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BULLETIN DAS MAGAZIN DER CREDIT SUISSE OKTOBER/NOVEMBER 1998 DIE POSITIVEN STIMMEN GEBEN DEN TON AN DRESS CODES UMFRAGE ZUM BANKENVERGLEICH SO FIT SIND DIE KANTONE FINANZEN 5 KLEIDER MACHEN LEUTE

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BULLETINDAS MAGAZIN DER CREDIT SUISSE

OKTOBER/NOVEMBER 1998

DIE POSITIVEN STIMMEN GEBENDEN TON AN

DRESS CODES

UMFRAGE ZUM BANKENVERGLEICHSO FIT SINDDIE KANTONE

FINANZEN

5

KLEIDER MACHEN LEUTE

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MIT SCHWUNG IN DEN NEUEN TAG:

PARADEPLATZ, CREDIT SUISSE-HAUPTSITZ, 7.24 UHR.

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CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

3INHALTSVERZEICHNIS

SCHWERPUNKT

4 ARBEIT & MODE | Annäherung an unsere zweite Haut12 BEKLEIDUNGSINDUSTRIE | Welche Masche zieht ? 15 TEXTILUNTERNEHMEN | Voll Stoff18 LIEBLINGSKLAMOTTEN | Was Prominente tragen

NEWS

20 INVEST GAME | Fette Preise für BörsianerMIX-HYPOTHEK | Ein neues CREDIT SUISSE-Angebot

21 EURO FONDS | Neue Fonds fürs Euroland

ECONOMIC RESEARCH

22 KANTONSFINANZEN | Wie gesund sind die Kantone?26 ANLAGEBERATUNG | Geduld zahlt sich aus28 UNSERE PROGNOSEN ZUR KONJUNKTUR29 KRITISCHE HÖHEN | Steuern und Abgaben wachsen31 UNSERE PROGNOSEN ZU DEN FINANZMÄRKTEN

SCHAUPLATZ

32 BANKENVERGLEICH | Verlierer und Gewinner?36 HOLOCAUST-DEBATTE | Die Umfrage zur Einigung38 SCHWEIZ UND USA | Zwei ungleiche Partner

SERVICE

42 INTERNET BANKING | Bankgeschäfte per Mausklick44 ESPRIX | Dem Sieger die Lorbeeren

MAGAZIN

46 VOLL IM SCHWUNG | Spitzensportler Heinz Frei48 PIUS KNÜSEL | Bye-bye Beromünster51 WEG MIT DEN ALPEN | AGENDA51 IMPRESSUM52 ORIENTIERUNGSLAUF | Sabrina Meister im Dickicht

CARTE BLANCHE

54 BAUCH- UND KOPFENTSCHEIDE | Rolf Kränzlin

KLEIDER MACHENLEUTE. DIESESBULLETIN ZEIGTDIE TAPFERENSCHNEIDERLEIN.

INHALT

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ISABEL BUCHER BAUERT,

MITARBEITERIN CASH SERVICE,

DESIGN: FACILE

LUKAS EGLI,

ONLINE-REDAKTOR,

DESIGN: RAMINI

ARBEITVON PASQUALE FERRARA UND ANDREAS THOMANN, REDAKTION BULLETIN

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JUNGE SCHWEIZER MODEMACHER KLEIDEN BANKER DER CREDIT SUISSE EIN – UND ZEIGEN, WIE DASARBEITSOUTFIT VON MORGEN AUSSEHEN KÖNNTE.

GABY JAEGER,

ASSISTENTIN PROZESSMANAGEMENT,

DESIGN: ITEM

MARIANO D’AMBROSIO,

INDIVIDUALKUNDENBERATER,

DESIGN: TOGO

& MODE

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1 KLAR, SCHLICHT UND ZEITLOS

SOLLEN DIE KLEIDER AUS DEM

HAUSE «FACILE» SEIN. WIRD MAN

MODE VON FRANZISKA BIELI BALD

AM SCHALTER VON ISABEL BUCHER

SEHEN (SEITE 4, LINKS)?

2 KATRIN SCHWARZ UND SIMONE

BLASER (ITEM) RICHTEN DEN

BLICK IN DIE ZUKUNFT. DENN SIE

HABEN NOCH VIELES VOR. DASS

DIE BEQUEMEN OUTFITS VON ITEM

SCHON HEUTE ZU EINEM TOLLEN

LEBENSGEFÜHL VERHELFEN, ZEIGT

GABY JAEGER (SEITE 5, LINKS).

3 THOMAS FISCHER (TOGO) BRINGT

LETZTE RETUSCHEN AN. DIE BEI-

DEN MODELS SIND VON DER NEUEN

ZWEITEN HAUT BEGEISTERT.

(SEITE 5 UND 7, BEIDE RECHTS).

Der Pullover muss weg. Seit Jahren hatman ihn nicht mehr angezogen. Bei jedemUmzug oder bei jeder Aufräumaktion hältman ihn aber in der Hand, kämpft mit sichselbst – und legt ihn wieder in denSchrank. Wer kennt das nicht ? Ein Klei-dungsstück, an dem man hängt, obwohlman es nicht mehr braucht. Kleider sindmehr als nur Stoffhüllen für unsere Körper.

Was Ethnologen schon bei Urvölkernherausgefunden haben, gilt immer noch:

6SCHWERPUNKT

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Kleider sind Mitteilungen an andere. Mitunserer Kleidung sagen wir, wer wir sind,zu welchem «Stamm» wir gehören.

Die Kleidung als Uniform

Die Stämme unserer Zeit sind Firmen undBerufsgruppen. Der Monteur kommt im«Übergwändli», der Anwalt in Anzug undKrawatte, alles andere würde uns irritie-ren. «Kleider sind Indikatoren für die Welt,aus der jemand kommt», sagt GiselaMüller, Partnerin bei der Topwork AG,einem Unternehmen für Kaderselektionund Executive Search. Der Mann aus demhöheren Bankkader erscheine selbstver-ständlich im dunklen Anzug, der kreativeMarketingleiter vielleicht im Rollkragen-pulli und Dreitagebart; beides seien Uni-formen, sagt Gisela Müller. Als langjährigePersonalchefin beobachtete sie: «Manpasst sich automatisch an die Umgebungan.» Für Gisela Müller ist das Einhaltenvon Kleidervorschriften in der Berufswelteine Form von Respekt gegenüber Kundenund der eigenen Firma.

Dennoch setzen die Firmen nicht aufWeisungen. «Nein, schriftliche Kleidervor-schriften gibt es bei uns nicht», sagt LeoNold von der CREDIT SUISSE. Nold istLeiter des Sektors Corporate Protocol. Erund sein Team achten unter anderem dar-auf, dass bei Empfängen der Geschäfts-leitung die richtige Etikette und dasProtokoll eingehalten werden: welcheKleidung, welche Tischordnung, welcheAnrede usw. Aber auch wenn Kleider-vorschriften nicht schwarz auf weiss fixiertsind, man weiss, was sich gehört. Aller-dings, nicht überall in der Bank ist dasOutfit gleich wichtig. Mitarbeiter derCREDIT SUISSE PRIVATE BANKINGlernen beispielsweise in Kursen, wie siesich angemessen kleiden. Solche Kurseentsprechen einem Bedürfnis, denn Eti-kette wird wieder wichtiger. «Die Leutesind aber unsicher, was wo gilt», sagtNold. Und was gibt es Schlimmeres als«underdressed» oder «overdressed» aneinem Anlass zu erscheinen ?

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BERNARD GAILLOZ,

PERSONALCHEF,

DESIGN: PICCOLI EROI

MARIANNE SANTANDER,

SEKRETÄRIN DER GESCHÄFTSLEITUNG,

DESIGN: TOGO

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GERRY HELLER,

MARKETING BASIS-KOMMUNIKATION,

DESIGN: PICCOLI EROI

KATHARINA REBMANN,

BETRIEBSORGANISATORIN,

DESIGN: VIENTO

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Dress Codes sind auch ein Spiegelbildeiner Firmenkultur. «Wir pflegen seitJahren einen liberalen Kurs», sagt UrsAckermann, Pressesprecher der ZürcherKantonalbank. Erlaubt sei, was gefällt. DieMitarbeiter müssten sich wohl fühlen.«Das nützt auch der Bank am meisten»,glaubt Ackermann. Die Bank leistet Hilfein Form von Stil- und Farbkursen. Dortlernen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,sich modisch, korrekt und vorteilhaft zukleiden.

Aber auch bei der ZKB wird man keineKundenberater in Shorts antreffen. Dennkaum ein Unternehmen gibt das Klei-dungsverhalten ganz frei. «Was wir ver-langen, ist eine Orientierung an denKunden», sagt Egmont Hohmann von derPersonalabteilung der IBM Schweiz. BeiKunden erscheinen also auch Computer-freaks nie ohne Krawatte. Im Firmen-gebäude selber haben sich die Kleidungs-sitten etwas gelockert.

Kleidung als Erfolgsfaktor

Korrekt angezogen müssen Mann undFrau also sein. Das allein genügt abernicht. Denn der einzelne möchte sich zwarseinem Umfeld eingliedern, aber zugleichauch etwas abheben, ein ganz persön-liches Image haben. Deswegen hat eineBranche Hochkonjunktur: die Imagebera-tung. «Kleider sind sehr wichtig, um die in-dividuelle Persönlichkeit hervorzuheben»,meint Imageberaterin Ursula Bachmann.Seit sieben Jahren berät sie Männer und

1 NICHT NUR FÜR KLEINE HELDEN:

DIE WUNDERSCHÖN VERARBEITE-

TEN ANZÜGE VON MARIO PUNTILLO

(PICCOLI EROI, MODELLE AUF

SEITE 7 UND 8, BEIDE LINKS).

2 FRISCHEN WIND IN JEDE GARDE-

ROBE BRINGEN ANDREA

HOSTETTLER UND ANJA BOIJE

(VIENTO). «MIT DIESEM KLEID

WÜRDE ICH AUCH INS THEATER

GEHEN», MEINTE CS-MODEL

KATHARINA REBMANN, ALS SIE IN

IHR SEIDENES VIENTO-KOSTÜM

SCHLÜPFTE (SEITE 8, RECHTS).

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HEISSE HÜLLEN

Die fünfte Gwand-Fashion-Show steht vor der Tür. Und zum ersten Mal tritt die

CREDIT SUISSE als Hauptsponsor auf. Am 9. und 10. Oktober wird die Luzerner

Lumag-Halle wieder zur Modeschöpfer-Talentbühne, wo die kühnsten Kreationen

von Nachwuchsdesignern aus dem In- und Ausland sowie die Modeschauen der

bedeutendsten europäischen Modeschulen zu bestaunen sind. An der parallel

laufenden Ausstellung haben im weiteren 30 Schweizer Newcomer die Chance,

ihre heissesten Hüllen und coolsten Klamotten zu zeigen.

Tickets über Fastbox: Tel. 0848800800 oder www.fastbox.ch

Informationen zum Programm: Tel. (041) 2410050

Frauen vor allem aus den Banketagen. Für 500 Franken nimmt sie sich mehrereStunden Zeit, um das Erscheinungsbilddes Kunden unter die Lupe zu nehmen –«von Kopf bis Fuss», wie sie sagt. Brille,Stoff, Muster und Farbe des Anzugs,Krawattenfarben und die Accessoires:Diese Details machen die Unterschiedeaus. «Die meisten kommen zu mir, weil sienoch erfolgreicher wirken wollen», sagtBachmann.

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ALISON LOPEZ-EDGE,

ENGLISCH-ÜBERSETZERIN,

DESIGN: SOLO-MÂTINE

CHRISTIAN ANGERER,

LEITER INFORMATIONSZENTRUM,

DESIGN: RAMINI

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Karriere beginnt also im Kleider-schrank ? «Äussere Erscheinung undPersönlichkeit zählen ebensoviel wie dasberufliche Know-how», sagt Imagebera-terin Caterina Ziegler Peter. Sie ist über-zeugt, die Zukunft gehöre dem auffälliggekleideten Individualisten. Denn damitwürden jene Botschaften übermittelt, dieheute gefragt seien: Selbstbewusstseinund Mut, sich von der Masse abzuheben.Um so mehr schüttelt sie beim Gang durchdie Zürcher Bahnhofstrasse den Kopf:Sogar die Jüngeren kleiden sich wiederkonservativer, die Angst um den Arbeits-platz hemmt die Experimentierfreude.

Doch ein Zurück zum rigorosen Ein-heitstenue wird es kaum geben. «DerTrend geht in Richtung Individualität», sagtStephan Hägeli. Er lebt von diesem Trend.Hägeli entdeckte als Ökonomiestudenteine Marktlücke: massgeschneiderte An-züge für den Businessman. Sein Geschäft«Al Ferano» wirbt nun mit dem Motto«Design yourself».

Individualität predigen also alle. Aberdoch nur so individuell, wie es das Umfelderlaubt. Die Cartier-Uhr, die unter demÄrmel des Bankangestellten hervorblitzt,signalisiert Geschmack und Qualitäts-bewusstsein – aber wie steht es mit dem ebenso individuellen Indianer-Arm-bändchen ?

Kleidung als Selbstinszenierung

Das Abheben von der Masse wird inZukunft wichtiger. «Das Leben wird zumästhetischen Projekt», lautet eine vonzehn Thesen zum Leben in 25 Jahren desZukunftsforschers Christian Lutz. DasIndividuum wird nicht in eine Identitäts-schublade geschoben, sondern muss sich ständig selbst erfinden, sich selbstinszenieren. Was eignet sich dafür besserals Kleider und Mode ? Vielleicht sindTechnokids die Vorboten dieser Entwick-lung: Mit schrillen Kleidern, unmöglichenAccessoires und extravagantem Schmuckschlüpfen sie in neue Rollen, spielen mitdem anderen Ich.

1 GANZ SCHÖN FRECH! DIE

GENFERIN NATALIA SOLOMATINE

(SOLO-MÂTINE) BEWEIST, DASS

DER BÜROALLTAG EINE SCHRÄGE

NOTE GUT VERTRAGEN KANN. UND

ÜBERSETZERIN ALISON LOPEZ IST

«TOTALLY FASCINATED BY THESE

FUNKY CLOTHES» (SEITE 10, LINKS).

2 «FARBIG SOLLT IHR DURCH DIE

BÜROLANDSCHAFTEN SCHREITEN !»,

LAUTET DAS CREDO VON FABIO

ORSOLINI (RAMINI, MODELLE AUF

SEITE 4 UND 10, BEIDE RECHTS).

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Denn sowohl der Banker im Anthrazit-Anzug als auch der Jugendliche im Tech-nokostüm – beide formen mit Kleidern anihrer Identität. Ob es darum so schwer fällt,uns von einem alten Pullover zu trennen ?

DIESE DESIGNER HABEN MITGEMACHT :

– RAMINI, HOCHRÜTIRING 16, 6005 LUZERN,

TELEFON (041) 310 72 16

– TOGO, FRIEDAUWEG 5, 6023 ROTHEN-

BURG, TELEFON (041) 281 20 04

– PICCOLI EROI, SCHNEIDERGASSE 14,

4051 BASEL, TELEFON (061) 261 33 61

– SOLO-MÂTINE, RUE DE LYON 29,

1201 GENF, TELEFON (022) 345 47 57

– FACILE, SCHNEIDERGASSE 14,

4051 BASEL, TELEFON (061) 261 33 61

– ITEM, GERBERNGASSE 46, 3011 BERN,

TELEFON (031) 311 59 74

– VIENTO, NYDEGGSTALDEN 24, 3011 BERN,

TELEFON (031) 312 17 42

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ÖKONOMIN SEMYA

AYOUBI LÜFTET

DEN SCHLEIER,

DER DIE HERKUNFT

UNSERER KLEIDER

UMHÜLLT.

WELCHE MASCHE VON SEMYA AYOUBI, ECONOMIC RESEARCH

12SCHWERPUNKT

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Die schweizerische Bekleidungsindustriehat sich in den letzten Jahren den Weg zu einem erneuten Wachstum geebnet.Wichtige Schritte dazu waren sowohl dieStrukturbereinigung innerhalb der Brancheals auch die sukzessive Einführung der pan-europäischen Kumulation (siehe Kasten).Letztere räumt die Handelshemmnisse iminternationalen Warenverkehr zu einemgrossen Teil aus. Dennoch ist die Rück-kehr auf den Wachstumspfad noch mit einigen Fragezeichen behaftet, bleibt dochdie Kauflust der Konsumentinnen und Kon-sumenten verhalten. Gleichzeitig schlagensich Überkapazitäten auf dem europäischenMarkt in einem vermehrten Druck auf diePreise nieder.

Der Absatz von Bekleidung ist in derSchweiz seit 1993 stark rückläufig. ImDurchschnitt fiel der Umsatz im Kleider-handel jedes Jahr um drei Prozent. Erst imletzten Jahr staffierten sich vor allem dieHerren wieder vermehrt aus, so dass derSchrumpfungsprozess insgesamt zum Still-stand kam. Die Erholung ist aber nochnicht gefestigt, waren doch zu Jahres-beginn bereits wieder Anzeichen einer gewissen Zurückhaltung beim Kleiderkaufzu beobachten. Neben der konjunkturellschwierigen Lage macht dem Kleiderhan-del auch die Liberalisierung des Ausver-kaufs zu schaffen. Der Kunde sieht sichständig mit Preisnachlässen verwöhnt, dieer denn auch gezielt sucht. Dieses Kunden-

verhalten führt im Handel letztlich zu einemerhöhten Preisdruck und einer grösserenDynamik beim Kollektionswechsel. DieProblematik wird durch die Expansions-strategie ausländischer Handelsketten aufdem Schweizer Markt zusätzlich verschärft.Diese schwierigen Umstände sind vor demHintergrund eines Marktes zu betrachten,der von jeher dem raschen Wandel vonModeströmungen unterworfen ist.

Die Schwierigkeiten des Kleiderhandelsbleiben nicht ohne Auswirkungen auf diehiesige Bekleidungsindustrie. Denn siebekommt den zunehmenden Preisdruck,welchen die Detailhändler auf sie zu über-

wälzen versuchen, ebenfalls zu spüren.Wohl auch angesichts sinkender Preiseauf Importwaren sahen sich die SchweizerHersteller1996 veranlasst, ihrerseits Preis-zugeständnisse zu machen. Auch wenn lediglich knapp 40 Prozent der SchweizerProduktion auf dem Heimmarkt abgesetztwird, sind die Schweizer Produzenten aufihren europäischen Hauptabsatzmärktenmit ähnlichen Problemen konfrontiert wiein der Schweiz. Dennoch fiel ihre Umsatz-entwicklung im Ausland in den letzten bei-den Jahren positiv aus, während im Inlandals Folge der Konsumflaute Umsatzrück-gänge von durchschnittlich sieben Prozenthinzunehmen waren.

Die Exporte legen zu

Der Exporterfolg widerspiegelt sich auchin der Zollstatistik, welche den Warenflussüber die Schweizer Grenze aufzeichnet.Beim Vergleich der Export- und Import-zahlen von 1997 mit jenen von 1996 ist jedoch Vorsicht angebracht. Denn mit derschrittweisen Einführung der paneuropäi-schen Kumulation im Verlaufe des letztenJahres haben sich auch die Warenflüsseverschoben. So wird der Aussenhandelwieder vermehrt über die Schweiz abge-wickelt, da die Importzölle bei Wiederein-

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

13SCHWERPUNKT

DIE PRODUKTION IM AUSLAND VERSPRICHT DER SCHWEIZER BEKLEIDUNGSINDUSTRIE ERFOLG – BESONDERS, SEIT DER HANDEL MIT OSTEUROPA LIBERALISIERT IST.

STICHWORT: PANEUROPÄISCHE KUMULATION

Aufgrund der hohen Lohnkosten lassen die westeuropäischen Bekleidungsher-

steller ihre Produkte zunehmend in Osteuropa und Nordafrika konfektionieren.

Bis Anfang1997 hatten Schweizer Textilindustrielle gegenüber ihren Konkurren-

ten in der EU den Nachteil, dass ihre im passiven Veredlungsverkehr konfektio-

nierte Ware mit einem Zoll belastet wurde. Per Anfang 1997 ist die sogenannte

«paneuropäische Kumulation» schrittweise in Kraft getreten. Es handelt sich

dabei um eine Freihandelsregelung zwischen der EU, der EFTA sowie zehn mit-

tel- und osteuropäischen Staaten, nämlich Bulgarien, Tschechien, der Slowakei,

Slowenien, Rumänien, den drei baltischen Republiken, Polen und Ungarn.

Dieses Abkommen regelt die Präferenzberechtigung (Zollfreiheit) im Warenver-

kehr zwischen den beteiligten Staaten, indem einheitliche Ursprungsregeln zur An-

wendung gelangen. Zudem können nun die Ursprungserzeugnisse aller beteiligten

Staaten zollfrei gehandelt werden. Die Aufhebung der mengenmässigen Beschrän-

kungen per Anfang 1998 schliesslich hat zu einer vollständigen Liberalisierung

des Warenverkehrs mit den zehn mittel- und osteuropäischen Ländern geführt.

ZIEHT?

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führung der in Osteuropa konfektioniertenWaren entfallen. Auch beim Weiterexportvon solcher im passiven Veredlungsver-kehr gefertigter Bekleidung in die EU wurden die Benachteiligungen aufgeho-ben. Die seit letztem Jahr anziehendenExporte dürften aber trotzdem auf einenechten Erfolg auf den wichtigsten Absatz-märkten im Ausland zurückzuführen sein.1997 lagen diese in Franken ausgedrücktrund 14 Prozent höher als im Vorjahr. Die Dynamik konnte im ersten Halbjahr1998 zwar nicht mehr gehalten werden,die Exportumsätze waren mit 4,5 ProzentWachstum aber dennoch ansprechend. Diewichtigsten Abnehmerländer für Schwei-zer Bekleidungsexporte sind Deutschland,Italien, die USA, Grossbritannien, Frank-reich und Österreich. Anlass zur Sorgegibt der Schweizer Bekleidungsindustriederzeit die DM-Schwäche, nicht zuletztauch deshalb, weil die Exporte nachDeutschland ohnehin schon seit 1991rückläufig sind. Dafür konnte in den neun-ziger Jahren auf dem US-amerikanischenMarkt ein kontinuierlicher Ausbau der Exporttätigkeit realisiert werden. DieseExporterfolge wurden von der kräftigenBinnenkonjunktur in den USA getragen,aber auch durch den starken US-Dollarbegünstigt.

Die Asienkrise und das Überschwappender Währungskrise auf Russland dürftennicht spurlos an den Bekleidungsexpor-teuren vorbeigehen, fliessen doch immer-hin gut neun Prozent der Exporte in diebetroffenen Länder, mehr als die Hälftedavon nach Japan. Gemessen am Waren-wert stammen knapp vier Fünftel der Klei-derimporte aus Europa, aus Asien deren20 Prozent. Erwartungsgemäss liegen dieVerhältnisse bei einer rein mengenmäs-sigen Betrachtung deutlich anders: AusAsien werden fast 40 Prozent der Tonna-gen importiert, während lediglich 60 Pro-zent des Bekeidungsvolumens aus Euro-pa stammen. Der durchschnittliche Wertpro Gewichtseinheit asiatischer Kleider-importe liegt damit um 60 Prozent unterdemjenigen aus Europa.

Fernost drängt, der Westen weicht aus

Der hohe Marktanteil von Textilien aus denBilliglohnländern Asiens macht nicht nurder Bekleidungsindustrie der Schweiz zuschaffen, sondern auch den Kleiderfabri-kanten der andern Industrieländer. DieÜberkapazitäten auf dem Weltmarkt ver-ursachen einen hohen Importdruck, wobeidie Hersteller in Südostasien den Preis-wettbewerb anführen. Den Industriena-tionen bleibt damit als Ausweichstrategie

14SCHWERPUNKT

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BAHN FREI FÜR DEN FREIEN WARENVERKEHR

Vor dem Hintergrund des hohen Exportanteils und der Volatilität des Aus-

senhandels wird die Bedeutung eines ungehinderten Warenverkehrs für die

Schweizer Bekleidungsbranche augenfällig. Auch wenn die Zollbehinderungen

aus dem grenzüberschreitenden Warenverkehr dank der paneuropäischen

Kumulation mittlerweile weitgehend aufgehoben sind, so beklagen die hiesigen

Bekleidungsproduzenten doch noch Wettbewerbsnachteile, welche ihnen aus

Zollformalitäten im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit der EU gegenüber

ihren dort angesiedelten Mitbewerbern erwachsen.

Der weltweite ungehinderte Marktzugang ist für die Schweizer Bekleidungs-

hersteller aber auch deshalb wichtig, weil umgekehrt der Schweizer Beklei-

dungsmarkt zu den offensten der Welt gehört. Mengenmässige Beschränkungen

bestehen keine, gleichzeitig fallen die Importzölle relativ bescheiden aus. Dies

führt dazu, dass der Importanteil aller auf dem Schweizer Markt verkauften

Bekleidungswaren schätzungsweise bei über 90Prozent liegt.

die Konzentration auf das Hochpreisseg-ment. Doch hohe Qualität und modischesDesign allein reichen noch nicht aus, umauf diesem Markt bestehen zu können.Der Wettbewerb über die Preise ist auchin diesem Segment stark, so dass sich dieUnternehmen laufend zur Optimierung ih-rer Kostenstruktur veranlasst sehen. DieBemühungen um Kosteneinsparungen zie-len in einer Industrie, welche durch einenhohen manuellen Fertigungsanteil gekenn-zeichnet ist, naturgemäss auf die Reduk-tion der Lohnkosten. Dies erklärt, weshalbzahlreiche Lohnkonfektionäre traditionell imTessin angesiedelt sind, wo aufgrund deshohen Anteils ausländischer Arbeitskräftetiefere Löhne als im schweizerischen Durch-schnitt durchgesetzt werden können. Zu-sätzlich hat sich die Branche in den letztenJahren stark redimensioniert. Seit 1991schlossen etwa 30 Prozent der Unter-nehmen ihre Tore, etwa 46 Prozent derStellen wurden abgebaut. Zum Teil ist derBeschäftigungsrückgang auf eine Verla-gerung der Konfektion nach Osteuropaoder Nordafrika zurückzuführen. Die Ein-führung der paneuropäischen Kumulationdürfte diesen Trend noch weiter begünsti-gen. Damit wird aber auch klar, dass reineLohnkonfektionäre in der Schweiz im Zugeder vermehrten internationalen Arbeits-teilung unter starkem Preisdruck stehen.Dennoch ist die teilweise Verlagerung derFertigung ins Ausland ein wichtiger Faktorfür das künftige Überleben einer ganzenBranche. Als weiteres Kriterium für daserfolgreiche Bestehen am Markt kommtneben der hervorragenden Qualität undmodischen Finesse vermehrt auch derMarkenpflege eine grosse Bedeutung zu.

Die Branche hat sich in den letztenJahren gewandelt und für neue Heraus-forderungen gestählt. Was die SchweizerBekleidungsindustrie jetzt noch braucht,sind kauffreudige und letztlich auch kauf-kräftige Kunden.

SEMYA AYOUBI, TELEFON (01) 333 77 35

E-MAIL: [email protected]

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Die Globalisierung forderte von der Schwei-zer Textilindustrie einen harten Tribut. DerVerdrängungswettbewerb raffte in den letz-ten Jahrzehnten ein altehrwürdiges Textil-unternehmen nach dem anderen dahin. Alldie ausgedienten Fabrikhallen, die mitihren maroden Fassaden, verbrettertenToren und fehlenden Fensterscheiben dieWelt rundherum angähnen, sind stummeMahnmale für diejenigen, die die Zerreiss-probe nicht überstanden haben.

Schuld an diesem Trauerspiel war dieFlut an Massenware aus Billiglohnländern.Sie überschwemmte seit den sechzigerJahren den Westen und löste einen gna-denlosen Preiskampf in der Textilindustrieaus. In Asien blühte die Branche auf – inEuropa begann sie alsbald zu serbeln.Während die europäische Baumwoll-industrie 1975 noch 615 Webmaschinen betrieb, waren’s 20 Jahre später noch391. Im Gegenzug verdoppelte sich dieAnzahl in Asien und Ozeanien auf 1664.Dass die fernöstlichen Rivalen den euro-päischen Webern ins Gehege kamen, warindes nur eine Ursache für die Malaise derBranche. Gerade in den letzten Jahrenkam im Inland die Konsumflaute dazu.Ausserdem war der Exportmarkt Europa,wo drei Viertel der Schweizer Produktionhinwandert, gesättigt.

Betrieben, die der Krise beigekommensind, ist Beifall zu zollen; sie haben ihreLektion gelernt. Sie erkannten rechtzeitig,dass es müssig ist, sich mit den Schleu-derpreisgeboten aus fernen Kontinentenmessen zu wollen. Sie begriffen, wieschnell Spezialitäten zu Massenware ver-kommen, die nur eine minimale Renditeabwerfen und sonstwo von flinken Hän-den für ein Schüsselchen Reis hergestelltwerden. Der kostspielige Standort Schweizerfordert eine Konzentration auf Produktemit hohem Spezialisierungsgrad und gros-ser Wertschöpfung. Längst haben dieseFirmen ihre verstaubten Anlagen entrüm-pelt und modernisiert. Sie haben Gas gege-ben und sind heute nicht mehr zu bremsen.Vier Beispiele.

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15SCHWERPUNKT

VOLLSTOFF

VON BETTINA JUNKER, REDAKTION BULLETIN

WER DEN MASSIVEN ADERLASS INDER TEXTILINDUSTRIE ÜBERLEBTE,GING GELÄUTERT AUS DER KRISE –UND GIBT HEUTE GAS.

STRELLSON AG:

DANK ZEITGEIST-

WERBEKAMPAGNE

ZUM TRENDIGEN

HERRENAUSSTATTER

SIDEMA SA:

AUF DER ÖKO-WELLE

NACH AMERIKA

UND JAPAN

FORSTER ROHNER:

ST. GALLER SPITZE,

DIE WELTWEIT

SPITZE IST

SCHOELLER TEXTIL AG:

MARKTLEADERSHIP

IM BEREICH VON

HIGH-TECH-GEWEBEN

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16SCHWERPUNKT

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

Ein exemplarischer Fall ist die SchoellerTextil AG in der 4000-Seelen-GemeindeSevelen im Kanton St. Gallen, die sich dieSpezialisierung auf High-Tech-Gewebeauf die Fahne geschrieben hat. Die Ge-schäftsleitung stellte vor acht Jahren die130jährige Traditionsfirma auf den Kopf,krempelte die Anlagen um und drängte mit neuen Produkten in eine Marktnische. Fabriziert werden heute inmitten der un-scheinbaren Dörfchenidylle modernstemultifunktionale Stoffe: Reflektierende,flammfeste und antistatische Gewebe fürSicherheitsanzüge, atmungsaktive oderschnittfeste Artikel für Sport- und Arbeits-kleidung, abriebfester Jeans für den Motor-radsport. Aber auch hauchzarte Stöffchenund metallisch schimmernde, beschichteteoder bedampfte Gewirke, die die Phantasievon Modedesignern wie Armani und ThierryMugler beflügeln.

Heute sind die Auftragsbücher derSchoeller Textil AG randvoll, und die 160

Ähnlich hält es das alteingesessene Fami-lienunternehmen Forster Rohner mit demStandort Schweiz. Seit fast einem ganzenJahrhundert bleibt der Stickereibetriebdem Sitz St. Gallen treu. In den letztenJahrzehnten wurde in der Schweiz tüchtigmodernisiert. So ist die Steuerung derStickmaschinen heute voll computerisiert;und namhafte Investitionen halfen, dieProduktivität des Betriebes in kurzer Zeitannähernd zu verdoppeln. Während dieFirma das Stammhaus in der Ostschweizfür die Zukunft rüstete, häkelte sie aberauch allmählich ein dichtes Netz von Toch-tergesellschaften und Lizenznehmern rundum den Globus zusammen. Jüngst wurdeein Joint-Venture in China eingefädelt, dasbereits erfolgreich operiert. Und dennoch:Tobias Forster, Mitglied der Geschäfts-

Angestellten arbeiten für die zumeist aus-ländische Kundschaft auf Hochtouren. Miteinem Umsatzanstieg von fast 50 Prozentauf 48 Millionen Franken in den vergange-nen vier Jahren ist das Unternehmen auf demaufsteigenden Ast. Auf die Frage, warumer heute zum Standort Schweiz stehe, er-klärt Direktor Hans-Jürgen Hübner: «DieSchweiz steht weltweit für Qualität, Inno-vation, Fairness und Zuverlässigkeit. Undder Standort gibt uns Zugang zu den bestenHochschulen. Das ist wichtig für die Ent-wicklung neuer Gewebe.» Klar ist aberauch: Billiglohnländer eignen sich nur fürStandard- und Massenware, nicht aber für High-Tech. Und wer Exklusives her-stellt und schnell liefert, kann auch höherePreise verlangen. Teuer sind die Schoeller-Produkte allemal, denn Designer undTechniker tüfteln zuweilen bis zu vier Jahrean einem neuen Gewebe.

«DIE SCHWEIZ STELLTQUALITÄT, INNOVATION,FAIRNESS UND ZUVER-LÄSSIGKEIT DAR»HANS-JÜRGEN HÜBNER,

DIREKTOR SCHOELLER TEXTIL AG

leitung und Enkel des Firmengründers,sieht die Gründe seines Erfolgs nach wievor in der textilen Tradition der St. GallerRegion: «Wir haben hier eine intakte Infra-struktur mit hervorragenden Spinnern,Webern und Veredlern, so dass wir in derLage sind, jeder Modeströmung auf höch-stem qualitativem Niveau zu folgen.» Under weiss aus eigener Erfahrung, dass esfür einen Konkurrenten in einem Niedrig-lohnland unmöglich ist, mit dem Innovations-rhythmus der St. Galler SpitzenleistungenSchritt zu halten.

Auch Forster Rohner konzentriert sichauf eine Nische. Die Stickereien werden für die bedeutendsten Anbieter von Mar-kenwäsche wie Chantelle und Triumphentwickelt, aber auch für anspruchsvolleKreateure wie Christian Dior und Dolce &Gabbana. Die Strategie ist goldrichtig: Zusammen mit den Produktionsstätten inÖsterreich und Spanien setzt die Firmaheute jährlich 50 Millionen Franken um.

«WIR HABEN HIER EINE INTAKTE INFRASTRUKTUR»TOBIAS FORSTER,

GESCHÄFTSLEITUNG FORSTER ROHNER

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CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

17SCHWERPUNKT

Die Sidema SA in Barbengo bei Lugano ist mit ihrer 40jährigen Geschichte ver-gleichsweise jung. Auch sie hat die Zeichen der Zeit erkannt und sich früh-zeitig spezialisiert. Zwar hat der Wäsche-hersteller in den mageren Jahren Haarelassen müssen; er zählt heute noch 150Personen und kocht mit einem jährlichenUmsatz von 21Millionen Franken auf ver-gleichsweise kleinem Feuer. Doch hatauch der Betrieb vor zehn Jahren einen revolutionären Wandel vollzogen: Als einerder ersten in der Branche witterte er denUmwelt-Trend und stieg damit in einenWachstumsmarkt ein. Unter dem Namen«Natura by Sidema of Switzerland» entstandeine hochwertige Öko-Wäsche-Linie, fürdie nur Naturmaterialien wie Seide undBaumwolle aus kontrolliertem Anbau ver-wendet werden. Heute ist klar, dass derGeschäftsleiter Eduard Baumgartner da-mals den richtigen Riecher hatte – undzwar auch, weil er den Absender Schweiz

in den Namen integrierte. Zwar sind imMoment immer noch heimische Laden-ketten wie ABM, EPA, COOP und Migrosdie Hauptkunden für Private-Label-Produk-te der Sidema SA, und magere 18 Prozentder Produktion werden ins Ausland ver-frachtet. Aber die Zukunft liege im japani-schen und amerikanischen Markt, weissEduard Baumgartner. Und dort wird dasLabel «Switzerland» nicht nur gern gesehen,sondern vor allem wegen der Qualität gerngekauft. Zum Standort Schweiz steht aucher: «Vor allem das Tessin bietet Vorteile:wir haben immer genügend Arbeitskräfte– neun von zehn unserer Angestellten sindGrenzgänger. Zudem sind die Löhne tieferals in anderen Kantonen.» Die Standard-ware, die weniger hohe Qualitätsan-sprüche erfüllen muss, wird allerdingsauch bei der Sidema SA in Ländern wieKroatien hergestellt.

Mit der Qualitätsadresse Schweiz wirbtauch das Männermodehaus Strellson AGaus Kreuzlingen, obgleich unsere Alpen-nation nicht gerade als Gipfel avantgar-distischer Eleganz gilt. «Legen Sie Ihr Geldin der Schweiz an», heisst selbstbewusstder Strellsonsche Werbeslogan. Die Firmahat zwar vor 14 Jahren erst das Licht derBekleidungswelt erblickt, beschäftigt heuteaber bereits 350 Personen. Das Rezept für die modischen Männersachen: In derSchweiz erdacht, in Europa gemacht, inder ganzen Welt getragen. Hergestellt wirdin Portugal und Bulgarien. Die 100 Mitar-beiter in Kreuzlingen entwerfen die Teile,kontrollieren die fertige Ware, vermarktenund vertreiben sie weltweit. Das Konzeptzeitigt Erfolg – in 25 Ländern; der jährlichauf 70 Millionen Franken geschätzte Um-satz gibt den Machern Recht.

Doch die Firma war nicht von Anfangan vom Erfolg verwöhnt. Schliesslich wiesder Bekleidungsmarkt insgesamt schrump-

fende Verkaufszahlen auf, und es hiess,mit zahllosen etablierten Marken die Klingenzu kreuzen. Erst vor vier Jahren ging’s so richtig aufwärts, als eine kompletteNeuausrichtung die Firma vom SchweizerTextilbetrieb in ein internationales Marken-unternehmen verwandelte. Eine Investi-tionsspritze in zweistelliger Millionenhöhe,eine aufsehenerregende Werbekampagneund die Umsetzung neuartiger Absatzideenwie des Shop-in-Shop-Konzepts halfen demUnternehmen auf die Sprünge. Mit moder-ner Fotografie und schrägen Slogans trafdie Kampagne den Zeitgeist und vor allemderen trendige Vertreter mitten ins Herz.«Unser Endverbraucher ist nicht immer einBedarfskunde. Er lässt sich vielmehr vonEmotionen leiten, die wir durch die Philoso-phie unserer Produkte unterstützen», fasstGeschäftsleiter Reiner Pichler zusammen.Strellson steht für eine Lebenshaltung.

«DIE ZUKUNFT LIEGT IM JAPANISCHEN UND AMERIKANISCHEN MARKT»EDUARD BAUMGARTNER,

GESCHÄFTSLEITER SIDEMA SA

«DIE MARKE STRELLSONSTEHT FÜR EINE GEISTESHALTUNG»REINER PICHLER,

GESCHÄFTSLEITER STRELLSON AG

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18SCHWERPUNKT

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

SUSY BRÜSCHWEILER, VORSITZENDE

DER GESCHÄFTSLEITUNG DES SV-SERVICE

Das hier ist mein Lieblingskostüm. Ich tragees gerne und oft tagsüber zur Arbeit undabends zu den verschiedensten sozialenAnlässen, die mein Job halt so mit sichbringt. Ganz besonders gefällt mir die Far-be, weil sie so schön strahlt. Dieses Hell-blau hebt sich bestens von den schwarzen,mausgrauen oder marinefarbenen Anzü-gen der Herren ab, die ja ohnehin an sol-chen Apéros meist in der Überzahl sind.Mit einer anderen, etwas frischeren Farbekann ich da gut Präsenz markieren. Zudemmag ich dieses Deux-Pièces, weil es michnicht einengt und mir genügend Bewe-gungsfreiheit lässt. Am Jupe liebe ich diegrossen Taschen; die brauche ich nämlich,damit ich lebensnotwendige Dinge wie etwaKleingeld oder meinen Schlüsselbund ver-stauen kann. Kurz: Ich fühle mich in diesemZweiteiler rundum wohl.

FERDY KÜBLER, EHEMALIGER RADPROFI,

GEWINNER DER TOUR DE FRANCE 1950

Diese Socken trage ich immer beim Golf-spielen. Gerade gestern war ich an einemTurnier, deshalb sehen sie nicht mehr soblütenweiss aus. Zum Golfsport stiess icheher zufällig: Vor sieben Jahren sagte mirein Freund, der alljährlich ein grosses Tur-nier organisiert, dass er mich im folgendenJahr dabei haben möchte. Und so bliebmir nichts anderes übrig, als diesen Sportzu erlernen, im Alter von 74 Jahren. MeineFrau schenkte mir zehn Golfstunden, undschon nach der sechsten Lektion packtees mich; ich ging ins nächste Geschäftund kaufte zwei Sets. Ich kann Ihnen ver-sichern, es gibt keinen schöneren Sport.Und auch keinen gesünderen, denn manist die ganze Zeit in der Natur. Obendreinist Golf völlig ungefährlich – im Gegensatzzum Radfahren: Vor vier Jahren streiftemich ein Auto und beförderte mich einenAbhang hinunter. Seither radle ich nurnoch selten. Ich möchte meine alten Tageja noch geniessen.

LIEBLINGSFÜNF PROMINENTE ZEIGEN IHRE

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CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

19SCHWERPUNKT

FLORENCE HEINIGER, MODERATORIN DER

KULTURSENDUNG «FAXCULTURE» AUF TSR

Latzhosen sind einfach prima ! Ich liebe siein allen Variationen – je bunter und schräger,desto besser. Für mich sind sie schlichtdas Kleidungsstück, das allen Leuten gutzu Gesicht steht, ob jung oder alt, dickoder dünn, gross oder klein. Ausserdemgibt es für mich nichts Bequemeres im All-tag. Keine andere Bekleidung lässt mir soviel Bewegungsfreiheit und bietet mir mitden vielen Taschen und Täschchen dennötigen Platz für meinen Kleinkram. Dieehemalige Arbeiterkluft hat sich zum fastüberall tragbaren trendigen Alltagsoutfitgemausert. Darum haben sich bei mir imSchrank im Laufe der Zeit eine ganzeMenge Latzhosen in den verschiedenstenAusführungen angesammelt. Dieses blaueExemplar hier ist mein neustes Stück. Undmein liebstes, denn ich habe es geschenktgekriegt.

FRANZISKA ROCHAT-MOSER,

MARATHON-LÄUFERIN UND GOURMET-WIRTIN

Die Jacke ist ein Souvenir aus New Yorkund bedeutet mir viel. Als ich letztenNovember dort am alljährlichen Marathonteilnahm, hatte ich eigentlich vor, mir nach-her noch die Stadt anzusehen und ein bis-schen einkaufen zu gehen. Aber dann kamalles anders: Ich gewann das Rennen, undplötzlich waren da eine Menge Verpflich-tungen und Interviewtermine. Trotzdemwollte ich nicht mit leeren Händen nachHause gehen; schliesslich hatte ich ja auchein schönes Preisgeld eingesteckt. Ich gingalso in der Fifth Avenue zu Versace – dasist einer meiner Lieblingsdesigner. Und dasuchte ich mir einfach das schönste Stückaus, ohne auf den Preis zu achten. Ja, undso bin ich zu dieser Jacke gekommen. Ichtrage sie zur Arbeit, aber auch mal, wennich mich fein machen will für die Oper, undin der Freizeit kombiniere ich sie mit Jeans.Es ist ein Stück, das ich für fast jede Gele-genheit brauchen kann.

BEAT SCHLATTER, SCHAUSPIELER UND

GRÜNDER DES KABARETTS GÖTTERSPASS

Dieses Oberteil ist ein wichtiges Requisitaus dem letzten Klamaukstück «Hochzeit»,das wir mit dem Kabarett Götterspass seiteineinhalb Jahren aufführen. Darin kommtein bekiffter Vertreter der jungen FDP vor,der plötzlich in einer Hochzeitsgesellschaftauftaucht und für die Liberalisierung desCannabiskonsums wirbt. Er will das Braut-paar für sein Seminar «Ein neuer (H)Anfang»gewinnen, das vor dem Hochzeitsfest imgleichen Raum stattgefunden hat. Ich tragedas T-Shirt, weil es so gut ins Stück passtund weil es eine Aussage transportiert.Ausserdem ist es sehr bequem: Wenn wirdie «Hochzeit» einmal nicht mehr auf-führen, werde ich es als Pijama anziehen.Es gehören nämlich noch Hosen dazu; diesind aus dem gleichen Stoff und habenkleine Hanfblättchen drauf.

KLAMOTTEN

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Mix-Hypothek – so heisst das neue Hypothekarmodellder CREDIT SUISSE. Es istbereits das dritte Angebot imHypothekarbereich und er-gänzt die Vorzüge der beste-henden Fix- und der Flex-Hypothek (siehe Kasten). DasModell spricht ein Publikum

an, das von Zinssenkungenprofitieren, aber kein grossesZinsänderungsrisiko in Kaufnehmen will.

Mit diesen drei Modellensteht heute jedem CREDITSUISSE-Kunden ein nach Bedürfnis, Marktsituation undZinserwartung massgeschnei-

20NEWS

FETTE PREISE FÜR SPIELENDE BÖRSIANERDas INVEST GAME derCREDIT SUISSE war erneutein Erfolg. Über 8000 Börsen-interessierte aus der ganzenSchweiz haben vom 18. Maibis 3. Juli die Gelegenheitergriffen, die Börse auf spie-

lerische Art kennenzu-lernen. Auf die Cleverstenwarteten Preise im Ge-

samtwert von 40 000Franken – darunter ein

Imholz-Reisegutschein über10000Franken, ein PC undein Notebook von Compaq,

diverse Psion Organizers undPanasonic Natels.

Der Gewinner des Börsen-spiels ist Christian Burger ausKindhausen. Er hat den Ge-samtwert seines Depots von250 000 Franken auf den Be-trag von 2185 793 Frankengesteigert; seine Investitionenin Soffex-Optionen auf Schwei-zer Rück erwiesen sich alsgoldrichtig. Er hat die Nervenauch behalten, als sich wegender Yen-Schwäche Gewitter-wolken am Anlegerhimmel

FIX-, FLEX- ODER MIX-HYPOTHEK?Hypothekarmodellen errech-nen lassen. Damit kann derKunde Preisvergleiche anstel-len und sich für das passendeAngebot entscheiden. Natür-lich sind in dieser Berechnungauch Amortisations- undNebenkosten berücksichtigt.

Die Kunden der CREDITSUISSE können sich für wei-tere Informationen direkt anihren Kundenberater wenden.Wer nicht zu den CREDITSUISSE-Kunden zählt und sichtrotzdem ein Finanzierungs-beispiel bestellen will, erfährtmehr unter Telefonnummer0800 80 20 20 oder im Internet unter www.credit-suisse.ch/hypotheken.

dertes Produkt zur Verfügung.Die neue Hypothekarbroschüreerläutert die Angebote, zeigt die Vorteile der indirektenAmortisation und die Steuer-vorteile auf. Fragen rund umsEigenheim beantwortet auchdas handliche Informationsheft«Tips und Tricks für zukünftigeWohneigentümer».

Neu sind neben der Ein-führung eines innovativen Hypothekarmodells auch dietransparenten Preise und der Hypothekarservice. Inter-essenten für Wohneigentumkönnen sich jetzt ausrechnenlassen, wieviel Wohneigentumsie sich aufgrund ihrer Ein-kommens- und Vermögens-verhältnisse leisten können.Und wer bereits eine Woh-nung oder ein Häuschen insAuge gefasst hat, kann sichinnert kürzester Frist einenunverbindlichen Finanzie-rungsvorschlag mit allen drei

DAS HYPOTHEKAR-ANGEBOT IM ÜBERBLICK

Fix-Hypothek: Die Festhypothek der CREDIT SUISSE ist für

sicherheitsbedachte Eigentümer. In der vereinbarten Lauf-

zeit bleibt der Zinssatz gleich, was eine präzise Budgetie-

rung erlaubt.

Flex-Hypothek: Das Richtige für den dynamischen Eigen-

tümer. Dieser will von Zinsrückgängen profitieren, kann

aber auch Zinssatzerhöhungen verkraften. Gegen sepa-

rate Verrechnung kann man die Flex-Hypothek ab einer

Kreditsumme von 500000 Franken absichern.

Mix-Hypothek (neu): Die ideale Ergänzung der beiden ande-

ren Hypotheken. Der Eigentümer kann damit von sinkenden

Zinssätzen profitieren und sich gegen Zinsänderungen nach

oben durch die Fixierung eines Maximalzinssatzes absichern.

Laufzeit: Drei oder fünf Jahre.

abzeichneten. Lorbeeren gehenauch an das INVEST GAMEselbst: 1998 gewann es denWorlddidac Award, einenPreis für pädagogisch wertvolleund innovative Lehrmittel.

Wir bedanken uns bei allenSpielerinnen und Spielern für die rege Teilnahme. Vom31.8. bis 24.10.98 findet die nächste Runde statt. Viel Glück.

Bleiben Sie dran:http://www.investgame.ch

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profitieren möchten. Der Aktienanteil liegt bei 50 Pro-zent. Die andere Hälfte ist inObligationen und Geldmarkt-papieren angelegt und be-grenzt das Schwankungsrisikoder Kurse. Ziel der Anlage istdie Kapitalbildung.

Growth Euro

(Credit Suisse Portfolio Funds(LUX) Growth Euro)Mit rund 75 Prozent Aktieneignet sich dieser Fonds fürAnleger, die bereit sind, kurz-fristig Vermögensschwan-kungen hinzunehmen, um lang-fristig höhere Kapitalgewinnemit Aktienanlagen zu erzielen.Mit diesem Fonds soll dasKapital langfristig wachsen.

NEUE FONDS FÜRS EUROLAND

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

21NEWS

DIE EURO-FONDS IN STICHWORTEN

Wann werden die Fonds ausgegeben? Wieviel kosten Sie?

Wer betreibt das Management?

Erstemission 19.–30.10.1998

Erstemissionspreis ECU 100.– pro Anteil

Valuta 29.9.1998

Mindestzeichnung keine

Management Fee 1,2%

Geschäftsjahr 1.4.–31.3.

Fondsmanagement CSAM Zürich

Gebühren:

Ausgabekommission 2%

Jährliche Administrationsgebühr 0,075%

Umsatzabgabe bei Ausgabe 0,15%

Die Credit Suisse Portfolio Funds haben als Fondsdomizil

Luxemburg, wodurch die eidgenössische Verrechnungs-

steuer entfällt.

Die Fondswährung ECU wird am 1.1.1999 im Verhältnis 1:1

in Euro umgetauscht.

Die Preise für Fondsanteile werden täglich neu festgelegt

und in den wichtigsten Tageszeitungen sowie im Internet

(http://www.csam.com/funds) veröffentlicht.

Die Europäische Währungs-union steht kurz bevor. DieCREDIT SUISSE nimmt an,dass der Euro neue Schubkraftin die europäische Wirtschaftbringen wird. Weil das Wäh-rungsrisiko wegfällt und Preisesowie Kosten transparenterwerden, ist mit einem Wachs-tum des grenzüberschreiten-den Handels zu rechnen.Ebenso wird sich der Wettbe-werb intensivieren. Dieskommt den Unternehmenzugute – in Form von höherenInvestitionen und Erträgen.Chancen ergeben sich auchfür die Anleger, da der Euro zur zweitwichtigsten Handels-und Anlagewährung wird.

Mit drei neuen Euro-Fondsrichtet sich die CREDIT SUISSEauf die neuen Rahmenbedin-gungen aus. Alle drei Produk-te sind Portfoliofonds, alsohochdiversifizierte Anlagen inAktien, Obligationen undGeldmarktpapieren, mit einerStreuung auf verschiedeneLänder, Branchen und Wert-papiere. Mit den neuen Fondswendet sich die Bank an jeneAnleger, die an den Entwick-lungen in Europa teilhabenund von den Gewinnchancenprofitieren möchten. Entspre-chend den unterschiedlichenTemperamenten und Bedürf-nissen der Anleger hat dieCREDIT SUISSE verschiedeneAnlagestrategien festgelegt:

Income Euro

(Credit Suisse Portfolio Funds(LUX) Income Euro)Mit einem Aktienanteil von

25 Prozent eignet sich dieserFonds für Anleger, die nur geringe Kursschwankungen in Kauf nehmen wollen. DieAnlagestrategie besteht darin,den realen Wert des Kapitalszu erhalten; das Kapital sollmit anderen Worten dem Ein-fluss der Inflation entzogenwerden. Die Portfolio FundsIncome sind mit einer aus-schüttenden und einer wieder-anlegenden (thesaurierenden)Tranche erhältlich.

Balanced Euro

(Credit Suisse Portfolio Funds(LUX) Balanced Euro)Dieser Fonds ist für Anleger,die vom höheren Wachstums-potential des Aktienmarktes

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MARTIN NEFF: «DASS IN DER

SCHWEIZ GERADE DIE KANTONE

UND GEMEINDEN EINEN HOHEN

ANTEIL AN DER STEIGENDEN

STAATSQUOTE AUFWEISEN,

LIEGT AN DER AUFGABENTEILUNG

ZWISCHEN STAAT,

KANTON UND GEMEINDE.»

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Angesichts der prekären Finanzlage eini-ger Kantone stellt sich die Frage, ob dieVerschuldung der Kantone überhaupt nochtragbar ist. Die Diskussion scheidet dieGeister. Das Maastricht-Kriterium besagt,dass die Staatsverschuldung nicht mehrals 60 Prozent des Bruttoinlandproduktsausmachen darf. Diese Faustregel ist je-doch wissenschaftlich nicht begründbar.Die CREDIT SUISSE hat deshalb jetzt ineiner Analyse der Kantonsfinanzen einenAnsatz gewählt, bei dem die Verschul-dungssituation dem mittelfristigen Ertrags-potential eines Kantons gegenübergestellt

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

23ECONOMIC RESEARCH

VON MARTIN NEFF, ECONOMIC RESEARCH

DIE CREDIT SUISSE HAT DIE FITNESS DER KANTONSFINANZEN GETESTET. EINIGEN KANTONEN GEHT ES GUT, ANDERE PLAGEN GELDSORGEN.

wird; die neuartige Untersuchung beruhtauf einem Vergleich zwischen dem mittel-fristigen Ertragspotential eines Kantonsund den jeweiligen Zinszahlungen, welchedie Verschuldung ausgelöst hat.

Als Mass für das Ertragspotential wirdder Primärsaldo der laufenden Rechnungverwendet. Der Primärsaldo ergibt sichaus den laufenden Einnahmen – abzüglichder um die Zinszahlungen vermindertenlaufenden Ausgaben. Es soll also festge-stellt werden, ob die Zinsen durch denPrimärsaldo der laufenden Rechnung ge-deckt werden können. Ist dies nicht der

AM PULS DER KANTONE

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tonen Uri und Glarus ist dieses positiveResultat nicht weiter überraschend. Sokonnte in beiden Kantonen von 1990 bis1995 die Schuldenquote reduziert werden.Der Kanton Uri wies ausserdem 1996 Ver-schuldungsquoten von unter 10 Prozentauf – zusammen mit den Kantonen Zug,Schwyz und Aargau. Erstaunlich ist dasgute Abschneiden des Kantons Graubün-den, dessen Verschuldungsquote leichtüber 15 Prozent liegt; das erfreuliche Re-sultat kommt aufgrund der relativ geringenZinsbelastung sowie der im Vergleich zumVolkseinkommen relativ hohen Primärsal-di zustande. Längerfristig nicht tragbar istdie Verschuldung der Kantone Bern,Waadt und Genf. Während im KantonBern die Verschuldungsquote 1996 nurknapp über der kritischen lag, ist die ak-tuelle Verschuldung der Kantone Waadtund Genf mittlerweile so gross, dass zwi-schen 1990 und 1996 neben den Investi-tionen auch ein Teil der Zinszahlungendurch Kredite finanziert werden musste.

Steuerzahler sind am Drücker

Die Schweiz gehört mit Japan und denUSA zu den Industrieländern mit tieferStaatsquote – bei diesen Ländern bean-sprucht der Staat also verhältnismässigwenig in Relation zum ganzen Bruttoin-landprodukt. Das ist erfreulich. Doch wiekonnte die Staatsquote zwischen 1950 und1995 von 20 auf 30Prozent emporschnel-len und damit in einem ähnlichen Ausmasszulegen wie in den meisten Industrielän-

Fall, so muss der Kanton neben den Inve-stitionen auch einen Teil der Zinszahlun-gen oder der anderen laufenden Ausgabendurch Kredite finanzieren. Das kommt einernegativen Selbstfinanzierung gleich.

Längerfristig ist eine negative Selbst-finanzierung nicht tragbar, da sich dieSchulden und somit die künftigen Zins-zahlungen sehr schnell erhöhen. Aus deroben genannten Bedingung lässt sich eine kritische Verschuldungsquote errech-nen, die als Massstab zur Beurteilung der aktuellen Verschuldungssituation die-nen soll. Diese Vorgehensweise fördertüberraschende Ergebnisse zu Tage, die ineiner Grafik (oben) wiedergegeben sind:Die vier Kantone Uri, Glarus, Zug undGraubünden erreichen Werte in der Nähe

von 10. Das bedeutet, dass die aktuelleVerschuldungsquote zehnmal kleiner ist alsdie kritische. Die heutige Verschuldungs-situation dieser Kantone kann deshalb alssehr gut bezeichnet werden. In den Kan-

24ECONOMIC RESEARCH

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

So beurteilt die CREDIT SUISSE die Verschuldung der Kantone

kritisch positivVerschuldungssituation

Zürich

Bern

Luzern

Uri

Schwyz

Obwalden

Nidwalden

Glarus

Zug

Freiburg

Solothurn

Basel-Stadt

Basel-Landschaft

Schaffhausen

Appenzell AR

Appenzell IR

St. Gallen

Graubünden

Aargau

Thurgau

Tessin

Waadt

Wallis

Neuenburg

Genf

Jura

0 1 10 100

ZUGS KANTONSFINANZEN MIT BESTNOTE

1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990

Ausgaben Bund

Index Jan. 1950 = 100

Ausgaben KantoneAusgaben Gemeinden Index reales BIP

100

200

300

400

500

600

700

DIE KANTONE MÜSSEN AM MEISTEN TRAGEN

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SO NIMMT DIE CREDIT SUISSE DIE KANTONSFINANZEN UNTER DIE LUPE

Die einzelnen Positionen der Kantonsfinanzen sind unterschiedlichen Faktoren

ausgesetzt. So ist bei den Ausgaben für Bildung und Gesundheit ein starker

demografischer Einfluss zu vermuten. Die Position «Soziale Wohlfahrt» und die

damit verbundene Arbeitslosigkeit wird stärker von der konjunkturellen Ent-

wicklung abhängen. Solche Thesen lassen sich anhand von Modellen über-

prüfen. Einige Ergebnisse der jüngsten Analysen der CREDIT SUISSE sind hier

in geraffter Form wiedergegeben: Die CREDIT SUISSE konnte nachweisen, dass

sich das Total der Aufwandseite der laufenden Rechnung recht gut mittels der

Entwicklung des kantonalen Volkseinkommens, der Bevölkerung ab 20 Jahren

und der Arbeitslosigkeit erfassen lässt. Die Bildungsausgaben sind anhand der

Bevölkerung zwischen 5 und 14 Jahren und dem Volkseinkommen zu erklären –

und die Gesundheitsausgaben anhand des Wachstums der Bevölkerung ab 20

Jahren und des Volkseinkommens. Auch auf der Einnahmenseite lassen sich

Zusammenhänge ermitteln. Konkret schlägt sich ein um einen Prozentpunkt

höheres, mittelfristiges Wachstum des kantonalen Volkseinkommens im Durch-

schnitt aller Kantone in einer um 0,4 Prozentpunkte erhöhten Wachstumsrate der

Steuereinnahmen nieder. Eine höhere Steuerbelastung um plus 1 Prozentpunkt,

gemessen als Steuerertrag in Prozent des Volkseinkommens, dämpft dagegen

mittelfristig das Wachstum der Steuereinnahmen (–0,2 Prozentpunkte). Kantone

mit einer niedrigen Steuerbelastung können also im Durchschnitt mit einem

höheren Wachstum ihrer Steuereinnahmen rechnen. Dieser Befund steht mit der

Laffer-Hypothese in Einklang: Danach hängt die Höhe der Steuereinnahmen

von der Höhe des Steuersatzes ab. Mit steigender Steuerlast steigen zunächst

die Steuereinnahmen bis zu einem Maximum an, um bei weiter steigendem

Steuersatz zu sinken.

dern ? Schliesslich verfügt die Schweiz mitder direkten Demokratie und dem ausge-prägten Föderalismus über, zumindest aufden ersten Blick, geeignete Instrumente,um die staatlichen Ausgaben einzudämmen.So haben die Steuerzahler die Möglichkeit,direkt über die Höhe der Steuerbelastungzu entscheiden. Die Stimmberechtigtenkönnen hohe Ausgaben verwerfen. AllemAnschein nach ist aber der Bürger bereit,wegen des Angebots an öffentlichenDienstleistungen (Kultur, Unterhaltung,Schulbildung) oder wegen Standortvortei-len (Wohnlage, Naherholung, Sozialstruk-tur) eine entsprechende Steuerbelastung inKauf zu nehmen. Doch eins ist klar: Im in-tensiv gelebten Föderalismus, wo die Kan-tone eine ausgeprägte Steuerhoheit be-sitzen, können sich diese langfristig keinestarken Unterschiede in der Steuerbela-stung erlauben, wenn sie im Standort-wettbewerb bestehen wollen.

Die Schweiz liegt im Trend

Der starke Anstieg der Staatsquoten zwi-schen 1960 und 1980 sowie in den frühenneunziger Jahren entspricht einem inter-nationalen Trend. Dass in der Schweizgerade die Kantone und Gemeinden einenhohen Anteil an der steigenden Staats-quote aufweisen, liegt an der Aufgabentei-lung zwischen Staat, Kanton und Gemeinde.So waren die Kantone und Gemeindenmassgeblich für die Ausgaben im Gesund-heits-, Sozial- und Bildungswesen verant-wortlich; diese sind von 1960 bis 1975überdurchschnittlich stark gewachsen undmachen für diese drei Funktionen durch-schnittlich 60 Prozent der gesamten Kan-tonsausgaben aus:– Im Gesundheitswesen gehören die Kan-

tone mit ihren öffentlichen Spitälern zuden grössten Leistungserbringern. Des-halb hatten sowohl der steigende Anteilder Gesundheitskosten am Bruttoinland-produkt (BIP) als auch die Zunahme inder stationären Versorgung einen über-durchschnittlich hohen Einfluss auf dieKantonsfinanzen.

– Das Bildungswesen trägt mit durch-schnittlich 25 Prozent der Kantonsaus-gaben den höchsten Anteil bei; hier sinddie Kantone und Gemeinden für fast90 Prozent der gesamten öffentlichenAusgaben verantwortlich. Da die Bil-dungsausgaben seit 1960 stärker wach-sen als das BIP, trugen sie wesentlichzum Anstieg der Staatsquotenanteileder Kantone und Gemeinden bei.

Konjunktur beeinflusst Ausgaben

Die Gesundheits- und Bildungskosten illu-strieren ein weiteres Phänomen staatlicherAusgaben: In der Hochkonjunktur steigendie Aufwendungen jeweils stärker als das BIP, während in der Rezession gleich-laufende oder sogar unterdurchschnittli-che Wachstumsraten beobachtet werdenkönnen. Es bestätigt sich, dass Staats-ausgaben immer dann stark ansteigen,

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

25ECONOMIC RESEARCH

wenn die Restriktionen am geringstensind, etwa, wenn sich die Konjunktur po-sitiv entwickelt und die Steuereinnahmenreichlich fliessen. Hier zeigt sich deutlich,dass der Begriff der antizyklischen Fiskal-politik doch eher ein Mythos ist – auchwenn die Vorteile einer solchen Politiknicht nur in der volkswirtschaftlichenTheorie hervorgehoben werden, sondernebenso in der praktischen Finanzpolitikanerkannt sind.

Der vorliegende Text basiert auf einer Studie, die im neusten Economic Briefingder CREDIT SUISSE umfassend präsen-tiert wird. Diese Publikation können Sie via Kundenberater bestellen oder per Faxunter der Nummer 01/332 72 94.

MARTIN NEFF, TELEFON 01/333 24 84

E-MAIL: [email protected]

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GEDULD ZAHLTSICH AUS

DENN AUF LANGE SICHT ZEIGEN DIEAKTIENKURSE STETS NACH OBEN

Seit 1997 die Asienkrise ausge-brochen ist, geht es an den Börsen sehrhektisch zu und her. In den letzten Mona-ten haben die Unruhen an den globalenFinanzmärkten sogar wieder zugenommen.Warum ?

Nachdem sich dieDiskussion im Frühling noch um eine mög-liche Abwertung der chinesischen Währungdrehte, trat die praktische Zahlungsun-fähigkeit Russlands in den Blickpunkt derInvestoren. Hinzugekommen sind innenpoli-tische Probleme Russlands, wo PräsidentJelzin sein Kabinett erneut umgebildet hat.Die Märkte sind noch nicht überzeugt,dass er die anstehenden strukturellen Re-formen, von welchen weitere Gelder etwades Internationalen Währungsfonds ab-hängen, schnell genug einführen kann. Diefallenden Rohstoffpreise, insbesondere derÖlpreis, lenkten den Blick nach Latein-amerika, wo etwa Mexiko und Venezuelamit geringeren Exporteinnahmen rechnenmüssen. Dies brachte die dortigen Währun-gen und Börsen unter Druck.

Wie schnell wird sich die Situation inAsien und den übrigen Krisenherden be-ruhigen ?

Hier gilt es nach Regionen zu unter-scheiden: In Asien und Russland sind dieProbleme struktureller und somit länger-

T.S.

B.

THOMAS STEINEMANN

BULLETIN

26ECONOMIC RESEARCH

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

VON DR.THOMAS STEINEMANN, ECONOMIC RESEARCH

THOMAS

STEINEMANN:

«EIN GEDULDIGER

ANLEGER

BETEILIGT SICH

AM WACHSTUM

DER WIRTSCHAFT».

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fristiger Natur. Das bedeutet allerdingsnicht, dass sich die Finanzmärkte erst zumZeitpunkt der effektiven Lösung der Pro-bleme erholen werden. Finanzmärkte wider-spiegeln Erwartungen. Bei ersten Anzei-chen einer Lösung werden die Märktepositiv reagieren.

Und in Lateinamerika ?Hier scheinen die Probleme weniger

gross und schon länger bekannt. DasHauptproblem besteht nebst fallendenRohstoffpreisen und damit geringerenExporteinnahmen in der Konkurrenzsitua-tion Lateinamerikas zu Asien als Produk-tionsstandort. Die Währungsabwertung inAsien macht diese Region zu einem attrak-tiveren Standort für Exporte und bringt soLateinamerika unter Druck. Wir erwartenjedoch deswegen keinen Flächenbrand inLateinamerika.

Sind die Kursverluste der Börsen über-trieben ?

Von den Höchstständen der Börsenim Juli war die Korrektur in der Tat be-trächtlich. Diese betrug für den Dow Jones,den DAX und den SMI bis Mitte Septemberrund 20Prozent. Dies ist sehr viel in sehrkurzer Zeit. Dennoch muss dies im länger-fristigen Zusammenhang gesehen werden.Seit 1995 sind die europäischen Börsenum rund 150 Prozent gestiegen, mit denjüngsten Verwerfungen ergibt sich in die-sem Zeitraum noch immer eine phänome-nale Performance von rund 130 Prozent.

Dennoch: Kann es sein, dass nach diesenfulminanten Börsenjahren nun eine langePhase stagnierender oder fallender Kursebevorsteht ?

Rein theoretisch sind durchausmehrere Jahre mit einer vergleichsweiseschlechten Performance denkbar. Sobrauchten in den sechziger und siebzigerJahren die Aktienanleger einen langenAtem: Während rund 20 Jahren – bis1980– war mit Aktien nicht sehr viel zu verdie-nen. Dies hat sich seither aber drastisch

T.S.

B.

T.S.

B.

T.S.

B.

geändert; die Gründe dafür liegen in der Dynamisierung und Globalisierung der Welt-wirtschaft sowie im Umbruch in der Unter-nehmenswelt. Wir gehen nicht davon aus,dass diese Prozesse bereits abgeschlos-sen sind und erwarten somit keine mehr-jährige Baisse. Zudem ist der SchweizerAktienmarkt gemäss unserem Bewertungs-modell nun wieder klar unterbewertet –genau wie die anderen internationalenBörsenplätze.

Können Aktienkurse denn immer steigen?Oft ist aus Anlegerkreisen zu hören,

dass Aktienkurse nicht immer weiter hin-aufklettern könnten und Baissen unaus-weichlich seien. Die zweite Aussage ist sicher richtig: Natürlich steigen Aktienkursenicht ununterbrochen. Dies zeigt sich ja imbekannten Risikomass für Aktienmärkte,der Volatilität. Diese impliziert, dass dieAktienkurse um einen längerfristigen Trendschwanken. Der springende Punkt ist nun,dass eben dieser Trend nach oben weist.

T.S.

B.

Wie ist das möglich ?Dieser Aufwärtstrend hat nichts

mit Magie oder übertriebenem Verhaltenvon Investoren zu tun, sondern vielmehrmit dem Umstand, dass Volkswirtschaftenwachsen. Vereinfacht ausgedrückt, wider-spiegeln Aktienkurse den Wert der Volks-wirtschaft, und dieser setzt sich aus demWert der Unternehmen zusammen. Oder anders gesagt: Solange eine Volkswirt-schaft (oder das Bruttosozialprodukt)wächst, wachsen Aktienkurse. So wuchsdie Schweizer Volkswirtschaft währendder letzten 50 Jahre im Durchschnitt realum rund ein Prozent jährlich. Im Gegensatzzu den Aktien weisen die Obligationen keinen grundsätzlich steigenden oder fal-lenden Trend auf.

THOMAS STEINEMANN, TELEFON (01) 333 87 60

E-MAIL: THOMAS.STEINEMANN@CREDIT-

SUISSE.CH

T.S.

B.

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

27ECONOMIC RESEARCH

ANLAGETIPS IN TURBULENTEN ZEITEN

Trotz verunsicherter Finanz- und insbesondere Aktienmärkte halten wir an der

aktuellen CREDIT SUISSE-Anlagestrategie fest. Dies bedeutet, dass der Aktien-

anteil nicht aktiv heruntergefahren werden sollte. Nebst dem Umstand, dass man

während einer Korrekturphase keine Portfolioumschichtungen vornehmen sollte,

sprechen andere wichtige Gründe gegen Aktienverkäufe zum jetzigen Zeitpunkt.

Erstens nimmt durch die Wertverminderung der Aktien ihr Anteil in einem ge-

mischten Portefeuille automatisch ab. Zweitens haben private Anleger in der

Regel nicht die gleiche Flexibilität wie die professionellen Verwalter von Fonds.

Dies bedeutet, dass Umschichtungen teuer und relativ langsam sind. Zudem

stellt sich für die Privaten die Frage, wie sie den Zeitpunkt zum Wiedereinstieg

finden wollen: Nachdem die Märkte wieder um fünf Prozent gestiegen sind, oder

um zehn Prozent, oder wenn der Anlageberater anruft, es wäre nun an der Zeit?

Drittens ist die CREDIT SUISSE-Anlagestrategie immer ein gemischtes, diversi-

fiziertes, globales Portefeuille und kein reines Aktienportefeuille. Das heisst,

dass Aktienverluste im Augenblick durch Gewinne bei den Obligationen deutlich

gemildert werden. Und viertens korrigieren Aktienmärkte, wie weiter oben dar-

gelegt, zwar immer wieder, haben aber langfristig einen eindeutigen Aufwärts-

trend. Dieser längerfristigen Strategie entsprechend bleiben wir in Aktien enga-

giert. Besonders in unsicheren Zeiten empfehlen sich unsere CREDIT

SUISSE-Portfoliofonds, die nebst Aktien auch einen bedeutenden Anteil zurzeit

attraktiver Obligationen berücksichtigen.

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UNSERE PROGNOSEN ZURKONJUNKTUR

1997 6.98 7.98 8.98

Inflation 0.5 0.1 0.1 0.1Waren 0.6 0.1 0.0 –0.4Dienstleistungen 0.5 0.1 0.1 0.5Inland 0.5 0.3 0.2 0.5Ausland 0.7 –0.4 –0.3 –0.8

Detailhandelsumsätze (real) 0.4 2.9 1.0 –Handelsbilanzsaldo (Mrd. CHF)* 2.0 0.2 0.6 –

Güterexporte (Mrd. CHF) 105.1 9.5 9.9 –Güterimporte (Mrd. CHF) 103.1 9.3 9.3 –

Arbeitslosenquote 5.2 3.6 3.5 –Deutschschweiz 4.5 3.1 3.0 –Romandie 6.8 5.0 4.8 –Tessin 7.8 5.5 5.4 –

* Ohne Edelmetalle, Edel- und Schmucksteine sowie Kunstgegenstände und Antiquitäten (=Total 1)

SCHWEIZER KONJUNKTURDATEN:

JAHRESTEUERUNG BLEIBT AM BODENDie Teuerung weist weiterhin keine Anzeichen eines baldigen Anstiegs auf. DerLandesindex der Konsumentenpreise verzeichnete im August gegenüber demVorjahresmonat einen Anstieg von 0,1%. Der Anstieg ist hauptsächlich auf saison-bedingte Preissteigerungen von Pauschalreisen zurückzuführen. Die Indizes fürWohnungsmiete und Energie sowie für Bekleidung und Schuhe blieben stabil.

INFLATION:

PREISE IN SCHACH GEHALTENWeiterhin sind die Rohstoffpreise im Sinken begriffen. Die Bör-senrückgänge dämpften die Einkommen der Haushalte in den USAund führten zu einer grösseren Verunsicherung der Anleger, wasauf die Konsumnachfrage drückte. Und auch der global verschärf-ter Wettbewerb verhindert ein Ansteigen der Preise.

ARBEITSLOSENQUOTE:

TIEFSTER STAND SEIT 1992 Die realwirtschaftliche Entwicklung in Europa ist positiv. Ein soli-des Wirtschaftswachstum in den letzten Quartalen, nicht zuletztgetrieben von den tiefen Zinssätzen, führte zu einem Rückgangder Arbeitslosigkeit in Europa. In der Schweiz ist sie mit 3,4 Pro-zent im August 1998 auf dem tiefsten Stand seit November 1992.

Durchschnitt1990/1996 1997 1998 1999

Schweiz 2.8 0.5 0.0 0.6Deutschland 3.1 1.8 1.2 1.5Frankreich 2.4 1.2 1.2 1.5Italien 5.0 1.8 1.8 2.0Grossbritannien 4.1 2.8 2.8 2.7USA 3.4 2.3 1.6 2.0Japan 1.4 1.7 0.1 0.3

Durchschnitt1990/1996 1997 1998 1999

Schweiz 3.2 5.2 3.8 3.4Deutschland 8.4 11.5 11.2 11.2Frankreich 10.9 12.5 11.8 11.4Italien 10.3 12.2 12.3 12.0Grossbritannien 8.7 5.6 5.6 4.8USA 4.7 4.9 4.9 4.5Japan 2.6 3.4 3.4 4.3

PMI (rechte Skala)

1995 1996

%

2.0

2.5

1.5

1.0

0.5

0

–0.51997 1998

BIP

40

50

60

45

55

65

70

28ECONOMIC RESEARCH

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

BIP-WACHSTUM:

ASIENKRISE IST KAUM SPÜRBAR Die von strukturellen Faktoren verursachten Krisen in Asien undRussland tangieren die Realwirtschaft der Industrieländer nur marginal. Hingegen würde eine Ausweitung auf Lateinamerika dieUSA und somit die gesamte Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen.Nach anfänglicher Verlangsamung des Wirtschaftswachstumswird in der zweiten Hälfte 1999 wieder ein Anziehen erwartet.

Durchschnitt1990/1996 1997 1998 1999

Schweiz –0.1 1.7 1.9 1.4Deutschland 2.5 2.2 2.5 2.4Frankreich 1.4 2.5 3.0 2.7Italien 1.2 1.5 1.8 2.5Grossbritannien 1.3 3.1 2.2 1.5USA 1.9 3.8 3.3 2.4Japan 2.2 0.8 –1.8 0.7

DER AKTUELLE CHART

SCHWÄCHERES WACHSTUM IN SICHTDer gemeinsam von der CREDIT SUISSE und dem Schweizerischen Verband fürMaterialwirtschaft und Einkauf (SVME) erhobene Purchasing Managers’ Index(PMI) bestätigt die Einschätzung, dass in der zweiten Jahreshälfte 1998 mit einerAbschwächung des Schweizerischen Wirtschaftswachstums zu rechnen ist.

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IN KRITISCHEHÖHEN34,7 Prozent – so hoch war 1996 in derSchweiz der Anteil sämtlicher Steuerein-nahmen und obligatorischer Sozialabgabenam Bruttoinlandprodukt. Verglichen mitdem Durchschnitt in der OECD in Höhevon 37,7Prozent ist das noch wenig; ver-glichen mit der Vergangenheit war dieseQuote noch nie so hoch.

Eine hohe Belastung mit Steuern und

anderen Abgaben beeinträchtigt die Schaf-fung von Arbeitsplätzen. Denn die Arbeits-kosten, also der Bruttoverdienst zuzüglichder Sozialbeiträge des Arbeitgebers, sindentscheidend bei Standortwahl und Inve-stitionen. Diesen Kosten steht die Arbeits-produktivität gegenüber – die Produk-tionsmenge pro Beschäftigten. Bei denLohnstückkosten setzt man die Arbeits-

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

IN DER SCHWEIZ STEIGT DIE BELASTUNGMIT STEUERN UND ABGABEN ALLMÄHLICH

BEREITS FLIESSEN

34,7 PROZENT

DES SOZIALPRODUKTS

DURCH DIE KASSEN

DES SCHWEIZER FISKUS.

«IN GEFAHR IST DIE GUTE

WETTBEWERBSPOSITION

DES LANDES»,

WARNT KARL RAPPL.

kosten mit der Arbeitsproduktivität ins Ver-hältnis. Je niedriger die Lohnstückkosten,desto besser für die Wettbewerbsfähig-keit eines Landes. Dass 1997 dieser Wertin der Schweiz sank, ist deshalb eine guteNachricht.

Lohn ist nicht nur ein Kostenfaktor,Lohn ist auch Einkommen. Im Gegensatzzu den Bruttoarbeitskosten zeigt das Net-

VON DR. KARL RAPPL, ECONOMIC RESEARCH

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30ECONOMIC RESEARCH

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

toeinkommen, wieviel tatsächlich in dieTasche des Arbeitnehmers fliesst. Es um-fasst nach Abzug der Sozialbeiträge undder persönlichen Einkommenssteuer auchdie vom Staat erhaltenen Transferzahlungen,wie zum Beispiel Kinderzuschläge.

Schweiz: Mehr Lohn, weniger Kosten

Dass Unternehmer wie Arbeitnehmer beimStichwort Lohn zu Recht nicht von dengleichen Beträgen sprechen, zeigt eininternationaler Vergleich der durchschnitt-lichen Bruttoarbeitskosten und Nettoein-kommen von Industriearbeitern. Die Be-träge wurden unter Berücksichtigung derKaufkraft in Dollar umgerechnet: DieSchweiz hatte im Jahr 1996 mit zirka32 100 Dollar die zweithöchsten Arbeits-kosten der Welt, übertroffen nur vonDeutschland mit rund 33 900 Dollar. Einalleinstehender Schweizer Industriearbei-ter erhielt aber mit durchschnittlich 22 400Dollar netto deutlich mehr als sein deut-scher Kollege mit 16 000. Im Falle einervierköpfigen Familie sind es 26 000 Dollarin der Schweiz gegenüber 22 000 inDeutschland. In der Schweiz bleiben einemSinglehaushalt somit unter dem Strichrund 70 Prozent «seiner» Arbeitskosten; in Deutschland gilt nicht einmal Halbe-Halbe – genau wie in Italien. Der Länder-vergleich zeigt: Obwohl ein Schweizer Arbeiter mehr verdient, kostet er weniger !Für ein deutsches Industrieunternehmenkann es also von Vorteil sein, in derSchweiz zu produzieren. Dass dies keinegraue Theorie ist, zeigen die deutschenDirektinvestitionen in der Schweiz im Jahre1997: Mit etwa 3,5 Milliarden Frankenvervierfachten sie ihren Vorjahreswert !

Die Aussagekraft dieser Statistiken istjedoch begrenzt, denn sie berücksichtigenkeine Gegenleistungen des Staates – ein-mal abgesehen von den Transferzahlun-gen, die der Arbeitnehmer erhält. Einehochstehende Versorgung mit Soziallei-stungen und öffentlichen Diensten kannaber einen hohen Lebensstandard bei relativ geringem verfügbaren Einkommen

bieten. Im Hochsteuerland Schweden zumBeispiel stehen den hohen Abgaben auchgrosszügige Leistungen des Staates ge-genüber. Die Statistik der Arbeitskostenund Nettoeinkommen vernachlässigt auchdie Rolle der indirekten Steuern für die Ge-samtbelastung, zum Beispiel der Mehrwert-steuer, die1999 in der Schweiz erhöht wird.Und schliesslich bleibt die steuerliche Bela-stung anderer Einkommen unberücksich-tigt, beispielsweise solche aus Vermögen.

Bedenklicher Anstieg der Abgaben

Eine geeignetere Grösse zur Beurteilungder Abgabenbelastung ist die Fiskalquote,also die Gesamtbelastung der Volkswirt-schaft mit Steuern und Abgaben im Ver-hältnis zur Wirtschaftsleistung. Die Fiskal-quote berücksichtigt mit anderen Wortendie indirekten Steuern und die Steuern aufandere Einkommen; ausgeklammert bleibthingegen auch hier der Rückfluss von Lei-stungen des Staates an seine Bürger. Miteiner Fiskalquote von 28,4 rangiert Japanknapp vor den Vereinigten Staaten mit28,5 Prozent und schon deutlich vor derSchweiz mit den eingangs erwähnten34,7 Prozent. Die Bedeutung der Sozial-beiträge ist von Land zu Land unter-schiedlich. Diese machten 1996 in derSchweiz 13 Prozent des Bruttoinlandpro-duktes aus, in Grossbritannien lediglich6,2 Prozent, in Frankreich aber 19,7 Pro-zent. Nimmt man allein die Steuerbela-stung, so ist die Schweiz mit 21,7 Prozent

gleichauf mit den USA (21,5 Prozent). DieSchweiz ist also gut positioniert, doch dieAbgabenbelastung hierzulande steigt. DieFiskalquote hat seit 1990 um fast 4 Pro-zentpunkte zugelegt; der OECD-Durch-schnitt erhöhte sich im selben Zeitraum lediglich um 1,6 Prozentpunkte.

Besteht nun Grund zur Sorge ? Die Ant-wort lautet ja, wenn die eingangs erwähnteHypothese stimmt, dass eine hohe Abga-benlast das Wachstum einer Volkswirt-schaft hemmt. Um diesen Zusammen-hang zu überprüfen, hat die CREDITSUISSE einen Länder- und Zeitvergleichdurchgeführt. Die Analyse bezieht sich aufFrankreich, Deutschland, Italien, Nieder-lande, Japan, Schweiz, Grossbritannienund die Vereinigten Staaten für die Jahre1971 bis 1996. Im Durchschnitt zeigt sichein schwacher, negativer Zusammenhang: Eine höhere Abgabenlast geht mit niedri-geren Wachstumsraten einher. Abgabenund Wirtschaft können somit auf Dauernicht gemeinsam wachsen. Dies bestätigtauch die Praxis: Das Land mit den gröss-ten Wachstumserfolgen in den letztenJahren, die Vereinigten Staaten, hat eineder niedrigsten Fiskalquoten. Angesichtsdes festzustellenden Wachstums der Ab-gaben in der Schweiz ist also Vorsicht geboten. Denn die gute Wettbewerbs-position des Landes ist gefährdet.

DR. KARL RAPPL, TELEFON (01) 333 72 65

E-MAIL: [email protected]

18.1 10.4

21.5 7.0

21.7 13.0

29.8 6.2

22.6 15.5

28.5 14.8

26.1 17.1

26.0 19.7

Japan

USA

Schweiz

Grossbritannien

Deutschland

Italien

Niederlande

Frankreich

% 0 10 20 30 40

Steuereinnahmen in % des Bruttoinlandproduktes, 1996Sozialabgaben in % des Bruttoinlandproduktes, 1996

FRANKREICH TRÄGT DIE SCHWERSTE BÜRDE

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UNSERE PROGNOSENZU DEN FINANZMÄRKTEN

WECHSELKURSE:

SCHWEIZERFRANKEN LEGT ZU Der Dollar hat sich wegen Befürchtungen von Zinssenkungendurch das Fed und Unsicherheiten bezüglich Präsident Clintonabgeschwächt. Bedingt durch Krisen und Unsicherheiten in denaufstrebenden Märkten hat besonders der Schweizerfranken anWert gewonnen. Für den Yen ist aufgrund der strukturellenSchwäche Japans ein Niveau von 150 JPY/USD realistisch.

OBLIGATIONENMARKT:

RENDITEN SIND IM KELLER Wegen grossen Umschichtungen von Aktien in Obligationen sinddie Renditen in diesen Märkten deutlich gesunken. Zusätzlich fandeine «Flucht in die Qualität» statt, wodurch die Nachfrage nacherstklassigen Schuldnern stieg.

GELDMARKT:

SÄTZE UND ZINSEN GANZ UNTEN Wegen der Finanzkrisen haben starke Kapitalzuflüsse in «sichereHäfen» wie die USA, Deutschland und die Schweiz die Geld-marktsätze auf tiefe Niveaus gedrückt. Die nur langfristig erwar-tete Erholung an den Aktienmärkten hält die Zinsen niedrig.

Gewinn- Div.Ende KGV wachstum rendite Prog.1997 9.98 1998 1998 1999 1998 12 Mte.

SPI Gesamt 3898 4279 21.1 15.8 12.5 1.35Industrie 5361 5834 23.7 18.2 10.1 1.09

Maschinen 2048 2083 9.4 23.8 8.5 2.49 •••Chemie 10474 10918 26.5 15.3 7.9 0.86 ••Bau 2069 2678 15.5 43.6 13.1 1.41 •••Nahrung 3978 5081 23.3 13.4 13.0 1.41 ••Elektro 2761 2832 15.5 84.5 16.2 1.92 •••

Dienstleistungen 2661 2961 14.7 13.0 15.3 1.74Banken 2964 3253 18.1 10.9 14.5 2.00 •Versicherungen 4367 5079 19.5 18.7 17.0 1.36 ••Detailhandel 800 1008 17.8 18.6 15.5 1.75 ••

SCHWEIZER BÖRSE:

NACH BAISSE GEHT’S WIEDER BERGAUF Die Schweizer Börse ist stark von den führenden internationalen Börsen ab-hängig und hat sich dementsprechend negativ entwickelt. Ein gutes Zinsumfeld,Restrukturierungen und Kostensenkungen der Schweizer Firmen werden dieGewinnerwartungen und somit die Aktienkurse längerfristig wieder steigen lassen.

Gegenüber dem Sektor• unterdurchschnittliche Performance

•• Marktperformance••• überdurchschnittliche Performance

PrognosenEnde 97 9.98 3 Mte. 12 Mte.

Schweiz 1.50 1.68 1.7 2.0Deutschland 3.65 3.50 3.6 3.6Frankreich 3.69 3.52 3.6 3.6Italien 5.95 5.07 3.8 3.6Grossbritannien 7.69 7.51 7.6 7.2USA 5.81 5.58 5.7 5.5Japan 0.77 0.44 0.5 0.6

PrognosenEnde 97 9.98 3 Mte. 12 Mte.

CHF/DEM 81.30 81.99 83.50 85.00CHF/FRF 24.40 24.44 24.90 25.30CHF/ ITL 0.83 0.83 0.84 0.86CHF/GBP 2.40 2.34 2.46 2.38CHF/USD 1.46 1.40 1.50 1.49CHF/JPY 1.12 1.03 1.00 0.99Gold USD/unze 369 286 280 330Gold CHF/kg 13525 12853 13482 15784

PrognosenEnde 97 9.98 3 Mte. 12 Mte.

Schweiz 3.29 2.84 2.8 3.1Deutschland 5.35 4.11 4.2 4.7Frankreich 5.34 4.28 4.2 4.7Italien 5.65 4.60 4.5 4.7Grossbritannien 6.29 5.30 5.3 5.2USA 5.74 4.95 5.1 5.4Japan 1.94 1.29 1.2 1.6

Prognosen

1995 1996

Deutschland DAX

Index Jan. 1995 = 100

Grossbritannien FT-SE 100Schweiz SMIUSA S&P500

250

300

350

200

150

100

501997 1998

Japan NIKKEI

INTERNATIONALE BÖRSEN:

AUCH LATEINAMERIKA VERUNSICHERTDer starke Vertrauensverlust in die aufstrebenden Märkte machte die Anleger auf die Probleme der Staatshaushalte und Leistungsbilanzen in Lateinamerika aufmerksam. Kurseinbrüche in Russland und Lateinamerika standen in engerWechselbeziehung zu Wall Street und den anderen wichtigen Börsenplätzen. Längerfristig ist jedoch mit einer Erholung zu rechnen.

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31ECONOMIC RESEARCH

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32SCHAUPLATZ

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

CONTRA:

RUDOLF SCHWEGLER

AUS WILEN SZ:

«WER SICH ERPRESSEN

LÄSST, IST NICHT

MEHR GLAUBWÜRDIG.»

PRO:

MYRTHE DREYFUSS

ERINNERTE DIE CREDIT

SUISSE GROUP AN

BANKDIREKTOR WITZIG,

DER JUDEN IN DIE

SCHWEIZ RETTETE.

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VON CHRISTIAN PFISTER, REDAKTION BULLETIN

DER HOLOCAUST WÜHLT AUF. DOCH FÜR DIE CREDIT SUISSE GROUPZÄHLT WIEDER DIE GEGENWART.

Der 13. August brachte die SchweizerGrossbanken auf die Frontseiten der Welt-presse. Die Bankverantwortlichen habendurch den Vergleich mit dem World JewishCongress und den Anwälten der ameri-kanischen Klägerparteien ein düsteresKapitel der Unternehmensgeschichte be-wältigt; die Erleichterung war ihnen anzu-merken. Dennoch: Euphorie war ob demDeal über 1,25 Milliarden Dollar nirgendsauszumachen. «Wir können nicht daraufstolz sein, wie wir das Problem der Holo-caust-Gelder behandelt haben», erklärtebeispielsweise Rainer E. Gut, Verwaltungs-ratspräsident der CREDIT SUISSE GROUP,kurz nach der Unterzeichnung selbstkritisch.«So gesehen ist die Globallösung Teil einermoralischen Wiedergutmachung der Ban-ken.» Nachdenklich war denn auch seinUrteil am Tag nach der Vereinbarung: «Indieser Übung gibt es weder Gewinnernoch Verlierer.»

Der Vergleich zu New York schied dieGeister – auch wenn die Mehrheit derSchweizerinnen und Schweizer das Über-einkommen begrüssten (siehe Umfrageauf Seite 36). «Das Agreement ist kein

Schuldeingeständnis», erklärt Paul Rhyn,Sprecher der CREDIT SUISSE GROUP.«Aber wir können auch nicht jegliche Schuldvon uns weisen.» So oder so, der Banken-vergleich wühlte viele Menschen auf. Sieschrieben der CREDIT SUISSE GROUPoder meldeten sich telefonisch. Manchelobten das Management für seine Füh-rungsrolle, andere gingen mit der Bankhart ins Gericht. «Wenn wir unsere Haltungrichtig erklären, stossen wir auf viel Ver-ständnis», zeigte sich Rainer E. Gut in einemInterview mit dem Tages-Anzeiger zuver-sichtlich – und realistisch. «Andererseitsbegreife ich die kritischen Stimmen, vorallem aus der Aktivdienstgeneration.»

«In schlechter Erinnerung»

Einer der Kritiker des Abkommens ist RudolfSchwegler aus Wilen SZ. «Die Sechsuhr-nachrichten von heute morgen werden mirwohl noch lange in schlechter Erinnerungbleiben», schrieb er der CREDIT SUISSEGROUP noch am Tag, als die Übereinkunftin New York ausgehandelt wurde. «Ich habeaufgeschrien vor Entsetzen, als ich im Ra-dio vom Deal erfuhr. Ich glaube, die ganze

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33SCHAUPLATZ

«ES GIBT WEDERVERLIERER NOCHGEWINNER»

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Nachbarschaft hat meinen Schrei gehört.»Stunden später setzte sich der 57jährigeGeschäftsführer einer Stanzerei im Werk-zeugbau an den Computer und schrieb denBrief. «Danach war mir für den Momentwohler.» Schweglers Kredo: «Wer sich er-pressen lässt, ist nicht mehr glaubwürdig.»Dabei bestehen für ihn keine Zweifel dar-über, dass alle, die etwas zu gut haben, ihrGeld zurückbekommen sollten – «und zwarmit Zinseszinsen». Aber eben, RudolfSchwegler erzürnt die Art und Weise, wieder Vergleich zustande gekommen ist.Auch er werde als Unternehmer mit Dro-hungen konfrontiert, wenn sich beispiels-weise einmal ein Auftrag verzögert. «Ichkann mich dann nicht einfach loskaufen.»Schweglers Rezept für solche Fälle lautet:«Ich lasse mich nicht erpressen, versuche,mich durch Topleistungen am Markt unent-behrlich zu machen.» Denselben Kampfgeisthätte er auch von den Banken erwartet. «Ichbin überzeugt, dass das Geradestehen vorGericht dem Unternehmen viel Respektverschafft hätte.»

Gerechtigkeit kommt vor Recht

Dass die amerikanischen Boykottdrohun-gen Unbehagen auslösten, versteht derZürcher Anwalt Peter Widmer, der dieCREDIT SUISSE GROUP in den Verhand-lungen in Amerika vertrat: «Eines darf da-bei aber nicht vergessen werden, auch

wenn viele in der Schweiz von Erpressungseitens jüdischer Kreise in Amerika spre-chen; die jüdischen Organisationen warenlegitimiert, ihre Ansprüche vorzutragen undzu verlangen, dass man ihren Anschuldigun-gen noch einmal sorgfältig nachgeht.» FürWidmer steht ausser Frage: Der Holocausthat eine Dimension, die nach weitsichtigemHandeln verlangte. «Das Schicksal der Juden hätte nicht mit den normalen Mass-nahmen des Bankrechts behandelt werdendürfen», erklärt Widmer. «Die Bankmana-ger hätten früher realisieren müssen, dassman auf eine so ausserordentliche Situa-tion nicht mit den üblichen Berechtigungs-prüfungen für Konti reagieren konnte.»

Dazu ein Beispiel. «Ich erinnere mich an eine Schweizer Jüdin mit russischenWurzeln, die sich vor Jahren vergeblich umden Nachlass ihres Vaters bemüht hatte»,erzählt die 70 jährige Ökonomin MyrtheDreyfuss aus Zürich, bis vor zwei JahrenPräsidentin der jüdischen Flüchtlingshilfein der Schweiz. «Die Frau hatte keinen Aus-weis und auch keinen Totenschein des Vaters, der ihre Ansprüche auf die Gut-

haben eines Nummernkontos bestätigthätten.» Ihr Vater war in einem Konzen-trationslager ums Leben gekommen. DieBank zeigte sich gegenüber der Frau sturund arrogant. Das legalistische Denkender Bankmanager verunmöglichte es ihr,ihre Ansprüche geltend zu machen. EinFall von vielen. Myrthe Dreyfuss ist abernach dem Bankendeal nicht deswegen andie CREDIT SUISSE GROUP gelangt. Siewollte zeigen, dass in den Chefetagen derBank nicht überall Recht vor Gerechtigkeitgestellt wurde. Sie wünschte, dass eineLebensgeschichte nicht dem Vergessenanheimfällt: die von Bankdirektor Witzig.

Myrthe Dreyfuss’ Vater war Privatban-kier in Basel gewesen. In den dreissigerJahren traf sich bei ihrer Familie jeweilsmittwochs ein kleiner Kreis von Freundenzum Nachtessen – darunter ein Rechtsan-walt, ein Musiker und eben Edwin Witzig,der in Basel die Depositenkasse «Spalen-berg» der damaligen Kreditanstalt aufge-baut hatte. Direktor Witzig war mit einerJüdin verheiratet und zählte viele Juden zu seinen Klienten. Er nahm nichtnur geschäftlich teil an ihrem Schicksal,sondern auch als Mensch. «Während derFerien in Kandersteg fragte mich ein Ver-wandter, der aus New York stammt: Weisstdu eigentlich, dass Witzig unsere Familiegerettet hat ?», erzählt Myrthe Dreyfuss.

Edwin Witzig reiste in der Kristallnachtnach Freiburg im Breisgau zur Familie desVerwandten, den Burgers. Er wollte ihn,damals im Bubenalter, und seinen Gross-vater in die Schweiz schleusen. MutterBurger selber mochte noch nicht weg ausDeutschland, weil die Nazis ihren Mannins Konzentrationslager Dachau deportierthatten. Auch noch den Buben wegzugebenkam für sie in jenem Moment noch nicht in

34SCHAUPLATZ

CREDIT SUISSE BULLETIN 5 |98

WIRD DIE SCHWEIZ ERPRESSBAR?

«Der Bankenvergleich hat nur beschränkt präjudizielle, vorbildhafte Wirkung»,

glaubt Peter Widmer, Anwalt der CREDIT SUISSE GROUP in den Holocaust-

Verhandlungen. «Der Fall ist in verschiedener Hinsicht aussergewöhnlich.» Zur

speziellen Konstellation gehören der historische Hintergrund des Holocaust und

die Tatsache, dass die USA heute die einzige Grossmacht sind und gewisse

Dinge – so Widmer – eher durchziehen können als kleinere Staaten. «Zudem

stellt das amerikanische Prozessrecht allen Bürgerinnen und Bürgern gross-

zügig Mittel zur Verfügung, um Ansprüche einzufordern.» Die Schweiz ist also

nach dem Vergleich nicht erpressbarer als vorher. Ein Trend zeichnet sich für

Peter Widmer dennoch ab: Unternehmen werden künftig vermehrt zur Rechen-

schaft gezogen für das, was sie verursachen. «Sie müssen häufiger moralische

Komponenten in ihre Geschäftspolitik integrieren.»

«ICH HABE AUFGESCHRIENVOR ENTSETZEN, ALS

ICH IM RADIO VOM DEAL ERFUHR.»

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Frage. Erst konnte Witzig daher nur denGrossvater der Familie ausschaffen, späterdie ganze Familie. Unter ihnen auch derenGrossmutter, welche die Deutschen in einfranzösisches Konzentrationslager naheder spanischen Grenze gebracht hatten.Der Bankdirektor holte sie persönlich her-aus. Wie, das bleibt ein Rätsel. «Ob Geld imSpiel war oder nur Beziehungen, daskonnte mein Verwandter nicht sagen»,sagt Myrthe Dreyfuss. Tatsache ist, dassFamilie Burger über Zug und Palästina nachNew York kam, wo ihre Nachkommen bisheute leben. Myrthe Dreyfuss war ob demMann beeindruckt, den sie als Kind jeweilsam Stubentisch getroffen hatte: «Man musssich bei aller Kritik an den Banken auchdiese Beispiele vor Augen führen.»

Die Wirtschaft bangte ums Geschäft

Die Reaktionen von Rudolf Schwegler undMyrthe Dreyfuss auf den Bankendeal sindtypisch – so unterschiedlich sie auch seinmögen: Beide stellten die moralische Fragenach Recht und Unrecht, Gut und Böse.Für die CREDIT SUISSE GROUP war dieHolocaust-Diskussion selbstverständlichauch eine Frage des pragmatischen Vorge-hens. Zum Einlenken brachte die Banken-verantwortlichen zum einen die Furcht vorden Unwägbarkeiten einer langwierigenjuristischen Auseinandersetzung. Anderer-seits hätten die Boykotte in den USA fürdie Grossbanken und andere SchweizerGrossunternehmen längerfristig gravierendeFolgen gehabt (siehe S. 44 zu den Wirt-schaftsbeziehungen Schweiz/USA). Eineerste Boykottbewegung ging ja bereitsvon einzelnen Staaten und Städten aus.Und die hätte sich nicht nur auf die Bankenbeschränkt. «Das war mit ein Grund, dassandere Unternehmen die Drohungen ern-ster nahmen und an einer Gesamtlösunginteressiert waren», erklärt Peter Widmer.

Für die CREDIT SUISSE GROUP standviel auf dem Spiel. Sie beschäftigt in denUSA rund 5000 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter. Das Gros von ihnen gehört zurBusiness Unit CREDIT SUISSE FIRST

BOSTON, die sich mit dem Investment-Banking beschäftigt. Sie allein erzielte1997 einen Bruttoertrag von rund 10 Milli-arden Dollar, 50 Prozent davon in denUSA. Boykotte hätten fatale Folgen ge-habt und wären rasch spürbar geworden.Wie sehr ein juristisches Hickhack überJahre hinweg dem Unternehmen gescha-det hätte, lässt sich nur erahnen.Schliesslich hat weltweit noch nie ein Pro-zess dieser Grössenordnung stattgefun-den. Eine Beweisaufnahme hätte wegendes Bankgeheimnisses zu einem endlosenGezerre geführt; allenfalls hätten Millio-nen von Dokumenten aufbereitet, über-setzt und analysiert werden müssen; anvielen Details wären Streitereien ent-brannt. «Der Fall war gar nicht mehr justi-tiabel, denn ein Gericht hätte über den Ho-locaust, der 50 Jahre zurückliegt, wohlkaum ein Urteil fällen können», glaubtWidmer. «Viele Facts lassen sich gar nichtmehr eruieren.»

Die Basler Zeitung kommentierte denVergleich: «Die Schweizer Banken habennach anfänglichem Zögern so gehandelt,wie sie das gewohnt sind: pragmatisch,zielorientiert und beharrlich. Sie haben da-mit selbstverständlich vergangenes Unrechtnicht ungeschehen gemacht, aber dasmateriell Mögliche an Wiedergutmachunggeleistet.» Und Anwalt Peter Widmer dop-pelt nach: «Nur Dogmatiker können behaup-ten, die unrühmliche Vergangenheit dürfeman nicht mit Geld tilgen.»

Die1,25 Milliarden Dollar werden in vierTranchen, über vier Jahre verteilt, ausbe-zahlt. Die UBS übernimmt zwei Drittel desBetrags, ein Drittel die CREDIT SUISSEGROUP. Noch im Juni hatten die Gross-banken ultimativ 600 Millionen Dollar ge-

boten, weil sie ausschliesslich eine Ban-kenlösung anpeilten. «Das war lange Zeitdie Verhandlungsbasis», sagt Ulrich Pfister,Leiter Public Affairs bei der CREDIT SUISSEGROUP. Zudem sollte über die Untersu-chung des Volcker-Komitees separat ab-gerechnet werden. Doch nach dem Juni-Angebot zeigte sich, dass die Gegenseitegar nicht mehr weiter verhandelt hätte,wenn es einzig um die Banken gegangenwäre. Pfister: «Unsere Verhandlungspart-ner verlangten eine Gesamtlösung.» Unterder Führung von Richter Korman wurdeein Angebot geschnürt für einen globalenVergleich: Er enthielt neben den 600 Mil-lionen die Kosten für den Volcker-Prozessund einen Zuschlag für die Gesamtlösung.Dass die Banken auch andere Kreise derSchweizer Wirtschaft und die National-bank in den Deal einschlossen, hat nichtnur Freude ausgelöst. «Hätten wir das An-gebot der Amerikaner ausschlagen undsagen sollen: nein danke ?» fragt PeterWidmer. «Ich glaube, dann müssten wir unsjetzt vorwerfen, wir hätten das Terrain nichtrichtig bereinigt. Zudem haben uns die Ver-handlungspartner den Einbezug der Natio-nalbank aus freien Stücken angeboten.»

Was ist gut, was ist schlecht ? Die Frageist in der Diskussion um den Vergleichnicht einfach zu beantworten. Der CREDITSUISSE GROUP ermöglicht sie, sich wie-der voll dem Hier und Heute zuzuwenden.Spurlos sind die letzten Jahre aber nicht am Unternehmen vorbeigegangen. «Diejüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass wir in schwierigen Fragen nur weiterkom-men, wenn wir offen kommunizieren», sagt Ulrich Pfister. «Diese Art der Konfliktlösungwerden wir auch in anderen Bankthemenpflegen.»

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35SCHAUPLATZ

«BEI ALLER KRITIK AN DEN BANKEN:MAN MUSS SICH AUCH POSITIVE

BEISPIELE VOR AUGEN FÜHREN.»

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Für Ulrich Pfister ist Schluss mit dem Aus-nahmezustand. Bis zum 12. August, demTag, als der Vergleich der Grossbankenzustande gekommen ist, beherrschten dieThemen «Nachrichtenlose Vermögen» und«Raubgold» seinen Alltag. Anfragen, Stel-lungnahmen, Verhandlungen – Pfister undsein Team von den Public Affairs blickenauf turbulente Monate zurück. Mit diploma-tischem Fingerspitzengefühl galt es, vorabdie Medien über die Position der Bank inden Verhandlungen aufzuklären, ohne einAbkommen und die Verhandlungstaktik zugefährden. Die Pressesprecherfunktion inextremis sozusagen.

Jetzt kann sich seine Crew wiedervermehrt anderen Facetten ihres Jobszuwenden. «Im Bereich Public Affairs derCREDIT SUISSE GROUP beobachten wir

das politische Umfeld, das für Bankenrelevant werden könnte. Dazu gehört,diese Analysen innerhalb unseres Unter-nehmens zu vermitteln und in der Öffent-lichkeit und Politik die Sicht der Banken zuerklären», definiert Pfister die Aufgabe.Und da gibt es neben dem Holocaustnatürlich weitere Themen, die brennen: dieRolle des Bankenplatzes Schweiz im

globalen Finanzmarkt etwa oder die Dis-kussionen rund ums Bankgeheimnis, aberauch die Partnerrolle der Finanzinstitute ineiner schlagkräftigen Volkswirtschaft.

Doch keine Frage: Eine Diskussion wiedie Holocaust-Debatte ist so schnell nichtvom Tisch; der Blick in den Rückspiegel derGeschichte bleibt für die CREDIT SUISSEGROUP noch länger Pflicht. Gerade in der

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12

19

40

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Sehr gut für die Schweiz

Wie beurteilen Sie die Einigung für die Schweiz ?

Eher gut für die Schweiz

Eher schlecht für die Schweiz

Sehr schlecht für die Schweiz

Weiss nicht, keine Angaben

% 0 10 20 30

MEHRHEIT GOUTIERTBANKENVERGLEICH

VON CHRISTIAN PFISTER, REDAKTION BULLETIN

DIE POSITIVEN STIMMEN GEBEN DEN TON AN

DIE RESULTATE EINER REPRÄSENTATIVENUMFRAGE – EXKLUSIV IM BULLETIN

ULRICH PFISTER, LEITER PUBLIC

AFFAIRS BEI DER CREDIT SUISSE

GROUP: «DIE SCHWEIZERINNEN

UND SCHWEIZER HABEN

REALISIERT, DASS DIE EINIGUNG

UNTER GROSSEM DRUCK

ZUSTANDE GEKOMMEN IST.»

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Schweiz stehen wichtige Diskussionen rundum die Rolle des Landes während desZweiten Weltkriegs noch an. «Die Aufarbei-tung ist in der Schweiz nicht ausgestanden»,betont Ulrich Pfister. Anders in Amerika:Dort wurde das Thema nach Abschlussdes Bankendeals schnell aus den Schlag-zeilen verdrängt. «Zeitweise hatten wir täg-lich Artikelsammlungen aus US-Medien in Bücherdicke zu analysieren. Nach demAufheben der Boykottdrohungen ging dasMedieninteresse schlagartig zurück», er-zählt Pfister.

Für die Grossbanken ist es heute wich-tig zu wissen, wie sich die Schweizerinnenund Schweizer zum New Yorker Banken-deal stellen. Die CREDIT SUISSE GROUPführte deshalb Ende August in der Schweizeine repräsentative Umfrage durch, derenResultate das BULLETIN hier exklusiv ver-öffentlicht. Die Befragung zeigt: Die Eini-gung der Grossbanken in Sachen «Nach-richtenlose Vermögen» wird mehrheitlichwohlwollend beurteilt. 52Prozent sehen dieÜbereinkunft als positiv für die Schweiz –gegenüber 30 Prozent, die sich negativäussern. Und 53 Prozent bezeichnen denDeal als gut für die Schweizer Grossbanken,während 25 Prozent hier ein negativesStatement abgaben.

Bemerkenswert: Herr und Frau Schwei-zer unterscheiden kaum zwischen der Be-deutung des Vergleichs für die Bankenund den Auswirkungen für die Schweiz.«Das Volk ist erleichtert. Die Leute habenrealisiert, dass die Diskussion nicht mehrnur ein Bankenthema war, sondern dieganze Schweiz berührte», analysiert UlrichPfister die Ergebnisse.

Pro und Contra zeigen Facetten

Gegner wie Befürworter begründeten inder Umfrage ihre Bewertung. Bei den posi-tiven Wortmeldungen zeigt sich folgendesBild: 23 Prozent sagen, «endlich ist dasThema vom Tisch»; 14 Prozent schlagen ineine ähnliche Kerbe – «endlich eine Eini-gung». 10 Prozent erfreute, dass die Ban-ken das Geld zurückgeben müssen. Und

9 Prozent erhoffen sich, der Druck gegendie Schweiz sei nun weg. 7 Prozent be-grüssen den Vergleich, weil nun wiederGeschäfte gemacht werden könnten.5 Prozent finden aus Imagegründen denVergleich begrüssenswert; ebenso vieleerachten ihn als «beste Möglichkeit», dieAngelegenheit zu bereinigen.

Auch bei den Gegnern herrscht Mei-nungsvielfalt: 16 Prozent jener, die das Ab-kommen negativ beurteilen, finden, es sei«zuviel Geld» gezahlt worden. 12 Prozentsprechen von «Erpressung». 11Prozent wie-derum begründeten ihren negativen Ent-scheid damit, dass die Banken zu schnellnachgegeben hätten. Und 8 Prozent sindder Ansicht, das Ganze sei nicht gerecht-fertigt. «Die Leute haben realisiert, dassdie Einigung unter grossem Druck zu-standegekommen ist», kommentiert UlrichPfister die negativen Argumente.

«Nehmen die Grossbanken mit der Eini-gung ihre soziale Verantwortung wahr ?»lautete eine weitere Frage. 13 Prozent fin-den «ja, unbedingt»; 30 Prozent gaben ein

«eher ja» zu Protokoll. «Eher nein» antwor-teten 23 Prozent und 10 Prozent mit «nein,überhaupt nicht». «Trotz Vorbehalten, dassdie Banken dem Druck nachgegeben ha-ben, anerkennen viele Leute, dass dieBanken nicht nur für sich geschaut haben– das erstaunt mich», sagt Pfister.

Überraschen mag an den Ergebnissenauch, dass 18 Prozent der Befragten sichzum Abschluss noch kein Urteil gebildethatten. «Für viele war nicht mehr nachvoll-ziehbar, was letzten Endes zur Diskussiongestanden hat», deutet Ulrich Pfister die-ses Resultat. «Es war ein langwieriger,komplizierter Kampf an vielen Fronten –denn aus Amerika gab es wegen der Hal-tung im Zweiten Weltkrieg Attacken sowohlgegen unseren Staat, gegen die National-bank wie auch gegen die Banken.»

Auf die CREDIT SUISSE GROUP wartetdarum weiterhin ein grosses Stück Auf-klärungsarbeit. So ganz ohne Holocaust-Diskussion wird also das Public-Affairs-Team rund um Ulrich Pfister auch in denkommenden Monaten nicht auskommen.

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Thema ist endlich vom Tisch

Endlich eine Einigung

Banken müssen Geld zurückgeben

Druck gegen Schweiz ist weg

Geschäfte können wieder gemacht werden

Aus Imagegründen der Schweiz

Beste Lösung/einzige Möglichkeit

Banken kommen gut weg mit dieser Summe

Bringt Gewinn/ist ein Geschäft

Banken haben sowieso genug Geld

Zuviel Geld, Geld geht verloren

Erpressung

Nicht richtig/gerechtfertigt

Amerikaner stecken dahinter

Nicht sicher, ob jetzt alles erledigt

Geld müsste weltweit und gerecht verteilt werden

Schon abgegolten

Immer die Schweiz

Geldmacherei auf Kosten der Totenopfer

Wieso beurteilen Sie dies positiv/negativ ?

20% 0 10–20–30 –10

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«ENDLICH IST DAS THEMA VOM TISCH»

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CESARE RAVARA ENTWIRRT

DIE WIRTSCHAFTLICHEN

VERKNÜPFUNGEN DER SCHWEIZ

MIT DEN USA:

«DIE USA UND DIE SCHWEIZ

PROFITIEREN VONEINANDER.»

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DIE USA UNDDIE SCHWEIZIM GESCHÄFT

Die USA und die Schweiz spielen auf denWeltmärkten unterschiedliche Rollen: Diegrosse Importnachfrage der USA ist einewichtige Triebkraft der Weltwirtschaft; dieSchweiz dagegen ist auf den Weltmärktenvon untergeordneter Bedeutung, obwohlsie mit dem Ausland stark vernetzt ist. AusSchweizer Sicht sind die USA das zweit-wichtigste Export- und das viertwichtigsteImportland. Umgekehrt sind Exporte in dieSchweiz und Importe aus der Schweiz inden Aussenhandelsbeziehungen der USAvon untergeordnetem Gewicht.

In den letzten fünf Jahren erwirtschaf-tete die Schweiz mit den USA einenAussenhandelsüberschuss von jährlichmehr als zwei Milliarden Dollar. Grenz-überschreitende Investitionen haben inden weltwirtschaftlichen Beziehungen einimmer grösseres Gewicht. Und gemessenam Bruttoinlandprodukt, ist die Schweizder grösste Direktinvestor im Ausland. Sospielt sie als Investor in den USA die be-

deutend grössere Rolle denn als Handels-partner.

In Dollar ausgedrückt, sind die USAweltweit der bedeutendste Kapitalexpor-teur und -importeur. Die Kapitalzuflüssefür Direktinvestitionen in die USA erhöh-ten sich im Jahre 1997 laut jüngsten An-gaben des U.S. Department of Commer-ce um 20 Prozent auf den Rekordstandvon 93 Milliarden Dollar. Insbesondere diekonzerninternen Darlehen europäischerFinanzinstitute, aber auch reinvestierteErträge trugen zu diesem Anstieg bei.Somit erreichten Ende 1997 die weltwei-ten Direktinvestitionen in den USA einenBestand von 682 Milliarden Dollar. Vorallem die verarbeitenden Branchen, spe-ziell die Chemie- und Pharmaindustrie,stehen in der Gunst der internationalenInvestoren; die Investoren interessierensich aber zunehmend auch für Versiche-rungen und Finanzinstitute sowie für denGrosshandel.

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VON CESARE RAVARA, ECONOMIC RESEARCH

DIE ZAHLEN SPRECHEN FÜR SICH: FÜR DIE SCHWEIZER WIRTSCHAFT SIND DIE USA VON ENORMER BEDEUTUNG

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Von diesem Direktinvestitionsbestandentfielen zwei Drittel auf europäische Inve-storen, traditionsgemäss allen voran dasVereinigte Königreich. Mit gut 38,6 Milli-arden Dollar belegt die Schweiz auf derDirektinvestorenliste in den USA die sieben-te Position. Sie ist überdurchschnittlich en-gagiert in der Chemie und Pharmabranchesowie bei den Versicherungen und übrigenFinanzinstituten (ohne Banken). Die Schweizinvestierte in jüngster Zeit in den USA vor-nehmlich durch das Aufkaufen bestehen-der Firmen. In den USA finden knapp fünfMillionen Menschen in Unternehmen, die inausländischem Besitze sind, ihre Beschäf-tigung. Für Schweizer Unternehmen stehenim Ausland etwa 1,5Millionen Arbeitskräfteim Einsatz – davon gut 300000 in den USA.

Den 93 Milliarden Dollar ausländischenDirektinvestitionen in den USA im Jahre1997 standen Direktinvestitionen der US-

Firmen in Unternehmen im Ausland von122 Milliarden Dollar gegenüber. Ins Ge-wicht fielen die Kapitalabflüsse für Firmen-käufe vor allem in der Finanzbranche, derStromerzeugung und der Telekommunika-tion. Im Jahre 1997 erreichten die gesam-ten Direktinvestitionen der USA im Aus-land einen Bestand von 861 MilliardenDollar. Auf den verarbeitenden Sektor ent-fielen 34 Prozent, auf die Erdölbranche 10 Prozent und auf die Finanzinstitute(ohne Banken) 33 Prozent. Hauptziel warEuropa, allein 35,2 Milliarden Dollar wur-den in Unternehmen in der Schweiz in-vestiert – vor allem im Finanz- und Ver-sicherungsbereich (ohne Banken) sowie imGrosshandel. Somit flossen bisher rundvier Prozent der gesamten US-Direktinve-stitionen in die Schweiz. US-Unternehmenbeschäftigen im Ausland mehr als siebenMillionen Arbeitnehmer, wovon gemässeiner Erhebung der Schweizerisch-Ameri-kanischen Handelskammer rund 56 000Personen in der Schweiz.

Kampf ums Kapital

Mit einem zunehmend liberalen Welthandel,einem leichteren und schnelleren Wissens-transfer sowie offeneren Kapitalmärktensteigt für die Länder der Wettbewerbs-druck. Der internationale Handel hebt dasweltweite Volkseinkommen, was die Kon-sum- und die Investitionsgüternachfragestimuliert; er bietet somit weitere Export-möglichkeiten.

Der Kampf der Wirtschaftsstandorte istein Kampf um Kapital, das die Nähe zuden Beschaffungs- und Absatzmärktensowie optimale Herstellungs- und Distri-butionsbedingungen sucht. Die Wirtschafts-standorte buhlen um Investitionen undwollen damit das Wirtschaftswachstumund wenn möglich den Ausbau von Ar-beitsplätzen fördern. Es ist nicht von derHand zu weisen, dass die sich verändern-den weltwirtschaftlichen Konstellationenpolitische, gesellschaftliche und unterneh-merische Anpassungskosten nach sichziehen. Dies ist jedoch ein Teil des Preises

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1995

1996

1997

0.831.31

0.723.93

1.111.12

0.945.42

1.341.47

1.725.69

Direktinvestitionen in die USA Direktinvestitionen von den USADirektinvestitionen in die Schweiz Direktinvestitionen der Schweiz

0%

Quellen: OECD, International Direct Investment Statistics YearbookSNB, Zahlungsbilanz der Schweiz, Statistisches Monatsheft

1 2 3 4 5

DIREKTINVESTITIONEN DER SCHWEIZ UND USA

Quelle: U.S. Department of Commerce – Survey of Current Business

0% 20 40 60 80

Chemie MaschinenÜbrige Industrie VersicherungenBanken HandelÜbrige

Direktinvestitionen der USA in der Schweiz

Direktinvestitionen der Schweiz in USA

DIESE BRANCHEN LOCKEN DIE INVESTOREN

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für die Teilnahme am zunehmend arbeits-teiligen, aber auch wohlstandsförderndenWelthandel.

Investitionen gewinnen an Bedeutung

Multinationale Unternehmen und derenkonzerninterne Güter- und Kapitalströmebestimmen die weltumspannende Ver-flechtung der Wirtschaft. Mit grenzüber-schreitenden Direktinvestitionen wird ausunternehmensstrategischen Überlegun-gen ein direkter, dauerhafter Einfluss aufbestehende ausländische Firmen ange-strebt. Oder es werden Tochtergesellschaf-ten und Filialen im Ausland gegründet.

Die von den Unternehmen reinvestier-ten Erträge fallen bei den Direktinvestitio-nen volumenmässig oft stark ins Gewicht.Das kann zu spürbaren Schwankungender jährlichen Kapitalflüsse führen. DasReinvestieren der Erträge ermöglicht denAusbau der gesamten Beteiligung, ohnedass von der teilhabenden GesellschaftKapital exportiert werden muss. Grenz-überschreitende konzerninterne Darlehengehören ebenfalls zu den Direktinvestitio-nen, die zudem stark den Wechselkursein-flüssen ausgesetzt sind. Der weitaus gröss-te Teil dieser Kapitalexporte fliesst nach wievor in die fortgeschrittenen Volkswirt-schaften, obwohl die Direktinvestitionen inEntwicklungs- und Schwellenländer – aus-gehend von einem niedrigen Niveau – zumTeil rasant wachsen.

Nach Volumen werden die Direktinve-stitionen von den grenzüberschreitendenPortfolioinvestitionen bei weitem übertrof-fen. Zu den Portfolioinvestitionen zählenhauptsächlich von der öffentlichen Hand,aber auch von Unternehmen ausgegebe-ne Obligationen, Aktien und in einem wei-teren Sinne auch Bankkredite. Sie werden

hauptsächlich von institutionellen Anlegernwie Versicherungen, Banken, Pensions-kassen oder anderen Unternehmen mitKapitalüberschüssen getätigt, um die Finanz-anlagen zu diversifizieren. Im Jahre 1997summierte sich der Bestand der weltweitin den USA getätigten grenzüberschreiten-den Portfolioinvestitionen auf über 3500Milliarden Dollar. Hauptsächliches Anlage-vehikel sind dabei Anleihen der öffentli-chen Hand mit einem geschätzten Volumenvon gut 1000Milliarden Dollar. Die schwei-

zerische Portfolioinvestitionsposition in denUSA dürfte die Grenze von 120 MilliardenDollar erreicht haben. Die entsprechendePosition der USA in der Schweiz beliefsich im Jahre 1997 auf etwa 57 MilliardenDollar. Netto resultierte im Jahre 1997 einGesamtinvestitionsüberschuss der Schweizgegenüber den USA von 66,4 MilliardenDollar (96,3 Milliarden Franken).

Die USA ist für die Schweiz in jedemFalle ein grosser Fisch. Aus Sicht der USAist die Schweiz zwar ein kleiner Handels-partner, aber ebenfalls ein grosser Fisch,was die Kapitalimporte betrifft. LetztenEndes zählt für beide: Die Schweiz und dieUSA profitieren voneinander.

CESARE RAVARA, TELEFON (01) 333 59 12

E-MAIL: [email protected]

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41SCHAUPLATZ

«DIE USA SIND FÜR DIE SCHWEIZ DAS

ZWEITWICHTIGSTE EXPORTLAND.»

1995 1996 1997

Weltweites Bruttoinlandprodukt (BIP)1, Mrd. USD 24695 30658 n.v.2

BIP USA 7265 7636 8083

BIP Schweiz 3 308 296 255

Bruttoinlandprodukt pro Beschäftigten, USD

USA 51823 53669 55779

Schweiz 4 101050 97105 72427

Weltweites Exportvolumen, Mrd. USD 5075 5299 5475

Anteil der Exporte aus den USA 14.82% 14.19% 13.74%

Anteil der Exporte aus der Schweiz 1.75% 1.68% 1.63%

Weltweite Importe, Mrd. USD 5147 5416 5678

Anteile der Importe in die USA 12.55% 11.93% 11.38%

Anteil der Importe in die Schweiz 1.85% 1.75% 1.67%

Exportquote der USA (Exporte USA/BIP USA) 10.35% 10.42% 10.73%

Exportquote der Schweiz (Exporte CH/BIP CH) 28.89% 30.45% 33.72%

Importquote der USA (Importe USA/BIP USA) 8.89% 9.18% 9.49%

Importquote der Schweiz (Importe CH/BIP CH) 30.84% 81.81% 34.90%

Anteil der US-Exporte in die Schweiz an den gesamten Exporten der USA 0.84% 1.06% 0.96%

Anteil der Importe aus der Schweiz an den Gesamtimporten der USA 1.22% 1.14% 1.13%

Anteil der Export in die USA an den Gesamtexporten der Schweiz 7.98% 8.22% 9.30%

Anteil der Importe aus den USA an den Gesamtimporten der Schweiz 5.37% 5.96% 7.08%

1 Total OECD2 Nicht verfügbar3 Wechselkurse CHF/USD 1.18 1.24 1.454 Wechselkursbedingte Abnahme; in CHF ist das BIP/Beschäftigter angestiegen.

Quellen: IMF – Direction of Trade Statistics, OECD – Main Economic Indicators, SNB – Staatliches Monatsheft

DIE USA UND DIE SCHWEIZ IM VERGLEICH

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Einkaufen, wenn schon der letzte Ladengeschlossen hat, verschiedene Angeboteprüfen, ohne lange Wege zu machen: DasInternet macht’s möglich. Der elektronischeHandel am PC, der sogenannte E-Com-merce, wächst Jahr für Jahr. Auch Bankennutzen diese Chancen.

«Der Erfolg des Internet Banking hatunsere Erwartungen weit übertroffen», sagtPiero Huwyler, Leiter Marketing DirectBanking der CREDIT SUISSE. Als ersteSchweizer Bank führte die CREDIT SUISSEim April 1997 eine Internet-Bank ein, dasDIRECT NET. Via DIRECT NET könnenKundinnen und Kunden ihr Konto abfragen,Zahlungen erledigen oder Wertschriften

kaufen und verkaufen. Bis Mitte 1998nutzten bereits gegen 40 000 Kunden dasneue Angebot. Weitere 45 000 geben ihreBankgeschäfte via Computer über Video-tex ein.

Vorteile: Schneller und billiger

«Das Internet Banking wird sich etablieren,genauso wie sich das Telefon-Bankingetabliert hat», ist Piero Huwyler überzeugt.Die neueste Studie des Marktforschungs-instituts IHA.GfM* und Furrer & Partnerüber die «Elektronische Zukunft Schweiz»bestätigt diese Prognose; die Zahlen wer-den hier zum ersten Mal veröffentlicht: Jeder achte Schweizer Haushalt nutzt be-

reits heute Bankdienstleistungen über Tele-fon, Videotex oder Internet. Ein Fünftelvon ihnen hat über Internet einen Zugangzur Bank.

Und das ist erst der Anfang, denn dasInternet ist ein Massenmedium geworden;nahezu eine Million Benutzer surfen in derSchweiz schon im World Wide Web.Gemäss IHA-Studie steigt mit der Verbrei-tung des Internets auch die Akzeptanz vonBanktransaktionen am privaten Bildschirm:40 Prozent aller Schweizer Haushaltekönnen sich vorstellen, ihren Zahlungs-verkehr zu Hause am PC zu erledigen. DerGrund für diese positive Einschätzung liegtin der Zeitersparnis: Rund die Hälfte der

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INTERNET BANKING DURCHLEUCHTET

EINE STUDIE HAT DAS

VON PASQUALE FERRARA

IMMER MEHR KUNDEN

GREIFEN ZUR COMPUTERMAUS,

UM IHRE BANKGESCHÄFTE

ZU ERLEDIGEN.

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Befragten wertet es als Vorteil, dass sichfür Zahlungsgeschäfte via Internet derGang zum Bankschalter erübrigt. GeringereGebühren sind hingegen nur für einen kleineren Teil Grund genug, um auf dasInternet Banking umzusteigen.

Doch wie nutzen die Kunden die ver-schiedenen Dienstleistungen des Bankingper Internet, Telefon oder Videotex – kurzdes Direct Banking ? Am beliebtesten istdie Kontoabfrage: Praktisch alle «DirectBanker» sehen von Zeit zu Zeit ihren Kontostand ein. Knapp zwei Drittel gebenZahlungen und Überweisungen via Tele-fon oder Computer in Auftrag. 15Prozenterledigen von zu Hause aus ihre Börsen-geschäfte oder fragen ihr Depot ab. AmHandel mit Wertpapieren finden vor allemdie Benutzer des Internet Banking immermehr Gefallen: Bei der CREDIT SUISSElaufen schon heute15Prozent aller Börsen-transaktionen übers Internet.

Für die Banken ist die Sache klar: DieMillioneninvestitionen ins Internet Bankinglohnen sich, denn die Verlagerung derBankgeschäfte vom Schalter oder Papierauf die elektronischen Medien spart be-trächtliche Kosten. «Im Vergleich zum tradi-tionellen Banking ist eine Transaktion überden Phonekanal einen Drittel billiger, undein Zahlungsauftrag via Internet kostet unsrund einen Fünftel», erklärt Piero Huwyler.Das elektronische Banking soll jedoch dieFilialen nicht einfach ersetzen, wie Huwylerbetont. «Unser Ziel ist es vielmehr, jedenVertriebskanal optimal zu nutzen.» Und opti-mal heisst: für den Kunden so bequemund für die Bank so günstig wie möglich.

Es sind vorab die jüngeren Kunden, diesich als Pioniere im Internet Banking pro-filieren: Zwei Drittel der 20- bis 40jährigen

gaben bei der IHA-Untersuchung an, dasssie sich Bankzahlungen via Computer vor-stellen können, gegenüber 20 Prozent beiden über 60jährigen. Internet Banking vorallem etwas für Junge ? Piero Huwyler widerspricht: «Die Hälfte unserer Internet-Kunden sind zwischen 30 und 50.»

Immer noch Hemmschwellen

Das Potential ist also vorhanden; derBoom wird sich aber erst einstellen, wenngewisse Hemmschwellen verschwinden.Am meisten beschäftigt die Kunden dasThema Sicherheit: Unter den vermutetenNachteilen des Internet Banking wurdedieser Punkt am meisten genannt. «Obwohldie Verschlüsselungsprogramme höchstenSchutz vor fremdem Zugriff bieten, ist fürviele Kunden das System nicht durchschau-bar», sagt Martin Baumann, Leiter derUntersuchung beim IHA.

Wenig erstaunlich ist, dass fast einDrittel die Kosten für Geräte und Softwareals Nachteil einstufen, denn noch nicht jeder Schweizer Haushalt verfügt überComputer und Modem. Einen weiterenNachteil sehen die Befragten im fehlenden

persönlichen Kontakt: Fast die Hälfte würdebeim Internet Banking das Gespräch amSchalter vermissen. Interessantes Detail:Diejenigen Kunden, die ihre Bankgeschäftebereits per Mausklick erledigen, kümmertdie Anonymität nur noch wenig. «InternetBanking schliesst den persönlichen Kon-takt ja nicht aus», meint Piero Huwyler. Beider CREDIT SUISSE werde der Kunde fürein Beratungsgespräch auch in Zukunftden Kundenberater aufsuchen können.

Das Internet Banking wird wachsen,daran zweifelt Marktforscher Martin Bau-mann nicht. Bereits sind die Banken daran,neue Anwendungen zu entwickeln: «Nochdieses Jahr werden wir Hypothekar- undLeasinggeschäfte übers Internet anbieten»,sagt Piero Huwyler. Privatkredite folgen innaher Zukunft. Kundinnen und Kundenwerden sich also bald schon verschiede-nene Varianten der Kreditaufnahme durch-rechnen lassen können – zu Hause amComputer, zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Infos bekommen Sie in jeder Geschäfts-stelle der CREDIT SUISSE, über Hotline0844 800 844 oder via www.directnet.ch.

*«Elektronische Zukunft Schweiz 1998»,ein Gemeinschaftsprojekt von: IHA.GfM Institut für Marktanalysen AG,Hergiswil (Kontaktperson: Martin Baumann(041) 632 93 78) und Furrer&Partner AG,Biel/Zürich (Kontaktperson: Rolf Gasenzer(032) 328 40 28)

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43SERVICE

DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE DER UMFRAGE

– Jeder achte Haushalt in der Schweiz nutzt schon heute das Direct Banking,

sei es über Telefon, Videotex oder Internet.

– Beliebteste Dienstleistung des Direct Banking ist die Kontoabfrage. Zwei

Drittel der Benutzer machen aber auch Überweisungen, und 15 Prozent

wickeln Börsengeschäfte ab.

– 40Prozent aller Schweizer Haushalte können sich vorstellen, künftig Zahlungen

zu Hause am Bildschirm zu erledigen.

– Mit Direct Banking wird Zeit gespart: Das wird von den Kunden als grösster

Vorteil betrachtet.

– Hauptargumente gegen die Zahlungen via Bildschirm sind: Sicherheit, fehlen-

der Kontakt und Kosten für Geräte und Computerprogramme.

«DAS INTERNET BANKINGSCHLIESST DEN PERSÖNLICHEN

KONTAKT NICHT AUS.» PIERO HUWYLER, LEITER MARKETING DIRECT BANKING

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Not macht erfinderisch. Als in den achtzigerJahren die erfolgsverwöhnten amerika-nischen Unternehmen immer stärker vonder japanischen Konkurrenz bedrängtwurden, ging ein Ruck durchs Land. Esschlug die Stunde des «Total QualityManagement», eines Prinzips, das die Qua-lität sämtlicher Unternehmensprozesse zusteigern suchte. In den USA waren dieseIdeen zwar schon nach dem Zweiten Welt-

krieg aufgetaucht, doch stiessen sie aus-gerechnet in Japan auf fruchtbaren Boden.Erst die Ära Reagan brachte sie wieder inihr Ursprungsland zurück. 1987 zeichneteeine Jury erstmals ein amerikanisches Unternehmen mit dem nationalen Qualitäts-preis aus. Zu Beginn noch belächelt, habendiese Preise mittlerweile viel Prestigeerlangt – und zwar mit Grund: Langzeit-studien in den USA haben ergeben, dassdie Aktien der Preisgewinner sich über-durchschnittlich gut entwickeln. Die Euro-päer antworteten 1992 mit einer vergleich-baren Auszeichnung, vergeben durch dieEuropean Foundation for Quality Manage-ment. Nachdem die meisten europäischenLänder ihrerseits einen nationalen Quali-tätspreis eingeführt hatten, hat vor nun auchdie Schweiz gleichgezogen: Im kommendenFebruar wird das beste Unternehmen desLandes erstmals mit dem ESPRIX ausge-zeichnet werden, dem Schweizer Qualitäts-preis für Business Excellence.

Eine gründliche Durchleuchtung

Insgesamt 21 Firmen haben sich für dieerste Runde des Wettbewerbs angemeldet.«Diese Zahl scheint niedrig, übertrifftjedoch unsere Erwartungen bei weitem»,sagt Heinz Liedtke, Geschäftsführer vonESPRIX, «denn die Umstellung auf das‹Total Quality Management› dauert meh-rere Jahre.» Einmal angemeldet, muss

44SERVICE

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DEM SIEGERDIE LORBEEREN

UND DEN ANDERN RESPEKT,DENN WER AM ESPRIX TEILNIMMT, HAT SCHON VIEL ERREICHT.

VON ANDREAS THOMANN, REDAKTION BULLETIN

DER LORBEERKRANZ WARTET AUF DAS

BESTGEFÜHRTE UNTERNEHMEN

DES LANDES. HEINZ LIEDTKE,

GESCHÄFTSFÜHRER VON ESPRIX (LINKS),

UND SAMUEL HOLZACH, ASSESSOR.

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sich das Unternehmen einer systema-tischen Selbstanalyse unterziehen. DerenErgebnisse hält es in einem Bericht fest.Die Bewertung geschieht anhand vonneun Kriterien (siehe Box): Auf der einenSeite stehen die Determinanten des Unternehmenserfolgs, auf der anderenSeite die Ergebnisse. Das Maximum vontausend Punkten hat noch keine Firma erreicht. Die besten der Welt bringen eszurzeit auf 750 Punkte.

Von den 21 Unternehmen, die sich fürden ESPRIX angemeldet hatten, habenacht im Laufe des Self-Assessment er-kennen müssen, dass sie noch nichtsoweit waren. «Fast alle haben jedoch ver-sprochen, im nächsten Jahr dabeizusein»,unterstreicht Heinz Liedtke. Die verblie-benen Unternehmen wurden in der Folgeeiner externen Untersuchung unterzogen.Zuerst einzeln, anschliessend im Teamstudierten die unabhängigen Assessorenvon ESPRIX die Unterlagen, die sie vomUnternehmen bekommen hatten. DasAugenmerk galt nicht nur dem aktuellenStand der Dinge; die Zahlen und Wertesollten auch einen positiven Trend auf-weisen. «Hier zeigt sich der dynamischeCharakter des Modells», meint SamuelHolzach, CREDIT SUISSE-Verantwortlicherfür das Marketing der Firmenkunden undselber Assessor bei ESPRIX. «Die Unter-nehmen sind gezwungen, die Kriterienständig zu überprüfen und zu verbessern.»

Der Aufwand zahlt sich aus

Die externe Überprüfung der Unternehmenist mittlerweile abgeschlossen. Gestütztauf die Berichte der Assessoren, hat dieJury am 1. Oktober die Finalisten be-stimmt. Bei diesen Firmen begeben sichdie Assessoren selber an Ort und Stelleund überprüfen mittels Interviews oderEinsicht in weitere Dokumente diejenigenPunkte, die noch unklar sind. «Ein Mittag-essen mit Mitarbeitern liefert zuweileninteressante Zusatzinformationen», weissHeinz Liedtke zu berichten. Nach Abschlussdes Verfahrens wird die Jury ein weiteres

Mal zusammentreffen. Und am 25. Februar1999 schliesslich wird Bundesrat Couche-pin als Patronatspräsident von ESPRIXdem Gewinner die begehrte Trophäe über-reichen können.

Etwas viel Aufwand für ein paar Lor-beeren, könnte man meinen. «Er machtsich jedoch gleich mehrmals bezahlt», istSamuel Holzach überzeugt. Schon derZwang, sich selber gründlich zu durch-leuchten, kann dem Unternehmen wich-tige Erkenntnisse liefern. «Ein Kleinunter-nehmer berichtete mir, noch nie so vielüber die eigene Firma gelernt zu habenwie bei der Vorbereitung auf den ESPRIX»,erzählt Holzach. Und die Effekte des Quali-tätsmanagements stellen sich nicht erstbei der Preisverleihung ein. Eine Firma,die beim ESPRIX teilnimmt, hat schon ein

schönes Stück Weg zurückgelegt. Undschliesslich verschafft sich ein Unter-nehmen über die Teilnahme am ESPRIXfür wenige tausend Franken ein umfas-sendes Assessment, eine Dienstleistung,für die es normalerweise ein Vielfachesaufwerfen müsste.

«Die wirtschaftlichen Erfolge der erstenTeilnehmer wird Nachahmer schaffen»,zeigt sich Heinz Liedtke überzeugt. Undwenn sich das Prinzip des «Total QualityManagement» immer weiter ausbreitensollte, käme dies letztlich der SchweizerWirtschaft insgesamt zugute. «Denn dieSchweiz ist nur dann wettbewerbsfähig,wenn es ihre Unternehmen sind.»

Weitere Infos über www.esprix.ch oder überwww.saq.ch.

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45SERVICE

«DIE WELTBESTEN UNTERNEHMEN ERREICHEN 750 PUNKTE»

Die Bewertungskriterien von ESPRIX (Maximum 1000 Punkte):

Determinanten des Unternehmenserfolgs (qualitativ):

– Führung (100 Punkte): Die Unternehmensführung verankert das Qualitäts-

management umfassend und systematisch in ihre Entscheidungen.

– Politik und Strategie (80 Punkte): Das Unternehmen integriert das Qua-

litätsmanagement in seine Politik und Strategie.

– Mitarbeiterorientierung (90 Punkte): Das Unternehmen vereinbart mit den

Mitarbeitern Ziele, veranlasst sie zu selbständigem Handeln und versucht,

ihre Fähigkeiten laufend weiterzuentwickeln.

– Ressourcen (90 Punkte): Das Unternehmen setzt seine Ressourcen so effizient

wie möglich ein.

– Prozesse (140 Punkte): Das Unternehmen organisiert die Prozesse, stimmt sie

aufeinander ab, überprüft und verbessert sie.

Ergebnisse (quantitativ):

– Kundenzufriedenheit (200 Punkte): Wie beurteilen die Kunden die Produkte,

Dienstleistungenund den allgemeinen Auftritt des Unternehmens?

– Mitarbeiterzufriedenheit (90 Punkte): Sind die Mitarbeiter motiviert? Wie hoch

ist die Fluktuationsrate?

– Gesellschaftliche Verantwortung/Image (60 Punkte): Wie ist das Ansehen des

Unternehmens in der Öffentlichkeit ?

– Geschäftsergebnisse (150 Punkte): Kennzahlen aus Bilanz und Erfolgs-

rechnung (vergangenheitsorientiert) sowie aus Prozessen (Frühwarnindi-

katoren).

Sponsoren von ESRPIX: CREDIT SUISSE (Hauptsponsor), Schindler, Swisscom,

PricewaterhouseCoopers, Helvetia Patria, Hilti.

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Herr Frei, wasist das für ein Gefährt, dasSie uns da präsentieren ?

Das ist ein mass-geschneiderter Langstrecken-rennstuhl aus Aluminium mitKevlarrädern. Von diesenVollscheibenrädern erwarteich natürlich keinen aerodyna-mischen Effekt – das wäre javermessen bei einer Ge-schwindigkeit von 35 Stun-denkilometern. Aber sie sindstabiler, und ich brauche nieneue Speichen. Rollstuhl-hersteller produzieren diese

HEINZ FREI

BETTINA JUNKER Rennstühle heute als Neben-produkte. Als ich mit demRollstuhlrennsport angefan-gen habe, da musste ich sienoch selber konstruieren.

Seit wann betreiben SieBehindertensport ?

Seit 18 Jahren. Nachmeinem Unfall habe ich schnellgemerkt, wie wichtig der Sportin meinem neuen Leben ist.Dank körperlicher Fitnesskonnte ich alleine meinenTätigkeiten nachgehen, ohnefremde Hilfe ins Auto steigen

H.F.

B.J.

und meinen Rollstuhl einladen.Diese Selbständigkeit hatmeine Lebensqualität ent-scheidend verbessert.

Sie waren schon vor IhremUnfall eine Sportskanone. Wie war das, als Sie erfahrenhaben, dass Sie nie mehrgehen können ?

Als ich so im Spital lagund mich die Ärzte auf einLeben im Rollstuhl vorbereite-ten, sah ich keine Zukunftmehr für mich. Sport, Berufund Familie waren plötzlich inunerreichbare Ferne gerückt.Ich haderte mit dem Schick-sal; es war eine Zeit vollerDepressionen. Doch dasPflegepersonal, meine Familieund Freunde haben mich wieder aufgepäppelt. Als ichdann die Welt zum ersten Malaus der Rollstuhlperspektivebetrachten konnte, da kammein Lebenswille zurück. Ichgab mir in der Rehabilitationgrosse Mühe, und nach zwei-

H.F.

B.J.

VON BETTINA JUNKER, REDAKTION BULLETIN

VOLL IMSCHWUNG

DEN STOLPERSTEINEN ZUM TROTZ, DIE IHM DAS LEBEN IN DEN WEG LEGTE, IST DER SPITZENSPORTLERHEINZ FREI NOCH IMMER

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47MAGAZIN

einhalb Monaten konnte ichbereits aufstehen und michselber anziehen.

Dazu braucht’s ja nicht nurkörperliche Stärke, sondernvor allem viel innere Kraft.

Ich bin eine Kämpfer-natur. In mühsamer Kleinarbeithabe ich mir mein Lebenlangsam wieder erschaffen.Natürlich hatte ich zuweilenauch grosses Glück: Ich hatte meine Ausbildung zumVermessungszeichner nämlichvor dem Unfall abgeschlossen,und mein Arbeitgeber bot mirdanach an, die nötigen bau-lichen Anpassungen für einenrollstuhlgängigen Arbeitsplatzvorzunehmen. Zudem erlaubtemir ein Halbtagspensum, den Sport derart ausgiebig zu betreiben.

Sie scheinen heute mitIhrem Leben rundum zufrieden.

Ich bin ein ausgegli-chener Mensch und habe füralles, was ich früher gemachthabe, einen hundertprozen-tigen Ersatz gefunden. Klar,der Unfall hat mir eine riesigeHürde in meinen Lebensweggestellt, die ich nicht so einfach überspringen konnte.Aber heute habe ich nicht

H.F.

B.J.

H.F.

B.J.

das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Es fällt mir gar nichtmehr auf, dass nicht der ganzeKörper in Sachen Empfindenund Motorik mitmacht.

Was bedeutet Ihnen IhrKörper ?

Ich kann heute nur einen Drittel meines Körpers bewegen. Aber ich habe ihn so akzeptiert und habe ihnauch gleich gerne wie damals,als er noch voll funktionsfähigwar. Würde ich jedesmalfluchen, wenn ich meine Beineins Auto hieven muss, dannhätte ich das Problem nichtgelöst und hätte niemals diesen Erfolg haben können.

Eigentlich haben Sie alles, was einen Menschenglücklich macht: Erfolg, eine Beziehung …

Ja, meine Frau wurdedurch den Sport auf mich auf-merksam. Sie hat mir ein Gratulationsschreiben geschickt– richtige Fanpost. Das hatuns zusammengebracht, unddann hat’s auch gleich gefunkt.

… und zwei Kinder.Nach dem Unfall

tauchte bei mir natürlich dieFrage auf, ob ich überhaupt

H.F.

B.J.

H.F.

B.J.

H.F.

B.J.

einmal Vater werden könnte.Die Ärzte liessen mich imUngewissen. Ihr lapidarer Rat:«Probier es halt einfach aus.»Das war damals natürlich keine grosse Hilfe. Für meineFrau hat es jedenfalls nie eineRolle gespielt, ob wir Kinderhaben oder nicht. Glücklicher-weise hat mir meine Lähmungdann doch erlaubt, Nachwuchszu zeugen. Bei uns hat dassogar auf Anhieb geklappt.

Angenommen, Sie hätteneinen Wunsch frei. Waswürden Sie sich wünschen ?

Ich möchte gesundbleiben, denn so kann ich mirviele meiner Träume selbstverwirklichen. Wenn ich nichtmehr gesund bin, kann ichkeinen Sport treiben und nichtmehr so recht Freude habenam Leben.

H.F.

B.J.

EHRE, WEM EHRE GEBÜHRT

Am 27. November 1998 findet im Kursaal Bern die zweite

CREDIT SUISSE-Sport-Gala statt – zweifelsohne ein hoch-

karätiger Anlass, denn alles, was im Schweizer Sport Rang

und Namen hat, ist dabei. Mehrere hundert Gäste aus

Sport, Politik und Wirtschaft sind ausserdem geladen, und

die 1400 Mitglieder des Verbands Schweizer Sportjourna-

listen erküren die Preisträger. Höhepunkt des Festes ist

die Auszeichnung der Sportlerinnen und Sportler des

Jahres durch Bundesrat Adolf Ogi.

HEINZ FREI – DER ROLLENDE CHAMPION

Weit und breit findet sich im Schweizer Sport kein zweiter

Athlet, der auf eine so lange und ruhmreiche Karriere zurück-

blicken kann – schon gar keiner, der mit fast 40 Jahren

noch souverän in die Liga der besten Sportler des Jahres

rollt. Zum «Behindertensportler des Jahres» wurde Heinz

Frei 1997 an der CREDIT SUISSE-Sport-Gala bereits zum

sechsten Mal erkoren. Dabei sah vor 20 Jahren in seinem

Leben einiges ganz anders aus: Bei einem Berglauf glitt er

aus, stürzte in ein Tobel und brach sich die Wirbelsäule.

Die Hoffnung auf sportlichen Erfolg sah er damit jäh be-

graben. Doch mit viel Kraft, Fleiss, Ausdauer und einem

gesunden Selbstvertrauen hat er es trotzdem ganz nach

oben geschafft. In der Kategorie Rollstuhl/Paraplegie ist

er heute Weltrekordhalter über verschiedene Distanzen

von 400Meter bis 100Kilometer und Gewinner unzähliger

Gold-, Silber- und Bronzemedaillen. Ausserdem hat er

bereits elf Weltmeistertitel und elf Olympiasiege geholt,

war 75mal Schweizermeister in Rollstuhl- und Langlauf-

rennen und konnte bereits 60 Marathonsiege verzeichnen.

Heinz Frei ist verheiratet und Vater des achtjährigen Jan

und der fünfjährigen Tamara.

Und was für Wünschehaben Sie für den Sport ?

Da gibt es einige Mara-thonläufe, die ich gewinnenmöchte, zum Beispiel denjeni-gen in Japan Anfang November.Das Hauptziel ist aber die Teilnahme an den Paralympicsin Sydney in zwei Jahren.

Welche Bedeutung hat für Sie der Titel «Behinderten-sportler des Jahres» ?

Jeder Athlet wünschtsich eine solche Auszeich-nung. Sie ist die wertvollste,die man in der Schweiz bekommen kann. Ich bin stolz darauf, den Titel letztes Jahr nochmals erhalten zuhaben. Er ist die Summe aller Lorbeeren, die ich mirauf der Bahn geholt habe,und der Lohn für meinenDurchhaltewillen.

H.F.

B.J.

H.F.

B.J.

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Willisau war schuld. Dort stie-gen Mitte der siebziger Jahreder Drummer Art Blakey undseine Jazz Messengers auf die Bühne des Restaurants«Mohren». Mit breitem Lachensetzte sich der Bandleader –schon damals im Alter einesMethusalems – hinter seineArbeitsgeräte. Und «one, two,three, four» ging die Post ab.Mit Leidenschaft trieb der Alt-meister seine jungen Copainsdurch Standards afro-ameri-kanischer Jazzgeschichte,hauchte den Stücken mit seinem Witz neues Leben ein.Vier Stunden lang legten die

Musiker ein Spektakel hin, dasden Saal zum Kochen brachte– und stellten so ganz neben-bei die Seele eines Teenagersauf den Kopf.

Der Teenager hiess PiusKnüsel und ist heute Leiterdes Kultursponsorings derCREDIT SUISSE. Das musika-lische Urerlebnis von Willisaulegt ihm noch heute ein Glänzen in den Blick. «Esherrschte eine unglaublicheStimmung. Blakey katapultiertemich sozusagen direkt vombraven musikalischen Kleinodvon Radio Beromünster, dasmein Zuhause beherrschte,

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in die Klangwelt des Jazz.»Benommen trat Knüsel mitseinem Freund denn auch dieHeimreise an. Nur auf dessenDrängen hin war er überhauptnach Willisau gereist. «Erst-mals hatte ich erfahren, dassMusik Menschen so mitreissenkann. Und dass das, was imJazz auf der Bühne passiert,keinem Gesetz gehorcht, sondern aus dem Augenblickentsteht.»

Pius entdeckt das Paradies

Seither teilt Pius Knüsel seinLeben in ein «Vor» und ein«Nach» Willisau. Er war ent-schlossen: Wenn in dieserMusik soviel Vitalität steckt,dann wollte er sich auf dieSuche nach dem Geheimnisdieses Genres machen. Neu-gierig tastete er sich im neuerschlossenen Paradies umher. Durch Rumfragen bei Kollegen und Rumhörenim Radio oder Plattenladenlernte er dazu. Willisau wardie Initialzündung für eine Leidenschaft, die bald zu seinem Beruf werden sollte.

Doch vorerst kämpfte sichKnüsel als Student an der UniZürich durch die Vorlesungenin Germanistik, Philosophieund Literaturkritik. Nebenbeischrieb er sich als freier Journalist für verschiedeneZeitungen die Finger wund.Die Innerschweizer Wochen-zeitung «Die Region» enga-gierte ihn zwischenzeitlich alsRedaktor. Schliesslich heuerteer nach dem Lizenziat 1985beim Schweizer Fernsehenals Kulturredaktor an. VonCham, wo er aufwuchs, überLuzern gelangte er so nach

VON CHRISTIAN PFISTER, REDAKTION BULLETIN

BYE, BYEBEROMÜNSTERHÖREN SIE JAZZ! ABER AUF EIGENES RISIKO:IHR LEBEN IST IN GEFAHR. PIUS KNÜSEL, LEITER KULTURSPONSORING, WEISS, WARUM.

«JAZZ KANN SICH AUF

DIE UNGLAUBLICHSTE

ART VERWANDELN» –

PIUS KNÜSEL, LEITER

KULTURSPONSORING

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Zürich. Knüsel wollte sich in seiner neuen Umgebungengagieren. Schon früher hatte er mit Freunden klei-nere Open-Airs organisiert.Über einen Kollegen beimFernsehen lernte er nun dieLeute kennen, welche das Jazzprogramm im ZürcherKulturzentrum «Rote Fabrik»betreuten. «So bin ich ins professionelle Veranstaltenvon Jazzkonzerten geraten»,erinnert sich Knüsel.

Sechs Jahre blieb er diesemTeam und seinem Nebenjobtreu. 1992 war eine Wende –weg vom Fernsehen, hin zurvollamtlichen Programmlei-tung des damals auf Initiativevon Musikern ins Leben geru-fenen Zürcher Jazzmekkas«Moods». Aus dem Journa-listen wurde der Veranstalter.Das «Moods» avancierte unter seiner Führung zu einer der feinsten Adressen in der Schweizer Jazzszene.

Während sechs Jahrenbrachte Knüsel 1400 Forma-tionen auf die kleine Bühneim ehemaligen Bahnhofbuffetvon Zürich-Selnau. Gestan-dene Grössen und hungrigeNewcomer gaben sich hier die Klinke in die Hand. «AlsVeranstalter ist man Fördererund Entdecker zugleich; das ist ein faszinierenderAspekt dieses Jobs», schildertKnüsel die Aufgabe.

Pius trifft Betty Carter

Viele Begegnungen mit Künst-lerinnen und Künstlern bleibenunvergessen. Und der Höhe-punkt ? «Betty Carter – keineFrage.» Drei Abende bestrittdie energische Künstlerin

1997 im Club. Eng gedrängtsorgten allabendlich 150 Fansfür eine packende Ambiance,in der sich die 68jährige Sängerin zu Höchstleistungenhinreissen liess, obwohl sienormalerweise vor grössererKulisse zu musizieren pflegt.«Alle hatten mich vor ihr gewarnt. Sie sei kompliziertund zickig. Dabei war daspure Gegenteil der Fall.» Aneinem Abend führte PiusKnüsel Betty Carter aus;

sie hatte ein Treffen mit derRocksängerin Tina Turner, diein Zürich lebt, vereinbart. Esentwickelte sich ein wunder-bares Gespräch. Über Musikvor allem, über ihr nicht immereinfaches Leben als schwarzeSängerinnen im ruppigenShowbusiness. Carter erzählte,dass es sie am Leben erhalte,jeden Abend auf der Bühne zustehen. Jeden Abend von Nullanzufangen und alles zu geben,was man zu geben habe.

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49MAGAZIN

«Klar, nach Hunderten vonKonzerten bin ich heute ab-gebrühter, erkenne, wenn sichMusiker nur routinemässigdurchs Programm mogeln»,sagt Knüsel. Dennoch: DieFaszination des Jazz ist selbst in mittelmässigenDarbietungen präsent. «Wasden Jazz einzigartig macht, ist der fliessende Übergangzwischen Improvisation undKomposition; keine andereKunstform hat dies so weitentwickelt.» Kein Abendgleicht dem andern. «Jedesgute Jazzkonzert hat Teiledrin, die nicht vorhersehbarsind. Jazz ist eine grosse Sprache mit einem facetten-reichen Vokabular.» Der gemeinsame Nenner ist das«Great American Songbook»,das allen Musikern geläufigist. Während sich aber klas-sische Musiker darauf spezia-lisieren, Werke in immer feineren Varianten zu spielen,betreten Jazzmusiker mit jedem Auftritt Neuland. «Jazz kann sich auf die un-glaublichste Art und Weiseverwandeln.»

Pius ist reif für die Bank

Anfang 1998 war Pius Knüselreif für eine neue Heraus-forderung. Er wechselte vom«Moods» zur CREDIT SUISSE.Für Neubanker Knüsel nichtsals konsequent. «Erst Journa-list, dann Veranstalter, jetztSponsoringverantwortlicher –für Aussenstehende mögendas drei verschiedene PaarStiefel sein. Doch im Grundesteht hinter allem die Rolledes Vermittlers.» Kommt hinzu, dass sich der 41jährige

DIE STIEGE ZUM JAZZ UND DRÜBER HINAUS

Fünf Tips von Pius Knüsel, wie man den Einstieg in den Jazz

finden kann – und auch den Ausstieg. Eine persönliche

Tour d’horizon.

Einstieg: Keith Jarrett solo, «Köln Concert», ECM

Die legendäre Aufnahme 1975 – Keith Jarrett legt den Piano-

teppich aus für alle, die Angst vor dem Jazz haben. Und

holt sie rein. Musik von mystischer Kraft.

Aufstieg: Betty Carter, «I’m Yours You’re Mine», Verve, 1996

Die Carter hat jene dunkle Stimme, die uns Gänsehaut

garantiert. «I’m Yours You’re Mine» zeigt sie in einem Dut-

zend wunderbarer Songs, zumeist Balladen – reife Musik.

Umstieg: Cassandra Wilson, «Blue Light Til Dawn», Blue

Note, 1993

Wer’s gerne moderner hat und trotzdem nah am Herzen,

liegt mit der Sängerin Cassandra Wilson richtig. Songs

von dunklem Funkeln, eingespielt mit einer ausgewoge-

nen Band.

Abstieg: Max Roach, «Max Roach with The New Orchestra

of Boston and The So What Brass Quintet», Blue Note, 1996

Eine der letzten lebenden Legenden des Jazz – Schlag-

zeuger Max Roach zeigt auf seiner letzten CD, wieviel

Energie im Alter noch in ihm steckt. Ein rhythmisches

Feuerwerk von verblüffender Moderne.

Ausstieg:PierreFavre’sSingingDrums, «Souffles», intakt,1997

Für den Übergang vom Jazz in die neue Musik, auch in

die zeitgenössische Klassik, empfiehlt sich «Souffles». Der

Schweiz bester Schlagzeuger zeigt mit starker Besetzung,

wohin der Jazz führt, wenn man ihn bloss zu Ende denkt.

Ein Erlebnis.

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Do 15.10.1998, Victoria Hall GenfWynton Marsalis & The Lincoln Center Jazz Orchestra

Den einen der Retter des Jazz,den andern der Teufel desKonservatismus: Kein andererMusiker polarisiert so wieWynton Marsalis. Seit er dasLincoln Center Jazz Orchestraleitet, setzt er auch Dogmenin die Welt zur Frage, was Jazz sei und was nicht. Dasprovoziert. Dass die Antwor-ten verfangen, dafür sorgt eine hervorragende Beset-zung. Also nichts wie hin.

Mo 2.11.98, Jazz Recital,Tonhalle ZürichHerbie Hancock solo, Brad Mehldau solo

Das Kräftemessen zweier Giganten: Einerseits BradMehldau, eine Art Wunderkinddes Jazzpianos, ein Musiker in den 20ern, der spielt, alsblickte er auf ein langes undreiches Leben zurück. Virtuo-sität kreuzt sich mit Einfalls-reichtum, Folgerichtigkeit mitFreiheit. Ihm gegenüber derAuslüfter der Jazzgeschichte Herbie Hancock. Er hat, ähnlich wie Miles Davis, den Jazz in alle Richtungen geöffnet. Der Abend der unterschiedlichen Energien.

Do 28.1.99, Jazz Recital,Tonhalle ZürichGeri Allen & Wallace RoneyDuo, Marcus Roberts solo

Die Frauen sind im Jazz in der Minderzahl. Um so be-deutsamer ist der Auftritt von Geri Allen. Ihr vielseitigesSpiel, das Freejazzer, Funkerund Traditionalisten begleitet,zeugt von Charakter. Undgrossartiger Musikalität, diesie hier mit Wallace Roneyauslebt. Ihnen gegenübersteht Marcus Roberts: ein Archäologe des Jazz, ein Ausnahmeinterpret des jungenJazz. Hier begegnen sichHeute und Gestern. So ent-steht lebendige Gegenwart.

Mo 15.3.1999, Teatro Sociale BellinzonaFranco Ambrosetti Quartettfeat. John Abercrombie

Ambrosetti, der Weltklasse-trompeter aus Bellinzona, giltals Traditionalist. Hier abertrifft er auf Musiker, die pureModerne vertreten – zuvorderstGitarrist John Abercrombie.Und daneben Bassist MiroslavVitous. Zwei Giganten derachtziger und neunziger Jahre.Schräge Musik im Anzug ?Falsch. Jazz, der swingt, was das Zeug hält. Jazz vonheute. Doch Jazz.

50MAGAZIN

Mo 31.5.1999, Jazz Recital,Tonhalle ZürichMi 2.6.1999, Victoria Hall GenfAbdullah Ibrahim & Max Roach Duo

Das lange Warten wird sichlohnen – soviel ist gewiss.Max Roach und Abdullah Ibrahim: zwei der ganz grossen Meister des Jazz, Erneuerer, Philosophen, Denker, Komponisten.Abdullah Ibrahim, südafrika-nisch inspiriert, und ihm zurSeite Max Roach, trotzigerQuerdenker, pflegen gemein-sam mit Sicherheit keinenSmall Talk. Ihre Musik suchtdie gemeinsame Kraft. Ein Erlebnis!

nicht auf den Jazz reduzierenlassen will. «Ich bin jemand,der Ausschau hält nach neuenErfahrungen.» Die Schwer-punkte im Kultursponsoringder CREDIT SUISSE gebenihm ein breiteres Betätigungs-feld. Neben dem Jazz sind das Mode, Popmusik und Volkskunst.

«Ich musste die CREDITSUISSE nicht zum Jazzbekehren», schmunzelt Knüsel.Zur Liaison der Bank mitdieser Musik kam’s schon1993. In der firmeneigenenZürcher Galerie «Le Point»sorgte damals die Ausstellung«Jazz in der Schweiz» für Auf-sehen. Erste Konzerte mit derBank als Sponsor folgten.

Pius schafft sich Probleme

Heute setzt der Kulturspon-soring-Leiter vorerst mal aufgrosse Namen (siehe rechtsauf dieser Seite). Mittelfristigwill er und sein Team aber neben festen Grössen auchSchweizer Nachwuchsmusikerauf die Bühne bringen. ImHerbst 1999 ist eine Tourneedurch 40 Schweizer Städtegeplant mit einem amerikani-schen Spitzenmusiker undeinem Schweizer Top-Solisten.Ebenfalls in Vorbereitung istein Projekt für eine SchweizerBigband unter der Leitung von George Gruntz. Und, und, und – für die Zukunft sprühtPius Knüsel nur so vor Ideen.Und dass das so bleiben wird, dafür sorgt er mit Sicher-heit selber. Denn: «Ich gehörezu der Sorte Mensch, die,wenn alles rund läuft, unruhigwird und sich neue Problemeschafft.»

PIUS KNÜSEL PICKT FÜR SIE FÜNF ROSINENAUS DEM JAZZKUCHEN DER CREDIT SUISSE

(LINKS) HERBIE HANCOCK UND

(DANN IM GEGENUHRZEIGER-

SINN): WALLACE RONEY, MARCUS

ROBERTS, GERI ALLEN, MAX

ROACH. DIE DATEN ALLER

CREDIT SUISSE-KONZERTE ER-

FAHREN SIE AUF WWW.CREDIT-

SUISSE.CH/SPONSORING UND

AUS DER PRESSE.

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Die Schweiz als Gastland ander 50. Frankfurter Buchmesse– das verpflichtet. Einer deroffiziellen Beiträge ist dieAusstellung «Freie Sicht aufsMittelmeer – Junge SchweizerKunst mit Gästen und Gast-mahl». Diese Werke jungerSchweizer Künstlerinnen undKünstler, die zuvor im ZürcherKunsthaus zu bewundern waren, werden im Herbst inder Schirn Kunsthalle inFrankfurt einem internatio-nalen Publikum vorgestellt.

«Weg mit den Alpen, freieSicht aufs Mittelmeer» – dasklingt irgendwie vertraut.Natürlich, so lautete doch dasPostulat der dezidiert unaka-demischen Punkgeneration,das diese Anfang der achtzigerJahre auf den Zürcher Strassenlauthals skandierten und damitdie sofortige Schaffung einesFonds für Alternativkultur verlangten. Parallel zu diesenDemonstrationen setzte in der Kunstwelt eine neue Welle

ein, die sich als Teil der Populärkultur verstand. IhreMerkmale: Urbane Coolness, Misstrauen gegenüber dergrossen Gebärde und ein waches Verhältnis zur Norma-lität. Es mussten allerdingsnoch einige Jahre vergehen,ehe sich dieser Stil in denneunziger Jahren voll ent-falten konnte.

Als langjähriger Sponsoring-partner des KunsthausesZürich bekennt sich CREDITSUISSE PRIVATE BANKINGzur aktuellen KunstszeneSchweiz und würdigt mit derUnterstützung der Ausstellung– nach Zürich jetzt auch inFrankfurt – deren Bedeutung.

50. Frankfurter Buchmesse,Gastland Schweiz:7.–12.10.1998

Ausstellungsdaten SchirnKunsthalle, Frankfurt:6.10.–22.11.1998

WEG MIT DEN ALPENBELLINZONA15.10.–28.1.99 Stagione TeatroSociale

BERN11.10. Triathlon-Schlussfest 6.11.–21.1.99 Josef und Anni Albers, Künstlerpaare –Künstlerfreunde, Kunstmuseum27.11. CREDIT SUISSE-Sport-Gala, Kursaal Bern

FRANKFURT/MAIN6.10.–22.11. Frankfurter Buch-messe: Freie Sicht aufs Mittel-meer, Schirn Kunsthalle

ITALIEN10.10. Fussball: Italien – Schweiz

MORIYOSHI4.10. Duathlon: Powerman Japan, Weltcup

LEIPZIG11.11.–17.1.99 Frank LloydWright, Grassi-Museum

AGENDAAus dem Kultur- und Sportengagement von CREDIT SUISSEund CREDIT SUISSE PRIVATE BANKING

LUGANO12.9.–29.11. Edvard Munch,Museo D’Arte Moderna20.10.–31.3.99 Stagione Teatro Kursaal

LUZERN9.–10.10. Fashion-Event:Gwand 98, LUMAG-Halle

MENDRISIO11.9.–1.11. Jean Corty, Museo d’Arte

STECKBORN8.11. Team-OL-Meisterschaft

ZÜRICH21.8.–20.11. Golf – Geschichteeiner Leidenschaft, Galerie LE POINT14.10. Fussball: Schweiz – Dänemark

ZWEISIMMEN4.10. Staffel-OL-Meisterschaft

IMPRESSUM

HerausgeberCREDIT SUISSE, Postfach 100, 8070 ZürichTelefon (01) 333 1111, Fax (01) 3325555Redaktionssekretariat: Rosmarie Schultheiss, Telefon (01) 3337394, Fax (01) 3336404, E-Mail-Adresse: [email protected]

RedaktionChristian Pfister (Leitung), Andreas Thomann, Bettina Junker

Gestaltungwww.arnolddesign.chUrs Arnold, Lukas Huggenberg, Benno Delvai, Adrian Goepel

FotosPia Zanetti (S. 1, 4–14, 18, 19, 22, 26, 29, 32–41, 43–48, 52–54),Mathias Hofstetter, Esther Rieser, FBM Studio Zürich, PhotoDisc

Litho/DruckNZZ Fretz AG/Zollikofer AG

RedaktionskommissionDr.Daniel Mollet (Unternehmenskommunikation), Ruth Stadelmann (Media Relations), Fritz Stahel (Economic Research), Samuel Holzach (Marketing Services)

Erscheint im 104. Jahrgang (6× pro Jahr in deutscher und französischer Sprache). Nachdruck nur gestattet mit dem Hinweis «Aus dem BULLETINder CREDIT SUISSE».

AdressänderungenAdressänderungen bitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts an Ihre CREDIT SUISSE-Geschäftsstelle oder an: CREDIT SUISSE, Abt.Cif 24, 8070 Zürich

VIDEOLOUNGE VON COSTA VECE

UND PATRICK HUBER, 1998,

EIN GUTES BEISPIEL FÜR DEN

REBELLISCHEN GEIST

DER NEUEN KUNSTWELLE.

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Wer in Dachsen aus dem Regionalzug Winterthur–Schaffhausen steigt, siehtsich in eine andere Welt ver-setzt. Riegelhaus reiht sich an Riegelhaus in diesem Dorfnahe dem Rheinfall. Rundher-um erstrecken sich bewaldeteHügel. Und nur wenig Auto-lärm vermischt sich mit demGebimmel der Kuhglocken. In einem der schmucken Häuser wohnt Sabrina Meister-Fesseler, mit ihren zweiund-dreissig Jahren die erfahrensteOrientierungsläuferin des

Landes. Die Ruhe, die überdem Dorf liegt, setzt sich im Innern des MeisterschenHauses fort. Nur das Klingelndes Telefons sorgt zuweilenfür etwas Betrieb. Leute vonder Presse oder vom Fern-sehen sind allerdings seltender Anlass für die Störung.Die Medien zeigen der Fraumit den auffällig blauen Augendie kalte Schulter. Am Palma-rès der Schaffhauserin kannes nicht liegen. Sabrina Meisterläuft schon seit zehn Jahren,mit wachsendem Erfolg. Im

letzten Jahr konnte sie gleichzweimal ihre Arme nach obenrecken: als Siegerin an denNordmeisterschaften in Däne-mark und als Dritte mit derStaffel an der Weltmeister-schaft in Norwegen.

Ein unberührter Sport

Dennoch ist der Name SabrinaMeister nur den wenigsten ein Begriff. Der Grund liegt im Orientierungslauf selbst,einem Sport, der das Publikumweitgehend ausschliesst. DieWettkämpfe finden im Wald

statt, und weder die Postennoch der direkteste Weg zu ihnen sind bekannt. DenZuschauern bleibt meist nurder Anblick der Läuferinnen,wie sie die Start- oder Ziellinieüberqueren. Doch die Rolleals Aussenseitersportartscheint dem OL nicht schlechtzu bekommen. Die Gleichungist einfach: kein Medieninter-esse, kein Big Business, kein Starkult, keine Doping-skandale. Ein Sport, so unbe-rührt wie die Natur, in der erstattfindet. Sabrina Meister

SEIT SECHZEHN JAHREN IST SABRINA MEISTER VOM OL-FIEBERBEFALLEN – HEILUNG UNMÖGLICH.

VON ANDREAS THOMANN, REDAKTION BULLETIN

«AM ORIENTIERUNGSLAUF

FASZINIERT MICH

DAS ZUSAMMENSPIEL

VON KOPF UND KÖRPER»,

SAGT DIE JURISTIN

SABRINA MEISTER.

DURCHBLICKIM DICKICHT

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jedenfalls hat keine Problemedamit, dass sie nie den Ruhmeiner Leichtathletin erlangenwird. «Ich hätte wenig Spassdaran, auf einer Bahn meineRunden zu drehen», lautet ihrKommentar.

Das ungetrübte Natur-erlebnis ist das eine, die intel-lektuelle Herausforderung das andere. In hohem Tempo zwischen Bäumen hindurch-pirschen und gleichzeitig mitHilfe von Karte und Kompassdas Gelände studieren, darinbesteht die hohe Kunst desOrientierungslaufs. «Das Zu-sammenspiel von Kopf undKörper hat mich schon immerfasziniert», meint die studierteJuristin. Die Taktik spiele einegrosse Rolle. Nicht immer seies sinnvoll, mit vollem Tempozu laufen. «Bei besondersschwierigen Posten kann essich bezahlt machen, etwasGas wegzunehmen und dieKarte besser zu studieren.»Und bei jedem Rennen gilt es wieder, eine neue Aufgabe zu lösen. Das macht den Orientierungslauf so offen.Anders als auf der Bahn, wodie Favoritinnen meist auchals Erste ins Ziel einlaufen,liegt beim OL vieles drin.«Auch eine Spitzenläuferinkann mal einen Posten nichtauf Anhieb finden. Und wennsie dann noch die Nerven ver-liert, ist das Rennen gelaufen»,weiss Sabrina Meister aus eigener Erfahrung zu berichten.

Dass die geringe Popula-rität des Orientierungslaufsauch seine Kehrseite hat, willsie nicht leugnen: «Mit denEinnahmen der Sporthilfedecke ich gerade mal die

Spesen.» Wie die meisten ihrer Kolleginnen muss auchdie Schaffhauserin einer Nebenbeschäftigung nach-gehen – in einem lokalen Industriebetrieb arbeitet sie im Sekretariat. Vorher war sieanderthalb Jahre als Juristinin einer Anwaltskanzlei tätig,doch ihre häufigen Absenzenerlaubten ihr nie, einen Fallalleine zu betreuen. «Die jetzige Stelle ist zwar wenigeranspruchsvoll, bietet mir aberdie nötige Flexibilität.»

«Lieber Wälder als Kanäle»

Die Verbände haben das Problem erkannt. Mit Orien-tierungsläufen in Städten oder Stadtpärken versuchensie, Publikum und Sponsorenanzulocken. Auch SabrinaMeister hat an solchen Schau-wettkämpfen schon teilge-nommen, etwa am traditions-reichen Orientierungslauf von Venedig. «Ein Erlebnis der besonderen Art. Dennochziehe ich die unberührtenWälder Skandinaviens denKanälen und Palästen vor»,sagt die Frau, die ihre erstenvierzehn Lebensjahre in Mailand verbracht hatte. Veranstaltungen dieser Artkönnen dem Orientierungslaufaber zu mehr Anerkennungverhelfen. «Unser Ziel ist es,den Sport zu einer olympi-schen Disziplin zu machen.»Verdient hätte er es schonlange, nicht nur der grossenTradition wegen. Die Belastungder Athletinnen ist beachtlich:Um die siebzig Minuten sindsie bei der klassischen Distanzunterwegs, rund eine halbeStunde bei der Kurzdistanz.

Qualifikationswettkämpfe amVortag und die Läufe mit derStaffel sorgen für zusätzlicheSchweisstropfen.

Solche Efforts verlangeneine eiserne Trainingsdisziplin.Kaum ein Tag vergeht, andem Sabrina Meister nicht inBewegung ist. Ihr Programmsieht gewöhnlich am Mittagein Lauftraining und am Abendein Ausgleichstraining vor – imKraftraum, im Schwimmbadoder auf dem Rad. Dazu kom-men verschiedene Trainings-lager mit den Kolleginnen des Nationalkaders. Jeweilszehn Tage lang üben sich dieFrauen dort vor allem im Kartenlesen und in taktischenFragen. Dass auch SabrinaMeisters Ferien keine richtigenFerien sind, sondern eigent-liche Trainingswochen, ver-steht sich von selbst. Unddass ihr Ehemann ebenfallsmit dem OL-Virus infiziert ist,erstaunt auch nicht weiter.«Ein anderer würde das Lebenmit mir gar nicht aushalten.»

Sand im Getriebe

Gibt es keine Anzeichen vonÜbersättigung ? «Keineswegs.Der Abschied vom OL würdemir schwerfallen, denn imLaufe der Jahre haben sichviele gute Freundschaften ent-wickelt.» Ausserdem möchtedie ehrgeizige Schweizerinnoch eine Menge erreichen.Für dieses Jahr hatte sie sich

besonders viel vorgenommen:regelmässige Plätze unter denersten fünf im Weltcup – undvielleicht sogar der eine oderandere Podestplatz, lauteteihr Ziel. Die Spitzenresultatein den Vorbereitungsrennengaben diesen Hoffnungenweiteren Auftrieb. Doch dannkam Sand ins Getriebe. ZuBeginn der Weltcupsaisonnoch ein siebter Platz, dannRang siebzehn und im drittenEinzelwettkampf gar nur Rangsechsundfünfzig. «Wahr-scheinlich hatte ich mich zusehr unter Druck gesetzt.» Es kam noch schlimmer: Imprestigeträchtigen Fünf-Tage-OL in Schweden stürzte siebereits am ersten Tag und zog sich eine Oberschenkel-prellung zu. «Ich lief zwar weiter, musste am dritten Tagaber aufgeben. Die Ober-schenkelmuskeln hatten sichvöllig verkrampft.» Der Muthat Sabrina Meister trotzdemnicht verlassen. Die Saison istnoch lang, und in der Schluss-abrechnung zählen nur sechsvon zehn Resultaten im Welt-cup. Bis zur Weltmeisterschaftim nächsten Jahr wolle sie aufalle Fälle noch dabeisein, be-teuert Meister. Danach werdeman sehen, fügt sie wenigüberzeugend bei. Denn es fälltschwer zu glauben, dass sichdie Frau mit dem Kämpferherzso bald von ihrer Leidenschaftwird trennen können.

«ICH HÄTTE WENIG SPASSDARAN, AUF EINER BAHN

MEINE RUNDEN ZU DREHEN.»

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Bankenombudsmann Hanspeter Häni re-dete unlängst Klartext. An einer Medien-orientierung resümmierte er, dass sich dasKlima für Bankkunden in der Schweiz ver-schärft habe. Als Vertreter der CREDITSUISSE, welche von den Kundinnen undKunden lebt, aber auch als «Fröntler», dermit seinem Team tagtäglich mit Kundinnenund Kunden im Dialog steht, beschäftigtmich die Aussage des Ombudsmannes.Woher kommt die Kritik am Auftreten derBanken ? Der Schlüssel zur Verbesserungder Situation liegt meines Erachtens in derKommunikation.

Obwohl der Begriff «Kommunikation» inaller Munde ist, tun wir uns damit nicht immer leicht. Dabei offenbart jeder Arbeits-tag: Enttäuschen wir Geschäftspartner,dann hat das in den meisten Fällen mit der

Art und Weise zu tun, wie wir kommunizie-ren oder eben nicht kommunizieren. Unddie Sachlage kann noch so einleuchten –in der Begegnung mit Kundinnen undKunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternentscheidet vielfach nicht der Kopf, son-dern der Bauch. Mit Worten allein lässtsich eine offene und ehrliche Kommunika-tion nicht erreichen. Ebenso ins Gewichtfallen der Zeitpunkt des Gesprächs, derTonfall, Gesten, Einfühlungsvermögen, aberauch das Vertrauen des Kunden in seinenBerater.

Die CREDIT SUISSE musste die Situa-tion in der Kreditvergabe, aufgrund der inder Vergangenheit eingefahrenen Verluste,überdenken. Sie reagierte: durch Neuaus-richten, Professionalisieren der Kredit-sprechung und der Kreditabwicklung sowiedurch risikogerechte Preise. Mit unsererneuen Kreditpolitik sind wir als Grossbankin die Kritik geraten. Vor allem seitens derkleinen und mittelgrossen Unternehmenbekundete man Mühe, unsere Neuorien-tierung in der Kreditpolitik zu verstehen.Unser Lösungsansatz: Den Kundinnenund Kunden unsere Risikoeinschätzung,die Kosten sowie Verbesserungshebel

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CARTE BLANCHE: ROLF KRÄNZLIN

«VIELFACH ENTSCHEIDET NICHT DER KOPF, SONDERN DER BAUCH.»

ROLF KRÄNZLIN, MITGLIED DER

GESCHÄFTSLEITUNG DER CREDIT SUISSE,

E-MAIL: [email protected]

bezüglich Risiko und Preis offen und ehr-lich aufzeigen und gemeinsam, in partner-schaftlichem Geist, Lösungen suchen.

Ein Fall ist mir besonders in Erinnerung.Ich war nicht gerade angetan von denUnterlagen eines Kunden. Ein Kürzen undnicht ein Erhöhen der Kreditlimite mussteaufgrund der nackten Zahlen ins Auge ge-fasst werden. Da ich den Unternehmer undseinen Betrieb nur vom Papier her kannte,vereinbarte ich einen Besuch vor Ort. Ichwollte es genau wissen. Eine Woche spätersass ich im Büro des Kunden; er war ner-vös; seine Hände zitterten. Ich fragte, waslos sei. Da ich mich persönlich einschal-tete, ging der Kunde davon aus, dass ichihm die Kreditlimite streichen würde. Ichmachte ihm klar, dass ich aufgrund desZahlenmaterials offene Fragen habe, ins-besondere zum Warenlager, ein Entscheidjedoch erst nach meinem Besuch und part-nerschaftlich gefällt werde. Er beruhigtesich. Beim Betriebsrundgang wies ich ihnauf das zu hohe Warenlager in Relationzum Umsatz hin sowie auf die damit ein-hergehende Kapitalbindung und Limiten-aufblähung. In einem offenen Gesprächsuchten wir anschliessend in seinem Büronach Lösungen für ihn und die Bank. Wirfanden sie; das Gespräch hatte sich fürbeide Seiten gelohnt.

Ich wünsche mir, dass solche Happy-Ends zur Tagesordnung werden. Offen undehrlich zu kommunizieren hilft, uns zu ver-stehen, Vertrauen aufzubauen. Denn einsist sicher: Kundinnen und Kunden kommennicht zu uns, weil wir ein tolles Firmenlogohaben. Sie kommen vor allem wegen derMenschen und Leistungen, die unsereBank ausmachen. Ein Happy-End kannihnen jedoch auch die CREDIT SUISSEnicht in jedem Fall garantieren.

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HIER HÄNGT MAN NICHT DEN JOB AN DEN NAGEL,

SONDERN DEN VESTON AN DEN BÜGEL:

FORUM ST. PETER, CREDIT SUISSE, 7.45 UHR.

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