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Kochkunst Unsere Leute Nusspitte Vielfältige Handwerkskunst Panorama Unbekannte Mikro-Welt Die kulturelle Zeitschrift der donauschwäbischen Gemeinde von Entre Rios - Februar 2011 / Auflage Nummer 88 Rundfahrt der Guten Praktiken Sieben Jahre als Flüchtlinge im Gastland Österreich und wenig Hoffnung auf eine gesicherte Existenz. Doch dann die unerwartete Wende: Im fernen Brasilien bot sich die Chance, eine neue Heimat aufzubauen. 500 Familien, darunter auch Omas und Otas packten ihre Koffer und kamen zwischen Juni 1951 und Februar 1952 nach Entre Rios. In einer Artikelserie zur 60. Jahresfeier der Siedlung berichten Pioniere von ihren Erlebnissen aus der Anfangszeit.

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Revista Entre Rios - Februar/2011

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Rundfahrt der Guten Praktiken

Sieben Jahre als Flüchtlinge im Gastland Österreich und wenig Hoffnung auf eine gesicherte Existenz. Doch dann die unerwartete Wende: Im fernen Brasilien bot sich die Chance, eine neue Heimat aufzubauen. 500 Familien, darunter auch Omas und Otas packten ihre Koffer und kamen zwischen Juni 1951 und Februar 1952 nach Entre Rios. In einer Artikelserie zur60. Jahresfeier der Siedlung berichten Pioniere von ihren Erlebnissen aus der Anfangszeit.

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Zeitschrift der GenossenschaftAgrária zur Aufrechterhaltung derKultur der donauschwäbischenGemeinde von Entre Rios(Guarapuava/Paraná/Brasilien)

Redaktionsleitung

Cooperativa AgráriaPraça Nova Pátria s/nº Colônia Vitória / Entre RiosGuarapuava - 85139-400Paraná / Brasilien

Redaktionsteam

Chefredakteur: Manoel [email protected]. Nr. 00 55 42 3625 8008

Redakteurin: Rosely [email protected]. Nr. 00 55 42 3625 8529

Redakteur: Klaus [email protected]. Nr. 00 55 42 3625 1437

Redakteur: Harald W. Essert [email protected]. Nr. 00 55 42 3659-1174

Assistentin: Karin Mü[email protected]. Nr. 00 55 42 3625 8528

Korrektur: Andrea Scherer [email protected]. Nr. 00 55 42 3625 8002

Layout: Prêmio|Arkétipo Comunicaçãowww.premioarketipo.com.br

Berichte und Fotos

FSER - Foto Studio Entre RiosFH - Franz HermannHE - Harald W. Essert KP - Klaus Pettinger MG - Manoel GodoyRE - Rosely Essert

HerausgeberGenossenschaft Agrária / Marketing-Abteilung

DruckMidiograf Gráfica e EditoraLondrina - Paraná - Brasilien

Auflage700 Exemplare

ErscheinungsweiseZweimonatlich

Inhalt

04 Landwirtschaft: 1. “Rundfahrt der guten Praktiken”

03 Foto & Geschichte: Das Siedlerhaus

07 Hauptthema: 60 Jahre Entre Rios

15 Sozialarbeit: Frauenverband im Jahr 2010

14 Unsere Leute: Vielfältige Handwerkskunst

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Kochkunst: Nusspitte

Panorama: Unbekannte Mikro-Welt

Kurzmeldungen

Titelblatt vom Heimatmuseum Entre Rios:Im Sammellager in Asten/Linz

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Foto & Geschichte

Anstelle der Rubrik “Geschichte & Objekt” gestalten wir im Jahr 2011 “Foto & Geschichte” im Hinblick auf das 60-jährige Jubiläum der donauschwäbischen Siedlung Entre Rios in Brasilien. Fotos wecken in uns Erinnerungen, schreiben Geschichte. Die hier veröffentlichten Fotos sind im Heimatmuseum von Entre Rios aufbewahrt.

Das erste Grundbedürfnis der Siedler war das Haus, ein Dach über dem Kopf zu haben. Für Kinder und Kranke die nötige Geborgenheit gewährleisten zu können und das Bestreben, sich vor Kälte oder Hitze schützen zu können, standen am Anfang.Das Siedlerhaus wurde aus Holz gezimmert. In Gemeinschaftsarbeit entstand in kurzer Zeit Haus um Haus. Bis Anfang 1952, als der letzte der sieben Transporte eingetroffen war, waren rund 500 Siedlungshäuschen, d. h. Kleinhäuser in einfachster Bauart entstanden. Nach Größe der Familien bestanden sie aus zwei bis vier Wohn- und Schlafräumen. Die Zimmerleute

errichteten jeweils die Rohbauten, schalten sie mit Holzbrettern ein und verankerten sie auf Hartholzpiloten, so dass ständige Belüftung und damit Schutz gegen Fäulnis sicher gestellt war. Nur der Kamin musste aus Stein gemauert und die Dächer von den Bewohnern selbst mit Dachziegeln gedeckt werden.Die Häuser hatten ein Ausmaß von 8 m mal 5,50 moder 12 m mal 5,50 m. Sie waren eingeschossig und nicht unterkellert. Außerdem wurden sie mit der Giebelseite zur Straße hin errichtet und befanden sich jeweils an einer Ecke der Parzelle, wobei die Dachkanten jeweils die Grundstückgrenzen markierten. Sie waren auf beiden Straßenseiten nach dem gleichen Prinzip angeordnet, so dass sie sich mit den Giebelseiten gegenüber standen.

Aus: Entre Rios-Donauschwäbische Siedlung in Brasilien von Anton Hochgatterer und Donauschwaben in Brasilien von Sebastian Leicht/Roland Vetter

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Neuheiten zur besseren betrieblichen Leistung

Lösungsvorschläge zu praktischen Problemen

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Was ist neu, ungewöhnlich, praktisch sinnvoll im bäuerlichen Betrieb? Um ganz unterschiedliche Neuigkeiten in den Betrieben der Mitglieder aus Entre Rios bekannt zu machen, veranstaltete die Genossenschaft Agrária die 1. “Rundfahrt der Guten Praktiken” (Giro Boas Práticas). Rund 70 Teilnehmer besuchten am 21. Dezember drei Farmen und konnten gleichzeitig neue Methoden zur besseren Nutzung des Betriebes kennenlernen und neue Kontakte knüpfen. “Hauptziel dieses Programms ist die Annäherung zwischen Mitgliedern und Genossenschaft”, betont Koordinator der Mitgliederabteilung Roberto Sattler und fügt hinzu: “In diesem Fall hatten wir aber auch das Ziel, die guten Praktiken der Mitglieder zu veröffentlichen, das heißt, gleichzeitig sowohl Annäherung wie auch neue Anregungen”. Da das neue Programm der Genossenschaft ein großes Echo unter den Bauern und Interessenten fand und auf Anhieb gelang (das Wetter half auch mit), hinterließ es bei allen einen überwiegend positiven Eindruck. Somit

Landwirtschaft

wird das Programm jährlich veranstaltet, um den Mitgliedern kontinuierlich weitere beispielhafte Betriebe zu präsentieren.Gemäß der Programmplanung wurde zuerst der Betrieb von Robert Utri, im Gebiet Taguá besucht. Der Bauer entwickelte eine einfache, jedoch effiziente Art, um Regenwasser zu sammeln und dieses für die Mischung und das Spritzen von Pflanzenschutzmitteln zu nutzen. Utri verwendete die Dachrinnen einer Seite seines Maschinenschuppens, um das Regenwasser zu sammeln. Zwei 5.000 Liter Behälter nehmen das Wasser auf. “Man braucht nur 40 mm Regen bei einer Fläche von 240 Quadratmetern, damit die Behälter voll sind. Jetzt im Sommer regnet es mehr, als ich brauche”, erklärt Utri, der nun rund 80% des jährlichen Wasserverbrauches für das Spritzen seiner 97 Hektar Anbaufläche kostenlos von den Wolken bekommt. “Ich spare somit hauptsächlich Zeit, denn vorher fuhr ich 2 km, um das Wasser mit einem

Utri erklärt, dass 80% vom jährlichen Wasserverbrauch mit Regenwasser bedient wird

Bauer Robert Utri zeigte den Mitgliedern das “billige und praktische” Regenwasseraufnahme-System

Traktor im Sammeltank von einem Bach zu holen. Dazu brauchte ich jedes Mal gut 45 Minuten”. Jetzt pumpe ich das Wasser vom Sammeltank direkt in das Spritzgerät, das dafür nicht einmal die Ausleger zusammen klappen muss. Der einzige Nachteil ist der hohe pH-Wert, den Utri vor dem Spritzen noch reduzieren muss. “Es lohnt sich aber auf jeden Fall, denn es war sehr billig und einfach herzustellen”, betont er. Bauer Harald Korpasch, 41, nahm an den Besichtigungen teil und glaubt, dass er diese Idee auch in seinem Betrieb realisieren könnte. “Ich wollte seit langer Zeit das Regenwasser zum Waschen der Maschinen sammeln” erklärt er, glaubte aber, es sei viel komplizierter, dieses System einzubauen und dabei ist es eigentlich sehr einfach”, meint Korpasch nach der Führung. Neben dem praktischen Effekt ist das Regenwassersammeln auch umweltfreundlich. “Wir erkennen hier die Rücksicht auf die Umwelt und die Optimierung der verfügbaren Ressourcen des Betriebes”, meint

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Sattler.Im Betrieb von Mitglied Eduardo Reinhofer konnten die Teilnehmer die praktischen Vorteile des Präzisionsackerbaues (Precision Farming) kennenlernen. Hier handelt es sich um Spitzentechnologie, die bestens sämtliche Prozesse der Bodenbewirtschaftung nachverfolgen kann. “Als wir damit anfingen, dachten wir, es würde uns nur in bestimmten Fällen helfen. Heute können wir aber den ganzen Betrieb managen”, erklärt Reinhofer. So erhielt der Bauer die ersten Daten durch die neue Technologie bei der Bodenanalyse und der Kalkdüngung für bestimmte Anbauflächen. Danach wurde die Nutzung für verschiedene alltägliche Prozesse eingeführt, wie zum Beispiel die Ermittlung der Arbeitsstunden jedes einzelnen Traktors oder Mähdreschers, beziehungsweise jedes Mitarbeiters. ¨Wir erklärten den Arbeitern, dass wir diese Kontrolle einführen würden, nicht um ihre Arbeit zu beobachten, sondern um professionelles Management einzusetzen”. Das System funktioniert mittels GPS-Signal und jede Information, sei es die Menge an Kalk pro Fläche oder die insgesamt gearbeiteten Stunden einer Maschine werden im modernen Gerät gespeichert. Unter weiteren Vorteilen musste auf der gesamten Anbaufläche nur noch die Hälfte der bisherigen Kalkmenge ausgebracht und die Arbeitskräfte konnten besser eingesetzt werden, was vor allem zum Sparen und besseren Einsatz der vorhandenen Ressourcen führte. “Mit weniger Maschinen haben wir mehr angebaut, ohne ständig dabei sein müssen”, betont Reinhofer, der absolut vom Einsatz des Programmes “Rundfahrt der Guten Praktiken” überzeugt ist. “Ich war schon immer dafür, dass man die Neuigkeiten der Mitglieder den anderen Bauern,

“Ich war schon immer dafür, dass man die Neuigkeiten der Mitglieder den anderen Bauern, die vergrößern oder diversifizieren möchten, vorstellt”, erwähnt Eduardo Reinhofer

Silvino Caus steht für ein Beispiel verschiedenartiger Betriebe auf einer Farm, denn er ist sowohl Landwirt als auch Viehzüchter

Im Betrieb von Mitglied Eduardo Reinhofer konnten die Teilnehmer die praktischen Vorteile des Präzisionsackerbaues (Precision Farming) kennenlernen

die vergrößern oder diversifizieren möchten, vorstellt”. Obwohl es nicht im ursprünglichen Programm vorgesehen war, sahen die Mitglieder auch noch ein kleines Wasserkraftwerk, das bei Reinhofer seit Dezember 2010 wieder in Betrieb ist. “Für 27 Jahre war es still gestanden und jetzt haben wir es wieder hergerichtet. Damit verkaufen wir den Strom und haben auch noch einen Reingewinn”. Ziel eines jeden Bauer sollte es sein, unterschiedliche Einkommenszweige auf dem Betrieb zu haben, um nicht nur von der Landwirtschaft abzuhängen, meint Reinhofer, für den wenigstens zwei Mal im Jahr Betriebe mit Neuheiten besucht werden könnten. Silvino Caus steht für ein Beispiel verschiedenartiger Betriebe auf einer Farm, denn er ist sowohl Landwirt als auch Viehzüchter und das auf wesentlich kleinerer Fläche als die meisten Bauern aus Entre Rios zur Verfügung haben. Insgesamt baut er

rund 116 Hektar an, jedoch nutzt er die für den Anbau unbrauchbaren Flächen, um Vieh zu züchten. Obwohl das wie eine relativ einfache Idee aussieht, ist diese Integration zwischen Landwirtschaft und Viehzucht im Gebiet von Entre Rios nicht üblich. “Ich habe wenige Anbauflächen, deswegen eignet sich bei mir die Verbindung beider Betriebszweige sehr gut”, erklärt Caus. Die rund 500 Mastrinder werden an ein örtliches Schlachthaus verkauft. Das Futter kommt zum großen Teil aus der eigenen Landwirtschaft. Im Winter, wird Hafer und Weidegras angebaut, zwei der Lieblingssorten an Getreiden für das Vieh. Im Sommer baut Caus Sojabohnen und Mais an – erstere werden verkauft und letztere auch als Futter verwendet. “Wenn ich den Mais verkaufe, bekomme ich zum Beispiel nur R$ 1.000,00 dafür. Aber vermahle ich den ganzen Maisstock, stelle daraus eine Silage her und verwende diese als Grundfutter für die Tiere, so verkaufe

Bauer Harald Korpasch würde die Beispiele zur Regenwassersammlung und zur Viehzucht in seinem Betrieb einsetzen

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ich denselben Mais um R$ 3.000,00, das heißt ich bekomme das Dreifache für den gleichen Mais”, erklärt Caus, und fügt seine Meinung über diesen Prozess hinzu. “Wenn man genau nachdenkt, bräuchte kein Bauer aus Entre Rios sein Getreide, seine Ernte verkaufen. Statt dessen, könnte man es für das Vieh, für die Hühner- oder Schweinezucht verwenden und würde viel mehr davon haben”. Auch geht es darum, dass eine Fläche mit zusätzlicher Vieh- oder Geflügelzucht mehr wert ist, als die, auf der nur Landwirtschaft vorherrscht. Außerdem verlegt Caus

seine Stammausgaben in der Winterzeit, wenn die Landwirtschaft traditionell ungünstig ist. Als generellen Nachteil sieht Caus die spezialisierte Beratung für Viehzucht in der Umgebung. “Das ist leider noch kompliziert, denn ich musste alles selbst mit Versuchen herausfinden, die oft nicht klappten, bis ich endlich auf das Richtige kam”. Caus macht aber die neue Generation auf ein wichtiges Thema aufmerksam: die Teilung der jetzigen Flächen unter der Familie, was zu einer Verringerung des Eigentums führen wird. “Die Flächen werden unter zwei, drei Geschwistern geteilt und sollen immer noch den gleichen Ertrag bringen? Das ist nur möglich, wenn man sich verschiedene Möglichkeiten überlegt, um ein Stück Land rentabler zu machen”, erklärt Caus.Für seinen Einsatz bekam Caus auch eine Umweltschutz-Zertifizierung, die von der Genossenschaft Agrária für bestimmte Teilnehmer des Programms, die alle Vorschriften eingehalten haben, ausgeschrieben wird. Dafür musste Caus sämtlichen Maßnahmen erfüllen, wie zum Beispiel den gesamten Müll trennen, Pflanzenschutzmittel

Roberto Sattler (links): ¨Hauptziel dieses Programms ist die Annäherung zwischen Mitgliedern und Genossenschaft und Veröffentlichung der guten Praktiken der Mitglieder”

Mitglied Alfred Abt beglückwünscht die Genossenschaft Agrária für die gelungene Initiative und erwartet neue Rundfahrten

Bis zu diesem Programm der Agrária, das perfekt zu unseren Bedürfnissen passte”. Caus ergänzt, dass er die Ergebnisse dieser intensiven Arbeit nicht nur in seiner Farm sah, sondern auch im Haus, beziehungsweise im Alltag seiner Mitarbeiter. “Es ist wichtig, diese Kenntnisse über Umweltschutz weiterzugeben. Heute sehe ich kein einziges Papier- oder Plastikstück mehr auf dem Boden und so ist es auch bei den Mitarbeitern zu Hause”. Caus erzählt ein Beispiel: In seiner Farm wurden alle Wasserquellen geschützt, so dass gleichzeitig das Wasser genutzt werden kann ohne die Quelle zu verunreinigen. Auf dieser Weise verwendet er zwischen 8 und 10 Tausend Liter Wasser am Tag für das Vieh, ohne die Umwelt zu stören. “Mittlerweile erfuhr ich, dass ein Mitarbeiter dasselbe bei sich zu Hause gemacht hatte. Der Gewinn ist unschätzbar für die Umwelt, das ist Gold wert”. Bauer Alfred Abt überlegt, das Beispiel von Silvino Caus auch auf seiner Farm einzuführen. “Das wäre für uns Kleinbauern die ideale Lösung, um unsere Wirtschaft rentabler zu gestalten”, meint Abt, der das Programm insgesamt “sehr interessant” fand. “Ich möchte der Agrária gratulieren, denn es ist sehr wichtig, dass man andere Ideen sieht und alles auch in der Praxis und nicht nur in der Theorie versteht”. Für Roberto Sattler ist diese “1. Rundfahrt der Guten Praktiken” erfolgreich gelungen: “Alle Ziele wurden erreicht und das zeigt, dass wir Referenz-Bauern unter unseren Mitgliedern haben. Deshalb wird das Projekt nun jährlich weiter geführt, um andere beispielhafte Betriebe zur Verbreitung von Neuheiten zu besuchen. Oft glaubt man, dass gute Beispiele außerhalb, in anderen Orten, gesucht werden müssen, aber unter unseren Mitgliedern fanden wir Ideen und Leistungen, die es wert sind, bekannt gemacht zu werden”.

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Caus, so wie weitere drei Mitglieder, bekam auch eine Umweltschutz-Zertifizierung von der Genossenschaft Agrária für sein Betriebs-Management

nach strengen Vorschriften in einem besonderen Raum aufbewahren, die Maschinen auf einem wasserdichten Beton waschen (dieses Wasser fließt auch noch durch bestimmte Filter) und anderes mehr. Diese Informationen wurden den Besuchern ebenfalls präsentiert. “Wir nahmen an verschiedenen Projekten teil, um meinen Betrieb bestens zu organisieren.

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Hauptthema

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Mit einer Serie von Artikeln zur 60-Jahrfeier der donauschwäbischen Ansiedlung blickt Zeitschrift Entre Rios zurück auf Fakten, Gefühle, Erlebnisse und Eindrücke der Pioniere, die auf verschiedene Art und Weise zum Aufbau der Siedlung tatkräftig beigetragen haben. Dieser erste Artikel bezieht sich auf die Anfangszeit und berichtet über die unbekannte Umwelt, die fremden Pflanzen und Tiere – vom ‘Riesenfrosch’ bis zum ‘brüllenden Tiger’ – über die Missverständnisse und Verständigungsschwierigkeiten mit den brasilianischen Einwohnern, aber vor allem über den Erfolg einer Siedlung, wie er wohl weltweit einmalig ist. Zuerst wurde mit Pionieren aus dem 1. Dorf Vitória, heute das größte unter den 5 Dörfern von Entre Rios, gesprochen. Die Erzählungen über die Anfangszeit in Entre Rios sind beeindruckend, nicht nur für Pioniere, die alle Schwierigkeiten erlebten, sondern auch für die, die sich eine, vor fast 60 Jahren wirklich gelungene Siedlungsgeschichte, kaum vorstellen

können. Interviewt wurden Donauschwaben, die heute noch in Vitória leben oder die auswanderten und zurückkamen und auch Landsleute, die heute in anderen Orten Brasiliens oder Deutschlands leben. Um jedoch das donauschwäbisch-brasilianische Abenteuer richtig verstehen zu können, werfen wir einen Blick zurück auf die Ereignisse, die unsere Pioniere damals zu bewältigen hatten. Es waren harte Zeiten für die Donauschwaben: Vertreibung und Flucht im Jahre 1944, lange Jahre der Ungewissheit im Gastland Österreich. Wie sollte es weiter gehen, wie eine neue Existenz aufbauen, eine neue Heimat finden? Die meisten von ihnen waren Ackerbauern, hatten in ihrer Heimat in den Regionen der mittleren und unteren Donau, in der Batschka, im Banat, in Syrmien und Slawonien, das Land urbar gemacht und blühende Landschaften geschaffen. Endlich wieder eigenen Boden unter den Füßen, das war ihr

sehnlichster Wunsch. Doch wie sollte sich dieser Traum erfüllen? Auswandern in die USA, nach Kanada, nach Afrika oder vielleicht nach Brasilien – es gab eine Reihe von Spekulationen Ende der 1940er Jahre. Und plötzlich ging alles schnell. Laut Max Frösch, Beauftragter der Schweizer Europahilfe, hatte der brasilianische Kolonisations- und Einwanderungsrat seine Zustimmung zu einer Siedlung für 500 Familien in Paraná gegeben; die europäischen Siedlungsbauern waren in Paraná erwünscht, und so wurde am 1. Mai 1951 in Curitiba, von den Vertretern der Schweizer Europahilfe und der donauschwäbischen Studienkommission beschlossen, das Siedlungsprojekt Entre Rios in Guarapuava zu verwirklichen. Schnell sprach sich die frohe Kunde herum, denn nach Brasilien konnte erstmals die gesamte Familie mit Kindern und sogar Oma und Opa einwandern. Bereits am 22. Mai 1951 schifften sich die ersten 222 Siedler auf dem Überseedampfer ‘Provence’ in Genua ein und nun fuhren Hunderte von Donauschwaben ins Unbekannte. Viele von ihnen aber waren staatenlos, denn als Flüchtlinge aus Jugoslawien hatten sie keine Dokumente mehr, erläutert Johann Lukatsch, 77, damals 17 Jahre alt. “Die jugoslawische Staatsbürgerschaft wurde aberkannt und wir waren in Deutschland noch nicht registriert”. Aber auch diese bürokratische Hürde wurde noch im österreichischen Sammellager Asten, vor dem Einschiffen, mit Hilfe der Schweizer Europahilfe überbrückt. Von Asten aus ging es mit dem Zug zum italienischen Hafen Genua. Von der Abfahrt erzählt Stefanie Toninger, 67, die damals erst 8 Jahre alt war: “Wir kamen an und es dauerte den ganzen Tag, bis erst mal alle Leute und ihre Sachen im Schiff waren”.

In der alten Heimat waren die allermeisten Donauschwaben Ackerbauern

Familie Hermann im Zug auf dem Weg zum Genua-Hafen. Rechts Stefanie Toninger (geb. Hermann), mit ihrem Bruder und der Mutter

Die Überseefahrt ist problemlos gelungen, obwohl viele seekrank waren

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Drei Tage lang waren die Donauschwaben mit dem Zug unterwegs von Santos bis nach Goes Artigas, heute ein Teil des Munizips Inácio Martins

Die Überseefahrt überstanden die meisten recht gut, auch wenn nicht wenige Frauen die gesamte Reise lang seekrank waren. Mit der Ankunft im Hafen von Santos aber begann das Abenteuer ‘Neue Heimat in Brasilien’ erst so richtig, denn von dort aus bis zum Gebiet von Goes Artigas, heute Teil des Munizips Inácio Martins, ging es mit der Eisenbahn weiter. “Drei Tage und drei Nächte lang fuhren wir mit Zug”, erinnert sich Johann Lukatsch. Und dann waren es noch Stunden mit dem Lastwagen nach Guarapuava, einem Städtchen, 30 km vor Entre Rios gelegen. Beeindruckend für viele war dann nicht die Stadt, mit den vielen Bars, den Rosswagen auf der Straße oder den Männern mit Strohhut auf dem Kopf und einem imponierenden Revolver am Gürtel. Nein, die Donauschwaben wurden zum ersten Mal, wie später dann noch einige Male beim Anbau, unangenehm vom Klima überrascht. “Es war so kalt. Wir kamen im Juni an und dachten doch nicht, dass in Brasilien der Winter auch so frisch sein kann”, erinnert sich Josefine Spieler, 66 - damals erst 7 Jahre alt. Jedenfalls war das kühle Wetter auf 1.100 m Meereshöhe das merkwürdigste Erlebnis bis dahin. Die Familien des 1. Transportes schliefen für rund zwei Monate in der Schule Visconde de Guarapuava. Oft teilten sich zwei bis drei Familien den gleichen Raum, beziehungsweise die Klassenzimmer der Schule. Tagsüber fuhren die Männer und manchmal auch Frauen mit dem Lastwagen nach Entre Rios, um Straßen zu bauen, Bäume zu fällen, Bretter zu

In Goes Artigas warteten die Lastwagen schon auf die Donauschwaben. Dann waren es noch 50 km bis nach Guarapuava

Ganz zu Anfang war der Straßenbau eine der wichtigsten, aber auch schwierigsten Tätigkeiten

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Tagsüber fuhren Männer und sogar Frauen nach Entre Rios, um Straßen

zu bauen, Bäume, wie hier die Araukarien, zu fällen und die ersten

Baracken aufzubauen

Beim Aufenthalt in der Schule Visconde de Guarapuava, kochte Karl Sposta und sein Team Gulasch für alle Donauschwaben

Gemeinschaftsküche auf der Siedlung: Obwohl eine Familie nach der anderen ihr Haus bekam, wurde weiterhin in der Gemeinschaftsküche gegessen

schneiden und die ersten Baracken und die Gemeinschaftsküche aufzubauen. Lukatsch wurde sofort eingesetzt. Als 17-Jähriger fuhr er Lastwagen und brachte Material, Holz und Bretter zu den Sägewerken. “Das war schwierig genug, weil wir 6 m lange Bretter auf dem LKW hatten und die unbefestigten Straßen oft sehr steil waren. Da mussten wir schwere Steine vorne auf die Bretter legen, um nicht die Hälfte unterwegs zu verlieren”, erzählt Lukatsch. Auch brachte er die Männer von Guarapuava nach Entre Rios und am Abend wieder zurück. Nicht umsonst nahmen in Entre Rios plötzlich zahlreiche Sägewerke ihren Betrieb auf. Das Waldgebiet um das künftige Siedlungsgebiet bot damals reichlich Bäume, um die Häuser aufzubauen und es gab auch genug Weideland, auf denen wilde Kühe im Freien grasten. Um den Aufbau der Siedlung schnellstens voranzutreiben, so erzählt Lukatsch, hatte die Schweizer Europahilfe für den 1. Transport vor allem Handwerker und bestimmte Familien ausgesucht, die auf der Siedlung dringend gebraucht wurden. “Ich war zum Schlosser ausgebildet. Da kam eine Delegation der Schweizer Europahilfe zu jeder Familie und überprüfte genau,

welche die meisten Arbeitskräfte hatte”, erklärt Lukatsch. “Wir waren sechs Geschwister, davon vier junge Männer. Deswegen wurden wir für den 1. Transport bestimmt”. Als die Familien endlich nach Entre Rios ziehen konnten, mussten die meisten immer noch in Gemeinschaftsbaracken übernachten. Kurz danach begann die Verlosung der Häuser und ein Donauschwabe nach dem anderen hatte das Gefühl, wieder ein Zuhause zu haben. “Flüchtling zu sein, war ganz schlimm. Wir hatten nichts, überhaupt nichts. Wir kannten niemanden, wir gehörten nirgendwo hin. Man kann sich nicht vorstellen, was es heißt, heimatlos zu sein”, erinnert sich Rosina Lemler Spiess, 74, die mit dem 3. Transport nach Entre Rios kam. “Als wir in unser Haus einzogen, sagte mein Vater: “Gott sei Dank, wieder ein eigenes Dach über dem Kopf”. Gegessen wurde aber weiterhin noch in der Gemeinschaftsküche, die tagtäglich zum Mittagessen und Nachtessen Gulasch anbot. Zum Frühstück gab es den von Anna Neller, 71, damals so geliebten Waldhonig. “Das habe ich noch genau in Erinnerung. Das hat mir immer so gut geschmeckt, obwohl es nicht der reinste Honig war”, erzählt die Donauschwäbin, die damals 10 Jahre alt war und mit ihrem Bruder Johann Lukatsch mit dem 1. Transport nach Entre Rios kam. Die ersten Familien in Entre Rios hatten auch häufig viele Kinder. Für diese war die wilde Siedlung sicherlich der ‘lustigste Ort der Welt’. Bäche zum Baden, Weiden zum Rennen, Bäume

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zum Klettern und all das in einer Landschaft, die nicht nur sehr interessant, sondern auch völlig unbekannt war. Deswegen erstaunt es nicht, wenn sich bis heute unvergessliche Geschichten um diese Zeit ranken. Stefanie Toninger war 8 Jahre alt, als sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder nach Entre Rios kam. In ihrem Alter war die Neugier selbstverständlich größer als die Vorsicht. “Wir sind barfuß hin und her gerannt, auf die Bäume geklettert, haben mit den Lianen geschaukelt. Achtsam zu sein, war einfach uninteressant”, erinnert sie sich; und abenteuerlich bleibt in Erinnerung ihr erstes Kindheitserlebnis auf der Fahrt nach Entre Rios: “Als wir von Guarapuava dorthin zogen, fuhren wir durch unbekannte Wege, die waren wie dunkle, düstere Tunnels, die Äste hingen wirr ineinander verschlungen herab und streiften beängstigend über den Lastwagen”. Für die Erwachsenen jedoch waren die ersten Zeiten auf der Siedlung hart; was an Arbeitskraft reichlich vorhanden war, fehlte an Kenntnissen über die Landwirtschaft, über das Klima und auch zur Sprache. “Unsere Familie hatte Pech. Auf dem Landstück, das wir bekamen, konnte man nichts anbauen. Dann erhielten wir eine zusätzliche Fläche, aber in den ersten Jahren konnten unsere Eltern niemals so viel ernten, dass es reichte, um Schulden zurückzuzahlen”, erzählt Johann Lukatsch, der in den 60er Jahren mit seiner Frau Theresia nach Deutschland zurückzog. Die Siedler hatten also unerwartet nur zwei Wege zur Wahl: an den Schwierigkeiten zu verzweifeln oder sich über oft lustige Episoden zu erheitern und sich so ihren Optimismus zu bewahren. Da gute Laune schon immer eine donauschwäbische Eigenart ist, wählten die meisten den zweiten Weg und sammelten unzählige Geschichten, und Missverständnisse entwickelten sich zu echten Witzen. So erzählt Stefanie Toninger, dass ihr Schwiegervater eines Tages einen

Zur wichtigsten Arbeit der ersten Zeit gehörte das Bretter-Schneiden, um die Baracken (siehe im Hintergrund) aufzubauen

So gingen die Schwaben einkaufen

Zuchteber kaufen wollte. Er wusste jedoch nicht, wie man dieses Tier auf Portugiesisch nennt. Eines war klar: die Übersetzung für Schwein ist ‘Porco’. So ging er zu einem brasilianischen Schweinezüchter und versuchte, mit Mimik zu erklären, er wolle einen Eber kaufen. Als das einfach nicht klappen wollte, hatte er eine Idee: “Er dachte: Naja, ein Eber ist männlich wie ein Herr und der heißt auf Portugiesisch ‘Senhor’, vielleicht versteht er es so”. Und darum fragte ihr Schwiegervater nach einem ‘Senhor Porco’. Er hatte aber keine Ahnung, dass der Brasilianer sich als ‘Herr Schwein’ beleidigt fühlen würde und nahe daran war, seine Pistole zu ziehen. “Aber mit ein bisschen Geduld wurden sie sich schließlich einig”.Auch Rosina Spiess erinnert sich an eine besondere Geschichte, die aus einem sprachlichen Missverständnis entstand. “Meine Mutter kochte im Krankenhaus und an diesem Tag war der Doktor Sá eben dort. Sie sprach schon recht gut Portugiesisch,

Kinder klettern und schaukeln auf den Bäumen und spielen “Tarzan” im wilden Wald

Die erste Erste-Hilfe-Station, in der auch die Dominikaner-Schwestern tätig waren

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aber diesmal hatte sie sich vertan”. Als der Doktor ankam, fragte er, was es zum Mittagessen geben würde. Sie antwortete, dass sie eine ganz besondere Suppe aus ‘Cobra’ vorbereitet hätte. Der Doktor war ganz entsetzt. Die Köchin machte sich nichts daraus und fügte hinzu. “Ja, heute gibt es etwas ganz feines”. Der Doktor versuchte zu verstehen: “Du wirst doch nicht eine ‘cobra’ kochen?”. “Doch”, sagte sie. “Und wie zu Hause, wird sie mit saurer Milch aufgekocht und heute habe ich eine ganz besonders große”. Groß wurden nun auch die Augen des Doktors. “Das heißt, wir können sicher zwei Mal davon essen”, fuhr die Köchin unbeirrt fort und erklärte weiter: “Außerdem ist sie noch recht frisch. Die ‘cobra’ liegt jetzt hier hinter der Tür, im Schatten”. Dem Dokter verschlug es die Sprache, aber zur Sicherheit wollte er diese ‘cobra’ doch noch ansehen – und war dann sehr erleichtert. “Ach, du meinst ‘abobora’ (einen Kürbis)?”, fragte der Doktor. “Genau, ‘abobora’, nicht ‘cobra’. Ich verwechsle noch manchmal einige Wörter”. Als 14-Jährige ging Rosina Spiess, wie auch die meisten Mädchen und Buben die über 10, 12 Jahre alt waren, nicht mehr in Entre Rios zur Schule. Die portugiesische Sprache wurde nur nebenbei und teilweise gelernt und nie geübt, da man in der Familie nur Deutsch oder Schwäbisch sprach. So blieben heute geläufige Wörter für viele Pioniere unbekannt. “Die Älteren sagten zu den Pinienbäumen ‘Regenschirm-Bäume’, wegen der gebogenen Form der Äste”. Heitere Geschichten mischten sich nicht selten unter den harten Arbeitstag. “Am 2. Tag als wir hier waren, wurden alle 14-, 15-Jährigen aufgerufen, sich am Sammelplatz, dort wo heute der Park ist, zu treffen”, erzählt Rosina Spiess. “Die Jugendlichen kamen mit Gartenhacken und halfen, das hohe Farnkraut (samambaia) zu entfernen. Dabei haben sich die Jugendlichen unterhalten, angefreundet und es war richtig lustig”. Bei einem Blick auf die Geschichte von Entre Rios sind sich alle interviewten Pioniere einig, dass man sich vor 60 Jahren nicht vorstellen konnte, welche Entwicklung die Siedlung nehmen würde. “Man hat nie gedacht, dass Entre Rios sich so entfalten wird und man kann schon sehr stolz darauf sein”, betont Stefanie Toninger. So sieht es auch Josefine Spieler, die als einzige von ihren Geschwistern heute noch auf der Siedlung wohnt. “Das

Donauschwaben beim Einzug ins eigene Haus: “Endlich wieder ein Dach über dem Kopf”

In der neuen Heimat konnten die Donauschwaben eigene Hühner, Schweine und Kühe züchten. Diese Tiere zu kaufen, war jedoch nicht immer leicht

haben praktisch unsere Großeltern und Eltern aufgebaut und wir haben mitgeholfen, und darum sind wir sehr stolz auf unser Zuhause”. In Österreich besaßen die Donauschwaben wenig oder gar nichts und als sie nach Entre Rios zogen, konnte jede Familie neu beginnen und so meint Rosina Spiess: “Wir waren wieder froh, ein eigenes Haus zu besitzen, den eigenen Garten, ein paar Hühner und Schweine. Und bei uns sagte man, ‘Die Kuh deckt die Armut zu’ und sogar eine Kuh hatten wir”. Auf diese Weise zimmerten die Donauschwaben zielstrebig und erfolgreich an ihrer eigenen Geschichte, schufen in Entre Rios die neue Heimat und nicht wenige denken wie Rosina Spiess: “Wir schauen dankbar zurück auf alles, was aufgebaut wurde, wie die Siedlung sich entwickelt hat, denn als wir hierher kamen, war wirklich nichts. Insgesamt gesehen ist Entre Rios ein von Gott gesegnetes Plätzchen; und Heimat ist das schönste, was es gibt auf der Welt”.

Anmerkung: Weitere Interviews folgen in der nächsten Ausgabe von Zeitschrift Entre Rios

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(Quelle: Max Frösch, Guarapuava die donauschwäbische Flüchtlings-Siedlung in Brasilien, 1958, PANNONIA-VERLAG FREILASSING)

Der Tiger-TischlerAn einem Feierabend, ganz zu Anfang der Siedlung, so erzählt Stefanie Toninger, hörte ihr Vater und ein Freund ein lautes Gebrüll. Da man kaum wusste, welche Tiere es in Brasilien gibt, rannten beide, um Hilfe zu holen: “Ein Tiger, dort ist ein Tiger!”, schrien die Männer. Als sie nun näher kamen, erkannten sie erleichtert, dass es nur ein Kalb war, das in ein Sumpfloch gefallen war. “Jedenfalls hatte mein Vater einen neuen Spitznamen: ‘Tiger-Tischler’.

RiesenfröscheMit ihrem Bruder, spielte Stefanie Toninger immer im Sumpf. Eines Tages hörten sie ein Schreien wie von einem Kind oder einer Katze. “Wir suchten dieses Kind überall, waren schon dreckig und verkratzt, bis wir merkten, dass der Lärm von den riesigen Sumpffröschen kam und nicht von einem Kind oder einer Katze”.

Weitere heitere Geschichten Chronologie der Ereignisse

bis zur Ansiedlung der Donauschwaben in Entre Rios

Stefanie Toninger: Als kleines Kind in der Anfangszeit - heitere Geschichten und Abenteuer. Heute ist sie “sehr stolz” auf die Siedlung

Johann Lukatsch, links, wurde sofort beim Aufbau der Siedlung eingesetzt. Seine Schwester Josefine Spieler, Mitte, ist die einzige der Familie, die noch in Entre Rios wohnt. Auf dem Foto v. l. n. r. Johann, seine Frau Theresia, Josefine, die Schwester Anna Neller und der Schwager Michael Neller

Rosina Lemler Spiess: “Entre Rios ist ein von Gott gesegnetes Plätzchen; und Heimat ist das Schönste, was es gibt auf der Welt”

1944 Flucht und Vertreibung aus der alten Heimat im ehemaligen Jugoslawien

1944-1951 Aufnahme im Gastland Österreich

31.12.1948 Die 1. der 7 Studienreisen der donauschwäbischen Kommission im Innern des Staates Góias beginnt.

27.10.1949 Dr. J. Vayda (Rio de Janeiro), Delegierter der Schweizer Caritas-Zentrale in Südamerika, nimmt im Namen der Schweizer Europahilfe Verhandlungen zu Einwanderungsmöglichkeiten europäischer Flüchtlinge mit den brasilianischen Behörden auf.

14.12.1949 Dr. J. Vayda unterbreitet dem brasilianischen Einwanderungs- und Kolonisationsamt in Rio de Janeiro eine Eingabe für ein Siedlungsprojekt.

22.12.1949 Der Kolonisationsplan der donauschwäbischen Studienkommission (Prof. Josef Stefan, Ing. agr. Michael Moor, H. H. Georg Bormet), wird vom Einwanderungs- und Kolonisationsamt in Rio de Janeiro akzeptiert. Die Behörden stimmen einer Einreise der Donauschwaben nach Brasilien unter dem Dach der Schweizer Europahilfe zu.

12.08.1950 Der brasilianische Staatspräsident genehmigt offiziell die Einwanderung der ersten 500 donauschwäbischen Familien.

18.11.1950 Die Wirtschaftskommission der UNO für Lateinamerika in Sao Paulo teilt den Beauftragten der Schweizer Europahilfe (Dr. J. Vayda und René Bertholet) mit, statt in Goiás, im Staat Paraná das Siedlungsprojekt voranzutreiben. Ing. Michael Moor wird veranlasst, günstig gelegene Ländereien für die vorgesehene Siedlung zu suchen.

15.01.1951 Der Präsident der brasilianischen Bundesrepublik unterzeichnet den sogenannten Lizenzvertrag zur Finanzierung der Kolonisation von 500 Familien.

09.04.1951 Staatsgouverneur Paranás, Bento Munhoz da Rocha Netto, und Staatssekretär für Landwirtschaft, Industrie und Handel (Curitiba), Dr. Lacerda Werneck, erklären sich bereit, die Ansiedlung im Staate Paraná mit konkreten Maßnahmen zu unterstützen.

01.05.1951 Vertreter der Schweizer Europahilfe und der donauschwäbischen Studienkommission beschließen in Curitiba, das Siedlungsprojekt Entre Rios in Guarapuava zu verwirklichen.

05.05.1951 Mitglieder des Kolonisationsprojektes gründen eine Genossenschaft mit dem Namen “Cooperativa Agrária Ltda., Entre Rios, Guarapuava”. Michael Moor wird 1. Präsident.

22.05.1951 Die ersten 222 Siedler schiffen sich auf dem Überseedampfer “Provence” in Genua ein

6. Juni 1951 Die ersten Ansiedlungspioniere treffen in Guarapuava ein.

Februar 1952

Die letzten Siedler erreichen mit dem 7. Transport Entre Rios.

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Unsere Leute

Vielfältige Handwerkskunst:

Zeichnen, malen, schnitzen

“Nie habe ich auch nur einen einzigen Kurs besucht. Mein bester Lehrer war die Praxis”. Wenn man die im ganzen Haus ausgehängten Gemälde ansieht, klingt der Satz vom Zahnarzt Marcio de Sequeira, 48, beinahe unfassbar. Zeichnen, malen, schnitzen, basteln. Alles brachte er sich alleine bei, ein Kunsthandwerk nach dem anderen. Zwei “Lehrer” hatte Sequeira aber doch: die Familie und die Erfahrung. Vom Vater und den Brüdern lernte der noch fünfjährige Junge Comic-Geschichten zu zeichnen. “Mein Vater und meine Brüder zeichneten sehr gut und ich lernte nebenbei mit”. Er gestaltete eigene Comic-Büchlein über Geschichten im Stil von “Asterix”, oder andere, die von der Weltgeschichte erzählten. Sequeira entwickelte somit seinen eigenen Stil, und vom Abzeichnen ging es zu den selbst entworfenen Bildern. In der Schule mochte der junge Marcio hauptsächlich die Geschichtestunden, die seine Kreativität anregten. Unverhofft brachten jedoch diese Zeichnungen seine Mutter in Rage. “Wenn der Lehrer von bestimmten Fakten zur Geschichte erzählte, fing ich an, mir die Szene vorzustellen und zeichnete sie auf meine Bücher. Meine Mutter wurde immer böse, weil wir die Bücher ja schonen und nicht bekritzeln sollten”. Als das Zeichnen ihm schon sehr leicht fiel, begann Sequeira mit dem Malen. Auch hier bekam er nur einige Tipps von einem Freund, der ihm die besten Mischungsmöglichkeiten der Farben erklärte. “Farben mischen ist eine wichtige Fähigkeit, aber doch

eigentlich sehr einfach. Das Schwierigste ist, ein Gemälde zu beginnen und zu vollenden”. Nun machte Marcio sich an sein neues Hobby und verschaffte sich, unter anderen, Vorlagen seiner Lieblingskünstler, wie Vicent van Gogh, Rembrandt van Rijn, Diego Velázquez, die zuerst einmal nachgemalt wurden. Der Hobbykünstler bediente sich dabei der Ölmaltechnik und wie auch beim Zeichnen entwickelte er nach und nach seinen eigenen Stil. “Eigentlich male ich am liebsten Natur in Bewegung, meistens mit einem Menschen im Vorder- oder Hintergrund”, erzählt Sequeira. “Portraits male ich auch sehr gerne”. Insgesamt schuf der Zahnarzt über 100 Gemälde. Davon wurden nur rund die Hälfte verkauft, das Restliche verschenkt oder hängt bei ihm zu Hause, im 2. Dorf Jordãozinho. Sequeira dachte wenig an die Möglichkeit, von seiner Kunst zu leben, beziehungsweise sie als Beruf auszuüben. “Es gibt heutzutage sehr viele berühmte Maler, aber alle sagen dasselbe: sie haben Hunger gelitten, mussten Jahrzehnte lang arbeiten um irgendwann einmal anerkannt zu werden und dann Geld zu verdienen”. Eine der größten und schwierigsten Arbeiten von Sequeira war die Glasmalerei der evangelischen Kirche im 3. Dorf Cachoeira. Er wurde von der Kirche darum gebeten und nahm auch die Arbeit gerne an. “Ich habe das im Jahre 1998 gemacht. Aber mit der Zeit musste es nachgemalt werden und rund zehn Jahre später wurde es mit einer geeigneten Farbe aus Deutschland erneuert”, erklärt Sequeira. Nach dem Malen fing Sequeira auch zu schnitzen an und stellte ganz verschiedene Arbeiten her. Zurzeit schult er wöchentlich Lehrlinge im Sozialprojekt Projeção, im 1. Dorf Vitória. Aber der Unterricht befasst sich weder mit Zeichnen, noch mit Malen oder Schnitzen. “Ich bemühe mich, allerlei kulturelle Objekte aus Entre Rios, wie den Brunnen, den Rosswagen, das Pionierhaus, mit kleinen Holz-, Draht- oder Plastikstücken nachzubilden. Und genau das lerne ich diesen Kindern”. Somit gibt der Zahnarzt seine künstlerische Begabung an Jugendliche weiter, die gleichzeitig ein Kunsthandwerk und ein wenig über die Geschichte von Entre Rios lernen. “Das ist ein Hobby für mich, das ich aber sehr, sehr gerne mache”, ergänzt Sequeira und betont: “Diese Handwerkskunst werde ich weiterhin durchführen, auch um mich ständig zu verbessern”.

Marcio de Sequeira: Die Gemälde wurden verkauft, verschenkt oder hängen zu Hausean der Wand

Zurzeit ist Sequeira dabei aus Holz-, Draht- oder Plastikstücken kleine Skulpturen zu kulturellen Objekten von Entre Rios zu basteln

Die Kirchenfenster der evangelischen Kirche Cachoeira wurden von Sequeira gemalt – “Eine ganz besondere Arbeit”

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Sozialarbeit

Frauenverband in 2010

Der Segen freiwilliger Sozialhilfe37 Jahre nach seiner Gründung ist der Frauenverband Entre Rios noch immer im sozialen, erzieherischen und gesundheitlichen Bereich der aktivste Sozialdienstverein im Distrikt. Neben Projekten wie Projeção (Projeto Jovens em Ação) und der Unterstützung von Sozialprogrammen in Munizipal-Schulen hat jedoch die Betreuung bedürftiger Kinder und Jugendlicher im Verein absoluten Vorrang.Heute werden vor allem Sozialprojekte vom Frauenverband unterstützt oder betreut: Das Projekt Projeção finanziert sich vor allem durch die Steuerabgaben vieler Personen und Unternehmen. Anderseits arbeitet der Frauenverband mit dem Ziel, ärmere Kinder zu unterstützen in Partnerschaft mit dem Sozialprogramm “Mais Escola” in den Munizipal-Schulen und Kinderprojekten. Außerdem sorgen Ehrenamtliche für das Krankenhaus Semmelweis. Gemeinsam mit der Semmelweis-Stiftung wurde 2010 das typische Schweinebraten-Essen und ein Suppen-Abend veranstaltet. Mit dem Erlös wurden Reformen durchgeführt, Verbrauchsmaterialien und die Warteraum-Einrichtung gekauft.Der Verein hat überdies noch eine große Aktion zu Anfang des Jahres organisiert,

Der Verein hat durch eine Aktion eine Braille-Schreibmaschine für das blinde Mädchen Stefanie gekauft

Helga Illich, Präsidentin des Sozialrates des Projeção (links) und Clara Fassbinder enthüllen die Einweihungstafel des Sportgebäudes des Jugendprojektes Projeção

Freiwillige bei der Vorbereitung des Suppen-AbendsChristina Zehr übergibt dem Koordinator des Altersheim São Francisco de Assis in Pinhão Spenden

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dum eine Braille-Schreibmaschine zu kaufen, die einem blinden Mädchen übergeben wurde. Sie lernt in einer normalen Schule und geht nachmittags zusätzlich in die Spezialschule. “Aber nicht nur das Mädchen lernt mit der Maschine, sondern auch ihre Schulkameraden können nun das Braille-Alphabet lernen”, erklärt die 1. Sekretärin des Frauenverbandes, Christina Zehr.Ende Oktober wurde das Sportgebäude des Jugendprojekts Projeção eingeweiht, das als Raum für sportliche Aktivitäten und allgemein als pädagogische Werkstätte dienen soll. Der Kunsthandwerk-Basar und der Basar für gebrauchte Kleidung werden als permanente Aktivitäten des Frauenverbandes von freiwilligen Helferinnen betreut. Mit den davon eingehenden Geldern wird armen Leuten Beistand gewährt. Zudem bekommt der Frauenverband öfter Mittel durch die Partnerschaft mit der Bürgervereinigung Rheinau-Rastatt, die sich zum Ziel gesetzt hat, Kinderprojekte zu unterstützen. “Die Gelder, die uns zugeschickt werden, setzen wir in den Kinderprojekten ein, bei denen den Kindern neben den schulischen Aufgaben auch noch halbtags sportliche und kulturelle Unternehmungen angeboten werden”, erläutert die Vize-Präsidentin des Vereins, Clara Fassbinder.Mitte des Jahres 2010 übergab die Direktion des Frauenverbandes bei der Sozialabteilung der Stadt Pinhão gebrauchte Kleidung für die ärmsten Familien. Wie in jedem Jahr organisierte der Frauenverband die Weihnachtsfeier

der “Frohen Altenrunde”. Bei dieser Gelegenheit gaben die Senioren Spenden, die dem Altersheim São Francisco de Assis in Pinhão überreicht wurden.“Im Jahr 2011 wird das Projekt Projeção sein 10-jähriges Bestehen feiern. Die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, armen Familien und die sonstigen Tätigkeiten des Vereins wollen wir aufrecht erhalten, damit wir unser Hauptziel, die Solidarität zu den Bedürftigten und kranken Menschen, erreichen”, schließt Christina Zehr.

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Kochkunst

Sie ist Koordinatorin der Verwaltungsassistenz der Genossenschaft Agrária und führt ihre Aufgaben mit Kompetenz und Disziplin durch. Und oft kann ihr Alltag sehr hektisch sein. Einen Ausgleich findet Ulrike Winkler in der Küche. Kochen und backen bringen ihr Entspannung und Ablenkung vom Alltagsstress. Schon als kleines Kind vertraute Mutter Maria ihr die Küche an. “Ich habe meiner Mutter viel im Haushalt geholfen, darüber bin ich heute recht froh, denn sie hat mir reichliche und wertvolle Rezepte beigebracht”, bestätigt Ulrike. Die “Nusspitte” ist bei Familie Winkler

Donauschwäbische Süßigkeiten

Nusspitte

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Die Semmelbrösel werden in Schnaps eingeweicht

Ulrike Winkler teilt den Teig in zwei Hälften

Sobald die erste Teighälfte in das Backblech gelegt wird, streicht man Marmelade darauf und verteilt die Füllung

Die Teigdecke rollt Ulrike mit einem Walker aus

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ein Sonntagskuchen. Ulrike verrät, dass ihre Mami sie nie so recht an dieses Rezept Hand anlegen lassen wollte – in der Meinung, es wäre zu schwierig. Ulrike stellte sich der Herausforderung und heute bringt sie bei Geburtstagsfeiern der Familie oder wenn man Besuch hat, die Nusspitte auf den Tisch, die auch dann genüsslich verspeist werden.200 g Butter, 250 g Mehl, 2 Esslöffel Zucker und 4 Esslöffel Wasser werden zu einem Teig verknetet und für 1 Stunde im Kühlschrank gerastet. Füllung: 4 Eier mit 250 g Zucker gut schlagen. Danach 30 gSemmelbrösel in 3 Esslöffeln Schnaps

einweichen und 250 g Pekannüsse oder Erdnüsse unterrühren. Die Hälfte des Teiges ausrollen, auf ein gefettetes Backblech auslegen, mit dunkler Marmelade bestreichen und die Füllung darauf verteilen. Die zweite Hälfte des Teiges ausrollen und drauflegen. Die Teigdecke mit einer Gabel mehrmals einstechen. Bei mittlerer Flamme etwa 50 Minuten im Backofen backen. Mit Zucker bestreuen und, solange der Kuchen noch warm ist, in Stücke schneiden.Guten Appetit!

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Herrliches Motiv

Richtig nah dran

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Die Fliege

Der Marienkäfer

Die Ameise

Panorama

Die Panorama-Seite zeigt nicht nur großartige, sehenswerte Landschaften, sondern auch eine oft unbekannte Mikro-Welt in ihren kleinsten Details.

Klaus Pettinger beschreibt in seinem Gedicht dieses einzigartige Mikro-Leben:

So klein – und praktisch unbekannt,Fast unbemerkt, das kleine Wesen.Was da das Objektiv mit Zufall fandIst herrlich strahlendes Insekten-Leben.

Es fliegt und krabbelt, klein und winzig: Ameisen, Bienen oder Käfer knipsen - Hier zeigt Natur sich einzigartigVor menschlichen- und Foto-Linsen. Die Biene

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Kurzmeldungen

Mit dem Ziel auf Infrastruktur-Probleme der Siedlung Entre Rios aufmerksam zu machen, veranstalteten Einwohner am 17. Dezember 2010 einen Autokorso. Die Demonstration bewegte sich durch die Dörfer, an den Plätzen vorbei, die am dringendsten instandgesetzt werden müssten. Die Protestbewegung wurde von Acender (Zentraler Verband der Entwicklung von Entre Rios) organisiert.

Am 9. Januar 2011 veranstaltete der Jugendverein des5. Dorfes das jährliche Sportfest, bei dem ein Fußballturnier ausgetragen wurde. 26 Teams aus dem Bezirk Guarapuava haben teilgenommen. Circa 2.000 Leute waren auf dem Fest und es wurden insgesamt 642 Churrasco-Karten verkauft. Jackson Fassbinder, Präsident der Jugend, erklärte, dass das Geld für Verbesserungen verwendet wird: für die Reform der Kegelbahn, den Kauf von Tischen, Gläsern und Stühlen für das Klubhaus, für die Erneuerung der “Churrasqueiras”, die Anfertigung neuer Grillrouletten so wie neues Flutlicht für den Fußballplatz.

Am 22. Oktober 2010 hat Landsmann Stefan Teppert in München einen Vortrag über Entre Rios gehalten. Teppert wurde 1956 in Socorro geboren, mit seinen Eltern ging er 1959 nach Deutschland. Von 1988 bis 1999 war er hauptamtlicher Kulturreferent der Landsmannschaft

der Donauschwaben in Sindelfingen und organisierte gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine Wanderausstellung über seine Geburtsheimat. Immer wieder hat er über Entre Rios in

Deutschland referiert und die Kolonie bekannt zu machen versucht. In München sprach er nun vor etwa dreißig außerordentlich interessierten Landsleuten aus dem rumänischen Banat; die

Landsmannschaft der Banater Schwaben hatte ihn dazu eingeladen. Wie groß das Interesse der Zuhörer war, zeigt, dass sie nach eineinhalbstündigen Ausführungen über die Ursachen,

die zur Gründung von Entre Rios führten, die Schwierigkeiten der Anfangszeit bis hin zum Stand des Erreichten in der Gegenwart, auch noch Lichtbilder zu sehen wünschten.

Im November 2010 übergab Anton Abt dem Historischen Heimatmuseum von Entre Rios eine Bücherspende. Darunter sind zirka 485 Bücher und Zeitungen. Das Material hatte er in 19 Schachteln bei sich zu Hause aufbewahrt. Die Sammlung besteht aus Romanen, Novellen und auch Geschichtenbüchern, darunter viele über die Kriegszeit. “Viele Bücher habe ich gelesen, aber was soll ich nun mit ihnen zu Hause? In der Bibliothek sind sie besser aufgehoben. Es haben mich schon mehrere Leute gefragt, ob ich sie nicht spenden wollte”, erklärte Anton Abt.

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Trauermeldungen

João Maier ist am 4. Januar im Alter von 80 Jahren in Vitória gestorben. Er wurde am 3. Dezember 1931 in São Paulo geboren. Es trauern um ihn seine Ehefrau Ana Aurora, 6 Kinder, 4 Enkel und 3 Urenkelkinder.

Franz Hoffmann verstarb am 10. Januar im Alter von 76 Jahren in Joinville, Santa Catarina. Er kam am 26. Februar 1934 in Schidski Banovci, Syrmien, im ehemaligen Jugoslawien, zur Welt und erreichte Entre Rios mit dem 4. Transport. Er wird betrauert von seiner Ehefrau Theresia, Kinder Ingeborg, Robert und Claudia und von 5 Enkelkindern.

Anton Schlafner ist am 16. Januar im Alter von 75 Jahren in Vitória gestorben. Er wurde am 5. Juli 1935 in Lowas, Syrmien, im ehemaligen Jugoslawien, geboren und kam mit dem 1. Transport nach Entre Rios. Es trauern um ihn seine Ehefrau Maria, Kinder Bernadete, Helena und Albert so wie 6 Enkel.

Am 29. Januar 2011 wurde in Vitória, Entre Rios, eine Zweigniederlassung der Genossenschaftsbank Sicredi in Anwesenheit von Autoritäten des Munizips und des Genossenschaftswesens sowie Bewohnern eingeweiht. Es ist die 10. Niederlassung der Sicredi Terceiro Planalto, deren Services auf Kredite und Finanzinvestitionen basieren. Das Genossenschaftssystem Sicredi unterhält auf nationaler Ebene über 1.100 Bedienungsstellen mit 1,7 Mio. Mitgliedern.

Im Monat Januar 2011 gestalteten die Schüler der 10. Klasse der Leopoldina-Schule eine Reise durch das Land Brasilien. Was sie in all den Schuljahren in den Klassenräumen über die Geschichte und Kultur ihres Heimatlandes lernten, wurde ihnen auf der Tour näher gebracht. Die Reiseroute führte sie u. a. in Städte wie Brasília, Salvador, Porto Seguro, Vitória, Rio de Janeiro, Petrópolis, Angra dos Reis und São Paulo.

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Innovation: Nach diesem Begriff wird die Genossenschaft Agrária vom 4. bis zum 8. Januar 2012 das 60. Jahr der donauschwäbischen Einwanderung in Entre Rios feiern. Statt des historischen Umzugs vor dem Genossenschaftsgebäude wird es als Höhepunkt ein Fest auf dem Platz der Neuen Heimat geben: Historische Ausstellung; donauschwäbische Imbiss-Stände; typische Musik und Auftritt von Trachtentanzgruppen. Die Agrária wird außerdem das neue Historische Museum einweihen, ein Buch über die Geschichte der Donauschwaben in Entre Rios veröffentlichen, Pioniere ehren und alte landwirtschaftliche Maschinen vor dem Genossenschaftssitz ausstellen.

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