Gasschutz Und Luftschutz 1934 Nr.11 November

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Ga chu MiHeilungsblaH aDlilicher Nachrichten NR.11 BERLIN, IM NOVEMBER 1934 4. JAHRGANG Die lDitteI= und süddeutschen Luftschutzübungen ilD Oktober 1934 Kritische Betrachtung und Äus-wertung ihrer Ergebnisse Prä s ident i. R. Heinrich P a e t s c h Aus den während der Übungen in und Süd deutsch l and zur Darstellung gebrachten Teib gebieten eies Luftschutzes so ll en nachstehend ei ni ge Probleme h era usgeschält werden, die nach Ans icht des Verfassers noch einer endgültigen Klärung bedürfen. Zu den nach dieser und je ner Richtung hin ertei lten Vorschlägen und gen sei jedoch ausdr ücklich betont, daß es si ch hier um persönliche Auffass un gen handelt, , die wegs elen Anspruch er h eben . die alleingültige Lösung darzustellen. D er zivile Luftschutz ist n oc h viel zu ne u, als daß man ihn in all e n s· einen Einz·elhe it en 'e rfass en könnte. Nur die Mitarbeit a ll er in der Praxis s tehend en P ersö nlichk eit en ka nn e ine wirkliche Lösung schaffen. Aus diesem Grunde ste ht zu hoff en, durch ·die nachstehenden Ausführungen zur Klärung noch offenstehender Frag· cn immerhin beitra gen zu können. 1. Die Einteilung eines Luftsch utzorte s. Die regionale Einteilung ein es Luft schut zor tes so ll sich nach den gegeben en Bestimmungen an polizeiliche E int eilun g anlehnen. Diese Anwei < s ung ge ht von dem Gedanken aus, daß der bür ger se in Polizeirevier kennt, weil er dort aus · dcn ve r schi edens t en A nl ässen zu tun hat. Diese Einteilung ist meist gesch ieht. lieh gewac hsen und im Laufe der Entwicklung manchen Änder un gen unterworfen gewesen. tr acht et man sie vom Standpunk te des Luftschutz . taktikers aus, so er geben sich vi elfach G ründ e zu Bemängelungen. Teils findet man außerordentlich g roß e Abschnitte mit einer Zahl von revieren, die zwi schen 15 und 20 schwan kt , t·eils s ind die Ab s eh n i t t s g ren zen o hn e Rück. sicht auf die St ruktur der Sta. dt, besonders der Bauweise und , der E inwo hn ersch aft in - luft. sc hut ztechni sch geseh en - u n z w eck m ä ß i ger Linienführung entstanden. Für die Behebung dieser Mänge l, deren Be. lass ung für den Luftschutz ei nen er ht en Per . so na laufwand erfordern und eine ve rmind er te Schl a.g kr af t b ede ut en würde, s ind zwei Wege mög. lieh, n tim li ch a) eine A nderun g der regionalen E int eil ung be. reits in ruhiger Zeit unt er Ink a ufnahm e eini. ger Unbequemlichkeiten, vielleicht auch ge<: ringer Kosten vorzunehmen oder b) eine Anderung erst im Augenblick des Auf. rufes des Luftschutzes zu bewirken. Es bedarf kaum e iner Erörterung, w e ie h e der beiden Lösungen die beste ist. Da das ganze Stre. ben dahin gehen muß, die Aufrufzeit auf ein Min. destmaß herabzudrücken, würden grundsätzliche regionale Änderungen im Augenbliok des Aufrufs diese Zeit nicht nur außerordentlich ver l ängern, sondern sie würden auch allzu l eicht die Aktions. fähigkeit des aufgeruf enen Luftschutzes in den ers ten und zugle ich schwierigsten St und en sc hwäch en. Es bl ei bt al so in den Fällen, in wel. ehen eine Änderung erforde rlich ist, nur , der Weg übri g, diese Ände run gen unt er Berücksichtigung der luft sc hut z taktisch en Belange in ruhigen Zei. ten vorzu nehm en, dab ei gegebenenfal ls polizei- liche Einwände z urück zuste ll en und gewisse Un. bequemlichkeiten in Kauf zu ne hmen. Es so llte daher Sache der vemn twortlich en Poli. zeivc rwalt er sein, in Verbindung mit den zust än. digen Leitern der Gemeinden auf Grund von Übe rleg un gen und praktischen Erprobun gen eine regio nal e Eintei lun g festzulegen, die sowoh l allen ber. echtig t en Luftschutzwünschen Rechnung tribgt, als auch für den normalen Friedensbetrieb keine a ll zu großen Beolastungen mit si ch bringt. Für die erwünschte r egionale Einteilung lassen sich un schwer wichtige Gesichtspunkte nennen, für die anschl1eßend einige Beispiele gegeben seien: Städte mit ausgesprochener Ci t y. B i I dun g wer. den diese Innensta· dt zweckmäßig zu einem Abschnitt zusammenfassen, weil - luftschutztak. tisch gesehen - Geschä:ftsgegenden sich charak. teristisch von anderen Stadtgebieten unterschei- den: am Tage Zusammendrängung großer Men. schenmassen, deren Schutz meist mit großen Schwieri,gk, eiten verknüpft ist, auf engstem Raume, in Geschäfts. und Bürohäusern; im Gegen. satz hierzu nach Arbe itssch lu ß eine auffallende Leere in den Häusern , die wiederum besondere Maßnahmen bezüghch der Organisation der Hausfeuerwehren und des Nachrichtendienstes nötig macht. Hinzu kommen zwei besonders kri . tische Augenb li cke, nämlich:

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Ga chu MiHeilungsblaH aDlilicher Nachrichten

NR.11 BERLIN, IM NOVEMBER 1934 4. JAHRGANG

Die lDitteI= und süddeutschen Luftschutzübungen ilD Oktober 1934 Kritische Betrachtung und Äus-wertung ihrer Ergebnisse Präsident i. R. Heinrich P a e t s c h

Aus den während der Übungen in '\ littel~ und Süddeutschland zur Darstellung gebrachten Teib gebieten eies Luftschutzes sollen nachstehend einige Probleme herausgeschält werden, die nach Ansicht des Verfassers noch einer endgültigen Klärung bedürfen. Zu den nach dieser und jener Richtung hin ertei lten Vorschlägen und Anrcgun~ gen sei jedoch ausdrücklich betont, daß es sich hier um persönliche Auffassungen handelt, ,die kcines~ wegs elen Anspruch erheben. die alleingültige Lösung darzustellen. D er zivile Luftschutz ist noch viel zu neu, als daß man ihn in all e n s·einen Einz·elheiten 'erfassen könnte. Nur die Mitarbeit all er in der Praxis s tehenden Persönlichkeiten kann eine wirkliche Lösung schaffen. Aus diesem Grunde steht zu hoffen, durch ·die nachstehenden Ausführungen zur Klärung noch offenstehender Frag·cn immerhin beitragen zu können.

1. Die Einteilung eines Luftschutzortes.

Die regionale Einteilung eines Luftschutzortes soll sich nach den gegeb enen Bestimmungen an ·di ~ polizeiliche Einteilung anlehnen. Diese Anwei< sung geht von dem Gedanken aus, daß der Staats~ bürger sein Polizeirevier kennt, weil er dort aus ·dcn verschiedens ten A nl ässen zu tun hat. Diese polizeilich ~re,gionale Einteilung ist meist geschieht. lieh gewachsen und im Laufe der Entwicklung manchen Änderungen unterworfen gewesen. Be~ trachtet man sie vom Standpunkte des Luftschutz. taktikers aus, so ergeben sich vielfach G ründe zu Bemängelungen. Teils findet man außerordentlich g roß e Abschnitte mit einer Zahl von Polizei~ revieren, die zwischen 15 und 20 schwankt, t·eils sind die Ab s eh n i t t s g ren zen ohne Rück. s icht auf die Struktur der Sta.dt, besonders der Bauweise und ,der Einwohnerschaft in - luft. schutztechnisch gesehen - u n z w eck m ä ß i ~ ger Linienführung entstanden.

Für die Behebung dieser Mängel, deren Be. lassung für den Luftschutz einen erh öhten Per. sonalaufwand erfordern und ein e verminderte Schla.gkraft bedeuten würde, sind zwei Wege mög. lieh , n tim lich

a) eine Anderung der regionalen Einteilung be. reits in ruhige r Zeit unter Inkaufnahm e eini.

ger Unbequemlichkeiten, vielleicht auch ge<: ringer Kosten vorzunehmen oder

b) eine Anderung erst im Augenblick des Auf. rufes des Luftschutzes zu bewirken.

Es bedarf kaum einer Erörterung, w e ie h e der beiden Lösungen die beste ist. Da das ganze Stre. ben dahin gehen muß, die Aufrufzeit auf ein Min. destmaß herabzudrücken, würden grundsätzliche regionale Änderungen im Augenbliok des Aufrufs diese Zeit nicht nur außerordentlich verlängern, sondern sie würden auch allzu leicht die Aktions. fähigkeit des aufgerufenen Luftschutzes in den ersten und zugleich schwierigsten Stunden schwächen. Es bleibt also in den Fällen, in wel. ehen eine Änderung erforderlich ist, nur ,der Weg übrig, diese Änderungen unter Berücksichtigung der luftschutztaktischen Belange in ruhigen Zei. ten vorzunehmen, dabei gegebenenfalls polizei­liche Einwände zurückzustellen und gewisse Un. bequemlichkeiten in Kauf zu nehmen.

Es sollte daher Sache der vemntwortlichen Poli. zeivcrwalter sein, in Verbindung mit den zust än. digen Leitern der Gemeinden auf Grund von Überlegungen und praktischen Erprobungen eine regionale Einteilung festzulegen, die sowohl allen ber.echtig ten Luftschutzwünschen Rechnung tribgt, als auch für den normalen Friedensbetrieb keine allzu großen Beolastungen mit sich bringt.

Für die erwünschte regionale Einteilung lassen sich unschwer wichtige Gesichtspunkte nennen, für die anschl1eßend einige Beispiele gegeben seien:

Städte mit ausgesprochener Ci t y. B i I dun g wer.den diese Innensta·dt zweckmäßig zu einem Abschnitt zusammenfassen, weil - luftschutztak. tisch gesehen - Geschä:ftsgegenden sich charak. teristisch von anderen Stadtgebieten unterschei­den: am Tage Zusammendrängung großer Men. schenmassen, deren Schu tz meist mit großen Schwieri,gk,eiten verknüpft ist, auf engstem Raume, in Geschäfts. und Bürohäusern; im Gegen. satz hierzu nach Arbeitsschluß eine auffallende Leere in den Häusern, die wiederum besondere Maßnahmen bezüghch der Organisation der Hausfeuerwehren und des Nachrichtendienstes nötig macht. Hinzu kommen zwei besonders kri. tische Augenb li cke, nämlich:

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1. An m ars c h bz\\'. A nfahrt der nach Tau ~ enden zählenden :'\lenschenmassen bei Be~

ginn der Arbeit und 2. Ab m are h bzw. Abfahrt nach Schluß der

G esehäf tszei t. Gerade diese Besonderheiten der Innenstadt

müssen bei den o rganisatorischen Luftsehutzmaß~ nahmen in weitestgehender \Veise Berüeksich ~ tigung finden.

Ha f e n a n l ag e n , gleichgültig, ob es sich um ce< oder Binnenhäfen handelt , bedürfen im Hin ~

blick auf ihre besonderen Eigentüm lichkeiten ein~ heitlicher Betreuung und Zusammenfassung in einem HafenabschnittI).

Ebenso kann bei M ass i e run g von I n ~ du s tri ca n lag e n in bestimmten Gegenden eines Stadtbezi rkes eine besondere Absehnitts~ bildung erforderlich wer·den.

eben ·der genauesten Beachtung der truktur der GesamtstllJdt sind na tür I ich e G ren zen, wie Flußläufe und größere Eisenbahnlinien, bei der Abschnittseinteilung zu beachten.

Bezüglich der einem Abschnitt zuzuteilenden Reviere wird es zweckmäßig sein, Revierbezirke mit über 25000 Einwohnern nicht zu bilden und nicht mehr als etwa 10 Reviere zu einem Abschnitt zusammenzufassen.

II. Das Nachrichtenwesen.

Auf Grund der bisherigen Erprobungen e r~ scheint es zweckmäßig, ·das achrichte nwesen im zivilen Luftschutz in

1. den Fernmeldedienst und 2. den Erkundungsdienst

einzuteilen . Unter Fe r n me I d e cl i e n s t sei die tech<

nische achrichtenübermittlung auf drahtlosem und Drahtweg zwischen ,den verschiedenen im Luftschutz tätigen Dienststellen verstanden. Der letzte Ausläufer des besonderen Luftschutzfern~ meldenetzes ist seine Verbindung mit dem Post~ anschluß irgendeines in der Stadt wohnenden Staatsbürge rs. Es han lelt sich also hierbei um eine außerorden tlich weit verzweigte Einrichtung, die nach besonderen technischen und luftschutz< taktischen Gesichtspunkten angelegt s-cin muß. Vorhandene eif.!ene Fernsprechnetze der Polizei, F,euerwehr, Stadtverwaltung usw. bilden meist die Grund lage und werden durch entsprechende Ver~ cinbarungen mit der Post zu selb tändigen Luft~ schutzfernspreehnetzen ausgebaut. Es hat sich immer wieder gezeigt, daß auf Grund des außer< ordentlich großen Entgegenkommens der Reichs~ postverwaltung und ihres weitgehenden Ver~ stänclnisses für die Belange des zivilen L\lft ~ chutze die Luftsehutz~Fernmeldenetz~Verbindun~

gen ,als in joder Weise ausreichend zu bezeichnen sind, selbst unter Zugrundelegung von voraus~ sichtlich eintretenden starken Ausfä llen.

Wenn trotzdem ,die zuständigen Luftschutz< dien tstellen erst sehr spät, oft mit einer Ver~ zögerung bis zu 50 Minuten, über das Eintreten von Schadensfällen unterrichtet wurden, so muß festgestellt werden, daß die zum Durchsprechen der \ eldung von einem technischen Verstän~ digungsmittel bis zur zuständigen Luftschutz< stelle benötigte Zeit stets außerordentlich kurz -2 bi 5 \inuten - war: der oft sehr kurze Weg von der chadenstelle bis zum nächstgelegenen

1) Vgl. "Gasschutz und Lultschutz" 1934 , Oklobcrhelt, S . 253-257.

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technischen Verständigungsmittcl bedingte da~ gegen die I [auptverzögerun ~, d. h. also, der Er< kundungsdienst auf der Straße ar~ bei te te sc h lee h t. Zur Beseitigung dieses ,I\langels, der die schwerwiegendsten Folg~n nach sich ziehen kann, gilt es, den Erkundungsdienst auf der Straße systematisch zu organisieren. Ein gut arbeitender und lückenloser Erkundungsdienst ist unerlüßlich. um der Führung ein richtiges Bild von ,der La~e zu geben, ,damit Entschlüsse gefaßt und uftr~il1e an die Sieherheits~ und Hilfsdienst~ stellen zwecks Behebung der einge tretenen Schä~ den gegeben werd en können.

Die sich militärischen f(räften bei Aufklärung entgegenstellenden Schwierigkeiten fallen großen. teil bei dem E rkundungsdienst im zivilen Luft~ schutz fort. Die Erkundung ist - da sie im all~ gemeinen er t nach dem Luftangriff einsetzt -durch keine feindliche Einwirkung behindert. Die Einrichtun g eines gut arbe itenden Erkundungs< dienstes erscheint daher verhältnismäßig einfach .

Ein zweckmäßiger Erkundungs,di enst sollte d. E. folgende Einrichtungen umfassen :

1. die Beobachtung von oben, und zwar a) von hochgelegenen Beobachtungspunkten, b) vom Flugzeug aus;

2. die Erdbeobachtung, und zwar a) l\1itteilungen aus 'Ciem Publikum, b) Meldungen des Selbstschutzes, c) Streifendienst des Sieherheits~ und Hilfs<

dienstes, d) F,eststellungen entsandter Fachkräfte.

Bezüglich der B e 0 ba c h tun g von hoc h . ge l e gen e n P unk t e n au sei folgendes ge< sagt: Die Ansichten ,darüber, ob es zweckmäßig sei, Beobachtungsposten auf Türmen, aufstreben. den Geländepunkten, Schornsteinen usw. einzu~ richten, sind getei lt. Sicher ist, daß elic Meldungen derartiger Beobachtungsposten bei diesigem \tVet ~ ter nie eindeutig und genau sein werden. Diese

rt der Beobachtung wird aber der Führung immer einen übe rblick über elie allgemeine Lage verschaffen können. Es ergibt sich somit. daß derartige Meldungen von Ider Führung nur bedingt verwertet werden können; ein Entschluß wird sich nicht immer auf ihnen aufbauen lassen, da~ gegen kann eine daraufhin eingeleitete Sonder~ erkundung schnell zu brauchbaren Ergebnissen führen.

Die u s s tat tun g soleher Beobachtungs< po ten mit einfachom Meßgerät, Ferngläsern, Sonnenbrillen sowie Anschluß an elas Luftschutz~ fernmeldenetz werden die Wirksamkeit wc-sent~ lieh erhöhen; ihre Tätigkeit darf sich jedoch nur auf die Mitteilung außerordentlicher Schäden auf der Erd beschränken, nicht aber ,den zeitlichen Verfolg des Luftangriffs zum Gegenstand haben.

Die B co b ach tun g\"o n F lug 70 e u gen aus, wozu insonderheit möglich t mit Funkver~ bindung ausgerüstete Sportflu gzeuge Verwendung finden können, wird der Führung schnell ein Ge~ samtbild über die entstandene Schaelenlage geben können, vorausgesetzt, daß mit dieser Aufgabe ein mit dem Beobachtungsgebiet vertrauter Orter be< auftragt wird. Auch während der Bekämpfung entstandener Schäden nach Ablauf des Luft~ angriffes kann eine Luftbeobachtung wertvolle Ergebniss,~ zeitigen. Es dürfte zweckmäßig sein, in dieser Hinsicht bei einer der nächsten Luft~ schutzübungen praktische Versuche anzustellen.

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Wenig ausgebaut ist bisher auch die E r.cl ~ b e 0 b ac h tun g. M e id u 11 gen aus der Z i v i I b e v ö I k e run g werden nur spärlich ein~ laufen, da sich die gro()c Masse bis zur erfolgten Entwarnung in ·den Schutzräumen aufhalten muß. Die Entwarnung wird aber aus verschiedenen Gründen nicht schlagar tig einsetzen. Eine Ver~ zögerung ist zunächst bedingt durch d ie vom Lutt~ schutzhauswart gewissenhaft vorzunehmende Er~ kundung vorhandener Gefahren, wie z. B. be ~ gifteter Stellen. A ndererseits ist bei s ta rken Zer~ störungen mit dem A usfall ·des Fernsprechers zu rechnen. A ber selbs t, wenn es ·gelingen sollte, in verhältnismäßig kurzer Zeit von in der Nähe be~ findlichen, nicht zerstörten Fernsprechstellen aus Meldungen durchzugeben, so muß bedacht wer.den, ·daß die seelischen Erschütterungen auf die Bevölkerung außerordent li ch nachhaltig wir~ ken werden und somit den Nachrichten aus dem Publikum infolge Übertreibungen und Unklarhei~ ten nur ein bedingter Wert beizumessen ist.

Wertvollere A ngaben über die SchadensteIlen enthalten di,e Me I dun gen des Se i b s t ~ sc hut z e s. Hier wer·den in erster Linie die! Luft~ schutzhauswar te und Führer der Luftschutz, gemeinschaften ·das zuständige Luftschutzrevier möglichst schnell und genau über A rt und Unv fang der Schadens teIlen zu unterrichten haben.

Ein Versuch, die Me I deo r ga n isa ti 0 n des Sei b s t s e hut z e s de rart zu gestalten, daß tlie Meldungen von Blockwart zu Blockwart bis zum Luftschutzrevier weite rgegeben werden, ist zum Mißling.en verurteilt. Die Einschaltung mehrerer \Veitergab estdlen verzögert ·die Dureh~ gabe der Mel.dungen in so hohem Maße, daß 30 bis 50 Minuten vergehen können, bis sie beim Luftschutzrevi·er einl aufen. Wenn es auch bei Friedensübungen gelingen wil'd, Mddungen dem Inhalt nach richtig weiterzugeben, so muß m an sich darüber klar sein, daß unter den Eindrücken eines wirklichen LUlftangriffes bei mündlicher Weitergabe nur allzu leicht Verstümmelungen und Änderungen ·der Meldungen eintreten können.

Auch die richtige Weitergabe sc h r i f t I ich er M e id u n gen von Block zu Block ,erscheint nicht gewährleis tet. Um Verzögerungen zu vermeiden , muß als G rundsatz .gefo rdert werden, daß die Meldungen von den H auswarten oder den Luft~ schutzgemeinschaft.en unmittelbar an das zustän~ dige Luftschutzrevier gegeben werden. Solange technische Fernmeldeverbindungen in Betrieb sind, müssen sie benutzt werden. Ers t bei ihrer Außerbetriebsetzung ist ·der schriftliche Weg zu b eschreiten (Oberbringung durch Motorradfahrer, Radfahrer oder Läufer) . Im übrigen sollte das Durchgeben schriftlicher Meldungen und Befehle möglichs t weitgehend m e c h a n i sie r t werden. Maschinendiktate aurf geräuschlosen Sehreib ~ maschinen sowie einfach zu handhabende Durch; schl agmöglichkei ten sind dafür vorzusehen.

Für erforderliche Sam m e l m ,e I dun ge n ist ein möglichst einfaches und übersichtliches Schema zu v.erwenden, .das derjenigen Luftschutz~ diens tstell e, die auf G rund ·der Sammelmeldungen noch etwas zu veranlassen hat , schnell ein klares Bnd von ·der Lage gibt.

Es wird erforderlich sein, besondere Me I ·d e ~ üb u n ge n zu verans talten , da es erfahrungs~ gemäß nicht einfach ist , mündliche oder sehrift~ licho Meldungen kurz, knapp und erschöpfend zu formuli eren und richtig durchzugeben.

Die verantwortlichen Führer im Luftschutz wer< den .gut tun, neben den Meldungen aus dem Publi~ kum und aus dem Selbstschutz nach Beendigung des Luftangriffes ·dureh ,geeignete Kräfte des Sie her h e i t s ~ und H i I f s d 'i e n s t e seine eigene Erkun .dung in die Wege zu leiten. Diese Erkundung wird sich zu gliedern haben in:

a) Erkundung ,durch Polizeistreifen, b) Erkundung durch Fachkräfte von Spezial ~

.dienstzwcigen und c) persönliche Erkundung der Führ·cr. Wenn auch die zur Verfügung stehenden Pol i ~

z e i k räf t e knapp bemessen sind, so wird den' noch di·e Führung erst durch sie inden Besitz richtiger und weitgehender Schadensmeldungen gelangen. Für Einsatz von H i I f s pol i z ei ist eine bereits im Fric-dcn sorgfältig durchgeführte Ausbildung Voraussetzung.

Nach einC!l11 möglichst schon vorher festzu~ legenden Plan wir·d der Führer des Luftschutz~ reviers - ähnli ch, wie es bei den Warnstreifen geh.andhabt wurde - seinen Bezirk durch Motor~ radfahrer oder Unt·e rführer systematisch abstrei~ fen lassen. llierbei darf selbst die Möglichkeit, daß derartige S t r e i fe n in Unkenntnis der Dinge in begirtctes Gelände geraten, von der Durchführung dieser Maßnahmen nicht ab~ schrecken, da es entscheidend und für das Wohl tier A llgemeinheit sowie für die Entschlüsse der Führung wichtig ist, schnell einen umfassenden Gesamtüberblick über d ie entstandene Schaden~ lage zu gewinnen. Die Streifen müssen sich dar~ auf beschränken, mit richtigem Blick Wesentliches von Unwesen tlichem zu scheiden, und dürfen sich nicht in die Fes tstellungen von Einzelheiten ver~ lieren, zu deren Beurteilung ihnen meist die tech~ nischen Kenntnisse fehlen werden. Ihre Aufgabe ist demnach, den Umfang des entstandenen Seha~ dcns festzustellen und möglichst schnell mit einer allgemeinen SituationsmeJ.d ung zu der entsenden~ den Diens tst·elle zurückzukehren.

Es ergibt sich somit eine neue Betätigung der an unu für sich schon außerordentlich stark in Anspruch genommenen Polizei; aus den übungen und Erfah rungen der letzten Zeit muß jedoch .der Schluß gezogen werden, daß diese Betätigung eine der wichtigst.en und wesentlichsten Voraussetzun~ gen für die Tätigkeit des Sieherheits~ und Hilfs~ dienstes üb erhaupt ist. Kommende Übungen soll~ ten ·diesen Dienstzweig erproben, um praktische Erfahrungen sowohl in organisatorischer wie in ll1 eldetechnischer Hinsicht zu sammeln.

III. Führungsgrundsätze.

Während joeder Einsatz der Armee, der Flotte und der Luftstreitkräfte nach bestimmten strategi< sehen und taktischen Grundsätz.en erfolgt. liegt dio L e hr e vom Ein s atz i m z i vi I e n Lu f t~ s c hut z noch in den allerersten Anfangsgründen. .Te mehr Übungen gemacht werden, um so klarer ergibt sich die Notwendigkeit, auch ,für den Ein< sa tz im zivi len Luftschutz bestimmte Grundsätze festzulegen.

Es kann nicht A ufgabe dieser Abhand lung sein, eine Lu f t s e hut z ta k ti k zu entwick,eln; viel ~ mehr sollen nachstehend lediglich einzelne wieh~ tige Punkte für den Einsatz im zivilen Luftschutz herausgest ellt werden, um bei künftigen übungen dio Wiederholung von Fehlern zu vermeiden.

Die zum Einsatz gelangenden Formationen grei~ fen unter Anwendung ihrer technischen Hilfsmit.

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tel die ent tandenen Schadens teilen mit dem Ziele an, schädigende A uswirkungen für die Allgemein~ hcit zu ve rhüten. Dicser H aupt~ und Grundzweck des Einsa tlIes der im Luftschutz tä tigen Menschen trägt dcn Stem pel des An g r i f f s ge i s t e s in sich (das gerade in diescr Hinsicht unglücklich gewähite Wort "passiver Luftschutz" ist in: zwischen gefa llen) . Da es ·darauf ankommt, im Augen bli ck noch geringe Schäden durch schn ellen Einsatz an der W eite rausbreitung zu hindern, kann es sich also bei dem durchzuführenden An~ griff meist nicht um einen solchen handeln, der mit s tar ken, wohlgegliederten Kr~iften planmäßig, von langer IIand n ach genaues ten Erkundungen vorbereite t und durch einen einh eitlichen, durch: dachten Befehl ausgelöst, vorgenommen wird. Im Gegenteil wird der Einsa tz der verfügbar<:n Kräfte nacheinander durch kurze mündliche oder sehrift~ liehe vVeisungen erfolgen, wobei sich dann alle r~ dings an G roß s eh a ,d e n s t e ll e n die Not~ wendigkeit einer straffen Zusammenfassung unter e in h e i tl ich e r F ü h run g ergeben kann . Der Ei nsa tz im Luftschutz is t daher vielleicht mehr mit dem "Bewegungskrieg" vergleichbar; jeden~ falls dürfen wir nicht in den Fehler verfallen, zu glauben, wir betr ieben lediglich reinen "S tellungs~ krieg". Diesen allgemeinen Grundsätzen muß die Führung Rechnung tragen.

Wenn es vielleicht noch richtig ist, ,daß in einem Luftschutzort, der in mehrere Abschnitte zerfällt, die örtliche Luftschutzleitung den Mitarbeiterstab im S inn e ,der höh e r e n Truppenfüh~ run g gliede rt und arbeiten läßt, s o is t dagegen dieser Grundsatz für die Luftschutzabschnitte und Luftschutzreviere nie h t zutreffend. Das Ver~ bleiben der Revie r~ und Abschnittsleitungen nach dem Luftangriff in den Schutzräumen unter Durchführung einer wohlgegliederten Arbeitsver ~ teilung führt, wie di,es die Übungen zeigen, allzu ~ leicht zu einer Schematisierung und bürokrati ~ schen Einengung, die den Einsatz verzögert und dringende, wichtige und schnelle Hilfel eistung un~ möglich macht. D er Sicherheits~ und Hilfsdienst, der Selbs tschutz und ,der Werkluftschutz m ü s ~ s c n k ä m p f e n , und zwar, wie oben ausgeführt wurdc, a n g r i f f s w eis e k ä m p f e n. Die Tä~ tigkeit der Luftschutzdienststellen ist hierbei ein zur pl anmäßigen Durchführung :des Einsatzes not~ wendiges, nicht zu umgehendes Übel.

Selbstve rs tändlich muß die T ä t i g k e i tin den B e feh I t e ll e n , bei denen infolge des festliegenden Nachrichtennetzes ,die Meldungen zusammenlaufen, in vollem Umfange aufreeht~ erhalten werden. Haben verantwortliche Führer sich einen persönlichen Überblick über die Lage des ihnen zur Betreuung anvertrauten Abschnittes verschafft, so wird es zweckmäßig sein, sich zur Jngangbringung weiterer Hilfsrnaßnahmen de r Bcfc.hlstellen weiter zu bedie nen.

Ebenso, wie im Bewegungskriege die u n t e r e T r u p p e n f ü h run g ihren Stand im tiefg,eglie~ derten Kampffeld selbst hat, beobachtend sieht, Entschlüsse faßt und mündliche E1nsatz.anordnun~ gen gibt, müssen auch die Führer ,der Reviere und A bschni tte nach dem Luftangriff aus ,den Schutz~ räumen heraus und sich einen p e r s ö n 1 ich e n Einblick von dem "KampffeJ.d" verschaffen. Die Betätigung d iescr Stellen darf abcr nicht den Glau­ben erweckcn, als seien ihre rbeiten die wich­tigsten und ,die der eingcsetzten Kräfte nur e ine notwendige Folge ihrer Existenz.

Zeigt es sich - und das wird sehr oft der Fall sein -, daß in einem Abschnitt eine besonders

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große und bedeutende SchadensteIle entstanden ist, so kann ~ erfo rderlich werden, daß der Ab~ schnittsführer hier das Kommando selbst über: nimmt ode r aber eine ö r t 1 ich e F ü h run g an~ se tzt. Zur Schaffung cincr solchen wird meist eine mündliche, kurze, kl are Anweisung genügen. Kräft e, ,die der Abschnitt odcr die ö rtli che Luft: schutzleitun g für die Betätigung an Großschadcn ~ stellen zur Verfügung teilen, werden zweckmäßig bis an einen bes timmten Punkt geleitet un d ,dort dem am Platze Ko mm andierenden zur wciteren Weisungserteilung überl assen . Ob es zweckmäßig is t , zur Verfügun g ges tellte f...:.räf te an Samme,l­phitzen, die aulkrhalb, aber in dcr ~ihe der Scha­denstellen lie,gen, zunächs t zusammenzufasscn und von dort in ei ner genau festgelegten Marschord­nung einzusetzen, mag zunächs t dahingestellt bleiben; immerhin muß man sich im klaren sein, daß bci einem derartigen Einsa tz kos tba re Zeit ve rlorengeh t.

Es kann vorteilhaft sein, große SchadensteIlen in Unterabschnitte zu gliedern; in diesem Falle darf sich der oberste Fi.iJ1rer an Ort und Stelle nich t in E-inzelhei ten verlieren. Ihm lieg t es ob , das Zu ammenspiel ·der Kräfte zu regeln, im übri ~ gen muß er den Fachführcrn freien Spielraum lassen.

E rfol gt ·der Einsatz mehrerer verschiedenartiger Trupps an der gleichen Schadens teIl e, so empfiehlt es sich, daß die den Einsatz vo rnehm ende Dienst~ stelle sogl,eich eine einheitliche ' Führung an~ ordnet.

Wenn man von einem allgemeinen Grundsatz für ,den Einsatz im Luftschutz überhaupt zu spre ~ ehen wagt, obwohl wir uns darüber kl ar scin müs~ sen, daß jede Lage anders ges talt,et se in wird, so kann wohl eier Gedanke als richtig anerkannt wer~ den, d a ß w ä h r e n ,d d e r 0 aue r e in e s Luft a n ,gr iff s der Ei n sa t z von Kräf ­ten a ller Art sparsam zu erfo l ge n hat, daß a b er n ac h dem Lu f t ang riff mit all<:n verf ü g bar c n Kräften schn e ll e und wirkungsvolle [lilf e ge b I' ach t wer ,d e n muß. Hierbei is t zu überlegen und zu prüfen, ob nicht gegebcnenfalls auch Krä ft e aus nicht betroffenen Nachbar­absehnittcn hcranzuziehen sind. Gewiß birgt eine solch{) Maßnahme ,die Gefahr in sich, daß bei einem crneutcn Angriff bes timmte Abschnitte ihrer Kräfte beraubt scin können. Trotzdem muß aber ·dcm Grundgedanken einer möglichs t sehnel ~ len Wiederherst.ellung ,des normalen Lebens nach dem Luftangriff ,der Vorrang gegeben werden. Der Einsatz im Luftschutz vc rlangt ebenso wie der militä ri sche Krä ft ecinsa tz ein verantwortungsfreu ~ diges, kühnes Wagen und ein gefühl smäßig ri ch ~ tigcs Disponiercn auch ins Ungewisse hinei n. J e ~ den fall s wäre e verfehlt, ein H eranziehen von Kräften nicht betroffener Abschnitte grundsätz ~ lieh für unrichtig anzusehen . D as nutzlose Ver~ harren wcrtvoller Kräfte in einem ni cht angegrif~ fcnen A bschnitt in ,der Befürchtun g, daß vielleicht ihr Einsatz doch noch e rforde rlich werden könnte, s tellt m. E. eine schwere Belas tung für die Füh ~ rung im Luftschutzort dar und steht der Grund ~ tenden z aller Hilfsm aßnahmen im Luftschutz, nämlich schnellster Schadensbeseitigung, durch ~ aus entgegen .

Die größte Sorge 'und auch die größten Schwie~ rigkeit.en ergeben sich immer wieder beim Einsatz der F e u e r weh r k räf t e ; die Brandgefahr

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wird bei den ausgearbeiteten übu ngsplänen noch fast immer unterschätzt. Bei den Störungsplänen. die die Grund lage für die angenommenen Scha, dcnstel1cn bilden, wird die Zahl der durch die Hausfeuerwehren erfolgreich bekiimpften Brände stets zu hoch angenommen. Die für ,den Angriff der feuerwehrzüge übrigbleibenden Branelstel1 cn sind dann meist in so geringer Anzahl vorgesehen. daß fast immer die vorhandene Friedensstärkc eier Feuerwehrorganisation ausreicht. Diese allzu optimistische Auffassung von den cntstandenen Brandschäden birgt die große Gofahr in sich, daß im Ernstfalle die Feuerwehrkräfte infolge zu gc' ringer Stärke versagen werden. Wir müssen uns an ,die Tatsache gewöhnen, daß die vorhandenen Feuerwehrkräftc den entstehenden Bränden ge' genüber immer unterlegen sein werden.

Der Tätigkeit der Hau s f e u er weh ren kommt daher eine besonders große Bedeutung zu. Diese müssen nicht nur in der Bekämpfung von Brandbomben ausgebildet werden, sondern auch Entstehungsbrände nicht nur auf Böden, sondern auch in den E taaen ablöschen lernen , da mit dem Durehsehlaaen der obers ten Decken gerechnet werden mt;ß. Die Erstickung von An fangsbrän, den ist aber deshalb besonde rs wichtig, weil das Feuer im Verhältnis zu allen ande ren Bomben' wirkunaen im Hinblick auf die Ausbreitungs, gefahr 'den Bestand der menschlichen Wohnstäb ten am meisten bedroht.

Die Fe u e r weh r' und B erg u n g s t r u pp s sind ihrer personellen und materiel1en Ausstat, tun g nach aewissermaßen ers te Vo rposten für die eigentliche: nachstehend beschriebene Fe u er' weh r 0 r dan isa t ion. Nehmen wir als Bei, spiel eine "'Stadt mit 000000 Einwohnern, ,die in drei Luftschutzabschnitte gegliedert ist, so kann als Norm gelten, daß je-der Abschnitt über fünf moderne Löschzüge verfügt. Organisatorisch und befehlstechnisch würden diese fünf Züge der Ab, schnittsleitung zur Verfügung stehen. D arüber hin aus abe r hat es sich bei den ,durchgeführten Obungen immer wieder gezeigt, daß die örtliche Luftschutzleitung über starke Feuerwehrreserv,en verfügen muß, um der GroßschadensteIlen, ,die trotz au fopfernder Hilfe und Betätigung des Selbstschutzes entstehen werden, schnell Herr wer,den zu können. In unserem Beispiel wird der örtlichen Luftsehutzleitung die Zahl von 10 mo, dem en Zügen zugebilligt werden müssen. D er Gesamtbedarf für ,die angenommene Stadt würde sich demnach auf 25 Feuerlöschzüge belaufen. Daß diese Zahl in der friedensmäßigen Organisation nicht zu r Verfügung steht, ist bekannt. Eine er' hebliehe Verstärkung der Feuerwehr,Löscheinhei' ten ist daher anzustreben. Aber diese Maßnahme kann kaum in ,dem für den Luftschutz erford er, lichen Maße durchgeführt wer,den. Es wird -daher erforderlich sein, gute und brauchbare Feuerwehr< einh eiten aus Orten der näheren oder weiteren Umgebung, die, luftschutztaktisch gesehen. nicht als besonders bed roh t anzu sprechen sind , mit Auf, ruf des Luftschutzes heranzu ziehen, zumal eine Aufstellung behelfsmäßiger Feuerwehrzüge teeh, nisch sehwi eri a ist und immer nur Stiiekwerk bl ei, ben wird. '

In ei ner Stadt war man von der sonst üblichen Einteilung und Kräftezuteilung abgewichen: sehr großen Revierbezirken waren je zwei bis drei Feuerwehr' und Bergungstrupps zugeteilt. Diese Art -der Kräfteverteilung erscheint m. E. booenk, lieh , da wertvo.JIe Teile der Feuerwehr bzw. -des für den Feuerwehrdienst ausgebildeten Personals

aus den Händen der Abschnittsleitung genommen und verzettelt werden, wodurch der Feuerschutz geschwächt wird.

Tn einem Orte war das Krankentrans , p 0 r t wes e n der Feuerwehr angegliedert. Diese ,\1aßnahme widerspricht ,den ,gegebenen Richt, linien und bedarf der Än-derung. Die Feuerwehr ist nach Aufruf des Luftschutzes mit so wichtigen Aufgaben betraut, daß ihr das Krankentransport, wesen nicht übertragen werden kann. Dieses ist vielmehr aussch ließlich Sache des San i t ä t s , die n s t e s.

Wichtig ist, daß die einzelnen Luftsehutzdiensb stell en vor dem J n~angbringen des Verkeh rs ge ' naue Nachrichten über Begiftungen und Brisanz' bombentrefrfer auf ,den Verkehrswegen erhalten. um rechtzeitig für sachgemäße Um lei tun!! e n des S tr a ß e n ver k ehr s Sorge tragen zu können, Für diese Tätigkeit werden mit Vorteil die Ver k ehr s 0 f f i z i e re herangezogen, die ihrerseits mit ,den Verkehrsunternehmen um' gehend Fühlung aufnehmen müssen, um crforder, liehe Umleitungen so zu gestaHen, daß Straßen, verstopfungen an ,den SchadensteIlen vermieden werden.

Die F ern m eId e 0 f f i z i er e bei den Lufb schutzdienststell en in der örtlichen Luftschutz, leitung und in den Abschnitten haben für die stän ' dige Verbindung mit der Reichspost zu sorgen. damit auch bei Ausfällen von Leitun!len durch Umschaltungen die technische Naehriehtenüber, mittlung möglichst ungestört arbeitet oder. wo Störungen vorgekommen sind. diese so schnell wie möglich behoben werden.

Lag e der B e feh Ist eIl e n, besonders die der örtlichen Luftschutzleitung, muß nach luft, schutztaktischen Gesichtspunkten ausgesucht werden, wobei allerdings -die Wahl von ,dem vor' handenen Fernsprechnetz stark beeinflußt wird.

Die örtliche Luftschutzleitung muß in dauernder Verbindung mit der War n ze nt r ale bleiben . Die Warnzentrale muß wissen, ob ein Angriff er' fol gt ist und welche allgemeinen Wirkungen er gehabt hat, da durchaus Fälle möglich sind, in denen zwar eine Warnung erfolgt, ein Angriff aber unterbleibt.

Eingesetzte Kräfte dürfen die Lu f t s c hut z , Fe rn s pr e chi e i tun gen durch Meldungen nicht unnötia belasten. Die Luftsc11Utz-dienststel , len dürfen ihrerseits nicht unnötige Anfragen an die eingesetzten Kräfte richten. Dies entbindet jedoch die eingesetzten Kräfte nicht von ,der Not, wendigkeit, über die vorgefundene Laae kurz zu berichten und an -die entsendende Dienststelle Mitteilung darüber gelangen zu lassen, wann die Führunp, über die Einsatzkräfte für Verwendung an anderer Stelle wieder verfügen kann.

Bei aller Notwendiakeit aründliehster und ge' nauester Sonderausbildung für die Einzelteile des Sicherheits, und Hilfsdienstes müssen die Trupp, führer der einzelnen Fachdienstzweige eine all , gemeine K e nntnis der Arbeitsweise auch der anderen Fachtrupps besitzen, um rei, bungsloses Zusam menarbeiten ve rschiedener Fach, trupps zu gewährleisten.

IV. Entwarnung.

Es ist das Ziel aller zivilen Luftschut~maßnah, men, das normale Leben nur solange, wie dies dringend erforderlich, zu unterbrechen. Der Z e i t P unk t der E n t war nun g ist daher

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von entscheidender Bedeutung. Die Warnzentrale faßt ihre Entsch ließung auf Grund der bei ihr eingehenden Mitteilungen der Flugwachkomman< dos lediglich nach luftschutztaktischen Gesichts< punkten. Den Zeitpunkt zur Entwarnung kann somit nur die ö r tl ich e Luftschutzleitung au f Grund der Gesam tschadenl age bestimmen.

Die übungen haben gezeigt, daß ei ne erh ebliche Zeitspanne vergeht, bis ,die örtliche Luftschutz~ leitung ein einigerm aßen sicheres Bild über die Schaden lage erhält; es kann also Stu nden dauern , bis die Entwarnu ng von de r örtli chen Luftschutz~ I,eitung angeordnet wird. In ,dieser Z eitspanne ruht das gesam te öffentli che Leben. so daß ein erheblicher Arbeitsausfall auf all en Gebieten ent~ steht. Erschwert wi r·d das Entwarnungsproblem noch durch den Umstand, ,daß die Warnzentrale ihre Mittei lungen an alle unmittelbar angesehlos< senen Industrieunternehm en gleich zeiti .g mit denen an die ö rtliche Luftsehutzlcitung durchgibt. Es kann somi t vorkomm en, ·daß Werke, die mit< ten in der Stadt liegen, ihre A rbeit berei ts wie,der aufgenommen haben, während die Bevölkerun g in unmittelbarer Umgebung ·dieser Werke und kleine Betriebe, ·die zum Selbstschutz zählen , noch ni cht entwa rnt sind. Hieraus können sich recht unliebsame und gefährliche Situationen ergeben , die all zu leicht die unbedingt zu ford ernd e Selbst< disziplin der Bevölkerung ins Schwanken bringen.

Die Durchführung der Entwarnung bedarf d a~ her ,d. E. einer weiteren Ausges taltung. Es wird zu prüfen sein , ob nicht eine s tu f e n w cis e E n t war nun g zweckmäßi g ist , etw,a in der A rt, d a ß S t u f e 1 .. B e w -c g un g s fr e i h e i tin < ne rh a lb der H ä u s e r" , S t u f e 2 "a ll g e ~ meine B eweg un gs fr e ih e it a uch a uf S t r a ß e n, Weg e nun d PI ätz e n" b e ~ cl e u te n.

V . Verdunkelung.

Di,e erstmalig bei der mitteldeu tschen Obung durchQeführte Vel'dunkelung ein es großen Ge~ ländeabschnittes darf als im 'wesentliehen gegliickt bezeichnet werden . Beobachtungen vom ' Flug< zeug aus wie auf der Er·de haben zwar ergeben , daß die ei n g e s ehr ä n k t e B e l e u eh tun g in ,der zu r Dars tellung gelangten Form wenig wir< kun!1svoll war. Das liegt hauptsächlich daran. daß die Schaltanlagen nicht so schn ell auf die Ver~ hältnisse ·des Luftschutzes umgestellt wer,den kön ~ nen. zu mal hi ermit erhebliche Kosten verbunden sind. Das A usschalten nur jeder zweiten Laterne führt selbst bei Verdunkelung aller Lichtrekl ame nicht zu d em gewünschten Erfolg. D age!1en hat sich die vo ll e Ver dun k e I u n g im allgemei< nen bewährt, eine Beobachtung. di e mit den Er< fahrungen bei Luftmanövern in Belgien , Frank~ reich , Japan u. a. Staaten übereinstimmt.

Interessant war die Feststellung. daß In d u ~ s tr i e w ·e r k e bei sonst sehr gut'durchgeführter Verdunkelung durch Schornsteine. ,denen hell er Qualm entströmte, verhältnismäßig leicht auffind ~ bar waren.

Die Ve r ,d unk e l u n g s ,d i s z i pli n war auf~ fallend gu t. Das V erh alten ,der Bevölkerung wäh< rend de~ V erdunkelung bedarf jedoch hier der Er< wähnung. Die Verdunkelung erfaßt die Bevölke< rung in ihrer Gesamtheit: jeder Bewohn er b e< kommt sir am eigenen Leibe zu spüren. Schon während des Zustandes d er eingeschränkten Be< leuehtun g waren in großen Städten di e Straßen. die zu ,dieser Zeit fast leer zu sein pflegten, voll

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Von M,enschen; besonders an den Straßenecken stauten sich die Neugierigen, weil sie glaubten, irgend etwas Interessantes erleben zu könn en. D er Autoverkehr wiederum war schwächer als ge< wöhnlich. Di,e Kraftfahrzeuglenker hatten zum großen Teile ihre Fahrzcuge abgcs tellt, waren aus~ ges tiegen und warteten eben falls auf das beson< de re Ereignis.

Die in de r Stad t angeordnete Abblendung der A u t 0 I am p endureh rotes und gelbcs Papier oder durch Pappscheiben wa r im allgemeinen gut durchgeführt. Dagegen leuchteten die um < m e rn s chi I der noch recht erh eblich. so daß man trotz der Gefahr einer schweren Erkennbar~ kelt nicht umhin können wird, auch di e Lampen der umm crnschilder abzubl enden. Die Abbl en ~ dung ,der S t r a ß e n b a hn e n war im ganzen Qu t : allerdin gs kann die Fun kenbildun g am Fahr~ ~Iraht dem 'Flieger wichti ge Fingerzeige geben . Schl echt war noch die Abblcndun gsdisziplin der R ad f a h r e r.

In ve rschiedenen Städten hatte man an den Straßenecken rot e Pet r 0 l e u m < oder Ö I ~ I a m p e n provisorisch aufgehängt. Die Zwecb mäßigkeit einer solchen Maßnahm e ist um stritten . Tm allgemeinen gilt ,das rote Zeichen als Ge< fahren < ode r Haltzeichen und kann daher zu Ver~ kehrsverstopfungen ,führen.

Wie die Kri egse rfahrunQen lehren , gewöhnt sich die Bevölkerung an ,die völlige Ver.dunkelun Q recht schnell . ganz abgesehen davon, daß die Zahl der wirklich stockfinsteren Nächte verhältni smäßig gerin g ist; Mondschein und s ternkla rer Himmel sowie eine entsprechende A ugengewöhnung füh ~ ren dazu, da~ sich ,der Verkehr zwar langsam, vi el ~ leicht auch mit irgendeinem U nfall, aber doch vom Standpunkt ,des Luftschutzes aus durchaus befri edigend abwickelt. Für di·e Zivilbevölkerun g wird es notwendig sein. an ein e vorsorgliche Ein < deckung mit Kerzen, Petrol eum oder sonstit;!em behelfsmä ßigen Beleuchtungsmaterial zu denken. um auch bei Störungen der Elektrizitäts< und Gasleitungen eine Beleuchtungsquelle zu besitzen .

VI. Selbstschutz.

Immer wieder haben sich bei den ObunQen einerseits die außerordentliche Bedeutun g aller Selbstschutzmaßn ahmcn. andererseits aber auch die großen SchwieriQkeiten. di e sich ,der Organi ~ sation und der Ausbildung des SeI b s t s eh u t z~ De r s 0 n a l s entgegcns tell en. gezeigt. Diesem T eil des zivil en Luftschutzes !1ebührt erh öhte Be~ lichtung.

Wie schwieri,g für den mit der Durchführun!1 dieser Aufgabe betrauten R e ich s I u f t < sc hut z b u n cl die Erreichunt;! eines befri edi~en ~ den Zustandes ist , möge fol gendes zei!1en: In einem Revierbezi rk. in dem der gesa mte Selbst< schutz zur DarstellunQ gelant;!te, befanden sich 1280 Grundstücke mit 28 000 Einwohnern . Es miiß~ ten je H aus ein Hauswart und ein Stellvertreter llusgebildet werden. Nimmt man di e Zahl der Hausfeuerwehrkräfte nur mit 3 Personen je Grundstück an, so ergibt sich hieraus die ot~ wendigkeit ein er Ausbildung von 6400 Person en . A.llein di ese Z ahlen zei~en, daß es unmöglich ist. nur mit männlichem Personal im Selbstschutz aus< zukommen. EI1folgt z. B. ein Luftangriff in den Vormittagsstunden. so werden in der Mehrzahl der Häuser, in denen sich keine Bctriebc, sondern nur Wohnungen befind en, fast auss eh Ii .:: ßlich Frauen anwesend sein . Der Selbstschutz wirtd da<

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her mchr noch als bisher auf w c i bl ich e s Per. so n a I für die Durchführung der ihm anvertrau. ten Aufgabe zurückgreifen müsscn. Die 1\nfor~e. runO von Männern aus anderen Absch111tten 1st zwc~klos, ja undurchführbar.

So dankenswert es war, daß sich eine Anzahl von I-laus. und Luftschutzgemeinschaften bereib erklärt hatte, an den Übungen teilzunehmen, m~ß dcnnoch festgcstellt werden, daß die Übungen Im allgemeinen den Charakter von Schauubungen hattcn. Die Zeit der Schauübungen muß aber auch für den Selbstschutz nunmehr ein Ende finden und das Stadium der E r pro b u n g s ü b u n gen soll tc beginnen.

Der S chi e ,d s r ich t e r 0 r g a n isa t ion bei der Durchführung von Selbstschutzübun~en .ist b.e. sondere Aufmerksamkcit zu widmen. Fur die Mlb wirkendcn wird nur dann ein Fortschritt erreicht werden können, wenn jedem mitübenden Hause ein bcsonderer U n t er. S chi e d s r ich t e r zu. gete ilt wird, der phantasievoll .die Hausbewo~ner vor immer neue Lagen stellt. Diese Unter~Schle ~is~ richter werden innerhalb ,der Luftsehutzgemem. schaft oder des ganzen Straßenzuges Sc h i cd s ~ r ich tor s t ä ben unterstcllt. Innerhalb dcs Re. viers erscheint die Einrichtung eines 0 b er. Sc h i e d s r ich t e r s tab es ,der mit Rücksicht auf die Ausdehnung des von ihm zu betreuenden Bezirkes über Kraftwagen v,erfügen muß, cmp· fehlenswert. Die Auswertung der Beobachtungen dieser Schiedsrichterorganisation wird meist nicht sofort nach Bcendidund der Übung möglich sein; vie lmehr wird man" di~ E rgebnisse eincr sorgfäh ti gen Bearbeitung unterziehen und zum Gegen. stand einer späteren eingehe ndcn Besprechung mit den Hauswarten machen müssen.

Der Selbstschutz verlangt gu te Ein z e l a u s ~ bi I dun g. Ist diese zu einem.gewiss~n Abschlu.fS gebrach t, so müssen sich klelJ:ere tJbu!lgen,. die oft wiederholt werden, anschheßen. Hier bietet sich für den Ortsgruppenleiter und seine Unter~ ordane ein außerordentlich reiches Feld der Be~ tätigung. Jedoch .sollte n:~I: die Übungen beso~~ ders im Anfang l11eht unnotlg erschweren. D~ß em I-laus gleichzeitig durch Brand~, Gas; un? I?rJsan~~ bomben getroffen wird. ist unwahrsehemh~h; dl~ Durchführun g a ll e r Hilfsmaßnahmen ",:~rd bel derartigen A nn ahmen zu einem fast u.nlosbaren Problem bei dem entweder falsche Blider ent. stehen o'der aber die Übenden entmu ti gt werden. Auch en tspricht es nicht der Wirklichkeit, we~n zu einem genau nach der Uhr festgelegten Zelt~ punkt das Selbstsehut~pe~sonal sich . auf den Posten die es erst bel Fhegeralarm emnehmen muß, b'efinclet. Gerade das plötzliche H~rauslösen aus dem Alltagsgetriebe und ,das Beziehen der Posten sind für das Selbstschutzpersonal beson. ders wichtige Übungen.

An ein zelnen Stellen konnte man die Aufhän ~ gung recht zweckmäßiger T a ~ e in beobacht,en , auf denen ,das Fassungsvermogen der Schut~. räume, die derzeitige Belegungsstärke und die Zahl ,der noch freien Plätze, mit Kreide aufge. schri eben, kenntlich gemacht waren.

Die Bodenräumungen waren im all ge mei nen gut durchdefi.ihrt. Allcrdings muß die E n t r ü m p e ~ I u n g'" ei ne endgülti gc sein , d. h. das überflüssigc Ge rümpel muß nach ~ußerhalb gebrac~t werdc!l' Eine ze itliche Umschichtung des Gerumpels m Höfe oder auf Treppenabsätze führt zu keinem Erfolg. Von f c u er h e m m end e mAn s tri c h könnte noch mehr Gebrauch gemacht werden.

Die Hau s f e u er weh r auf dem Boden ge. schlossen zusammenzuhalten, birgt die Gefahr eines Verlustes der gesamten Mannschaft in sich. Im alldemeinen wird auf einem übersichtlichen Boden ~in geschützt aufgestellter Wachtposten ge. nügen, während sich der Rest im Schutzraum auf. hält zu ,dcm eine Klingel oder Hausfernsprech~ verbindung heruntergefuhrt ist. Verschiedentlich sah man eine ,durchaus zweckmäßige Be hel f s • aus r ü s tun gdes Personals mit alten Feuer. wehr. oder Stahlhelmen und Kessel. oder Mon~ teuranzügen.

An einer Stellc hatte eine Luftschutzgemein. schaft eine be hel f s m ä ß i g e M 0 tor ~ s pr i t z e selbst gebaut; das Wasser wurde aus cin em in der Nähe befindlichen Flusse angesaugt. Ferner sah man wiederholt schr zweck mäßige [-I a n d kar ren, d ie das gesamtc, für die Luft~ schutzgemeinschaft benötigte Gerät mit sich führten. Wesentlich dabei war, daß das Material nich t von der Beru fsfeuerweh r geborgt, sondern aus eigenen Mitteln angeschafft war. Eine solche finanzielle Hilfsbereitschaft und Opferwilligkeit ver,dienen besondere Hervorhebung. An einem an~ deren Orte war die Luftschutzgemeinschaft unter der Annahme, ,daß die Lös c h was s e r ver ~ so r gun g im Hause gestört sei, auf den Gedan~ ken gekommen, mittels vorhandener Garten. sch läuche, die an einer Wäscheleine als Haltetau befestigt waren, von der gegenüberliegenden Straßenseite aus Löschwasser heranzuholen. Bei allen dicsen Betätigungen ist zu loben, daß sich die Kräfto ,der Luftschutzgemeinschaft selbst zu helfen wußten, auf neue Ideen kamen und diese auch energisch und folgerichtig durchführten.

Die vom Selbstschutz gezeigten Sc hut z _ rau mb au t ,e n waren noch recht unterschied. li ch. Baumaßnahmen nur anzudeuten, ist zwecklos und falsch. Dann baue man lieber nur einen oder eini ge Schutzräume wirklich einwandfrei nach den gegebenen bautechnischen Bestimmungen aus, den angedeuteten Ausbau bei den anderen aber unter~ lasse man. Die Verwendung be hel f sm ä ß i ~ ger M it tel bei m S c hut z rau m bau muß noch mehr gefördert werden, ohne ·daß hierdurch ein ·den Bestimmungen widersprechender AusbllJU erfolgt. Die Anlage teurer und hochwertiger Schutzräume wirkt allzu leicht abschreckend. Der Einbau besonders kostspieliger Eis e n tür e n ist im all gemeine n nicht erforderlich; Holztüren lassen sich mit· einfachen Mitteln durchaus gas. sicher herrichten. Das Not aus g a n g s pro -bIo m muß noch mehr Beachtung finden. Die No tausgänge müssen so groß sein, daß auch Ver~ letzte auf Rehelfstragen herausgesehleust werden und alte und crebrcchliche Leute ohne zu große Anstrengu ng d~n Notausgang benutzen können.

über die Möglichkeit einer Gas m a s k e n ­aus r ü s tun g dcs Selbstschutzes dürfen keine falschen Vorstellungen ,dadurch hervorgerufen werden, ,daß man sich zur Durchführung von Übun gen Gasmasken von der Polizei oder Feuer< wehr 'borgt und damit nieht nur die Selbstsc.~u tz . kräfte sondern auch ,die Hausbewohner ausrustet. Eine Ausrüstung der Hausbewohner mit Gas~ masken von Amts wegen kommt keinesfalls in Frage. Wenn ,es im Laufe ,der Zeit gelingt, die erforderlichen Mittel aufzubringen, um den Haus~ wart, seinen Vertreter und ,die Mitglieder der Hausfeuerwehr mit Gasmasken auszustatten, so ist dies schon als großer Erfolg zu bezeichnen. Wenn nun aber einmal zu übungszwecken Gas­masken gebo rgt wer,den, so müssen sie auch rich-

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tig ver tei lt un d angewendet we rden. Immer wieder taucht der Fehler auf, daß die Gasmaske sofor t bei Fliegeralarm angelegt wi rd , wobei nicht be. daeht wir,d, ,daß die Betätigung durch die aufge. setzte Gasmaske außerorden tlich erschwert und die Spannkraft der unter ihr arbei tenden Men. sehen erheblich verringert wird.

E n t gi f tun gen im Selbstschutz durchzu. fü h ren, ist nicht unbedenklich, da hierzu weit. gehende fachkenntnisse und Erfahrungen ge. hören. So wurde an einer Stell e das A bdecken einer begiftcten Stelle mit Sand und Brettern ge. zeigt, wobei aber der Fehler gemacht wur-de, daß bei den Abdeekungsmaßnahmen zunächst die be. giftete Stelle betreten wurde. n einer anderen Stel1e wurden lostverdächtige Personen nach einer provi orischen Chl orkalk behandlung in einem Nachbarschutzraum untergebracht. Auch -diese Maßnahme ist bedenklich, da der Versehl eppungs. gefahr Vorschub geleistet wird. Solche Personen begeben sich am zweckmäßigs ten zur nächst. ge legenen Rettungsstelle.

Wir-d (las Selbs tschutzpersonal, besonders das von Luftschutzgemeinschaften, zu A uf r ä u • m u n g s a rb ei te n eingese tzt, so muß der Füh rer der betreffenden A rbeitsgruppe seine Leute zweckmäßig eint-ei len und mit Einzelauf. trägen versehen, -damit sie sich nicht gegenseitig behindern.

In E r s t e rH i I f e au gebildete Personen, auch Frauen, werden im Selbstschutz wertvo ll e Dienste leisten können. Ihre Betätigung wird sich aller. dings auf die allerdringendsten otmaßnahmen beschränken müssen in dem Bestreben , die Ver. letzten so schnell wie möglich ,durch den Kranken. transpor tdi enst -der nächstgelegenen Rettungs. s telle zuzuführen.

VII. Werkluftschutz. Die Fortschritte in der Organisation des Werb

luftschutzes sind unverkennbar. An einzelnen Stellen waren nicht nur Organisation und A usbiI. dung des Personals mustergültig, sondern die Werke ha tten auch finanziell e Opfer nicht ge. scheut, um hochwertige Schutzanlagen zu schaffen.

Die vielfach anzutreffende U n t e r t e i I u n g vo n Wer k e n in Unterabschnitte ersche int nicht im m e r zweckmäßig. Zersplitterung der Kräfte und Erschwe rung -des gesamten Befehls. mechanismus sind die Folge. Man sollte daher Unterabschnitte nur dort bilden, wo wegen großer räumliche r A usdehnung eine andere Lösung nicht möglich ist.

Auch di,e Wer k I u f t s eh u t z l e i tun ge n dürfen ni cht in den Fehler ve rfallen, zu theoretisch und unter A nwendung erheblichen Papierkrames von ihren splitter. oder bombensicheren Schutz. räum en aus den Einsatz der Kräfte vornehmen zu wol1en. Nach Beendigung ,des Luftangriffes gehört der Werkluftschutzleiter herau, um sich persön. lieh ein BHd von der Schadenlage zu machen.

Bei güns tiger La,ge der Werke sollte man sich auch nicht -davor scheu en, besonders die werb vol1en technischen Hilfsmittel, wie Feuerspritzen usw., a u ß e rh alb des Werkes ber,eitzustel1 en. Allerdings müs en die Anmarschwege geeignet und nicht zu weit sein, der U nterbringungsort muß ge tarnt werden. Hinausführen ,der passi ven Beleg. schaft und Vert,eilung im Gelände können von Vorteil ein. Immerhin ist jedoch zu bedenken, daß eine dcrarn.g verteilte Beleg chaft, wenn sie nicht sehr s traff geführt und selbs tdiszipliniert ist ,

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nach dem Luftangriff schwierig wieder an die Ar. beit zu bringen sein wir-d.

Es empfiehlt sich, die Befehlsteile der Wo r k I u f t s c hut z l ei tu n g nicht al1zu stark mit Personal zu besetzen. besonders keine An. häufung wertvoller, geschulter Kräfte dort vorzu' nehmen, ,damit nicht im Fall e eines Vol1treffers dera rtige, kaum ersetzbare Personen in großer Zahl auf einm al aus fal1en.

Schwierigkeiten machen noch ,die Fragen des An. und Abmarsches der Belegschaft bei sehr großen Werken im A ugenblick des Sc h ich t < w e c h se i s. Es entsteht hierbei nicht nur ein be. sonderer Gefahrena ugenblick, ondern auch die Transportfrage, sei es mit Kraftwagen, Straßen. bahn oder Reichsbahn, bedarf sorgfältiger Durch< denku ng. Eine orga nisatorische Rege lung, die den betriebstechnischen Erfordernissen gerecht wird, muß derart erfolgen, daß eine weitgehende Ver. tei lu ng des Schichtwechsels statt find et.

Von der passiven Belegschaft is t ein möglichst grolk r Teil als E rsatz für die aktive beizeiten aus' zubildcn, um durch den A usfall crfo r-derlichcr Trupps nicht in Schwi,crigkeiten zu gera ten.

VIII. Sicherheits. und Hilfsdienst.

a) Sa n i t ä t s die n s t.

Die Räumung eines }( r a n k c n h a u ses im Augenblicke des A ufrufs des Luftsc.hutzes und die Verlegung nach drei außerhalb gelegenen H i I f s~ kr a n k e n h ä u se r n z-eigten in der Gesam t< beurteilung dieser Maßnahmen, daß die Bestim< mungen erfüllbar sind . A ll erdings ,da rf man sich hinsichtlich der RäumunQszeiten keinen über< triebenen Hoffnungen hingeben. Mi t ,dem Ab· transport der Kranken allein is t es leider nicht ~etan. Der größte Teil des Mate rials, wie Betten, Einrichtungen der Operationssäle und Apotheken , muß nach dem Abtranspor t der Krank,en eben< falls auf die Hilfskrankenhäuser verteilt werden. Der l' r a n s p 0 r t mit t e l b e dar f ist also außerordentlich groß. Heranziehung der Straßen. bahn und Verwendung von Möbelwagen mit Treckerzug werden -die Transportschwierigkeiten beheben können; auf Krankenkraftwagen wir,d da< gegen kaum zurückgegriffen werden können. Ob das Personal des Sani tätsdi enstes aus reichen wird, alle Hilfeleistungen zu v-errichten, erscheint zwei. fe lhaft. Deshalb wird ,der \'erantwortliehe Polizei ~ verwalte r Leute aus dem Publikum, die nicht zum Luft ehutz einge teilt sind, für ,die Räumungs. ak tion heranziehen müssen. Jedenfalls sollte sich dio ganze Verlegung so vollziehen, daß zunächst die wichtigs ten Sanitätsmittel und Geräte in ver< hältnismäßig kurze r Zeit in die lIilfskranken. häuser übergeführt werden, und daß anschließend mit möglichster Beschleuni gung ein immer voll< kommenerer Ausbau erfolgt.

Bei den Sanitätsübungen wird immer wieder der Fehler gemacht, daß di e Ver\.etzten an Ort und Stelle zu weitgehend behandelt wer· den. Es genügt , ihnen die allernotwendigsten Ver< bände usw. anzulegen und sie dann so schnell wie möglich der nächsten Rettun gss tell e zuzuführen, die für eine ärztliche Betreuung geeigneter is t. Es brauchen auch nicht alle Verletzten gefahren oder ge tragen zu werden. Leichtverle t zte und nur äußerlich Gasbeschädigte können laufen.

In Rettungsstellen und Krankenhäusern wird in besonderem Maße weibliches Personal Ve rwen< dung finden müssen.

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b) Entgiftungsdienst. Einteilungs. und Arbeitsvorschriften für den

E n t gi f tun g s die n s t haben sich bewä~rt. Die A usbi l·dung in diesem schwierigen SpezIal. dienst läßt a llerdings an vielen Stellen noch zu wünschen übrig, eine bis ins einzelne gehende So n der aus bi I dun g muß nunmehr ,der allge. meinen Ausbildung angeschlossen werden.

Über die Aufgabe der Gas s p ü re r herrschen noch Unklarheiten. Nach Entnahme der Proben begeben sich die Gasspürer nicht crst zum Revier, sondern sofort zur zuständi gen Untersuchungs~ stelle. Die Untersuchungsstelle mc\.det den Befund an clen beratenden Chemiker des Luftschutz~ abschni ttes. Auf diese Weise wird ,der M.eldun gs~ wed abgekürzt, und die Ga spürer sind, nachdem ihr~ Entgiftung vorgenommen worden ist, zur neuen Verwendung schnell wieder frei.

Bei der Durchführung der Entgiftung bedarf es für die Kr a f t w a gen f ü h re r besonderer Übe rl egungen über den Anfahrtweg. Immer wie. der findet man noch, ·daß Sprengwagen oder Streu. maschinen mit besonderer Vorliebe über die be. gifteten Stellen fahren, obwohl sich dies bei einiger Übe rl egung vermeiden ließe. Die erste be. helfsm~ißige Entgiftung der Fahrzeuge wird an Ort und Ste ll e vorgenommen2

).

Für künftige Übun gen wäre es wünschenswert, wenn nicht nur Begiftungen von Straßen, We·gen und Plätzen, sondern auch von Häuserfronten, Dächern und Innenräumen angenommen würden, um hi,el'durch bedingte Entgiftungsschwierigkeiten zu üben.

e) Ins t a nd set z u n g s die n s t.

Übungen in Städten mit flußläufen zeigten, daß der Ins tandse tzungsdi-enst sich hier auf den B r ü e k e nb au vorbereiten muß. Die Organisie. rung von Brückenbaukolonnen, Erkundung und Bereitlegung von schwimmendem und nicht. schwimm endem Behelfsmaterial zum Brückenbau sind wichtige Vorarbeiten. Oft wird bei zerstör. ten Brücken ein F ä h rb e tri e b zunächst zum Ziele führen. Brückeninstandsetzungsarbeiten oder behelfsmäßige Brückenbauten dauern Stunden, oft Tage"). Für wichtige strategische oder Material­Transport,e werden daher bei Brüok,enze rstörun ~ gen oft auch große Umwege immer noch vorteil­hafter sein als das endlose 'Wa rten auf die Her. stellung einer Behelfsbrücke.

Die Kräfte des Instandsetzungsdienstes sind technisch so wertvoll, daß sie zu untergeordneten Arbeiten nicht verwendet werden ·dürfen. So findet man immer wieder, daß bei Sprengtrich­tern auf der Straße die Instandsetzun gstrupps reine Steinmetzarbeiten ausführen. Wenn der Augenblick der Gefahr vorbei ist, muß die end­gültige Instandsetzungsarbeit weniger fachlich wertvollen Kräften unter Verantwortung des zu­ständigen Tiefbaudezernenten überlassen wer.den.

d) F e u e r weh r.

Ober die ,grundsätzlichen Fra.gen ,der Feuerwehr­organisation im Luftschutzort ist bereits das Ep for,derliche gesagt. An Einzelheiten wäre noch fob gel1'des zu erwähnen:

Immer wieder spielt die Frage der Sc h lau eh. res e r v e n eine wichtige Rolle und berei te t dem F,euerwehrführ,er erhebliche Schwierigkeiten. Schlauchwagen, selbst behelfsmäßiger Art, sind für ,den Einsatz ,der Feuerwehr im Luftschutz un­erläßlich.

Die Organisation der behelfsmäßigen Was s e r. ver s 0 r gun g ist noch nicht überall einwand. frei geregelt. Fahrbare Wasserr,eserven unter energischer einheitlicher Leitung sind unentbehp Heh. Auch sollten alle Stadtverwaltungen sich all. mählich durch Anlage von Brunnen ein unabhän. giges, über die ganze Stadt verteiltes Wasser. quellennetz schaffen.

Ganz all t1emein kann gesagt werden, daß die Belange der"'Feuerwehr erst dann zu einer endgül. tiden, befriedigenden Regelung im Sinne des Luft. sc"hutzes gelangen werden, wenn durch ein Re ich s • Fe u e r 1 ö s c hg es e t z Organisation, Ausbildung und Ausrüstung nach einheitlichen Grundsätzen für das ganze Reichsgebiet geregelt sein werden.

e) Sc hut z rau mb a u. Die Literatur über den Schutzraumbau ist in der

letzten Zeit außeror,dentlieh angewachsen; mit ihr s teh t joedoeh ,die praktische Nutzanwendung dieser zweife llos wertvollen Arbeiten noch nicht in dem riehtig,en Verhältnis. Einige Grundsätze, gegen die immer noch verstoßen wird, mögen daher die praktischen Arbeiten im Schutzraumbau fördern helfen:

Man hüte sich im gleichen Maße vor übertrei­bungen wie vor Unterlassungen. San d säe k e sind Notbehelfe für behelfsmäßigen Ausbau, kom. men aber für einen im Frieden vorbereiteten Aus. bau, ,der überall anzustreben ist, nicht in Frage. Die Sandsäcke sollten daher bei Luftsehutzübun. gen nicht mehr in Erscheinung tr,eten. Das gleiche gilt von der Woll -cl eck e als behelfsmäßigem f,!asdichten Verschluß. Eine gute und schnelle Dur chi ü f tun g s m ö g I ich k e i t für den Schutzraum ist für die Wiederbenutzunf,! notwen. di,g. - Der Hol z k 0 n s e r vi ·e run g4) ist be. sonders bei feuchten Kellern erns te Beachtung zu schenken, um nicht schon in kürzester Zeit kost. spielige Instanclsetzungen vornehmen zu müssen. - Bei dem Ausbau von Kellerräumen in ruhiger Zeit muß berücksichtigt werden, daß .der Keller als Abste llraum weiter wie bisher Verwendung finden sollte. - Die Bel eu eh tun g s fra g e bedarf besonderer Beachtung, da in ärmeren Wohnvierteln nicht ,damit zu rechnen ist, daß eine genügende Anzahl von Taschenlampen vorhanden sein wird. Hier kann man durch einen hellen An. strich der 'Wände und Treppen etwas helfen. -Wer t v 0 I I e Aus r ü s tun g s a p par a t e. wie Telephonapparate, Sanitätsbehältnisse, Werk­zeuge USW., müssen in geeigneten, trockenen Räu. men gelagert wer·clen, damit ihre Erhaltung bei der Aufbewahrung gesichert ist.

Schlußbetracbtung. Die Luftschutzübungen des Jahres 1934 haben

gezeigt, daß der Luftsehutzgedanke weiteren Boden in -der Bevölkerung gefaßt hat und daß die Basis verbreitert wer·den konnte. Vi,ell eicht ist diese Verbr,eiterung an manchen Stellen auf Kosten der Vertiefung der Ausbildung erfolgt. Für das kommende Jahr wird es daher Aufgabe all er verantwortlichen Luftschutzdienststellen sein müssen, die Aus bi I dun g zu fördern und so zu vervollkommnen, daß neben kleineren übun. gen im bisherigen M.aßstabe auch groß angelegte Lu f t s c hut z man ö v e I' stattfinden können.

2) Vgl. S. 293 d. H. D. Schriltltg. 3) Vgl. auch "Behellsbrückenbau in Oppeln" in "Gasschutz und

Luftschutz"' 1933, S . 208. 4) V~1. darüber Karpinski , Fäulnisschutz. In "Gas<schutz l1nd Luft­

schutz'. Augusthelt 1934. s. 205/7.

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Gasschutz beim Kraftwagen Major a. D. Axel Mag nu s I Berlin

. ber Einwirkungsmöglichkeiten feldmäßig er­reichbarer Kampfstoffkonzentrationen auf Kraft­wagen und Kraftfahrer ist bisher n!.lr im aus­ländischen Schrifttum berichtet worden. Um so begrüßenswerter erscheint es, daß nunmehr auch von deutscher Seite ein Versuch unternommen wird, auf Grund fremdstaatlicher Veröffent­li chungen die Wirkung des chemischen Kampf­stoffes in dieser Richtung sowohl im [-eIde wie in der Heimat zu p rü fen. Das Erg~bnis nach­stehender Erörterung zeigt deutlich, daß die Einwirkung auf das Material verhältnismäßig gering, die auf das Personal nicht größer als bei anderen Truppen ist. Daraus allein ergibt sic h bereits der Gesichtspunkt. daß eine neue, besondere Befürchtung bezüglich ,.Gasgefahr" nicht am Platze ist. D. Schriftltg.

Bei Durchsicht der in~ und aus län,dischcn Kriegs~ und Nachkri egs literatur über den Kampf mit chemischen Kampfstoffen und den Schutz gegen diese überrascht die Tatsache, daß über das Problem HK ra f t w a gen und Kam p f s t 0 f f" nirgends ein geh end e re Berichte zu finden sind. Di ese Feststellung kann leicht zu dem Sch lusse führen, daß die chemischen Kampfstoffe oh ne jeg~ lieh o 'Wirkung auf Kraftfahrzeuge sind. Daß im Weltkricge in vVirklichkeit keine Schä,den an Kraftfahrzeugen durch chemische Kampfstoffe fcstgcstellt wurden, erk lärt sich aus der im Kriege beschränkten Verwendung von Kraftfahrzeugen in der vorderstcn Zone. Die meisten Kraftfahrzeuge waren im Kriege nicht ge ländegä ngig und daher nicht geeigne t, auf dem Gefechtsfeld ve rwendet zu werden, während im Hinterlande bzw. in der Heimat Kampfstoffe nicht eingese tzt wurden. Der Ta n k trat als Waffe der vorde rsten Zone erst spät im Laufe des Krieges und auch nur ganz be~ schränkt an einigen Frontabschnitten auf. Es ist nicht bekannt, daß ein Tankangriff mit ei nem Gasangriff zusammengestoßen oder mit chemi~ schen Kampfstoffen bekämpft worden sei.

In ei nem Zukunftskriege wird das Kraftfahr~ zeug infolge sei ner inzwischen vergrößcrtcn Ge~ ländegängigkeit weit mehr als im letz ten Kriege auf elem Gefechtsfelde erscheinen und bereits da~ durch häufiger mit chemischen Kampfstoffen in Berührung kommen. Ein Blick auf die Rüstungen der grolSen Militä rm ächte e rgib t, daß für einen groß ange legten Angriff Tausende von Tanks ein~ !:!esetzt werden können . A uf ,der anderen eite ~vird es durch die bisher bestehenden inter~ nationalen Ve rbote wohl kaum verhind er t werden können, daß im Kriegsfalle chemische Kampf~ stoffe, se i es in der bisher bekannten, se i es in neuer Form, jedenfalls in größerem Ausmaße zur Verwendung gelangen. Somit erscheint es nob wendig, s ich mit der Frage "Kraftfahrer und chemischer Kampf" rechtzcitig zu beschäftigen, weil es womöglich nötig sein wird, die Krafb wagen in einzelnen Teilen and ers zu konstruieren und gleichzeitig auch die Kraftfahrer im Gas~ schutz ihrer Fahrzeuge auszubild en.

Für den Kr a f t f a h re r selbst und die In~ sassen kommt im allgemeinen nur ein Einzel~ schutz in Frage. Wie jeder andere Soldat oder Zivilist, der bei einem Gasangriff tätig sein muß, wird auch der Kraftfahrer mit einer Gas m a s k e ausgerüs tet sein. Bei der Auswahl der Art der Gasmaske muß man berücksichtigen, welche

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IIauptvcrrichtungen der Kraftfahrer auszuüben hat. Ist er ein K~Radschütze, d. h. ein Infanterist, dcr sich des Kraftfahrzeugs lediglich a ls eines schnel len Fortbewegungsmittcls bedient, so muß Cl' cine Maske wählcn, die ihn im Kampf so wenig wie mög lich stört und durch ihr Gewicht oder ihre Unförmigkeit nicht übermäßig belastet. Für eincn solehen fee h t e nd e n K r a f t f a h re r wird ,dah er eine Maske mit unmittelbar einge~ sehraubtem temeinsatz zu verwenden sein, ähn~ lich dcr deutschen Hecresmaske, die im Kriege im Gebrauch war.

Der Kraftfahrer, der lediglich tee h ni s ehe r Be d ion er oder Begleitmann eines Kraftfahr~ zcuges ist und nur in der otwehr mitzukämpfen hat, kann ein e Gasmaske mit Schl auch und Filter< büchse - so wie sie zur Zeit beim deutschen Heere und im Ausland v ielfach eingeführt ist -tragen. Für den Kraftradfahrer ist währcnd der Fahrt der an dcr Maske unmittelbar angeschraubte Atemeinsatz wegcn dcs nach vorn ziehendcn Ge~ wichtcs unan gcnehm, und dem Kraftfahrcr am Steuerrad hiin!:!t dcr Atemeinsatz oft bis in das Steucrrad henib und stört ihn bci der Bed ienung der Lenkvorrich tung. Um zu verhindern, ,daß beim Bcdienen der Schaltuna oder Handbremse der Kraftfahrcr durch den Sch lauch behindert ist, muß die Filtcrbüchsentasche auf der dcn Hebeln abge~ kehrten Körperseite untergcbracht scin.

Das G c s ie h t s fe I d eier im Reichshccr el n ~ geführtcn Gasmaskcn gen ügt auch für den Kraft~ fahrcr. Die j\ \ aske muß nur richtig verpaßt se in , wob ci besondcrs darauf zu achten ist. daß die Augcn des Trägers übe r eier waagercchtcn Mit~ tellinie dcr Augengläscr sich befindcn. Nach oben hat der Kraftbhrer nicht zu schen, sondern nach llOten. Dies muß besonders bei den Kraftrad~ fahrern beachtet werden .

Da de r Kraftfahrer in den meistcn Fäll en mit einer Sonel crkl cidung ausgerüstet ist, licgt der Ge~ danke nahc, di cse Sonelerklcidung gegcn ein en Gas an zug ei nzutauschcn. EI' w~i re auf diese vVeiso auch gellcn ätzcnd e Kampfstoffe geschüt zt. Da der Kraftfahrer nicht mit großcn körperlichen Anstrengungen zu rcchnen hat, würde ihn die Un~ annehm lichkeit durch die Abgeschl ossenheit des Körpers nicht v iel mchr belästigcn als bei der jetzt üblichcn Le·derbek1cidung. Da er einen Gas~ anzug, wie wir nachher sehen werden, grundsä tz~ li ch zum Reinigen scines Fahrzeugs bcnötigt, könnte ,die Lederuniform bzw. der Lederanzug fortf allen.

Für d ie T n s ass e n von Kraftfahrzeugen al1 ~ gemein et' A rt spielt die Auswahl der Maske selbstverständlich keine Rolle, da sie keinerlei technische Verrichtungcn, die mit dcm Fort~ bewegen ,des Fahrzeuges etwas zu tun haben, aus~ führen.

Bei S p e z i a lk r a f t f a h r z eu ge n , wie z. B. traßcnpanzcrwagen, Tanks, geländegängigen

Selbstfahrlafetten u. a., in oder auf dcncn die In~ sassen Gerä te verschiedenster Art zu bcdienen haben, muß die Frage übcr Auswahl der Masken~ a rt nach der geforder ten Tätigkeit des ein zelnen Mannes geklär t werdcn. Für den Kraftfahrer selbst bleibt das vorher Gesagte j edoch bestehcn. J m übrigen hat diese Frage für Dcutschland infolge

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Fehlens von Tanks u. ä. mehr theoretisehes In. teresse.

Das Ausland beschäftigt sich bei dem Schutz der Bedienungsleute in Tanks mit dem Gedanken, den T a n kaI s Sam m eIs e hut z rau mein. zurichten, so daß die Insassen ohne Gasmasken gegen chemische KampFstoffe geschützt sind. Die Lösung des Problems erscheint nicht einFach, weil die Öffnungen, ,durch die die versch iedenen WaFFen (MG., Kanonen) und optischen Geräte ins Freie geführt werden, gasdicht gemacht wer< den müssen und die Geräte selbst in ihrer Be. wegliehkeit nicht behindert werden dürfen. Ferner muß der Motorraum von dem Gefechtsraum gas. dicht abgesch lossen sein, denn der 1I10tor benötigt Frischluft. Bei einer solchen Abdiehtung des Tanks gegen die Außenluft muß eine Belüftungs. anlage vorhanden sein. InFolge der an und für sich besehriinkten Raumverhiiltnisse in einem Tank macht diese Frage den Konstrukteuren ansehei. nene! die größten Schwierigkeiten.

Wichtig erscheint die Frage, welche sc h ä d . li chen Wirkungen die chemischen Kampfstoffe auf den Motor und das Kr a f t f a h r z e u g i m ga n zen ausüben. Bei ihrer Beantwortung muß man feldmäßige Kon. tentrationen zugrunde legen, da Einwirkungen der Kampfs toffe in höheren Konzentrationen nur experimentellen 'Wert hätten.

A ls wichtigste Feststellung sei vorausgeschickt, daß allc bisher bekannten chemischen Kampf. !Stoffe auf den Verbrennungsvorgang im }\10tor keinerlei Einfluß haben. E s ist aus g e s chlos. sen, mit derzeitigen chemischen Kampfstoffen Motoren von Kraft . fahrzeugen zum sofortigen Aus. sotzen oder Stehenbleiben zu brin. gen. Ob es in Zukunft ge lingen wird, einen ehe; mischen Kampfstoff mit einer derartigen Wirkung auf Motoren zu finden, muß dahingestel1t bleiben. Daß man im Auslande daran arbeitet und einen solchen Gedanken verfo lgt, geht z. B. aus dem Buch clt:s italienischen Hauptmanns Dr. Atti lio I z z 0 "Guerra Chimica e Difesa antigas')" her. vor, der folgendes sch reibt: "Mit Ausnahme des Chlors sind die bisherigen Kampfstoffe für den Betrieb des Explosionsmotors nicht schädlich . Es ist aber als wahrscheinlich anzusehen, daß Kampf. stoffe entdeckt werden, die den i\10toren sehäd. li eh sind. Das Problem des Schutzes ist für diese Möglichkeit noch nicht gelöst; es steht aber zu hoffen, daß dies der Technik gelin)1,:;n wird." Für den Leser ergibt sich daraus die Folgerung, daß man im Zukunftskriege mit einem wirksamen "M 0 tor e n kam p f s t 0 f f" zu rechn en haben wird. Daß aber ein solcher Stoff in kri egsmäßiger Brauchbarkeit heute bereits gefunden sei, muß vorläufig noch als eines der vielcn "Gasmärchen" bezeichnet werden.

Dio schädigenden Wirkungen der chemischen Kampfstoffe auf das Kr a f t f a h r z e u g selbst beschränken sich zur Z eit auf ihre zersetzenden Einflüsse auf die Metalle, Öle und Fette. In clen meisten Fällen sind diese Schäden auf die Viir. kungen des Ch lors und der Sa lzsäure zurück, zuführen. Daraus folgt bereits, daß sich Phosgen, sofern es dureh Chlor und Salzsäure verunreinigt ist, besonders schädlich bemerkbar machen wird.

Im allgemeinen kann man sagen: Die Lu f t kam p f s t 0 f f e greifen die ver<

sehiedenen Metalle am Kraftfahrzeug je nach ihrer

Art mehr oder weniger stark an und chlorieren das Öl, das dadurch unbrauchbar wird. Das Öl verliert seine Schmierfähigkeit.

Die Gel ä n d e kam p f s t 0 f f e greifen Stahl fast nicht an, dagegen die gewöhnlichen Lacke und vor al1em Hartgummi. Letzterer wird verhält: nismäßig sehnel1 spröde und brüchig.

vVolcheFolgerungen sind aus vor. stehenden Tatsachen für die Kon: struktion der Kraftfahrzeuge zu z i 0 he n ? Da jedes Kraftfahrzeug im Fal1e eines Krieges für die Kampffront oder aber für den Heimatluftschutz herangezogen werden kann, müßte die heimische Automobilindustrie ange: wiesen werden , nur solche KraHwagen auf den 1I1arkt zu bringen, deren 1etal1e, Lacke usw. mög: liehst unempfindlich gegen Kampfstoffe und deren i\10toren gegen Eindringen von chemischen Kampf: stoffen geschützt sind.

Dieses Ziel könnte viel1eieht durch Berücksich: tigung folgender Anregungen erreicht werden:

K ü h 1 e r I am e Il e n müßten, wie es bei heu: tigen Kraftwagen schon meist der Fal1 ist, aus ver~ zi;,ntem Messlngblech hergestellt sein, da Zinn als "gasbeständig" angesprochen werden kann.

V e n t i I e dürften nicht mehr aus gewöhn: lic1,em Stahl. sondern nur noch aus r 0 S t : fr e ie m Stahl gefertigt werden. Gegebenenfalls genügt ein Verchromen der Ventilköpfe. Da die Ve n ti I s i tz e selbstverständlich aus demselben Metall sein müssen, müßten sie ausweehselb.'H in den Block eingeschraubt sein. Den ganzen Block wegen der Ventil itze aus nichtrostendem Metall zu fertigen, wäre zu teuer und damit zu unwirt: schaftlieh.

Ein weiterer Schritt wäre dann die Ver: ehr 0 m u n g der K 0 1 ben und Z y I i n der: f I ä ehe n. Mir ist bekannt, daß derartige V er: suche von der Industrie bereits aus anderen Grün. den gemacht worden sind und rein kraftfahrtech ~ niseh aus)1ezeiehnete Ergebnisse gezeitigt haben. Man wird zum Zwecke der Ersparnis alsdann noch ei nen Schritt weitergeh en und nur noch Zylinderbuchsen verwenden.

HaI' t g u m m i wäre möglichst überhaupt nicht mehr zu verwenden, da er durch Chlor verhält: nismäßiM sehnel1 und volIkommen zerstört wird. Aus Hartgummi bestehen bei vielen Kraftfahr: zeugen z. B. clie Zündspule und der Zündverteiler. Auch der Kasten für die Batterie bzw. der Batteriebch iilter selbst sind teilwei se aus Hart: )1ummi gefertigt. Für die e Teile müßte also in Zukunft ein anderes Material gefunden werden, oder der Hartgummi müßte mit einem Lack über: zogen werden, der ein erseits nicht spröde wird und andererseits gegen Einwirkungen von Chlor, Salzsäure und ätzenden Kampfstoffen un empfind: lieh ist. Ein solcher Lack wurde z. B. bereits an den Gasmasken verwendet. Ob er unverändert auch als Überzug für 'l e talJe und Hartgummi ge: braucht wer,den kann, müßte ein Versuch er: geben.

G u m m i wird durch Luftkampfstoffe in kriegs: mäßiger Konzentration kaum angegriffen. Einer besonderen Prü fung bodarf da V ~ rh alten der P neu m at i k s gegen flüssige Geländekampf: stoffe (Lost). Ist ein Kraftwagen durch ein b eg iftetes Gelände gefahren, so hafte t der flüssige Geländekampfstoff zunächst nur auf der Lauf: fläche der Pneumatiks. Infol ge der Zentrifugal:

1) Siehe "Gasschutz und Luftschutz" 1931, S, 4.8,

291

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kraft wird er zum größten Teil mit Sand, Schmutz usw. unter die Kotflügel geworfen (s. S. 293). Die Res te ,des Geländekampfstoffes dringen langsam in ,den Gummi ein. Eine Gefahr, daß durch diese derartig be gifteten Pneumatiks erneute Gelände~ b egiftungen oder aber Hautverätzungen durch Be~ rührung cntstehen könnten, bes teht wohl kaum. Lediglich (\j.e Möglichkeit bleibt offen, daß bei späterer Unterstellung der Wagen mit begifteten Gummil'eifen in gcheizten, gesch lossenen Garagen durch Verdunstung Atemgifte entstehen. Ob und wieweit ,eine derartige Möglichkcit ,durch zweck~ mäßige Entgiftung von lostsicher imprägnierten Gummireifen - z. B. nach Art des amerikani~ schcn Körperschutz,es - behoben werden kann, darüber liegen auch 'in rfremdstaatlichen V ep öffentlichungen bisher keinerlei Hinweise vor.

G I ass pie ge l bzw. ihr metallischer überzug b ei Sc he i n wer f ern sollen nach italienischer A u ffassung seh r s tark angegriffen werden. Sie solltcn deshalb aus Spezialstahl herges tellt wer~ den, der gegen den Einfluß von Säuren wider~ stands f~ihig is t und hohen T emperaturen stand ~ h ält. Ein ander,er Weg, der vielleicht zum Ziele führt, bes teht darin, daß die Versi lberung oder Verkupferung der Spiegel mit einem bcsonderen Lack überzogen wird.

K 0 n t a k te der gesamten Lichb und Zünd~ anl age müßten aus Platin oder nichtrostendem Stahl hcrges tellt oder durch entsprechende Ver~ klei,dungen gegen Berührung mit ,den chemischen Kampfstoffen geschützt wel1den.

L a c k c, wie sie zur Z eit in der Karosserie~ industri e ve rwendet wer,den, sind nicht "gas~ bes tändi g". Siü wer·den angeg riffen und geben dann das Stahlblech fre i, das nun infol ge der Gas~ ein wirkun g bald durchrostet. Es ergibt sich somit die forderung nach einem besonderen, möglichs t geschmeidigen Lack, der bei den Erschütterungen und Vibrationen des Wagens nicht bricht. D er im Heere übli che matte A ns trich der Kraftwagen dürfte ebenfa ll s nicht genügend schützen. b er Glanz aller Lackierun.gcn wird selbs tvers tändlich nach Einwirkung eines Kampfstoffe ve rschwin~ den . Dies ist jedoch nur ein Schönheitsfehler und im K riege sogar eine sehr erwünschtc Tarnung.

G I a s ist "gasbes tändig". Ver n i c k e I t e oder ver c h r o m t e T e il e

werdcn nicht angegriffcn. Bezüglich des Verhaltens der Sc h m i e r öle

ist folgendes zu sagen : Die bei weit~m unange~ nehmste Schädigung erfolgt durch C hlor i e ~ run g. Diese ist leider vorl äufig nicht zu verhin~ de m . denn mit der A nsaugluft kommt Chlo r in die Zvlinder und von dort je naeh der Gü te der Kolb e-nringe in kleineren oder größe ren Mengen in das ö l. Die dünne Ölsehicht im Zylindel'inneren wird wah rscheinlich sofort unbrauchbar werden, ,d. h. ihre Schmierfähigkeit verlieren. D a ab er mit jedem H ub neues öl in den Zylinder kommt, s teht nieht zu befürchten, daß nun dcr Kolben gleich zu fressen anfängt. Dies k önnte ers t dann eintreten, wenn das gesamte öl chloriert und da~ mit ohne Schmierfähigkeit wäre. D a auf diesem Gebiete. wie b ereits betont, noch keinerlei prak~ tisch e Versuche angestellt worden sind, kann man zur Z eit nieht sagen, in welcher Z eit bei gut ein~ gepaßten Kolben das öl unbrauchbar wird. Daß die Chlori erung des Öls bei ausgdaufenen Zylin~ dem sehr schnell vor sich geh t, ist ohne wei ~ t.cres klar.

292

U m diese unangenehme Wirkung des Chlors auf das Öl im Motor auszuschalten, gibt es vep schicdene Möglichkei te n: 1. l\ l an v,erzichtet, wie bei den meisten Zwei~

taktmotoren, auf eine besondere Ölung der Zylinder, sondern fügt dem Betriebss toff das Öl hinzu.

2. Man baut nur noch Dieselmotoren. 3. Man schützt den Motor gogen eindringende

chemische Kampfstoffe. Die Möglichkeiten 1. und 2. sind ohne weiteres

durchführbar und bieten nichts Neucs. Die dritt(; Mög lichkeit ha t man in der Indus trie noch nicht e rwogen, weil merkwürdige rweise bisher keine zu ~ s tänd ige Stelle die Forderung hiernach ges tellt hat. Die Lösung is t einfacher, a ls es auf ·den ers ten Blick e rscheint. Vor a ll cm ist kein großcr Umbau der Motoren oder des Motorengehäuses nötig, sondcrn ohne jcglichc Mehrkos ten kann bereits jedes Motorfahrzeug im Frieden serienmäßig mit der frag lichen Schutzapparatur versehen werden.

Den vorstehenden Erörterungen sind in erster Linie Fddverhältnisse, so wie ie für die fechtende Truppe 'im Operationsgebiet gültig sind, zugrunde gelegt worden. Bedeutungsvoll erscheint eine Ep örterung der Frage, wieweit diese Betrachtungen im KriegsfaUe für ·das Hinterland, also für das E tappen ~ und Heimatgebiet, zutreffend sein wep den. A uch hier wir,d der chemische Kampfstoff, eingeset zt im ae roch emischen V crfahren, vielfach mit Kraftwagen in Berührung kommen. Und wenn man auch hicr auf Grund fremds taatlich er Ver~ öffentlichungcn in erster Linie mit seßh aften Kampfstoffen zu tun h aben wird, so crscheint auch ein Einsatz von flüchti gen Kampfstoffen, wie Phosgen und Chlor - man dcnke z. B. an di e amerikanischcn Veröffcntlichungen über Material ~ wirkung des aerochemischen A ngriffs2

) -, nicht völlig ausgGschlossen. -

A nschließend mögen n och ci nige Hinweise für das Ver hai t e n d es K r a f t f a h r e r s mit se in cm fahrzeuge im begas ten und begifteten Ge~ I ~inde b zw. nach dessen Durchquerung gegeben wcrden:

1. D er Kraftfahrer selbst sc tzt sofort die Gas m as k e auf, sobald er das Vorhan~ dcnsein von chemischcn Kampfs toffen wahp nimmt.

? Begastes und b ogif te tes Gcländ e is t mit allen Kraftfahrzeugen - mit A usnahm e von Krafträdcrn - in m ä ß i g e m T e m p 0 zu durchfahren, um zu vcrhind ern , daß durch den Vcntilator kampfstoffhaltigc Luft in das ]l1nere des 'Wagcns godrückt wiN.!. Bei mitt~ lcrer Tourenzahl cntweicht die Kühlluft fast restlos durch die Entlüftungsschlitze an den Seiten der Motorhaube. Bei großer Touren~ zahl is t dieses nicht ,der Fall, sondern eine ve rhältnismäßig große Menge Luft wird durch die UndichtigkeHen der vor,dcren Ka~ rosseriewancl in den Wag,cn ge,drückt. Bei offene n Wagen wird ,dieses Eindringen von Kampfs toff kcine Rolle spielen. da es durch den Luftzug sofort wieder herausgespült wird, bei geschlossenen Wagen kann sich jedoch mit der Z eit eine unangenehme Kon~ zentration bemerkbar machcn.

Die Frage, ob man beim Durchfahren einer Kampfstoffzonedie Fenster schließen oder

") Vgl. .. Gasschulz und Luflschul 7. .. . Januarh.rt 1934, s. 5.

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öffnen soll, möchte ich dahin beantworten: ,.B e im 0 ure hf a h r e n d e r Z 0 n e : F e n s t e r z u! Nach d e r Durch ~ f a h r t : s 0 f 0 r t a II e F e n s t e rau f !" Die Begründung hierfür ist klar: Zunächst gil t es, das Eindrin gen von gaserfüllter Luft zu verhind ern, nachher für tüchti ge Entlüf~ tung des geschlossenen W agens zu sorgen.

3. Kom p res s 0 rund M 0 tor b rem s e s ind , fall s vorhanden, nicht zu benützen , um nicht unnötige " en gen der vergas ten Luft in den Motor zu jagen. .

-1. J\ \ 0 tor r a cl fa h r e r ohne genügenden Körperschutz müssen beim Durchfahren von mit seßhaften Kampfstoffen bcgiftetem Ge~ lündc di e Beine anziehen, damit sie mit den Füßen nicht mit der Bodenbewachsung in Berührung kommen.

5. G e chi 0 s s e n e K r a f t w a ge n ~ k 0 Ion n e n. a) Ga s a la r m: Vom Führerfahrzeug aus

werden besondere Hupensignale oder Lieh tze ichen gegeben .

b) Unbed ingtes W e i te r f a h r e n is t er~ forcl erlich . Die Truppe darf s ich durch begas tes oder begiftetes G elände vom takti schen Auftrag nicht abh alten lassen.

Ober die E n t g i f tun g des Kraftf ahrzeugs ist fol gendes zu sagen:

Is t ein }( ra ftfahrcr mit einem Fahrzeug durch eine Kampfs toffzone gefahren, so kann er an Ort und SteHe sein Fahrzeug meist nieht entgiften. Er muß hiermit warten, bis er ins Quartier usw. gekomm en is t , wo er Ruh e und W as s e r hat. Die Maßnahm en, die e r dort zu treffen h at, rieh~ ten sich danach , mit 'welch en ch emisch en Kampf~ s toffen sein Fahrzeug in Berührung gekomm en is t:

Bei L u f t k a m p f s t 0 f f e n : a) "Vagen nicht in geschlossenen Raum (Ga rage

usw.) fahren. b) Fahrzeug, besonders Polster (durch Klopfen

in de r Sonne und im Wind), gut durchlüften. c) ö l erneuern. d) Schmierung kräftig durchdrücken, bi s altes

Fett oder öl herausgequoll en is t. Erfolgt die Z entralschmie rung vom \ o tor aus,

so is t diese Maßnahme nicht nöti g, da s ie bereits auf der Heimfahrt autom atisch vom \o to r aus erfolgt is t.

Bei G e l ii n d e kam p f s t 0 f f e n : a) Fahrzeug im Fr·eien - nicht in geschlossen em

Raum - mit viel W asse r kräfti g abspritzen bzw. abgießen. Wasser ist ein geeignetes Mit. tel, um am Fahrzeug haftende Gel ändekampf~ s toffe zu entferne n. Dabei is t b esonders auf dio Innenfl ächen der Kotflü gel zu achten, an denen Spritzer in der H aup tsache sitzen wer-den. E rfahrun gen übe r zweckmäßige Be; handlung begifte ter Gummireifen fehlen zur Zeit noch .

b) Beim Waschen des Fahrzeuges muß der Kraftfahre r unbedin gt einen Schutzanzug, zum mindes ten eine Schutzbrill e, Gummi; handschuh e und .s tiefel anhaben (siehe hierzu Seite 290), um vor W asse rspritzern, <-li e G eländekampfstoff aufgenommen haben können, geschützt zu sein .

c) Die W asse rl ache muß mit Chlo rkalk ent. giftet werden oder, wenn di es nicht möglich is t, durch eine T afel als begifte tes G elände geke nnzeichn et wer·den.

d) Sind Geländeka mpfs toffspritze r auf die Pol. ster gekommen, so müssen diese von Sonder. fo rmationen entgiftet werd en. Mit behelfs. mäßigen M itte.ln kann der Kraftfahre r hie r nicht helfen. Also : alte Pols ter heraus un d durch neue erse tzen oder vorl äufig durch D ecken .. otpols ter" herrichten .

W eiß der Kraftfahrer ni cht, ob er mit seine m Fahrzeug mit Luft. oder Geländek aJITIpfs toffen in Berührun g gekomm en is t, so muß er a ll e vor. stehenden Maßn ahmen ergreifen.

Z um Schluß b edarf das V erhalte n von Kraft . fahrern im J Tinter. und H eimatland in geschlos. senen Ortscha ft en noch der E rwähnung. Kra ft­wagen, ,di e ni cht aus dienstlich en G ründen im Ort ve rweilen müssen , fahren aus dem Ort, der von inem Luftangriff bedroht wird , heraus. Ist di es nicht möglich, so dürfen d ie Kra ft wagen nicht an H ydranten, Straßenecken und in en gen Stra­ßen halten , damit für Feu erwehr , Sanitä tskolon~ nen und ande re im Luft. und Gasschutz ein­gese tzten F ah rzeuge und Kolonnen die Straßen fr ei bl eiben. Die Kra ftfahrer selbst suchen den nächs tgd egenen Schutzraum auf.

Vors tehende Studi e bringt noch nichts Endgül­tiges , sondern is t lediglich als eine A nregung zu bewer ten, d ie jodoch auch für die Aufgabe des Luftschutzes im H eim atgebiet besond eres Tnte r ~ esse und besond ere uswertun g beansprucht.

Noch einmal: Die Sicherung von Mineralöl­großtankanlagen gegen Luftangriffe Oberbaurat Dr.-Ing. Z a PS, Hamburg

Die interessanten A us führun gen ·des In g. Ewald K a i s e r zu obiger Frage geben eine gute Er­gän zung zu dem, was bereits durch gelegentliche Z eitun gsnach richten über ausländische eubauten von Mineralöllagern bekannt war, b ei ·denen an­schein end schon in hohem M aße der Schutz gegen Luftgcfahren berücksichtigt worden ist. Daß hier­bei Kos ten nicht gescheut sind, zeigt eine Zei­tun gsmel·dung, wonach bei Boulogne ein unter­irdisch es Mine ralölgroßlager für 100 Millionen Reichsmark gebaut wird. Im ersten Augenblick erscheint die Summe phantastisch hoch, bedenkt man aber, daß dadurch mehrfach so große und im

Krieg unerse tzlich e W erte gerette t werden, die bei oberirdi eher Lage rung von einem ent­schlossenen Gegner n ahezu restlos vernichtet werden könn en, so muß man zugeben , daß solche A usgaben im J n teresse der Landesverteidigung no twe ndig sein können.

W as b edeuten ·denn auch für Frankreich -die 100 Millionen Reichsmark im V ergleich zu d en vi elen busend Millionen, die es allein für die Be. festigung seiner Ostgrenze ausgegeb en hat?

Jn g. Kaiser hat nun einige Stellen meines im .Iuliheft 1934 ,dieser Zeitschrift erschienenen Auf.

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satzes beanstandet oder ,deren Richtigkeit oder Durchführbarkeit in Frage gezogen.

Solche sach liche Kritik ist bei Erörterung neuer Probleme stets zu bcgrüßcn, dcnn sie ,dient der Klärung und dadurch dem Fortschritt.

I. lng. Kaiser beanstandct zunächst den Satz: "Eine unterirdische Anlage kommt für die mcisten öl farmen nicht in Frage, würde auch nicht immer ,gegen einen Luftangriff schützen." - Die großen Mineralöltankan lagen befinden sich abcr meist in c inem stark belegten Industriegelände, wo für unterirdische Neuanlagen wohl kaum Platz vor. handen ist. Es wäre auch aus naheliegenden Grün~ dcn nicht ratsam, solche Neubauten in die Nähe der altcn zu verlcgen oder die alten oberi rdischen durch unterirdische am gleichen Platze zu ep setzen. Dem feindlichen Bombenflieger würde sonst das Auffinden des Lagers gar zu leicht ge. mach t , und eine ausreichende Sichcrung dieser unterirdischen Lager gegcn Luftangriffe würde sieh an solchen Stcll en aus tcchnischen Gründen kaum durchführen lasscn oder mit sehr hoh cn Kosten verbundcn sein.

2. \tVenn auf die Notwendigkeit hingewiesen wurde, bei drohender Kriegsgefahr all e Tanb gruppen bis zum Fassungsvcrmögcn der Tanb umwallung zu entleeren, so bestand doch niemals ein Zweifel darüber, daß diese Aufgabe zur Z eit sehr schwierig, an manchen Orten soga r undurch. führbar ist. Diese mir bekannte Tatsache konnte jcdoch nicht davon entbinden. zu nächst einmal die obige, unbedingt notwendige Forderung zu stellen.

Dic dann von ln g. Kaiser hinsichtlich ,der Siche. rung dieser M in cnl löle gezogencn Schlußfolgerun. gen, nämlich sie gegen Luftangriffe gcschützt zu lagcrn, sind naheliegend und müssen als ri chtig ancrkannt werden.

3. Es ist eine bekannte Tatsache, daß z. B. leere Benzinbehälter explosionsgef~ihr1icher sind als ganz oder nahezu gefüllte, weil in dcn ent leerten sidl leichter ein exp losives Benzindampf.Luft. gemisch bilden kann als in gefü llten, in deren rest. lidlcm Luftraum sich im a llgemcinen stcts ein größerer Benzindampfgchalt befindet als der obercn Explosionsgrenzo entspricht, nämlich mehr a ls 5 bis 6%. Ein solcher höherer Bcnzindampf. gehalt stellt sich auch in ein em Tank ziemli ch schnell nach dessen teilweiser En tlecrung wicder ein, was schon zu der leichtfertigen Auffassung geführt hat, daß beispielsweise in cinem untcr. irdischen Tank normalerweise gar kein explosives Dampf.Luftgemisch en tstehen könne. Dies ist aber auch in einem solchen nach Ent lee run g mög< lich. A uch er muß deshalb mit Wasscr gefü llt werden, wenn er sich in der Nähe bcwohnter Ge. bäude befindet. Ob dies aber auch bei abgesondert liegenden oberi r,dischen Mincralöl tanks nötig ist, bedarf noch der Prüfung, wob ci man auch an die Gefä hrdung der achbarschaft durch die in ei nem G roß tank vo rhandenen Wassermassen denkcn muß, wenn der Tank von einer Sprengbom bc zer. rissen wird. (Vgl. Zeitschrift "Feuerschutz" 1934, Heft 8, Tankbrand in orth Tivcrton tU. S. A.], wo am 1. oV0mber 1933 große Mineralöltanks durch Feuer ze rstö rt wurden, das durch Zerreißen cin es probcweise mit 14500 m" \tVasscr gefüllten geschweißten Tanks ve rursacht war.)

4. Der von Tng. Kaiser zum Schluß für Mincral. ölhöfe au fges tell ten zu sä tzlichcn F ordcrung nach u n t e r ir dis ehe r Lagerung muß man aus t rif. tigcn Gründen zus timmen . Ob aber d ie Aufbrin. gung und Verzinsung des Baukapitals n ach so einfachen Übe rl egungen mögli ch is t, wie Tn g. Kaiser s ie in seinem Aufsatz anstellt, erscheint sehr fraglich.

Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Aus­bildung im Gebrauch atemschützender Geräte Wilhelm H aas e - La m pe, Lübeck

Voraussetzungen und Ausbildungsrichtlinien. Wcr vor der durchaus eigcnartigcn Aufgabe

stcht, Menschen für den Gcbrauch atemschützen. der Geräte ausbilden zu müssen, der soll zunächst se lbst eine gründliche Ausbildung im Geräte. gebrauch hinter sich haben. Es genügt nicht, sich nur theoretisch mit der Technik des Atemschutzes zu beschäftigen und sich das praktische A usbih dungsergebnis als den rei fen Apfel vorzustellen, der dem fleißigen Theoretiker während der E rzie. hungsarbcit an anderen in den Schoß fällt. Der Ausbildendo muß selbst Praktiker sein; er muß physiologische Kenntnisse haben, und er muß Menschenkenner sein. Das gil t für die E rziehun gs. arbeit an a ll e n Gastrupps, die irgendwie akt i v tätig sein müssen; das gilt auch für die Gastrupps des zivilen Luftschutzes.

Aktive Arbeit unter Atemschutz ist Rettungs. a rbeit an Menschen und Material. Sie b edeutet schwere seelische und körperliche Belastung. Die für diese Rettungsarbeit auszubildenden Menschen müssen seelisch und körperlich geeigne t sein . Das Feststellen dieses Geeignetseins muß durch Ä r z t e gesch eh en, die auch Psychiater sein sollen. Sie dürfen der praktischen Gasschutzarbeit nicht fernstehen. Der ärztliche Befund muß sich auf eine

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genaue Kenntnis des unter Gasschutz zu Leisten. ,den gründen, oder er ist wertlos. Für das Fesb ste llen eines solchen Befundes brauchen wir den p r akt i s c h enG ass c hut zar z t'). J n mei. nem sehr großen \tVirkungskreis habe ich ihn systematisch heranwachscn lassen. Seine Zahl ist noch zu gering. Di e o twendigkeit der Me n • sc h e n a u s I es e für den Gebrauch atem. schützender Geräte verneinen, bedeutet und beweist ein gefä hrliches ichtkennen der bei An. wesenheit giftiger Gase zu überwindenden see. !ischen und körperlichen Hemmungen, von denen ein A temschutzgerä t trotz se iner hohen Schutzwir. kung nicht befreit; diese Hemmungen überwindet a ll ein der gesunde und richtig ausgebildete Gas. schutzmann unter kluger und zie lbewußter Führung. Ein durch ärz tlich e Un t ers uchun g für Arbeit unt er A t emsc hut z als ge. eignet er klärter Trupp ist die Vop a uss etz un g für e in en wirklichen End nutz en .der Ausbildungsarbeit und für das Gelingen aller B em ühun .

1) H, eraus darf jedoch keinesfalls das Erfordernis eines neuen ärzt­lich e n Spezialist enlums gefolgert werden; wohl aber ist es überaus wichtig, daß möglichst v i e ie Ä rzte im Gasschutz und im Gas­sanitä tsdi enst aus~ebildet werden. D. Schriftltg.

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gen für den Ern s t fall. Kompromisse sind auf Grund meiner Erfahrungen nicht tragbar. Wer Verantwortung trägt, muß Verantwortung untermauern.

Was soll der ä r z tl ich e Be fun ,d erkennen lassen?

Die ärztlich e Un tersuchung muß folgendes be~ achten: Der mit Atemschu tz auszurüstende Mensch erhält ein zusätzliches, künstliches Atcm~ organ, das Atemsch utzgerät, das der Einatmung und der A usatmung bestimmte W iderstände be~ reitet. Diese Atemwiderstände, die nach Bauart und Wirkungsweise des A temschutzgerätes ve r~ schieden sind, erreichen keine unüb erwindliche Höhe; sie sind in den mit weiten Luftwegen aus~ ge rüs teten Sauerstoff,Gasschutzge räten praktisch kaum merkbar, im Filtergerä t jedoch erz w i n ~ gen sie die besondere Beachtung des Gerätekon, strukteurs, des Chemikers und des Atemsehu tz~ Ich rcrs. Im Filte rgerä t entstehen A temwider~ stände von 8 bis 40 mm WS. Die Widerstands~ steigerung ist abhängig von Gebrauchsdauer des Atemfilters, Größe der Giftgaskonzentration und des Schwebstoffauftretens. Die Annahme, Atem~ wi,c1crstand spiele beim Gebrauch des Filter~ gertites k ei n c zu beachtende Rolle, ist irr i g. Es wird später darüber noch einiges zu sagen sein.

Der gesunde Mensch lernt Atemwiderstand n ach zweckmäßigen atemgymnastischen übungen sehr bald üb erwinden. 8 bis 10 % aller Gasschutz, praktikanten, die meiner Beobachtung anvertraut waren, konnten das nötige Gewöhnen an einen sich steigernden Atemwiderstand nie h t crrei~ ehen. Hier li egen wichtige Hinweise für die ärzt~ liehe Untersuchung. Sie muß feststellen: Gesund~ hcit der A temorgane und des Herzens; normalen Blutdruck; kein Epilep tiker; kein Alkoholiker; nicht geschlechtskrank ; keine Hautkrankheiten; kein defektes Trommelfell; nicht schwerhörig; nicht kurzsichtig; Gesundheit all er Kreislauf~ organe überhaupt; ungestörtes Nervensystem. Geeigne t sind gesunde, normal gebaute Männer; s ie sollen nicht unter 20 Jahre, nicht über 50 Jahre alt se in. I-lagere, sehnige Männer sind besonders geeignet; übermäßig fette, kurzatmige, mit Zwerchfellhochstand belastete Männer sind un~ geeignet. ebenso zu Tollkühnheit und zu unbeson~ nenen Handlungen Neigende.

Es wird oft an mich die Frage gerichtet, ob diese Forderu ngen an den ä rztlichen Befund nicht eine Übersteigerung bedeuten. Ich habe diese Frage stets ver ne i n t. Vielen noch, die heute als Atemschutzlehrer tätig sein müssen, fehlt die Erfahrun g des Ern s t fall es. Auch die Kriegs~ e rfahrun gen sind heute im Hinblick auf neue Gaseinsatzform en nicht mehr ausreichend. Die allgemei nen Ausb ildun gsricht linien aller Siche r~ heitsorganisationen (Grubenwehr, Feuerwehr, Po~ lizei, Rotes Kreuz) machen die Eignung für Arbeit unter Atemschutz von ärztlicher Men~ schenauslese abhäng ig. Das geschi eh t zur Siche~ rung der A ufgabenlösung und zum Stützen der von der Führung zu übernehmenden Verant~ wortung. Der wir d z um u n g I ü c k I ich e n Mann, der wegen unt e rbli ebener Menschenauslese e in en To ·desfall aus se in en Gassc hut ztr upp s melden mu ß!

Tritt oer ·durch ärztliche Voruntersuchung zu< sammengesteIlte Trupp an, dann darf nichts un< terlassen werden, was die Di s z i pli n der Prak< tikanten zu festigen geeignet ist: Pünktlichkeit auf die Minute, Aufrechterhalten größter Sauber<

keit in ·den Lehrräumen und auf dem übungsplatz, schonende Behandlung aller Einrichtungen und Geräte, Unterdrücken jeder Schwatzhaftigkeit, stille, feste Kamera·dschaft und unbedingte Ge; folgstreue gegenüber der Führung. Die deutsche Gasschutzindustrie hat in mühevoller Arbeit ihre Mithilfe bei ·der Ausbildungstätigkeit bereit< gestellt, weil sie an der Verantwortung für den Gasschutzgerätegebrauch mittragen muß. Sie ka.nn deshalb keine Halbheiten unbesprochen sein lassen.

Alle Ausbildungsarbeit für den Gebrauch atem< schützender Geräte hat zwei Hau p tz i eIe:

1. Vertrauen erwecken zur Schutzwirkung des Gerätes'

2. ,die Sch'utzwirkung des Gerätes beweisen durch Übungen in Gas, die dem Ernstfall möglichst angenähert sind.

Das Erwecken ,des Vertrauens zur Schutzwir< kung des Atemschutzgerätes muß zunächst er< strebt werden durch sachkundige Darstellung seiner Wir ku n g s w eis e und seiner S eh u t z < g ren zen. Es ist für uen sorgfältig arbeitenden Theoretiker nicht allzu schwer, die Bauart der heute gebräuch lichen Atemschutzgeräte zu erklä< ren; es sind ihm viele Mittel an die Hand gegeben worden, das experimentell zu tun. Aber seine Ar~ beit ist Stückwerk, wenn er nicht auch der Phy' siologie des Atemschutzes klärende Darstellung zu geben vermag. Es ist für den richtigen Geräte< gebrauch entscheidend, ohne jede Möglichkeit eines Mißverständnisses festzustellen und experi< mentell zu beweisen: Es gibt Atemschutzgertite, die den in einer unatembaren Raumluft fehlenden Sauerstoff nie h t ersetzen, und es gibt Atem~ schutzgeräte, die gegen Atemgifte und gegen Sauerstoffmangel durch selbsttätige Sauerstoff~ lieferung schützen.

Auf dieser Gl ie-derung nach Wirkungsweise und Schutzgrenzen muß sich jede Ausbildungsarbeit für den Gebrauch atemschützender Geräte auf< bauen. Für die betriebssichere Durchführung jeder Ernstfallarbeit ist ,die r i eh ti g e E n t sc h e i < dun g über die Art der zu benutzenden Schutz~ geräte bestimmend: Genügt der Schutz des Filter< gerii.tes oder verlangt ,die Sachlage den Schutz des Sauerstoff<Gassehutzgerätes oder des Frischluft< Schlauchgerätes? Nicht nur je-der Gastrupp~ führer, sondern auch jedes Mitglied eines Gas~ trupps muß die richtige Entscheidung finden können. Mitunter haben Gasschutzmänner ihr Leben hingeben müssen, weil die verlangte Enb scheidung mangelhaft oder falsch war.

Es ist nicht möglich, diese in die Ausbildung sorgsam einzuflechtende Aufklärungsarbeit ohne eigenes p h y s i 0 log i s ehe s R ü s t z e u g ge~ ben zu können. D er Atemschutzlehrer muß die seltsamen, zum Teil noch unerforschten Folge~ erseheim1n~en ·des Sau e r s t 0 f f man 14 eis, die physiologischen Rückwirkungen einer K 0 h ~ I e n s ä ure übe r r eie her u n g in Raum< oder Geräteluft darzulegen verstehen. Es gibt einfache Experimentaleinrichtungen, die ihm dabei helfen können. Die Beziehungen zwischen Arbeit und Sauerstoffbedarf, zwischen Arbeit und Kohlen~ säuremen~e der Ausatemluft müssen in klarem, beispielreichem Vortrag verständlich gemacht werden; -denn diese Beziehungen sind grundlegend für den Gerätebau und für das Verhalten des Ge< räteträgers in Ruhe und bei Arbeit.

Hat der Praktikant einen Einblick in die phy< siologischen Zusammenhänge erhalten, die ihm in der Regel ein ganz neues, wunderbares Wissen

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erschließen, ,dann ist se in Verständnis geschärft für die geistreichen Konstruktionen, die ihm Technik und Chemie des Atemschutzes in die Hand geben. Sein Vertrauen ist zunächst theore­tisch gewonnen.

Der p ra k ti s ehe Versuch, die üb u n g mit Ger ä t, muß .dieses Vertrauen festigen. Die praktische Ausbil.dungsarbci t für .den Gcräte~ gebrauch hat nun das Ziel, den für Arbeit unter Atemschutz geeignet befundenen Menschen · in der Beherrschung seiner seelischen un.d körpcr~ lichen Kräfte und in seiner Atmung dem zusätz~ lichen künstlichen Atemorgan, ,dem Gerät, a n ~ zu pas sen. Mensch und Gerät müssen eine p h Y si 0 lo g i s ehe Ein h e i t werden. Jetzt beginnt ,die schwerst,e Aufgabe der Ausbildungs~ arbeit für Lehrer und Praktikanten. Ihre Lösung kann nur erreicht werden ,durch überlegene F ü h ~ run g. Denn die praktische Übun g hat nicht allein .den Zw,eck, die vorgetragene Theorie durch Eigenerleben des Praktikanten unter Beweis zu stellen, hier ist auch die erste Möglichkeit ge~ geben, den Wert der ärztlichen Voruntersuchung. die Richtigkeit der getroffenen Menschenauswahl nachzuprüfen. Schon bei den ersten Vorübungen (An~ und Ablegen des Filtergerätes oder des Sauerstoff~Gasschutzgerätes) treten in der üben~ den Praktikantengruppe eine ganze Reihe unter~ scheidender Merkmale auf : Bei dem einen Unruhe und Zappeligkeit, bei dem anderen nachdenkliche Ruhe, hi,er laute, renommierende Unterhaltung, dort s tines, sachli ches Prüfen. Die Masken des Filtergerätes werden ver p a ß t. Obwohl das ohne angeschraubtes Filter geschieht und Frischluft durch die Öffnung des Anschlußstückes (25 mm Durchmesser) in ausreichender Menge heran~ geholt werden kann, zeigen sich bei neu r ~ ast h e n i s c h e n Praktikanten in der Regel die ersten Hemmungen. Neurastheniker werden von einem eigentüm lichen Lu f t h u n ger über~ fallen, der sich aus Paral1elwirkungen vermcint~ li-chc1' Abgeschlossenheit ergibt. Bleibt das Be~ streben, nicht aufzufall en, nie h t stark genug, ·dann reißen diese Leute die Maske vom Kopf; sie erklären, sie passe ihnen nicht. Stets treten diese Beobachtungen an den Führer der Trupps heran. Der Neurastheniker ist sein Sorgenkind. Er sieht oft runel und gesund aus; er kann Boxermuskeln haben; ja, er kann wie ein Held elaherschreiten -er will nicht auffallen; er weiß um seine versteck~ ten Schwächen, und er ist sonst ein guter, brauch~ barer Kerl. Eine aufger,egte Phantasie formt Bil ~ eier ohne Wirklichkeitswert. Und dann noch eine Maske.elie das Gesichtsfeld beengt, das Atmen unter vViderstänele bringt, die la n g sam größer werden. Eine to l1e Angelegenheit! Doch - der Mann r,eißt sich zusammen. Er fühlt sich von ·der stilI beobachtenden Führung erkannt. Nun gilt es, bei clen anderen nicht aufzufallen; die Uzerei nimmt sonst kein Ende.

Die Masken sind verpaßt; das Filter wird an~ geschraubt. Der Atemwiderstand erhöht sich auf 8 bis 9 mm WS. Bei Sehwebstoff~Filtern beträgt er vor der Beatmung sogar 18 bis 20 mm WS. Die Trupps stehen aus~erichtet vor der Führung. Nun ist es wichtig , den Atem~ rhythmus jedes Mannes zu prüfen. Das ist nicht schwer. Für die Ü bung wird die S ~ M a s k e b enu tzt. Sie besteh t aus Zeltstoff. d. h. hinter dem Zeltstoff als Außenhaut der Maske liegt eine gasdichte Gummizwischenschicht auf Perkal, der von einer Gummi,deckschicht im Mas~ keninnern gestützt wird. Diese Maskenstoffkom~

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bination folgt dem Atemrhythmus in leichten Be~ wegungen. Wer aus natürlichem Sicherheitsgefühl, das in seiner Gesundheit mitbegründet ist, in ruh i g e m Rhythmus atmet, der wird nur eine leichte Bewegung ·der Maskenwände erkennen lassen. Bei den Neuras thenikern .des Trupps, aber auch bei Flachatmem, bei unentdeckt gebliebenen Herzkranken beobachtet .die Führung ein tiefes Einfallen und ein übermäßiges Aufblähen der Maskenwände. Die Leute ringen in beginnender Krisenatmung nach Luft. Die Atmung steigert sich zur Kampfatmung. Sie hat im Totraum der Maske K 0 h 1 e n s ä ur e s tau u n g zur Folge. Der Atemluft wird dadurch ein bes timmter Koh. lensäure z usa t z zugeführt. Erhöhte Kohlen~ säurezuführung steigert den Antrieb des Atem~ zen trums. Das kritische Stadium bereitet sich vor. Der Praktikant ist überzeugt, ·e r S ti c k e n zu müssen, zumal dann, wenn ·er in Fortsetzung der Kampfatmung durch Ausspülen der Kohlen~ säure zu r Apnoc (Atemlosigkeit infolge Unter~ schrci tung des physiologisch abgegrenzten Koh~ Icnsäurereizes für das Atemzentrum) gelangt; er reißt ,die Maske vom Kopf und stöhnt: Sie paßt mir nicht; ich bitte um eine andere Maske. N ur nicht auffal1en!

Es ist möglich, auch mit diesen Leuten fertig zu werden. Ich habe jedoch stets dafür gesorgt, daß sie sich s till verabschieden konnten. Ich habe das nie ohne ä r z t I ich e Entscheidung getan, weil ieh keine ernsthafte Ausbildungsübung ohne ärzt~ lieh e Mithilfe dulde.

1st der Trupp von Unsicheren befreit, dann erst dürfen die atemgymnastischen Übungen begin~ nen. Sie sind wichtiger als jede Übung in Gas, denn auch unter clen Praktikanten, die die ärzt~ liehe und praktische Prüfung bestanden, bleiben Leute zurück, die in ihrer Atemdisziplin oft genug Rätsel aufgeben.

Die atemgymnastische Übung.

Sie kann für die Erziehungsarbeit nicht ent~ bchrt werden. Sie hat den Zweck, die At e m ~ tee h n i k der Praktikanten auf das angelegte Atemschutzgerät umzustellen. A ll e Geräte sind "Lungenkraftgeräte": Im Fi ltergerät muß die Ein~ atemluftdurch die Schichten des Filters ange~ saugt. die A usatemluft entweder durch das Filter abgeblasen oder durch ein Ausatemventi l (Atem~ widerstand 5 bis 6 mm WS) gedrückt werden. Im Sauerstoff~Gasschutzgcr~it wird der Kreislauf der Gerütcluft durch Saugen de r Einatmung und Bla~ sen der Ausatmung angetrieben. Es braucht nicht weiter dargelegt zu werden, wie wichtig für den nutzbringenden Gebrauch eines Atcmschu tzgerä~ tes ein d iszipliniertes A tmen seines Trägers ist.

Es gibt sehr vie le Männer,die ein tiefes Einatmen oder ein gutes Ausatmen verlernt haben. Es ent~ steht alsdann ein Atemtypus von geradezu ver~ rückter Eigentümlichkeit. Wir fassen diesen gan~ zen Komplex mit der Bezeichnung "F la c h ~ at m u n g" zusammen, obwohl beim Flach~Aus~ atm er durch Kohlensäurestauung periodenweises Ticfatmen erzwungen wird. E r selbst kann sich diesen merkwürdigen Zustand nicht erklären; er behauptet, mit seiner Lunge sei etwas nicht in Ordnung. Oft liegt die Grundursache in des Prak~ tikanten Bauch, dessen "Fülle" ihn zwingt, b ei Zwerchfellhochstand zu atmen. Es ist möglich, Flachatmung durch Atemgymnastik in gute Nor~ malatmung umzukehren. Bei Frauen habe ich eine ty pische Flachatmung bishe r noch nicht bemerkt.

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Ich habe nie versucht, für die a temgy mnas tische A rbeit cine besondere Ü b u n g s f 0 I g c vorzu ~ s chlagen. In D eutschland werden die Übungen in der Regel dem Fundus der Tu rn e r e i cnt~ nommen. Das ist durchaus zweckmäßig. Knie~ beugu, Rumpfbeuge (beides mit beg l.eitender Arm~ a rbeit), Liegestütz, Schwing~ und Sehwenkübun ~ gen, Laufschritt auf d er Stelle, Bewegungslauf~ schritt, Sturmlauf, Arbeitsübungen (Lastentragen, Las tenschieben, E rdarbeiten) oder S pi e I üb u n~ ~ e n (Me dizinball, Fußball , T auziehen usw.) , S t e i g ~ und K l e t t e r ü b u n ge n , G e l ä n d e~ In a r s eh , dann Locke run gsübungen - ,der klu ge Ubun gslcite r hat ,einen großen Spielraum in der Zusammensetzung der Übungs folge, die allerdings sys tematisch sein muß. A ller Kuddelmu ddel bringt U nsicherheit in die Trupps. Im Auslande treten andere Formen ,der a temgy mnas tischen Übung auf, dio sich an gebräuchliche Sportübun~ -gen an schli eßen. In H olland und Dänema rk dürfte Radfahren als atem gymnastische Übung e inge~ schaltet wel'den könn en. Mit den Übungen atem ~ -gy mnastischen Zweckes k önn en auch S u c h ~ ü b u n go n verbunden werden. Die Trupps werden mit Kapu zen versehen. A n irgendeiner Stelle des Übungs pl a tzes ertönt ein Gong oder ein e G locke. Über Hindernisse hinweg müssen die Trupps den Ort der Tonerzeugung zu erreichen ve rsuchen . Die Übung will Orientierungsve rm ögen prüfen oder wecken. Durch ein e H äufung schwieriger Hind ernisse k önnen Ge s ich t s f e Id ü b u n ~ .g 0 n organisiert werden. D er Atemsehutzprak~ tiker wird nie um gute Ideen verl egen sein .

'vVo lieg t nun das Z iel ,der a temgy mnas tischen ü bun g?

Das G rundkomm ando ist sehr einfach. Es l1eißt : Ruhi g atmen! Voll einatmen, vo ll ausat~ men! Es gelin gt in der Regel durch ,den T rick der Si n g ü b u n g, die Forderungen dieses Komman~ do~ schnell zu erreichen . D enn wer nicht di sz i ~ plinier t a tm et , der bringt keinen T on heraus, zu ~ mal unter A temwiders tand. Ich betrachte deshalb d ie Singübung als E in g an g s ü b u n g und b ringe die Singenden unter Beobachtung. D as E r~ gebnis ist s te ts lehrreich . Immer wird der Mann mit Zwe rchfellhochstand sein Lie,d nur h erunte r< brummeln ; die andern ve rsuchen, helle T öne in di o Maske hineinzuschrn ettem. D er Übungsleiter m erkt sich die Brummelnden .

D i,e ri chtig aufgebaute Übungsfolge soll nun eine langsame Mehrbelas tung mit einer Steigerun g der A temtäti gkeit bringen. A llm ählich we rden die T rupps reif für den Endve rsuch. E r bes teht dar in , die Übenden zu zwingen, e in e A t c m k r i s e i n de r Mas k e z u üb e rw i n de n , o hn e d e r V e r s uchun g z u unt e rli ege n , d as Ge r ä t v om K 0 p f z ur e i ß e n oder d ie Fin~ ·ge r zwischen G esicht und Maskendichtrahmen v,crs tohlcn einzuschieb en , um sich durch Nehen ~ a tmun g zu entlas ten. W er das tut, weil er glaubt, 'se in Befinden lasse ihm kein e andere Möglichkeit , sich vo r Ers tickungsgefahr zu schützen , d er is t für E rns tfallarbeiten in una tembaren Gasen un ~ j:!ceij:! nc t; er muß ausscheiden. D er gesunde, di szj ~ pliniert a tmende Mensch kann s ich in jedem A temschutzgerät heutiger Bauart von einer Atem~ krise erholen, wenn er sich richtig ve rhält. Er~ kennt der AusbiJ.dende, ,daß ,die Übun g die A tmung seines Trupps bis zur Krise steigerte - die Mas~ kenwände beweg,en sich in schnell em Rhythmus auf und nieder, die Ausatemventile klappen in schnellsten Bewegungen gegen die Anschläge, iiber dem Trupp liegt es wie Windesrauschen -,

da nn gibt er das scharfe Kommando "H aIti ". D er Trupp steht wie angewurzelt. N un kommen die kriti schen A ugenblicke. W er nicht schon in der Steigerung der Übun gsarbeit ausschied, der muß jetzt Farbe b ekennen. Ich hab e es immer wieder erleben müssen : 5 bis 10 % der Praktikanten s treckten die W affen. Is t für d ie Übriggeblie~ benen di o Krise abgeklungen , dann folge eine ge~ eignete Lockerungsübung.

Tch höre noch oft die A nsicht äußern, ein übungsgemäßes H erbeiführen von A temkrisen be~ deute eine Übun gs ~ Ü b e r s t e i ge r u n g. - Ich werde eine solche A nsicht nie zu der meinigen mach en. Gewiß, es wird keinem gut geführten un d diszipliniert hande lnden Trupp einfallen , Ernstfallarbeiten in giftigen Gasen grundsät zlich im R e k o r d t e m p o durehzuführ,cn. E r wird be~ sinnlich zu W erke gehen . A ber, wer schwere Ernst fall a rbeit kennt, de r weiß, er kann sich einer Sachl age gegenüber sehen, die ihn zu entsehei~ dender H öchs tleis tung zwingt, wenn ,die A ufgabe gelös t oder das eigene Leben erhalten bleiben soll. A ls die Gasdisziplin im Felde n och nicht die Fes ti gkeit erreicht hatte, die sehr bal,d .den d eut~ sehen Frontkämpfe r ausz,cichnete, ve rlor die Truppe manchen Kämpfer, der in .der Atem~ kriso die Maske abriß oder Neb enatmung ve rsuchte. D amals brachte ich in die Feldanwei~ sun g R das Rufwort "S t e h e s till un d s am m I e d i c h !", das b ei der im Felde nie zu ve rm eidenden A temkrise unter A temschutz daran eril1 ncrn sollte : Du kanns t jede A temkrise unter der Maske überwinden , wenn du den Mut h ast , dich einen A ugenblick ruhig zu verh alten. "Hin~ legen und abklingen lassenl D ann wieder los I" Dieses Rufwort is t von de r A usbildun g für Atem~ schutz auf der gan zen E rd e übernommen worden ; es s teht an den W änden vieler Rettungsstell en, weil es der Schichtmeister Mo ritz K n a u t h in Oelsnitz (E rzgebirge) aus der Feldanweisung R wieder ausg rub . W er Tote mitbegraben mu ßte, die unter seiner Gasführun g ums Leben k amen, der weiß wie ich, was gemeint ist . Lernt die A temkrise unter der Maske überwinden und Ihr seid Gas~ schutzleu tc ! H albausgebildete Rettungsmann~ sehaft en des Bergbaus , die n ach Schl agwetter. explosionen unter T age Mithilfe leis ten sollten. Ersatzmannsehaften der Feuerwehren, die auf Brands teIl en mit ein gesetzt werden mußten - sie haben imm er wie der Erfüllung ,de r A ufgabe, das eigene Leben und das Leben de r T ru ppkameraden aufs Spiel gese tzt , als sie in ,der A temkrise das En de aller Dinge gekomm en glaubten , die Masken herun tcrhol ten oder di e A temmun ds tücke aus dem Mu nde ri ssen und davon zul au fen ve rsuchten, ni ederbrech en d, in weni gen M inuten to t. Mi t un~ sägli eher Mühe mußten s ie von Kameraden des eigenen T rupps geborgen we rden . Es is t d ie hei ~ ligs te Pflicht aller A usbil dungsarbeit für den Ge~ brauch a temschützender Geräte, solch e Vor~ kommni sse seltener wer,den zu lassen. D enn sie sind h euto noch zu zahlrei ch!

Die Betrachtung de r A temkrise im Gasschutz~ gerä t führt uns wieder zurück zu p h Y s i 0 1 0 g i ~ s e h e n Se i t sa m k e i t e n , die der Übungs~ leiter k ennen muß ; e r weiß sich sonst das Auf~ treten a n s t e e k e nd e r P s y eh 0 se n nicht zu erkl ären.

W ährend der A temkrise unter ,der gut verpaß~ ten i\1aske kommt ,der Praktikant zu leichter o b erd ru e kat m u n g, weil die Entlassung der Ausatemluft durch das Ausatemventil der in den Totraum der Maske hin ein geblasenen Luft~

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menge nicht ganz zu fo lgen verm ag. D er Masken~ trägc r ha t das Gefühl , se ine A usatemluft nicht loswcrdcn zu können, ob wohl von ein em be~ s ti mm ten Überdru ck an überschüssige Ausa tem~ luft am Dich t rah mcn de r Maske entweicht. Immcrhll1 is t der A usa temwiders tan d grö ßer als bei normaler Inanspruchn ahme des Ausa tem~ ventils, das - wie schon gesag t - unter einem A temwi de rs tand von 5 bis 6 mm \VS a rbeitet. E in a t emw i de r s t a nd w ird a ll ge m e in l e i c ht e r üb e r w u nde n a l s A u sa t c m ~ w i d er s t a n d.

Z ugleich k ommt cs in dem an sich ge ringen To t raum de r Maske zu einer K 0 h I e n S ä ur e ~ s t a u u n g (Kohl cnsäure als Bestand tcil der Aus~ atemluft). Kohlensäures tauung im T otraum der Mas ke bedeutet e rh ö h t e n A n t ri e b s r e i z fü r das im ve rl änger ten Ma rk liegende Atem zen~ t ru m. D as sei in ku rze r phys iologischer Dars tel ~ Jung erklä rt:

D e r no rm ale A temp roze ß is t so rej!uli ert, daß ein kons tanter Prozentsa tz von Kohlensäure (5,6% im D urchschnitt) in der Lungenluft enth a l ~ ten bl eibt. N imm t die Kohl ensäureprod uktion des A tm en den durch Muskela rbeit zu oder wird sie inn erh alb d er A temwege eines A temschutzge rätes auFges taut, so erh öht s ich di e Frequ en z der At~ mung, um den physiologischen Stand ardgehalt der Lungenluft, das sin d 5,6% im Durchschnitt , durch ve rs t ~irkte A usspülung im W ege erh öhter Atem~ fr equ enz zu crh altcn. D as is t cin wun de rb arcs Regulativ de r Schöpfun g! Die Reguli crung fü r den Kohl ensäures tandard in de r Lun genluft Finde t so I1c nau s ta tt, daß eine Ve rrin ge rung des Stan ~ da rdgehaltes um 0,2% A temlosigkeit (A pnoe) e r~ zcugt, wäh rcnd eine Z unahm e von 0.2% dic A tem~ frequenz vcr·doppelt. Es ist deshalb unerl äß li ch , dcn Auszubil denden das Wcsen dcr A pn oe kl ar zu machen und sic an das Komm ando von der Flande rnF ron t zu erinnern: "S teh e still un d sam mle di ch !" . Die Notwcndi j!keit der a temgymn as ti schen Ob unj!en dürfte hiermit aUgcmein ve rständlich gemacht sein .

A ls t jbungsgerä t galt für di e bisheri gen Dar~ legun gen vo r allem das Filterge rät (Gasmaske mit A temfilter) . D ie A usbildung fü r den Gebrauch des Sa u c r s t 0 f f ~ Gas s e hut z ge r ä t e s be~ da rf de rselben a temgy mnas tischen V orübungen , di e wir für di e A usbil dungsarbeit im Filte rgc rä te ~ gcbrauch in A nspruch genomm en haben. Es k ommt hi er jedoch man cherlei hinzu .

Wie bereits gesag t wurde, k ann der Gas~ sch utzma nn im Sa u c rs to ff~Gasschutzgerä t einen pr a kt i s c h in Bet racht kommenden A t e m ~ wide r sta n d n ic ht f es t s t e ll c n. Nach den amtli chcn Richtlini en für di e Z ul assun g von Gasschutzgerä ten im preußischen Bergb au, di e eine bes ti mmen de Bedeutun g für ganz Dcutseh ~ land ein schließ li ch de r Saa r h aben, darf der W iders tand ein es Sau ers to ff~Gasschutzgerä tes mit fri scher A lkalip atrone bei der A rbeit, und zwar bei einem Lu ftverbrauch von 50 l/min , n icht mehr als 50 mm U nterdruck und ni cht mehr als rund 75 mm Überd ruck betragen . Die Übe rwin ~ d ung dieser Drücke, die wesentlich höher sind als im Filterge rä t. wird durch die W e i t e und durch di e A u s d e h nun g der Luftzirkula ti onswege des Sau e rs toff~Gassehutzgerä tes so weit e rl eich ~ tert, daß un erfahrene G erä teträj!e r sich immer wieder zu der Frage veranlaßt füh len , ob das Ge~ rä t nicht irgendwo ein Loch habe. Die Entlastung vom Atemwi.derstand kommt der Arbeitsleistung

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zugute. D er A usbil dende muß d as wissen. Er kann deshalb sein e P raktikanten, die durch die Au s;' bildungsschule mit Filterge räten gingen , nun unter a temgy mn as tische Übungen bringen, die noch an­spruchsvoll er s ind als zuvor.

I-Tie rbei ist folgendes in Rechnung zu s teUcn : Das Saue rs to ff~Gasschutzge rä t ist w es e n t ­li e h sc h we r e r a ls das Filtcrge rät. D as T ragcn des Kr,eislaufgerätes bcdeutet demn ach von vorn~ hcrein ein e zusätzli che A rbcitslcis tung gleich dem T ragen des gepackten "Affen" für den Fcld~ soldaten. D as Gewi cht eines F ilte rger~it es sch wankt zwischen 0,650 bis 5,000 kg. D as Ein­s tund cnge rii t für Sau e rs to ff~Gasschutz erreicht ein Gewicht von ]4 kg. das Z weis tundenge rät ein Gewich t vo n ]7 kg. In dieser Belas tung durch Mehrgewich t gegenüber dem Filterge rät würd e ein b esonde res Rücksichtnehm en bei der Orga ni~ sa ti on der atemgy mnas tischen A rbcit beg ründet li egen, wenn nicht der Ge r~i tekons trukteu r in O e u t s chi a n d bes trebt gewesen wäre, das T ragender Las t ,durch ein sinnvolles Ges talten de i' T rag fl ächen des Gerä tes un d sein er H altevor­richtun gcn, durch Anpassen der Ger ~i t eform an den Körperb au und an d ie für die A rbeit im Ge­rät in Betracht komm end en Bewegungskomplexe zu komp ensieren . Das ist dem deutschen Ge rä te~ bau fü r Sau e rs to ff~Gassehutz in einer A rt ge~ lungen, die in der Gasschutzgeräte technik des Ausland es k e in Gegenbeispiel ha t. D as Fehl en eines prakti sch wahrn ehmbaren Atemwiders tan ~ des wurd e ,demnach durch di e auftretende Ge­wi ch t s ~ und Belas tungsvermehrung keineswegs wer tlos ge macht. Die Behauptun j! , für d ie E r~ ziehung zum Gebrauch des Sau e rs to ff~Gasschutz~ ge rä tes die a temgy mn as ti sch e A rbeit s t c i ge r n zu dü rfen. bes teht deshalb zu Recht. Sie wi rd in der A usbil dungsprax is des Ber,gbaues, der H üt ten­indu s t rien. un d de r Feuerwehren auch befolgt . D enn hi nzu kom mt die e n e r g i e s t e i ger nd e W irkunQ eies E in atm ens rein en Sauers toffes, ein in de r E rns tfalla rbeit segensreiches Moment .

f ür den Entwurf einer E rn stfall üb u n j! darf ni cht au ßer acht gelassen werden, zu überlegen, in welehen A usmaßen d er Körpe rumfang des Praktikn nten durch das Sau e rs to ff~Gasschutz­ge rät am Rü cken zunimmt. Querschnitte, di e mit dem Filterge rät ohn e Rücksicht auf Um fang der Schutzausrüs tun g befnhren werden k önnen , ve r­lan gen, wenn ilire Üb erwin dun g mit dem K reis< laufge rä t nötig wird , ein c besondere A usbildun Qs­art . D er Ge räteträger muß lernen - unter Ein­sat z s trengs tcr Atem~ un d Bewegun gs disziplin - , das Sau e rs to ff~Gassehutzge rätdurch en ge Qu er­schnitte vo r weg z u s c hi e b e n , 0 h n e die Verb indun g zu sein en A temorganen durch Un~ di chti gkeiten un d Locke rungen zu gefä hrd en . D er A temschutzlehrer k ann diese Vorübun gen durch ein fac he Behelfsmittel prak tisch wertvoll gestal­ten . oder Cl' kann geeignete Übungsobj ekte aus­suchen.

D er Geräteb au des Sauers toff-G asschutzes hat gegenwä rtig durch eine Ne u k 0 n s t r u k t ion d er lun ge n a ut o m a ti s ch e n Sa u e r ~ s t 0 f f d os i e r un g eine techni sch - physiolo­gischo Verbindung zur A tmun g des G erä teträge rs erreicht, di e höchs te A rbeitsleistun g gewähr~ leistet , we nnd e r Ge rät e tr äge r e in für di e z u l e i s t e nd e A rb e it gee i g n e t e r M e n s ch i s t und wenn ihn. das V o rhandensein gifti ge r Gase und das Auftreten schwerer see­lisch er Eindrücke nicht unter H emmungen bringen .

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Der Mann unter Sauerstoff~Gassehutzgerät öffnet das Verschlußventil des Sauerstoffzylin~ ders; sofo rt befindet er sich unter Schutzwirkung des vorher auf Dichtigkeit und Sauers toffvorra t gep rüften Ge rätes : "Vor dem Gebrauch prüf dein Ge rät, ,dein Leben auf dem Spiel sons t steht! " Dies gilt auch für Filtergeräte.

\Vi r haben F~ille tiefs ter Tragik, Fälle uner~ warteter Dispositionslosigkeit, Fälle des Leicht~ si nns und Fäll e erlebt, die sich aus schl ech ter Ausbildung entwickeln mußten, in denen das öffnen des Verschlußventils am Sau c r s t 0 f f z y I i n der vergessen, aus fal~ sehen ökonomischen Neigungen unterl assen oder in ein er Welle neurasth enischer Aufregtlng außer Betracht geb li eben war. Wir haben erlebt, daß, wenn Prominente die Front einer Gasschutzmann~ schaft abschritten, Mitglieder dieser Mannschaft kurz nach dem Passieren der bes ichtigenden Gruppe schlagartig zusamm enbrach en, weil sie ve rsäumten, das Ge rät durch öffnen des Sauer~ stoffve rsehlußventils in Schutzwirkung zu brin~ gen. Die Zahl der Toten, die eine r au sbild ~ neri sehen oder einer persönlichen Unterl assungs~ sün de gekenn zeichneter Art zum Opfer fielen, is t nicht ge ring.

Physiologisch ze igt sich folgender Vorgang: Wird bei angeleg tem Sauerstoff~Gassehutzge rä t ve rgessen, das Verschlußventi l des Sau e rstoff~ zylind ers zu öffnen, so zehrt die Atmung wäh~ rend einer kurzen Zeitdauer, die individuell ver~ schi eden ist, von dem Sauerstoff, der in der von den Hohlräumen des Gerätes umschl ossenen Luft at m 0 S P h ä r i s ehe r Zusammensetzung ent~ halten is t. Die Kohlensäure der Ausatem luft wird in der A lkalipatrone gebunden. Sinkt der Sauep s toffgehalt der Geräteluft auf 8 bis 10%, so treten di e ersten Anzeichen der Sau e r s t 0 f f m a n ~ gel wir k u n g auf. In der Regel versagen zu ~ ers t die G li ed maßen: dann folgt ein Versagen der Sinne. Hai dan e glaubt, erkannt zu haben, der Gehörsinn sei der letzte der schwindenden Sinne ; das Versagen der Fähigkeit, in ra tionell er Art zu denken und zu handeln, gehöre in 'Wirklichkeit zu el en ersten Symptomen der Sauerstoffman gelwip kung, die in der Atemschutzpraxis als "S t i c k ~ s t 0 f f na r k 0 s eH bezeichnet wird, obwohl es sich keineswegs um narkotische vYirkungen han~ delt. D er im Gerät unter Sau crstoffm an gelw ir ~ kung stehende Mensch wird sich der drohenden Lebensgefahr ni e h t be w u ß t , weil ihm sein Zustand die aufkommenden Symptome ver ~ he im I ich t. E r h at vielmehr das Bestreb en , ,das un entweg t weiter zu machen, was er gerade tut. Er empfindet eine eigentümlich e Lebensste i ge~ rung: er glaubt Musik zu hören ; lockende Bil,der umgeben ihn - diese Erscheinungen sind nicht immer gleich, aber sie gaben der Sau e rs toff~ mangelwirkung die physioloj:!iseh falsche Bezeich~ nun g "Stickstoffnarkose". Sehr bald tritt Bewußt~ losigkeit auf; der Geräteträger fällt wie ein abge~ schlagener Baum um - in ,der Regel k ein Insieh ~ l. usammensinken, sondern ein Langhinschl agen. Is t niemand da, der den Mann aus dem gcfähr~ li chen Atemkreislauf befreit oder das Versehluß~ ventil des Sauerstoffzylinders öffnet und Sauep s toffzusatz mittels Druckknopfventil gibt, dann geht der Geräteträger in fa tamorganahafter Scheinwelt in den Tod hinein. Gelingt die reeht~ fie iti ge Befreiung aus dem gefährlichen Kreislauf. dann is t dem Mann keine Erinnerung der Vor: gtinge eigen. Er schlägt die Augen auf, blickt er: staunt oder ä rge rlich um sich , sp ringt auf und hat

di e Neigung, die ihn umgebenden Helfer mit Vor~ würfen zu überhäufen. Mi t Mühe gelingt es, ihm die Sachlage zu erkl ä ren .

Es sei gesagt : Ä hnliche E rscheinungen spielen mit, wenn z. B. ein Kohlenoxydfiltergerät ver~ wendet wird, wo Schwe lbrände unter Tage oder in Kellern zu bekämpfen sind un d der Sauerstoff~ gehalt der Raumluft unter ]5 % absinkt.

Die Ausbildung muß ,deshalb in erster Linie darauf ger ich tet sein, eine kor r e k t e Be die ~ 11 U n g des Sau e rstoff~Gasschutzgerätes zu er~ reichen. Bedienungsübungen können nicht oft ge nug wiederholt werden. Der Praktikant muß die Erscheinungen der "Sti cks toffnarkose" ,durch sorg~ same Aufklä rungsarbeit kennenlernen.

D er Gerätebau will Zufälle aus Sauerstoffman~ gel unm öglich machen. E r rüstete deshalb in aller~ letz ter Zeit Sauerstoff~Gasschutzge räte mit einem War n s i g n a I aus, das unter dem Blasdruck der A usatmun g sofo rt laut ertönt, wenn versäumt wu rd e, das Verschlußventil des Sauerstoffzylin~ ders zu öffnen.

Die Ernstfallübung in Gas.

Wer E rn stfallübungen in Raueh ~ un d in Reiz~ gasen durchführen will, der k ann diese Üb ungen ni cht im Freien anordnen. Er braucht dazu eine Gaszell e, einen Übungs raum oder eine Übungs~ strecke, alles ste ts gut verschließbar und mit guten Sich tmöglichkeiten von außen (Beobach~ tungsfcnster). Es ist zu unterscheiden zwischen Gasze ll en, die nur einer Prüfung des Dichtsitzens der Maske d ienen soll en, und Übungsräumen oder Übungsst recken, die außerdem Bewegungsübun~ gen und Arbeitsübungen gesta tten. M it einfachen Mitteln sind Gaszellen überall bereitstellbar. Übungsräum e und Übungss trecken verlangen so rgsame Überl egungen und e inen sinnv ol len Ausbau. E r kann in vielen Fällen mit einfachen Mitteln geschehen, jedenfall s mit manchem Alt~ material, das auf Werkplätzen und in AbstelI~ räumen lager t.

.Jedo E rnstfallübung soll ein be s tim m t e s 7., i 0 I haben, das eine Arbeits~ oder Rettun gsauf~ gabe ei nschließt. Der Ausbildende darf niemals den Versuch dulden, Praktikanten wie eine Ham~ melherde durch eine ve rgaste Strecke zu schicken. Das bedeutet eine ve~h än gnisschwangere Spie~ lerei . Übungs räum e oder Obungsstrecken sollen mit E inrichtungen ausgerüs tet sein - sie lassen sich auch improvisieren -, ,die Hindernisse dar~ bieten, zu Aufräum~ und Durchbrucharbeiten zwin gen oder Transportarbeiten verlangen. Es ist nicht nö ti g, diese E inrichtungen mit Raffinem ents auszustatten. Es kommt darauf an, die Übenden zu Geh~ , Gebücktgeh~ und Kriechübungen zu ver~ anlassen. Die Übungsanl age soll verd unkelt wer~ den könn en, ohne die Leitliehter der Notausgänge mitauszuschalten. Sie soll den Praktikanten Alarmeinrichtungen an die Hand geb en, um Hilfe von außen heran rufen zu können; sie soll auch sons t Verständigungsmöglichkeiten mit dem Außen kommando schaffen. Wer ein e größere Obungsstrecke einzurichten beabsichtigt, soll nicht versäumen, die heute an zahlreich en Orten Deutschlands vorhandenen Musteranl agen zu stu ~ dieren.

.Jede E rnstfallübun g in Gas verlangt ein e g ut e o r g a n is a t i o n. Sie soll den Übenden ein Stück Praxis vermitteln, kein Theater. Ich h abe diese Organisa tion nach den Vorbildern aus Berg~ b au und Feuerwehr ausgebaut und einen große n Obungsnutzen für zehntausende Gasdienstführer

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era rbeiten geholfen. Fes tgehalten wurde an de r T ruppeinteilung zu 4 Mann und 1 Führer. Es wi rd nie mehr als ein Trupp in die Strecke geschi ckt , se i sie lang ode r kurz . D as A usbildungsziel war, jede n T ru p p vom A ußenkommando zu lösen un d ihn unter d ie eigene Führung zu bringen. Voraus; setZlI ng hie rfür is t die richti ge Führe raus lese . Ich habe ni e ge ruht. bis dieses Z iel e rreicht wa r.

Es ist Brauch geworden, Übungs räume und Übun gss trecken mit T r ä n e n g a s (Brommethy l ~ äthy lketon = Bn~S to ff) zu beschicken. Für Übun; gen mit 1 ebelfiltereinsä tzen da rf dieses unsiehb ba re Gas mit etwas Salmiakraueh .. gemischt" wer~ den , um den Beg ri ff .. ,dicke Luft" zu schaffen. Rauchzusatz soll unterbleiben, wenn einfach e In~ dus t ricfilter ve rwendet werden . Für Übungen mit Sau e rs to ff~Gassehutzge rä ten darf der Raueh ~ zusatz beliebig s ta rk sein . Bn.Stoff is t ein Gas mit Reizw irkun g n amentli ch auf d ie A ugen ; Salmiab rauch is t unschädlich. D as Ve rwenden giftige r Gase für Übungszwecke habe .ich nie geduldet. Bei hohem Z usatz von Salmiak rauch und gleich. ze itigem A bdunkeln der Übungss trecke so ll en den Praktikanten Handlampen mitgegeben werden.

D er Übergang von der a temgymnas tischen Obung zur Ü b u n g in Gas bringt jedem An. fänge rtrupp seelische Beunruhigung. Die Mann~ schaft ist s till und in sich gekehrt. Noch einmal tauchen unsichere Kantonisten auf. Sie verlangen wiede rholt ein Nachprüfen der Dichtigkeit ihr,es Gerä tes; für den aufsiehtführ,enden A rzt haben sie noch manche ve rtrauliche Frage. Die ve ranb wortliehe Führung stellt still die Trupps fest , in denen sich b edenklich geword ene Mitglieder zeig< ten . Sie we rden während d er Übung unter Sonoer. aufsicht genomm en , denn in der Regel lieg t in diesen T rupps der H erd ZlI irgendeiner P s y • c h 0 se, die sich , wenn ,die Selbs tführung des Trupps versagt und das A ußenkomm ando keine V erbindung zum Innern der ü bungsstrecke hat , der ganzen übenden Mannsch aft bemächtigen kann . Mit der strenger gewor,denen Menschenaus. lese und mit dem sorgsamen A usb au de r a tem. gy mnas tischen ü bungen ist das A uftreten solcher Störungen seltener gewoI'den. iemals ab er dür. fen sie bei der Führung einer E rn stfallübung in G as außer Rechnung ges tellt werden. Psychosen

kommen wie der bekannte Blitz aus heite rem [-lim mel. Bei A nwesenheit eines A rztes können sie in der Regel schnell b ehoben werden un d als aufkl ärende Beispiele V erwertung finden. T rupps, die ihre ers te A rbeit in Gas übungs treu verrichtet haben. kommen imme r mit gehob enem Selbs t. bewuß tsein heraus. Sie gewannen das nötige Ver. trauen zum Schutzgerät und zur Leis tun gsfähi g. keit ihres eigenen Körpers.

N un dü rfen die Einrieh tun gen der ü bungs. strecke in Gang gebracht we rden, die gewisser. maßen J ervenzerreißproben herbeiführen soll en: Donnernde Z usamm enbru chgeräusch e, Sirenen. geheul , Einschl agge räusch. A uch hier kann der fi nd ige ü bun gsleiter seine A bsicht durch einfache Mittel erreichen. E r hüte sich vo r Übers teigerun. gen, wenn di eser Teil der ü bungen erns t genom. men we rden soll. A ls Schlu ßübun g lasse er im. provisierto Rettungsarbeit an Lede rpuppen oder an Menschen durchführen. Diese Übung bede utet. wenn sie hilfegerecht ge leis tet wird, höchste kör. pel'li ehe Beanspruchung der ü bendcn.

Schlußwort der Schriftleitung.

Vors tehend hat ·der b ekanntc Fachm ann un d Lehrer auf den Gebieten des G rubenrd tungs. wcsens und ,des Gasschutzes seine in jahrzehnte. langer Ausbildungsarbeit gesammelten persön. lichen E rfahrungen zusamm engefaßt und b ekannt. gegeben. Seine temperamentvollen Fo rderungen bezügli ch V o r a u s se t z u n ge n und L e i • s tun ge n mögen man chem übers teigert er. scheinen. D emgegenüber steht jedoch zu be. denken, daß di e Entwicklung des zivilen Luft. schutzes in all en Ländern a uch ein e Gasschutz. ge räteschulung der ä I t e r e n G eneration unter Berücksichtigun g schwierigerer V erhältnisse er. zwingen wird. un sind aber die E rfahrun gen d es Krieges und des Fri edens in der G asschutzau sbiI. dung nahezu ausschließlich auf jüngerem, krä f. ti lle m und gesund em Menschenmaterial aufgebaut wo rden und die V orausse tzungen für die Sehu. lung älterer Personen noch recht wenig geklärt. Die Erkenntnisse und Hinweise des V erfassers geben uns gerade in letzterer Richtung mancher. lei W ertvolles. N eues und Grundsätzliches.

Auslandsnachrichfen

Luftmanöver und Luftschutzübungen in Belgien Di e Reihe der di es jährigen großen Luftm anöver in

all er Welt') fand A nfang September in B e l g i e n ihre I'o rtse tzung. Die belgisehen ü bungen begannen am 1. September mit ein er belehrenden und propagandisti­schen Zwecken di enenden, großen, nächtlichen Schau­übung auf dem B r ü s se i e r Flugplatz. Es wurden zu­nächst das Z usa mmena rbeiten der Scheinwerfer unter­einander, sodann ein Gefecht ein er MG.-Abteilung mit Flugzeugen unter Verw endun g vo n Leuchtfall schirmen vorgeführt. W ei ter folgten eine Beschießung von Flu g­zeugen durch Flaks, die von Scheinwerfern unterstützt wurden, schli eßlich ein V erfolgun gsgefecht zwischen den im Scheinwerferlicht festgeha ltenen angreifenden Bombern und zur V erteidigung aufgestiegenen Jagdflu g­zeugen. Ein aufgebautes Zieldorf wurde dabei von d en Bombern erfolgreich mit Bomben be l e~ t und ging in Flammen auf. Den A bschluß der Vorführun gen bildete ein nächtliches V erbandsexerzieren der Geschwader in der Luft mit eingeschalteten Positions- und Lande­Iichtern , um d er Bevölkerun g zu zeigen, daß di e Piloten

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auch bei vö lliger Dunkelheit ihre Maschinen vollkom­men beherrschen. Die Pausen zwischen den Vorfüh­run gen wurden zu E rklä rungen und Belehrungen mittels Lautsprecher benu tz t, so daß den begeisterten Zu­schauern di e Z eit ni cht zu lang wurd e. Das nächtliche FlugFest, zu dem zahlreiche ausländi sche Diplomaten und Sachve rständige, u. a. auch deutsche, erschi enen wa ren, ist als ein volle r Erfolg der mitveransta ltenden "B e I g i s eh e n Lu f t s c hut z I i g a" in propagan­di sti schem Sinne zu we rten.

Die eigentli chen Lu f tm a n ö v er dauerten vom 5. bi s zum 7. September. A ls Einleitung di ente ein Angriff auf B r ü s s e i am V ormittag des ersten ü bungstages, der in fol ge unsichti gen W etters unbehindert von der A bwehr durchgeführt werden konnte. Dieser e rste An­griff di ente programmgemäß der Erprobung des Se i b s t­sc hut z es der Zivilbevölkerun g, der von der "BeIgi­sehen Luftschutzliga" organisiert wird . Ein zweite r An­griff am achmittag des gleichen T ages galt dem städti-

1) VgJ. " Gasschut z und Luftschut z" 1934, Augusth cf t . S. 211-212: Septemb erh eft , S. 241-243.

Page 21: Gasschutz Und Luftschutz 1934 Nr.11 November

sehen Gaswerk. Die Luftangreifer wurden rechtzeitig gesichtet, gemeldet und bereits vor dem Angriff von Verteidigun gs-Jagdstaffeln zu einem für letztere erfolg­reichen Kampfe gestellt. Zur E rprobun g des Wer k­lu f t sc hut z e s wurde der vorgesehene Ang riff auf das Gaswerk aber denn och durchgeführt. Die Zusammen­arbeit zwischen Werk- und städti scher feuerwehr so­wie den Sanitäts- und Entgiftungskolonnen des "Bel­gisehen Roten Kreuzes" vollzog sich reibungslos.

Für die ansch li eßenden Nachtübungen ha tte die Poli­ze i das restlose Auslöschen aller Lichter für Mitter­nacht angeordnet. Auch Autos und Straßenbahnen mußten völlig verdunkeln und durften nur mit einer Geschwindigkeit von 5 km /Std. fahren. Als gegen 0,30 U hr der Angriff erfolgte, lag die Stadt in so tiefem Dunkel , daß die Bomber ihr Ziel, einen Brüsseler Bahn­hof, nicht erkannten, obwohl sie da rüb er hinwegflogen. Der Zugverkehr wurde bei abgebl endeten Lichtern in normalem Um fange durchgeführt, die Signale waren nur für das Zugpersonal, ni cht aber für die Flieger wahrnehmbar.

Ein Angriff in der fol genden Nacht ga lt der Brüsseler A ltstadt. Auch hier ge lang die Verdunkelung \'011 -kommen. Infolge einsetzenden starken Bodennebels er­reichte nur ein flugzeug, und dieses nach stundenlangem Um herfli egen, das Ziel, während das Gros des Ge­schwaders die Stadt völlig verfehlte und somit unver­richte ter Dinge umkehren mußte. Dagegen wurde am anschließenden le tzten Obungstage ein recht er fo lg­reich er Angriff auf einen Mi I i t ä r t ra n s p 0 r t aus­geführt.

Die Ergebnisse der belgisehen Luftmanöver lassen sich im wesentlichen folgendermaßen zusammenfassen : Die Luftangriffe, die bezeichnenderweise sämtlich von Osten her erfolgten, haben bewiesen, daß der Angreifer nie h tim m erden Vorteil auf seine r Seite hatte. Diese Erkenntnis steht somit im Gegensatz zu den aus den fran zös isc hen Augustübungen gezogenen Schluß­folgerungen") Der bel gischen Bevölkerung sollte augen­scheinlich bewiesen werden, daß sie sich auf die vor­zügliche Luftverteidigung ihres Landes verlassen könne, daß aber Belgien - vor a ll em im Hinblick auf seine geographische Lage - bei weitem noch nicht genügend Flugzeuge zur Verteidigung besitze.

Französische Vorschrift über Verkauf von Gasmasken und Atemschutzgeräten an Privatpersonen,

Artikel 1. Verboten ist, Gasmasken oder Gasschutzgeräte für

den Einze lschutz (Filter- oder Isoliergeräte) feilzu ­bieten oder zu verkaufen, die technische Mindest­leistungen, welche das Kriegsministerium für ihre Zu­lassung fordert, nicht erfüllen und deren Muster von diesem Ministerium nicht zugelassen worden sind.

Artikel 2. Jedes feilgehaltene oder verkaufte Gerät muß un­

entfernbar in gestempelten, gelochten oder ged ruckten Buchstaben die Firma oder Fabrikmarke des Her­stell ers sowie die Produktionsnummer. vom Hersteller aufgedruckt. tragen.

Artikel 3.

Jedem Käufer eines Einzelschutzgerätes gegen Kampfstoffe muß pflichtgemäß eine Faktura oder ei ne Quittung ausgestellt werden, die folgende Angaben enthält:

1. Wiedergabe der dem Gerät aufgedruckten Zeichen. 2. Bestätigung, daß dieses Gerät dem amtlich zuge­

lassenen Muster entspricht, 3. Genaue Vorschriften über die Bedingungen, nach

denen das Gerät gelagert und benutzt werden muß. damit sein einwandfreies Arbeiten und seine Wirksamkeit sichergestellt sind.

4. Datum der Lieferung und Garantiefrist für ein­wandfreies Arbeiten des Gerätes sowie die Ver-

Zl VRI. "Gasschutz und Luftschutz" , Septembcrhcft 1934, S. 242 .

Französische Maske A. R. S. (Vereinfachtes Modell) mit Hochleistungslilter.

pfliehtung des Verkäufers. jeden Teil des Gerätes, der während der Garantiefrist schadhaft werden sollte, zu ersetzen, unter der Einschränkung, daß der Eigentümer sich bei Lagerung und Gebrauch an die gegebenen Vorschriften hält.

A rtikel 4.

Jeder Eigentümer eines Einzelschutzgerätes gegen Kampfstoffe kann dieses ohne Rücksicht auf die Zeit­dauer des Besitzes dem amtlichen Laboratorium mit dem Ersuchen übergeben , es auf seine Dichtigkeit zu untersuch en. Die Kosten dieser Untersuchung werden durch besondere Verfügung festgesetzt.

Französische Feuerwehr-Rauchschulzmaske R . S. C. S. P.

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Page 22: Gasschutz Und Luftschutz 1934 Nr.11 November

Artikel 5. Di e Inspektoren und Sicherhei tsbeamten des Betrugs­

dezernates, die im A uftrage des amtlichen Laborato­riums arbeiten, und dIe Angeste llten des amtli chen Laboratoriums se lbst können in a ll en Verkaufsräumen Proben von Gassc hutzge räten en tn ehmen, um sie e iner volls tändigen Un ters uch un g, vo r a ll em hmsic htli ch ihrer Dichtigkeit und Wirksamkeit, zu unterziehen. Die Kosten der für diese Untersuchungen verbrauchten filter werden durch die Polizeipräfektur von den Inter­essenten eingezogen').

Technische Nothilfe

15 Jahre Technische Nothilfe. A nl äßlic h der 15. Wiederkehr ihres Gründungstages

veransta lte te die Landesführung Berlin der Technischen Nothilfe am Vormittag des 21. Oktober einen Pflicht­appe ll im Lustgarten. Unte r den Ehrengästen sa h man u. a. Ministeria lrat K ni p fe r vom Reichsluftfahrtmini­sterium, SA.- Obergruppenführer von Ja g 0 w, den Landesgruppenführer Berlin des Reichsluftschutzbundes von L ö per sowie za hlreiche Vertreter von Behörden und Verbänden. Die Landespolizei, das feldjägerkorps der SA. und die Wehrverbände waren durch Ehren­abordnungen vertreten. Die Landesführungen Mark Brandenburg, Nordmark, Schlesi en und Sachsen der TN. hatten Fahnenabordnungen en tsandt.

Die feic r begann nach einer kurzen Begrüßung durch den Berliner Lalldesführer Sc h r öde r mit einem Feld­go ttesdiens t, den der alte TN.- Pfarrer R i c h t e r -Re i ch h e l m abhi elt ; di eser nahm ansc hließend a uch die Weihe vo n drei neuen OrtsgruppenfahnC'n vor. -Der Staatskommissar für Berlin, Dr. Li p p er t , dankte den Nothelfern für die in den ve rgangenen 15 Jahren von ihnen ge leiste te Arbeit, di e, meist unbtachtet von der Öffentli chk ei t, in a ll e r Stille und ohne Anspruch auf Dank und Lohn geleis te t worden sei. Die TN. se i insgesam t 6000 mal zur Hilfeleistung ei ngese tzt worden; von etwa 100000 Nothelfe rn seien insgesamt üb er sec hs Milli oncn Arbeitss tunden geleiste t worden. A uch ferner­hin habe die TN. große Aufgaben zu erfüllen; diese seien z. B. a ll ein im Rahmen des Luftschutzes so groß, daß man die TN. neu sch.lfFen müßte, wenn sie nicht schon 15 Jahre beständ e und sich vo ll auf bewährt hätte. - Der Appe ll schloß mit ein er Ansprache des Reic hs­führers de r TN., Gruppenführer W ei n re ich, der den Nothelfern seine Anerken nun g für ihre Leistungen aussprach und sie ermahnte, im Gedenken a n ihre Toten, die ebenso wie die Toten der nati ona lsoziali s ti ­schen Bewegung für ein ei niges, freies Deutsc hl a nd ge­fa ll en seien, weiterz ua rb eiten zum Wohle des deutschen Yaterlandes. - Nach einer Kranzniederlegung am I'.hrenma l nahm der Reichsführer der TN. den Vorbei­marsch der Ehrenab teilun gen der Verbände und der angetre tenen Nothelfer a b. Me.

Werklu/fschutz

Bericht über die Tagung der A.- und Z .-Stelle in Hamburg.

An der dies jähri gen Tagung der A.- und Z.-S tell e die am 24. und 25. September in Ha m bur g s ta tt: fand, nahmen weit über 400 Personen teil , darunter Ver tre ter des Senats, d er Reichs- und Landesm ini ste­rien, der Reichswehr unu Marine, der verschiedensten Behörden. Kö rperschaften und Verbände sowie leitende Herren aus industriellen Betricben.

In der nichtöffentlichen Sitzung am 24. September wurde der bi sheri ge Vorstand, in den im Juli Ober­brandinspektor R 0 es I e r von der I. G. Farbenindu­strie A. G. berufen worden war, einstimmig wieder­gewählt. Nachdem in der öffentlichen Sitzung der Vorsitzende der A.- und Z.-Stelle, Kapitän zur See a. D. Dr. Ne r ge r , die Teilnehmer begrüßt und Se­nator a. D. Landherr K I e p p erwidert hatte, wurden

1) über AusstaHung dcr fran zösischcn Zivilbevölke run g mi t Gas­masken vgl. auch "Gasschutz und Luftschutz" 1933, S. ISO. D. Schriftltg.

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u. a. folgende Fragen in kurzen Vorträgen und Refe­raten behandelt:

über "B r ä n d e von M i n e r a I ö lt a n k a n I a -gen und der e n Sie her u n g" berichtete Ober­baurat Dr.-Ing. Z a p s von der l-lambUlger Feuerwehr. Er ze igte Lichtbilder von Großbränden dieser Art aus dem A uslan de und ve rtrat die A nsic ht, daß Brand­katastrop hen größten Ausmaßes in Deutschland infolge der sehr wirksamen baulichen und betrieblichen Siche­rungsvorschriften für Tankanlagen kaum VO I komm en könnten. Der Vortragende wies auf die Gefährdun g der umfangreichen deutschen Minera lölindustrie durch Luftangriffe hin und machte neue Vorschläge zur Ver­ringerung der diesbezüglichen Wirkung von Spreng­und Brandbomben').

Oberbranddirektor Dipl.-Jng. W a g n e r, Berlin, sp rac h über "G r oß fe u e r in in d u s tri e 11 e n B e tri e b en und der e n Ve r h ü tun g". Es müß­ten Vorkehrungen ge troffen we rden, um einen einma l ausge broc henen Brand wirksam zu beg renzen, damit er nicht, w ie in Öse helbronn, katastrophale Auswir­kungen zur fo lge habe. Neben gut ausge rüsteten Werks- und Ortsfeuerwehren und Vorkehrungen für ihre schne ll ste A larmierung seien durch bauliche Maß­nahmen, wie durch Ei nbau von selbs tt ä ti gen feuer­lösc hcin ri chtungen und durch sachgemäßen v0rbeuge n­den feuerschutz, weitere faktoren zu schaffen, die die Feuerlöschkräfte unt ers tützen könnten.

Ministerialra t Dr. K e r s ti e n s, Berlin, erläuterte "D a s Wes e nd e s neu e n p r e u ß i s ehe n f e u -erlösc h gesetzes und di e A u swirk un g auf die Wer k s f e u e r weh re n"Z).

Anschli eßend behandelte Baurat Dr.-Tng. Sc h u ­b e r t , Hamburg, in einem sehr a ufschlußreichen Re­ferat "for t sc hritt e in der Verhütung und B e k ä m p fun g vo n S chi f f s b r ä n den: F e u e r­sie her h e i t s maß n it h m e n an Bor d". Aus dem Vortrage war zu entnehmen, daß Schiffsbrände sich sehr vie l schn ell er ausbreiten und meist größere W erte vern ichten als Brände auf dem Festlande. Außer ver­schi edenen Vorschlägen, den feuerschutz durch Ver­besserung der Schot ten be ri eselung und dun.h den Ein­bau gee igne ter Baustoffe an den Durchbrechunoen und Schäc hten zu erhöhen, erbli ck t der VOl'trage~de ins­besondere in der Anlage von Feuerabschnitten ei nen Weg, die Entwickl un g eines Schadenfeuers zu begren­zen.

ü ber das Thema "f e u e r - und E x p lo s ion s -gefa hren in Mühlenbetrieben unter Be­rü cks i c hti g un g der e l ek tri sc h en Anla­ge n" sp rach Oberbaurat No a c k, Berlin.

Branddirektor Kor s eh, Gelsenkirchen oab einen kurzen ü berblick üb er die Ergebnisse d~r '" Vo rträ ge und Vorfuhrungen auf dem IV. In t e r n a t ion ale n Re t tun g s k 0 n g r e ß in K 0 p e n ha g e n im Juni d. J."). In Ergä nzun g hierzu sprach Dr. med. T h i e I Köni gsberg, üb er "N e ll e E r k e n n t n iss e übe; ve r sc hi e dene wichtige fragen der Wie ­cl,e rb eie b u n g unter Berücksichtigung der Aus­tuhrun gen der Professoren B run s, Je 11 i n e k u. a. auf dem Rettun gskon greß in Kopenha gen" .

"D i e Vor t ei l e der N 0 r m u n g von F e u e r -weh r ger ä t e n für industrielle Betriebe; Fortschritte und de rzeiti ge r Sta nd a uf dem Gebiete der feuerwehr­no rmun g" erörterte Baurat Dr. P . KaI aß, Berlin4 ) .

Auch auf dieser Tagun g war für Fragen des Wer k ­[ 1I f t s e h ~ t z e. s ein erheblicher Zeitraum vo rgese hen. Fur den dIenstlich verhinderten Major a . D . von D ü­l' i n g refe ri e rte Kapitän leutnant a. D. Be ren d t, Hamburg, üb er. die weiteren "F 0 r der u TI gen auf dem G e b i e ted e s Wer k I u f t s c hut z es". Er kennzeichnete einige grundsä tzliche Feh ler, die bei den letzten Luftschutzübunge n in industriellen Betrieben gemacht worden seien, und gab in kurzen Zügen das Arbeitsprogramm für die nächste Zeit bekannt, für das auch noch Richtlinien zu erwartt:n sind.

1) Vgl. dazu Z a ps in "Gasschutz und Luftschutz" 1934, Julihclt, S. 177 ; l el ner Kai. e r in "Gasschutz und Lultschut z" 1934, Oktober­heft, 5. 257.

2) Vg l. K e r s t i e n s in "Gasschutz und Luftschutz" 1934, April­helt, 5. 87.

") "gI. da zu "Gasschut z und Lultschutz" 1934, J ulih eft, S. 182. 4) Vgl. P. KaI a ß in "Gasschut z un.d Luftschutz" 1933, S. 283.

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\\'ährend auf früheren Tagungen das für den Luft­schut7. sehr wichtige Gcbiet der .. A b bl end u n j:! 11 n cl Ver dun k e I u n g bei Lu f t an g r i f f e n" nur !!estreift wurde, erfuhr es diesmal eine sehr eingehende Behandlung durch Dipl.-Ing. Ruh e, IIamborn. Auf Grund der bisher bei Industrieluftschutzübungen ge­wonnenen Erfahrungen führte er aus, daß die Abblen­dungs- und Verdunklungsmaßnahmen in industriellen Betrieben. Werkseisenbahn- und Hafenanlagen trotz all er Schwierigkeiten leichter durchzuführen seien als die Lichttarnung von Kokereien. Hochofenanlagen so­wie Hütten- und ·Walzwerken . die wegen der ~it dem Produktionsprozeß unvermeidlich verbundencn Flam· menentwicklung nahezu unmöglich er3cheine. Dennoch konnte der Vortragende auch hier bereits bemerkens­werte Vorschläge für eine wirksame Abblendung machen. dercn Brauchbarkeit allerdings noch durch eingehende praktische Versuche erprobt werden müsse.

Das Thema .,G ass p ü ren und E n t gi f t e n, Er­kennunf! und Lokalisierung ,"on Kampfstoffen usw. in industriellen Betrieben"5) lag dem Vortrage des Chef­chemikers des Drägerwerks. Dr. S tarn pe. 7.Ugrunde. Obe r .. G ass c hut zirn V'; er k lu f t s c hut z u n -ter Berücksichtif!ung der sekundären Gas g e f a h r e n" sprach Oberingenieur Woll i n von der A uergesellscha ft Berlin6

).

Direktor Me c k e. Halle. verbreitete sich über Er­fahrungen , die bei der .. A u s b i I dun g von F ü h -re rn und Mannschaften vo n vVerksfeuer­weh ren auf Fe u e r weh r s c h u I e n" gemacht wurden. Branddirektor Lu e k e. Berlin-Siemensstadt, referierte schließlich über einige für die Betriebe wich­til!e ,.T e c h ni sc he Te u e ~ u n gen", u. a . über Er­fahrungen in der Verwendung explosionssicherer Glas­flaschen.

Der 25. September war Be sie h ti gun gen vorbe­halten. Nach einer Hafenrundfahrt. bei der eine An­zahl von Fell e r l ös c h b 0 0 t e n in Tätil!keit vorge­führt wurde. legte der Dampfer mit den Teilnehmern zllnächst am Petroleumhafen an. Hier hi elt Oberbattrat B raa tz ein en kurzen Vortraf! über die .. 1' e u e r lös c h - und I' e u e r s ich e rh ei t s -Ein r ich tun gen i m Harn bur ger Ha fe n".

Nach einem interessanten R undf!ang durch den Pe­troleumhafen mit seinen zahlreichen ' Tanks. Fabrik­anla l!en. Lallerräumen und Sicherungseinrichtungen hrachte der D ampfer die Teilnehmer zum 0 z e a n -cl a m p fe r .. H a m bur I!" der Hamburl!-A merika-Linie. Di e vorl!efi.ihrten Fel1.erlösch- und Bootsmanöver sowie die vorhandenen Sicherheitseinrichtunr!en gaben allen Gästen dic t. berzeugunl!. daß Brandkatastrophen in dem z. B. auf der "Morro-Castle" vorgekommenen Allsmaße sich auf deutschen Schiffen all er mensch­lichen Voraussicht na ch ni cht ereign en werden.

Eine Wer k lu f t s c hut z ü b unI! auf der Wer f t von BIo h m & V 0 ß. bei der \Verftfeuerwehr und aktive Belcgschaft die Qualität vo n P ersonal und Aus­rüshmg unter Beweis stellten . bcendeten die Tal!unl!. die eine Fülle von Anregunf!en I!ebracht hat und als voller Erfolg für die A.- und Z .-Stelle gebucht werden "ann. - Die nächste T af!unj:! soll im September 1935 in Braunschweij:! stattfinden .

Persona/notizen

Generalleutnant von Alt r 0 c k, der dem Krei se unserer ständi j:!en Mitarbeiter angehört. ist am 1. Ok­tob er 1934 von sei nem Posten als H a uptschriftl eiter des .. Militär-Wochenblattes", das er seit Kriegsende fünf­zehn Jahre lang betreute. zurückgetreten. nläßlich seines Ausscheidens ha t ihm der Herr Reichswehr­minister ei ne ehrende Anerkennung ausgesprochen . in der vor allem zum Ausdruck kommt, daß er in den Jahren des Pazifismus und der Selbstaufgabe des deut­schen Volkes in unermüdlicher Arbeit und mit großem Können sowohl die Tnteressen der Wehrmacht vertreten

:,) Vgl. S t a m p e und Schröter in .. Gasschutz und Luftschutz" 1934, JanuarhcH, S. 16.

0) V~I. Woll i n in .. Gasschutz und Luftschutz" 1934 . Februarh eH , S. 55.

als auch dcn Geist der deutschen Wehrhaftigkeit ge­pflegt und so 7.U dem \Verk dcr deutschen Wiedergeburt beigctragcn habc. Als Nachfolger des Generals von Altrock wurde General der Infanterie a. D. VI' e t z e I I mit der Hauptschriftleitung des Militär-Wochenblattes beauftragt.

nser Mitarbeiter. Oberregierungsrat Dipl.-Tng. L i n d-11 e r im Reichsluftfahrtministcrium. ist zum Ministerial­rn t befördert worden.

Der Referent im Reichsluftfahrtministerium Regie­rungsbaurat L ö f k c n wurde zum Oberregierungsbau­rat ernannt.

Regierungsrat Gi es I er, Referent für Luftschutz im Reichswehrministerium, ist zum Oberregierungsrat be­fördert worden.

AmflidJe Mitteilungen

Der Herr Re ich sm i n ist erd e r Lu f t fa h r t gibt folgendes bekannt: 26. Oktober 1934:

Von der Firma C hr. Ehr man n. Schrauben fabrik lind Fassondreherei, Nürnberg-W .. liegt mir ein Pri.i­fungserl!ehnis des Staatlichen Materialprüfungsamtes, Berlin-Dahlem, bteilung für Baugewerbe, vor. Die Prüfung hat ergeben. daß die von obengenannter Firma hergestellte gas s ich e r e Tür den Prüfungsbedin­I!ungen entsprochen hat und als gasdicht und .. amtlieh I!eprüft" bezeichnet werden kann. 7. ovember 1934:

Die Firma M a r c u S. Metallbau G . m. b. H .. Berlin­Schöneberg. Monurnen tenstr. 35. übersendet mit Schrei­ben vom 30. Oktober 1934 Kn. ein Prüfungsergebnis des Staatlichen Materialprüfungsamtes. Berlin-Dahlem. "om 7. Juni 1934 über eine Prüfung der von oben ge­nannter Firma hergestellten Gas s e hut z s ta hIt ü r .. Marcuria". Die Prüfung hat ergeben. daß die Gasschutz­~ta hltür .. Marcuria" die von mir gestellten Prüfungs­hedingungen erfü llt hat und als .. amtlich geprüft" be­zeichnet werden kann.

Referate

Heerwesen

In den politischen Monatsheften "Volk und Reich", Jahrg. 10 (1934), Heft 6. schreibt Dr. Herbert R o­si n ski über .. 0 i ewe h r p ol i ti s ehe Lag e J u -g 0 s I a wie n s".

Tm allgemeinen wird Jugoslawiens militärische Stärke unterschätzt. Tn den ersten Jahren nach dem \Velt­krieg hatte das junge Königreich große innerpolitische und wirtschaftliche Schwierigkeiten zu überwinden. Außerdem bestand mit allen Nachbarstaaten, außer Griechenland Lind Rumänien, ein gespannte Verhält­nis. Heute ist JugosJ.l\vien ein innerlich stark gefestig­ter Staat. Der Balkanpakt deckt ihm den Rücken. -Das He er ist von einem vorzüglichen Geist beseelt. Die Soldaten aus den Stämmen der Minderheiten sind besonders für die technischen Waffen geeignet, während der A ltse rbe ein vortrefflicher Infanterist ist. Jedoch ver­fü gt das jugos lawisehe Heer im Vergleich zur tschechi­schen und rumänischen Armee über verh ältni smäßig wenige Sonderwaffen. Tnfolge der Finam:not im Jahre 1932 hat der Staat weitgehende Sparmaßnahmen treffen müssen, so daß die im Kriegsfalle vorgese hene Verdoppe­lung des Friedensbestandes unter Mangel an Material­reserven leiden wird. Die Heeres tärke ist zur Zeit auf r. 80000 Mann herabgesetzt worden. - Große Schwie­rigkeiten bestehen in der R ü s tun gin du s tri e, die nur leichte Waffen sowie Munition im Lande herstellen kann. Zwar können die Heereswerkstätten Ausbesse­rungen auch an schweTen Waffen und Flugzeugen vor­nehmen, Geschütze und flugzeuge werden jedoch aus frankreich und der Tschechoslowakei eingeführt: eben­so ist die Rohstoffversorgung vom Auslande ab hängig. Das Eis e n b a hn n e t z ist unzureichend und dürfte

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im Kriegsfalle für operative Notwendigkeiten nicht ge­nügen . - Die L u f t w a f feist in letzter Zeit sehr stark gefördert worden. jedoch reicht sie nach Zahl und Qualität an die italienische bei weitem nicht heran. Die L u f tab weh r ist sehr verstä rkt, allerdings steh t der z i v i I e L u f t s c hut z erst in den An­fänj!en. An sich nimmt man die Luftgefahr sehr ernst und sucht sie möglichst zu verringern . - Als ernst­hafter Gegner kommt nur Italien in Frage. Meist wird Ita li ens militärische Stärke bei einem Waffenga ng mit Jugoslawien a ls übermächtig ei ngeschätzt. Abe r Ita li en könnte nie seine ganze Kraft gcgen Jugoslawien ein­setzen, weil es in jedem Palle an der französischen G renze Truppen be lassen müßte. Wenn Jugoslawien beispielsweise Frankreich als Verbü ndeten hätte, würde sich Italiens Lage kritisch gestalten. Ein Vorstoß der Italiener über die A lpen nach Frankre ich wäre zum Scheitern ve rurteilt. Italien würde sich zunachst gegen den schwächeren Gegner wenden. Die Stärke der Serben Iie!!t in de r Verteidigung. icht nur der Ge­birgscharakter des Landes, sondern auch die natür­lichen Fähigkeiten der Bevölkerung, in ein em solchen Gelände zu kämpfen, werden schwer ins Gewicht fallen. Die Italiener müßten zur Vermeidung ein es Frontalangriffs auf schmaler Basis im Bogen durch österre ichi sch es Gebiet vo r!!ehen, um so in die Flanke der Serben zu gelangen. Die Jugoslawen werden ver­suchen. sie bei diesem Versuch abzuschn eiden. E in Angriff von der dalmatinischen Küste aus und von Albanien her dürfte den Italienern bei dem zu durch­schreitenden unwegsamen Gebirge weni!! Erfolg brin gen. Die kleine jugoslawische F l ot te bindet immerhin er­hebliche rtottenkräfte der Italiener. Itali eni sche Lu f t­a n g r i f f e au f das dalmatinische Küstenland fänden keine lohn end en Ziele. M eiß n er.

Bauwesen

Tn der fl1.ssischen militärwissenschaftli chen Zeitschrift ,.Technika i Wooruschenie", H eft 10 (1933). schreibt W. S ass 0 p 0 r e I über ,.S n r e n g born ben" und b e­handelt ihre Entwicklllng, Konstruktion und Wirkung. Nachstehende Besp rechun g beschränkt sich auf tech­nische Teile des Avfsa tzes. di e für den bau te c h ­ni sc h e n Luftschutz von Bedeutung sind!) .

Zwischen Snren!!bnmbe und Ar till eri eveschoß be­~teh en drei wichti !!e Un terschiede: 1. die Bomh e wird heim Abwurf ni cht ~o beansprucht wie das G p.schoß heim Ahschuß : 2. di e Fall geschwindigkeit der Bombe wächst vom AU.!!enblick des Abwurfe~. erreicht dann abe r eine Höehst!1esehwindiQkeit: 3. di e Bomhe dreht ~ich ni cht wii hrencl d e~ Falles wie das Geschoß . Verf. behat1ntet. daß dip. fall end p Bomhe eine Höchst!!e­~ch windil!kpit von 300 hi s 450 m /sek. - di e sie beim Fall alls SOOO hi~ 10000 m Höh e erreicht - ni emals übersch reiten kann.

Diese Frage der höchsten Enclfa ll !!eschwindigkeit sch eint noch nicht Qeklär t 711 sein . Während Jus t r 0 w') und P e r e S3) ei ne unbedin !! te Höchstl!eschwindi!!keit annehm en, sind in letzter Z eit verschiedene Bedenken I!e!!en di ese Annahme geäl1ßert worden4

). V erf. sch einen hi er eigene Ver~l1rh e zur V erfügun Cl zu s teh en. d p.nn er erwähnt al1<nrücklieh nicht di e Grenz!1eschwindi l!keit T11.s trow!'l (?.'i0 m /~ek)' an dessen Aufsatz er sich im übri!!en stark anl ehnt. sondern 450 m /sek. eine hi~h er nicht l!el1f1l1nte Grenzzahl. Die Frage der Endfall!!e­~chwincli l1keit. der in einem Teilgebiet des bflutechni­~ch en Lllft<rhut7es (Schvtzdecke ge!!en Sorengbomben) I1runnsiit?:liche Bedeutlln!! zukommt. sollte von berufe­ner Seite wissenschaftlich untersucht werden.

Die Wirkung der SnreMhombe glienert sich in die Auftreffwt1cht und den G asdruck. V erf. hehandelt heide Wirkun!1en an Hand der beka nnten T ahelle von Tu s t r 0 wund brin!1t eine Form el für den Tnh alt von Snrenl1trichtern im ' Erdreich. Weiter stellt er eine Formel fii r das püns ti l!s t e Gewicht der Sorenl!Jadunj! 7,ur Er7,ielllng groß er Erdtrichtpr auf. Eil1ene Bomben­verslI.che Heden niesen h piden Form eln ni cht ZUl:!runde. At1ch ni e fol r!end pn Ausführun!1en behandeln leider au s­schließlich die Wirkung der Sprengbombe im Erd -

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re ich, die für den bau technischen Luftschutz nur geringe Bedeutung hat. und bringen nichts über die Wirkung gegen Beton und Eisenbeton. Wie Verf. aus­führ t, ist .. bis auf den heutigen Tag die Frage des rich­tigen Ve rh ältni sses zwisc hen den Gewichten der Bomben­hüll e und der Sprengladung noch nicht endgü lti g ent­schieden." Bei Beginn des Weltkrieges enth ielten di e Sprengbombcn 65 bis 70 v. H. Sprengstoff. hatten da ­her keine besonders feste Bombenhülle und gingen auf der Oberfläche widerstandsfähiger Zie le zu Bruch. Sie besaßen damals fast ausschließlich Aufsc hl agzünd er. Heute erh alten die meisten Sprengbomben Verzöge­rungszünder, so daß sie das Dach und alle Decken durchschlagen und das Gebäude von den Fundamenten her gefä hrden. Sp rengbo mb en enthalten heute 45 bis 50 v. H. prengstoff.

Von den Fernwi rkun gcn der Sprengbombe behandelt Ve rf. nur den Luftstoß und zitiert wieder ausschli eßlich .r u s t r 0 w und die bekannten Versuche der c h e -mi sc h - te c h n i sc h e n Re ic h sa n s tal f'). Fü r die AuftreFfwucht gibt Verf. cine neue Formel, sagt aber selbst. daß prakti sche Ergebnisse bis zu 25 v. H. von dem Rechnun gsergebnis diescr Formel abweichen. Eine Formel zur Berechnung der Wandstärke von Spren!!bomb en fol gt. und ein Bild zeigt den Längs­schnitt einer Sprengbombe mit veränd erli che r Wand­stärke na ch dieser Formel. Verf. sag t, daß aus \ Vi rt­~ch a ftli chk eitsgründen bei der Herstellung einc mittlere \ Vandstärke beibehalten wird.

Anschli eßend werden die bekannten amerikanischen Versuche übe r die \ Virkung von Sprengbomben am Prüfungsplatz von Abc r d e e n behandelt°). Sehr be­achtenswert und für den bautechni schen Luftschutz am bedeutungsvo1!sten sind die Schlußfolgerungen des Verf. iibor dAS rationellste Bombenkaliber. V erf. sagt wört­li ch : "Gegenwärti g hat man in den mei sten Ländern als kleinstes Kaliber di e 50-kg-SnrenQbombe. Zur Zer­stö run g von großen s t äd ti sc h e n Bauten. Fabriken u sw. hält man abe r allgemein 2.5 0 - 3 0 0 - k !! - B 0 m ben für a n ge z e i g t. Noch schwerere Kaliber (500-1000 kg) werden vornehmlich l1el1en Seeziele zum Einsatz kommen." Verf. glaubt nicht. daß eine wesentliche Ste ige run g des Gewichtes der Sprengbombe emofehl enswert ist: lind sagt : .. ein e 1000-kg-Snrenl!bombe kann unter mstännen geringere Wir­k"1111 haben als 3 Bomben zu jc 300 kg oder 4 zu je 250 kg1

) . Ga. u. Seho.

lm ,.Zentralblatt der Bauverwaltunl(H, H eft 39 (1934). bphandc1t Rel1ierungsba urat F l e i sc h man n die Frage .. We Ich e A n f 0 r d e r u n ge n s i n d !I n Rau m -,,- b~ c h1i.iss e in S c hut z r ä umen d es zivilen Lu f t s c hut z e s z u s tell e n?" Unter Beachtung der amtlichen Ri chtlini en des R p. ichsluftfahrtministe­riums wird etwa folgendes ausgeführt:

Der zunehm end e Bedarf an Türen. Fenstern und ~on s ti Cle n A h<ch lüssen von Schutzräumen ei nerseits und die oft irrefiihrende Annreisun Cl manch er Firmen ande­"erseits ergaben die Notwendiakeit. ein Prüfun{!wer­fahren dtJrch Erlaß von .. Richtlini en für di e Prüfung von gass iche ren Abschlüssen fi.ir SchutzräumeH vorzu-

11 Fine ausfüh rli che BesD rechun~ de~ Aufsatzes. welche auch die 'n~riffstcchnisch e n Einzelheiten enth ält , brin~t Pror. Dr. E ver li n ~ in der .. Lu!twehr", H~ft 6 119341. Für ein ~enaues Studium des Auf­satzes seien (ot(!ende PunKte der B~sn r cchunJ.! in der Luftwehr n?eh d~m ru !<.Sischen Ori~inat berichti~t. Seit e 196. Zeile 4 von unten: Die Formel von Sm i .s 1 0 v ski m sHitzl ~i c h nicht au f e i ~en c Bomben­ahwu rfvf"TsUchc. ~nndern is t aus arfillcris f i~ch (' n Versu chen entwick elt. IV~1. "Wo;no i Technika", H pft 37 rl 925 11 . Dann feh lt der H:nweis dara uf. dnß der Gro ßt eil de r Tabellen n.icht neu ;s1. sond ern die be­kannten Ve rsuche Justrows darstrlll. Dte t! le iche n Bcrichtil!unl!en si nd auch flir das Refe rat in der .. Ri vis ta aeronaulica". Heft 2 '1934]. ~ü 1ti ~. dei eil Text Hir die deutsche Bc.prechun~ in der Lu ft wehr sc hein bar vorlas!.

21 "Zeitschrift für das ~esamte Schieß- und Sp ren~stoffwcsen " . April. Ma i, Juni 1927.

"1 "Gasschutz und Luftschutz" 1932, S. 253.

4) V~1. z. B. DeR 0 san ~ in ,.Gasschutz und Luftschutz" 1934 , S. 118.

~1 Jahresbericht der chenti.ch-technisch en Rei chsanstalt , Berlin . 3. Folge 1922i23. 4. Fot~e 192~/25 und 6. Fot~e 1927.

61 V~1. dazu Per e s in "Gasschutz und Luftschutz" 1932, 5, 253. SchrHtlumsnachweis über diese rt mcrikanisc hen Versuche bei Scho ß­ber~er "Baut echn ischer Luftschutz" . Berli n 1934, S. 233 obe n.

11 Vgl. dazu di e Sc hlußl ol~erun ~e n für da~ rationens!e Bomben­~cwich t a uf Grund der größ ten Ze .. t ö rungswirkun~ - di e zu dem gleichen Ergebnis Whr.n - bei Sehoßberger a. a . 0. , S , 34.

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schreiben') Diese Prüfung besteht aus drei Teilen: 1. dem Dichtigkeitsnachweis, 2. der Prüfung gegen mechanische Beanspruchung und 3. der Eignungsprüfung der Ver­schlüsse und Dichtungsmittel.

Die D ich t i g k e i t s pr ü fun g des Bauteils zerfällt in eine Druckprüfung und mehrere Nebel- und Gas­prüfungen. Der Bauteil muß bei einem einseitigen Ober­druck von 25 mm Wassersäule dicht bleiben. Das An­bringen und Auswechseln der Dichtungsstoffe muß von ungeschultcn Leuten in höchstens 10 Minuten vorge­nommen werden können. Die Dichtungsmittel müssen gegen unwillkürliche Beschädigung (Abtreten, Motten­fraß) geschützt sein und längere Zeit haltbar bleiben. Zur Abdichtung von Türen und Fenstern werden heute fast durchweg endlose Filz- oder Gummistreifen ver­wendet, die meist ohne besondere Befestigung in einen Falz eingelegt werden.

Der zweite Teil der Prüfung untersucht die Wider­standsfähigkeit des Bauteils gegen me c h a ni s c he Be ans p ru c h u n g. Türen und Fenster sollen nicht in den Falz schlagen, um ein Verklemmen zu vermei­den. Wird die Schutzraumtür von außen durch Schutt­massen versperrt, so muß es möglich sein, durch Her­ausheben des Türblattes aus den Angeln die Öffnung frei zu machen. Öffnungen im Innern des Gebäudes sind durch vorstehende Wände meist schon geschützt und brauchen daher nicht splittersicher verschlossen zu werden. Die Verschlüsse dieser Öffnungen müssen aber eine gewisse Stoß- und Schlagfestigkeit aufweisen. Der Stoßwiderstand und die Steifigkeit eines inneren Ab­schlusses sollen dem Widerstand einer 40 mm starken Holzbohle entsprechen. Öffnungen, die unmittelbar ins Freie führen, müssen auch gegen Bombensplitter ge­schützt werden. Als splittersicher gilt der Abschluß mit 20 mm starkem gewöhnlichen Stahlblech oder 15 mm starkem hochwertigen Stahlblech. Verf. bemerkt hier sehr richtig, daß der Einbau derartiger schwerer (und auch sehr teuerer) splittersicherer Türen sich in fast allen Fä ll en durch besondere Vorkehrungen vermeiden läßt. A ls Abschluß eines Fensters, welches nicht zu­~ I ei.ch als Notausstieg dient, wird eine gutdurchdachte Sphtterschutzvorkehrung, die aus einem festgemauerten Rost von Flacheisen besteht, beschrieben. Die gegen­e.~nander versetzten Flacheisen ermöglichen eine Durch­luftung des Schutz raumes und einen gewissen Licht­durchgang.

Der dritte und letzte Teil der Pnifung behandelt die B rau c h bar k e i t der Ver s chI ü s s e und Dich­tungsstoffc. Die Verschlüsse müssen einfach gebaut, gasdicht und leicht zu handhaben sein. Für letztere Forderung gilt eine senkrecht am Hebelende oder tan­gential zum Handrad des Türversch lusses wirkende Kraft von 20 kg als Grenze.

Bautei le, die diesen d rei Prüfungen entsprochen haben, dürfen als .. amtlich geprüfte" Raumabsch lüsse bezeich­net werden.

Anschließend behandelt Verf. die be hel f s m ä ß i g e Ab die h tun g von vorhandenen Türen und Fenstern in bekannter \\ eise. Die Ausführungen lehnen sich eng an die amtlichen Rich tlinien an und zitieren diese zum Teil wörtlich. Begrüßenswert ist der Hinweis darauf, daß Vorhangabschlüsse nur ausnahmsweise als äußerste Notmaßnahme angewendet werden dürfen. Verf. sagt weiter, daß Vorhangabschlüsse immer auf der Eingangs­seite der Tür angebracht werden müssen, .. damit der Luftstoß den Vorhang gegen· die Dichtung drückt". Diese Polgerung ist unrich tig. D ie fernwirkung der Sprengbombe besteht nicht nur in einem Stoß, sondern auch in einem (oft erhebl·ich stärkeren) Sog. Scho.

Auf der Si tzun g der Abteilung .. Transport, Lagerung und Verteilung" der deutschen Gesellschaft für Mineralölforschung am 27. April 1934 hielt fabrikdirektor vom Fe I d einen Vortrag über den .. Luftschutz von Ta n k an lag e n". Einem dies­bezüglichen Referat in der Zeitschrift "Öl und Kohle" Heft 9 (1934) entnehmen wir folgendes:

Die Schutzmaßnahmen können von dreierlei Art sein: Tarnung, Schutzgeräte und bauliche Maßnahmen . -Die üblichen hell en Anstriche der Ölbehälter sollen durch bunte Anstriche, die der Umgebung anzupassen

sind, ersetzt werden. Durch Bepflanzung mit Gras, Sträuchern und Bäumen wird die wegweisende Schatten­wirkung verringert. Eine Vernebelung der ganzen An­lage hält der Vortragende für kostspielig und von zweifelhaftem Erfo lg. - Die Schutzgeräte sollen er­tolgte Zündungen örtlich einschränken, ihre Ausbrei­tung unmöglich machen und en tweder verhindern, daß entzündliche Gase entstehen, oder diese Gase ableiten. Dies kann erreicht werden durch Sicherheitsarmaturen, Berieselungsanlagen, Schaull1löschanlagen und schwim­mende D ecken. - Der wirksamste, aber auch der teuerste Schutz ist die unterirdische Lagerung"). Betriebsstoffe, die für die Landesverteidigung notwendig sind, müssen unterirdisch ge lagert werden. Behälter aus Beton liegen mehrere Meter unter der Erd e und sind durch Stein­lagen, Eisenbeton oder Metall geschützt. Teilweise in der Erde liegende Tanks werden mit Erde zugedeckt. :\n Stelle der Erddeckung des Behälters können auch ringsum Erdwälle errichtet werden. Die so entstehende Grube. muß den ganzen Tankinhalt, wenn er ausge­laufen Ist, aufnehmen können"). Mehrere Bilder zeigen die Anlage von unterirdischen Tanks.

Zu diesen Bildern wären einige Einwendungen zu machen: Die Konstruktion der Sprengsehutzdecke, be­sonders dic wichtige Trennung in Aufschlagdecke und Schutr;dccke, ist nicht ganz folgcrichtig durch geführt. Den Schutz durch metallene Netze lehn en wir ab. -An den Vortrag sc hl oß sich eine Diskussion an, der wir folgendes entnehmen: Obering. 'IN Fr i e d r ich wies darauf hin , daß durch die bunten Tarnungsanstriche eine sehr sta rke, wirtschaftlich nich t tragba re Ver­dunstung der gelagcrten Stoffe eintreten würde. Tar­nungsanstriche können daher ers t im Ernstfalle aufge­bracht wcrdcn. Die Bcpflanzung der U mgcb un g zum Zwecke der Tarnung erscheint wegen der Feuersgefahr (trockenes Laub im Herbs t) nicht ratsam. Der prak­tische Wert von Schaumlösch ern se i im Luftschutz noch zweifelhaft. - Dipl.-Ill g. D e ge n ha r d t vom Normenausschuß teilte mit, daß sich der No rmenaus­schuß bcreits mit der Normung von Tankanlagen für den Luftschutz bcfasse. Redner hält aber die Inangriff­nahme von Normungsarbeiten für verfrüht, bevo r über­haupt feststeht, wie eine Tankanlage gegen Luftangriffe geschützt werden kann. - Einen d. E. sehr beachtens­werten Vorschlag machte dann Marineoberbaurat Ti­bur t i u s. Er hält es für unwahrscheinlich daß we­gen der Forderungen des Luftschutzes in Z~kunft auf den Bau oberirdischer Tanks voll s t ä nd i g verzichtet werden wird. Es ist deshalb wichtig, auch oberirdische Tanks durch bauliche Maßnahmen zu schützen . Eine zwischen den Ölbehältern detonierende Bombe kann 4 bis 6 Behälter gleichzeitig zerstören. Ein Volltreffer in ~inen Tank wird dagegen viel geringeren Schaden anl"lchtell. ..Der Seltenschutz der Tanks ist also wich­tiger als der Deckenschutz." Oberirdische Tanks sollen eine Eisenbetonummantelung von 25 cm Stärke er­halten. Bombensplitter werden diesen Mantel kaum ~urchschlagen, die Gewölbewirkung des geschlossenen bsenbetonmantels bietet einen großen Widerstand gegen Luftstoß und -sog der Sprengbombe. Auch bei V?lItreffern ~ann. sich diese bauliche Vorkehrung be­wahren, da die dunne Blechdecke fortgeschleudert wird und den Gasdruck nach oben ablenkt. Die Kosten dieser Schutzmaßnahme betragen bei einem 5000 m" Behälter ungefähr 20000 RM .

Zur praktischcn Verwertung des durch den Vortrag lind die Diskussion vorgebrachten Materials fand am 22. 6. 1934 unter Leitung von Fabrikdirektor vom P eId eine i t z u n g des U n t e rau s s c h u s ses für Lu f t s c hut z fra gen in dcr eingangs erwähn­ten Abteilung statt, bei der auch V ertreter der Be­hörden und der Gasindustrie zugegen waren. Die hier­bei ge faßten Beschlüsse lassrn sich in foloenden Sätzen kurz zusammenfassen: Bei vor ban d e';; e n Tankan­lage;. kann ein gewisse r Schutz gegen Fliegerbomben crrelcht werden durch schwimmende D ecken, Schutz­schichten aus Schaum oder Stickgasen, Umhüllung mit Beton, Tarnung, Vergrößerung oder Neuschaffung von Schutzstreifen und Umwallungen, Abbau benach-

l) Vgl . . ,Gasschul z und Luftschul z·· 1934. s. 189. 1) VgJ. dazu Kai s c r in .. Grusschulz und Luflschutz · 1934, S. 257. :1) Vgl. dazu La p s il1 .. Gasschulz und Luftschulz·· 1934. S. 177.

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barte r A nlagen und Sicherh ei tsa rmaturen'). Bei Ne u ­a n l a " e n sind di e dleichen Maßna hmen zu beachten. Eine ; llgcmeine Au~ockerun g der A nlage ist immer die wicht igste Fo rde rung. D er Erfolg vo n schwimmen­den Deckcn für Luftschutzzwccke ist fraglich. Durch Umman telung oberird ischer A nlagen mit Eisen beton kann ein guter Teil schutz e rreicht werden. Die sich dadurch ergebenden Schwie ri gkeiten in de r Bedi enun g dürfen nicht verkannt werd en. Un terirdische Llge­rung bietct den bes ten Schutz, ist aber wegen der hohen Kosten nur bedin gt möglich. Scho.

Lu/fschufJ In den Baseler Nachrichten" vom 6./7. O ktobcr 1934

führt der" nach J apan entsand te Sonderko rrespondent G ünther S t e in in ei nem A rtikel " .I a p an s F r 0 n ­te n" fo lgendcs aus : Das Leben Japans mutet heute an wie ein cinziges großa rti ges Manöver. Hier stcht em sehr viel grö l$erer Teil des Vo lkes begeiste rt zu der gemei nsamcn Sache a ls im bolschewistischen IZu!' !.and. Wen n das A lltagsmanöver der vo rb ereitenden I atIg­keit für cine e twaige Notlage des Staa tes dann ell1mal zum ta tsächlichen, mili tärisch geleite ten Volksmanove r wi rd - wie dies kürz lich bei den großen Luttschutz­üb ungen in Tokio und in Yokohama der Fa ll wa r ~, so gewinnt ma n den Eindruck, daß d ieses Volk seme inneren Kräfte keinesfa lls übcrschä tzt. Hunderttausende von geschulten Z ivil isten hatten de n imn~ c r noch vo r­wiegend aus Holz gebauten Stadten S~~utz gegel~ Brand un d Panik zu geben . A uf elll en .S lfenenschr~ 1 hin wurdcn schlagartig a lle Lichtquell en m dem .. n esI­gen Um kreis des SechsmiJIionenkomplexes gelosc.ht, a lle Befeh le wurden einheitlich befolgt und Jeder schu:.n seine feierliche Freud e an diesem Drill zu haben. Es wa r geradc de r elfte Jahres tag des gewaltigen Erd­bebens von 1923, das durch Einstu rz un d Brand ßIC bei den Städte vollkommen ze rstört ha tte, und am Vor­mittag war mit einer M inute a llgemeine.n. Schw~ i~ens, mit rc li giösen Ze remonien und wehmutigen ErInn e­rungen der Hunderttausend e von T odesoptern gedacht worden. Da plötzlich, auE dem Höhepunk~ der Ma­növer, mitten in der allgemeinen Spannung emer stock­finste ren Nacht, des dumpfen A ufkn all ens von . Bomben, des Ratterns der A bwehrgeschütze, e r s c h iJ t t e l' t e e in sc h we r e r E rd s t o ß e tw a e in e M inut e l a n g di e S t ä d t e. Ein momentanes Erinnern , ein kurzer Gedanke . .. ni chts weiter. Die Manöve r wur­den ohne eine Sekund e des Stockens fortgesetzt. Hn.

In der engli schen "Army, Navy and Air Force Ga­zette" vom 27. Sept. 1934 ford ert Major Paul Mur p h y, früh erer Direc tor of Experiments of the Chemica l Defence E'xperimenta l Sta ti on, Porton", in einem . länge­ren A ufsa tz eine beson dere Gasschutztruppe fur den zivilen Luftschutz (" G a s l' e q u ir e sa n e w D e­f e n c e Co l' p s" ). V erf. spricht zunächst über die weit auseinandergehenden A nsichten, di e über di e vo rz u~ eh ­menden Entgiftungsmaßnahmen bes tehen. Die emen üb erschä tzen die G efahr, di e durch G elbkreuzanwen­dung hervo rgerufen we rde, di e anderen ~chte ten s ~ e. ge­ring. V erf. beleuchtet d ie P robleme,. di e d e.m Zivil en Luftschutz uus ae rochemischen Angnffen mit Senfgas erwuchsen. Er fordert aus diesem Grunde eine F 0 1' ­

m a ti 0 n vo n G as s p ü r e rn. A lsdann beg ründe t er di e No twendigkeit, eine m o t o r i s ie I' t e E n t g i ~ -t un g s t l' U P P e aufzuste ll en, die eine Entgiftung 111

großzügige r Weise innerh alb kürzeste r Z eit vo rn ehmen könn e. V erf. hält es für das beste, ein e Gas s c hut z ­o r ga ni sa ti o n a uf milit ä ri sc h e r G rund ­l ag e, unte rgli edert in Entgiftungstrupp und Gasspüre r. zu schaffen. Es sei kürzlich vo rgeschlagen worden, daß sich der Luftschutz auf vorhand ene Organisa tionen stützen so ll e; nach Meinung des V erf. gäbe es abe r ke ine dera rti ge Organi sa ti on. di e zur Entgiftung heran ­gezogen we rden könne. Sie müsse also erst geschaffen werd en. A uf keinen Fa ll dürfe man ei n de ra rtiges Korps im le tzten A ugenbli ck und mit improvisiertcn Mitteln aufstellen. Ein hoher tec hni scher A usbildungs­stand sei e rfo rde rlich. Die nötige militäri sche A usbil­dun g könn e nach dem V orbild der Rese rve oder der Territo rialarmee vo rgenommen werden . Selbstverständ-

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lie h würde dazu auch eine groß e Zahl von Chemikern gcbraucht.

Dcr Au fsa tz hat insofern besondere Bedeutu ng, als er der Feder eines Fachmannes entstammt. Es schein t all erdin gs, daß Ve rf. in sein en Forderun gen etwas zu we it geht. Meißner.

Medizin

In der "Medizinischen Klinik" 1934, N I'. 24, erörte rt Dr. Ag e n a in einem A ufsatz" W e I c h e M ö g li c h -k ei t e n f ür di e Kr a n ke nb efö rd er un g bi e ­t e n di e m o d e rn e n V e rk e h rs mitt e l?" unter besonderem Hin weis auf d ie Belange des Gas- und Luftschutzes di e Ve rwendun g behe lfsmäßig herges tellte r Transportmitte l. Die sehr lesenswerte A bhandlung setzt sich mit der Mög lichkeit der H errichtung von Schiffen und Kähnen, von Fahrzeugen all er A rt, wie Pe rsonen­kra ftw agen, Lieferkruftw agen, Straßenbahnen (Trieb­und Beiwagen), A utobussen sowie von F lu gze uge n zum Krankentransport kritisch auseinander"). Mu.

A uf de r in Berlin im Oktober 1934 sta ttgefund enen f agung der Deutschen D ermatolog ischen Gese ll sch ~f t hi elt D 0 e I' f f e I (Königsberg) ein Refera t i.Jbe r " D I e Wirkun gswe i se d es Di c hl o rdi ä th y l s u l ­i i d s (G e l b k r e u z) a uf di e H a u tim V e r ­g l e i c h z u b e k a nnt e n Min e r a l sä ur e n". V or­tragender ha t zusammen mit P ö pp i n g makroskopisch und vo r a ll em mikroskopisch im Tierve rsuch den zeit­lichen A blauf einer gesetzten Ge ibkreuzsc hädigung im Ve rgleich mit Verä tzung durch Minera lsäuren (Sa lpeter­säure, konz. Salzsäure, konz. Schwefelsäure) verfolgt. Nach Gelbkreuzschädigung treten cha rakte ristische V eränderungen im Epithel und in der Kutis a~f. V or a ll em fä ll t die hochgradige OdembIldung 111

Epidermis und Kutis auf, die nach wenigen Stunden zu subepithelia ler Blasenbildung führt, sowie eine starke Erweite rung (H yperämie) der Blutgefäße, di e mit einem perivaskulären Infiltratmantel um­geben sind. Die Veränderungen deh!1en sich weit über den ursprünglich getroff enen Bezirk aus. Bel I\lineralsä ureve rä tzun gen dagegen kommt es zu eine r A ustrocknung und Schrumpfung an der verätzten Stell e mit nachfolgender A bstoßung der nekro tisierten T eil e: - In di esem Z usammenhange sei auch verwiesen auf d ic ausgezeichnete, aus dem Institut von F I.u l' y stam­mende A rb eit von M üll er, " ü ber die Wirkung ver­schiedener Ä tzmittel auf die Haut", Ztschr. f . d. ges. exper. Medizin, Bd. 59, H eft 3/4 (1928). Mu.

Die "Revue Internationale de la Croix-Rouge" bringt im Juliheft 1934, S. 570 bis 580, einen Bericht des Colonel J. T h o rn a n n , pha rmacien-chef der Schwei­ze r A rm ee, betitelt "E t u d es u l' lad e s i n f ee ti 0 n e t l a n e utr a lis a tion des m oy ens de tr a n s­p o rt qui e nt s ubi l' ac ti o n des g az d e c o m ­bat". Die Entgiftung von Krankentragen und Kran ­kenwagen bzw. -kraftwag en ist wichtig. Im W eltkri ege sind zahlreiche V erletzungen durch ü bertragung der G iftstoff e auf di esem W ege aufgetreten. Art der ein ­ze ln en Kampfstoffe sowie Ma te rial der zu entgiftenden

icgenständ e (Holz. Meta ll , Leinwand) bedin gen ve r­sc hi edene Formen de r Entgiftun g. Zweckmäßig ist die Ausrüstung mit anknüpfbaren Ersa tzl einwandteilen für Krankentragen, um diese so fort wi eder verwendungs­be reit zu haben, denn das für Entgiftung notw endi ge Auskochen und Trocknen de r Leinwand bedeutet Z eit­aufwand. Bereits bei Konstruktion von Fahrzeugen muß auf die Möglichkeit der Entgiftung Rücksicht ge­nommen werd en. - D en ausgezeichneten Ausführun gen des Verf. sei hin zugefü gt, daß auch das Sa n i t ä t s ­p e r so n u I in de r T echnik des Entgiftens grundsä tz­li ch ausgebildet werd en muß, um jede Entgiftung von Sanitä tsgerät sachgemäß ausführ en zu können. Mu.

4) Es se i hier auf das be lgi~c h e Pa tent Nr . 387 459 hingewiese n . d . W . das crs le Patent ei ner Luft sc hul zvo rk ehrun g fü r Ta nks. Be­sch rie ben w ird ein gegen Gesc husse, Bombe n und Feue r J.!csc hü.tzl er Ölbchä lt er mi t ei nem doppelt en Röhrensys tem für die Lösc hflüssigk eil.

5) Vgl. hierzu H o r n e m an n "Behelfsmäßi ge Trans po rtmitte l i,,!, Sa nitä tsdi enst d es zivi len Luftschutz .... " in " G a.ssc hut z und Luftschutz • 1933. S. 232-234.

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Litera/ur

Durch Wehrhaftigkeit zum Frieden. Ja h rb u c h der Deutschen Gesellschaft für \Vchr ­pol i t i k und Weh r w i ss e n s c h a f t e n.. 107 S. Hansea tische Vcrlagsanstalt, Hamburg 1934. Preis brosch . 5,- RM .. Ganzleinen 6,50 RM.

Die Deutsche Gesell schaft für Wehrpolitik und \Vehr­wissen~ch a ften" hat es sich unter ihrem derzeitigen Präsidcnten. Generall eutnant a. D . von Co c h e n -hau sen, zum Ziele gesetzt, das Verständnis für ~ie Notwendigkeit einer ausreichenden Wehrmacht JIl weite Kreise des deutschen Volkes zu tragen und gleichzeitig den Wehrwissenschaften zu der ihnen zukommenden Anerkennung zu verhelfen. Das in diesem Sinne be­arbeitete, nunmehr vorliegende er s t e Ja h r b u c h der Ge seI I s eh a f t zeigt zunächst einen ein leiten­den Aufsatz ihres Präsidenten "über die Grundlagen wehrwissenschaftlicher Arbeit". Anschließend kommen sechs Mitglieder der GeseIl~chaft zu :Vor.t: Professor Dr. von Ar ni m bringt elllen geschI chtli chen Ruck­blick auf die Entwicklung des Wehrgedankens durch die Jahrhunderte, Professor Dr. EI z e zeigt Lehre und Lehrweise des großen Meisters der Kriegskunst Clause­witz Generalleutnant a. D. von Met z sc h beleuchtet unse're derzeitige Lage unter dem Gesichtspunkte des Rüstungsstandes der Fremdstaaten, und schließlich be­handeln Generalmajor a. D. Professor Dr. Hau s hof e r die Wehrgeopolitik, Oberstleutnant a. D. Jus t r 0 ~v die Kriegstechnik und Admiral a . D. Pr e nt z e I dIe Frage der Seegeltung. So ist von einer kleinen. aus­erwählten Zahl von Mitgliedern der Gesellschaft in gemeinsamer Arbeit ein Werk geschaffen worden, das als wertvoller Auftakt für die weitere militärwissen­schaftliche Betätigung der Gesellschaft angesprochen werden muß und warm begrüßt werden darf. Für ein heute schon bestehendes zielbewußtes ge istiges Streben in der Gesellschaft sind die dem Jahrbuch beigefügten Anlagen, wie Verzeichnis der gehaltenen Vorträge so­wie Zusammenstellung des Schrifttums der Mitglieder 1933/1934, ein vollgültiger Beweis. Hn.

Geschichte der Luftwaffe. Von Major a . D. Hilmer Freiherr vo n B ü 10 w. Mit ei nem Geleitwort des Reichsluftfahrtministers Gör in g. 176 S. mit Abb il­dungen . Verlag Moritz Diesterweg. Frankfurt a. M. 1934. Preis kart. 4,- RM., Ganzleinen 5,60 RM.

Mit dieser Neuerscheinv'lg wird zum ersten Male eine kurze, zusammen fassende Darstellung des Werde­ganges der deutschen und ausländischen Luftwaffe von ihrem Anfang bis zur Gegenwart gegeben. Trotz der l' ülle fliegerischer Literatur, die namentlich in letzter Zeit e rschi enen ist. füllt somit dieses Buch eine Lücke /lUS. Der ame des Verf. gibt Gewähr für die Sach ­lichkeit und Richtigkeit der Darstellung.

Hauptinhalt des Buches ist die Geschichte der d e u t s ehe n Luftwaffe mit ihrem stufenweisen Auf­bau in den Vorkriegsjahren, ihrem glorreichen Aufstieg im Weltkriege und ihrem tragischen Schicksal bei Kriegsbeendi gung.

Die Grundlage über fliegerische Ereignisse des Welt­krieges bilden die hi storischen Tatsachen, die in wissen­schaftlicher Arbeit nach amtlichen Quellen zusammen­gestelIt wurden ; herangezogen sind ferner die grund­legend en in - und ausländischen Spezialwerke sowie die führenden Fachzeitschriften. Neben di eser sachlichen Darste llun g schildert Verf. diejenigen Persönlichkeiten , die für die Gesta ltung der deutschen Luftwaffe mit­bestimmend gewesen sind. Es ge lingt ihm hier. den Charakter der heldischen Gestalten de r Luft zu zeigen und Stolz. Bewunderung und Begeisterung für die un­sterblichen deutschen Helden nicht zum wenigsten bei der deutschen Jugend zu erwecken.

Sicherlich wird das Buch dazu beitragen, die künftige Bedeutung der fünften Waffe weitesten Kreisen des deutschen Volkes näherzubringen und die Erkenntnis reifen zu lassen, daß die Bedrohung aus der Luft die gesamte Lebensgestaltung jedes einzelnen Volksgenossen trifft. Hieraus abgeleitet wird sich aber auch für jeden Leser die Erkenntnis ergeben, daß es sich bei den Forde­rungen des Luftschutzes um die ErfülIung einer staats-

bürgerlichen Pflicht erster Ordnung handelt. jeder seinen Anteil beitragen muß.

zu der P.

Infanterie von morgen. Von Lid deI I H a r t. Deutsch von Artur Ehr h a r d t. 80 S. Ludwig Voggen­reiter Verlag, Potsdam 1934. Preis broschiert 1,80 RM .

Eine Veröffentlichung des bekannten englischen ,i\'\ili­tärschriftstellers, Kapitän LiddelI Hart. ist in jedem Fall auch für Deutschland beachtenswert und erscheint hesonders bedeutungsvoll , wenn Verf. sich über ein Thema. wie "Infanterie von morgen ", äuße rt, da die englische Armee bezüglich Meehanisierung und Motori­sierung ihrer Streitkräfte als sehr weit vorgeschritten gi lt . Daß die Art des Einflusses, den diese Verwendung \'on Motoren und Masch inen auf die Infanterie im künf­tigen Kriege ausüben wird, heute noch in allen Armeen stark umstritten ist, bewirkt ein um so größeres Inter­esse an der Neuerscheinung.

Nach ei ner eingehenderen Darstellung der Geschichte des Fußsoldaten zeigt Verf. die Erfahrungen des letzten Krieges und baut darauf seine Schlußfolgerun g auf. Se ine Ausführungen sind nahezu revolutionär und über­treffen alle bisher nach dieser Richtung hin bekannten Darlegungen. Er stellt ein ganz neuartiges Programm über Einsatz, Bewegungsmöglichkeit. Kampfgrundsätze, Ausbildung und Ausrüstung der Infanterie auf. Das Endergebnis seiner Untersuchung faßt er in dem Satz zusammen: Der neuzeitliche Infante ri st muß Sports­mann, Pürsehgänger und Scharfschütze sein.

Es fällt auf, daß Verf. im Gegensatz zu seinen frühe­ren Veröffentlichungen') diesmal bei aller sonstiger Bewertung neuzeitlicher Kampfmittel die chemischen Kampfstoffe für Angriff und Verteidigung und die sich aus dieser Kampfmethode ergebenden Folgerungen für Taktik und Schutzausrüstungen mannigfaltiger Art völlig unberücksichtigt läßt. P.

Harp Gazlari ve Bunlara Karsi Korunma. (Die Kampf­stoffe und ihre Schutzmöglichkeiten.) Von Dr. Maz­lu mund Dr. Nur iRe f e t. 440 S. mit 102 Bildern, Plänen und Karten. Verlag Necmi Istikbal Matbaasi, Istanbul 1933. Preis geb. 250 Krs. (Kurus) = 4,90 RM.

Mit dieser Neuerscheinung ist nunmehr auch die Türkei den anderen Staaten gefolgt und hat sich ein eigenes gastechnisches Handbuch in türkischer Sprache geschaffen. Die Verfasser, ein Arzt und ein Chemiker, beide in hervo rragender Stellung - Exzellenz Dr. Maz­lum Pascha ist Chef des Sanitätswesens der türkischen Armee. Chefchemiker Dr. Nuri Refet Leiter des chemi­schen Dienstes im Kriegsministerium in Angora -. be­zeichnen ihr Werk als einen Führer für Gasschutzärzte, Chemiker und Offiziere über Organisation des Schutzes gegen Kampfstoffe.

Demzufolge nehmen gassanitäre, chemische und gas­schutztechnische Abhand lungen den Hauptteil des Buches ein. Taktische und gasangriffstechnische Fragen treten demgegenüber etwas zurück; auch bei künst­lichem Nebel werden nur chemische und technische Fragen behandelt, wehrtaktische ausgeschlossen. Ein außerordentlich umfangreiches Literaturverzeichnis nicht weniger als 290 Schriftquellen sind angeführt -ist für die sorgfä ltige Arbeit und den Fleiß der Ver­fasser ein deutlicher Beweis. Eine Reihe guter Abbil­dungen erleichtert dem Leser, der sich in die Materie einarbeiten will. das Verständnis. Auch die äußere Aus-stattung des Werkes ist vorzüglich. Hn.

Praktischer Gasschutz. Zu~ammengestellt von Robert Pes t I , Kommandant der Rettungsabteilung und Gas­schutzoffizier der Freiwilligen Stadtfeuerwehr in Eisen­stadt. 48 S. Selbstverlag der Freiwillil!en Stadtfeuer­wehr Eisenstudt im Burgenland, 1933. Preis broschiert 1 Schilling.

Vorliegendes Büchlein ist als Hilfsmittel für die Gas­schutzausbi ldung der Feuerwehren des Burgenlandes gedacht. Verf. behandelt in übersichtlich er Anordnung im ersten Teile die In du s tri e gas e und den Schutz gegen sie. Im zweiten Teile werden die Kam p f­s t 0 f f e, einschließlich der Verfahren ihres feldmäßi-

'1 V~1. u . a .. Th. nex! grea! war" in .. Thc Royal Engineers Journal"·. März 1924.

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gen Einsa tzes, kurz besprochen und der Stand der Luft­bzw. Gasschutzmaßnahmen in den wichtigsten europä­ischen Ländern erörtert, wobei die Aufgaben der Feuer­wehren im Ernstfaile besondere Berücksichtigung fin ­den. Ein Anhang bringt a ls Abdruck aus der Zeit­schrift .. Ocr Gasschutz" (Wicn), Nr.7/1932, eine .. A n­lei tun g für Ar z te bei Gas ver g i f tun gen".

\Vcnn Verf. auch im Vorwort betont, daß wissen­schaftliche Anforderungen an das Büchlein nicht ge­steilt werden dürften, so sci hier doch für eine Neu­auflage gesagt: bei Filmbränden entstehen hauptsäch­lich nitrose Gase und Kohlenoxyd, aber sicherlich kein Chlor. Die Frage .,Mund- oder Nasenatmung unter der Maske" ist nach den bisherigen Erfahrungen dahin zu beantworten daß jeder so atmen so ll , wie es ihm am leichtesten fä llt. Behauptungen bzw. Vorschriften wie die, daß allein die Mundatmung die richtige sei, sind insofern verfehlt, als sie - besonders beim Anfänger -ein gewisses Gefühl der Beklemmung hervorrufen können. Sonst erschein t die Broschüre für den beab-sichtigten Zweck geeignet. Me.

. Die Deutschen kommen! 1 91 4 vor Par i s. Auf Grund von zeitgenössischen Berichten dargestellt von Rudolf va n Weh r t. 259 S. Ve rl ag U ll stein , Berlin . 1934. Preis 3,- RM.

Der sich unter einem Pseudonym verbergende Autor jst woh l heute unser beste r Schi lderer dramatischer Tatsachenberichte und für militärische Sch ilderungen ganz besonders berufen. So verdanken wir ihm auch die "\'lll1dervolle Darstellung von .. Tannen berg". In dem "orliegendcn Buche behandelt er die kritischen Herbst­tage 1914, in denen die Armeen Kluck. Bülow und Hausen vor den Toren von Paris standen . Er nimmt die bedrohte Stadt zum Ausgangspunkt seiner Gestaltung und führt uns a lsdann das wechselvolle Spie l zwischen der deutschen, französischen und englischen Front vor Augen . Ein ungeheures Erl ebn is, dessen tragischer Aus­gang bekannt ist, baut sich vor unserem Blickfeld auf.

Hn.

Wehrkatechismus. Von Eugen von Fra u e n hol z. 40 S. Verlag C. H. Beck, München 1934. Preis kar­toniert 0,40 RM.

Die kleine Sch rift stellt leicht faßlich und in ge­drängter Kürze die ei nfachsten Grundfragen des Wehr­wissens nebeneinander, deren Kenntnis nicht nur dem Soldaten, sondern jedem Staatsbürger nötig ist. Ge­gli ede rt in drei U nterabschnitte, I. Vorkenntnisse, H. Heeresorganisationen, Uf. Kriegführung, hat Universitä ts­professor Dr. von Frauenholz auf Grund seiner Unter­richtspraxis einen Leitfaden geschaffen, der es auch dem Laien ermöglicht, sich ein zutreffendes Bild über die grundsätzliche Bedeutung der wichtigsten Fragen, welche die Ausgesta ltung der Wehrkraft eines Volkes betreffen, zu machen. Der billige Preis, der sich bei Sammelbestellungen von Heeres- und SA.-Stell en noch weiter e rmäßigt - und zwar ab 50 Exemplare auf 0,35 RM., ab 100 Exemplare auf 0,30 RM. -, ermöglicht jedermann die Anschaffun g dieses lehrreichen Büch-leins. Hn.

Die Tiere im chemischen Kriege. Von Oberstveterinär Prof. Dr. C. E. R ich tel' s. Zweite Auflage. 187 S. mit 78 Abbildungen im Text und 8 farbigen Tafeln. Verlag Riehard Schoetz. Berlin 1934. Preis geb. 12,60 RM ., broseh. 10.80 RM.

Gegenüber der ersten Auflage') mit 141 S. und 40 Ab­bildungen hat bereits äußerlich das Werk einen erheb­lichen Zuwachs erfahren. Insbesondere sind neue Er­fahrungen auf dem Gebiet der pathologischen Vorgänge und der therapeutischen Maßnahmen sä m tl ich e r Haustiere aufgenommen worden. Ferner hat Verf. auf Anregung von verschiedenen Seiten hin di e den Tieren durch Brisanz- und Brandbomben drohende Gefahr so­wie ihre Abwehr berücksichtigt. Das Schrifttum wurde durch Angabe neuerer Veröffentlichungen erweitert: Sach- und amenverzeichnis sind hinzugetreten . Daß bereits ein e zweite A uflage erscheinen mußte, ist ein deutlicher Beweis dafür, daß das Buch die zu stell enden Erwartungen vo ll und ganz erfüllt. Hn.

11 Vgl. "Gasschutz und Lufl.chulz" 1932, S. 288.

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Richtig helfen bei Unfällen und plötzlichen Erkran­k ungen. Ratgeber in Frage und Antwort für erste Hilfeleistung von Dr. W. D i wok. 96 S., Verlag A. Fröhlich, Leipzig 1934. Kart. -,75 RM.

Man sollte allgemein, wie es Referent ist, gegen so­genannte .. kurzgefaß te Ratgeber" eingestellt sein, weil sie niemals eine Materie so erschöpfen können, daß di e Gefahr einer nur oberflächlichen Orientierung mit allen ihren daraus entstehenden Folgen und Nachteilen vermieden wird. Insbesondere auf medizinischem Ge­biete, wo es sich schließlich um Menschenleben han· delt, kann auf diese Weise oft mehr geschadet als genützt werden. Die Forderung nach Billigkeit eines Büchleins darf bei seiner Abfassung nicht ausschlag­gcbend sein. Verf. der vorliegenden Broschüre ist äußerlich der Gefahr, die Materie nicht auszuschöpfen, ausgewichen. indem er sein an sieh richtiges Werkchen als .. für aus g e b i I d e t e Helfer" geschrieben be­zeichnet. Er setzt also vieles voraus. So kann auch diese sonst fleißige Arbeit ein eigentliches Lehrbuch der ersten Hilfe und Samaritertätigkeit nicht ersetzen, das ich allein a ls Grund lage einer sachgemäßen Aus­bildung von Sanitätsmannschaften neben der theoreti­schen und praktischen Belehrung durch einen Arzt an­sehen kann .

Auf Einzelheiten einzugehen, erübrigt sich bei dem bekannten Stoffgebiet. Wenn Verf. den Sauerstoff­inhalationsapparat unter die Apparaturverfahren der Methoden der künstlichen Atmung rechnet, so muß er wohl in einer leuauflage hier die Korrekturfeder ansetzen . Mu.

Per iod i sc h e Mit t e j lu n gen .

Antigaz (Bukarest, Rumänien), Nr. 7/8 (Juli/August 1934) : Wirkung von Lewisit und Athyldichlorarsin auf Haut und Augen. - Sammelschutz gegen aerochemische Angriffe. - Maskenimprägnierung gegen Kampfstoffe. - Das Pferd im chemischen Krieg. - Schutz der Zivil­bevölkerung gegen den chemischen Krieg.

Chimija i Oborona (Moskau), Nr. 7 (Juli 1934): Auf­gaben des Gas- und Luftschutzes. - Verwendung von Rauch und Nebel. - Reizstoffe. - Signalisieren des chemischen Aufklärers. - eßhafte Kampfstoffe. -Entwicklung der modernen Gasmaske. - Luftschutz Japans. - Chemische Industrie Frankreichs. - Neues von Chemie und Luftschutz. - Nr. 8/9 (August/Sep­tember): Für Umstellung im Gas- und Luftschutz. -Verwendung von Rauch und Nebel (Schluß). - Jsolier­ge rä te. - A rbeit einer Entgiftungsa bteilung. - Che­mische Industrie Polens. - Neues von Chemie und Luft­schutz. - N r. 10 (Oktober): Farbige Nebel. - Jsolier­geräte (Schutz gegen Lost). - Kampfstoffe. - Schutz­räume. - Passiver Luftschutz in Deutschland. - Neues von Chemie und Luftschutz.

II Contro Aereo (Mailand, Italien), Nr. 13 (10. Juli 1934) : Propagandamethoden. - Aeroehemischer Angriff. - Erstickende Kampfstoffe. - Schutz der Privathäuser gegen Luftangriffe. - N r. 14 (25. Ju li): Ober industrielle Mobilmachung. - Luftabwehr-Artillerie und Lufttaktik. - Nr. 15/16 (25. August): Aktu alitätsfragen. - Presse und Luftschutzübungen. - Klerus und Luftschutz. -Luftschutz der Gebäude. - Jagdflugzeuge. - r. 17/18 (25. September): Klare Erkenntnis führt zu ruhigem Vertrauen. - Bekämpfung von Brandbomben. - Flüssi­ges Kohlenoxyd? - Entgiftung. - Wirkung der Flug­abwehr. - Nr. 19/20 (25. Oktober): Schutz der Zivil­bevölkerung. - Bakterienkrieg. - Schützenfeuer gegen Tieffliegcr.

Draeger-Hefte, Nr. 173 (Juli-August 1934): S-Maske. -Gasspürgerät Dräger-Schröter, Modell 6. - Lostdampf und Chlorka lk . - Gasmasken oh ne Klarscheiben. -Gewe rbli cher Schutz gegen Kohlenoxyd. - Kohlenoxyd­vergiftung. - Balglüfter. - Lehr- und Ausbi ldungs­praxis des industriellen Gasschutzes. - Rettungs-Kon­greß Kopenhagen. - Atemschutzausbi ldung in Bern.

Die Gasmaske, Heft 5 (September 1934): Gesichter und Gasmasken. - Gassch utzlabo ratorium der Kopen­hagener Feuerwehr. - Atemge räte für Höhenfahrten. -150 Jahre Schl auchgerät. - Ventilprüfer für S-Maske. - Degea-CO-Gerät. -