterreligiöses Ansiedlungsprojekt vonFlüchtlingen in der Region Jos finan-ziert. Mission 21 plant, bis Ende 20161,2 Millionen Franken für die Notver-sorgung der Flüchtlinge und die Un-terstützung von Witwen und Waisenzur Verfügung zu stellen.

Weitere Informationen unterwww.mission-21.org/soforthilfe-nigeriaSpenden: PC 40-726233-2,IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2Vermerk: «999.1108» (Soforthilfe für Flüchtlinge)oder «999.1105» (Unterstützung von Witwenund Waisen)

Zum Geburtstag der Bas-ler Mission nur das Bestefür Ihre Kirchgemeinde

Die Geschichte der Basler Missionist eng mit der Geschichte der Kakao-produktion in der früheren Goldküs-

te, dem heutigen Ghana, verbunden.Ghana war zugleich das erste Land, inwelchem die Basler Mission eine Mis-sionsstation aufbaute und dauerhaftblieb. Mission 21 hat dies zum Anlassgenommen, eine Jubiläumsschokoladein Schweizer Produktion herstellen zulassen. Sie hat 50 Prozent Kakaoanteil,wovon 41 Prozent aus Ghana stammen,und trägt dasMaxHavelaar-Gütesiegel.

Werden Siemit IhrerKirchgemein-de aktiv und verkaufen Sie die fair her-gestellte Schokolade auf demDorfplatz,am Gemeindefest oder an sonstigenAnlässen. Die Beziehungen zur Pres-byterianischen Kirche von Ghana, dieaus der Basler Mission hervorging, be-stehen nach wie vor, jedoch ohne eineProjektzusammenarbeit im BereichLandwirtschaft. Deshalb kommt derVerkaufserlös dieser Schokolade demLandwirtschaftsprogramm von Missi-on 21 in Bolivien und Peru zugute.

Zeitraum der Aktion: September bisDezember 2015

Bestellen/Anmelden: April bis Juni 2015(Voranmeldung bereits jetzt möglich)

Weitere Informationen und Bestellung unter

www.mission-21.org/schokolade

Mission 21 erhält ZEWO-SiegelMission 21 ist seit Dezember 2014

berechtigt, das Gütesiegel der Stif-tung Zewo (Schweizerische Zerti-fizierungsstelle für gemeinnützige,Spenden sammelnde Organisationen)zu führen. Zewo prüfte, ob das Mis-sionswerk seine Mittel zielgerichtetund kostenbewusst verwendet, überunabhängige Kontrollmechanismenverfügt und den Spenderwillen voll-umfänglich respektiert. Auch dieTransparenz der Informationen, die

Fairness der Mittel-beschaffung unddie Aussagekraftder Rechnungs-legung wurdenbegutachtet.

Jochen Kirsch, Markus Gamache, Binta Bakari, Samuel Dali

und Claudia Bandixen (v.l.n.r.) bei der Grundsteinlegung zum

interreligiösen Ansiedlungsprojekt bei Jos

©Mission21

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21contigo Nr.1 |2015

SPECIAL «come–meet –share»Freitag, 12. Juni, ab 17 Uhr

Internationale Begegnung für jungeErwachsene (bitte anmelden)www.mission-21.org/young

BuchvernissageFreitag, 12. Juni, ab 18 Uhr

Zunftsaal Schmiedenhof,

Rümelinsplatz 4, Basel

Vorstellung der Publikation «BaslerMission. Menschen, Geschichte, Pers-pektiven 1815–2015» mit Apéro

«Freundschaftstag»Samstag, 13. Juni, ab 12.30 Uhr

Mit Mittagessen für Gäste aus dem In-und Ausland, Angebote, Abendessen

Grosses Jubiläumsfest«Gemeinsam mit der Welt»Sonntag, 14. Juni, Münsterplatz Basel

10 Uhr Festgottesdienst im Münster11.30–17 Uhr Internationales Jubi-läumsfest auf dem Münsterplatz mitLive-Musik, Marktständen, Kulina-rischem aus aller Welt und einemfamilienfreundlichen Programm

www.mission-21.org/festwoche

SEPTEMBER

«Horizonte weiten»: Impuls-tagung für Kirchgemeinden

Samstag, 5. September, 10–16.30 Uhr

Mit Esther Schläpfer, Pfarrerin amBernerMünster.Workshops gebenAnregungen aus der weltweiten Kirchefür die Praxis in der Kirchgemeinde.

[email protected], 061 260 22 67

Internationales SymposiumDonnerstag, 24. bis Samstag,

26. September

Internationale Fachleute diskutierenüber: Polyzentrische Zugänge zurMis-sionsgeschichte, Transformation derMission sowieMissionsgeschichte alsPotenzial für die Zukunft der Kirche.

www.mission-21.org/symposium

Weitere Informationen unterwww.mission-21.org/agenda

MAI

«Mission possible?»Ausstellung zur Basler Mission22. Mai bis 4. Oktober

Museum der Kulturen Basel,

Münsterplatz 20, Basel

1981 übergab die BaslerMission demMuseum der Kulturen Basel ihre eth-nografische Sammlung als Dauerdepo-situm, rund 12 000 Objekte aus nahezuallenWeltgegenden. Zum Jubiläum derBaslerMission realisiert dasMuseumdazu eine umfassende Ausstellung.

www.mkb.ch

JUNI

Festwoche in Basel«200 Jahre unverschämt

viel Hoffnung»8. bis 14. Juni in Basel

Während der Festwoche tagt auch dieinternationaleMissionssynode, dasoberste Entscheidungsgremium vonMission 21, mit Delegierten aus denPartnerkirchen. Die Verhandlungensind öffentlich:Mittwoch, 10. Juni, 14–17 Uhr

Donnerstag, 11. Juni, 9–17 Uhr

Freitag, 12. Juni, 9–12 Uhr

Internationale FrauenkonferenzMontag, 8. Juni

14 Uhr Konferenz des InternationalenFrauen-Netzwerkes18 UhrGemeinsames Essen und Fest

Kontinent-AbendeDienstag, 9. bis Donnerstag, 11. Juni

Jeweils von 17.30–21.30 Uhr

Programm und Abendessen fürInteressierteAfrika-Abend: Dienstag, 9. Juni

Asien-Abend: Mittwoch, 10. Juni

Lateinamerika-Abend: Donnerstag, 11. Juni

AGENDA

Veranstaltungsorte:

Wenn nicht anders angegeben, findendie Veranstaltungen beiMission 21 anderMissionsstrasse 21 in Basel statt.

MÄRZ

Info- und BegegnungstagDonnerstag, 19. März, ab 10 Uhr

Dankesanlass für freiwillige Mitarbei-tende von Mission 21 in den Kirchge-meinden sowie am Herbstbazar 2014.Themenschwerpunkt: «Missionskin-der erzählen».

[email protected], 061 260 23 37

Fachtagung«Religionen als Ressourcefür den gesellschaftlichen

Frieden»Montag, 23. März, 9.30–17 Uhr

Mit: Jörg Stolz, ReligionssoziologeUniversität Lausanne; Dilek Ucak-Ekinci, Islamwissenschaftlerin undAusländerbeirat Stadt Zürich; MarkusA. Weingardt, Friedensforscher inTübingen; Genia Findeisen, Politik-wissenschaftlerin Asienhaus Köln.

www.mission-21.org/fachtagung

Musical zum Jubiläum: «DasGrab des weissen Mannes»

Premiere: Sonntag, 29. März, 18 Uhr

Vorstellungen bis Sonntag, 12. April

Oekolampad, Schönenbuchstrasse 9, Basel

Infos, Tickets und Trailer: www.basel-musical.ch

APRIL

young@mission21 WeekendSamstag, 18. bis Sonntag, 19. April

Pfadiheim Birchli, Einsiedeln

Für junge Erwachsene zwischen 18und 30 Jahren. Zwei Tage Gesprächeüber Gott und die Welt, gemeinsa-mes Kochen und Spass im PfadiheimEinsiedeln.

[email protected], 061 260 22 39

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22 contigo Nr.1 |2015

…UNDAUSSERDEM:

Weltweite Wanderungen im Wandel der Zeit

Migration gehört zur Geschichte der Menschheit. Einst führten alle Wege

nach Rom, im 19. Jahrhundert für Kunst und Kultur nach Paris. Der deutsche

Kunsthistoriker Maximilian Schich (University of Texas, Dallas) verdeutlicht die

Migrationsbewegungen zwischen 600 v. Chr. und 2012. Er verbindet Geburtsort

und letzte Ruhestätte von 120 000 Menschen, die als wichtig betrachtet wurden.

Die Darstellung unterstreicht die Bedeutung der Städte. uw

http://thecreatorsproject.vice.com/de, dann auf ‹Blog› und nach ‹Migration› suchen

AGENDA

Afrika. Anwesend sind Jean Bofane,(DR Kongo/Belgien), Fiston MwanzaMujila (DR Kongo/Österreich), Ab-dourahman Waberi (Djibouti/USA)und andere.

www.salondulivre.ch

Kritisches zu SyngentaFreitag, 24. – Samstag, 25. April

Syngenta gerät immer wieder in dieKritik. Gifte werden in Länderndes Südens verkauft, die bei unsschon lange verboten sind. An derKonferenz von MultiWatch werdenFachleute, darunter Tina Goethe vonBrot für alle, das Verhalten des BaslerAgrochemie- und Saatgutkonzernsbeleuchten.

www.multiwatch.ch

Weitere Veranstaltungshinweise aufden Seiten der Werke 10 bis 21

MÄRZ

Gut leben: Mit Suffizienz gegenVerschwendungFreitag, 27. März, 9-18 Uhr,Theater Basel

Der eco.naturkongress 2015 widmetsich der Suffizienz. Frage: Wie viel istgenug? Rob Hopkins, Béa Johnson,Ralf Fücks, Serge Latouche, BrunoOberle u.a. geben unterschiedlichsteAntworten. Daraus soll eine wirkli-che nachhaltige Schweizer Umwelt-politik formuliert werden.

www.eco.ch/kongress

Filme für eine nachhaltigeWelt4. bis 26. März, je 17–21.15 Uhr,St. Gallen, Kreuzlingen, Brugg, Basel, Brig,Luzern, Zug, Zürich und Bern

Die Filmtage21 (vormals FilmtageNord/Süd) stellen neue Filme vor, diesich für den Einsatz in der Bildungs-arbeit eignen. Die zwölf empfoh-lenen Filme behandeln aktuelleThemen aus Umwelt, Gesellschaftund Wirtschaft: Plastikmüll in denWeltmeeren, Chancen und Heraus-forderungen der multikulturellen Ge-sellschaft, «Billig. Billiger. Banane»zeigt die Folgen der globalisiertenWirtschaft und Einflussmöglichkei-ten durch bewusstes Konsumieren.

www.education21.ch/de/filmtage

APRIL

Salon Africain an derBuchmesse29. April - 3. Mai 2015

Zum Salon du livre von Genf gehörtauch der Salon Africain, ein wichti-ger anregender Begegnungsort fürund mit Literatur und Medien aus

JUNI

200 Jahre unverschämtviel Hoffnung8. bis 14. Juni in Basel

Festwoche zur 200-Jahr-Feier vonMission 21 (Details Seite 21).

www.mission-21.org/festwoche

SEPTEMBER

Hunger,Wut undWandelFreitag, 11. September, 9.30-17 Uhr,Bern, Haus der Religionen

Tagung von Brot für alle zu «Hunger,Wut und Wandel» - Empörung alstreibende Kraft für gesellschaftlicheVeränderung.

www.brotfueralle.ch/veranstaltungen

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23contigo Nr.1 |2015

Seine Sprache ist einfach, sachlich,trocken. Zum Glück, sonst liesse sichsein Bericht oft kaum ertragen. Und da-bei hat erGlück: Seine Familie kann im-mer wieder Geld senden, um Schlepperzu bezahlen, zu schmieren, zu bestechen- und um zu helfen, denn Mbolela hatLebensmut und Organisationstalent. Sobaut er in Marokko die Hilfsorganisati-on Arcom auf, erst für seine Landsleuteund dann alle, die verzweifelt strandenund vom Staat wie der internationalenGemeinschaft im Stich gelassen wer-den. Sich wehren, die Stimme erheben,zeigen, wie unmenschlich sich Regie-rungen gegen die Menschen richten,die eigentlich nur eines wollen: würdigleben und ihre Meinung frei äussern,anständig leben und die Mittel für sichund ihre Familien auf korrekte Art er-arbeiten. uw

Emmanuel Mbolela: «Mein Weg vom Kongo

nach Europa – Zwischen Widerstand, Flucht

und Exil», Vorwort von Jean Ziegler, 191 Seiten,

Verlag Mandelbaum, Wien, 2014,

ISBN 978-3-85476-441-0, 25.- Fr.

Schweizer Religiositätmit der Lupe betrachtetReligionssoziologen haben die

Religiosität und Spiritualität derSchweizer Bevölkerung vermessen(Nationales Forschungsprogramm Re-ligionsgemeinschaften, Staat und Ge-sellschaft, NFP 58). Aus 1229 Interviewsund 73 Tiefeninterviews wurden vier«Glaubenstypologien» herausgearbei-tet. Diese verdeutlichen, wie die zuneh-mende Individualisierung die religiöseLandschaft der Schweiz tiefgreifend ver-ändert und zu den grossen Lücken aufden Kirchenbänken am Sonntagmor-gen geführt hat. uw

Religion und Spiritualität in der Ich-

Gesellschaft. Vier Gestalten des (Un-)

Glaubens, Mallory Schneuwly Purdie,

Thomas Englberger, Michael Krüggeler,

Jörg Stolz, Judith Könemann, 281 Seiten,

Verlag TVZ/NZN, Zürich, 2014,

ISBN 978-3-290-20078-7, 43.- Fr.

FILMTIPP

Chicken Curry fürden Weltmarkt

Der weltweite Verzehr von Poulet-Fleisch ist enorm und wächst rasant:Täglich werden mehr als 16 000 Tonnenverzehrt. Der Markt mit Hühnerfleischist globalisiert und erbittert umkämpft.Diese Internationalisierung hat zumTeilfatale Folgen für die Ärmsten.

DieFolgenfürkleineHühnerzüchterzeigt der Film «Chicken Curry für denWeltmarkt» anhand eines Beispiels ausThailand.DieHühnerzüchter in Senegalund Kamerun kämpfen demgegenübergegen die mit Subventionen verbilligtenExporte aus Europa. Das gefrorene Im-portfleisch kostet 30 Prozent wenigerals Inlandgeflügel. Das hat verheerendeAuswirkungen für die einheimischenAnbieterinnen undAnbieter.

Doch es gibt auch Hoffnungsschim-mer: Immer mehr Menschen fangen an,sich in Asien und Afrika für die lokalenBetriebe zu wehren. Der Film beleuchtetzudem die auch etwas bessere Situationin der Schweiz, wo immermehrHühnertiergerecht aufgezogenwerden.

Chicken Curry für den Weltmarkt

Dokumentarfilm von José Bourgarel und

Hubert Dubois, Frankreich/Schweiz 2007,

48 Min., ab 14 Jahren

Auf der DVD «Fair-unfair: Welthandel» erhältlich.

Verkauf und Verleih:

éducation21, 031 321 00 22,

[email protected]

Relimedia, 044 299 33 81

HINWEISE & MEDIENTIPPS

BUCHTIPPS

Berichte einer Reise von Elendzu Elend und von Lebensmut

Die Reportage ist nahe dran.

Doch die konkreten Aussagen

und Einblicke bleiben nicht jour-

nalistisch distanziert; es ist Em-

manuele Mbolelas Geschichte.

Wer sich in der DemokratischenRepublik Kongo gegen Ungerechtigkeit,UnterdrückungundAusbeutungwehrt,gerät schnell unter Druck. Gefängnisohne Anklage und Urteil, Gewalt gegendie Person oder ihre Angehörigen sindalltäglich. Wie in vielen anderen Län-dern! Das führt zum grossen Strom anFlüchtlingen, die unter riesigen Entbeh-rungen ein menschenwürdiges Lebensuchen. Doch die meisten stranden anden Grenzzäunen zu Europa. Dazwi-schen liegen tausende Kilometer ReiseuntermisslichenUmständen, von Elendzu Elend. Angst vor dem entdeckt wer-

den, Misshandlungen, Torturen aufFahrten, zusammengepfercht und oftohneWasser und Essen.Männer leiden,noch viel schlimmer ist es für Frauen.Schlepper, Polizisten, Grenzbeamte undMitreisende nehmen sie als Freiwild.Fast täglich, berichtetMbolela.

Die Nummer eins auf dem globalen Hühnermarkt: der

thailändische Konzern Charoen Pokphand Food

©MAT-Films

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contigo Nr.1 |2015

Die schönste Hilfe der Engel sind die guten Einfälle,die sie uns zukommen lassen.

Mexikanisches Sprichwort

©Brotfüralle/UrsWalter