GELD-Magazin, Dezember 2015

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BANKEN IN DER BREDOUILLE: SIE HABEN DAS INTERNET-BANKING VERSCHLAFEN ° EDELMETALLE Die Nachfrage nach Gold ist anhaltend hoch. Und dennoch haben sich die Preise in den letzten vier Jahren halbiert. Ist das normal oder wird hier manipuliert? ° EMERGING MARKETS China leidet unter Wachstumsschwäche. Der Börsencrash im Sommer ist noch gut in Erinnerung. Andere Märkte stehen hin- gegen vor einem kräftigen Aufschwung. ° NACHHALTIGKEIT Ethische Investments boomen. Das The- ma hat die obersten Etagen der Finanz- industrie erreicht. Die Vorteile für gute Gewinne sind eindeutig in der Überzahl. Das Magazin für Wirtschaft, Politik & Investmentprodukte • Anleihen, die Sie jetzt meiden sollten • Aktien, die weiterhin hohe Profite versprechen • Immobilien, die ausreichend Rendite bringen 4profit Verlag GmbH, 1010 Wien, Rotenturmstraße 12 ° Nr. 03Z035262 M ° Ausgabe 12 | 2015 ° 3,60 Euro

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Banken in der Bredouille: Sie haBen daS internet-Banking verSchlafen

° EdElmEtallEDie Nachfrage nach Gold ist anhaltend hoch. Und dennoch haben sich die Preise in den letzten vier Jahren halbiert. Ist das normal oder wird hier manipuliert?

° EmErging markEtsChina leidet unter Wachstumsschwäche. Der Börsencrash im Sommer ist noch gut in Erinnerung. Andere Märkte stehen hin­gegen vor einem kräftigen Aufschwung.

° nachhaltigkEitEthische Investments boomen. Das The­ma hat die obersten Etagen der Finanz­industrie erreicht. Die Vorteile für gute Gewinne sind eindeutig in der Überzahl.

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Die Inhalte dieses Dokuments sollten nicht als ein Angebot, eine Empfehlung oder eine Aufforderung verstanden werden, in UCITS Fonds, Hedgefonds, Wertpapiere oder in andere Finanzpro-dukte von DNB Asset Management S.A. oder einer anderen Firma innerhalb der DNB Gruppe oder eines anderen Finanzinstitutes zu investieren oder diese zu verkaufen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit gibt keinen Aufschluss über die künftige Wertentwicklung. Investments in UCITS und Hedgefonds sind von Natur aus spekulativ und bergen Risiken unterschiedlichen Gra-des. Investments sind nicht für alle Investoren auf gleiche Art und Weise geeignet, da die Möglichkeit besteht, dass sie einen Großteil, oder schlimmstenfalls die gesamte Investition, verlieren.

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editorial °12/2015 – 01/2016

º MedieneigentüMer 4profit Verlag GmbH º MedieneigentüMer-, Herausgeber- und redaktionsadresse 1010 Wien, Rotenturmstraße 12, T.: +43/1/997 17 97-0, F.: DW-97, [email protected] º Herausgeber Dr. Wolfgang Freisleben º gescHäftsfüHrung Mario Franzin, Snezzana Jovic

º cHefredakteur Mario Franzin º redaktion Mario Franzin (mf), Dr. Wolfgang Freisleben (wf), Mag. Harald Kolerus (hk), Wolfgang Regner (wr) º grafik Noura El-Kordy º bilder Shutterstock, Manfred Burger º coverfoto Shutterstock º datenanbieter Lipper Thomson Reuters*, software-systems, Morningstar Direct º verlagsleitung Snezana Jovic º Projektleitung Dr. Anatol Eschelmüller º druck Berger Druck, 3580 Horn, Wiener Straße 80 º vertrieb Morawa Pressevertrieb, 1140 Wien

www.geld-magazin.atAbo-Hotline: +43/1/997 17 97-33 • [email protected]

* Weder Lipper noch andere Mitglieder der Reuters-Gruppe oder ihre Datenanbieter haften für Fehler, die den Inhalt betreffen. Performance-Ranglisten verwenden die zur Zeit der Kalkulation verfügbaren Daten. Die Beistellung der Performance-Daten stellt kein Angebot zum Kauf von Anteilen der genannten Fonds dar, noch gilt sie als Kaufempfehlung für Investmentfonds. Für Investoren gilt es zu beachten, dass die vergangenen Performance werte keine Garantie für zukünftige Ergebnisse darstellen.

Heuer konnte man schön beobachten, wie abhängig die Märkte von den Zuwendungen der Zentralbanken geworden sind.

Im Wettlauf darum, die landeseigene Konjunktur zu stützen und mit Hinblick auf die sich abschwächende Weltkonjunktur werden rund um den Globus die Leitzinsen gesenkt und massenweise Schuldtitel gekauft (Quantitative Easing). Jedes Land versucht von einem kleiner werdenden Kuchen ein noch ausreichend großes Stück zu erhaschen. Und der Kuchen wird deswegen kleiner, weil Wirtschaftswachstum in den letzten Dekaden vornehmlich durch neue Schulden finanziert wurde, wobei die Zinsbelastung eine natürliche Obergrenze darstellt – normalerweise. Die Marktverzer-rungen, die wir jetzt sehen, entstehen durch künstliche Verschie-bungen dieser Obergrenze durch die Zentalbanken, indem sie die Zinsen extrem tief halten und die Märkte mit Geld fluten.

Für Geldanleger war das bislang ein Segen – vor allem Anleihen und viele Aktien erlebten einen Boom. Immer billigeres Geld trieb aber auch die Preise von Immobilienanlagen nach oben. Wir haben immerhin eine sieben Jahre andauernde Boomphase hinter uns. Dieser Trend zeigt aber jetzt Ermüdungserscheinungen und profes-sionelle Anleger werden zu Recht immer nervöser, wie man am August-Trauma erleben konnte. Das Tückische daran ist, dass Preis-steigerungen bei Sachwerten in der Regel nur Buchgewinne sind, die sich bei einem Platzen einer Überbewertungs-Blase wieder in Luft auflösen.

Aus diesem Szenario kann man nun eine Strategie für die Geld-anlage ableiten: Staatsanleihen sind zu meiden, sofern sie keine zu-sätzlichen Währungschancen bieten – lieber breit gestreut in höher verzinsliche Schuldtitel investieren. An den Aktienmärkten sollte man sich jene Perlen herauspicken, die von Megatrends profitieren, wie zunehmende Automatisierung, IT-Vernetzung, Energiespeiche-rung, demografische Entwicklung etc. – vor allem in Europa. Zu-sätzlich bieten sich alternative Anlagestrategien an, die Marktrisiken vermeiden: Long/Short-Produkte sowohl im Anleihen- als auch im Aktienbereich, Währungspaare oder auch Global Macro-Fonds.

Holperstrecke

Mario franzin Chefredakteur GELD-Magazin

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4 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Brennpunkt

06 ° pAnOrAMA. Finnland: Frauen sind die besten Chefs + Studie: Sind Österreicher zu geizig?

08 ° IntervIew edeltrAud HAnAppI-egger. Die neue Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien über die Rolle der Frau in Wirtschaft und Politik.

12 ° kOMMentAr des HerAusgeBers. Die Zweifel an der Europäischen Union wachsen.

14 ° uMBrucH IM BAnkensektOr. Struktur­änderungen bedrohen europäische Institute.

20 ° FInAnce wAtcH. USA: Banken verdienen prächtig + JPMorgan/Citigroup: Boni ohne Ende.

BAnkIng

22 ° pAnOrAMA. USA vs. Europa: Amerikanische Banken haben die Nase vorne + London: Manager bangen um Prämien.

24 ° sperrgeBüHren. OGH­Urteil: Das Sperren von Bankomatkarten darf nichts kosten.

geldAnlAge

26 ° pAnOrAMA. „Dr. Doom“: Marc Faber setzt auf Edelmetalle + Hedgefonds­Liebling: Amazon.

27 ° IntervIew M. BHAtkuly / r. MItO. Die Aktien experten vergleichen die spannenden Märkte Indien und Japan.

28 ° excHAnge trAded Funds. Das Angebot an ETFs wächst rasant – so finden Sie die besten Produkte.

34 ° IntervIew dAvId rOBerts. Der Kames­Fondsmanager meint: „Flexibilität öffnet Chancen am Anleihenmarkt.“

36 ° eurOpA-AktIenFOnds. Immer mehr spricht für die Börsen des Alten Kontinents.

40 ° IntervIew cOMgest-eurOpAteAM. Re­becca Kaddoum, Franz Weis und Eva Fornadi erklären, wo die besten europäischen Aktien zu finden sind.

42 ° FrOntIer MArkets. Schwellenländer aus der „zweiten Reihe“ wollen ganz weit nach vorne.

45 ° IntervIew rIcHArd yAng. Der Bond­Experte von Nexus glaubt, dass asiatische Anleihen unterschätzt werden.

46 ° nAcHHAltIgkeIts-FOnds. Energieeffizienz ist einer der wichtigsten Trends der kommenden Jahre.

50 ° gOld. Stecken Manipulationen hinter dem fallenden Preis des Edelmetalls?

54 ° InstItutIOnAl InvestOrs cOngress. Anlageprofis blicken verhalten optimistisch in das Jahr 2016.

57 ° IntervIew steFAn löwentHAl. Der Mac­quarie­Experte sieht kaum Alternativen zu Aktien.

58 ° pAnOrAMA. Scheidung: Börse Wien verlässt Börse Budapest + Heiko Thieme: „Lumpensammeln“ als Investmentstrategie.

60 ° weltBörsen. USA: Robuster Arbeitsmarkt + Europa: Geldflut bleibt aus + Indien: Hohes Tempo.

62 ° AnlAgetIpps. Fielmann: Klare Sicht + McDonald’s: Fette Dividende + W&W: Sehr günstig bewertet + Dorma&Kaba: Rekordhoch.

66 ° Börse wIen. Wenn Dividende und Bewertung stimmen – heimische Aktien mit Potenzial.

68 ° Börse deutscHlAnd. Abgesehen vom VW­Crash hat sich der DAX gut entwickelt und birgt noch immer Potenzial. Cr

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28 Ausblick 2016

Page 5: GELD-Magazin, Dezember 2015

84 Vorsorge-Trends

Inhalt °12 / 2015

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 5

AlternAtIve InvestMents

70 ° pAnOrAMA. Indonesien: Verheißungsvoller Schuldenerlass + ETF Scurities: Dollar wird schwächer. 72 ° prIvAte equIty. Keine Alchemie: Das hei­mische Unternehmen Ecoduna will aus Algenzucht bare Münze schlagen.

74 ° IMMOBIlIen. Sachwerte bleiben für den Ver­mögenserhalt höchst attraktiv.

77 ° IntervIew MArIO kMentA. Der trivium­Geschäftsführer verrät, welche Immobilien attraktive Renditen abwerfen.

78 ° rOHstOFF-rAdAr. Erdöl: Ende der Durst­strecke? + Kupfer: Schlechte Diagnose + Zucker: Investoren dohen saure Zeiten.

80 ° cOntrActs FOr dIFFerence. Hebelwir­kung auch bei fallenden Kursen nutzen.

versIcHerung & vOrsOrge

82 ° pAnOrAMA. Ergo: Klassische Lebensversiche­rung ade! + Spängler: Österreichs Pensionssystem ist dringend reformbedürftig.

83 ° Flv-lIstIng. Der monatliche Überblick zu fondsgebundenen Lebensversicherungen.

84 ° vOrsOrge-trends. Die Absicherung für den Ruhestand rückt weiter in den Fokus.

servIce

87 ° wIssen. Gefahr aus dem Internet: Schutz gegen Hacker (Cyber­Security) gewinnt an Bedeutung.

88° steuertIpps. Dem Fiskus keinen Euro schenken.

90° BucHtIpps. Berufsausbildung zum Trader + Die große Enteignung + NATO­Geheimarmeen in Europa.

74 Immobilien

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Page 6: GELD-Magazin, Dezember 2015

brennpunktPanorama

6 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Fixit? Erstmals in der Geschichte der europäi­schen Gemeinschaftswährung könnte 2016 die Bevölkerung eines Mitgliedsstaates über den Verbleib ihres Landes im Euro abstimmen. In Finnland wurde im November mit einem Volksbegehren, das von rund 50.000 Bürgern unterzeichnet wurde, zumindest der Grund­stein für ein künftiges Euro­Referendum gelegt. Der ehemalige Musterschüler aus dem hohen Norden steckt aktuell in der längsten Rezes­sion seiner jüngeren Geschichte, wofür ein Teil der Bevölkerung nicht zuletzt die Europäische Union und die gemeinsame Währung verant­wortlich zu machen scheint. Obwohl sich alle finnischen Parlamentsparteien, darunter sogar die rechtspopulistischen „Wahren Finnen“, für einen Verbleib im Euro aussprechen, scheint eine Volksabstimmung im kommenden Jahr nicht gänzlich unmöglich. Die gute Nachricht: Auch wenn das Parlament in Helsinki grünes Licht für das Referendum geben sollte, spre­chen die Umfragen dafür, dass sich nur rund ein Drittel der Finnen für den „Fixit“ ausspre­chen wird.

FInnLAnDLand des Monats

ECKDATEN

Staatsform Parlamentarische RepublikHauptstadt HelsinkiAmtssprache Finnisch und SchwedischStaatsoberhaupt Sauli NiinistöRegierungschef Juha SipiläFläche 338.145 km2

Einwohner etwa 5.479.000 MillionenBevölkerungsdichte rund 16,2 pro km2

Währung EuroBIP (2014) 204 Milliarden EuroBIP pro Kopf (2014) 37.351 EuroKfz-Kennzeichen FINInternet-TLD .fiInternat. Telefonvorwahl +358Unabhängig seit 1917Nationalfeiertag 6. DezemberGrößte Städte Helsinki, Espoo, Tampere, VantaaVerwaltungsgliederung 6 Regionalverwaltungsbezirke plus Aland InselnNachbarstaaten Norwegen, Russland, SchwedenHöchste Erhebung Haltitunturi (1324 m)

STArKE WorTE ´´

„Dann ist er das größte Kapitalistenschwein.“

Unternehmer Georg Pfeif-

fer, durch die Pleite seiner

Supermarktkette Zielpunkt

ins mediale Rampen-

licht gerückt, zeigt sich

in einem Profil-Interview

entsetzt über die unter-

nehmerfeindliche Stimmung im Land. Firmen

würden nur geduldet, solange sie Arbeitsplätze

schaffen, sollten aber „tunlichst darauf achten,

kein Geld zu verdienen“.

ZAhLENSpIELE

1,61Starke Frauen. Laut einer im November veröffentlichten Erhe­

bung der Wirtschaftsauskunftei Crif sind Frauen die besseren Führungskräfte. Während 3,25 Pro­zent der Unternehmen mit männlichen Chefs Pleite gehen würden, sind lediglich 1,61 Prozent der von Frauen geleiteten Firmen von Insolvenzen betroffen. „Befürworter für mehr Frauen in Füh­rungspositionen können sich über dieses Ergeb­nis freuen. Es zeigt relativ deutlich, dass Unter­nehmen, deren Leitung mit einer oder mehreren Frauen besetzt ist, rentabler arbeiten“, kommen­tiert Crif Österreich­Geschäftsführer Boris Recsey. Nichtsdestotrotz geben laut der Wirtschaftsaus­kunftei nach wie vor die Männer den Ton in der heimischen Wirtschaft an.

60.000B e v ö l k e -r u n g S z u -

wachS. Österreichs Bevölkerung wird künftig um rund 60.000 Menschen pro Jahr wachsen, wie die Statistik Austria Ende November bekannt gab. Dieses starke Wachstum sei laut Statistik­Generaldirektor Konrad Pesendorfer vor allem der Migration geschuldet. Würde der Zuzug von Asyl­werbern weiterhin so stark bleiben, ist sogar ein Anstieg von knapp 100.000 Menschen pro Jahr möglich. Halten die aktuellen Prognosen, wird die Alpenrepublik voraussichtlich im Jahr 2022 die Marke von neun Millionen Einwohnern knacken. Momentan leben in Österreich 1,45 Millionen Menschen, die nicht hierzulande geboren wur­den. Bis zum Jahr 2030 wird ihre Anzahl um über 40 Prozent, auf 2,07 Millionen, steigen. Kärnten und die Steiermark sind die einzigen beiden Bun­desländer, die langfristig mit einem Rückgang der Bevölkerung zu kämpfen haben werden.

400.000.000ZAhLENSpIELE

china. Getrieben durch immanente demogra­fische und soziale Problemstellungen wurde die seit 1979 gültige Einkindpolitik für beendet er­klärt. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xin­hua zu vermelden wusste, ist es chinesischen Paaren ab sofort erlaubt, zwei Kinder zu bekom­men. Die vor über 35 Jahren als „Bremse“ für das explosionsartige Bevölkerungswachstum im Reich der Mitte eingeführte Regelung, soll – so offizielle Schätzungen – über die Jahrzehnte zu rund 400 Millionen Geburten weniger geführt haben. CR

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Page 7: GELD-Magazin, Dezember 2015

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 7

geizigeS öSterreich? Eine vom Financial Planning Standards Board, der internationalen CFP­Dachorganisation, in Auftrag gegebene GfK­ Erhebung gibt nun Aufschluss über die finan­ziellen Wünsche und Ziele der österreichischen und europäischen Bevölkerung. Die finanziellen Ziele der Europäer unterscheiden sich vielfach nur geringfügig voneinander. „Nichtsdestotrotz gibt es einige ausgeprägte länderspezifische Eigenheiten sowie alters­, geschlechts­ und einkommensspezifische Unterschiede“, kom­mentiert Helmut Siegler, Vorstandsmitglied des Österreichischen Verbandes Financial Plan­ners, die Studienergebnisse. Wie in den meisten europäischen Ländern hat die Schuldenfreiheit mit 57 Prozent auch in Österreich die obers­te Priorität. Die weiteren Finanz­Ziele unserer Landsleute folgen danach mit etwas Respektab­

STuDIE DES MoNATS

stand. So gaben beispielsweise 45 Prozent der Österreicher als Ziel an, ihren Lebensstandard auch in der Pension beibehalten zu können. Sein enges Umfeld im Fall der Fälle finanziell unterstützen zu können und bei Bedarf ausrei­chend liquide Mittel für größere Anschaffungen zu haben, sind 36 beziehungsweise 35 Prozent der Menschen im Land wichtig. Österreich ist auch für den wohl interessantesten statistischen „Ausreißer“ der Studie verantwortlich. Während das Ziel, ein ausreichend großes Vermögen für seine Nachkommen zu hinterlassen, im Europa­Schnitt immerhin bei zwölf Prozent liegt, gaben lediglich fünf Prozent der befragten Österrei­cher selbiges als Priorität an. Generell dürfte der deutsche Sprachraum in puncto Vererben am egoistischsten denken. In Deutschland und der Schweiz gaben ebenfalls nur acht beziehungs­

weise sieben Prozent der Befragten an, dass es ihnen wichtig sei, ein ansehnliches Vermögen an die nächste Generation weitergeben zu können. In den Niederlanden (12 Prozent), Frank reich (16 Prozent), Irland und Großbritannien (jeweils 17 Prozent) sind die Werte diesbezüglich weit höher angesiedelt.

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Page 8: GELD-Magazin, Dezember 2015

GELD ° Was hat Sie zum Wechsel von Fach und Universität bewogen?PROF. DR. EDELTRAUD HANAPPI-EGGER: Informatikerin mit Gender-Themen beschäftigt. Insbesondere nach der Dissertation. Im Zuge meiner Forschungsarbeiten zu Social Shaping of Technology. Über die inhaltliche Notwendig-keit von Organisationsstudien bin ich dann auf Gender-Fragen gestoßen. Darüber hinaus bin ich als eine Frau, die an der TU Informatik stu-diert hat, auch immer wieder zur Frage, warum so wenige Frauen Technik studieren, angefragt worden. In Informatik war der Prozentsatz gar nicht so klein wie im Vergleich zu Maschinen-bau und Elektrotechnik, aber im Vergleich zur Architektur natürlich weitaus geringer. Ich habe mich dann im Fach Angewandte Informatik ha-bilitiert und 2002 an der WU um den neuen Lehrstuhl „Gender and Diversity Organisation“ im Fachbereich Betriebswirtschaft beworben.

Wofür steht bei Ihnen persönlich Gender? Gender ist eigentlich ein multi-dimensionales Konzept, das unterschiedliche Faktoren betrifft. Insofern ist es eine gesellschaftliche Ordnungs-Kategorie. Das heißt, es gibt Vorstellungen davon, wie Frauen und Männer sein sollen, und gleichzeitig auf der Wirtschaftsseite eine ver-geschlechtlichte Konnotation von Tätigkeiten bzw. Berufen.

Zu Recht? Nein. Das ist in Wirklichkeit eine massive Eng-führung von Qualifikationsprofilen. Wir haben uns das in vielen Bereichen angeschaut. Es gibt interessante Beispiele, wie sich diese Geschlech-terzuschreibungen von Berufen auch verändern. In der Literatur wird das Geschlechtswandel von Berufen genannt. Die frühesten Program-mierarbeiten wurden von Frauen ausgeführt. Da war das noch als Datatypistin konnotiert. Als es dann der prestigeträchtige Programmier-beruf geworden ist, wurde er interessanterweise ein Männerberuf.

Sind Sie Feministin? Steigen Sie für die Rechte der Frauen auf die Barrikaden? Ich steige für Chancengleichheit und Gleich-behandlung auf die Barrikaden (lacht).

Sind Frauen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft benachteiligt? Ich würde es nicht so biologisierend sehen wol-len – die Frauen, die Männer. Aber: Weiblich konnotierte Tätigkeiten, Fertigkeiten und Kom-petenzen werden mitunter anders bewertet als maskulin konnotierte.

Berechtigt? Ticken Frauen anders als Männer? So einfach ist das nicht. Da sind oft andere Korrelationen wichtiger. Sehr oft müssen wir ja Gender kombinieren, z.B. mit Ausbildung.

Durch welche Schulen und Bildungsinstitu-tionen sind die Menschen gegangen. Und da haben sie untereinander oft mehr Gemeinsam-keiten als Unterschiede. Ich glaube zum Beispiel, dass ich als Informatikerin mit Technikern mehr gemeinsam hatte als mit Künstlerinnen.

„Die Zeit“ fragt in einer der letzten Ausgaben: Sind Frauen die besseren Anleger? Das wäre mir zu simpel. „Die Frauen“ und „Die Männer“ würde ja rein inhaltlich implizieren: Jeweils 100 Prozent machen es so oder anders. Mich würde bei so einer Frage interessieren: Wie korreliert das zum Beispiel mit Ausbildung? Mit bestimmten Universitäten und MBAs?

Es gab gerade eine Untersuchung, wonach Frauen Firmen seltener in die Insolvenz führen als Männer. Sehen Sie dafür einen Grund? Das ist wirklich eine spannende Frage. Ich wür-de mich hinreißen lassen zu der Annahme, dass möglicherweise diese Firmen interessante Firmen-Charakteristiken aufweisen. Und viel-leicht in Summe qualitätsvoller arbeiten und agieren und daher Frauen auch entsprechende Karrieren machen können. Möglicherwei-se korrelieren solche Phänomene also mit den Unternehmenskulturen, die Frauen ermög-lichen, Leitungsfunktionen zu übernehmen und dann tatsächlich erfolgreicher und nach-haltiger sind.

Ist die gendergerechte Schreibweise für Sie zwingend? Geschlechtergerechte Sprache ist für mich eine absolute Selbstverständlichkeit. Wir leben das auch an den Universitäten. Dass Sprache das Denken bestimmt und umgekehrt, ist ein Faktum. Insofern, und da denke ich jetzt als Informatikerin, haben wir in der deutschen Sprache zumindest die Genus-Gruppen und es cr

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8 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die neue Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien erläutert im Gespräch mit dem GELD-Magazin das Phänomen des Zeitgeistes und die Stellung der Frauen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Ihre Aufgabenziele an der WU sieht sie durch ein knappes Budget gebremst. Wolfgang Freisleben

Gender als pures Selbstverständnis

Prof. Dr. Hanappi-Egger: „Ich steige für Chancengleichheit ... auf die Barrikaden“ cr

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Page 9: GELD-Magazin, Dezember 2015

hat einen höheren Informationsgehalt, wenn ich die jeweilige Genus-Gruppe, die ich mei-ne, auch sprachlich ausdrücke. Wenn ich beide meine, muss ich auch beide nennen.

Legen sie Wert darauf, dass auch Bücher in der gendergerechten Schreibweise gedruckt werden? Die Bücher, die Sie hier sehen, sind alle von mir und natürlich geschlechtergerecht geschrieben (lacht und deutet auf das Bücherregal mit -zig Büchern).

Idente Entlohnung für Frauen und Männer? Ich gehe schon vom Verständnis aus, dass für die gleiche Arbeit auch der gleiche Lohn zu zahlen ist.

Aber die Realität in der Wirtschaft ist eine andere! Ja. Es gibt zweifellos eine Lohn-Schere, die man ja immer wieder auch diskutiert. Daher sollte man nachforschen, warum das so ist! Und wenn es keinen plausiblen Grund gibt, dann gibt es einen unplausiblen und dann ist es eine Form von Benachteiligung und Diskriminierung, die abgestellt gehört.

Werden Sie von Ihrer Position als Uni-Rektorin aus dahingehend Druck machen? Ich kann mich dafür einsetzen, aber das sollte selbstverständlich sein.

Wird das in die Lehre an Ihrer Universität Einfluss finden? Wir haben an der Universität einen Kollektiv-vertrag. Hier wird man aufgrund der Tätigkeit entlohnt und nicht aufgrund der Gender-Zu-gehörigkeit. Natürlich findet das Thema auch Eingang in die Lehre. Bereits zu Beginn des Stu-diums haben wir Lehrveranstaltungen, die sich damit beschäftigen. Aktuell z.B. „Special To-pics in Economic Policy: Gender Relations and Economics“, in deren Rahmen sich Studierende unter anderem auch genau mit der Gehalts-problematik auseinandersetzen.

Benachteiligen Kinder die Karriere der Mutter oder umgekehrt?Das Thema hat sich insofern modernisiert, als wir eine neue Generation von Menschen ha-

ben, in der ja auch Väter für sich in Anspruch nehmen, Familie und Beruf zu vereinbaren. In den skandinavischen Ländern ist dies ohnedies schon längst Realität. Die Frage ist also bereits eine anachronistische. Man müsste fragen, ob die Wirtschaft gewappnet ist für Vereinbar-keits-Modelle von Familie und Erwerbstätigkeit für Männer und Frauen. Und da würde ich sagen: Ja, sie kommt in Schwung. Denn ich stel-le in vielen Diskussionen mit Führungskräften bereits fest, dass die sehr wohl wissen, dass sie gut qualifizierte Personen nur dann halten kön-nen, wenn sie ein gewisses Maß an Flexibilität anbieten.

Sind Sie hier im Haus zufrieden mit der Reflexion von Gender in der Betriebs-wirtschaftslehre? Zufrieden kann man nie sein. Es gibt immer noch Verbesserungsbedarf. Aber wir haben an der WU immerhin eine spezielle Betriebswirt-schaftslehre „Diversitätsmanagement“, wo wir unseren Studierenden – auch in Kooperation mit Firmen – Modelle zeigen, wie entsprechende Unternehmenskulturen und Rahmenbedin-gungen geschaffen werden können, die solche Vereinbarkeits-Thematiken, aber auch generell die Frage von Inklusion adressieren und lebbar machen.

Was verstehen Sie unter „Feministische Öko-nomie“ und „Unbezahlte Care-Arbeit“? Diese Themen sind makroökonomische Fragestellungen, nämlich, welche Rolle Ge-schlechterverhältnisse in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung spielen. Für das zweite Thema gab es sogar einen Nobelpreis. Es ist ja schließ-lich eine interessante Frage, wie man bislang unbezahlte Leistungen, sofern sie privat er-bracht werden, in ein ökonomisches Prinzip der Beurteilung und damit auch in Wirtschaftlich-keitsüberlegungen eingliedern kann. Es sind also Themen, die tatsächlich schon diskutiert werden.

Praktisch und nationalökonomisch scheinen sie aber nicht auf! Makroökonomische Modelle sind Erklärungs-versuche für empirisch beobachtbare Phäno mene unter bestimmten Grundannah- men und als solche immer auch der Refle-

„Ich gehe davon aus, für die gleiche Arbeit auch der gleiche Lohn zu zahlen ist.“

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 9

Im Gespräch mit Prof. Dr. Edeltraud Hanappi-Egger, Wirtschaftsuniversität Wien ° Brennpunkt

zur person:

Univ.Prof. DI Dr. Edeltraud Hanappi-Egger ist seit

1.10.2015 Rektorin der WU Wien. Das Studium

der Informatik schloss sie an der TU Wien und

an der Universität Stockholm mit dem Doktorat

ab. Von 1993-1996 Stipendiatin der Österrei-

chischen Akademie der Wissenschaften. 1996

Habilitation für Angewandte Informatik an der TU

Wien. Seit 1.10.2002 Professorin für „Gender &

Diversity in Organizations“ an der WU Wien. Im

Dezember 2014 Gastprofessorin an der McGill

Universität (Desautels Faculty of Management)

und an der Universität Montreal.

Univ. Prof. Hanappi-Egger hat mehr als 350 Pu-

blikationen zu Gender/Diversität in Organisa-

tionen verfasst, war an mehreren internationa-

len Forschungsinstitutionen (zuletzt an der LSE

und McGill University) und wurde für ihre wis-

senschaftlichen Arbeiten mehrfach ausgezeich-

net. Ihre Forschungsschwerpunkte waren Orga-

nisationsstudien zu Gender/Diversität, Gender

und Technik, Feministische Ökonomie und Ma-

nagementmythen.

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xion unterworfen. Ökonomische Modelle sind z.B. früher davon ausgegangen, rationale Ent-scheidungsträgerInnen hätten immer alle Informationen. Herbert Simon war der Erste, der schon in den frühen siebziger Jahren festge-stellt hat, dass dies eine nicht haltbare Annahme ist, weil man nur beschränkte Informationska-pazitäten hat. Der ganze ökonomische Diskurs ist seit vielen Jahren sehr lebendig.

Ich vermisse von WU-Ökonomen Erklärungen über die Besorgnis erregende weltwirtschaft-liche Entwicklung seit September 2008. Ein Manko?Man muss akzeptieren, dass die Wirtschaftswis-senschaften Diskurs-Räume sind im Sinne von unterschiedlichen Zugängen und Erklärungen. Die gibt es auch an der WU. Die Wirtschaftswis-senschaften und insbesondere die WU als DIE Wirtschaftsuniversität schlechthin im Sinne ei-ner öffentlichen Universität haben die Aufgabe, sich in den Diskurs einzubringen. Und hier sage ich bewusst: wissenschaftlich generiertes Wis-sen zur Verfügung zu stellen! Ich würde mir wünschen, dass viele Gremien und Politiker auf dieses Wissen ernsthaft zurückgreifen und sich auch beraten lassen. Da sind Universitäten sicher eine gute Adresse. Ein Schwerpunkt in den nächsten vier Jahren seitens des Rektorats ist die Frage der Forschungskommunikation: Wie können wir das Wissen, dessen Generie-rung ja auch mit öffentlichen Geldern finanziert wird, tatsächlich zur Verfügung stellen. Und wie können wir Wirtschaftswissenschaften so kommunizieren, dass ein Thema verständlich und nachvollziehbar wird.

WU-Studenten lamentieren: 500 Millionen Euro für den neuen Campus waren da, doch im Betrieb fehlt das Geld für ausreichend Personal. Der Universitäts-Campus ist unbestrittener-maßen eine große Errungenschaft und ein historischer Meilenstein mit viel internatio-naler Anerkennung. Allerdings hat sich in den Leistungsvereinbarungen mit dem Ministe-rium gezeigt, dass nicht ausreichend Geld zur Verfügung steht, um die Vorhaben, die ich ger-ne in den nächsten Jahren umgesetzt hätte, zu finanzieren. Das heißt, dass alle neuen Vorha-ben gestrichen wurden. Für mich als Rektorin

bedeutet das: Ich werde für die wichtigen Vorha-ben eigene Mitteln aufstellen müssen. Weil ich mir nicht leisten kann und will, diese Universi-tät zum Stillstand zu verurteilen. Insofern wird es auch notwendig sein, Effizienz steigernde Maßnahmen zu setzen und nach Einsparungs-möglichkeiten zu suchen. Aber ganz sicher will ich nicht bei der Qualität von Lehre und For-schung sparen.

Eigenmittel heißt was? Studiengebühren? Nein. Reserven, die wir haben, beziehungs weise Sponsorgelder.

Studenten klagen, dass sich zu Semester-beginn jeweils Hunderte gleichzeitig binnen drei Sekunden per Internet für Kurse anmelden müssen, weil sie sonst keinen Platz haben und womöglich erst ein ganzes Semester später es nochmals auf gleiche Art versuchen können. Darauf werde ich oft angesprochen. Wir haben im Bachelor Sozial- und Wirtschaftswissenschaf-ten ganz zu Beginn ein Aufnahmeverfahren. Bei der Anmeldung zu Kursen, die an sich ausrei-chend zur Verfügung stehen, gibt es aber halt die beliebten Zeiten und ein paar unbeliebtere.

Beispielsweise sind die Randzeiten für Übungs-plätze unbeliebter. Andererseits kommt es zu Spitzen an den bevorzugten Zeiten. Daraus er-gibt sich manchmal ein Verteilungsproblem. Aber wir schaffen es auch kurzfristig, zu-sätzliche Studienplätze bereitzustellen, wenn unerwartet mehr Personen an den Kursen teil-nehmen wollen. Darin sind wir inzwischen hoch effizient.

Kritisiert wird auch, dass man die SBWLs – Spezielle Betriebswirtschaftsfächer – nicht frei auswählen kann, sondern Kriterien erfüllen oder Aufnahmetests machen muss. Es wird also sogar bei den Spezialisierungen noch absichtlich schwer gemacht, das zu studieren, was einen interessiert. Wir haben ausreichend SBWL-Plätze geschaf-fen, damit die Studierenden auch alle einen Platz haben. Aber wir haben eben ein paar „Su-perstars“ unter den Lehrenden, zu denen alle wollen. Es gibt also eine Ungleichverteilung in der Nachfrage. Ich kann aber nicht rein nachfra-gegesteuert Plätze vergeben und einem Institut zumuten, dass es viermal mehr Studierende nehmen muss als andere. Das heißt, wir haben ein Verteilungsproblem und kein quantitatives Problem insgesamt. Die WU macht regelmä-ßig Feedbackschleifen mit Studierenden. Dabei hat sich gezeigt, dass über 90 Prozent ihre prä-ferierte SBWL erhalten und über 80 Prozent die zweite Wahl. Und da ärgert es mich natürlich ein bisschen, wenn die WU eine schlechte Re-putation kriegt, die sie sich nicht verdient hat.

Eine letzte Frage: Stört es Sie nicht, dass etliche WU-Professoren in erster Linie ihren Privatgeschäften nachgehen, kaum auf der WU anzutreffen sind und ihre Assistenten den Lehr-betrieb „schupfen“? Immerhin werden die Pro-fessoren ja für Voll- und nicht Teilzeit bezahlt!Ich weiß nicht, woher Sie diese Behauptung haben. Tatsache ist, dass sich unsere Profes-sorinnen und Professoren vielfältigen Aufgaben widmen. Dazu zählt das – nebenbei erwähnt – vertraglich geregelte Engagement in der Lehre ebenso wie Forschung und organisato-rische bzw. administrative Angelegenheiten. Von außen fehlt hier vielleicht einfach der Einblick, wieviel tatsächlich bewältigt wer- den muss. cr

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„Ganz sicher will ich nicht bei der Qualität von Lehre und Forschung sparen.“

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Vielfache Auszeichnungen

Morningstar RatingTM GesamtStand: 31.10.2015 2. Platz: 1 Jahr

2007 • 2008 • 2009 • 2010

2011 • 2012 • 2013 • 2014 • 2015

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ortet eine Zerreißprobe für die Europäische Gemeinschaft. Die Instanzen haben in der Flüchtlingskrise kläglich versagt. Manche Länder wollen die Bevormundung aus Brüssel nicht uneingeschränkt akzeptieren.

Wolfgang Freisleben

Die Bürokraten in Brüssel scheinen der-zeit ziemlich verstört. So, dass es Jean-

Claude Juncker fast schon entsetzt auf den Punkt brachte, als er bekannte: Die Union sei in einem schlechten Zustand und sehe sich einer Zerreißprobe ausgesetzt. Der Streit um das dritte Hilfspaket für Griechen-land und der mögliche Grexit, also ein Aus-tritt Griechenlands aus der Währungsunion, hat in der EU bereits tiefe Gräben aufgeris-sen. Ein Brexit, also der Austritt Großbritan-niens aus der EU insgesamt, wäre der An-fang vom Ende der heutigen EU. Denn wenn einmal jedes Land beginnt, die Vor- und Nachteile der EU oder der Währungsunion zu überprüfen, dann ist der Ausgang heute ungewiss. Die Wirtschafts-, Finanz- und So-zialkrise, in der sich die Gemeinschaft nun bereits das achte Jahr befindet, hat bereits tiefe Gräben aufgerissen. Das offensichtliche Missmanagement in der Flüchtlingskrise und das Unvermögen, bei den ersten Anzei-chen die richtigen Maßnahmen zu ergrei-fen, hat das Vertrauen in die EU-Kommis-sion und auch in die deutsche Kanzlerin An-gela Merkel, die mit ihrer Willkommens-Unkultur Flüchtlinge aus den Lagern in Griechenland und der Türkei herbeigelockt hat, zutiefst erschüttert. Der anhaltende Flüchtlingsstrom droht die EU nun endgül-tig auseinander zu reißen.

Dabei geht es auch um ein Glaubensbe-kenntnis: Mehr oder weniger Zentralstaat. Müssen sich die Brüsseler Bürokraten wirk-lich in jedes intimste Detail des täglichen Le-bens einmischen und europaweit ein ein-heitliches Reglement vorschreiben? Kann man sich auf sie verlassen? Oder genügt nicht doch, was schon Charles de Gaulle verlangt hat: eine Union der Vaterländer an

Stelle eines einheitlichen Zentralstaates nach US-Vorbild. Doch wer in Brüssel in eine Spitzenposition aufgerückt ist, zeigt nur mehr wenig Bereitschaft, die Perspektive der Einzelstaaten zu berücksichtigen bzw. diese einzunehmen. Stattdessen legen diese Politi-ker eine dogmatische Grundhaltung an den Tag: Das eigene EU-Bild wird unkritisch vorausgesetzt oder für unumstößlich gehal-ten und durch Immunisierungsstrategien gegen Hinterfragungen verteidigt.

Diese Überheblichkeit zeigt sich aktuell darin, dass den Griechen angedroht wird, sie aus dem Schengen-Verbund auszuschlie-ßen, wenn sie nicht bis Mitte Dezember den Strom der Flüchtlinge durch ihr Land zü-geln, die EU-Außengrenze besser sichern und die Migranten besser kontrollieren.

Umgekehrt haben die Dänen eben erst in einem Referendum mit 53 Prozent der Stimmen gegen eine engere Kooperation mit den EU-Polizei- und -Justizbehörden gestimmt und Brüssel eine schallende Ohr-feige verpasst, indem sie die Annahme jener 22 EU-Gesetze ablehnten, von denen die Dänen bisher ausgenommen waren. Die Mehrheitsentscheidung innerhalb der EU war gegen den Widerstand von Tschechien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei ge-troffen worden. Tschechien und die Slo-wakei haben mit Klagen beim Europäischen Gerichtshof gedroht.

Schließlich stellte sich kein Geringerer als EU-Ratschef Donald Tusk hinter die Länder, die sich gegen eine erzwungene Zu-teilung von Flüchtlingen wehren und for-dert eine klare Begrenzung des Flüchtlings-stroms, der bereits zu groß sei. Und wäh-rend der Streit um die Aufteilung der Kriegsflüchtlinge und Wirtschaftsmigran-

ten eskalierte, wurde ein internes Papier des Europäischen Rates mit der Dokumenten-Nummer 14300/15 vom 1. Dezember be-kannt, in dem eine zweijährige Aussetzung des Schengen-Abkommens für alle Mit-glieder vorgesehen ist.

Gleichzeitig gab der Innenausschuss des Europaparlaments grünes Licht für Pläne zu einer europäischen Fluggastdatenbank. Das Votum der Abgeordneten ist der beste Be-weis dafür, dass nach den verheerenden An-schlägen vom 13. November das zwischen-institutionelle Pendel in der EU in Richtung der Nationalstaaten ausgeschlagen ist. Im Kampf gegen den IS scheint heute plötzlich vieles recht zu sein, was gestern noch als un-denkbar galt. Die Terror-Anschläge in Paris sind jedenfalls der willkommene Anlass dazu, um in der EU Freiheit gegen – ver-meintliche – Sicherheit einzutauschen. Aller dings demonstrierten die Attentate von Paris, dass Daten kein Allheilmittel gegen Terror sind. Einige der Terroristen waren nämlich längst auf der Watchlist, sie wurden nur nicht ausreichend überwacht.

Gegen Datenspeicherung gibt es über-dies ernst zu nehmende Einwände, wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom April 2014 zeigt, das grenzenlose Daten-speicherung auf Vorrat untersagt. cr

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Brennpunkt ° Kommentar

„In Brüssel gibt es wenig Bereit-schaft, die Per-spektiven der

Einzelstaaten zu berücksichtigen.”

Wolfgang Freisleben, Herausgeber

Zweifel am EU-Zentralstaat

12 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Page 13: GELD-Magazin, Dezember 2015

Ausführliche Hinweise zu Chancen und Risiken entnehmen Sie bitte dem letztgültigen Verkaufsprospekt. Maßgeblich sind die Angaben im Verkaufsprospekt sowie der aktuelle Halbjahres- und Jahresbericht. Die Wesentlichen Anlegerinformationen, den Verkaufsprospekt sowie die Berichte in deutscher Sprache erhalten Sie kostenlos bei der Verwaltungsgesellscha� ETHENEA Independent Investors S.A., 16, rue Gabriel Lippmann, L-5365 Munsbach oder bei der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG, Graben 21, A-1010 Wien.

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Page 14: GELD-Magazin, Dezember 2015

Noch nie hat es in der Zweiten Repu-blik die Banken in Österreich so ge-

beutelt wie jetzt. Zur Ehrenrettung der Branche sei allerdings an die Bank-, Finanz- und Wirtschaftskrise erinnert, die seit Sep-tember 2008 die Weltwirtschaft lähmt und von den New Yorker Großbanken verur-sacht wurde. Zahllose Gerichtsprozesse, Kongress-Hearings und Milliardenstrafen bezeugen dies. Letztere waren allerdings so bemessen, dass sie gleichsam „aus der Por-tokassa“ berappt werden konnten. Und die Wall Street-Banker sind einfach „too big to jail“ – zu mächtig, um auch tatsächlich im Gefängnis zu landen.

Während die Wall Street dank schier unbegrenzter sofortiger Finanzhilfe von Staat und Federal Reserve Bank of New York – inklusive der Haftungen in Billio-nenhöhe – und laxen Gesetzen längst wie-der Rekordgewinne einfahren, würgen euro päische Banken noch immer an den Auswirkungen. Die Geld- und Kreditwirt-schaft mutiert sogar zur Schrumpfbranche. Hinzu kommt die einzementierte Nullzins-

Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), mit der das Zinsgeschäft zu wenig Gewinn abwirft, um daraus genügend Ei-genkapital zu generieren. Denn am meisten verdienen die Banken, wenn das Zinsniveau auf Reisen geht – egal, ob nach unten oder nach oben. Gehen die Zinsen rauf, dann he-ben die Banken zuerst die Kreditzinsen an; die Zinsen der Spareinlagen folgen erst knapp vor dem Aufruhr der Sparer, und dann natürlich nicht im gleichen Ausmaß. Begibt sich das Zinsniveau auf Talfahrt, dann brechen zuerst die Sparzinsen weg. Bei der Senkung der Kreditzinsen schlafen den Bankern dann die Hände ein, so lang-sam geht das vor sich. Doch in der eingefro-renen Nullzins-Phase können die Banken von diesen Möglichkeiten nur träumen.

Gleichzeitig trifft sie „Basel III“ mit vol-ler Wucht. Die so bezeichneten neuen Re-gulierungsvorschriften umfassen ein Re-formpaket, dessen Kern die Eigenkapital-stärkung der Banken ist. Dass die Banken wenig Lust verspüren, neue Kredite mit ge-ringem Zinsgewinn und erhöhtem Erfor-

dernis von Rücklagen zu vergeben, ist ver-ständlich. Doch ohne Kreditwachstum gibt es kein Wirtschaftswachstum. „Geld aus Luft“ (Fiat Geld) können nämlich lediglich Zentral- und Geschäftsbanken generieren. („schöpfen“). Im Euroraum mussten die staatlichen Notenbanken dieses Privileg an die Europäische Zentralbank (EZB) abtre-ten. Daher haben die Euro-Staaten auch größere Probleme als die restliche EU.

Suche nach neuen Wegen zur VerbeSSerung der rentabilitätDie Finanzbranche sucht nun nach

neuen Wegen, um inmitten der Sorgen um die Weltwirtschaft profitabel zu bleiben. Weitere Sparprogramme wie die Eliminie-rung ganzer Geschäftsfelder folgen, um die Gewinne zu steigern, aus denen die vorge-schriebenen Kapitalerhöhungen vorgenom-men werden können. Der bevorstehende gravierende Umbruch bei der Bank Austria mit dem kolportierten Verkauf des Kunden-geschäfts und dem Transfer des Ostge-schäfts nach Mailand ist ein Ausdruck die-ser Verwerfungen und zugleich ein Hinweis darauf, dass auch die italienische Konzern-mutter UniCredit und deren Münchener Tochter HypoVereinsbank (HVB), der un-mittelbare Großaktionär der Bank Austria, einer dringenden Reorganisation bedarf. Die HVB wird bis Ende 2015 fast die Hälfte ihrer rund 580 Filialen abbauen.

hSbc nach hongkong, Standard chartered nach Singapur?Europas größtes Geldhaus HSBC (einst:

Hongkong & Shanghai Banking Corpora-tion) sieht in seiner neuen Geschäftsstrate-gie vor, global zwischen 22.000 und 25.000 cr

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Brennpunkt ° Umbruch im Bankensektor

14 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Europäische Banken haben gegenwärtig an mehreren Fronten zu kämpfen. Die Zentralbanker verlangen im-mer mehr Eigenkapital, um die Banken krisenfester zu machen. Gleichzeitig erfordern das Vordringen neuer Technologien und das veränderte Kundenverhalten eine gravierende Strukturänderung des Geschäfts. Wolfgang Freisleben

Überleben in der Schrumpfbranche

1. HSBC Großbritannien 2177 Milliarden Euro2. BNP Paribas Frankreich 2078 Milliarden Euro3. Barclays Großbritannien 1749 Milliarden Euro4. Deutsche Bank Deutschland 1709 Milliarden Euro5. Crédit Agricole Frankreich 1589 Milliarden Euro 6. Royal Bank of Scotland Großbritannien 1353 Milliarden Euro7. Société Générale Frankreich 1308 Milliarden Euro8. Banco Santander Spanien 1266 Milliarden Euro9. Lloyds Banking Großbritannien 1101 Milliarden Euro10. ING Group Niederlande 993 Milliarden Euro

° DIE GröSStEN bANkEN EuropAS (NAch bILANZSuMME)

Quelle: Bloomberg, EU-Kommission

Page 15: GELD-Magazin, Dezember 2015

Stellen zu streichen. Aus Verärgerung über die wachsenden Abgaben, die scharfe Ban-kenregulierung in London und als Vorsorge für einen möglichen Austritt des König-reichs aus der EU haben Aktionäre der HSBC wie auch der Standard Chartered Bank einen Umzug nach Asien ins Gespräch gebracht, wo beide Institute den Großteil ihrer Geschäfte machen. Beobachter halten im Fall eines Umzugs eine Rückkehr der HSBC nach Hongkong für nahe liegend, wo das Institut vor rund 150 Jahren gegründet worden war. Es zog erst 1993 nach London, als es die Midland Bank übernahm. Stan-dard Chartered wiederum hat seit der Fusi-on der Tradi tionsbanken Standard und Chartered im Jahr 1969 die Zentrale in der britischen Hauptstadt. Die Geschichte von Chartered begann im 19. Jahrhundert gleichfalls in Asien. Kandidat für einen neu-en Hauptsitz von Standard Chartered dürfte Singapur sein, wo schon jetzt die meisten Geschäfte getätigt werden. Der Konzernsitz in London steht schon länger auf dem Prüf-stand.

Für beide Institute zusammen wird dieses Jahr eine Bankensteuer von umge-rechnet rund 1,89 Milliarden Euro fällig, 2014 waren es 1,42 Milliarden Euro. Die

Abgabe war 2010 eingeführt worden, um die Institute an den durch die Finanzkrise ausgelösten Kosten der öffentliche Hand für Bankenrettungen zu beteiligen. Die Steuer wurde seitdem acht Mal erhöht. London ist der größte Finanzplatz Europas, was mitun-ter die Politik der britischen Regierung in EU-Regulierungsfragen stark beeinflusst.

Die zweitgrößte Londoner Bank Bar-clays, das monetäre Flaggschiff der Privat-bankiers Rothschild an der Börse, verlor schon im Jahr 2013 7300 Stellen. Im Juli 2015 berichtete die Londoner Zeitung „The Times“, dass nach dem Rauswurf von Kon-zernchef Anthony Jenkins binnen zwei Jah-ren mehr als 30.000 weitere Jobs wegfallen sollten. Dann könnte die Zahl der Mitarbei-ter weltweit unter 100.000 fallen. Dies werde als einzige Möglichkeit erachtet, das Institut zu stärken und den Aktienkurs zu beflügeln.

brexit Vertreibt internationale groSSbanken auS londonDie Royal Bank of Scotland baute 2014

10.000 Mitarbeiter ab und will weitere 14.000 eliminieren, indem sie das Übersee-Geschäft verkauft und das Investmentban-king weiter schrumpfen lässt. Lloyds streicht

9000 Stellen und schließt 150 Filialen. Sollten Großbritanniens Bürger 2017 oder gar schon 2016 für den Brexit votieren und die Insel der EU den Rücken kehren, dann könnten auch internationale Banken den Standort in London überdenken, wo sie vom Binnenmarkt profitieren. „Am wahr-scheinlichsten würden wir einen wesent-lichen Teil unseres Geschäfts von London in die Eurozone verlagern – die offensicht-lichsten Anwärter wären Paris oder Frank-furt“, ließ Michael Sherwood, Co-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs, schon vor einigen Monaten wissen. Sein Geldhaus beschäftigt rund 7000 Mitarbeiter in Euro-pa, 6000 davon in Großbritannien und nur 200 in Frankfurt. Auch Citigroup, Morgan Stanley und die Bank of America sollen laut Zeitungsberichten ähnliche Pläne haben.

auch SchWeizer banken SchWer unter druckAndere Probleme plagen die Schweizer

Banken. Der ehemalige Chefökonom des Branchengrößten UBS, Klaus Wellershoff, zeigte auf dem letzten Bankfachkongress in der Schweiz auf, dass die Bedeutung des Fi-nanzplatzes Schweiz in den letzten Jahren dramatisch abgenommen hat: „Die Finanz-

xxxxxxxx ° Brennpunkt

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 15

kostenlose apps von banken: Von ihrer Weiterentwicklung hängt der Erfolg des Mobile-Bankings im Bankgeschäft ab.

Page 16: GELD-Magazin, Dezember 2015

16 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

branche in der Schweiz wird zu einer Schrumpfbranche.“ Der Marktanteil der Schweizer Banken beim Offshore-Private-Banking sei in den letzten 18 Jahren von 40 auf 28 Prozent gefallen. Kein Wunder, dass die UBS seit 2012 das Investmentbanking herunter fährt. Weltweit wurden 10.000 Stellen abgebaut, 2.500 davon in der Schweiz. Gleichzeitig wurde die Vermö-gensverwaltung in Asien gestärkt. Nach der Restrukturierung soll die Bank nur noch rund 54.000 Vollzeitstellen zählen.

Die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse verlautbarte im Juli, dass sie weitere 2000 Jobs oder vier Prozent der Beschäf-tigten streichen wird, nachdem der Gewinn im Investmentbanking eingebrochen ist. Der neue Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam verordnete eine neue Strategie. Und die hat es in sich: Die Kosten müssen um weitere 3,5 Milliarden Franken herunter, obwohl die aktuelle Kürzungsrunde noch läuft. In der Schweiz fallen zehn Prozent der Ar-beitsplätze weg, gestärkt wird dafür das Asien-Geschäft. Das Investmentbanking schrumpft um 200 Milliarden Franken - vor allem der Anleihehandel muss bluten. Viele langjährige Vorstände werden ausgetauscht und drei neue Divisionen (Schweiz, Asien-Pazifik, Vermögensverwaltung) geschaffen. Das Private Banking in den USA wird an den Konkurrenten Wells Fargo verkauft – es ist zu teuer.

deutSche bank Schlin-gert im kriSenmoduS

Besonders schwer angeschlagen ist die Deutsche Bank. Und

zwar so schlimm, dass der frühere

Abteilungsleiter im Brüsseler Eu-

ropäischen Amt für Betrugsbe-k ä m p f u n g

(OLAF), Wolfgang Hetzer, seinem neuen Buch den Titel verpasste: „Ist die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung?“ Kein Zweifel, der Brite John Cryan als neuer Kon-zernchef hat mehr zu tun als die üblichen Aufräumarbeiten bei Managementversa-gen. Daran lässt Betrugs-Spezialist Hetzer keine Zweifel, wenn er die Vorwürfe gegen das Geschäftsmodell der Bank penibel an den Strafgesetzen misst und so detailliert erläutert, dass sich jeder Staatsanwalt viel Arbeit erspart. Er zeigt aber auch auf, wie leicht und tief Banker ins Kriminal abrut-schen können, wenn sie lediglich Satzungen, Geschäftsziele und Vertragsrecht im Auge haben, aber die strafrechtliche Relevanz ihrer Handlungen nicht erkennen. Statt mit Gewinnen machte die Deutsche Bank Ne-gativ-Schlagzeilen mit Razzien, Milliarden-strafen, Rekordverlust und mehreren Chef- wechsel.

Die ehrgeizigen Pläne von seinem Vor-gänger Anshu Jain, der die Bank vor allem im Investmentbanking an der Weltspitze verankern wollte, hat Cryan erst einmal be-graben. „Die Deutsche Bank hat kein Stra-tegieproblem“, grantelte er. Es hapere aber an der Umsetzung. Cryan verordnet nun dem deutschen Branchenprimus einen har-ten Sparkurs. Weniger Personal, weniger riskante Geschäfte, weniger Auslandsmärk-te. Nach Rekordverlusten streicht die Bank gleich einmal 9.000 Stellen, fast die Hälfte davon in Deutschland. Im Zuge ihres im April verkündeten Strategieschwenks wird sie nicht nur die Postbank mit ihren 14 Mil-lionen Privatkunden abstoßen, sondern auch 200 der rund 750 eigenen Filialen schließen.

daS internet-banking Verdrängt Filialen und mitarbeiter Doch gravierende Probleme betreffen

die ganze Branche. „Die überwiegende Mehrheit hat bisher zwar Kosten gespart, aber ohne fundamentale Änderungen in ih-rem Geschäftsmodell“, fasste Aymen Saleh, Managing Director der Boston Consulting Group in London, zusammen. Da die Ge-winne wegen der steigenden Kosten sinken und immer mehr Kunden Gebrauch vom

Internet-Banking machen, schließen die Banken nun weltweit Filialen und setzen Mitarbeiter frei.

Das Konsumentenverhalten hat sich eben gravierend geändert. Immer mehr Kunden sind mit dem Internet und immer schnelleren Technikzyklen groß geworden. Diese sogenannten „Digital Natives“ wer-den immer zahlreicher, die „Internetver-weigerer“ hingegen sterben aus. Deswegen muss sich jede Bank intensiv mit den He-rausforderungen durch das Internet und den Konsequenzen für das Filialgeschäft auseinandersetzen.

Laut Meinungsumfrage des deutschen Bankenverbands erledigen mittlerweile 54 Prozent aller Deutschen einfache Bankge-schäfte wie das Abfragen des Kontostands oder das Überweisen von Geld online. Das sind fünfmal so viele wie noch zur Jahrtau-sendwende. Natürlich bieten auch die Filial-banken längst Online-Banking an. Das Wachstum kostengünstiger Direktbanken wie der ING-DiBa haben sie damit aber nicht stoppen können. Gerade für die jün-gere Klientel ist inzwischen das Internet die wichtigste Anlaufstation in Finanzfragen – nicht mehr die Filiale.

FintechS dringen raSant in daS bankgeSchäFt VorWie fortgeschritten diese Entwicklung

ist, zeigte vor gut einem Jahr eine Umfrage in England, wonach nur noch 13 Prozent der 18- bis 30-Jährigen ihre Finanzgeschäfte vorwiegend in der Filiale abwickeln. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, nicht ein-mal zu wissen, wo sich die nächste Zweig-stelle ihrer Bank überhaupt befindet, be-richtete die Londoner Zeitung Independent am 15. November 2015. cr

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Brennpunkt ° Umbruch im Bankensektor

iSt die deutSche bank eine kriminelle Vereinigung?

die gescheiterte idee der austeritätspolitik

Wolfgang hetzer, Westend-Verlag, 224 Seiten.

„Die Deutsche Bank hat kein Strategiepro-

blem – es ha-pert mit der Umsetzung“

John Cryan, CE0 Deutsche Bank

Page 17: GELD-Magazin, Dezember 2015

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„rückbesinnung auf die Filiale“ als falsches

Konzept ab Mai 2004.Erich Hampel,

Bank Austria, damals Generaldirektor

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All dies sind Anzeichen dafür, dass die Branche momentan von der Digitalisierung geradezu überrollt wird. Sie drängt das Filialkonzept ins Abseits. Immer mehr Fin-tech- und Online-Wettbewerber drängen in den Markt, zum Teil mit großem Erfolg. Die klassischen Banken müssen sich darum wehren. Für die Branche gilt es, die Ge-schäftsmodelle zu verändern, um sich ro-bust und zukunftsfähig aufzustellen. Ein Weitermachen wie bisher wird jedenfalls nicht zum Erfolg führen.

Im Vordergrund steht die Interaktion zwischen Bank und Kunde. Digitale soziale Netzwerke haben unsere Lebensgewohn-heiten verändert. Die digitale Welt ist längst Wirklichkeit – und sie wird sich weiter ent-falten. Google und Apple halten sich mit Banklizenzen „Google Wallet“ und „Apple Pay“ als Bezahldienste, die zu den eher dy-namischeren Teilen der beiden Konzerne gehören. Vom weltweit größten Internet-Auktionshaus eBay hat sich vor ein paar Monaten mit einem Börsegang der Bezahl-dienstleister PayPal abgespalten. Dieser er-scheint dem US-Groß investor Carl Icahn so attraktiv, dass er seine eBay-Anteile in Pay-Pal umgeschichtet hat. Derartige Unterneh-men graben sich inzwischen tief in die Wertschöpfungskette der Banken hinein, während sogenannte Peer to Peer-Platt-formen als P2P-Lender sogar ins eigentliche Kerngeschäft der Branche vordringen: die Kreditvergabe.

Tausende sogenannter Fintechs (abge-leitet von Financial Technology) schossen in den vergangenen Jahren aus dem Boden bzw. den Computern. Die etablierten Ban-ken stehen nun vor der Wahl, Kooperatio-nen mit aufstrebenden Fintechs einzugehen oder eigene zu entwickeln. Der größere Teil der Unternehmen in diesem Sektor sind kleine Start-ups, die eher noch für Venture Capital-Finanzierer interessant sind. In zu-nehmender Zahl tummeln sich aber auch Fintech-Milliardenunternehmen an der Börse. Und selbst die ganz Großen sind in dem Bereich tätig.

Immer mehr Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte außerdem mobil mit dem Smartphone oder Tablet. Sie profitieren von

leistungsfähigen Apps, die eine wachsende Zahl von Services für das Mobile-Banking bieten. Jeder vierte Verbraucher in Europa nutzt Mobile-Banking, so das Analysehaus Forrester Research. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2011, als mobile Bank-geschäfte erst von neun Prozent der Ver-braucher getätigt wurden. Die Analysten prognostizieren, dass Mobile-Banking das Online-Banking am PC zukünftig bei all-täglichen Bankgeschäften ablösen wird. Weltweit ist Mobile Banking laut einer Stu-die von Bain & Company bereits heute die vorherrschende Form des Bankings.

leiStungSFähige appS auF dem VormarSchDer Erfolg des Mobile-Bankings hängt

eng mit der Weiterentwicklung der dazuge-hörigen Apps zusammen – der Software, die mobile Bankgeschäfte erst möglich macht. Die Apps werden von Banken meist kosten-los zum Download angeboten. Sie unter-scheiden sich zum Teil erheblich in ihrer Funktionalität, Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit. „Die besten Apps zeichnen sich durch einen großen, laufend erweiterten Funktionsumfang und hohen Bedien-komfort aus“, sagt Michael Koch, Leiter Online- und Mobile-Banking im Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank. „Sie erleichtern den Banking-Alltag durch innovative und leistungsstarke Funktionen.“

app-banken haben bereitS millionen kunden Die „Meine Bank“-App der Deutschen

Bank wurde seit ihrer Einführung 2010 be-reits über eine Million Mal heruntergeladen und hat jetzt in einem unabhängigen Ver-

gleichstest von 35 Mobile-Banking-Apps den geteilten ersten Platz in der Kategorie der eigenständigen Applikationen (Stand-alone Banking-Apps) belegt. Verfasser der Studie war das Marktforschungsunterneh-men MyPrivateBanking Research. Das Be-ratungsunternehmen Consileon Research attestiert: Revolutionäre Anbieter verän-dern die Spielregeln. Die Bereitschaft zum Filialbesuch nimmt weiter ab. Der massive digitale Umbau der Vertriebskanäle er-scheint somit unausweichlich. Die Banken müssen schnellstens neue Zugangswege zum Kunden finden.

Genau das hat die Bank Austria ver-passt. Im Mai 2004 rief der damalige Ver-triebschef Willi Cernko zur „Rückbesin-nung auf die Filiale“ mit 100 neuen Mitar-beitern auf. Der Vorstandsvorsitzende Erich Hampel applaudiert. Für diesen trüben Weitblick wurden beide sogar noch belohnt: Cernko avancierte im Oktober 2009 zum Vorstandsvorsitzenden, Hampel wechselte in den Aufsichtsrat, dessen Vorsitzender er heute noch ist.

Ihre neue Aufgabe besteht nun darin, Österreichs größte Bank, für die ihr Vor-gänger Gerhard Randa Österreichs monetäre Visitenkarte (O-Ton Hannes An-drosch) Creditanstalt-Bankverein gekapert und das neue Gebilde dann an die Mün-chener HypoVereinsbank verscherbelt hatte, lebendig zu Tode zu filetieren: Mit der Übersiedlung des Osteuropa-Geschäfts von Wien nach Mailand und dem Verkauf des Filialgeschäfts hofft sich die marode italie-nische Konzern-Großmutter UniCredit zu sanieren. Mit einer alternativen drastischen Reduzierung des Filialgeschäfts will Cernko aber noch versuchen, seinen eigenen lukra-tiven Arbeitsplatz zu retten. cr

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Archiv

Brennpunkt ° Umbruch im Bankensektor

Soll die bank austria lebendig zu tode

filettieren:Willibald Cernko,

Bank Austria, Generaldirektor

Page 19: GELD-Magazin, Dezember 2015

KOMMENTAR

DIRK HERRMANN

Bank neu denken

K eine andere Berufsgruppe wurde in der Finanzkrise so angefeindet, wie

die Banker. Sie galten als gierig, skrupellos und kalt. Die Krise war für die Bankenwelt Fluch und Segen zugleich. Segen aber nur, wenn sie es verstanden haben, die Stim-men der Kunden zu hören. Jede Krise ist für etwas gut und sei es nur für die Er-kenntnis, dass es so nicht weitergeht. Wer kennt ihn nicht, den Satz „Schatz, wir müs-sen reden“. Ein Satz, der das Leben verän-dern kann. Diesen Weckruf haben die mei-sten Banken zwar gehört, aber nicht ver-standen.

Eine glückliche Beziehung kann nichts er-schüttern, aber eine unglückliche schon. Ge-rade in der Finanzkrise haben deutsche und österreichische Verbraucher ein „Konto“ beim Bezahldienstleister Paypal eröffnet. Heute nut-zen mehr als eine Millionen Österreicher Paypal für Zahlungen im Internet. Zahlungsverkehr ist zwar nur ein Teil des Bankgeschäfts, aber ein wichtiger für Österreichs Banken. Und dieser wird wegfallen, da Konten zukünftig kosten-los geführt werden müssen. Das geht aber nur, wenn das Geld irgendwo anders in der Wert-schöpfungskette verdient werden kann. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass die sonst so konkurrierende Bankenwelt Einigkeit zeigt und mit dem Bezahlsystem paydirekt dem Konkur-renten aus den USA die Stirn bieten will.

Die Digitalisierung erfordert Mut – Mut zum Wandel. Und ein Blick auf die aktuelle Situation macht deutlich, dass die Digitalisierung mit un-verminderter Geschwindigkeit voranschreitet – sich gleichsam zu einem digitalen Tsunami entwickelt und scheinbar von nichts und nie-mand aufgehalten werden kann. Auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Berufe nimmt der Bankmitarbeiter mittlerweile Platz zwei ein. Der Zahlungsverkehr zeigt uns, wie schnell es gehen kann. Manuelle Überweisungen wer-den in spätestens zwei Jahren der Vergangen-heit angehören. Natürlich gibt es für diesen di-gitalen Wandel keinen Schalter, der von heute auf morgen umgelegt werden kann. Es ist ein

Prozess über viele Monate. Es liegt in der Natur des Menschen, dem Neuen gegenüber erst mal kritisch eingestellt zu sein.

ZU BEGINN EINER REVOLUTIONÄREN VERÄNDERUNG STEHT IMMER SKEPSIS

Rückblickend gibt es in der Geschichte viele Beispiele, an denen sich die Angst und Rat-losigkeit des sich ergebenden Wandels auf-zeigen lässt. Vor mehr als 200 Jahren hat die Dampfmaschine ihren Einzug in der Tex-tilindustrie und im Bergbau begonnen. Da-mals stürmten Arbeiter die Fabriken und zer-störten diese neuen Ungetüme – aus Angst, sie würden ihre Arbeitsplätze vernichten. Ein ba-nales Beispiel für die Hilflosigkeit bei gravie-renden Veränderungen. Durch die Digitalisie-rung werden im klassischen Bankgewerbe 50 bis 60 Prozent der Stellen wegfallen. Am Bei-spiel von Number 26, einer Start-up-Bank, die von sich selbst behauptet, das modernste Giro-konto Europas anzubieten, zeigt sich, wie zwei Österreicher in Berlin ein Bankkonto voll digita-lisiert mittels Smartphone und nur mit Smart-

phone mit fast 100.000 Kunden binnen weni-ger Monate etabliert haben. Die Fintechs wer-den etablierte Banken, Versicherungen und Finanzdienstleis ter zwingen, ihr Geschäftsmo-dell anzupassen. Die Digitalisierung ist keine Modeerscheinung, sie wird wie die Elektrifizie-rung, die Automo bilisierung zu einer nachhal-tigen Verhaltensveränderung führen.

ENTWICKLUNGEN, DIE EINEN GROSSEN NUTZEN BIETEN, SETZEN SICH DURCH

In fünf Jahren über ein voll digitalisiertes Bankkonto zu sprechen, oder gar über eine digitale Finanzplanung, wird genau so banal sein, wie heute von einer elektrifizierten Küche zu reden. Finanzplanung wird genauso einfach werden wie die Nutzung eines Navigationssys-tems im Auto. Musste man noch vor zehn bis 15 Jahren eine Landkarte zu Hilfe nehmen, die Verkehrsschilder mit der analogen Karte und den gefahrenen Kilometern abgleichen, während man sich noch auf den Verkehr kon-zentrieren musste, macht das heute das Navi auto matisch. Heute sind Parameter wie Risi-ko/Ertrag, Laufzeiten und Fristen und ande-re Begriffe der Finanzplanung fremd. Zukünf-tig kann der Anleger sein Ziel eingeben und die digitalen Systeme zeigen die verschiedenen Wege dorthin an. Das ist der Aufbruch in eine neue Welt.

Hätte man die Menschen um 1886 gefragt, was sie sich wünschen, hätten sie von schnel-leren und stärkeren Pferden gesprochen, aber niemals von einem Auto. So ist es heute auch. Es geht heute nicht darum, den einen oder an-deren Prozess in der Bank zu verändern – nein, das Geschäftsmodell und die gesamte Wert-schöpfungskette eines Finanzdienstleisters wird neu gedacht. Die Digitalisierung verändert nahezu alle Bereiche. Es geht zukünftig da-rum, das komplette Geschäft in Frage zu stel-len. Wie würde ich eine Bank aufbauen, wenn ich sie heute neu gründen würde. Das sind die Fragen, die sich ein moderner Finanzdienstlei-ster heute stellen muss.

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DIRK HERRMANN

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DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 19

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20 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

aktien ° Meldungen aus der Hochfinanz

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Sie haben an den Märkten gezockt, gutgläubige Anleger übers Ohr gehauen und das Finanzsystem an den Rand des Abgrunds getrieben. Schließlich musste der Staat und die Federal Reserve Bank of New York mit Billionen Dollar ein-springen, um die Institute vor dem Bankrott zu retten. Seither verdienen die US-Banken wieder prächtig. Laut einem Reuters-Bericht sind die Bilanz-gewinne der Großbanken seit 2009 grandios in die Höhe geschossen.

So „erwirtschafteten“ JPMorgan Chase, Citigroup, Bank of America, Goldman Sachs und Morgan Stanley zuletzt ge - meinsam im Durchschnitt 41,7 Milliar-den US-Dollar pro Jahr. Von 2002 bis 2008 waren es nur 25,1 Milliarden US-Dollar. Wesentlich dazu beitragen haben Gewinne aus eigenen Handelsaktivitäten. 2014 ist das Konzernergebnis der zehn größten Kreditinstitute der USA – berei-

US-banken schreiben Gewinne, als hätte es „Lehman“ nie gegeben

nigt um positive Steuereffekte – um 24 Prozent auf 82 Milliarden Euro zurück-

gegangen. Bei den europäischen Banken stieg das Konzernergebnis zwar um 25 Prozent auf knapp 24 Milliarden Euro, es blieb damit aber erneut stark hinter den Gewinnen der US-amerikanischen Top-Banken zurück.Die Supergewinne fuhren die Banken trotz des dramatischen Anstiegs der Klagen und Verurteilungen wegen Betrü-gereien ein. Zuletzt mussten sechs Banken aus den USA und Großbritannien ge-meinsam knapp sechs Milliarden Dollar wegen weiterer Manipulationen auf dem Devisenmarkt berappen. 2014 mussten die jeweils zehn größten Geldinstitute dies- und jenseits des Atlantiks insge-samt knapp 47 Milliarden Euro an Strafen zahlen, davon die US-Banken 36,3 Mil-liarden Euro. Die 16 weltgrößten Banken, zu denen auch die Deutsche Bank gehört, mussten 2010 bis 2014 kumuliert rund 280 Milliarden Euro an Strafzahlungen berappen. (wf)

Viele europäische Banken setzen den Rotstift an und kürzen Bonus-Zah-lungen für ihre Mitarbeiter. Die ame-rikanische Großbank JPMorgan, die nach Erträgen weltgrößte Investment-bank, zeigt sich davon unbeeindruckt und wird ihren Bonuspool gegenüber 2014 weitgehend unverändert belassen. Dies teilte das Institut ihren Top-Ma-nagern mit. Sollten die Geschäfte im Dezember besser laufen als erwartet, könnte noch nachgebessert werden.

Auch die Citigroup hält ihren Bonuspool für Händler und Banker gegenüber 2014 unverändert bei, berichtete der Fi-nanznachrichtendienst Bloomberg. Die Entscheidungen kommen zu einer Zeit, in der einige der weltgrößten Invest-mentbanken ihr Geschäft reduzieren

und die Mitarbeiterzahlungen wegen der strengeren Kapitalregeln und eines Einbruchs im Zinsgeschäft reduzieren. Darunter Morgan Stanley, die in diesem Bereich ein Viertel der Belegschaft ab-bauen wird. Goldman Sachs hat bereits angekündigt, die Bonuszahlungen um 16 Prozent zu reduzieren. Europäische Banken hatten gleichfalls Einschnitte bei den Boni für ihre Mitar-beiter vorzunehmen. Die Credit Suisse will ihren Pool um bis zu 60 Prozent reduzieren. Einige Banker bei Barclays er-halten möglicherweise gar keinen Bonus in diesem Jahr, berichtete die Londoner Sunday Times. Die Deutsche Bank kürzt ihren Bonuspool um rund ein Drittel und spart damit etwa 500 Millionen Euro ein. In erster Linie natürlich als kurzfris-tiger Beitrag zum Umbau, aber durchaus

JPMorgan und Citigroup zahlen weiterhin üppige boni

auch aus ethischen Gründen. „Ich glau-be, dass die Leute im Bankensektor zu viel Geld verdienen“, sagte der seit Anfang Juli neu amtierende Deutsche sBank-Chef John Cryan auf einer Veranstaltung an der Frankfurter Goethe-Universität. „Ein Problem in der Krise war, dass das Ma-nagement als Ziel vorgegeben hat, so viel Geld wie möglich zu verdienen und die Bezahlung hat das reflektiert.“ Was er da-mit genau meint, birgt Sprengstoff für die Mitarbeiter: Auch sieben Jahre nach der Finanzkrise hätten die Banken das Thema Gier nicht in den Griff gekriegt, so Cryan. Der Brite, der erst wenige Monate im Amt ist, baute Mitte Oktober den Vorstand stark um. „Neue unbelastete Leute an der Spitze sind der richtige Schritt“, lobt ein Betriebsrat. „Aber es ist noch zu früh, um den Effekt zu bewerten.“ (wf) cr

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Citigroup in New York: Seit 2009 wieder Supergewinne trotz Strafzahlungen.

Page 21: GELD-Magazin, Dezember 2015

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 21

den verklagt, ebenso die britische Barclays und die Royal Bank of Scotland.Eingereicht wurde die Klage von Pensions-fonds aus Chicago, die nach eigener Darstellung wegen des eingeengten Wett-bewerbs zu viel bezahlen mussten, um solche Derivate-Angebote der Banken in Anspruch zu nehmen. Die Institute verhin-derten nämlich einen stärkeren Handel von Zinsswaps auf elektronischen Plattformen. Das habe ihnen über die Jahre Milliarden zusätzlich eingebracht, so die Anklage. Viele Marktteilnehmer nutzen Swaps, um sich gegen Zinsänderungsrisiken abzusi-chern. Der neuerliche Skandal nach den aufgeflogenen Manipulationen an den De-visenmärkten und von Referenzzinssätzen wie dem Libor zeigen erneut anschaulich,

Den großen Banken droht erneut juristischer Ärger – und schon wie-der ist die Deutsche Bank mitten drin: Zehn weltweit führende Geldhäuser und zwei Handelsplattformen sollen mit Absprachen den Wettbewerb auf dem 320 Billionen Dollar schweren Markt für sogenannte Zinsswaps be-hindert haben. Eine entsprechende Klage wurde am 25. November 2015 bei einem Gericht im New Yorker Fi-nanzdistrikt Manhattan eingereicht.

Sie richtet sich unter anderem gegen die Deutsche Bank, aber auch große US-Häuser wie JPMorgan Chase, Goldman Sachs, Bank of America und die Citigroup. Auch die Schweizer UBS und die Credit Suisse wur-

wie die Großbanken nach wie vor unge-niert mit illegalen Methoden arbeiten und systematisch ihre Kunden betrügen, um Gewinne zu maximieren, obwohl sie bereits zu hohen Milliarden-Dollar-Strafen ver urteilt wurden. (wf)

Neuerlich Sammelklage gegen zehn Großbanken

Meldungen aus der Hochfinanz ° aktien

John Cryan muss sich als neuer Chef der Deutschen Bank mit Klagen herumschlagen.

Page 22: GELD-Magazin, Dezember 2015

bankingPanorama

22 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

ZAhLENspIELE

16Goodbye. Wie kürzlich bekannt wurde, verkauft die Deutsche Bank ihre

US-Privatkundensparte nach 16 Jahren an Ray-mond James Financial. Der Geschäftsbereich wurde im Jahr 1999 im Zuge der Übernahme von Bankers Trust durch die Frankfurter erworben. Auch das amerikanische Top-Management der Deutsche Bank wird zu Raymond James wech-seln, wie das Unternehmen mit Hauptsitz in Flori-da in einer Aussendung bekannt gab. Das Private Banking der Deutschen Bank in den USA ist hin-gegen nicht „part of the deal“ und wird somit auch weiterhin von den Deutschen betrieben.

stArkE WortE ´´

„Eine Vorreiterrolle der OeNB ist hier unangebracht.“

OeNB-Sprecher Chris­

tian Gutlederer reagiert

auf die Forderung des

Nationalbank-Betriebsrats,

die Wochenarbeitszeit bei

gleichem Lohn von 38,5

auf 35 Stunden zu sen-

ken, mit Unverständnis. Die 35-Stunden-Woche

sollte „auf Ebene Regierung und Sozialpartner

entschieden werden“.

„Wir sind in derselben Situation wie ein

Drogenabhängiger.“

Deutschlands Finanzmi-

nister Wolfgang Schäuble

fordert von der EZB eine

baldige Erhöhung des

Leitzinses und zieht dabei

einen drastischen Ver-

gleich. Eine Normalisie-

rung als Risiko anzusehen, erinnere ihn an das

Verhalten eines Abhängigen.

„Der Strukturwandel in der Kreditwirtschaft

wird auch vor Österreich nicht Halt machen.“

Laut OeNB-Gouverneur

Ewald Nowotny sollte sich

die heimische Banken-

landschaft auf eine um-

fassende Strukturbereini-

gung gefasst machen. In

anderen Ländern wären

bereits Stellen in massivem Ausmaß gestrichen

worden. Diesbezüglich stehe uns „noch einiges

bevor“, so der Nationalbanker.

AmerikAnische ÜberleGenheit. Die aktuelle Gemütslage der Banker dies- und jenseits des Atlantiks könnte unterschied-licher nicht sein. Während in Europa eine Kündigungs- und Rationalisierungswelle die andere jagt, darf sich ein Großteil des US-Bankensektors in regelmäßigen Abständen über neue Rekord-gewinne freuen. Das Online Finanzportal finews.ch hat nun versucht, den Ursachen für dieses eklatante Ungleichgewicht auf den Grund zu gehen und eine Liste der zehn wichtigsten Gründe dafür veröffentlicht. Laut den Schweizern hätten die US-Banken beispielsweise oftmals kom-petente Chefs, während die europäischen Geldinstitute nicht selten von „Schönwetter-CEOs“ geleitet würden. Die konsequenten Regulatoren – ja, diese gibt es, auch entgegen der land-läufigen Meinung – würden den US-Geldhäusern langfristig gut tun; außerdem hätte die amerikanische Regierung im Zuge der Finanzkrise überhaupt das bessere Krisenmanagement betrieben. Weitere Pluspunkte für die US-Banken wären, so finews, der Bankplatz New York als Zugpferd und globale Finanzmetropole Nummer eins, die verstärkte Fokussierung der amerika-nischen Institute auf das Investmentbanking sowie der Größenvorteil der US-Banken. Darüber hinaus sei die Neid-Debatte rund um Bonuszahlungen alles andere als förderlich für den europäischen Bankensektor. In den Vereinigten Staaten gelte nach wie vor der Grundsatz Top-Bezahlung für Top-Manager. Ein zusätzlicher Vorteil sei auch die Tatsache, dass der Heimatmarkt der US-Banken der größte Finanzmarkt der Welt ist. Weiters würden die Arbeitsmarktgesetze in den USA mehr Flexibilität zulassen, und auch beim Thema Fintech seien die Amerikaner den Euro päern weit voraus.

europa – vs. – usa

9bonus-kAhlschlAG. Laut einer An-fang Dezember veröffentlichten Studie des

britischen Online-Dienstleisters Emolument werden die Londoner Investmentbanker für 2015 ein deutliches Minus bei ihren Boni hinnehmen müssen. Im Vergleich zu 2014 dürften die Bonus-zahlungen um durchschnittlich neun Prozent zu-rückgehen. Einzig die Aktienhändler in der Londo-ner City dürften relativ ungeschoren davonkom-men, während die Boni ihrer Kollegen, die sich mit Anleihen, Rohstoffen und Währungen be-schäftigen, laut Emolument mit Einbußen zu rechnen haben. Cr

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Page 23: GELD-Magazin, Dezember 2015

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Page 24: GELD-Magazin, Dezember 2015

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Das Zahlungsdienste gesetz, das im No­vember 2009 in Kraft getreten ist,

brachte Bankkunden zahlreiche Vorteile. Denn für Informationen und Nebenleis­tungen durften Banken ab diesem Zeit­punkt nichts mehr extra in Rechnung stel­len – so auch für die Sperre von Bankomat­ und Kreditkarten. Das stellte der Oberste Gerichtshof bereits im Jahr 2012 nach einer Verbandsklage des Vereins für Konsu­menteninformation (VKI) fest. Im Rahmen des damaligen Urteils gegen die Bank Aus­tria wurden 16 Bestimmungen in den AGBs als rechtswidrig befunden. So darf z.B. das Entgelt für die Kontoführung nur erhöht werden, wenn der Kunde zumindestens zwei Monate vorher darüber schriftlich in­formiert wird und er eine zweiwöchige Ein­spruchsfrist eingeräumt bekommt. Auch die damals vom VKI bemängelten Gebüh­ren bei Diebstahl oder Verlust einer Banko­mat­ oder Kreditkarte wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) als rechtswidrig festge­stellt. Die Bank Austria versprach Besse­rung, doch die meisten Banken verrechne­ten weiterhin Sperrgebühren – z.B. im Falle „kostenfreier“ Kontoschließungen oder bei Verschulden des Kunden.

Kürzlich wurde jedoch eine Verbands­klage der Arbeiterkammer (AK) gegen die BAWAG vom OGH entschieden, indem er neuerlich feststellte, dass Banken ihren Kunden für das Sperren der Bankomat­ oder Kreditkarte in keinem Fall etwas ver­rechnet werden dürfe. Kunden können laut Arbeiterkammer ein bereits abgebuch tes Entgelt wieder zurückfordern – unabhängig von einer Verschuldensfrage. Das Urteil ist insofern beachtlich, da es nicht nur für die BAWAG gilt, sondern auch für alle anderen

Banken und Kreditkartenunternehmen. Vollständigkeitshalber sei aber auch festge­halten, dass die BAWAG ihren Kunden seit 31. März 2013 – seit dem erst instanzlichen Urteil – laut eigenen Angaben kein Sperr­entgelt mehr verrechnet habe.

Weitere Klauseln Wurden vom oGH KlarGestelltAber auch zu anderen Klauseln stellte

der OGH klar, wie das ZaDiG auszulegen sei. Jene Klausel, die nach mehrmaliger Ein­gabe des PIN­Codes den Einzug der Banko­matkarte vorsieht, sei intransparent. „Es sei der Begriff ,mehrmals‘ im allgemeinen Sprachgebrauch keineswegs klar und es müsse daher eine eindeutige und unmiss­verständliche Formulierung gewählt wer­den“, so der OGH. Nicht in Ordnung sei auch die Klausel, die bei Nichtrückgabe der Bankomatkarte bei Kontokündigung die kostenpflichtige Sperre vorsieht. Das Argu­ment der BAWAG, der entsprechende Pas­sus im Zahlungsdienstegesetz sei europa­rechtswidrig, ließ der OGH nicht gelten.

Die Klausel, die das Kreditinstitut be­rechtigt, die Maestro­Karte sowie den dazu­gehörigen PIN zu versenden, verstößt aus Sicht des OGH gegen das Transparenzge­

bot. Nach dem Zahlungsdienstegesetz sei die Versendung von Bankkarte oder Code nur zulässig, wenn sie entweder mit dem Kunden vereinbart ist oder der Kunde die Bank dazu auffordert. Die Bank darf dem Kunden auch keine Benachrichtigungs­pflicht auferlegen, falls er die an ihn ver­sandte Karte oder den PIN nicht erhalten hat. Das Risiko der Versendung oder einer nicht autorisierten Nutzung hat die Bank zu tragen.

KreditbearbeitunGsGebüHren Wurden ebenfalls bemänGeltNach einer Klage des VKI im Auftrag

der Arbeiterkammer (AK) gegen die Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) bestätigte das Oberlandesgericht Innsbruck, dass die Verrechnung der Kreditbearbeitungsge­bühr gesetzeswidrig sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Schon die Koppelung der Höhe der Gebühr am ausgeliehenen Betrag sei eine gröbliche Benachteiligung der Kun­den. Nachteilig sei auch, dass die gesamte Abgabe auf die Konsumenten abgewälzt werde, obwohl etwa zur Erstellung einer Haushaltsrechnung oder Kreditprüfung die Bank gesetzlich verpflichtet sei. „Wenn der Bank in Erfüllung ihrer vertraglichen und gesetzlichen Pflichten Kosten entstehen, sollen diese nicht auf die Kunden abgewälzt werden“, so VKI­Juristin Beate Gelbmann. Auch am Landesgericht St. Pölten hatte der VKI mit einer Beschwerde wegen der Kre­ditbearbeitungsgebühren gegen die Hypo NÖ nicht rechtskräftig Erfolg. Dort bemän­gelte das Gericht zudem die Intransparenz der Gebühr. In Deutschland hatte das Bun­desgericht die Kreditgebühr bereits im Vor­jahr verboten.

In einem Urteil des OGH wurde festgestellt, dass Banken keine Gebühren für das Sperren einer Bankomat- oder Kreditkarte verrechnen dürfen. Wer dafür bereits bezahlt hat, kann die Gebühr wieder zurückverlangen. Ebenso gibt es bereits ein erstes Urteil gegen die Verrechnung von Kreditbearbeitungsgebühren. Mario Franzin

Sperrgebühren sind rechtswidrig

24 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

banking ° Zahlungsdienstegesetz

Page 25: GELD-Magazin, Dezember 2015

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Page 26: GELD-Magazin, Dezember 2015

geldanlagePanorama

26 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

StArkE WortE ´´

„Ins neue Jahr würde ich mit

geringem Risiko gehen.“

Starinvestor Bill Gross

empfiehlt, 2016 weni-

ger Kreditrisiko und ein

reduziertes Aktienexpo-

sure zu „fahren“. Die

Notenbanken würden die

Märkte aktuell in Richtung

des nächsten Crashs steuern, so der beken-

nende Kritiker von Fed, EZB und Co.

„Nach meiner Einschätzung haben wir 95 Prozent

der Strecke zurückgelegt.“

EU-Währungskommissar

Pierre Moscovici ist opti-

mistisch, der seit Jahren

heiß diskutierten Einfüh-

rung einer europäischen

Finanztransaktions steuer

schon sehr nahe zu sein.

Eine politische Einigung sei bereits in

Griffweite.

ZAhLENSpIEL

70How to ... manage a fund of funds. Hakan Semiz, Manager des

beim Dachfonds-Award des GELD-Magazins aus-gezeichneten swisspart-ners-Fonds „SSF Internatio-nal Growth Fund Selec-tion“, gab kürzlich einen kleinen Einblick in die „Ge-heimnisse“ erfolgreicher Dachfondsmanager. Laut Semiz sei das Ziel, nämlich eine Outperformance bei gleichzeitig höherer Pro-duktqualität zu erwirtschaften, nur mittels eines besonders strikten Zielfonds-Selektionsprozesses zu erreichen. Da lediglich zehn bis 20 Prozent der aktiven Manager wirklich added value generieren würden, werden beim Selektionsprozess von swisspartners bereits im ersten Schritt rund 70 Prozent aller Zielfonds ausgeschlossen. Danach wird die Outperformance der restlichen Produkte verifiziert und analysiert und auch die Perfor-mance Attribution geprüft. Langfristigen Erfolg haben nur jene Dachfondsmanager, die es schaf-fen, Fehler größtenteils zu vermeiden, ist sich Se-miz sicher: „Hierbei ist es essenziell, unfaire Ver-gleiche zu vermeiden, sogenannte Eintagsfliegen rechtzeitig zu erkennen und emotionale Invest-ments von vornherein auszuschließen. Generell zeichnen sich gute Manager dadurch aus, dass sie den Spagat zwischen zu einseitigen und über-diversifizierten Portfolios professionell meistern.“ Darüber hinaus gelte es, das Gefühl, man müsse überall dabei sein und jedem Trend sofort fol- gen, ebenso auszuschalten wie jenes, das schlechteste Pferd im Stall regelmäßig auswech-seln zu müssen.

edelmetalle. Börsenguru Marc Faber brach kürzlich eine dicke Lanze für Investments in Edel-metalle. Neben Direktinvestments favorisiert Faber vor allem die Aktien von auf Edelmetalle spezialisierten Bergbauunternehmen. Wie lan-ge es noch dauern würde, bis der Goldpreis und seine „Verwandten“ wieder in die Höhe schnel-len, darauf wollte sich der Investmentexperte nicht festlegen. Dass dies passieren würde, sei aber nur eine Frage der Zeit. Im Vergleich zu Ak-tien wären Edelmetalle einfach zu billig. An alle weiteren Rohstoffe glaubt Faber aber nur be-dingt. Rohstoffe im Allgemeinen hätten zwar ihren Boden gefunden, eine besonders deut-liche Erholung sei angesichts der schwachen Nachfrage aus China aber unwahrscheinlich.

FAbErS FAVorItEN

Hedgefonds kopieren? Für alle, die mo-mentan in Einzelaktien investieren möchten, könnte sich ein Blick in die aktuelle Ausgabe des US-Magazins Forbes durchaus lohnen. Die Redakteure der renommierten Finanzpublika-tion haben nämlich umfassend recherchiert, für welche Titel sich die größten Hedgefonds der Wall Street in den letzten Wochen interes-siert haben. Ganz oben auf der Liste findet sich dabei die Aktie von Amazon, die sich im dritten Quartal insgesamt neun Hedgefonds in ihr De-pot legten. Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit einigem Abstand jd.com aus China und der Pharmakonzern Allergan. Weiters in den Top 10 gelandet sind darüber hinaus das Medienun-ternehmen Comcast, der Bezahldienstleister paypal, Delta Airlines, der Speicherhersteller EMC, die Biotech-Firma Amgen, ebay und der Medienriese Time Warner Cable.

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Im Gespräch mit Reiko Mito und Madhav Bhatkuly ° GELDANLAGE

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 27

GELD ° Wenn wir einen Blick auf Asien wer-fen – welche Chancen bieten sich für Anleger?REIKO MITO: Früher war o� von Asien und „Asia ex Japan“ die Rede, das Spektum ist aber viel breiter, als es diese grobe Di�erenzierung suggeriert. Somit sind auch die Investmentmög-lichkeiten vielfälltig. Obwohl es also schwierig ist, von „einem“ Asien zu sprechen, ist doch eine asiatische Vision auszumachen. Ähn-lich wie in der Europäischen Union werden Handelsschranken abgebaut und einheitliche Industriestandards geschaffen. Es bestehen bereits viele Handelspartnerscha�en in Asien zwischen den einzelnen Ländern und dieser Prozess schreitet weiter voran. Es wird aber auch am Fortschreiten der transpazifischen Partnerscha� mit den Vereinigten Staaten ge-arbeitet. Diese Trends werden die asiatische Wirtscha� noch weiter verfestigen und stärken. MADHAV BHATKULY: Neben „Asia ex Japan“ wurde Asien bis vor Kurzem gerne als eine mehr oder weniger einheitliche Assetklasse an-gesehen. Vor rund drei bis vier Jahren hat sich das Bild aber geändert und Indien wird getrennt behandelt. In den vergangenen zwei Jahren hat sich diese Tendenz noch weiter verstär-kt. Warum ist das so? Eher nicht, weil Indiens Wirtscha� um so vieles fortschrittlicher ist als in anderen Staaten der Region, sondern weil die Ökonomie des Subkontinents sehr stark bin-nenwirtscha�lich orientiert ist. Im Unterschied zu den anderen asiatischen Volkswirtscha�en, die auf den Export fokussiert sind.

Welche Eigenheiten fallen noch auf, wenn wir von Indien sprechen?BHATKULY: In den hoch entwickelten west-lichen Industrieländern, aber etwa auch in Japan oder China, ist eine Überalterung der Be-völkerung festzustellen – mit den bekannten Herausforderungen für die Wirtscha�. Indien

zeichnet sich hingegen durch eine sehr günstige demografische Entwick-lung aus. 45 Prozent der Bevölkerung sind unter 25 Jahren alt, das Durch-schnittsalter beträgt 26 Jahre. Sprich: Wir haben es mit einem sehr „jungen“ und dynamischen Land zu tun. Was ebenfalls ins Gewicht fällt ist die so-genannte „dependency ratio“. Sie gibt Auskun� da-rüber, wie viele Personen in einem Haushalt werktä-tig sind. In Indien steigt diese Zahl, was heißt, dass mehr Kapital für Konsum, Ersparnisse und Investments zur Verfügung steht, was die Wirt-scha� weiter in Schwung bringt.

Welche Aktien aus Indien sind für den GAM Star India Equity interessant?BHATKULY: Wie angedeutet, gehen wir von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung in Indien aus. Aber was passiert, wenn diese Pro-gnose nicht aufgeht? Als Antwort suchen wir nach Aktiengesellschaften, die sowohl bei „Regen als auch Sonnenschein“ gute Geschä�e machen. Ich nenne diese Titel „individuelle In-seln“, sie pro�tieren von sehr o�ensichtlichen Trends, die konjunkturunabhängig sind. Ein sehr drastisches Beispiel: In zehn Jahren sol-len rund ein Drittel aller Inder unter Diabetes leiden! Inder lieben Zucker, der Konsum steigt weiter, wobei außerdem eine genetische Dispo-sition vorliegt, die für Diabetes anfällig macht.Auch wenn diese Entwicklung traurig stimmt, ist es als Anleger nur logisch, in Unternehmen zu investieren, die auf die Bekämpfung der Zu-ckerkrankheit spezialisiert sind. So wie etwa

Sun Pharmaceutical Industries, übrigens der-zeit die größte Position im Portfolio.

Was spricht für Japan-Investments?MITO: Die Wirtschaftsreformen des Pre-miers Shinzō Abe tragen zweifellos Früchte und werden auch weiterhin positive Auswir-kungen zeigen. Die viel zitierten ersten beiden Pfeile der „Abenomics“ betre�en Quantitative Easing-Maßnahmen und konjunkturelle Sti-mulus-Pakete. Sie haben ihr Ziel nicht verfehlt. Der dritte Pfeil umfasst Deregulierungen und Reformen für eine langfristige Wachstumsstra-tegie. Die Umsetzung zeigt ebenfalls Erfolge, sie benötigt aber Zeit. Hier waren die Markterwar-tungen wohl zu groß.

Wie finden Sie die besten Aktien?MITO: Im JB Japan Stock Fund kombinieren wir zwei Ansätze: Eine Growth- und eine Value-Strategie. Im Portfolio �nden sich sehr bekannte führende Unternehmen wie Honda, Toyota oder Mitsubishi, aber auch weniger bekannte Titel wie Symsex aus dem Gesundheitsbereich oder der Konsumwert Kao.

Reiko Mito, Fondsmanagerin JB Japan Stock Fund

Japans Börse war 2015 ein absoluter High�yer; Indien wird wiederum als Star der Zukun� gehandelt. Was trennt die beiden Länder, was verbindet sie? „Gute Gewinnchancen“ werden von den Portfoliomanagern Reiko Mito und Madhav Bhatkuly jedenfalls als gemeinsamer Nenner genannt. Harald Kolerus

Asien für jeden Geschmack

Madhav Bhatkuly, Fonds-manager GAM Star India Euity

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AUSBLICK 2016

Bei der Auswahl von börsengehandelten Fonds (ETFs, Exchange Traded Funds)

sollten Anleger eine Reihe unterschied-licher Prüfkriterien anwenden. Ein guter Auswahlprozess umfasst mindestens sechs Punkte: die Qualität der Indexreplikation, die Reputation des ETF-Emittenten, die Ge-samtkostenquote, eventuelle Kontrahenten-risiken, die verwendete Replikationsmetho-de- physisch oder synthetisch und, je nach

steuerlicher Situation des Investors, die Steuereffizienz des ETF.

Der ETF-Anbieter Blackrock (iShares) empfiehlt einen ähnlichen sechsstufigen Prüfungsprozess: Nach den Vorstellungen der Fondsgesellschaft sollten sich Anleger zunächst über die Struktur und Replika-tionsmethode und über die damit verbun-denen jeweiligen Risiken informieren. An-schließend sollten steuerliche Aspekte ge-

klärt werden. Sodann gelte es, im Rückblick festzustellen, wie gut die Performance des ETF im Vergleich mit seinem Underlying – dem zugrunde liegenden Index bzw. Ak-tien- oder Anleihenkorb – gewesen ist, also ob der ETF wirklich den Index genau abge-bildet hat. Viertens sei zu bewerten, wie fle-xibel der ETF zu handeln sei. Fünftens sollten Investoren die Gesamtkosten des ETF prüfen. Als sechster und letzter Schritt sei schließlich zu klären, ob das Fonds-management mit dem Verleihen von Wert-papieren Zusatzerträge generiert und ob der Anleger damit verbundene Risiken – etwa der Insolvenz des Vertragspartners (Kontrahenten) – tragen will.

Art der replikAtionDie direkte Replikation ist einfach zu

verstehen, jedoch ist mit dieser Methodik oftmals ein größerer Handelsaufwand ver-bunden. So muss der ETF die Zusammen-setzung des Fondsportfolios anpassen, wenn sich im zugrunde liegenden Index die Gewichtung der Index-Titel verschiebt oder wenn ein Index-Mitglied ersetzt wird. Zu-sätzlich müssen alle Aktiensplits, Dividen-denausschüttungen, unterschiedliche Wäh-rungen und steuerliche Faktoren eins zu eins nachgebildet werden.

Für den ETF bedeuten solche Verände-rungen also stets Kosten. Je höher die Kos-ten, desto schwerer fällt es dem ETF, seinem Basis-Index zu folgen. Mancher direkt re-plizierende ETF versucht deshalb, durch Zusatzgeschäfte die Kosten aufzufangen. Eine häufig verwendete Technik dazu ist die cr

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geldanlage ° ETFs

28 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Mehr als 1000 ETFs notieren inzwischen an deutschen Börsen und jeden Monat kommen weitere hinzu. Für Anleger ist die Vielfalt von Vorteil. Dennoch bleibt eine Frage: Wie findet man den besten ETF? Sich auf die Kosten und die Art der Replikation des zugrunde liegenden Index zu beschränken, genügt jedenfalls nicht. Wolfgang Regner

Exchange Traded Funds: Das Universum expandiert

° DEFINITIoNEN

Direkte ReplikationBei der direkten Replikation bildet der ETF einen Index ab, indem er alle Wertpapiere kauft, aus denen der Index besteht. Diese Methode wird auch als „physische“ oder „voll replizierende“ Indexabbildung bezeichnet. Bei Indizes, die sehr viele Titel oder wenig liquide Wertpapiere enthalten, kommt manchmal eine Variante dieser Methode zum Einsatz. Bei der „Sampling“- oder „Optimized“-Technik kauft der ETF nur eine möglichst repräsentative Auswahl der Index-Titel, um den Handelsaufwand zu begrenzen.

Indirekte ReplikationUm ihrem jeweiligen Basis-Index so eng wie möglich zu folgen, wird oftmals die indirekte („synthetische“) Replikation angewendet. Dabei investiert der ETF mindestens 90 Prozent des Fondsvermögens in ein weitgehend konstant gehaltenes Wertpapier-Portfolio. Die jeweils benötigte Index-Rendite sichert sich der ETF durch ein Tauschgeschäft mit einer Investmentbank (=Swap).

KontrahentenVertragspartner z.B. eines Finanzgeschäftes, bei ETFs meist ein ETF-Anbieter und eine Investment-bank, die den Swap (Tauschgeschäft) anbietet. Der dabei beteiligte ETFs wird auch als synthe-tischer ETF bezeichnet.

Net Asset Value (NAV)Wert der durch den Fonds gehaltenen Positionen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Über den Vergleich des NAV mit dem Börsenkurs können Anleger die Handelsqualität beurteilen.

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AUSBLICK 2016

Wertpapierleihe. Dabei werden Wertpa-piere aus dem Fondsvermögen an andere Marktteilnehmer gegen eine Gebühr verlie-hen. Kritikpunkt dabei ist: Oft sind die Aus-leiher Hedgefonds, die auf fallende Kurse spekulieren – sozusagen der Feind im eige-nen Bett. Bei indirekt replizierenden ETFs sollten Anleger darauf achten, dass das da-für nötige Tauschgeschäft (Swap) nicht un-bedingt mit Investmentbanken abgeschlos-sen wird, die genau denselben ETF über ihre Fondstöchter anbieten. Das Risiko steigt dadurch zwar nicht, doch könnten für den Anleger versteckte Zusatzkosten anfal-len, wenn sich die beiden Swap-Kontra-henten aus demselben Bankenkonzern ein zusätzliches Körberlgeld sichern wollen.

dAs swAp-GeschäftEin Swap funktioniert folgendermaßen:

Der ETF überträgt die Erträge seiner Wert-papiere auf den Kontrahenten (eine Bank). Die Bank liefert im Gegenzug dem ETF die Index-Erträge. Der Vorteil dieser Methode ist, dass der ETF nicht direkt in die Titel des Index investieren muss. Dadurch erspart er sich Transaktionen und entsprechende Kos-ten, die bei direkt replizierenden ETFs an-fallen – beispielsweise, wenn sich die Index-

Zusammensetzung ändert. Die indirekte Replikation ist dann sinnvoll, wenn der In-dex schwer zugängliche Wertpapiere ent-hält, etwa chinesische Aktien oder wenig liquide Anleihen. Ein weltweit vertretener Swap-Partner kann in solchen Märkten ein-facher handeln als die ETF-Gesellschaft. Auch die Verbuchung ausländischer Divi-denden ist über eine internationale Invest-mentbank oft von Vorteil. Mit ETFs lässt sich daher eine Dividendenstrategie effi-zienter verfolgen, denn herkömmliche EFTs erhalten ihre Dividenden deutlich später.

Bei manchen Anlageklassen kommt für ETFs ohnehin nur die indirekte Abbildung in Frage. Zum Beispiel bei Rohstoff-Indizes: Dort müsste schließlich ein direkt replizie-render ETF größere Mengen von Öl, Metal-len und anderen Waren einlagern, was ei-nen hohen Aufwand bedeuten würde. Wei-tere Vorteile sind: Voll replizierende ETFs können keine Strategieindizes (z.B. Short DAX-Index), keine Rohstoffindizes und auch keine Anleiheindizes nachbilden, denn nicht alle für die Abbildung notwendigen Anleihen sind auch am Markt erhältlich.

Ob direkte oder indirekte Abbildungs-methode, die Anlage in einen ETF ist stets ein geschütztes Sondervermögen: Das heißt,

das Anlagekapital der Fondsanleger ist vom Vermögen der Investmentgesellschaft ge-trennt. Dadurch ist das Fondsvermögen un-abhängig von Wertänderungen der anderen Fonds der Fondsgesellschaft. Vor allem aber ist das in den Fonds investierte Geld der Anleger vor dem Zugriff der Investmentge-sellschaft und ihrer Gläubiger geschützt – auch im Insolvenzfall.

hohe sicherheitDennoch sind theoretisch bei beiden

Abbildungsmethoden Situationen vorstell-bar, in denen das Fondsvermögen teilweise belastet würde. Durch entsprechende Si-cherheits-Vorkehrungen bauen die meisten Fondsgesellschaften allerdings diesen Ri-siken vor. Bei direkt replizierenden ETFs, die Wertpapierleihe betreiben, könnte die Wertentwicklung des Fonds beeinträchtigt werden, wenn der ETF die von ihm verlie-henen Wertpapiere nicht zurückerhält. Meist müssen die Ausleiher deshalb ausrei-chende Sicherheiten auf Sperrkonten hin-terlegen. Bei indirekt replizierenden ETFs könnte das Vermögen durch den Ausfall eines Swap-Partners beschädigt werden. Solch ein Ausfall beträfe jedoch höchstens einen kleinen Teil des Fondsvermögens:

ETFs ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 29

das Universum der etfs expandiert rasant: Alleine in Europa sind bereits über 400 Milliarden Euro in ETFs veranlagt, ein Plus von 20 Prozent (2015).

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AUSBLICK 2015

30 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Rechtlich darf der Wert des Swap nicht mehr als zehn Prozent des Fondsvermögens gegenüber einem Kontrahenten ausma-chen. In der Praxis liegt der Anteil jedoch meist deutlich niedriger. Manche Anbieter haben bei synthetischen ETFs sogar noch ein weiteres Sicherheitsnetz eingezogen: Sie sichern den ETF gegen mögliche Ausfälle des Swap-Partners, indem sie zusätzlich Wertpapiere, z.B. Anleihen, in einem sepa-raten Depot bei einer Depotbank halten. Der Wert dieser Sicherheiten übersteigt in der Regel die Zahlungsverpflichtungen des Swap-Partners. Die von den ETF-Anbietern ausgewiesenen laufenden Kosten sind ein einfaches und deswegen oft verwendetes

Vergleichskriterium. Hier lohnt in jedem Fall aber ein genauerer Blick. Die Gesamt-kostenquote (TER, Total Expense Ratio) spiegelt nämlich meist die tatsächlichen Ko-sten eines ETF nicht korrekt wider.

kosten im fonds (ter)Teilweise liegen die echten Kosten für

den Anleger höher, nicht selten jedoch auch darunter. Im Prinzip setzt die TER die jähr-lichen Gesamt kosten des ETF ins Verhältnis zum Fondsvermögen. Zur Verwaltungsge-bühr fließen in die TER noch weitere Ge-bühren ein, beispielsweise die Kosten der Depotverwaltung, rechtliche Gebühren oder auch Prüfgebühren für den Jahresbe-

richt. Die gute Nachricht dabei ist, dass Zu-satzerträge aus Wertpapierleihe oder ähn-liche Tricks die Kosten senken oder sogar eine Extrarendite bringen können. Bei eini-gen ETFs gelingt das besonders gut, etwa bei ETFs auf den Euro Stoxx 50-Index. Eini-ge Anbieter konnten in der Vergangenheit sogar Zusatzerträge generieren, die über den laufenden Kosten lagen.

hAndelskosten für den AnleGerDie schlechte Nachricht bezüglich der

Kosten ist, dass dem Anleger beim Kauf und Verkauf Handelskosten entstehen, denn er muss den ETF ja schon definitionsgemäß an einer Börse kaufen. Ausgabeaufschläge von bis zu fünf Prozent, wie bei traditionellen Investmentfonds, fallen dabei zwar nicht an, wohl aber Börsengebühren und Kosten des Handelspartners (Market Maker). Zu-sätzliche Kosten entstehen durch die Geld-Brief-Spanne. Sie bezeichnet die Differenz, zwischen den An- und Verkaufskursen der Market Maker (meist eine Bank) an der Börse oder den elektronischen Handels-plattformen. Typischerweise liegt der An-kaufskurs der Händler unter dem tatsäch-lichen Wert (NAV) des ETF, der Verkaufs-kurs liegt hingegen darüber.

Für Anleger heißt das: Wenn sie den ETF kaufen, zahlen sie im Prinzip etwas zu viel, wenn sie ihn verkaufen, bekommen sie etwas zu wenig. Je größer die Handelsspan-ne (der „Spread“), desto ungünstiger ist das für den Anleger. Glücklicherweise ist der Spread bei ETFs auf den DAX oder den Euro Stoxx sehr gering. Bei den DAX ETFs beträgt beispielsweise die Handelsspanne an der Deutschen Börse typischerweise we-niger als 0,03 Prozent des Kurses.

„Die Höhe der Assets bzw. des Fondsvo-lumens ist ein Indikator für die Attraktivität und die Handelsliquidität des ETF. Je höher die Assets, desto liquider ist in der Regel der Handel bei diesem Fonds und desto nied-riger sind der Spread und die anderen Kaufspesen“, erklärt Markus Kaiser, Mana-ger der Starcapital ETF-Dachfonds. Im Schnitt setzt die Deutsche Börse mit ETFs monatlich ein Volumen von rund 16 Milliar-den Euro um. Damit ist sie nach eigenen

geldanlage ° ETFs

° DrEI MUsTErporTFoLIos – koNsErvATIv bIs DyNAMIsch FONdS WKN ANLAGeKLASSe POrtFOLiOANteiLdas offensive Portfoliodb X-trackers dAX DBX1DA Aktien Deutschland 15 Prozentcomstage Stoxx europe 600 ETF060 Aktien Europa 15 ProzentSource S&P 500 A1JM6F Aktien USA 15 ProzentAmundi MSci emerging Markets A1C9B1 Aktien Schwellenländer 10 ProzentiShares euro HY corporate Bond A1C3NE Hochzinsanleihen Welt 20 ProzentiShares MSci Quality Faktor A12ATE Aktien Welt 10 Prozentdbx € Sovereign Yield Plus DBX0HM Staatsanleihen Europa 10 ProzentLyxor FtSe ePrA LYX0FL Immob. aktien Europa 5 Prozent

FONdS WKN ANLAGeKLASSe POrtFOLiOANteiLdas ausgewogene (balanced) Portfoliocomstage MSci World ETF110 Aktien Welt 10 ProzentiShares MSci Quality Faktor A12ATE Aktien Welt 10 ProzentSource MSci europe A0RGCM Aktien Europa 15 ProzentSPdr S&P US div. Aristocrats A1JKS0 Aktien USA 10 ProzentAmundi MSci emerging Markets A1C9B1 Aktien Schwellenländer 10 Prozentdb X-trackers Global Sovereign DBX0A8 Staatsanleihen Welt 25 ProzentLyxor euro corporate Bond LYX0EE Untern. anleihen Welt 20 Prozent

FONdS WKN ANLAGeKLASSe POrtFOLiOANteiLdas konservative Portfoliocomstage MSci World ETF110 Aktien Welt 20 ProzentSource MSci europe A0RGCM Aktien Europa 15 ProzentLyxor FtSe ePrA LYX0FL Immob. aktien Europa 5 ProzentiShares USd treasury Bond A0J207 Staatsanleihen USA 20 ProzentiShares euro corporate Bond 251124 Untern. Anl. Europa 15 Prozentdbx eUr Sovereign Yield Plus DBX0HM Staatsanleihen Europa 10 ProzentiShares USd HY corporate Bonds A1H5UN US-Hochzinsanleihen 10 Prozentcash 5 Prozent

Quelle: World Gold Council

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AUSBLICK 2015

KOMMENTAR

ETF SECURITIES

Ausblick 2016: Zinserhöhungen und Konsenserwartungen

Zwar unterscheiden sich alle Zins-erhöhungszyklen in der Vergangen-

heit auf bestimmte Weise voneinander, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Um das aktuelle Szenario so gut wie mög-lich nachzubilden, haben wir vier von acht möglichen Zinserhöhungszyklen nach In-krafttreten des Bretton-Woods-Abkom-mens ausgewählt. Die Zeitabschnitte im Dezember 1976, Dezember 1986, Februar 1994 und Juni 2004 sind der heutigen Si-tuation insofern am ähnlichsten, als in die-sen Zeiträumen die Zinsen entweder fielen oder davor für längere Zeit relativ niedrig waren.

TENDENZ ZUM AUSVERKAUF BEI US-STAATSANLEIHEN

Zum Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung stan-den die Anlageklassen – und besonders Aktien – in der Vergangenheit am oberen Ende ihrer Bewertungsspannen oder nahe daran. Die Höchststände bei der Anlagenklassenbewer-tung sind ähnlich, nur sieht diesmal die Bewer-tung der US-Staatsanleihen statt der Aktien am überzogensten aus. Laut der Analyse steigen die nominalen Renditen von US-Staatsanlei-hen häufig um durchschnittlich ein Prozent. Die Situation könnte sich ähnlich entwickeln wie 1994: Die Anleihenbewertungen waren damals ähnlich überzogen und die Renditen stiegen in-nerhalb eines Jahres um 280 Basispunkte. Die Situation heute ist insofern einzigartig, als dass die Trennlinie zwischen US-Staatsanleihen als Anlageklasse auf der einen und als politisches Werkzeug auf der anderen Seite noch nie so verschwommen war. Es ist besonders schwer vorherzusagen, wie stark sich die Renditen ver-ändern, weil das Anleihenkaufprogramm der Fed die normale Marktdynamik verändert.

ZINSERHÖHUNGEN SCHADEN DEM GOLD NICHT

Gold ist eines der Beispiele, bei denen die Ent-wicklung unterschiedlich verlief: 1976, 1986

und 2004 stiegen die Preise jeweils um 22 Pro-zent, 25 Prozent bzw. elf Prozent, während die Preise 1994, ein Jahr nach der ersten Zinserhö-hung, um 2,6 Prozent fielen. Für den Preisan-stieg 1976 und 1986 war wahrscheinlich die Inflation verantwortlich. Aber das trifft für 2004 nicht zu, denn zu diesem Zeitpunkt war die In-flation besser unter Kontrolle. Ein Hauptunter-schied war 1994, dass die Realzinsen um drei Prozent stiegen, während sie in den anderen Zeiträumen stagnierten oder sanken. Damit wird die Annahme bestätigt, dass steigende Realzinsen häufig negative Auswirkungen auf die Goldpreise haben. Wir halten eine Wieder-holung der Entwicklung von 1994 für unwahr-scheinlich, da die Staatsverschuldung eine Er-höhung der Realzinsen begrenzen dürfte und da die Zinserhöhungen der US-Notenbank ver-mutlich langsamer als der Anstieg der Infla-tionsrate ausfallen.

DER USD – KAUFEN BEIM GERÜCHT, VERKAUFEN BEI DER ANKÜNDIGUNG

Vor Zinserhöhungen stagniert der Wechselkurs des USD meistens oder er steigt. In jedem Fall war er dann volatil und der Wechselkurs fiel in-nerhalb eines Jahres um durchschnittlich sie-

ben Prozent. Diese Tatsache mag kontraintuitiv erscheinen, da die Begrenzung der Geldmenge dazu führt, dass weniger USD im Umlauf sind. Wir glauben, dass die wahrscheinlichste Erklä-rung dafür ist, dass die Märkte die Aussicht auf eine stärkere Konjunktur und Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt voll einpreisen, bevor dies überhaupt eingetroffen ist.Ein schwächerer USD hat positive Auswir-kungen für andere Anlageklassen, speziell für Rohstoffe und Aktien aus Schwellenländern. Die Daten zeigen, dass die Rohstoffpreise jedes Mal um durchschnittlich zwölf Prozent anstie-gen, wodurch untermauert wird, dass sich die Preise entgegengesetzt zum USD entwickeln. Industriemetalle zeigen außergewöhnlich gute Ergebnisse, während sich Rohöl anfangs stark entwickelt, dann jedoch oft seitwärts tendiert und im folgenden Jahr volatil bleibt.

US-AKTIEN MIT SCHWÄCHERER PERFORMANCE

Globale Aktien zeigten mit Kursanstiegen von durchschnittlich sechs Prozent eine tendenziell positive Entwicklung, während US-Aktien zur Volatilität neigen und die Kurse im Jahr nach der ersten Zinserhöhung normalerweise sta-gnieren. Dieses Mal wird die Entwicklung wohl ähnlich sein, da die Bewertungen von US-Ak-tien, an den meisten Kennzahlen gemessen, jetzt hoch wirken und US-Unternehmen durch den immer wettbewerbsintensiveren Arbeits-markt erhöhtem Margendruck ausgesetzt sind. Die Entwicklung kann für Aktien aber durch-aus unterschiedlich verlaufen und hängt von der Glaubwürdigkeit der Fed ab. Wenn es, wie in den Jahren 1976 und 1986, politische Fehl-entscheidungen gab, brachen die Aktienmärkte ein. Obwohl wir das Risiko, dass es zu einem politischen Fehler kommen könnte, im bevor-stehenden Zinserhöhungszyklus als relativ ge-ring einstufen, würde eine Fehleinschätzung durch die US-Notenbank den Aktienmarkt be-lasten.

www.etfsecurities.com

JAMES BUTTERFILL, Executive Director – Head of

Research & Investment Strategy, ETF Securities

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 31

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AUSBLICK 2015geldanlage ° ETFs

32 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Angaben der führende Handelsplatz dieser Art in Europa.

Auch das Wachstum auf dem gesamten Kontinent beeindruckt.Vor Kurzem hat das Volumen des ETF-Markts in Europa die Schallmauer von 400 Milliarden Euro ge-knackt. Das lässt die Gebühren purzeln: Die jährlichen Fees für Produkte auf den DAX oder Euro Stoxx 50 liegen oft nur bei 0,09 Prozent. Es geht aber noch günstiger: Wäh-rend Branchenkrösus iShares den S&P 500 gegen einen jährlichen Obolus von 0,07 Prozent abbildet, gibt sich die britische Emittentin Source beim US-Leitindex schon mit fünf Basispunkten im Jahr zufrieden. Zum Standardprogramm der Branche zählt beispielsweise der MSCI World. In diesem Börsenindex sind rund 1600 Aktien aus mehr als 20 Industrieländern enthalten. Im ETF-Mantel ist der viel beachtete Index mittlerweile gegen eine TER von 0,20 Pro-zent zu haben. Auch im kommenden Jahr werden einige bereits laufende Trends wei-tergehen oder sich sogar verstärken. So meint etwa Martin Eberhard Siegel, Leiter ETF Produktservice, DEKA Bank: „Interes-sant ist sicherlich die Entwicklung der Fak-

tor- bzw. Smart Beta-Produkte. Smart Beta ETFs verfolgen meist eine Gewichtungs-strategie, die von der in den Indizes prakti-zierten Methode der Gewichtung nach Marktkapitalisierung wegführt. Damit las-sen sich verschiedene Anlagestile 1:1 um-setzen, etwa die Strategien Value, Size (= Gleichgewichtung), Quality Growth, Mini-mum Volatility oder Momentum. Diese von den üblichen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Indizes sind oft vorteilhaft, aber es gibt auch Negativbeispiele: Inve-storen, die in den vergan genen Monaten etwa auf einen DAX-Dividendenstrategie-ETF setzten, wurden enttäuscht. Die schlechte Kursentwicklung wichtiger Divi-dendenaktien wie RWE, E.ON oder Volks-wagen ließ den DIV DAX ETF deutlich hin-ter dem gesamten DAX zurück.

Auch interessant sind in Zeiten extrem niedriger Zinsen Renten-ETFs, die versu-chen, das niedrige Zinsniveau zu optimie-ren oder die durch flexible Durationssteue-rung die Wahrscheinlichkeit potenzieller (Zinsänderungs-)Verluste verringern.Ge-nerell wird der Anteil von ETFs im Vermö-gensmanagement weiter steigen, insbeson-

dere die Entwicklung von ‚Robo-Advisors‘ wird hier eine große Rolle spielen.“

BerAtUnG dUrch roBo-AdvisorsRobo-Advisors sind sogenannte virtu-

elle Online-Vermögensberater, die den Menschen in dieser Funktion ersetzen kön-nen und in den vergangenen Jahren zur Per-fektion gebracht wurden. „In der Geldanla-ge ist eine Zeitenwende im Gange. Der Ver-mögensberater könnte zunehmend durch Online-Werkzeuge ersetzt werden, mit de-nen sich ein Anlage-Portfolio maßschnei-dern lässt“, meint Siegel.

In der Praxis ermittelt eine ausgeklügel-te Software die Anlagebedürfnisse des Kun-den in ein paar kurzen Fragen, checkt seine Risikobereitschaft und errechnet in weni-gen Millisekunden eine Anlagestrategie, die aus einem Mix aus Dutzend passiver Index-fonds auf den Aktien-, Renten- oder Roh-stoffmarkt besteht. Gefällt dem Nutzer das Musterportfolio, kauft er es mit wenigen Mausklicks direkt beim angeschlossenen Broker. Dann braucht er nur noch ein jähr-liches Rebalancing (Ursprungsgewichtung wieder herzustellen).

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GELD ° Welche sind Ihrer Ansicht nach die größten Vorzüge von ETFs? BAhRAm SADIghIAN: Erstens die weitaus günstigeren fondsbezogenen Kosten, wie Management Fee und Transaktionskosten. Denn innerhalb des ETF wird ja nicht gehan-delt, es sei denn, es gibt eine Veränderung beim Underlying (dem Benchmark-Index). Zweitens die passive Gestionierung – es gibt keinen Fondsmanager, der – wie recht häu-fig – seine eigene Benchmark nicht schlagen kann oder gar hinter ihr zurückbleibt. Dazu kommt die Tatsache, dass die Liquidität im ETF-Sektor in den letzten Jahren massiv zu-genommen hat. Und schließlich gibt es bei voll physisch replizierenden ETFs kein Emit-tentenrisiko und eine höhere Transparenz,

da sich Anleger das ETF-Portfolio täglich ansehen können. Alle ETFs von iShares sind voll replizierend.

Bedingt eine voll physische Abbildung der Benchmark in Ihren ETFs nicht tendenziell höhere Kosten?Nicht unbedingt – das kommt auf das Un-derlying an. Manche sind leicht abzubilden, bei anderen wird es schwieriger und damit teurer. Ein Problem bildet der Rohstoffsek-tor. Hier wird der Benchmark-Index meist mit Aktien abgebildet – eine unvollkommene Methode, die auch weniger Diversifika-tion mit sich bringt. Oder der Anleger wählt ETCs (Exchange Traded Commodities), doch damit hat er ein Emittentenrisiko, da

bAhrAM sADIGhIAN, ETF-ExpErTE bEi iSharES (blackrock)

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ETCs Zertifikate sind. iShares bie-tet dennoch alle Assetkslassen an.

Viele ETF-Anbie-ter wählen Swaps als Replikations-methode – wo liegen die Vorteile?Theoretisch ja, zumindest was die Kosten betrifft. Allerdings sind diese Swaps für Anleger völlig intransparent, sodass nicht festgestellt werden kann, ob in der Swap-Konstruktion nicht doch versteckte Kosten enthalten sind. Dazu kommt das höhere Ri-siko, nämlich das Kontrahentenrisiko. Der Swap-Vertragspartner könnte ja ausfallen.

Page 33: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2015

Raiffeisen LandesbankOberösterreich

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Dr. Heinrich SchallerGeneraldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ

Page 34: GELD-Magazin, Dezember 2015

GELD ° Herr Roberts, auch an den Anleihen-märkten geht ein turbulentes Jahr zu Ende. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?DAviD RobERtS: Die Märkte waren viel ruhiger als in den vergangenen Monaten. In Be-zug auf Staatsschulden begann der Dezember schlecht, auch die Veröffentlichung der US-Ar-beitsmarktdaten ließ eine Zinserhöhung noch vor Ende des Jahres erwarten. Europäische Ver-mögenswerte folgten, sodass wir Kernprodukte wie fünf- und 30-jährige deutsche Anleihen auf tiefem Niveau kaufen konnten. Doch im weiteren Monatsverlauf bekräftigte die Europäi-sche Zentralbank ihre Absicht, die Lockerung der Geldpolitik zu verlängern. Dies und die tragischen Ereignisse von Paris drückten die Erträge; wir verkauften daher vieles, was wir zuvor aufgenommen hatten.

Ein teil ihres Erfolges beruht darin, die Notenbanken und die Marktteilnehmer richtig

einzuschätzen. Wie sind diese Akteure derzeit positioniert?Beide fokussieren stark auf die noch immer ge-ringe globale „Headline“-Inflation. Diese ist jedoch zum großen Teil durch das preiswerte Öl bestimmt. Die Kerninflationsraten in den ein-zelnen Ländern sind jedoch gar nicht mehr so niedrig. Aus fundamentaler Sicht müssten des-halb die aktuellen Marktrenditen höher sein. Insbesondere die Staatsanleihen der Hartwäh-rungsländer sind derzeit zu teuer.

vor allem an den Anleihenmärkten bestimmen die Notenbanken das Geschehen. Was versetzte die Anleger dieses Jahr derart in Unruhe?Die Politik der Zentralbanken war für Inves-toren schwer verständlich und einschätzbar. Dies hat am Rentenmarkt zu einer enorm ho-hen Volatilität geführt. Bei den Bundesanleihen kam es ja phasenweise zu einer richtigen Kauf-panik. Viele Anleger sind besorgt und wollen deshalb eine höhere Kompensation ihrer Risiken.

Also ist die EZb für die Panik verantwortlich?Draghi ist ein Meister darin, die Märkte zu ma-nipulieren. Aber manchmal hat er wohl selber den Eindruck, dass er zu weit gegangen ist. Dann rudert er zurück. Das ist sehr irritierend. Wie groß die Verunsicherung der Anleger ist, sieht man ziemlich deutlich am schwankenden Kurs des Buxl-Futures, der sehr lang laufende Bundesanleihen abbildet.

Wie ist der Leistungsausweis der US-Zentralbank Fed? Die Fed hätte mit Zinserhöhungen schon vor einem Jahr beginnen sollen. Denn im Lauf des Jahres sind die US-Wachstumsraten bereits wie-der etwas zurückgegangen. Alle vorhandenen

Daten deuten darauf hin, dass wir uns am Ende des Konjunkturzyklus befinden.

Hat die US-Wirtschaft also ein falsches Zinsniveau?Das aktuelle Zinsniveau ist für die Verfassung der US-Wirtschaft zu niedrig. Indem sie ihre Entscheidung so lange hinauszögert, läuft die Fed Gefahr, wieder Inflation zu produzieren.

Sind die Zentralbanken ihrer Ansicht nach also zu träge?Nicht durchwegs. In manchen Bereichen wurde sogar zuviel des Guten getan. Die ultralockere Geldpolitik hat sicher das Wachstum stimuliert, doch das billige Geld ist teilweise in die falschen Bereiche geflossen. Daraus resultiert etwa das gegenwärtige Überangebot an Rohstoffen, vor allem bei Öl. Denn die Geldschwemme führte auf dem US-Ölsektor zu einem Investitions-boom. Leider drückte der Boom vor allem den Ölpreis und hatte nur einen vergleichsweise geringen Beschäftigungseffekt.

Der tiefe Ölpreis hat zuletzt die inflation gedrückt. bleibt das auch in Zukunft so?Vorerst bleibt die Inflation unter Kontrolle. Denn die Weltwirtschaft wächst moderat und regional viel gleichmäßiger als früher, was be-ruhigend ist. Doch die Inflationserwartungen der meisten Anleger sind zu niedrig. Die Infla-tionsraten könnten nächstes Jahr wieder etwas zunehmen, da der Abwärtstrend beim Ölpreis sich deutlich verlangsamt hat.

Wie setzen Sie diese Einschätzung in ihren investments um?Seit Herbst kaufen wir TIPS, die derzeit sehr preis-wert sind. Diese US-Inflations-Linker kommen im Kames Strategic Global Bond Fund inzwi-schen auf einen Anteil von rund zehn Prozent.

34 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die Anleihenmärkte korrelieren global gesehen derzeit relativ stark. Viele Investoren folgen einem Mainstream, der z.T. durch die irrationale Geldpolitik der Notenbanken verursacht wird. Dadurch ergeben sich für uns als Anleiheninvestoren zahlreiche Chancen. Man muss nur flexibel darauf reagieren können.

Chancen durch Marktverzerrungen

David Roberts, Manager des Kames Strategic Global Bond Fund

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Page 35: GELD-Magazin, Dezember 2015

Wie sind Sie bei „normalen“ Staatsanleihen positioniert?Die Zinskurve dürfte sich abflachen. Die Ren-diten der fünfjährigen T-Bonds werden leicht anziehen, während es am langen Ende zu keiner wesentlichen Veränderung kommen dürfte. Daher sind wir bei Staatsanleihen nur sehr begrenzt investiert. Wir haben Short-Futures genutzt, um uns für den erwarteten Renditeanstieg bei den kurzlaufenden Bonds zu positionieren.

Eine Untergewichtung von Staats anleihen macht sicher Sinn, aber gibt es keine regionalen Unterschiede?Vor einigen Wochen habe ich erwähnt, dass Staatsanleihemärkte in der Regel hoch kor-reliert sind, vor allem bei den G7, wo die Konjunkturzyklen in der Regel im Tan-dem verlaufen. Dies will ich differenzieren. Üblicherweise verläuft die Marktrichtung entsprechend der Stärke der Bewegung und trennt Gewinner von Verlierern. Es gibt aber Zeiten, in denen die Korrelation schwindet. Wenn dies geschieht, können extreme Bewer-tungspunkte entstehen. Derzeit gibt es viele gute Gründe, warum europäische Anleihen weniger Sinn machen als ihre US-Äquiva-lente.

Also sehen Sie trotz steigender US-Leitzinsen den US-Anleihenmarkt positiv? Wir sind bei langlaufenden US-Staatsanleihen long, aber vor allem bei Unternehmensan-leihen. Wir haben derzeit rund die Hälfte unserer Assets in Investment Grade-Anleihen investiert. Zurzeit sehen wir bei Unterneh-mensanleihen sowohl Investment Grade als auch High Yields als ausgesprochen preiswert an – sowohl im historischen Vergleich, als auch in Relation zu anderen Märkten.

Aber welche Rolle spielen die steigenden Zinsen bei Unternehmensanleihen?Bei den High Yields sind keine drastischen Ver-änderungen zu erwarten. Bei diesen Papieren spielen das Defaultrisiko und andere Faktoren eine größere Rolle. Wir erwarten, dass die Ri-sikoaufschläge der Hochzinsanleihen wieder sinken werden, was uns und anderen Anlegern Kursgewinne bringen würde.

Gibt es weitere themen, die Sie kürzlich gespielt haben?Erwähnenswert ist die zunehmende Überge-wichtung der „grünen“ Anleihen. Unternehmen und besonders Banken haben Schuldverschrei-bungen emittiert, die sie für Umwelt- oder Nachhaltigkeitszwecke eingegrenzt haben. Die-se Anleihen werden normalerweise mit einem Abschlag emittiert. Der Grund dafür variiert, aber sobald die Anleihen im Markt gehandelt werden, verschwindet diese Differenz. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass sie längerfri-stig eine Renditequelle sein werden, lohnt sich der Kauf dieser Premium-Emissionen. Sobald der Markt einmal etabliert sein wird, wird di-ese Großzügigkeit von Seiten der Unternehmen wieder aufhören zu existieren.

im Hintergrund schwelen die globalen Risiken. Wie groß sind diese wirklich?Das Risiko besteht, dass die Politik der Zentral-banken nicht zu einem schwächeren Euro und auch nicht zu europäischem Wachstum oder Inflation führen wird. Wenn sich die US-Wirt-schaft in zwei oder drei Jahren abkühlt, wird die Arbeitslosigkeit in Europa immer noch über acht Prozent liegen. Dann müssen wir auf eine starke, konsumgetriebene Wirtschaft in China hoffen, ansonsten werden wir wieder eine Re-zession sehen. Die Risiken liegen aber derzeit eher bei Brasilien als bei China.

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 35

Im Gespräch mit David Roberts, Kames Capital ° geldanlage

zur person:

David Roberts ist seit 2004 bei Kames Capital

und leitet das Fixed Income-Team. Er ist zudem

verantwortlich für das Flagship-Produkt, Kames

Strategic Global Bond Fonds. Seit der Auflage

des Fonds im Jahr 2007 bewegt sich das Risi-

ko meist unter dem Durchschnitt der Kategorie.

Aufgrund der gleichzeitig guten Wertentwicklung

erhielten die Anleger bis dato eine hohe risikoad-

justierte Performance. Auch im Absolute Return-

Bereich ist Kames Capital sehr erfolgreich unter-

wegs. Der schottische Asset Manager hat sein

Angebot basierend auf dem anhaltenden Er-

folg des Flagship-Fonds Kames Absolute Return

Bond laufend ausgebaut und umfasst nun meh-

rere Absolute Return-Produkte im Aktien- sowie

im Rentenbereich. Insgesamt verwaltet Kames

Capital rund 79 Milliarden Euro.

Das neue Jahr beginnt in zwei Wochen: Was raten Sie Anlegern für 2016?Ich glaube, kurzfristig wird es bessere Ein-stiegsmöglichkeiten geben. Stand heute, würde ich Staatsanleihen in Euro shorten, Ak-tien von europäischen Unternehmen mit einem hohen Anteil an global erwirtschafteten Erträ-gen favorisieren und mittel- bis längerfristig laufende US-Staatsanleihen ins Portfolio neh-men. Im Verlauf des Jahres – genauer im Juni bzw. Juli – habe ich mir Emerging Markets-Anleihen vorgemerkt. Ich würde auch einige Euro-Unternehmensanleihen kaufen, aber auf größere liquide Namen fokussieren, um irgend-wann nächstes Jahr wieder auszusteigen.

www.kamescapital.com

Page 36: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016

Gleich vorweg einige Daten, die Hoff-nung auf eine bessere Zukunft für

Europas Volkswirtschaften machen. Der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands ist deutlich gestie-gen, von 108,2 Punkten im Oktober auf 109,0 Punkte im November. Die Einschät-zungen zur aktuellen Geschäftslage haben sich wieder verbessert. Der Optimismus mit Blick auf die zukünftigen Geschäfte nahm das dritte Mal in Folge zu. Auch die Auf-tragseingänge stiegen zuletzt. Deutschland bleibt also seiner Rolle als Konjunkturloko-motive treu. Und der Konsum läuft gut – kein Wunder. Deutsche Autofahrer sparen 2015 10,5 Milliarden Euro Spritkosten. Mit 2014 noch krisengeplagten Ländern kön-nen die Deutschen dennoch nicht mithal-ten: Spaniens Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zuletzt um 3,6 Prozent, Italien um 2,6

Prozent und Irland sogar um 6,7 Prozent. Der Gesamt-PMI (Einkaufsmanagerindex) für die Eurozone stieg auf 53,9 Punkte – der höchste Wert seit vier Jahren. Zudem zeigten Daten der EZB eine Verbesserung der Kreditbedingungen. Die eng definierte Geldmenge M1, bestehend aus Bargeld und Sichteinlagen, die als Indikator für die kurz-fristigen Ausgaben gilt, stieg im September mit einer hohen Jahresrate von 11,7 Pro-zent. Dazu nehme man noch die Dollar-Stärke und die Ölschwäche und fertig ist der Mix für einen Aufschwung. Und die Wirt-schaftsstatistiken könnten weiterhin dank der niedrigen Vergleichsmaßstäbe für posi-tive Überraschungen sorgen. Ein stärkeres Investitionswachstum sowie höhere Staats-ausgaben für die Bewältigung der Flücht-lingsströme könnten das BIP-Wachstum um bis zu 0,5 Prozent anschieben. Michael

Fraikin, Head of Research, Invesco Quanti-tative Strategies, fasst die Pro-Argumente zusammen: „Unternehmen bauen Verschul-dung ab und investieren wieder, Gewinne und Dividenden wachsen zumindest mode-rat, auch die Übernahmetätigkeit ist auf einem neuen Hochpunkt mit Übernahme-prämien über dem historischen Durch-schnittsniveau.“

HoHer GewinnHebel Fundamental dürften sich die Unter-

nehmensgewinne 2016 stärker verbessern, als bei dem enttäuschenden Anstieg für 2015, der auf 6,5 Prozent geschätzt wird, zu beobachten ist. Grund dafür ist, dass viele Unternehmen ihre Dollar-Umsätze zu früh gehedged haben und so der Währungs-Ge-winnschub erst 2016 voll einsetzen wird. Es gibt aber auch einiges an Gegenwind zu ver-kraften: Igor de Maack, Fondsmanager bei DNCA Investments, meint dazu: „Die sin-kende Nachfrage aus China belastet die großen multinationalen Konzerne: Vor allem Rohstoffproduzenten, Automobil-bauer und die großen Produzenten von Konsumartikeln sind betroffen. So kommt Europa der Wechselkurseffekt zwar beim US-Dollar zugute, doch leiden europäische Unternehmen unter der Abwertung der Schwellenländerwährungen gegenüber dem Euro. Dennoch rechnen die südeuropäi-schen Unternehmen (Frankreich einge-schlossen) für 2016 mit einem zweistelligen Gewinnwachstum. Nicht unplausibel, denn gerade Frankreich, Italien und Spanien wei-sen die dynamischste und schnellste wirt-

geldanlage ° Europa-Aktienfonds

36 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Wenn man sich das wirtschaftliche Umfeld ansieht, so spricht einiges für ein Investment in europäische Aktien. Wachstum und Investitionen erholen sich, auch die Unternehmensgewinne sollten erstmals seit fünf Jahren nicht enttäuschen. Wir sprachen mit Top-Europa-Aktienfondsmanagern. Wolfgang Regner

Europäische Aktienfonds: Die Überflieger 2016

Ifo-GEschäftskLIMA DEutschLAND

ifo-Konjunkturtest november 2015: Der Stimmungsindikator ist im Aufwärtstrend.Quelle: ifo

Page 37: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016schaftliche Entwicklung auf – obgleich sie langsamer wachsen als bei einem typischen Aufschwung.“

Uwe Zöllner, Head of Pan-European Equity, Franklin Asset Management, glaubt, dass sich jeder Anstieg der Verkaufszahlen exponentiell in den Geschäftsergebnissen der Unternehmen niederschlagen dürfte. „Viele Unternehmen in der Eurozone ar-beiten mit hohem Gewinnhebel, d. h., sie erzielen weniger Umsätze, können jedoch höhere Gewinnmargen halten. Sollte die er-wartete Verbesserung des Verbraucherver-trauens zu mehr Umsätzen führen, dann könnten großzügige Margen höhere Ge-winne bescheren“, erklärt Zöllner. „Die Staaten der Eurozone haben Budgeteinspa-rungen und Strukturreformen in Angriff genommen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitskosten. So haben zum Beispiel Irland und Spanien ihre Arbeitskosten in den letzten fünf Jahren um 10,5 Prozent ge-senkt. Selbst Griechenland, das Problem-kind der Eurozone, hat die Arbeitskosten um 18 Prozent senken können.“ Insgesamt sieht Zöllner die Gefahr eines Rückschlags an den Aktienmärkten dennoch wachsen. „Nur die niedrigen Zinsen und Ölpreise verhindern derzeit einen Crash“, so Zöllner.

AnlAGestrAteGien: ein bunter MixThorsten Paarmann, Fondsmanager des

Invesco Pan European Structured Equity Fund, selektiert Aktien aus allen Sektoren und Ländern, sofern sie bestimmte Eigen-schaften aufweisen. Zyklische Aktien sind aktuell sogar deutlich übergewichtet, wobei es nicht unbedingt Value-Titel sind. „Wir investieren in die Aktien, die relativ zu ihrer Vergleichsgruppe (gleiche Industrie, gleiche Region) überdurchschnittliche Gewinn-revisionen aufweisen. Unser Ziel sind nicht Aktien mit dem höchsten Gewinnwachs-tum. Das kann auch bedeuten, Gewinne stabil zu halten, wenn sie woanders stark fallen. Das absolute Gewinnwachstum des Gesamtmarktes interessiert uns nicht“, er-klärt Paarmann. Nicht nur der Quality Growth-Ansatz ist mit über sieben Jahren einer Outperformance in die Jahre gekom-men – auch die Dividendenstrategie er-

scheint aktuell etwas überlaufen zu sein. Doch Mark Nichols, Fondsmanager des Threadneedle Pan European Equity Divi-dend, winkt ab: „Das Aktienmarkt-KGV verglichen mit dem Anleihemarkt-KGV be-findet sich auf einem hundertjährigen Tief.“ Er achtet auf ein stabiles, durch starke Mar-kenartikel abgesichertes und hohe nachhal-tige Cashflows gekennzeichnetes Geschäfts-modell. „Dabei gefallen uns vor allem jene Firmen, die von Angebotsengpässen profi-tieren. Wie eben bei Markenartiklern (Lu-xusanbieter Richemont), bei Anbietern ein-zigartiger Technologien oder Anbietern pa-tentgeschützter Produkte, wie z.B. Pharma-konzerne. Diese profitieren von hoher Preismacht, einem hohen Schutz vor Mar-generosion und gut prognostizierbaren, steigenden Cashflows“, sagt Nichols. Wer-den die Unternehmen diesmal nicht enttäu-schen? Dazu meint Nichols: „Die Schwäche kommt vor allem aus dem Industrie- und Kapital-Investitionsgütersektor. Im Dienst-leistungsbereich sieht es deutlich besser aus, wie die jeweiligen Einkaufsmanagerindizes belegen. Für 2016 erwarten Analysten ein Gewinnwachstum von 8,6 Prozent. Selbst wenn die Unternehmensgewinne nur um drei bis vier Prozent wachsen, ergibt sich plus einer Dividende von im Durchschnitt 3,5 Prozent und Aktienrückkäufen von einem Prozent und Sonderdividenden eine Gesamtrendite von rund acht Prozent. Das lässt sich noch steigern, indem man die schwachen Sektoren konsequent meidet – wie Öl, Bergbau und Energie sowie Tele-kom, Versorger und Banken, aber die

starken übergewichtet, wie Basis- und zyklischen Konsum sowie den Gesundheits-sektor.“

AucH ZyKliKer Können durcHAus AttrAKtiv seinAuch zyklische Unternehmen, deren

Aktivitäten sich vor allem auf (Kern-)Euro-pa konzentrieren, können attraktiv sein, und zwar vor allem in Sektoren, die nicht von Währungsschwankungen betroffen sind. Ein gutes Beispiel wäre der Telekom-sektor. „Unser Investmentstil ist vom Value getrieben. Das heißt, wir investieren in Ak-tien, die unter ihrem fairen Wert notieren. Zusätzlich müssen diese Firmen stabile Er-träge erzielen und über solide Bilanzen ver-fügen“, erklärt DNCA-Experte de Maack. Matt Siddle, Europa-Fondsmanager bei Fi-delity, sieht positive Macro-Faktoren, z.B. fallende Finanzierungskosten – nicht nur bei Bankkrediten, sondern auch am Corpo-rate Bond-Markt, den tiefen Euro und tie-fere Ölpreise. „Risiken für eine zyklische Erholung (steigende Anleiherenditen, stei-gender Euro, weniger Exporte, vor allem nach China, das Auslaufen struktureller Re-formen, schwächerer Handel innerhalb der Eurozone) sind eher erst 2017 zu erwarten. Positive interne Faktoren sind günstige Fi-nanzierungsbedingungen, steigende Zuver-sicht unter den Unternehmen, starker pri-vater Konsum auch wegen eines anzie-henden Lohnwachstums“, meint Siddle. Auch er bevorzugt Qualitätsunternehmen, die hohe Cashflows generieren und über ro-buste Geschäftsmodelle verfügen. Er mei-

Europa-Aktienfonds ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 37

° DIE bEstEN AktIENfoNDs EuropA

ISIN FONDSName VOlumeN PerF. 1 J. 3 J.p.a. 5 J.p.a. terLU0313923228 BSF european Opportunities extension 691 Mio. € 36,1 % 32,5 % 21,5 % 5,67 %IE0004766014 Comgest Growth mid-Caps europe 119 Mio. € 31,4 % 19,8 % 17,0 % 1,63 %LU0212178916 ParVeSt equity europe Small Cap 2.125 Mio. € 28,0 % 21,6 % 16,3 % 2,24 %IE00B5VJPM77 eI Sturdza Strategic europe Value Fund 841 Mio. € 23,8 % 20,8 % 15,3 % 3,07 %LU0125944966 mFS meridian Funds-europ. Sm. Comp. 1.307 Mio. € 21,9 % 18,5 % 16,6 % 1,97 %IE0002921975 metzler european Smaller Companies 613 Mio. € 31,8 % 22,8 % 14,1 % 1,78 %IE00B4ZJ4188 Comgest Growth Greater europe Opport. 151 Mio. € 26,6 % 18,3 % 16,0 % 1,61 %LU0489687243 mandarine Small&mid Caps europe 805 Mio. € 27,1 % 20,0 % 14,2 % 2,85 %LU0260085492 Jupiter JGF european Growth 2.416 Mio. € 27,6 % 18,9 % 14,3 % 2,00 %LU0271656307 Pioneer Funds european Potential 1.587 Mio. € 25,2 % 20,8 % 14,8 % 2,05 %

Quelle: Lipper Hindsight, alle Angaben auf Euro-Basis, Reihung nach Ertrag/Risiko, Stichzeitpunkt: 09. Dezember 2015

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AUSBLICK 2016

38 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

det aber zyklische Unternehmen nicht von vornherein. Es gibt auch „Quality of cyclical Growth“ – wie z.B. bei SAP. Taktische Posi-tionen hält Siddle im Energiesektor. „Die Buchwerte der großen Ölförderer sind so tief wie seit 60 Jahren nicht mehr. Kür-zungen bei Explorationsinvestitionen legen viel Cashflow frei und lassen das Ölangebot sowie die Lagerbestände sinken. Die Nach-frage steigt langsam wegen der tiefen Prei-se“, erklärt Siddle. Den übrigen Rohstoff-sektor jedoch meidet Siddle. Bei Banken ist er weiterhin vorsichtig. „Die Nettozinsmar-gen sind stark unter Druck, zudem gibt es eine große Kluft zwischen operativen Ge-winnen und Gewinnen pro Aktie – infolge Anteilsverwässerungen bei Kapitalmaß-nahmen. Ich bin untergewichtet und halte einige Positionen in Skandinavien, UK und der Schweiz.“ Für die Unternehmensge-winne ist er positiv gestimmt. „Die Down-grades betrafen vor allem den Rohstoffsek-tor und Unternehmen mit hoher Exposure in den Schwellenländern, vor allem durch Währungsabwertungen.“ Cédric de Fon-clare, Fondsmanager des Jupiter European Opportunities, sieht einige Vorteile bei Un-ternehmen, die stark in der Eurozone ver-ankert sind. „Es spricht zumindest dafür, dass die guten Nachrichten von Unterneh-men kommen, die stark auf die europäische Binnenwirtschaft angewiesen sind. Und es ist gut möglich, dass Unternehmen, die von der Erholung der europäischen Wirtschaft profitieren, auch diejenigen sein werden, die 2016 am besten wachsen werden.“ Er

meint, dass europäische Gewinne nicht ins-gesamt enttäuscht haben. Unternehmen der Eurozone konnten nach aktuellen Maßstä-ben relativ starke Gewinne verzeichnen, wohingegen die Schweiz und Großbritan-nien das europäische Gesamtergebnis in Mitleidenschaft gezogen haben. Nichts-destotrotz gibt es nach Jahren der Umstruk-turierung sehr wenig Raum, die Profita-bilität zu verbessern. Steigende Gewinne würden also ein größeres Umsatzwachstum erfordern.

sKeptiscH GeGenüber bAnKen„In diesem Umfeld ist besonders wich-

tig, selektiv zu sein und nicht zu viel für Wachstum zu bezahlen, um erfolgreich zu sein. Wir beabsichtigen am Markt keine oder kaum Prämien für ein Portfolio aus Unternehmen zu zahlen, die über gute Bi-lanzen und einen bewährten Track Record hinsichtlich der Generierung eines konstan-ten Cashflows verfügen“, sagt de Fonclare. Autohersteller wie Peugeot sind Schwan-kungen des Wirtschaftskreislaufs ausgelie-fert und haben auch historisch gesehen Pro-bleme gehabt, dauerhaft über den Kapital-kosten Rendite zu erwirtschaften. Unter-nehmen wie VW und BMW sind von der Autonachfrage in China abhängig. Dagegen suchen wir nach Firmen, die über ein struk-turelles Wachstum verfügen, das über die Zahl verkaufter Autos hinausgeht. Unsere Beteiligung an Continental passt in diese Kategorie. Mit mehr als 12.000 Softwareent-wicklern und einem signifikanten Anteil

der Einnahmen aus dem Bereich der elek-tronischen Bauteile ist Conti kaum noch ein Reifen-, sondern ein Technologiekonzern. Auch der Comgest Growth Europe kann einen langjährigen erfolgreichen Track Re-cord vorweisen. „Europa hat ein Wachs-tumsproblem. Über die vergangenen zehn Jahre haben Unternehmensgewinne in Euro pa quasi stagniert. Man kann diese Wachstumsschwäche als strukturell be-zeichnen. Daher investieren wir in Unter-nehmen, deren Wachstum weitgehend un-abhängig vom Konjunkturzyklus ist, z.B. durch erfolgreiche Innovationen. So sind Unternehmen wie Geberit, Iliad oder Lindt trotz Fokussierung auf Europa in der Ver-gangenheit stark gewachsen. Inditex wächst weiter stark in den Schwellenländern, wo die Penetration der Modekette Zara noch nicht so weit fortgeschritten ist wie etwa in Europa“, erklärt Franz Weis, Teamleiter Europa von Comgest.

AusblicK: Heiter bis wolKiG„Wir stehen einer Erholung des Gewinn-

wachstums ohne ein Anspringen der Kon-junktur skeptisch gegenüber. Hohe Fiskal-defizite, das globale Output Gap und hohe Arbeitslosigkeit in Europa machen uns nicht zu Konjunkturoptimisten. Gewinn-wachstum für ein europäisches Aktien port-folio kann man nur über Stock Picking er-reichen. Das Kriterium Qualität spielt in unseren Fundamentalanalysen die wich-tigste Rolle. Qualität bedeutet geringes Risi-ko und gute Vorhersehbarkeit – so wie bei

geldanlage ° Europa-Aktienfonds

ExportrAtE DEr INDustrIELäNDEr NAch chINA

unter den entwickelten ländern weisen Australien, Kanada, Japan und Deutschland ein relativ hohes China-Exposure auf.

Quelle: IMF DOTS und Macrobond, 16.10.2015

bILANZrEpArAtur bEI bANkEN koMMt vorAN

sowohl die Geldmenge M3 als auch das Volumen der Bank-kredite befinden sich im Aufwärtstrend.

Quelle: Macrobond, 16.10.2015

Kredite

Eurozone M3 & Kreditvergabe der Banken (%yoy)

Kredite an den privaten Sektor M3 (%yoy)

Exporte nach China in % des BIPDurchschnitt für 2012- YTD 2015

AustralienKanada

JapanDeutschland

USAFrankreich

ItalienUK

Page 39: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016Cr

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beige

stellt

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 39

Unternehmen wie Inditex, Wirecard, Essi-lor oder Bayer. Es gibt auch das etwas zykli-schere Qualitätswachstum, das wir in un-serem opportunistischen Quality Growth-Fonds Comgest Greater Europe Opportuni-ties abbilden. Unternehmen wie Atlas Cop-co gehören dazu. Die Fokussierung auf Wachs tumsnischen sowie schlanke Ge-schäftsmodelle erlauben Wachstum mit ho-hen Gewinnmargen. Geberit schafft es seit Jahren in einem rückläufigen europäischen Baumarkt, doppelstellig zu wachsen“, schließt Experte Weis. Das gelingt Geberit durch konsequentes Marketing bei Klemp-nern und anderen Installationsfirmen. Der Comgest Growth Europe beweist, dass hohe Gewinne auch bei niedrigem volkswirt-schaftlichen Wachstum möglich sind. Der Fonds rentiert auch 2015 sehr gut.

Europa-Aktienfonds ° geldanlage

GELD ° Wie sehen Sie die aktuellen Fundamentaldaten aus Europa? Igor dE Maack: Die Makrostatistiken Europas der jüngsten Zeit sind recht positiv ausgefallen, vor allem die Einkaufsmana-gerindizes. Das Kreditwachstum verbessert sich langsam, aber sicher, und die Aktivi-täten im Privatsektor waren noch nie so hoch – sogar in Frankreich. Die EZB macht zwar grundsätzlich einen guten Job, doch da gibt es einen entscheidenden Nachteil: Der Markt in Europa ist stark fragmentiert und leidet unter nationalen rechtlichen Unter-schieden und zahlreichen Ineffizienzen. Die neu geschaffene EU-weite Bankenaufsicht sollte hier wichtige Verbesserungen brin-gen. Dennoch: Bisher ist der einzige Erfolg des QE-Programmes der EZB die Abschwä-chung des Euro.

Wo liegen die größten risiken für Europa?Vor allem in den USA. Eine Rezes sion dort – wenn auch derzeit nicht sehr wahrscheinlich – würde dramatische Kon-sequenzen für die gesamte Weltwirtschaft

und auch für Europa haben. Andere exogene Risiken wären eine harte Landung in Chi-na, doch diese hätte vor allem für asiatische Länder wie Vietnam, Korea, Thailand und Indonesien negative Auswirkungen. Europa wäre davon nicht so stark betroffen.

Mit welcher Begründung? Die Eurozone ist von der EZB bisher gut ab-geschirmt worden. Neben dem schwachen Euro, den tiefen Ölpreisen und sinkenden geopolitischen Risiken – alles externe Fak-toren, die sich 2016 abschwächen werden, gibt es auch positive interne Einflüsse. Zu nennen sind da vor allem die sehr niedrigen Finanzierungskosten dank der Geldpolitik der EZB. Weitere interne Faktoren wären die hohen Sparguthaben, die für den privaten Konsum zum Teil realisiert werden könnten, sowie die gute Zuteilung von Krediten. Und es werden Reformen durchgeführt, wenn sie auch nicht ausreichend sind.

auf der Mikro-Ebene haben vor allem die Unternehmensgewinne enttäuscht…

IGor DE MAAck, Fondsmanager bei dnCa investments Für invest Convertibles

INtErvIEw °

Die Gewinnre-visionen waren 2015 negativ, da die britischen Gewinne pro Aktie schwä-cher tendierten. Doch gerade diese britischen Unternehmen haben in Europa-Indizes ein hohes Ge-wicht. Wenn man sich den Gewinntrend für 2015/16 in Frankreich, Italien und Spanien ansieht, so zeigt sich jeweils ein zweistelli-ges Wachstum. Allerdings hat vor allem die Abschwächung in China den positiven Ge-winnrevisionen wieder ein Ende gesetzt. Auf China sollte man sich nicht allzu sehr verlassen. Vielmehr sollten die tiefen Fi-nanzierungskosten, der weiter schwache Euro und der niedrige Ölpreis die Profita-bilität der kontinentaleuropäischen Firmen tendenziell verbessern. Dadurch kommt auch ein relativ hoher Gewinnhebel 2016 zu Stande.

EuroZoNE: bEschEIDENEr bIp-ZuwAchs Lässt DENNoch DIE GEwINNE DEr uNtErNEhMEN stEIGEN

die unternehmensgewinne hinkten dem BIP-Wachstum zuletzt etwas hinterher.Quelle: JPMorgan, IBES. 7. Oktober 2015

6

4

2

0

-2

-4

-6

1992

1993

1995

1996

1998

1999

2001

2002

2004

2005

2007

2008

2010

2011

2013

2014

2016

453525155

-5-15

-25

-35

-45

BIP für die Eurozone (linke y-Achse) in Prozent

MSCI Eurozone EPS 12-Monat-Prognose (rechte y-Achse) in Prozent

Page 40: GELD-Magazin, Dezember 2015

GELD ° Wie wird sich die Wirtschaft der Euro- zone 2016 und darüber hinaus entwickeln? Sehen Sie makroökonomische Vorteile gegen-über anderen großen „Wirtschaftsblöcken“ wie den USA oder den Emerging Markets?FrAnz WEiS: Zuverlässige Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung zu erstellen ist sehr schwierig: Auch die anerkanntesten Ökonomen und Organisationen wie der Weltwährungs-fonds sind ständig gezwungen, ihre Schätzungen zu ändern. Gerade deshalb verfolgen wir bei Comgest die Wirtschaftsentwicklung nur am Rande und natürlich insoweit sie einzelne Un-ternehmen betrifft. Mit unserem klar auf Qualitätswachstum ausgerichteten Anlagestil konzentrieren wir uns allerdings auf diejenigen Unternehmen, die in der Lage sind, auch ohne eine Konjunkturbeschleunigung dynamisches Umsatz- und natürlich Gewinnwachstum zu er-zielen. In 2016 wird die Eurozone wachsen, aber dieses Wachstum bleibt wahrscheinlich auf moderatem Niveau und scheint sich nicht zu beschleunigen: Die Staatsbudgets werden nach wie vor restriktiv gehalten; die Konsumenten verhalten sich angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit vorsichtig; die Unternehmen sehen keinen Grund, ihre Investitionen zu er-höhen und die Exportdynamik ist durch die konjunkturelle Entwicklung in den Schwel-lenländern abgeschächt. Von der Dynamik insgesamt wird die Eurozone nach wie vor mit den USA und den Schwellenländern nicht mit-halten können. Alle diese Tendenzen werden auch in den zahlreichen Gesprächen bestätigt, die wir mit Unternehmen regelmäßig führen.

Sie sind Bottom-up-investor, dennoch sei die Frage erlaubt, ob die EzB ihrer Meinung nach die richtigen rahmenbedingungen für Europas Wirtschaft setzt? Welche impulse würden Sie sich erhoffen?

WEiS: Die EZB hat wunderbare Arbeit ge-leistet, indem sie während der Finanz- und Wirtschaftskrise und der europäischen Staats-schuldenkrise den Teufelskreis des Pessimismus brach und Anlegern wieder Zuversicht einflöß-te. Ob das massive Programm des „Quantitative Easing“ auch wirklich der Wirtschaft hilft oder nur die Preise an den Finanz- und Immobilien-märkten hochtreibt, das bleibt dahingestellt. In den USA haben mehrere Quantitative Easing-Programme eine nur geringe Beschleunigung der Konjunktur herbeigeführt, und das auch nicht sofort. Das Problem in der Eurozone ist, dass man der EZB abverlangt, alle Probleme zu lösen, wobei sie eigentlich durch die ver-antwortungslose Fiskalpolitik und mangelnde Wirtschaftsreformen von den nationalen Re-gierungen maßgeblich mitverursacht wurden. Außer in den Ländern, die aufgrund der Staats-schuldenkrise zu Reformen gezwungen wurden, ist in der Eurozone wenig an Reformwillen zu erkennen: Politiker finden es eben leichter, die EZB um Hilfe zu bitten, als selbst womöglich unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Was macht den „Alten Kontinent“ Europa für Aktieninvestoren im gegenwärtigen Umfeld interessant?rEBEccA KAddoUM: Egal, wie die Kon-junktur sich entwickelt, gibt es in Europa Unternehmen mit einzigartigen Produkten, Markennamen oder technischem Know-how, die oft eine weltmarktführende Position einneh-men, sich in dynamisch wachsenden Nischen positionert haben, innovative Produkte auf den Markt bringen oder auch in neue Regionen vor-dringen und dadurch attraktives Wachstum erzielen. Wer weltweit in den Sparten Mode-kleidung, Kosmetik oder Software investieren will, der kommt an Firmen wie Inditex, L’Oréal oder SAP nicht vorbei. Zudem gibt es so einige

weniger bekannte, aber sehr innovative Unter-nehmen. Man muss sie nur identifizieren, aber gerade darin liegt die Herausforderung für uns als Stock Picker.

Erklären Sie bitte kurz den Growth-Ansatz von comgest?EVA FornAdi: Bei Comgest suchen wir Un-ternehmen, die nicht nur wachsen, sondern dies dynamisch, nachhaltig und zuverlässig tun. Konkret bedeutet dies, dass wir ein jährliches zweistelliges Gewinnwachstum über mindes-tens fünf Jahre sehen wollen, das zudem wenig von der Konjunktur, riskanten Akquisitionen oder großen unvorhersehbaren Entscheidungen abhängt oder einfach durch Kostensenkungs-programme erzielt wird. Comgest verfolgt keinen Growth-Ansatz im Sinn eines kurzfris-tigen Wachstumsmomentums, sondern einen Qualitätswachstumsansatz, der langfristig aus-gerichtet ist, versucht, Risiken zu vermeiden und auch nichtfinanzielle Nachhaltigkeitskri-terien (ESG) in Betracht zieht. Das Kriterium Qualität spielt in unseren Fundamentalanalysen die wichtigste Rolle : Qualität bedeutet geringes Risiko und Vorhersehbarkeit.

Können Sie konkrete Beispiele für Growth- Titel in den verschiedenen csomgest-Portfolios nennen?WEiS: Inditex ist die größte Position im Com-gest Growth Europe. Das Unternehmen wächst sowohl durch die Eröffnung neuer Läden, als auch die Expansion in neue Länder und einen sehr erfolgreichen Online-Auftritt. Das einzig-artige Geschäftsmodell und die Positionierung der Marke sind erfolgreich in bisher 86 Staaten, wobei der Marktanteil teils noch verschwin-dend gering ist: daher also das Potenzial, das starke Gewinnwachstum noch über viele Jahre hin fortzusetzen.

40 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die französische Fondsgesellschaft Comgest liebt die Kunst des Stock Picking. Die Anlageprofis sind immer auf der Suche nach den besten Aktien, wobei Qualitätswachstum als Auswahlkriterium an vorderster Stelle steht. Nicht zuletzt in Europa wird das Team fündig. Harald Kolerus

In Wachstumswerte investieren

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Page 41: GELD-Magazin, Dezember 2015

FornAdi: Im MidCap Europe halten wir Sar-torius Stedim Biotech, ein weltweit führender Ausrüster für die Biopharmazeutik. Eine stei-gende Anzahl neu zugelassener Medikamente sind Biopharmazeutika, die auch zunehmend mit Einwegprodukten hergestellt werden: Ge-rade das ist die Stärke von Sartorius Stedim, dessen Position auch durch hohe Marktein-trittsbarrieren geschützt ist.KAddoUM: Greater Europe Opportunities sucht besonders dynamisches Gewinnwachs-tum und findet dies in Unternehmen wie Criteo: Die französische, aber an der US-Börse notierte Firma analysiert die Kaufabsicht von Konsumenten und erhöht durch eine gezielte Schaltung von Werbung die Erfolgschancen von Online-Verkäufern.

comgest bietet drei Europa-Akteinfonds an – wo liegen die Unterschiede? WEiS: Comgest Growth Europe ist unser Flag-ship-Fonds, der mit unserem seit 25 Jahren bewährten Anlageansatz in dynamisch wach-sende Unternehmen investiert und dabei sehr auf die Vermeidung von Risiken bedacht ist. Die meisten Firmen sind trotz ihrer Größe nach wie vor in der Lage, zweistelliges Gewinnwachstum zu generieren, wobei der Fonds natürlich auch immer in einige mittelgroße Unternehmen investiert. Die durchschnittliche Marktkapitali-sierung liegt bei ca. 55 Milliarden Euro.FornAdi: Der einzige Unterschied des Com-gest Growth MidCap Europe ist, dass dieser Fonds in kleinere Unternehmen investiert (im Schnitt vier Milliarden Euro). Diese Firmen sind Weltmarktführer, aber in kleinen Nischen, oder aber es handelt sich um Unternehmen, die be-reits bewiesen haben, dass sie ein erfolgreiches Konzept haben, das man ausbauen kann. Das heißt, diese Firmen sind noch klein, aber auf dem besten Weg, viel größer zu werden.KAddoUM: Der Fonds Comgest Growth Greater Europe Opportunities setzt den Quali-tätswachstumsansatz opportunistischer an. Der Fonds bevorzugt besonders dynamisch wach-sende Unternehmen. Um dies zu erreichen, beharrt er nicht unbedingt auf die strengste Er-füllung aller Qualitätskriterien, vermeidet aber gemäß dem Stil des Hauses sehr riskante Titel, wie starke zyklische oder unverhersehbare Geschäftsmodelle.

in allen drei Fonds ist die Gesundheitsbranche stark gewichtet – warum?WEiS: Bei Comgest besteht die Portfoliokonstruktion zu 100 Prozent aus der Einzel-titelauswahl. Anders gesagt, wir investieren da, wo wir Qualitätswachstum identifi-zieren, unabhängig, welcher Branche ein Index die Aktie zuteilt oder in welchem Land das Unternehmen seinen Hauptsitz hat. In den Bran-chen Gesundheit finden wir einfach viele Unternehmen, die Innovationen auf den Markt bringen, die einzigar-tige Produkte oder Dienstleistungen anbieten, aber zur gleichen Zeit durch Patentschutz oder aufsichtsrechtliche Vertriebszulassungen vor möglichen neuen Konkurrenten geschützt sind. Außerdem bedeutet der weltweite demogra-fische Trend der alternden Bevölkerung eine klar vorhersehbare Steigerung der Nachfrage nach medizinischen Produkten und Lösungen.

im comgest Growth Europe liegt bei der Länder-Allokation Frankreich vorne. ist hier ein gewisser „home bias“ vorhanden oder verfügt Frankreich tatsächlich über so viele hervor-ragende Unternehmen?FornAdi: Die Frankreich-Gewichtung im Comgest Growth Europe ist einzig allein das Ergebnis der Einzeltitelauswahl. Das hat mit dem Sitz von Comgest in Paris nichts zu tun. Das Europa-Team bei Comgest besteht aus mehreren Nationalitäten, und wenn man die Ländergewichtungen der beiden anderen Fonds betrachtet, dann führt dort die Einzeltitelaus-wahl zu einem unterschiedlichen Ergebnis, also einer geringeren Gewichtung Frankreichs.

Welche Vorteile bieten vor allem europäische Mid caps im Sinne des Growth-Gedankens?FornAdi: Kleinere Unternehmen finden es einfacher, schneller zu wachsen. Wir gehen bei den Unternehmen des Comgest Mid Cap Europe in den kommenden fünf Jahren von jährlich 16 Prozent aus, das bedeutet ganze drei bis vier Prozent mehr als im Comgest Growth

Europe. Besonders im aktuellen schwierigen Konjunk turumfeld, in dem die europäischen Unternehmen insgesamt in den letzten zehn Jahren und auch in 2015 wieder nur geringfügig, wenn überhaupt, die Gewinne steigern konn-ten, ist diese Wachstumsdynamik ein wichtiger Differenzierungsfaktor und Kurstreiber.

comgest wurde erneut von Feri Eurorating als bester Asset Manager in der Kategorie Aktien-fonds ausgezeichnet. der comgest Growth Greater Europe opportunities wurde zum besten Europa-Aktienfonds gekürt. Was ist das Geheimnis des Erfolges? WEiS: Die Auszeichnung durch Feri freut uns natürlich, weil es die harte Arbeit der letzten Jah-ren aller Kollegen im Europa-Team anerkennt. Bei Comgest bleiben wir seit unserer Gründung vor 30 Jahren dem Qualitätswachstumsstil treu: Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die Aktien, von denen wir zuverlässiges Wachstum erwarten, ohne große Risiken in Kauf nehmen zu müssen. Auch wenn dieser Fonds ein wenig oppunistischer agiert, so hält uns dennoch die konsequente Anwendung unseres Anlagestils davon ab, Wetten auf Konjunktur, Währungen, Zinsen, politische Ereignisse oder auch auf Stil- oder Sektorrotation im Markt einzugehen. Bei unseren Qualitätswachstumsunternehmen sehen wir eine deutlich bessere Vorhersehbar-keit bezüglich des langfristig bedeutendsten Faktors für die Wertentwicklung: das Gewinn-wachstum.

Erfolgreiche Europa-Fondsmanager (v.l.): Rebecca Kaddoum, Franz Weis, Eva Fornadi von Comgest.

Im Gespräch mit R. Kaddoum, F. Weis, E. Fornadi, Comgest ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 41

Page 42: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016

Wer an Emerging Markets denkt, dem kommt an erster Stelle zumeist

China in den Sinn. Immerhin hat sich das Reich der Mitte zur global zweitgrößten Volkswirtschaft hinter den USA hinaufge-kämpft und hat noch immer Lust auf mehr. In der Vergangenheit beeindruckte China die Welt mit Wachstumsraten im zweistelli-gen Bereich.

An FAhrt verlorenDoch diese Zeiten sind vorbei und man

muss sich mit einer BIP-Steigerung weit un-ter zehn Prozent zufrieden geben: Skep-tische Beobachter haben die Prognosen so-gar auf bis zu fünf Prozent per annum zu-rückgeschraubt, was alle asiatischen Märkte in Mitleidenschaft gezogen hat. An dieser Stelle muss aber sofort hinzugefügt werden, dass die Abschwächung, wenn schon nicht gewollt, so doch von Peking in Kauf genom-men wird. Dazu kommentiert Thu Hoai Nguyen, Managing Direktorin bei Vina-Wealth Fund Management JSC, einer Toch-tergesellschaft der in Vietnam beheimateten Investment-Gesellschaft VinaCapital: „Das Reich der Mitte befindet sich in einer Perio-de der Transformation, die Wirtschaft, die bisher vom Export getragen wurde, wird jetzt auf Binnenkonsum umgestellt. Ob-wohl das Wachstum Chinas auf fünf bis

sechs Prozent gesunken ist, bleiben diese Zahlen nach wie vor beeindruckend. Die Stabilität Chinas könnte eine bedeutende Rolle bei der Erholung der gesamten Emerging Markets spielen.“ Und es mehren sich die Stimmen von Experten, die so ein Comeback für immer wahrscheinlicher hal-ten. Bei Mirae Asset Global Investments zeigt man sich vor allem für Asien optimis-tisch, weil hier „die Mittelklasse auf dem Vormarsch ist und kräftig konsumiert“, wie es in einer Präsentation des Unternehmens heißt. Für Emerging Asia spreche auch die in vielen Ländern günstigere demografische Ausgangslage im Vergleich zu den hoch ent-wickelten westlichen Industriestaaten. Wo-bei die Augen nicht nur auf „klassische“ Emerging, sondern auch sogenannte Fron-tier Markets gerichtet sind.

FrAge der deFinitionAn dieser Stelle ist es an der Zeit für eine

kurze Begriffsbestimmung. Die Grenzzie-hung fällt zwar oft schwierig, prinzipiell kann aber gesagt werden, dass Emerging Markets höher entwickelt sind als Frontier Markets, und zwar, was die allgemeinen wirtschaftlichen Strukturen als auch den Aktienmarkt betrifft. Aber gehen wir weiter in die Tiefe, bei Schroders findet man etwa diese Definition: Frontier-Märkte (auch

Grenzmärkte genannt) bieten Zugang zu ei-nigen der dynamischsten und wachstums-stärkstenVolkswirtschaften der Welt und werden dabei von starken langfristigen Wachstumstreibern unterstützt. Ähnlich günstig sind die Anlagemöglichkeiten, da die Marktliberalisierung an Tempo gewinnt und die Bewertungen, absolut gesehen, im Vergleich zu den Industrie- und Schwellen-ländern attraktiv erscheinen.“ In einem von Unsicherheiten beherrschten globalen Um-feld bieten sich laut Schroders den Anlegern durch die geringe Korrelation der Frontier-Märkte zu den Industrie- (und Schwellen-)ländern zudem erhebliche Diversifikations-vorteile.

Stichwort StreuungAn diesem Punkt knüpft Franklin

Adatsi, Mitglied des Global Emerging Mar-kets-Teams bei Jupiter Asset Management, an: „Unabhängig betrachtet und mit dersel-ben Sorgfalt und Due Diligence wie andere Anlagen in Schwellenländern beurteilt wer-den, können Frontier Markets ein wert-volles Diversifikationspotenzial bieten. Da die Schwellenmärkte durch einen starken Dollar, sinkende Rohstoffpreise und wach-sende Unsicherheit in Bezug auf China ge-beutelt werden, kann sich Diversifikation als besonders wertvoll erweisen.“ Der Ex-perte findet es auch wichtig, das Image die-ser aufstrebenden Märkte ins rechte Licht zu rücken: „Frontier Markets bzw. Grenz-märkte – allein der Name lässt in unserem Kopf das Bild eines Ortes am Rande der Ge-setzlosigkeit entstehen. Eine Art Wilder Westen, in den sich nur die mutigsten Anle-ger vorwagen. Dieser Ruf ist unserer An-sicht nach weitgehend unberechtigt, über- cr

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geldanlage ° Frontier Markets

42 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Schwellenländer litten zuletzt unter gebremstem Wachstum – internationale Investoren zogen als Konsequenz massiv Kapital ab. Einige Experten halten diese Bewegung aber für bereits übertrieben und rechnen mit einem Comeback. Sogenannte Frontier Markets sollen im Zuge dieser Erholung aus der zweiten Reihe für positive Überraschungen und hohe Gewinne sorgen. Harald Kolerus

Grenzgänger mit Potenzial

° DIE bEstEN AktIENFoNDs FroNtIEr MArkEtsiSiN FONdSName VOlumeN PerF. 1 J. 3 J.p.a. 5 J.p.a. ter IE00B68FF474 charlemagne magna New Frontiers 17 Mio. € 3,1 % 15,7 % – 6,69 %LU0666200349 HSBc GiF Frontier markets 300 Mio. € 1,3 % 14,8 % – 1,54 %LU0562313402 Schroder iSF Frontier markets equity 1.006 Mio. € -9,1 % 14,5 % – 2,12 %LU0566482161 aberdeen Global - Frontier markets equity 260 Mio. € -1,4 % 8,7 % – 1,89 %LU0390136736 templeton Frontier markets 868 Mio. € -5,3 % 6,3 % 2,8 % 2,59 %

Quelle: Lipper Hindsight, alle Angaben auf Euro-Basis, Stichzeitpunkt: 07. Dezember 2015

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AUSBLICK 2016

schattet er doch einige der zahlreichen posi-tiven Eigenschaften, die diese Märkte besit-zen: Aussichten auf starkes Wirtschafts-wachstum, günstige demografische Gege-benheiten, gesunde Staatshaushalte, gute Corporate Governance und hohe Ausschüt-tungen seitens der Unternehmen.“ In die-sem Zusammenhang können laut dem Spe-zialisten in Frontier Markets notierte Un-ternehmen einen wertvollen Bestandteil ei-ner umfassenden Schwellenländerstrategie darstellen. Jean Médecin, Miglied des In-vestmentkomitees bei der französischen Fondsgesellschaft Carmignac, bringt noch ein weiteres Pro-Argument ins Spiel: „Fron-tier Markets sind weit weniger vom ,Tape-ring-Tantrum‘ betroffen als andere Emer-ging Markets. Unser Investmentansatz für Schwellenländer lautet jedenfalls: Zuerst das richtige Land finden, dann den passen-den Sektor und schließlich die besten Ak-tien, wobei wir Qualitätstitel favori sieren.“

MArktreiFe entScheidetAuch Wlliam Ballard, Manager des

„Aviva Investors Emerging Markets Equity Small Cap Fund“, haben wir nach seiner De-finition für Emerging/Frontier Markets ge-fragt: „Die Klassifizierung eines Landes als Frontier Markt ist mehrheitlich bestimmt durch die Zugänglichkeit und die Tiefe des-sen Aktienmarktes. Das heißt, dass ein Frontier Aktienmarkt über weniger liquide Wertpapiere verfügt. Oft gibt es sogar Ein-schränkungen für ausländische Investoren. Die Bezeichnung Frontier Markt spiegelt hingegen nicht die Wachstumsperspektive eines Landes, dessen Entwicklungsniveau oder dessen Bruttoinlandsprodukt wider.“ Peru beispielsweise wurde laut dem Exper-

ten kürzlich im MSCI vom Frontier Markt zum Schwellenland heraufgestuft. Das Land läuft aber Gefahr, wieder heruntergestuft zu werden, sollte sich die Anzahl börsenko-tierter Unternehmen vom gegenwärtigen Niveau zurückentwickeln. Kuwait wiede-rum verfügt über signifikant mehr börsen-kotierte Unternehmen und höhere Liquidi-tät als Peru, ist aber aufgrund der Zugangs-beschränkung für ausländische Investoren als Frontier Markt eingestuft. Prinzipiell op-timistisch für die „Gattung“ der Frontier Markets fällt die Einschätzung von Stefan Böttcher, Fondsmanager bei Charlemagne Capital, aus: „Die Volkswirtschaften der Frontier Märkte wachsen stärker als die der Emerging Markets und der Industriestaaten. Es ist auch eine überdurchschnittliche Stei-gerung der Unternehmensgewinne in den Frontier Markets zu erwarten“, so der Ex-perte (Charlemagne ist ausschließlich auf Emerging Markets spezialisiert). Ins selbe Horn stößt auch Malek Bou-Diab, Lead Portfolio Manager des BB African Oppor-tunities Fund: „Emerging Markets haben in den vergangenen 20 bis 30 Jahren ökono-mische Reformen gestartet, die zu hohen BIP-Wachstums-Niveaus geführt haben. Das hat ihnen erlaubt, den Anstand zu den Deveolped Contries zu reduzieren. Wir se-hen Frontier Markets als Ökonomien, wo Reformen die Wirtschaft potenziell eben-falls vorantreiben können. So kommen die Emerging Markets in Tuchfühlung.“ Chris-tian Mejrup, Fondsmanager bei der auf Schwellenlandinvestitionen spezialisierten Investmentboutique Global Evolution, fasst für das GELD-Magazin nochmals die Vor-züge der Frontier Markets zusammen: „Per-formance-Treiber inkludieren noch unbe-

rührte natürliche Ressourcen, ökono-misches Aufholpotenzial, ausländische Direktinvestitionen, eine sich verbessernde politische und wirtschaftliche Governance sowie die Entwicklung der lokalen Finanz-märkte. Frontier Märkte sind von auslän-dischen Investoren zudem noch nicht ,über-laufen‘ worden.“

Argentinien biS lettlAndWerfen wir nun konkret einen Blick auf

die Länder, die in diversen Frontier Mar-kets-Indizes enthalten sind. Solche werden bereits von großen Anbietern wie Dow Jones, MSCI, FTSE, Russell oder Standard & Poor’s berechnet und zur Verfügung ge-stellt. Hier stößt man doch auf die eine oder andere Überraschung: Es finden sich Län-der wie Argentinien ebenso wie die Elfen-beinküste, Botswana, Jordanien oder Bangladesch, aber auch Rumänien, Estland, Litauen oder Lettland. Letztgenannte vier Staaten sind bekanntlich Mitglieder der Eu-ropäischen Union. Obwohl die Story der

Frontier Markets ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 43

„Die Defini­tion als Frontier

Markt hängt von der Reife

des Aktien­marktes ab.“

William Ballard, Aviva

„China könnte eine bedeu­

tende Rolle bei der Emerging Markets­Erho­lung spielen.“

Thu Nguyen, VinaWealth

MsCI FroNtIEr MArkEts

Auch die „grenzländer“ konnten sich der Krise der Emerging Markets nicht entziehen.

2010 2011 2012 2013 2014 2015

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AUSBLICK 2015

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Frontier Markets ohne Zweifel seinen Charme aufweist, darf doch die Kritik einer gewissen Inhomogenität erlaubt sein. Ballard von Aviva holt zu einer Erklärung aus: „Die Definition bezieht sich nicht auf die Länder und deren wirtschaftliche Situa-tion, sondern wie oben beschrieben auf die Zugänglichkeit und Tiefe der Aktienmär-kte. Das kann dazu führen, dass Länder mit ganz unterschiedlichen Aussichten lediglich aufgrund ihrer jeweiligen Aktienmarkt-struktur zusammen in einen Topf geworfen werden.“

SchwAche entwicklungWas die Performance betrifft, konnten

sich die „Grenzgänger“ übrigens nicht aus dem Sog der allgemeinen Emerging Mar-kets-Krise befreien: So ist etwa der FTSE Frontier 50, er repräsentiert eine Aktienaus-wahl aus 26 Frontier Märkten, auf Sicht der vergangenen zwölf Monate um rund 15 Pro-zent gefallen. In den letzten fünf Jahren schlägt ein Minus von über zehn Prozent zu Buche. Vielleicht ist es also doch nicht die beste Idee, sich auf Frontier Markets zu kon-

zentrieren? Dazu meint Ballard: „Bei uns unterscheiden unsere Fondsmanager nicht zwischen Frontier und Emerging Markets, sondern vereinen beide in einem Anlage-universum. Wir glauben, dass dies aus der Optik eines aktiven Managers mehr Sinn macht, da die Zugänglichkeit zu Frontier Märkten von Land zu Land und manchmal sogar von Investment zu Investment va-riiert. Manchmal ist sie sogar besser als bei Schwellenländern. Rumänien zum Beispiel ist ja sogar Teil der Europäischen Union, auch wenn der Aktienmarkt aufgrund der limitierten Anzahl an Wertpapieren zu den Frontier Märkten zählt. Es gibt keine mate-riellen Barrieren, die eine Investition in ru-mänische Wertschriften verhindern. Zu-dem ist das Handelsvolumen anständig und das regulative Umfeld überschaubar.“

titelAuSwAhl entScheidetIn diesem Zusammenhang interessant

ist die Philosophie von Jean-Louis Scandel-la, Head of Equities bei Baring Asset Ma-nagement. Er hält makroökonomische Be-trachtungen bei der Verwaltung eines Schwellenländeraktienfonds für irrelevant. „Sie können sogar kontraproduktiv wirken“, sagt er, denn seinen Erkenntnissen nach existiert schlichtweg keine Korrelation zwi-schen Wirtschaftswachstum und Marktren-diten. „Beim erfolgreichen Investieren kommt es allein auf die Unternehmen an“, betont Scandella, „denn unsere Recherchen zeigen, dass 50 bis 70 Prozent der Erträge auf unternehmensspezifischen Faktoren be-ruhen.“ Das Global Emerging Markets-Team von Barings konzentriere sich jeden-falls auf Qualitätsunternehmen, die Wachs-tum zu einem angemessenen Preis bieten.Scandella zeigt sich jedenfalls aufgrund der „vielen hochwertigen Wachstumsunterneh-men“, die Barings identifiziert habe, opti-mistisch: „Unserer Einschätzung nach ver-fügen diese Unternehmen über das Poten-zial, Wachstum zu erzielen, selbst wenn die Schwellenmärkte sinkende Wachstumsra-ten aufweisen“, erklärt der Co-Investment Manager des Baring Global Emerging Mar-kets Fund. Fassen wir aber nochmals zu-sammen: Argumente für eine Investition in

Frontier Märkte sind deren schnelleres Wachstum gegenüber Emerging Markets (und natürlich developed countries), die vorteilhafte demografische Struktur und der Zugang zu signifikanten Rohstoffquel-len. Zudem bieten sie eine gute Diversifika-tionsmöglichkeit, da sie aufgrund ihrer we-nig weitgehenden Integration in die Welt-wirtschaft eine geringere Korrelation mit den Emerging Markets und den Industrie-ländern aufweisen. „Deshalb sind sie aber nicht immun gegenüber globalen Kräften. Die Auswirkungen von Chinas abge-schwächtem Wirtschaftswachstum und die fallenden Rohstoffpreise machen sich auch in den Frontier Märkten bemerkbar“, fügt Ballard hinzu.

riSiken und chAncenEs darf ebenfalls nicht vergessen wer-

den, dass Frontier Märkte auch ihre eigenen länderspezifischen Risiken haben. Die Ukraine beispielsweise ist ein Frontier Markt und kämpft noch immer mit Instabi-lität. Zudem sind die Bewertungen allge-mein nicht billig, auch wenn die Frontier Märkte seit Anfang des Jahres korrigiert ha-ben. „Denn diese Bewegung steht in Zu-sammenhang mit sinkender Unternehmens-profitabilität. Frontier Märkte werden noch immer mit einem Kurs-/Gewinn-Verhältnis von knapp zwölf und damit mit einer Prä-mie gegenüber Schwellenländern gehan-delt. Zudem ist die Bewertung nur wenige Punkte tiefer als beim Höchst vor fünf Jah-ren, das bei 14 lag“, kommentiert Ballard. Frontier Markets sollten somit nur als Teil-aspekt eines Gesamtportfolios gesehen wer-den. Wer breiter über die Emerging Markets hinweg streuen möchte, könnte auf die Fonds auf Seite 42 zurückgreifen. cr

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geldanlage ° Frontier Markets

„Frontier Mar­kets können

wertvolles Diversifikations­

potenzial bieten.“

Franklin Adatsi, Jupiter

° wAs sIND FroNtIEr MArkEts?Der Ausdruck Frontier bedeutet Grenzland und ist ein Überbegriff für kulturelle, weltan-schauliche oder staatliche Abgrenzung. Der Begriff Frontier-Market hat sich für Länder etabliert, die unter anderem ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen und einen im Ver-gleich zu den weiter entwickelten globalen Schwellenländern einen relativ unterent-wickelten Kapitalmarkt aufweisen.Zu den Grenzmärkten im Sinne des MSCI-Frontier-Markets-Index gehören 26 Staaten in Asien, Afrika und Lateinamerika sowie im Nahen Osten. Allerdings gibt es innerhalb der Grenzmärkte von den sehr wohlhaben-den Volkswirtschaften im Nahen Osten bis zu den weniger entwickelten, aber rasant wachsenden afrikanischen Staaten sehr starke Kontraste. Die genaue Grenzziehung zwischen Frontier- und Emerging Markets kann also manchmal schwerfallen.

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AUSBLICK 2015f

Im Gespräch mit Richard Yang, Nexus ° GELDANLAGE

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 45

GELD ° Herr Yang, Sie verwalten im Auftrag von RAM Active Investments den Asia Bond To-tal Return. Für einige Leser ist der asia tische Anleihenmarkt ein eher „unbekanntes Wesen“ – was sind seine Charakteristika?RICHARD YANG: Ich habe seit über 20 Jahren praktische Erfahrung in diesem Bereich gesam-melt – früher galten Bonds aus Asien eher als Nischenmarkt, das hat sich im Laufe der Zeit aber wesentlich geändert. Die Bedeutung ist mit der Wirtschaftsleistung und den Aktien-börsen der Emerging Markets stark gewachsen. Ein gutes Beispiel für die rasante Entwicklung bietet China: Hier waren bis 1993/94 keine An-leihen-Emittenten zu finden, heute machen chinesische Bonds rund die Häl�e aller neuen Emissionen in den Emerging Markets aus. Es handelt sich beim Reich der Mitte um einen wirklich aufregenden Markt, der auch überaus liquide ist.

Viele Beobachter blicken allerdings voller Sor-gen auf die chinesische Volkswirtschaft: Das BIP wachse zu langsam und der Außenhandel schrumpft deutlich, meinen die Kritiker...Chinas Ökonomie be�ndet sich in einem kom-plexen Wandlungsprozess, der seine Zeit benötigt. Die Führung in Peking ist fest dazu entschlossen, die Wirtscha� zu restrukturieren. Angestrebt wird bekanntlich ein Paradigmen-wechsel von einer exportorientierten Industrie hin zu einem binnenwirtscha�lich getragenen Modell. Investoren wurden von jährlichen BIP-Wachstumsraten rund um die zehn Prozent in der Vergangenheit verwöhnt, wir müssen ein-fach akzeptieren, dass es jetzt „nur“ noch fünf oder sechs Prozent sind. Dafür sehen wir aber ein nachhaltiges und qualitatives Wachstum.

Welche Auswirkung hat das heute konkret auf Chinas Wirtschaft?

Wir sehen Schwierigkeiten vor allem in der „old economy“. Damit meine ich die klassische Schwerindustrie wie etwa in den Bereichen Stahl, Zement oder Kohle. Hier gibt es viel Überproduktion und es ist für Unternehmen schwer, Gewinne zu erzielen. Die „alte Wirt-schaft“ hat also keine guten Karten, dafür be�ndet sich die „modern economy“ auf der Ge-winnerstraße. Dazu zählt der Bereich Konsum, Serviceleistungen, E-Commerce sowie generell Finanzdienstleistungen. So werden auch in der IT- und Biotechnologiebranche neue Jobs ge-scha�en und gesucht. Niemand hat behauptet, dass die wirtscha�liche Neuausrichtung Chinas einfach verlaufen wird, es gibt viele Herausfor-derungen. Ich glaube dennoch, dass man sich auf einem guten Weg be�ndet, und die Regie-rung hat den Willen sowie die Möglichkeiten, um steuernd einzugreifen. Auch wenn prinzi-piell mehr Marktfreiheit angestrebt wird.

Asiatische Aktienbörsen haben Rückschläge hinnehmen müssen – auch in China...Die chinesische Börse wird zu einem guten Teil von Spekulationen und Gerüchten bestimmt, es herrscht eine gewisse Casino-Mentalität. Der Bonds-Markt ist hingegen anders strukturiert: Hier sind vor allem institutionelle Investoren am Werk, die langfristig denken. Ich möchte deshalb den chinesischen Anleihenmarkt als sehr stabil bezeichnen.

Welche Vorteile bieten Asien-Bonds? Der Markt ist sehr diversi�ziert – im Gegen-satz etwa zu Lateinamerika, wo eine starke Rohsto�astigkeit herrscht. Heute leiden etwa Länder wie Russland oder Südafrika unter den niedrigen Energiepreisen. Asien pro�tiert hin-gegen von den günstigen Preisen, weil etwa Staaten wie Indien, Taiwan oder China Ener-gieimporteure sind. Nur Malaysia ist in Asien

ein Netto-Energieexporteur. Abgesehen davon bietet Asien jedenfalls viele Investmentmög-lichkeiten und wächst immer noch dynamisch. Außerdem beweist die historische Betrachtung, dass Asien eine niedrige Default-Rate aufweist, sie liegt sogar unter der Ausfallsrate in den ent-wickelten Ländern. Kurz zusammengefasst überzeugt Asien durch ein sehr gutes Risiko/Return-Verhältnis – für Bonds-Investoren ist Asien meiner Meinung nach die beste Emerging Markets-Region.

Wie ist der Asia Bond Total Return prinzipiell strukturiert?Rund 50 Prozent bis zu zwei Drittel der Titel verfügen über Investmentgrade-Status. Der übrige Teil des Portfolios setzt sich aus High Yields, Convertible Bonds und manchmal auch aus Anleihen in Lokalwährung zusammen. Was die regionale Aufteilung betrifft, unterschei-den wir zwischen Greater China, Südostasien, Indien, „Developed Asia“ – dazu zählen wir Hongkong, Taiwan, Singapur und Südkorea – sowie den Mittleren Osten. Derzeit sind wir in „Developed Asia“ übergewichtet.

Richard Yang, Asien-Experte bei Nexus Investment Advisors

Das Image von Schwellenländern hat in jüngerer Vergangenheit erheblich gelitten – man müsse hier aber di�e-renzieren statt zu pauschalisieren, meint Experte Richard Yang und bezeichnet Asien als die interessanteste Emerging Markets-Region. Harald Kolerus

„Gut diversifizierter Markt“

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Page 46: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016

Die Bereitschaft, „sauber zu investie­ren“, ist groß. Fünf von zehn Österrei­

cherinnen und Österreichern finden ein solches Investment interessant oder zumin­dest gleich interessant wie andere Geldanla­gen (Quelle: IMAS). Dementsprechend steil bergauf geht es mit dem als nachhaltig aus­gewiesenen Fondsvolumen in Österreich: War vor zehn Jahren erst knapp eine Mil­liarde Euro nachhaltig investiert, so stieg dieser Wert Ende 2014 auf bereits 5,75 Mil­liarden Euro (Forum Nachhaltige Geldanla­gen, FNG).

ExpErtEn-rundrufDer Boden ist also gut aufbereitet –

„grüne Investments“ haben sich vom Ni­schenthema zum Mainstream weiterent­wickelt und sind „erwachsen geworden“. Welche Trends werden nun die Nachhaltig­keits­Branche 2016 und darüber hinaus be­gleiten bzw. prägen? Das GELD­Magazin hat sich unter Experten umgehört – unter anderem bei Gerold Permoser, Veranla­

gungschef (Chief Investment Officer) der Erste Asset Management, und Alexander Osojnik, Senior ESG­Analyst des Unterneh­mens. Permoser: „Wir sind als Erste Asset Management führender Anbieter im Nach­haltigkeitsbereich in Österreich mit einem kumulierten nachhaltigen Fondsvolumen von rund vier Milliarden Euro. Der erste Trend, der sich eindeutig feststellen lässt, ist, dass das gesamte Thema überdurch­schnittlich gewachsen ist. Das ist gut, weil es jetzt ein viel breiteres Angebot gibt. Die ne­gative Seite ist, dass auch sogenanntes Greenwashing zugenommen hat (der PR­

Versuch, einer Unternehmung ein umwelt­freundliches Image zu verschaffen, das es gar nicht verdient, Anm.).“ Osojnik glaubt jedenfalls, dass der Trend zu mehr Nachhal­tigkeit 2016 und auch danach „in der Tiefe und Breite weitergehen wird. Eine interes­sante Entwicklung ist, dass die Unterschiede zwischen nachhaltigem und traditionellem Management immer kleiner werden. Unter­nehmen haben gelernt, mehr Verantwor­tung zu übernehmen und setzen vermehrt auf Transparenz und Good Governance. Nachhaltigkeit hat auch immer mit Infor­mation zu tun. Investoren wollen wiederum wissen, was mit ihrem Kapitaleinsatz ge­macht wird. Eine wenig nachhaltige Politik zahlt sich auch finanziell nicht aus. Inves­toren werden von Skandalen wie bei Volks­wagen abgschreckt.“ Laut Osojnik werden folgerichtig die Erwartungen und Anforde­rungen an das Nachhaltigkeitsreporting der Unternehmen steigen. Ein Thema, das den beiden Experten zufolge bereits jetzt, aber in Zukunft wohl noch mehr für Gesprächs­stoff sorgen wird, ist die Frage der Besteue­rung von Unternehmen und das Schließen von „Schlupflöchern“. Wichtig ist es für Osojnik und Permoser zu betonen, dass die Performance von nachhaltigen Investments der von konventionellen Anlageformen um nichts nachstehen. Das haben bereits zahl­reiche Metastudien detailliert bewiesen.

Vorsicht, fallE!Die Rendite stimmt also, die Wachs­

tumschancen auch. Gerade deshalb ist es wichtig, dass dort, wo Nachhaltigkeit ver­sprochen wird, keine Mogelpackung enthal­ten ist. Hier kommen wir zum bereits ange­sprochenen Thema Greenwashing zurück – cr

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geldanlage ° Nachhaltigkeits-Fonds

46 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Ethische Investments boomen. Schon lange sind es keine belächelten „Althippies“ mehr, die von nachhaltigen Veranlagungsformen schwärmen. Das Thema hat in die obersten Chefetagen der Finanzindustrie Einzug gehalten. Das öffnet – Stichwort Greenwashing – auch Risiken die Tore, die Vorteile für gute Gewinne befinden sich aber in eindeutig in der Überzahl. Harald Kolerus

Es grünt so grün

KräftIGEr VoLuMENsANstIEG IM NAchhALtIGKEItsbErEIch

nachhaltige fonds im deutschsprachigen Raum sind heute 52 Milliarden Euro schwer.Quelle: FER

„Das Anlage-thema Nach-

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gewachsen.“Gerold Permoser,

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Page 47: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016einem Phänomen, das leider gar nicht so selten anzutreffen ist. In diesem Zusam­menhang warnte software­systems.at, ein­heimische Finanzdatenanbieter mit hoher Nachhaltigkeits­Expertise, zu Vorsicht bei Klimafonds. In einer Analyse des Unterneh­mens heißt es: „Seit der Jahrtausendwende, insbesondere aber seit der globalen Finanz­ und Wirtschaftskrise, explodierte das An­gebot an nachhaltigen, grünen, ethischen oder Impact Investing­Finanzprodukten (Impact Investing steht für die Bestrebung, direkt bei der Lösung eines ökologischen oder sozialen Problems zu helfen, Anm.). Anleger wissen aber inzwischen auch, dass mancher Fondsmanager seinem Fonds ger­ne ein ,grünes Mäntelchen‘ umhängt, um vom Impact Investing­Boom profitieren zu können. Doch was kann schon schiefgehen, wenn ein Fonds ausdrücklich als Klima­fonds bezeichnet und beworben wird?“

portfolioanalysE nötigOffensichtlich eine ganze Menge: Laut

software­systems.at investiert eine Reihe von Klimafonds nicht in Solarstrom, Wind­kraft und Umwelttechnik, sondern zu über 90 Prozent in nicht oder nur geringfügig klimarelevante Positionen. Dabei handelt es sich um keine Einzelfälle. Der Schroder ISF Global Climate Change Fund veranlagt zum Beispiel nur 5,43 Prozent des Fondsvolu­mens in wirklich klimarelevante Inhalte. Der Global Warming Prevention Equity Fund der Deutsche Bank hatte wiederum 2015 Aktien von Helmerich & Payne im Portfolio, einem US­Unternehmen, das im Auftrag von Öl­ und Gaskonzernen Explo­rationsbohrungen, Förderbohrungen und Fracking durchführt. Der Fondsmanager hatte zuvor in den Ölkonzern Noble Energy und den Pipelinebetreiber Kinder Morgan investiert. Man kann sich also nur der Emp­fehlung von software­systems.at anschlie­ßen, sich nicht von wohllautenden Fonds­bezeichnungen blenden zu lassen. Was wirklich in den Portfolios steckt, analysie­ren Profis wie eben software­systems.at oder die rennommierte deutsche Rating­agentur oekom research. Viele Daten sind öffentlich und gratis zugänglich.

inVEstmEnttrEndsAber wo kann nun „mit grünem Geld“

nicht nur Umwelt und Mitmensch geschont, sondern auch Kassa gemacht werden? – Was ja kein Widerspruch sein soll. Werfen wir zunächst einen Blick zurück: Im Jahre 2015 konnte die Solar­ und Windindustrie wei­tere schöne Zuwächse verzeichnen. Die Wettbewerbsfähigkeit zu herkömmlichen Energieträgern hat sich weiter verbessert, inzwischen ist schon heute in bestimmten Regionen die Wind­ oder Solarenergie die kostengünstigste Form der Energieerzeu­gung. Thiemo Lang, Senior Portfolio Mana­ger für die RobecoSAM Smart Energy Anla­gestrategie, führt weiter aus: „Für das nächs­te Jahr wird die weitergehende Integration der verteilten Energieerzeugung in die Ener gienetze, inklusive ihrer teilweise de­zentralen Speicherung, und das Verbrauchs­management an Bedeutung gewinnen. Die Vernetzung dieser einzelnen Systeme nimmt zu, und damit werden Integrations­themen Smart Home, Smart Grid und Smart Cities zunehmend wichtiger.“ Auf der Ener­gieerzeugungsseite legten laut dem Exper­ten insbesondere die Windturbinenherstel­ler im Jahre 2015 sehr gut zu, sie profitierten von weiter steigenden Margen. Christoph Keidel, Fondsmanager des LBBW Global Warming, pflichtet bei: „Windenergie war der prägende Faktor. Die hier tätigen Unter­nehmen konnten sich operativ gut entwi­ckeln. Dies hat auch die Kurse getrieben. 2016 gehen wir von einer Fortsetzung der guten Ertragslage aus.“

sonnE als problEmkind?Windkraft sollte also weiterhin Auftrieb

erhalten, wie sieht es aber mit der Sonnen­

energie aus? Der gesamte Sektor litt lange Zeit unter zunehmender Billigkonkurrenz aus Asien, vor allem aus dem Reich der Mit­te. Der beinharte Verdrängungswettbewerb führte dazu, dass einige namhafte Bran­chengrößen sogar Konkurs anmelden muss­ten. Wie weit ist die Konsolidierung der So­larenergie­Branche nun fortgeschritten? Lang mit Blick auf 2015: „Die Entwicklung einzelner Aktien der Solarbranche aufgrund von Finanzierungsbefürchtungen und Zins­ängsten war eher zurückhaltend. Wir sind zuversichtlich, dass sich die Entwicklung im neuen Jahr aufhellen sollte, da viele Firmen über eine weiter anwachsende Projektpipe­line berichten.“ Derzeit sieht der Experte relativ wenig Konsolidierungsfantasie im Sektor. Der Upstream­Bereich (Poly­Sili­zium, Zellfertigung) sei schon gut konsoli­diert und auf Installationsseite beobachtet Lang derzeit nur wenige Synergieeffekte.

EffiziEnz nicht VErgEssEnWas weitere Anlagethemen betrifft,

glaubt Permoser von der Ersten Asset Ma­nagement, dass in der Verbesserung der Ener gieeffizienz „viel Potenzial steckt. Es handelt sich hier um einen Treiber für die gesamte Branche!“ Dieser Meinung kann sich auch Lang anschließen. Er geht noch weiter ins Detail: „Den stärksten positiven Performancebeitrag erzielten wir im Jahr 2015 innerhalb des Energieeffizienzsektors über den Teilbereich Halbleiter­Powerma­nagement. Halbleiter­Powermanagement­chips werden in den vielfältigsten Bereichen benötigt, um elektrische Stromverbraucher zu optimieren, sei es im Verkehrswesen, der Industrie­ und Automatisierungstechnik oder in der IT und der Konsumelektronik.“

Nachhaltigkeits-Fonds ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 47

„Wir glauben an eine weiterhin

gute Ertrags-lage für Wind-energieunter-

nehmen.“Christoph Keidel,

LBBW

„Dezen trale Speicherung von Energie gewinnt zu-

nehmend an Bedeutung.“

Thiemo Lang, RobecoSAM

Page 48: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2015

48 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Auch in das nächste Jahr hinein sieht der Experte sehr interessante Investmentideen in diesem Bereich und hat sich entspre­chend positioniert.

EnErgiEprEis – quo Vadis?Ein Faktor sollte nicht vergessen wer­

den, wenn wir von Energie und Nachhatig­keit sprechen: Die meisten Experten gehen von weiterhin niedrigen Öl­ und Energie­preisen aus – wie wirkt sich das auf die Un­ternehmen im Bereich der erneuerbaren Energieträger aus? Dazu Lang: „Wir stellen immer wieder fest, dass niedrige Öl­ und Energiepreise das Sentiment im Sektor der Alternativenergien negativ beeinflusst, teil­weise sind auch Auswirkungen auf die Fi­nanzierungsbedingungen der Firmen spür­bar. Wir sehen jedoch derzeit nicht, dass der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien dadurch wesentlich gebremst werden könnte, konkurrieren sie in der Strom­erzeugung doch im Wesentlichen mit Kohle und Erdgas, die schon seit Jahren stark ge­drückte Preise aufweisen. Fakt ist, dass es zukünftig keine billigere Möglichkeit geben wird, Strom zu erzeugen, als über die er­neuerbaren Energien. Die Kostenreduktio­nen gehen weiter, der Zeitfaktor spielt uns zunehmend in die Hände.“ Keidel sieht das ähnlich. „Bisher sind die niedrigen Ölpreise kein Problemfaktor. Die Nachfrage nach Ökostrom via Länderzielen steigt weiter.“ Mit den Vorgaben einzelner Staaten sind wir auch schon bei den regionalen „Hot­spots“ des Nachhaltigkeitsmarktes ange­kommen sind. Interessanterweise scheint auch auf diesem Gebiet China die erste Geige zu übernehmen. Nicht etwa die USA oder das „grüne Vorzeigeland“ Deutsch­land stellen nämlich heute den weltweit größten Markt für regenerative Energie­

quellen, sondern das Reich der Mitte, das sein Image als Umweltsünder so schnell wie möglich ablegen will.

unglaublichEs potEnzialRoberto Cominotto, Manager des JB

Energy Transition Fund bei GAM, ist einer der Experten, der deshalb China für ein überaus interessantes Land mit noch immer schier unendlichem Wachstumspotenzial für nachhaltig gesinnte Investoren hält. Denn Peking hat erkannt, dass die Smog­Belastung in den Städten oder die Vergif­tung der Flüsse ein nicht mehr tragbares Ni­veau erreicht hat und deshalb kräftig mit umweltpolitischen Maßnahmen gegen­steuert. Cominotto: „So soll laut den Plänen der chinesischen Führungsspitze bis 2030 die CO2­Intensität des BIP um 60 bis zu 65 Prozent unter dem Niveau von 2005 liegen.“ Zu diesem Zweck werden wegen ihrer offi­ziell guten CO2­(Schein­)Bilanz mehr und mehr Atomkraftwerke auf die grüne Wiese gestellt – das ist die schlechte Nachricht. Die bessere Nachricht lautet: Saubere Alterna­tivenergie soll schrittweise die alten, extrem umweltbelastenden Kohlekraftwerke erset­zen. Was natürlich auch für Investoren at­traktiv klingt. Allerdings rät Cominotto dazu, bei Wind­ und Solarinvestments nicht nur auf die Nachfrageseite zu schauen, son­dern auch auf das Angebot. „Wenn die An­gebotskapazitäten bei Windturbinen oder Solarmodulen zu stark wachsen, wie es vor einigen Jahren der Fall war, könnten trotz Nachfragewachstums schwierige Zeiten auf die Branche zukommen.“ Derzeit sei dies allerdings laut dem Experten nicht zu er­kennen, deshalb bewertet er aktuell ver­schiedene Solar­ und Windenergieunter­nehmen als attraktiv. Dazu zählen Comi­notto zufolge das chinesische, an der New

York Stock Exchange gelistete Unterneh­men Jinko Solar ebenso wie der global auf­gestellte US­Modulhersteller Sunpower und das spanische Unternehmen Gamesa, das Windkraftanlagen produziert und vor allem in Lateinamerika und Indien eine starke Marktposition habe. Erst Anfang Novem­ber hatte Gamesa zwei neue Aufträge für Windparks in Indien mit einer Gesamtka­pazität von 200 Megawatt bekannt gegeben. Neben den Schlüsselsektoren Solar­ und Windenergie hält Cominotto zudem bis­lang eher von Investoren „übersehene“ Be­reiche wie die bereits erwähnte Energieeffi­zienztechnologie für interessant. Und auch Elektroautos könnten von den Bemühungen zur Senkung des Treibhausgasausstoßes profitieren. Hier rät Cominotto allerdings zu etwas Geduld: „Ich denke nicht, dass elektrische Fahrzeuge sich vor 2020 zu einem Massenmarkt entwickeln werden.“ Dafür nämlich müssten die Preise deutlich sinken – und das werde ohne weitere staatli­che Anreize nur langsam vonstatten gehen.

intErEssantE titElNun wurden von Cominotto bereits ei­

nige attraktive Einzelwerte genannt – aber auch von Thiemo Lang wollten wir wissen, welche Vorzüge Unternehmen eigentlich aufweisen müssen, um in seinem Portfolio zu landen? „Mit am interessantesten sind si­cherlich wachstumsorientierte Firmen, die über Produktpositionierung und Technolo­gie­Know­how hohe Eintrittsbarrieren auf­weisen. Die Tendenz hin zur Entwicklung komplexerer, ,smarter‘ Energiesysteme be­günstigt den Trend, derartige Firmen zu identifizieren. Derzeit mögen wir im Be­reich Halbleiter­Leistungsmanagement Fir­men wie Monolithic Power Systems und Po­wer Integrations, im Solarsektor Canadian Solar und SMA Solar Technology und im Sektor Energiemanagement Firmen wie Sil­verspring Networks oder Saft Groupe.“ An dieser Stelle sei erwähnt, dass Investments in Einzeltitel natürlich immer ein gewisses Risiko bergen. Auf Seite 47 finden interes­sierte Leser zur breiteren Streuung auch eine Auswahl von ausgezeichnet perfor­menden Nachhaltigkeits­Fonds.

geldanlage ° Nachhaltigkeits-Fonds

° DIE bEstEN AKtIENfoNDs NAchhALtIGKEIt GLobALiSiN FONdSName VOlumeN PerF. 1 J. 3 J.p.a. 5 J.p.a. terLI0106892966 lGt Sustainable equity Fund Global 180 Mio. € 19,7 % 17,8 % 10,8 % 1,77 %LU0428704042 lO Funds - Generation Global 36 Mio. € 18,0 % 20,4 % 13,5 % 1,88 %LU0113400328 candriam equities l Sustainable World 355 Mio. € 10,7 % 15,2 % 11,2 % 1,83 %LU0158827195 allianz Global Sustainability 36 Mio. € 12,1 % 15,1 % 10,3 % 1,85 %LU0061928585 OekoWorld OekoVision classic 508 Mio. € 13,6 % 13,4 % 10,5 % 2,46 %

Quelle: Lipper Hindsight, alle Angaben auf Euro-Basis, Reihung nach Ertrag/Risiko, Stichzeitpunkt: 09. Dezember 2015

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Page 49: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2015

ADVERTORIAL

LACUNA AG

Hightech für den Healthcare-Sektor

D ie digitale Entwicklung wird große Teile unseres Lebens in den kom-

menden Jahren massiv verändern. Nach Prognosen der Boston Consulting Group sollen im Jahr 2025 etwa 67 Milliarden Dollar für die Herstellung von Robotern ausgegeben werden. Dieses Jahr sind es ca. 27 Milliarden Dollar. Vor allem im Ge-sundheitssektor wird es enorme Verän-derungen geben. Roboter werden künftig dem Pflegepersonal und Ärzten bei chirur-gischen Eingriffen, in der Altenpflege oder in der Rehabilitation assistieren.

Die Lacuna Healthcare Fonds nutzen die-se Entwicklung, um in dieses neue Segment der Gesundheitsbranche zu investieren. Durch ihre jahrelange Erfahrung im Healthcare-Be-reich werden Entwicklungen am Markt frühzei-tig erkannt und Gewinn bringend im Port folio platziert.

In den Industrieländern werden sich die Kos-ten für die Pflege alter Menschen bis zum Jahr 2050 mindestens verdoppeln. Das geht aus ei-ner Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) her-vor. Steigende Ausgaben für die Pflege und sta-tionäre Behandlung werden folglich zu einer zunehmenden Herausforderung. Neben langen Rehabilitationszeiten und teuren Medikamen-ten für die Patienten fehlt oftmals gut ausgebil-detes Pflegepersonal. Grund für diese Entwick-lungen im Gesundheitsbereich ist vor allem die immer älter werdende Weltbevölkerung. Gera-de im asiatischen Raum spielt die Überalterung der Gesellschaft eine zunehmend wichtige Rol-le. Gründe hierfür sind die stetig sinkende Ge-burtenrate in Verbindung mit einer steigenden Lebenserwartung. Nirgendwo auf der Welt ent-wickelt sich der demografische Alterungspro-zess dabei so schnell wie in Japan. Beinahe ein Viertel der japanischen Bevölkerung ist mindes-tens 65 Jahre alt. In diesem Zusammenhang soll bis 2050 der Anteil der Senioren auf 40 Pro-zent ansteigen. Neben der alternden Bevölke-rung stellt insbesondere die rapide Ausbrei-tung westlicher Zivilisationskrankheiten in den Schwellenländern eine ernst zu nehmende Pro-

blematik dar, die häufig mit erheblichem Be-handlungsaufwand verbunden ist. Vor allem asiatische Länder, wie China und Indien, sind von einer dramatischen Zunahme von Adipo-sitas-Raten sowie alarmierenden Zahlen von Typ-2-Diabetes-Erkrankungen betroffen.

DIE ROBOTIK EROBERT DEN GESUNDHEITSSEKTOR

Vor diesem Hintergrund werden innovative, technische Entwicklungen, wie die Robotik, im Gesundheitswesen zukünftig eine tragende Rolle spielen. Während dieses Jahr ca. 27 Mil-liarden Dollar für die Herstellung von Robotern ausgegeben wurden, wer-den es 2025 laut Prognosen der Boston Consulting Group bereits 67 Milliarden Dol-lar sein. „Besonders im asia-tischen Raum wird aufgrund des wachsenden Lohndrucks immer mehr auf technische Lösungen gesetzt, um Kosten zu sparen. Mit dem Lacuna – Adamant Asia Pacific Health Fonds begegnet das Invest-menthaus diesem Trend und fokussiert sich als einziger Anbieter Europas auf Inves-titionen in der Hightech-Re-gion Asien“, erklärt Lacuna-Vertriebsdirektor Ingo Gra-bowsky. Vor allem der Ge-sundheitssektor ist auf die technischen Lösungen ange-wiesen. Roboter für chirurgische Eingriffe, die Altenpflege oder die Rehabilitation werden dem Pflegepersonal und Ärzten künftig assistie-ren. Reha-Patienten sollen beispielsweise bei der Therapie unterstützt werden, um Behand-lungszeiten zu verkürzen und das Personal ef-fektiver einsetzen zu können. Weiterhin wird die Robotik zunehmend zur Unterstützung von Chirurgen eingesetzt, wodurch noch genauere Eingriffe möglich werden. Die Komplikations- rate kann infolgedessen entscheidend verrin-gert werden.

INNOVATIVE ENTWICKLUNGEN BEI HEALTHCARE-INVESTMENTS

Lacuna ist seit über 15 Jahren mit Invest-mentfonds, deren Fokus auf den weltweit wachsenden Gesundheitsmärkten liegt, am Markt tätig. Die Anlagestrategie der Healthca-re-Fonds konzentriert sich dabei auf attrak-tive Mid Caps und nicht auf die großen Phar-mawerte. „Im Healthcare-Sektor gibt es enorm innovative Entwicklungen. Unternehmen wie InBody, Alibaba Health oder Cyberdyne haben sich hervorragend entwickelt und liefern eine tolle Performance“, so Grabowsky. Cyberdy-ne Care Robotic bietet beispielsweise Robotik-

unterstützung für Reha-Patienten, die es mög-lich macht, Befehle vom Gehirn über Nerven-strömungen direkt in menschliche Bewegung umzuwandeln. Zahlreiche viel versprechende Unternehmen in diesem Bereich sind dabei in Asien angesiedelt. Aus diesem Grund ist ca. ein Drittel der weltweiten Lacuna Fonds in Asien inves tiert. In Verbindung mit dem rasanten Wachstum des gesamten Sektors macht dies die Lacuna Healthcare Fonds zu einem attrak-tiven Anlageobjekt mit nachhaltigem Potenzial.

www.lacuna.de

ROBOTIK UND IT im Gesundheitswesen der Zukunft

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 49

Page 50: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016

Nach fünf Jahren schlechter Perfor­mance und Preisverfall bei globalen

Rohstoffen zeichnet sich ein möglicher Wendepunkt ab. Zum ersten Mal seit langer Zeit berichtet eine steigende Anzahl von Analysten wieder über verbesserte Aussich­ten für Rohstoffe im nächsten Jahr. Die Prei­se für Industrie metalle zeigten im Novem­ber jedenfalls Erholungstendenzen. Unter­stützt werden diese u.a. dadurch, dass es den Preismanipulationen an den Terminbörsen an den Kragen gehen dürfte. Angefangen hat es in China, wo die Nichteisenmetallin­dustrie die Aufsichtsbehörden aufgefordert hat, Leerverkäufe in den lokalen Metall­Terminkontrakten zu untersuchen. Sollte

dies zu einem Verbot von Leerverkäufen führen, würde dies wohl viel Druck von den Metallpreisen nehmen.

Die Edelmetalle zeigen indes noch kei­ne nachhaltigen Erholungstendenzen. Gold wird nach allgemeiner Marktmeinung wei­terhin durch den festen US­Dollar belastet. Auch der teilweise starke Anstieg der Ak­tienmärkte, der einen höheren Risikoappe­tit der Marktteilnehmer ausdrückt, und weitere Abflüsse aus Gold­ETFs, die im dritten Quartal 65,9 Tonnen ausmachten, wirkten sich zuletzt negativ auf den Preis aus. Trotz einer nicht gerade schwachen Nachfrage. Die US­Münzanstalt hat im No­vember beispielsweise bereits 97.000 Unzen Goldmünzen verkauft, womit die Münzab­sätze auf dem Weg sind, das Niveau vom vorletzten Rekordjahr zu übertreffen. Die kleinen Münzgrößen sind mittlerweile aus­verkauft. Der Verkauf von Silbermünzen soll Mitte Dezember enden, da wegen der hohen Nachfrage in Rekordnähe kaum noch Ware zur Verfügung steht.

Auf den Silberpreis hatte dies freilich kaum Auswirkungen. Er ist ähnlich wie Gold von einem Zwischenhoch am 14. Ok­tober rasch wieder auf Talfahrt gegangen und notierte Ende November um rund zwölf Prozent tiefer bei 14,40 Dollar. Der bereits publizierte Optimismus dürfte wohl doch verfrüht gewesen sein.

Hinsichtlich der noch im Dezember erwarteten Zinserhöhung der Fed will Jan­Hendrik Hein, Associate Director – Germa­ny & Austria bei ETF Securities, eine Über­raschung bei den Edelmetallen dennoch nicht ausschließen. Das Research Team des Anbieters von Exchange Trades Funds (ETF) mit Zentrale in London habe näm­

lich in einer Studie untersucht, wie sich die verschiedenen Anlageklassen nach einer langen Niedrigzins­Phase und erstmaliger Zinserhöhung der US­Zentralbank Fed ent­wickeln. Interessanterweise hat Gold in sol­chen Jahren durchschnittlich 16,8 Prozent Wertzuwachs in den ersten zwölf Monaten nach dem ersten Zinsschritt aufgewiesen, im Vergleich zu minus 0,5 Prozent im S&P 500 Index und 5,6 Prozent im MSCI World Index.

Starke Nachfrage, geriNgereS aNgebotDas World Gold Council berichtete für

das dritte Quartal 2015 von einer um acht Prozent auf 1120,9 Tonnen gestiegenen Nachfrage. Das war der höchste Wert seit fast zwei Jahren. Die Nachfrage nach Barren und Münzen übertraf das zweite Quartal 2015 sogar um 56 Prozent und das dritte Quartal 2014 um rund 33 Prozent. Die Nachfrage nach Schmuck­Gold stieg um sechs Prozent, obwohl dieser Zeitraum ge­wöhnlich der schwächste im Jahr ist. Die

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geldanlage ° Edelmetalle

50 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Für die Rohstoffe insgesamt zeichnet sich eine Preiswende ab. Die Nachfrage für Gold und Silber hat sich 2015 bereits deutlich belebt. Doch die Preise werden nach kräftigen Erholungen wie von Geisterhand immer wieder in den Keller getrieben. Das Londoner Haus Rothschild dominiert den Goldhandel bereits seit 200 Jahren. Wolfgang Freisleben

Untersuchung wegen Verschwörung

GOLD

trotz steigender Nachfrage: Gold verliert seit Jahren an Wert.

° GOLD NAchfrAGE wELtwEItJahr tonnen2005 3,127.22006 3,096.22007 3,116.02008 3,778.32009 3,674.02010 4,213.02011 4,729.02012 4,687.82013 4,433.72014 4,217.4QuartalQ4’13 1,011.1Q1’14 1,089.0Q2’14 1,035.9Q3’14 1,041.9Q4’14 1,050.6Q1’15 1,083.6Q2’15 905.0Q3’15 1,120.9

Quelle: World Gold Council

Page 51: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2016Käufe von Zentralbanken und anderen offi­ziellen Institutionen erreichten mit 179,5 Tonnen fast den Rekord des dritten Quar­tals 2014. Der größte Käufer war wieder ein­mal die chinesische Zentralbank Peoples Bank of China (PBoC) mit 239,9 Tonnen – um 13 Prozent mehr als im Vergleichszeit­raum des Vorjahres. Gleichzeitig ging die Minenproduktion nach einer längeren Wachstumsperiode im dritten Quartal um ein Prozent auf weltweit 827,8 Tonnen Gold zurück und blieb damit hinter dem Rekord von 836,1 Tonnen im dritten Quartal 2014. Die insgesamt robuste Nachfrage traf also auf ein geringeres Angebot. Das hat norma­lerweise gemäß den marktwirtschaftlichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage ei­nen Preisanstieg zur Folge. Das war aber nur temporär der Fall. Auffallend war be­sonders der abrupte Absturz des Gold­preises ab 16. Oktober von 1184,10 Dollar um mehr als zehn Prozent auf 1065,45 Dol­lar bis 27. November.

PreiSverfall mit verdacht auf maNiPulatioNTatsächlich gibt es kaum einen Preis,

der seit rund 200 Jahren unter der Kontrolle von derart wenigen Händen steht und per­manent entgegen den Marktkräften mani­puliert wird wie der Goldpreis. Und zwar, seit der deutsch­englische Bankier Nathan Mayer Rothschild 1809 in London begon­nen hatte, mit Geld des Kurfürsten Wilhelm von Hessen­Kassel (ohne dessen Wissen) auf Preissteigerungen von Gold zu spekulie­

ren und fortan den Handel von Goldbarren und Goldmünzen forcierte, die er über den Ärmelkanal schmuggelte. Dank des „plötz­lichen Todes“ seiner größten Konkurrenten im Londoner Goldmarkt, Francis Baring und Abraham Goldsmid, beherrschte er ab 1810 mit seiner Bank N.M. Rothschild den Markt – mit weit reichenden Auswirkungen auch auf Kontinentaleuropa.

Ab 12. September 1919 wurde dann der Weltmarktpreis für Gold wie schon seit 1897 der Weltmarktpreis für Silber mit dem täg­lichen Fixing in London zwei Mal täglich um 10:30 und 15:00 Uhr Ortszeit in einem eige­nen Raum der Privatbank NM Rothschild unter den Mitgliedern der London Bullion Market Association/LBMA (engl. bullion: ungemünztes Edelmetall) ausgehandelt. Gründungsmitglieder waren mit dem dauer­haften Vorsitz von NM Rothschild & Sons auch Mocatta & Goldsmid (heute: Bank of Nova Scotia–ScotiaMocatta), Samuel Mon­tagu & Co. (HSBC). Pixley & Abell sowie Sharps & Wilkins landeten schließlich bei der Deutschen Bank. Letzterer wurde im Jänner 2014 der Boden in dem gesetzwid­rigen Gold­Kartell wegen der Flut anderwei­tiger Klagen offenbar zu heiß. Sie zog sich nach zunehmenden Manipula tionsvorwürfen gegen das Gold­Kartell aus dem Gold­ und Silberfixing zurück. Schon 2004 hatte NM Rothschild kalte Füße bekommen. Der 200 Jahre alte Hort der weltweiten Goldmacht übersiedelte am 7. Juni das Kartell der Bulli­on­Banken in die Barclays­Bank, die als bör­sennotiertes „monetäres Schlachtschiff “ des Hauses Rothschild gilt. Dazu gehören seither neben dem neuen Hausherrn die Bank of Nova Scotia­Scotia Mocatta, die HSBC Bank USA, Société Générale – und neu seit 20. März 2015 die Schweizer UBS und die US­Investmentbank Goldman Sachs. Während des Fixings wird von den Teilnehmern na­türlich munter weitergehandelt, um Ge­winne aus den Absprachen zu erzielen.

Es ist eigentlich unverständlich, wie lan­ge die tägliche Goldpreis­Manipulation kri­tik­ und widerspruchslos akzeptiert worden war. In seinem Buch „Der Gold Krieg“ zi­tiert Michael Morris eine Untersuchung von Rosa Abrantes­Metz, Professorin an der

Stern School of Business der Universität New York, und Albert Metz, Managing Director bei Moody’s Investors Service, die in einer Studie häufige deutliche Bewe­gungen bei den Kassapreisen während des nachmittäglichen Fixing­Gesprächs festge­stellt haben. Vor 2004 und während der morgendlichen Telefonkonferenzen gab es solche Bewegungen nicht. Außerdem ent­deckten sie, dass die Preisbewegungen wäh­rend der Nachmittags­Telefonkonferenz überwiegend in die gleiche Richtung liefen, nämlich abwärts. An Tagen, an denen die Wissenschafter deutliche Preisverände­rungen während der Telefonkonferenz ent­deckten, gingen diese in mindestens zwei Drittel der Fälle abwärts, 2010 waren es so­gar 92 Prozent aller Fälle. So also wird der Goldpreis künstlich nach unten gedrückt. Auch dafür hat Gold­Autor Morris eine Er­klärung gefunden und zitiert den Berliner Goldhändler Peter Rossmann (Jessef Endel­metalle): „Von 2004 bis 2011 haben sie den Goldpreis hochlaufen lassen. Dann wurde vom Platzen einer Blase gesprochen, es kam zu Verunsicherung, in den Computerpro­grammen der Händler wurde ein Ende des Preisanstiegs festgelegt, und 2013 ließ man den Preis mittels Computern und Hochfre­quenzhandel um 28 Prozent abstürzen. Ein­gesammelt hat das dadurch frei gewordene billige Gold vor allem China, die verbliebe­ne Menge hat JPMorgan Chase aufgesaugt.“

Inzwischen ermittelt die schweizerische Wett­b e werbskommiss ion WEKO gegen die bei­den Schweizer Banken UBS (mit Kronzeu­genstatus) und Ju­lius Bär sowie die ausländischen Finanzinstitute D e u t s c h e Bank, HSBC, B a r c l a y s ,

Edelmetalle ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 51

der gold krieg

die kurze geschichte eines großen fehlers

florian Schui. verlag blessing. 256 Seiten.

SILbEr

gleiches Schicksal wie gold: Auch der Silberpreis dürfte manipuliert werden.

Page 52: GELD-Magazin, Dezember 2015

AUSBLICK 2015

52 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Morgan Stanley und Mitsui wegen Ver­dachts auf unzulässige Wettbewerbsabre­den. In den USA laufen sogar zahlreiche Klagen und behördliche Untersuchungen wegen Verschwörung.

beNutzeN groSSe baNkeN derivate, um deN goldPreiS zu drückeN?Michael Morris lüftet auch die Geheim­

nisse um den außerbörslichen (OTC­) Han­del mit Gold­Derivaten wie Optionen, Fu­tures und Gold­Zertifikaten. Dieser hatte Mitte 2015 ein Marktvolumen von nur mehr 247 Milliarden US­Dollar (Mitte 2008 wa­ren es noch 649 Milliarden). Silber: 89 Mil­liarden. Dieses Marktsegment ist vor allem auch für Privatanleger von Relevanz, weil dort der Preis des physischen Metalls dra­matisch manipuliert wird, wie Paul Craig Roberts, ehemals stellvertretender US­Fi­nanzminister der Regierung Reagan, An­fang Juli 2015 berichtete.

goldPreiS-maNiPulatioN: broker kommt mit miNi-Strafe davoNTatsächlich spielt der Goldpreis immer

wieder auch an der richtungweisenden US­Terminbörse COMEX scheinbar verrückt, wo Futures­Kontrakte (Derivate) gehandelt werden. Am 6. Jänner 2014 brach der Gold­preis beispielsweise um 10:14 Uhr inner­halb von 100 Millisekunden um 30 Dollar von 1245 auf 1215 Dollar ein. Laut einem Bericht des US­Wirtschaftsmagazins Forbes hat COMEX­Betreiber CME Group damals den US­Broker Mirus Futures wegen „un­gewöhnlich großer und untypischer Han­

delsaktivität durch mehrere Kunden dieser Firma“ abgestraft. Dies habe „zu einer Ver­zerrung bei der Preisbildung auf dem Markt für Gold­Futures“ geführt. Die betreffende Handelspraxis wird als „Quote Stuffing“ be­zeichnet. Dabei werden mehrere große Ver­kaufsaufträge lanciert und scheinen in den elektronischen Handelsbüchern für alle Händler sichtbar auf. Aufgrund der Auf­tragsgröße werden andere Trader zu Ver­käufen animiert. Die Scheinaufträge wer­den vor einer möglichen Ausführung blitz­schnell wieder gelöscht. Auf diese Weise können an den Futures­Börsen mit kleinen Hebeln größere Kursbewegungen ausgelöst werden. Geschehen sie in der Nähe neural­gischer Chartformationen, dann können vor dem Hintergrund der zunehmenden Automatisierung von Handelsaktivitäten große Kurseinbrüche initiiert werden.

zwei trader voN der comeX für 60 tage auSgeSchloSSeN Im Mai 2015 hat die CME Group zwei

Trader wegen ähnlicher Manipulations­Praktiken vom Handel mit Gold­ und Sil­ber­Futures ausgeschlossen. In Großbritan­nien ist ein Trader namens Navinder Sarao deswegen hinter Gitter gewandert. Die Praktiken ähneln dem „Flash­Crash“ am 6. Mai 2010, als der Aktien­Leitindex Dow Jones an der Wall Street innerhalb von nur fünf Minuten um 600 Punkte abgestürzt ist und fast eine Bil lion Dollar vernichtet wur­den. Der verur sachende Händler wurde im April 2015 in London festgenommen und an die USA ausgeliefert.

edelmetalle PlatiN uNd Palladium weiterhiN im aNgebotSdefizit So wie bei Gold und Silber war der

Ausflug des Platin­Preises im Oktober bis 1022 Dollar nur von kurzer Dauer. Der Absturz folgte umgehend. Mengenmäßig erwartet der weltgrößte Verarbeiter von Platin und Palladium, Johnson Matthey, 2015 an beiden Märkten letztlich ein An­gebotsdefizit. Dieses soll mit 652.000 Un­zen (Platin) bzw. 427.000 Unzen (Palladi­um) höher ausfallen als noch im Mai pro­gnostiziert. Grund hierfür sei bei Platin im Wesentlichen die Investmentnachfrage, die auf 367.000 Unzen steigen soll, was vor allem auf eine starke Barrennachfrage in Japan zurückzuführen ist. Den Einfluss der Platin­ETFs sieht Johnson Matthey in seinem Halbjahresbericht dagegen „neu­tral“. Die von Bloomberg erfassten Platin­ETFs haben in diesem Jahr bislang aller­dings Abflüsse von 295.000 Unzen ver­zeichnet.

Das Defizit bei Palladium soll trotz gro­ßer Abflüsse aus den ETFs zu Stande kom­men (­643.000 Unzen seit Jahresbeginn). Als starker Rückhalt ist die Nachfrage aus der Automobilindustrie einzustufen. Diese soll sowohl bei Platin als auch bei Palladium weiter zulegen und bei Letzterem ein neues Rekordhoch erreichen. Angebotsseitig zei­gen sich zwei unterschiedliche Tendenzen: So steigt bei beiden Edelmetallen das Mi­nenangebot stark an, da sich Südafrika von den langwierigen Streiks erholt.

Palladium – gewiNNeiNbuSSeN Nach PreiSaNStiegPalladium stieg am 25. November um

über drei Prozent, nachdem die staatliche russische Reservebehörde Gokhran be­kannt gab, in diesem Jahr von zwei russi­schen Produzenten eine Tonne Platin und eine Tonne Palladium zur Aufstockung der Reserven gekauft zu haben. Auch im nächs­ten Jahr könnten Platinmetalle gekauft wer­den. Zudem sollen diese mindestens zwei Jahre lang nicht verkauft werden. Gokhran hatte den Verkauf von Palladiumreserven 2013 eingestellt und dadurch das Angebot am Weltmarkt spürbar verringert. cr

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geldanlage ° Edelmetalle

VIErtES DEfIZItjAhr IN fOLGE bEI pLAtIN UND pALLADIUM

„flash crash“ am 6. Januar 2014 im amerikanischen Futures-Handel: 30-Dollar-Einbruch in 100 Millisekunden.

Quelle:Forbes.com

2500200015001000500

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-1000-1500-2000

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015*

*Schätzung

Marktbilanz in Tsd. Unzen

Palladium

Platin

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AUSBLICK 2015

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New Prescription for Diagnostic Labs: Headwinds Ease and Moats Open Doors to New Opportunities

Major Diagnostic Reference Labs

Elements of Competitive Strength

Company Price ($) Fair Value ($)Price/FV

(%) Moat Moat Trend Cost Structure IT InvestmentAnalytics Investment

LabCorp 102.96 127.00 0.81 Narrow Positive

Quest Diagnostics 61.49 65.00 0.95 Narrow Stable

Sonic Healthcare AUD 17.57 AUD 18.00 0.98 Narrow Stable

Source: Morningstar

Key:

Slight Disadvantage

Strong Advantage

Slight Advantage

Strong Disadvantage

New changes on the horizon spurred by health care reform are creating substantial changes in the diagnostic lab market and squeezing reimbursement. We think the largest labs with narrow economic moats, including LabCorp LH, Quest Diagnostics DGX, and Sonic Healthcare SHL, are best-positioned to take advantage of the new opportunities. Based largely on cost and scale advantages, we project these labs should outpace market growth through 2020. From a valuation and strategic perspective, we believe LabCorp represents the best competitor to benefit from this evolving landscape.

September 2014

Healthcare

2 Key Takeaways

3 New Rx: Low-Cost Structure to Survive the Unrelenting Reimbursement Squeeze

18 Our Dx Pick: LabCorp Over Quest Diagnostics

21 Spotlight on Sonic Healthcare

23 Healthcare Outlook

23 Focus Lists

25 Calendar

26 Coverage Lists

Debbie S. Wang Senior Analyst, Devices + 1 312 384-3937 [email protected]

Chris Kallos, CFA Analyst, Healthcare + 61 2 9276 4428 [email protected]

Damien Conover, CFA Director, Pharmaceuticals + 1 312 696-6052 [email protected]

Manager Research

Sector Research

Equity Research in Morningstar DirectTM

Page 54: GELD-Magazin, Dezember 2015

54geld-magazindezember 2015

zu verfallen und mahnen vor Anlageentscheidungen zu einer globalen Betrachtungsweise. Ebenfalls kri­tisch merkt man bei der französischen Fondsgesell­schaft Carmignac an, dass sehr viele Investoren in den europäischen Aktienmarkt drängen. Die Chancen für weitere Kursgewinne würden zwar nicht schlecht aus­sehen, aber schön langsam könnte es am Börsenpar­kett eng werden. Auf das Thema Konsum setzt man bei Gamax, wobei die volkswirtschaftlichen Daten aus den Vereinigten Staaten zuversichtlich stimmen würden – der Arbeitsmarkt brummt in Übersee recht beharrlich. Die Auswahl der richtigen Qualitätstitel im Aktienbe­reich sei aber für den Erfolg entscheidend. Einen schwächeren Dollar wünscht man sich bei MEAG und wirft gleichzeitig einen Blick auf die Politik der Noten­banken. Alles in allem lautet der Tenor: 2016 wird nicht einfach, Schwarzmalerei ist aber fehl am Platz.

Welche ökonomischen Entwicklungen, Bran­chen und Regionen werden das kommende

Jahr prägen? Von welchen Trends werden Investoren 2016 am meisten profitieren? Diese und viele andere Fragen wurden am Institutional Investors Congress in einem umfangreichen Expertenausblick beantwortet. So glaubt man bei ETF Securities, dass eine fortschrei­tende Automatisierung gute Investmentchancen birgt: Roboter durchdringen immer mehr Lebensbereiche und sollen den Alltag angenehmer gestalten, Industrie­produktion und Wirtschaftsleistung steigen – und las­sen noch dazu die Kassen der Anleger klingeln. Bei den einzelnen Vorträgen der Experten schimmerte aber auch ein gewisses Maß an gesunder Skepsis durch. 2016 werde die Weltwirtschaft durchaus auch Gegen­wind verspüren, meint man etwa bei BNY Mellon. Die Experten warnen davor, in einen blinden Herdentrieb

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Neuer Boom. Das Zeitalter der Robotik und der Automatisierung ist bereits ange-brochen – darauf hatte das GELD-Magazin in seiner letzten Coverstory hingewiesen und auch Isabella Schmid von ETF Securities teilt diese Auffassung. Die Frage, ob jetzt somit auch der richtige Zeitpunkt gekommen sei, um in die neuen Techologien zu investieren, beantwortet sie eindeutig mit „Ja. Denn es existiert bereits ein großer und weiter wach-sender Sektor, der interessante Anlagemöglichkeiten eröffnet.“ Die Roboter befinden sich jedenfalls laut der Expertin in vielen Bereichen auf dem Vormarsch: Das Spektum reicht von 3-D-Printing über den Healthcare-Sektor bis in die Landwirtschaft und den Einsatz von Drohnen (Sicherheit, Agrikultur, Unterhaltung etc.). Schmid: „Die Robotik ist damit aber noch lange nicht am Ende der Entwicklung angelangt, im Gegenteil, sie ist dabei, immer mehr Branchen zu durchdringen. Es bietet sich somit eine weltweite Investment-thematik, die nicht zuletzt im Mittelpunkt des Medieninteresses, von Research-Instituten und von staatlichen Institutionen steht. “Anlagemöglichkeiten. Bei ETF Securities hat man gemeinsam mit dem auf das

Thema spezialisierten Anbieter Robo-Stox nun einen breiten, globalen Index entwickelt, der vom Boom profitieren und alle Technologien abdecken soll. Der ROBO Global Robotics and Automation UCITS Index investiert in eine Aus-wahl aus rund 80 Einzelunternehmen, das Universum ist mit mehr als tausend Titeln weitaus größer und ist noch immer im Wachstum begriffen. China ist größter Kunde. Die geografische Zusammensetzung des Portfolios zeigt, dass Unternehmen aus den Vereinigten Staaten auf diesem Gebiet stark vertreten sind. 36 Prozent entfallen auf die USA, gefolgt vom hoch-technologisierten Japan (28 Prozent) sowie Deutschland (acht Prozent) und Taiwan (sieben Prozent). Die stärkste Nachfrage herrscht wiederum im Reich der Mitte: China tritt heute als größter Einkäufer von Roboter-Technologie in Erscheinung. „Und der Appetit wächst ungezügelt, China verfolgt den Plan, seine Fabriken konsequent zu automa-tisieren“, weiß Schmid zu berichten. Andere Länder, an erster Stelle Japan, haben hingegen bereits einen hohen Grad der Automatisierung erreicht. Dennoch ist auch dort Wachstum zu verzeichnen, getrieben durch die Bestre-bung, die „modernen Helferlein“ auf dem neuesten Stand der Dinge zu halten.www.etfsecurities.com

RichaRd Lightbound, cEo,

Robo global Partners

ETF SEcuriTiES ° Roboter auf dem Vormarsch

Page 55: GELD-Magazin, Dezember 2015

55geld-magazindezember 2015

Globales Denken. Mit einem verwalteten Anlagevermögen von über 1,7 Billionen US-Dollar hat sich BNY Mellon Investment Management zum sechstgrößten Vermögens-verwalter für eine weltweite Kundenbasis entwickelt. Dazu greift das Unternehmen auf die Expertise von Fonds-Boutiquen zurück, wie etwa Newton Investment Management. Peter Hensman, Global Strategist bei dieser Investment-Boutique, warf in seinem Vortrag einen ausführlichen Blick auf die Anlagemöglichkeiten im kommenden Jahr. Zu Beginn griff er auf ein Zitat von Mark Twain zurück: Es ist nicht, was Du nicht weißt, was Dir Pro-bleme verursacht. Problematisch ist, wenn Du etwas für sicher hältst, das sich aber als falsch herausstellt.“ Deshalb sei es bei Entscheidungen von großer Wichtigkeit, global und vorausschauend zu denken und alle Investmentideen in einem weltumspannenden Kontext zu betrachten. Bei Newton strebt man immer danach zu verstehen, wie Anla-gethemen und Kräfte den globalen Wandel beeinflussen. Zum Thema Deflation meinte er anschließend: „Es gibt viele Wege, die in die Irre führen können. Auch haben in der jüngeren Vergangenheit Fehldiagnosen falsche politische Reaktionen hervorgerufen. Im

Jahr 2016 werden wir im Wirtschaftsleben auch weiterhin signifikanten Gegenwind spüren.“ So glaubt Hensman etwa, dass es sich bei den deflationären Tendenzen um kein temporäres Phänomen handelt. Als mögliches größtes Risiko für die Anlagemärkte bezeichnet er daher einen „profit squeeze“, also ein Zurückgehen der Unternehmens-gewinne. Der Spezialist warnte auch vor einem gewissen Herdenverhalten von Investoren, das nicht zuletzt durch politische Entscheidungen verursacht worden sei. Problematisch könnte es werden, wenn sich sehr viele Anleger in einer Anlageklasse positioniert haben und dann alle zum gleichen Zeitpunkt wieder den Ausstieg suchen.www.bnymellon.com

PEtER hEnsman, global strategist,

newton investment management

BNY MElloN ° Auch 2016 weht Gegenwind

Notenbanken als Big Spender. MEAG-Experte Hakem Sadi sprach in seinem Statement von einer „Reflationierung der Märkte“, die durch die expansive Geldpolitik der großen Notenbanken (EZB, FED, BOJ, BOE etc.) in den vergangenen sieben Jahren er-folgte. Aber auch bei der Peoples Bank of China werde sich wahrscheinlich die Erkenntnis durchsetzen, dass Quantitative Easing-Maßnahmen unumgänglich sind. Die bisherige Entwicklung führte jedenfalls dazu, dass die Risikoprämien im Rentenmarkt quasi nicht mehr vorhanden sind. Sadi bezeichnet sie als „zusammengefallen“. Das Vertrauen in Papiergeld sei erschüttert worden.Droht Deflationsspirale? Mit einem Blick auf die internationalen Währungs märkte meinte der Experte, dass die Welt einen schwächeren US-Dollar und mehr Inflation brau-che. Seine Einschätzung geht auch in die Richtung, dass der Greenback bis ins erste Quartal 2016 hinein noch weiter stark bleiben könnte. Dann könnte eine Phase der Ab-schwächung folgen. Andere Experten gehen laut ihm aber von einem weiterhin starken Dollar aus. Sadi beobachtet auch ein erhöhtes Spannungsfeld zwischen gemessener

und gefühlter Inflation, wobei die eigentliche Gefahr das Abgleiten in eine Deflationsspirale darstellen würde. „Vor so einer Entwicklung stehen wir gerade“, fügte der Spezialist hinzu. Die Deflation gilt ja als eine der ge-fährlichsten ökonomischen Entwicklungen, weil sie dämpfend auf neue Investitionen wirkt und darüber hinaus wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen schwer fallen. Sadi merkte auch an, dass die sehr starke Ausdehnung der Notenbanken-Bilanzen nicht richtig in der Realwirtschaft angekommen seien. Stattdessen wurde dem Aktien-markt der Rücken durch massive Zuflüsse gestärkt. www.meag.com

MEag ° Die Welt braucht einen schwächeren Greenback

hakEm sadi, senior Portfolio manager,

mEag munich ERgo

INStItutIoNAl INveStorS CoNGreSS ° Trends 2016

Page 56: GELD-Magazin, Dezember 2015

56geld-magazindezember 2015

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Flaggschiffe auf Kurs. Die Fondsboutique GAMAX freut sich, die Patriarch Multi-Manager GmbH für sich als Partner gewonnen zu haben; Letztgenannte hat 2015 das Vertriebsmandat der Flaggschiff-Fonds GAMAX Funds Junior A und GAMAX Asia Pa-cific Funds A für die deutschsprachigen Retail-Märkte übernommen. Patriarch-Experte Michael Kopf warf bei seinem Vortrag einen genaueren Blick auf den Funds Junior, es handelt sich um einen Benchmark-unabhängigen, global anlegenden Aktienfonds, der auf eine bereits sehr lange Historie zurückblicken kann: Seit19 Jahren ist er am Markt ver-treten. Durch fundamentales Stock Picking (Bottom up-Analyse) werden hochqualitative Aktien für das Portfolio ausgewählt. Konsum im trend. Experte Kopf glaubt, dass vor allem im Bereich des Konsums sehr interessante Titel zu finden sind: „Wenn wir einen Blick auf die Vereinigten Staaten werfen, fällt auf, dass die Autoverkäufe angestiegen sind. Das ist ein Zeichen dafür, dass die US-Konjunktur weiter anspringen kann. Auch sind in den USA Lohnsteigerungen zu beobachten und es sind wieder mehr Menschen in ,Lohn und Brot‘ gekommen. Es sollte

also mehr Geld für Konsumausgaben bereit stehen.“ Blick nach Asien. Aber nicht nur die USA, als noch immer größte Volkswirtschaft der Welt, bieten gute Chan-cen für Konsum-Aktien. „Auch Asien ist mehr als interessant, denn immer mehr Menschen dort wollen westliche Standards genießen, das gilt etwa für Markenwaren, Essensgewohnheiten etc.“, zeigt sich Kopf optimistisch. Für den Experten geht es darum, das Konsumverhalten zu erforschen und mit Branchenkennern zu erörtern – erst dann kann die Auswahl von Einzeltiteln anhand strenger Fundamentalanalyse der Einzeltitel erfolgen.www.gamaxfunds.com

michaEL koPf, senior Vertriebs- und

schulungsleiter, Patriarch

gaMax ° Konsumtitel bieten Qualität

uSA und Schwellenländer mit Fragezeichen. „Es erweist sich als ziemlich schwierig, die langfristige Entwicklung von Wirtschaft und Finanzmärkten zu prognosti-zieren. Wir glauben aber, dass die Emerging Markets keine unwesentliche Rolle spielen werden, wobei die ökonomische Abschwächung in den Schwellenländern im ersten Halb-jahr 2016 den Deflationsdruck erhöhen wird. Die Vereinigten Staaten werden, was das Wachstum betrifft, wahrscheinlich für eine Enttäuschung sorgen, denn die Industriepro-duktion bewegt sich nahe null“, so Sandra Crowl, Mitglied des Anlageausschusses bei der französischen Fondsgesellschaft Carmignac.Ambitionierte Bewertung. Eine kritische Anmerkung hatte die Expertin auch zu den Aktienmärkten parat: „In Europa werden die Aktienbörsen aller Voraussicht nach noch weiter steigen. Die Frage lautet, ob das nicht langsam gefährlich wird und ob wir uns nicht in einen Bereich vorbewegen, in dem folgende Frage erlaubt sein muss: Sind die Bewertungen noch gerechtfertigt?“, so Crowl. Mit Blick auf die internationalen Immo-bilienmärkte beobachtet sie hingegen eine Stabilisierung.

Megatrends im Fokus. Im gegenwärtigen Umfeld stezt Carmignac mit seinem Flagship-Fonds Patrimoine auf langfristige Trends, wie zum Beispiel die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung, wovon unter anderem Pharmaunternhemen profitieren sollten. Auch gefällt der Expertin das Thema Internet und Technologie weiter gut, als aussichtsreiche Titel nennt sie etwa bekannte Namen wie Google, Facebook oder Amazon. Nachdem langfristig gesehen auch in den Emerging Markets das Wachstum wieder zurückkehren sollte, sei eine ausgewählte Positio-nierung in den Schwellenländern ratsam.www.carmignac.at

carMigNac ° Über Chancen und Probleme

sandRa cRowL, mitglied des

anlageausschusses, carmignac

Trends 2016

Page 57: GELD-Magazin, Dezember 2015

Im Gespräch mit Xxxxxx Xxxxx ° GELDANLAGE

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 57

GELD ° INT_FrageINT_ANTWORT_NAME: INT_Antwort

Bild/Infografik_Erstes Wort, Bild/Infografik_Text

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CRED

ITS:

GELD ° Was wird uns das neue Jahr auf makroökonomischer Ebene bescheren, vor allem, wenn man auf die weltweit noch immer stärkste Volkswirtschaft, die USA, blickt?STEFAN LÖWENTHAL: Wenn man einen historischen Vergleich zieht, so ist die Erholung seit der Finanzkrise 2008 mit einem BIP-Wachs-tum in den Vereinigten Staaten von rund 13 Prozent langsamer erfolgt als in anderen Pha-sen. Nach den drei Rezessionen zuvor sahen wir hingegen ein durchschnittliches Wachstum von ca. 25 Prozent. Jetzt mehren sich die Befürch-tungen, dass nach sechs Jahren gemächlichen Aufschwungs wieder ein Einbruch erfolgen könnte.

Teilen Sie diese pessimistische Einschätzung? Bei Macquarie halten wir diese Ängste doch für etwas überzogen und glauben nicht, dass wir in den Vereinigten Staaten im kommen-den Jahr ein Abgleiten in die Rezession sehen werden. Dafür sprechen einige fundamentale ökonomische Faktoren wie der solide Arbeits-markt. Aber auch die niedrigen Energiepreise sollten der US-Wirtscha� Rückenwind verlei-hen. Wir gehen also alles in allem für die USA

von einer geringen Rezessions-Wahrscheinlich-keit 2016 aus.

Wechseln wir von den Vereinigten Staaten zu Euro-pa, wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung? Gegenüber Europa sind wir sehr optimistisch eingestellt. So beobachten wir etwa am Ar-beitsmarkt Anzeichen für eine Verbesserung der Situation. Auch die Kreditvergabe hat sich positiv entwickelt. Das Kapital steht auf der An-gebotsseite zur Verfügung und es wird auch vermehrt nachgefragt, für den Konsum, für Hauskäufe etc. Erfreulich ist weiters, dass eben auch Nicht-Finanzunternehmen Kredite nut-zen. All das sind Anzeichen dafür, dass die EZB-Maßnahmen Wirkung zeigen. Abgesehen davon, helfen die niedrigen Energiepreise Eu-ropa noch mehr als den USA, weil am „Alten Kontinent“ der Energiesektor, der ja negativ be-tro�en ist, nicht so groß ist wie in den Staaten.

Apropos EZB – wie beurteilen Sie die jüngste Ent-scheidung der Notenbank von Anfang Dezember? Der Markt hat im Vorfeld schon einiges an Er-wartungen eingepreist. Die EZB konnte letztlich mit diesen Erwartungen nicht ganz mithal-ten. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie weiterhin alles tun wird, um ihr Man-dat zu erfüllen. Das konjunkturelle Umfeld erlaubt aber derzeit auch ein schrittweises Agie-ren, es muss also nicht das gesamte Pulver auf einmal verschossen werden. Gleichzeitig zeigt die Marktreaktion wieder einmal, wie volatil bzw. nervös Investoren sind, insbesondere bei Anleihen.

Welche Anlagemöglichkeiten bieten sich im aktuellen Umfeld an?Für Investments in Staatsanleihen wird das kom-mende Jahr sehr herausfordernd ausfallen, weil die Ausgangslage durch die extrem niedrigen

Renditen sehr getrübt ist. Unternehmensanlei-hen schätzen wir schon optimistischer ein und sehen Potenzial für 2016. Noch eine Spur besser fallen unserer Einschätzung nach die Chancen für europäische High Yields aus. Auf diesem Gebiet sollte man durch das positive konjunk-turelle Umfeld nächstes Jahr schön verdienen können.

Wie wird es mit Aktien weitergehen?Tatsächlich glauben wir, dass in Renditehinsicht Aktien nach wie vor ohne Alternative sind. An dieser Einschätzung hat sich im Laufe des heu-rigen Jahres nichts geändert und sie gilt weiter. Zwar sind Aktien jetzt nach fast sieben Jahren Bullen-Markt nicht mehr billig, sie sind aber auch nicht übertrieben bewertet.

Wo sehen Sie die interessantesten Regionen?Auch hier ist Europa am attraktivsten. Was die Bewertung der Aktienbörsen, aber auch die Positionierung im Wirtschaftszyklus betrifft, ist Europa derzeit weitaus interessanter als die Vereinigten Staaten. Die USA haben nach Aus-bruch der weltweiten Finanzkrise 2008 schon einen weiten Weg zurückgelegt. Europa be�n-det sich sozusagen noch auf halber Strecke und weist deshalb auch noch mehr Aufholpoten - zial auf.

Wie schätzen Sie die Emerging Markets ein?Die Stimmung gegenüber den Emerging Mar-kets ist negativ, zuletzt sogar bei institutionellen Investoren. Das Sentiment könnte sich aber auch schnell wieder drehen. Wir sehen in den Emerging Markets jedenfalls Potenzial, sind aber vorsichtig positioniert. Es gilt, punktuell und nicht breit�ächig zu investieren. Empfeh-lenswert ist eine starke Differenzierung und eine strenge Auswahl von Regionen, Ländern und Managern.

Mag. Stefan Löwenthal, CIO Macquarie Investment Management Austria KAG

Für Investments in Staatsanleihen wird 2016 kein einfaches Jahr, besser sieht die Ausgangsposition schon für Corporate Bonds und High Yields aus. Die besten Chancen sieht Macquarie-Experte Stefan Löwenthal allerdings für Aktien. Besonders auf dem europäischen Kontinent ist Au�olpotenzial vorhanden; Emerging Markets seien besser als ihr Ruf, aber dennoch mit Vorsicht zu genießen.

Wenig Alternativen zu Aktien

CRED

IT: be

igeste

lltIm Gespräch mit Mag. Stefan Löwenthal, Macquarie ° GELDANLAGE

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 57

Page 58: GELD-Magazin, Dezember 2015

aktienPanorama

58 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Donau-Deal. Die „Wiener Börse-Mutter“ CEESEG und die Oesterreichische Kontroll-bank verkaufen ihre Beteiligungen an der Bör-se Budapest – vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden – mit Ende des Jahres an die Ungarische Natio-nalbank. Über die Details des Deals, in dessen Rahmen sich die CEESEG und die OeKB von ih-rem 50,45- beziehungsweise 18,35 Prozent-Anteil trennen, wurde wenig überraschend Stillschweigen vereinbart. Die Börse Budapest verfügte per Ende Oktober über eine Markt-kapitalisierung von 14,8 Milliarden Euro. Das durchschnittliche monatliche Handelsvolu-men beläuft sich auf rund 1,2 Milliarden Euro. Die meistgehandelten Aktien am Budapester Markt sind OTP Bank, Richter Gedeon, MOL, Magyar Telekom und FHB Mortgage Bank.

ungarnLand des Monats

ZAhLENspIEL

6SchwäbiSche erfolge. Die Börse Stuttgart setzte im November laut Order-

buchstatistik rund 6,8 Milliarden Euro um. Für die Schwaben bedeutet dies einen Anstieg des Han-delsvolumens um fünf Prozent, verglichen mit dem Vormonat, und ein noch kräftigeres Plus in der Höhe von sechs Prozent im Vergleich mit No-vember 2014. Im Aktienhandel lag das Handels-

volumen mit mehr als 1,3 Milliarden Euro rund acht Prozent über dem Niveau des Vormonats und rund 34 Prozent über dem Niveau des Vor-jahresmonats. Den größten Anteil am Gesamtum-satz hatten jedoch verbriefte Derivate. In dieser Anlageklasse wurden im November rund drei Mil-liarden Euro umgesetzt – eine Steigerung von über elf Prozent im Vergleich zum Vormonat.

stArkE WortE ´´

„Glauben Sie es oder glauben Sie es nicht, die Bank

of Greece ist eine der solidesten und zuverlässigsten Aktien an

der griechischen Börse.“

Stavros Kallinos von der

Athener Vermögensver-

waltung Guardian Trust

outet sich gegenüber

Bloomberg als „Fan“ der

griechischen Zentralbank.

Diese sei – insbesonde-

re aufgrund ihrer hohen

Dividendenrendite – schon immer einer der

interessanten Titel des Athener Parketts.

„Eigentlich bin ich als Optimist wie ein Lumpensammler,

der das nimmt, was sonst keiner haben will.““

Börsen-„Altmeister“ Heiko

Thieme erklärt im Inter-

view mit der Tageszeitung

Der Standard, dass er

als Anleger stets auf der

Suche nach „Sonderan-

geboten“ sei und dabei

eigentlich immer nur den Preis einer Aktie und

nicht das dahinter stehende Unternehmen im

Auge habe.

„Die EZB verspricht auf Jahre reichlich Liquidität

und niedrige Zinsen.“

Commerzbank-Chefvolks-

wirt Jörg Krämer rechnet

nach der Verlängerung

des Anleihenankaufpro-

gramms durch die Euro-

päische Zentralbank mit

einem Rekordjahr für den DAX. Dieser könnte

bis Ende 2016 die 12.600 Punkte-Marke und

somit ein neues Allzeithoch erklimmen. Cred

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eiges

tellt,

Archiv

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ECkDAtEN

Staatsform Parlamentarische republikHauptstadt BudapestAmtssprache UngarischStaatsoberhaupt Janos AderRegierungschef Viktor OrbanFläche rund 93.030 km2

Einwohner etwa 9,9 MillionenBevölkerungsdichte rund 106,4 pro km2

Währung ForintBIP (2014) 103,23 Milliarden euroBIP pro Kopf (2014) 10.467 euroKfz-Kennzeichen HInternet-TLD .huInternat. Telefonvorwahl +36Unabhängig seit 1918Nationalfeiertag 20. AugustGrößte Städte Budapest, debrecen, Miskolc, SzegedVerwaltungsgliederung 20 KomitateNachbarstaaten Kroatien, Österreich, rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, UkraineHöchste Erhebung Kekes (1014 m)

Page 59: GELD-Magazin, Dezember 2015

BB BIOTECH

KOLUMNE

Biotechnologie – nachhaltiges Wachstum durch technologischen Fortschritt

D ie letzten Jahre verliefen für die meisten Biotech-Investoren äu-

ßerst positiv. Rekordzahlen an neu zuge-lassenen Medikamenten verbunden mit technischen Fortschritten und medizi-nischen Durchbrüchen, sorgten für kräf-tigen Aufwind. Das Umsatzwachstum der Industrie steht den Kursanstiegen aber in nichts nach.

TUMOR-BEKÄMPFENDE VIREN UND GENTHERAPIE – SCIENCE-FICTION?

Von wegen, dies sind nur zwei der vielen Er-gebnisse des biotechnologischen und moleku-larbiologischen Fortschritts in den letzten Jah-ren und die ersten Therapien dieser Klassen wurden bereits zugelassen. Im Oktober 2015 bekam Amgen die US-Zulassung eines soge-nannten „onkolytischen“ – also Tumorzellen-auflösenden Virus. Dabei handelt es sich um einen modifizierten Herpes-Virus, der in den Tu-mor gespritzt wird und dort das Immunsystem rekrutiert. Die Therapie kann als Immunthera-pie klassifiziert werden und gehört damit zum momentan heißesten Feld in der Onkologie.

Mit Uniqures Glybera ist in Europa die erste Gentherapie für „Hyperchylomikonämie Typ 1“ auf dem Markt. Dabei handelt es sich um eine seltene vererbliche Erkrankung, bei der Patien-ten gefährlich hohe Blutfette aufweisen. Noch immer fehlen aber bei der Gentherapie Lang-zeitdaten über die Dauer des Behandlungsnut-zens. Mit einem stolzen Preis von über eine Mil-lion Dollar pro therapiertem Patienten sollten die se aber unbedingt positiv ausfallen, denn sonst ist das Umsatzpotenzial in Frage zu stel-len. Der Preis von Glybera wirkt zwar abschre-ckend, jedoch handelt es sich um eine einma-lige Behandlung. Andere seltene Erkrankungen benötigen chronische Therapie mit Kosten von teilweise über 300.000 Dollar pro Patient pro Jahr. Solche Preise werden aber gebilligt, wenn es nur sehr wenige Patienten betrifft und da-mit in den Gesamtausgaben des Gesundheits-

systems kaum ins Gewicht fällt. Außerdem ist klar, dass die Medikamentenpreise die Ent-wicklungskosten decken müssen. Dass die In-ves tition in Innovation in den USA nach wie vor ein wichtiges Thema ist, zeigt auch der 21st Cure Act-Entwurf, der die Zulassung dringend benötigter Therapien weiter vereinfachen soll.

DAS NÄCHSTE GROSSE THEMA

Das Beispiel Hepatitis C hat in den letzten Jahren gezeigt, wie Biotech-Unternehmen durch Innovation einen riesigen Markt schaf-fen können. Die nächste große Bewegung, die in vollem Gange ist, stellt die Immun-Krebsthe-rapie dar. Die erste große Medikamentenklasse und das Rückgrat der Immunonkologie sind die PD-1- und PD-L1-Hemmer. Analysten schätzen den Markt dafür auf über 30 Milliarden US-Dol-lar. Dabei sind die Ansprechraten der Patien-ten mit 20 bis 30 Prozent noch nicht überwälti-gend. Mit Kombinationstherapien können diese zwar erhöht werden, sind allerdings mit rela-tiv schweren Nebeneffekten belastet. Sehr viel versprechend sehen hier erste Kombo-Daten von Incyte’s IDO1-Hemmer mit PD1 aus.

Ein weiteres, schnell wachsendes Gebiet der Immun-Krebstherapie sind die zellbasierten Therapien, wo T-Zellen auf den Tumor gleich-sam abgerichtet werden. Updates aus diesem Bereich werden wir im Dezember von der Ame-rican Society for Hematology (ASH) erhalten.

WEITERE POSITIONIERUNG

Mit dem großen Erfolg im Hepatitis C-Be-reich muss sich Gilead nun damit auseinander-setzen, wie das Umsatzwachstum fortge-setzt werden kann. Dementsprechend wird in nächs ter Zeit eine größere Akquisition erwar-tet. Biogen wiederum musste dieses Jahr die Wachstums erwartungen zurückstufen und ist ebenfalls auf eine Akquisition angewiesen. Cel-gene hat dieses Jahr mit der Übernahme von Receptos bewiesen, dass es dem Unterneh-men mit der Sparte der entzündlichen Erkran-

kungen ernst ist. Weitere Deals sind durchaus denkbar und das Unternehmen hat eine sehr starke Cash-Basis. Auch Amgen schließt einen Deal mit einem potenziellen Wert von zehn Mil-liarden US-Dollar nicht aus. Zahlreiche große Deals wurden dieses Jahr angekündigt, sehr wenige gingen allerdings durch. Mit Pharmacy-clics, Synageva, Receptos und Dyax wurden je-doch einige größere Biotechs gekauft. Big Phar-ma sitzt ebenfalls am Verhandlungstisch: Laut Bloomberg sollen Roche und Johnson & John-son zusammen über 70 Milliarden US-Dollar in der Kriegskassa haben. Falls der angekündigte Merger von Pfizer und Allergan grünes Licht er-hält, hätten wir es dort sogar mit einer Trans-aktion von 160 Milliarden US-Dollar zu tun.

DIE WICHTIGSTEN KURSTREIBER

Klinische Daten und Zulassungen bleiben die Haupt-Kurstreiber für den Biotech-Sektor und wir rechnen in den nächsten zwölf Monaten mit zahlreichen Zulassungen von unter ande-rem bei Actelion, Neurocrine, Intercept und Re-generon, um nur einige zu nennen. An der Bör-se führen die Spekulationen teilweise zu hef-tigen Kursausschlägen, wie die Beispiele Clo-vis und Tetraphase dieses Jahr gezeigt haben. Ein gut aufgestelltes, diversifiziertes Portfolio ermöglicht jedoch die Investition in den span-nenden, wachstumsstarken Biotech-Sektor mit einem stark herabgesetzten Risiko.

LYDIA HAUETER, Management Team, BB Biotech

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 59

Page 60: GELD-Magazin, Dezember 2015

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itS: L

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aktien ° Börsen International

60 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

auf neuem fundament? Das von den tiefen Rohstoffpreisen und dem schwachen Real geplagte größte Land Lateinamerikas zeigt Anzeichen einer langsamen Erholung. Diese ist allerdings noch nicht breit angelegt. So wurden zwar brasilianische Staatsanleihen von den Ratingagenturen mehrfach abge-stuft, der Zellstoff- und Papiersektor jedoch aufgewertet. Der Bereich profitiert von tiefen Energiepreisen. Viele Unternehmen haben zu-dem aus den Kreditexzessen vor 2008 gelernt und einen Prozess des Schuldenabbaus hin-ter sich. Der Chemie- und Stahlsektor sowie der Einzelhandel leiden jedoch unter den schwachen Rohstoffpreisen bzw. dem schwachen Real und kürzen ihre Investitionen. Das einzige, das Brasilien vor dem Totalabsturz bewahrt hat, sind die relativ gesunden Außenhandels- und Leistungsbilanzen. Die Auslandsverschul-dung ist gering und von hohen Devisenreserven gut abgedeckt. Der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras hat sich aus der politischen Umklammerung befreit und zuletzt die Treibstoffpreise erhöht. Die Bonds des Unternehmens setzten daraufhin zu einer kräftigen Rally an (aktuelle Top-Renditen fast 16 Prozent). Auch durch die Regierung ging ein Ruck, denn endlich werden die Staatsausgaben massiv gekürzt – vorerst um 17 Milliarden Dollar, von 39 Ministerien sol-len zehn verschwinden. Ein Signal für einen Neustart in Brasilien. (wr)

Zinserhöhung ante portas. Zwar gab es zuletzt vereinzelt weniger gute Wirt-schaftsdaten als erwartet, doch der Großteil fiel positiv aus. Besonders der US-Arbeitsmarkt befindet sich in robuster Verfassung. Außerhalb des Landwirtschaftssektors wurden im No-vember 211.000 neue Stellen geschaffen. Jetzt muss die US-Notenbank reagieren. Allerdings wird die Fed dabei nicht aggressiv vorgehen. Denn der letzte Einkaufsmanagerindex der In-dustrie fiel unter die 50 Punkte-Marke auf 48,6 Punkte – den tiefsten Stand seit Juni 2009. Auch der Index für die Auftragseingänge fiel auf 48,9 Punkte. Interessant ist jedoch, dass der Beschäftigungsindex auf 51,3 Punkte stieg. Dazu komm, dass die Enttäuschung über die letzten Entscheidungen der EZB auch den US-Bondmarkt ins Trudeln brachte. Die Rendite der zweijährigen T-Bonds kletterte auf 0,974 Prozent, den höchsten Stand seit fünfeinhalb Jahren. Solche Zinserhöhungen durch die Hin-tertür sind der Fed gar nicht recht. Auch der US-Einzelhandel läuft nicht rund. Die Umsät-ze am „Black Friday“, dem inoffiziellen Start der Weihnachts-Einkaufssaison, fielen um gut zwölf Prozent. Ein Sonderfaktor könnte im De-zember bessere Umsätze bringen, nämlich das auf einen späten Termin fallende Chanukkah, (Lichterfest), ein acht Tage dauerndes, hohes jüdisches Fest. Insgesamt rechnen Ökonomen mit einem Einkaufsplus von 2,5 Prozent. (wr)

Volatil seitwärts ° Der brasilianische

Aktienindex befindet sich in einem langfristigen Abwärts­

trend. Die Gefahr, dass die wichtige Unterstützung bei

45.000 Punkten nachhaltig durchbrochen werden könnte,

ist noch nicht gebannt. Aktuell notiert der Aktienindex mit

45.300 Punkten knapp über der Unterstützung.

gegenbewegung gestoppt ° Der S&P 500 hat nach dem stärksten Oktober seit der

Finanzkrise wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Bei

2100 Punkten war Schluss mit der Erholung und der

Widerstand bei 2130 Punkten wurde nicht einmal

angetestet – ein Schwächezeichen.

brasilien ° Im Kampf gegen die Krise

usa ° Fed geht in die Offensive

S&P 500

2012 2013 2014 2015

1800

1600

1400

1200

2000

2200

bovESPA

2012 2013 2014 2015

50000

45000

40000

55000

60000

65000

70000

Page 61: GELD-Magazin, Dezember 2015

Börsen International ° aktien

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 61

soZialsystem im aufbau. Zum ersten Mal sollen Mindestlebensstandards festgeschrieben werden, um breite Bevölke-rungsteile aus der Schattenwirtschaft in das reguläre Bankensystem zu führen. Über die Erfassung biometrischer Daten, die mit Bank- und Mobilfunkkonten verbunden sind, soll die Bevölkerung eine Basis-Kranken- und Lebens-versicherung sowie Sozialleistungen erhalten. Seit Einführung im September 2014 wurden 190 Millionen Bankkonten eröffnet und 165 Millionen Bankkarten ausgestellt. Auch das Programm „Make in India“, das ausländische

Unternehmen zu einer Produktion in Indien bewegen soll, kann Erfolge vorweisen. Auch das MUDRA-Programm zur Kreditvergabe an Kleinstunternehmen, das vor einigen Monaten noch in der Planungsphase schien, ist voll angelaufen und hat bereits 3,5 Milliarden US-Dollar an Krediten ausgegeben, wobei eine staatliche Behörde als Bürge fungiert. In der Landwirtschaft wird eine Ernteausfallversicherung getestet, die nächstes Jahr eingeführt werden soll. Die größten Infrastrukturprojekte in Indien betreffen den Schienenverkehr. Hierfür hat die Regie-rung den immensen Betrag von 150 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Dazu soll eine einzige nationale Umsatzsteuer eingeführt werden. Gute Aussichten also für die indische Börse, zumal Indiens Wirtschaft binnenorientiert ist (Exportanteil nur 23,6 Prozent). (wr)

eZb enttäuscht. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihrer Entscheidung, die Anleihekäufe um ein halbes Jahr zu verlängern, den monatlichen Betrag aber nicht zu erhö-hen und auch den Einlagenzins für Großbanken nur um -0,1 auf -0,3 Prozent zu senken, für Enttäuschung an Europas Aktienmärkten gesorgt. Nicht beachtet wurde EZB-Chef Draghis Hinweis, die Zinseinnahmen aus den gekauften Anleihen zu reinvestieren – damit würde das QE-Programm noch um einiges länger laufen als bis März 2017. Insgesamt betrachtet muss man Draghi Recht geben, sein Pulver noch etwas trocken zu halten, denn es mehren sich die Anzeichen für eine anziehende Erholung der Eurozone. Aus Ländern wie Deutschland, Spanien, Irland und Italien kommen robuste Wirtschaftsdaten. Die deutschen Auftragsein-

gänge legen zuletzt um 1,8 Prozent gegenüber dem Vormonat zu. Bestellungen aus den Län-dern der Eurozone verzeichnen ein dickes Plus. Die schuldengeplagten Länder des Währungs-raumes vollziehen offenbar eine wirtschaftliche Aufholjagd – die Orders aus den Nicht-Euro-Ländern blieben hingegen schwach. Der von Markit erstellte Einkaufsmanagerindex für die Eurozone stieg auf 53,9 Punkte – der höchste Wert seit vier Jahren. Auf eine Schwäche in Übersee (Asien) deutet allerdings die massive Gewinnwarnung des deutschen Parade-In-dustrieunternehmens Linde hin. (wr)

europa ° Keine neue Geldflut

counter-trend ° Der Euro­Aktienindex

konnte die Widerstandszone zwischen 3500 und 3650

Punkten kurz erreichen, prallte dann jedoch ab und sank

wieder auf 3300 Punkte. Damit ist die Unterstützung

bei 3400 Punkten durchbrochen – das Ende der

Weihnachtsrally?

erholung gestoppt ° Der führende

indische Aktienindex konnte nach einer Erholung auf rund

27.500 Punkte die wichtige Marke von 28.000 Punkten

nicht erreichen und fiel wieder etwas zurück. Solange

die 25.000 Punkte halten (aktuell bei 25.650), bleibt die

Lage relativ stabil.

indien ° Reformtempo nimmt zu

bSE SENSEx

2012 2013 2014 2015

18000

20000

22000

24000

26000

28000

16000

30000

Euro Stoxx 50

2012 2013 2014 2015

3000

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3800

2000

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4000

Page 62: GELD-Magazin, Dezember 2015

aktien ° Anlagetipps

62 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die Hälfte aller Deutschen trägt eine Brille – und die Hälfte davon ist Kunde bei Fielmann. So wurde im bisherigen Jahresverlauf 2015 der Absatz vom Vorjahr klar übertroffen. Im gesam-ten Jahr 2014 konnte Fielmann 7,6 Millionen Brillen verkaufen. Im ersten Halbjahr 2015 wa-ren es schon 3,8 Millionen, und im zweiten Halbjahr läuft der Absatz tendenziell sogar noch etwas besser. Im dritten Quartal wuchs der Kon-zernumsatz um 7,5 Prozent auf 342 Millionen Euro. Vor Steuern verdiente der MDAX-Konzern 77 Millionen Euro und damit um 8,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit übertraf der Konzern

die Erwartungen der Analysten. Das dritte Quar-tal gehört zu den gewinnstärksten im Konzern, weil aufgrund der Sommerferien die Marke-tingkosten in der Regel niedriger sind. Und im Sommer ist der Absatz von Sonnenbrillen hö-her. Aufgrund seiner marktdominanten Stellung profitiert das Unternehmen stark von der zuneh-menden Zahl von Gleitsichtbrillen – und nicht nur bei der alternden Bevölkerung, sondern auch vom Lifestyle der jüngeren Generation. Smartphone bzw. PC-Monitor verursachen Seh-schwächen, die Zahl der Brillenträger bei den unter 30-Jährigen steigt nachhaltig.

Fielmann ° Kräftiges Wachstum

die chinesische Konjunktur auch 2016 ge-nauestens beobachtet werden, da sie durch-aus Auslöser für eine globale Rezession sein könnte. Eine solche ist dennoch unwahr-scheinlich. Massive Zinssteigerungen oder exzessive Ölpreis- und Währungsverschie-bungen sind nicht in Sicht. Auch die Infla-tion bleibt eher noch zu niedrig.

Und der US-Verbrauch, die weltweit größte Endverbrauchernachfrage, wird wie-der auf die Beine kommen. Die Haupt-antriebsfedern für die US-Konsumausga-ben sind Lohnerhöhungen, Arbeitsstunden und die Zahl der Beschäftigten. Alle drei Faktoren haben sich zuletzt Monat für Mo-nat verbessert. Wichtig wäre aber auch eine Erholung der Unternehmensinvestitionen – doch die Firmen bleiben vorsichtig und kaufen lieber Aktien zurück oder gewähren höhere oder gar Sonderdividenden. Das mag kurzfristig die Aktienmärkte beleben – doch gesund ist diese Entwicklung mittel-fristig sicher nicht.

Banken und vor allen Dingen Kapitalanla-ge-Institutionen erneut in die Märkte zwin-gen. Dies schadet wahrscheinlich den Bank-aktien. Der Sinn solcher EZB-Maßnahmen erscheint fraglich. Während in den USA höhere Zinsen und schwächere Gewinne belasten und die US-Einzelhandelsumsätze ins Stocken geraten sind, stimulieren in Europa steigende Gewinne und noch nied-rigere Zinsen. Das ist unorthodox: eine schwache Währung verlangt eigentlich nach höheren Zinsen.

In China stimuliert die Regierung den Immobilienmarkt (durch großzügigeres Zulassen von Kreditkäufen) sowie den Auto absatz durch Halbierung der Umsatz-steuer bei kleineren Modellen. Ob das reicht, um einen weiteren Wachstumsrück-gang zu verhindern, bleibt zweifelhaft. We-gen der überragenden Bedeutung der chi-nesischen Konjunktur für den Rest der Welt, in absoluten Zahlen liefert China nach wie vor den größten Wachstumsbeitrag, muss

Wieder hohe Erwartungen. Auch für 2016 ist der Durchschnitt der Ana-

lystenschätzungen recht optimistisch. Die Unternehmensgewinne in Europa sollten um rund zehn Prozent steigen. Woher dieses Wachstum kommen soll, ist allerdings nicht ganz klar. Denn aufgrund statistischer Basis effekte fallen der schwache Euro und der tiefe Ölpreis kaum noch ins Gewicht – es sei denn, beide stürzen weiter ab. Dafür spricht jedoch wenig. Der Euro wird wohl die Parität zum Dollar halten können und der Ölpreis könnte sogar etwas steigen. Die Schätzungen für die Weltwirtschaft wurden zuletzt wieder einmal nach unten korrigiert. Ein globales Wachstum von rund drei Pro-zent ist schon das höchste der Gefühle. Und der Welthandel zeigte sich zuletzt über-raschend schwach.

Die EZB wird ihre Stimulierungspolitik trotz verbesserter Konjunktur in Europa noch einmal intensivieren. Eine Erhöhung der Negativ-Zinssätze auf 0,5 Prozent wird

char

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a.de

2008 benötigte ein Viertel der 20- bis 30-Jährigen eine Brille, im vergangenen Jahr war es schon jeder Dritte. Der Fielmann-Chart widerspiegelt die fundamentale Stärke. Das Rekordhoch wird gerade attackiert. Kauf bei Rücksetzer auf 60,50 Euro.ISIN DE0005772206 Börse Frankfurt

Schon ins Jahr 2015 waren die Börsianer mit recht optimistischen Prognosen für Wachstum bei Konjunktur und Unternehmensgewinnen gestartet. Diese Erwartungen konnten durch die Bank nicht erfüllt werden – und das trotz des tiefen Euro und des schwachen Ölpreises. Was erwartet uns nun 2016?

Wolfgang Regner

Das Jahr 2016 wird spannend

Page 63: GELD-Magazin, Dezember 2015

Anlagetipps ° aktien

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 63

Die Wüstenrot & Württembergische AG (W&W) ist eine unabhängige Finanzdienstleistungs­gruppe. Geboten werden Leistungen für Wohn­eigentum, Vermögensbildung, Zukunftssiche­rung und Risikoschutz aus einer Hand. Dabei gilt das Bauspar­ und Baufinanzierungsge­schäft als Kerngeschäft des Wüstenrot­Außen­dienstes, während das Schaden­ und Unfall­versicherungsgeschäft die Basis für die Betreuer der Württembergischen ist. Zusätz­lich intensivieren beide Vertriebswege mehr und mehr die gemeinsame Marktbearbeitung (Cross Selling). Dabei konzentriert sich W&W

auf Produkte mit hohen Wachstums­ und Er­tragsperspektiven – besonders im Bereich der Altersvorsorge und der Vermögensbildung. Hierzu zählen Lebens­ und Rentenversiche­rungen, Geldanlageprodukte, Investmentfonds, aber auch Krankenversicherungen. Das Ergeb­nis der W&W AG wird aufgrund ihrer Struktur als Holding von den Ergebnisabführungen ihrer Tochterunternehmen bestimmt. W&W hat seine Prognose für 2015 zum zweiten Mal erhöht. Der Jahresüberschuss soll nun – statt zwischen 200 und 240 Millionen Euro – zwi­schen 240 und 280 Millionen Euro liegen.

Spottbillig ° W&W

Dass wir künftig unser Haus oder unsere Woh­nung ohne einen Schlüssel betreten werden, liegt nahe. Erst kürzlich hat dorma+kaba eine entsprechende Lösung vorgestellt. dorma+kaba ist ein in der Schweiz ansässiger, aber global tätiger Sicherheitskonzern und bietet Gesamt­lösungen für Sicherheit und Organisation beim Zutritt zu Gebäuden sowie beim Zugriff zu Informationen an. Die breite Produktpalet­te umfasst neben einfachen Schließsystemen (z.B. Zylinderschlösser) elektronische Zutritts­lösungen, physische Zugangssysteme, auto­matische Türsysteme sowie ein umfassendes

Angebot an Türbändern, Beschlägen, Türschlie­ßern und ­stoppern. Dazu kommen Hoch­sicherheitsschlösser, horizontale Schiebe­wandsysteme und mobile Trennwände. Durch die Fusion mit der dorma Gruppe ist kaba zum drittgrößten Anbieter der Branche aufgestie­gen. kaba hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Umsatz um 8,1 Prozent auf 1,1 Milliar­den Schweizer Franken gesteigert, der Gewinn legte um 8,8 Prozent auf rund 100 Millionen Schweizer Franken zu. Mit Marken wie Silca, Ilco oder Advanced Diagnostics wird die Markt­positionierung weiter gefestigt.

dorma+kaba ° Sicherheit ist Trumpf

Essen soll längst nicht mehr nur lecker ausse­hen und gut schmecken – gesund soll es sein und qualitativ hochwertig. Auch vegetarische oder vegane Alternativen werden zunehmend nachgefragt oder auch der Verzicht auf be­stimmte Inhaltsstoffe. Ein denkbar schwieriges Umfeld für ein Unternehmen wie McDonald’s, das als Fast food­Kette mit Burgern groß ge­worden ist, die vor allem preisgünstig angebo­ten werden sollten. In den 1990ern hat das ge­reicht. Doch längst hat sich der Konzern den neuen Kundengewohnheiten angepasst. Aller­orten werden die Filialen modernisiert. Dazu

wird auch ein McCafé integriert, wo es Heiß­getränke, Kuchen und Kekse gibt. Längst ist der Veggie­Burger im Sortiment und der Salat im Werbespot zu sehen. Neuerdings wird auch ein Burger mit Bio­Rindfleisch angeboten. Den Kunden soll es auch weiterhin schmecken, damit sich das dichte Filialnetz lohnt. Wachs­tumschancen bietet dabei vor allem der chi­nesische Markt. Dort konnte McDonald’s den Umsatz im dritten Quartal um satte 26 Prozent steigern. Auch insgesamt lief es überraschend gut: Der Gewinn stieg von 1,07 Milliarden auf 1,3 Milliarden US­Dollar.

mcdonald’s ° Turnaround in Sicht

Die Dividendenrendite ist mit 2,50 Prozent einigermaßen an-sprechend. Der Aktienchart von dorma+kaba sieht viel verspre-chend aus. Der Kurs hat erst vor Kurzem ein neues Rekordhoch erreicht – Kauf bei Rückfall auf rund 590 Euro.ISIN CH0011795959 Börse Frankfurt

W&W ist günstig bewertet: Das KGV für 2015 sucht mit 6,2 seinesgleichen. Dazu kommt eine Dividenden rendite von drei Prozent und ein Buchwert von 37,97 Euro je Aktie, der mehr als doppelt so hoch wie der Börsenkurs ist. Kauf bei 16,70 Euro.ISIN DE0008051004 Börse Frankfurt (Xetra)

McDonald’s ist wieder gefragt. Zuletzt konnte die Aktie meh-rere charttechnische Widerstände überwinden und sogar ihr Allzeit hoch knacken. Zudem lockt eine Dividendenrendite von geschätzten 3,4 Prozent. Kauf bei Rücksetzer auf 95,80 Euro.ISIN US5801351017 Börse Frankfurt

Page 64: GELD-Magazin, Dezember 2015

Trotz aller Diversifikation haben wir auch 2015 hier und da kleinere Schwer-

punkte gesetzt. Der Großteil der Empfeh-lungen kam aus Europa und den USA. Sicher war es ein Fehler, nur eine einzige ja-panische Aktie ins Anlagetipps-Portfolio aufzunehmen, doch diese (Toyota) stieg um stramme 27 Prozent. Auch nicht optimal war bei einigen wenigen Positionen der Ver-zicht auf Stopp-Loss-Limits – vor allem was die Porsche-Aktie anbelangt. Doch dass sich diese fast halbieren würde, lag jenseits un-seres Wahrscheinlichkeits-Horizonts. Die Top-Positionen erklommen United Inter-net, der deutsche unabhängige Telekoman-bieter, sowie der US-Sportartikelriese Nike. Dass ein bereits derart großes und hoch be-wertetes Unternehmen um fast 50 Prozent weiter in die Höhe schießt, erwarteten wir zwar nicht, es zeigt aber, dass der Quality Growth-Ansatz in Zeiten schwachen Wachstums nach wie vor gut funktioniert. Daher empfehlen wir gleich vorweg für 2016, diesem Investmentansatz wieder ent-sprechend Platz einzuräumen. Flankiert von guten Zyklikern im Aufwind, wie etwa Ryanair oder Kion, ergab das schon in die-sem Jahr eine gute Mischung und man sollte zumindest einer kleineren Auswahl unserer Empfehlungen aus 2015 treu bleiben.

Ein weiterer guter Jahresvorsatz für 2016 könnte sein, auch immer wieder spe-zielle Investmentfonds ins Depot zu neh-men. Besonders im ETF-Bereich gibt es mittlerweile eine breite Palette interessanter Strategiefonds – Stichwort: Smart Beta. Wir machen hierzu in unserem aktuellen GELD-Magazin „Moneyguide 2016“ mit einer ETF-Story samt Musterportfolios einen sersten Anfang (siehe Seite 28).

aktien ° Anlagetipps – Rückblick 2015

64 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Ungeachtet aller Schwankungen sieht es so aus, als ob die Weltbörsen das Aktienjahr 2015 mit zweistelligen Renditen beenden würden. Da darf auch unsere Rubrik „Internationale Anlagetipps“ nicht nachstehen. Ein leichter Fokus auf Nebenwerte war der Schlüssel zum Erfolg. Wolfgang Regner

Ein hochprozentiges börsenjahr

titel/Name KaufKurs aKt. Kurs GewiNN/Verlust KommeNtarschaltbau 46,52 € 51,50 € + 10,7 % Aktie halten

lenovo 1,10 € 0,87 € - 20,9 % ausgestoppt

united internet 31,50 € 50,25 € + 59,5 % Aktie halten

Geberit 250,00 € 315,20 € + 26,0 % Aktie halten

amgen 110,00 € 155,60 € + 41,5 % Aktie halten

axel springer 40,20 € 53,20 € + 32,3 % Aktie halten

Johnson & Johnson 78,50 € 97,20 € + 23,3 % Aktie halten

leoni 40,30 € 37,40 € -7,2 % Aktie verkaufen

ryanair 8,10 € 14,76 € + 82,2 % Gewinn mitnehmen

Kion 28,50 € 46,30 € + 62,5 % Gewinn mitnehmen

etf rafi 12,90 € 15,45 € + 19,8 % Fonds halten

toyota 46,50 € 59,20 € + 27,3 % Aktie halten

essilor 94,50 € 124,50 € + 31,7 % Aktie halten

allianz 136,00 € 167,30 € + 23,0 % Aktie halten

Norilsk Nickel 13,50 € 13,40 € - 0,7 % Aktie halten

ishares eur. min. Volatility 33,96 € 40,20 € + 18,4 % Fonds halten

checkpoint software 75,20 € 81,54 € + 8,4 % Aktie halten

coloplast 68,20 € 76,70 € + 12,5 % Aktie halten

solactive Guru Zertifikat 120,00 € 115,20 € - 4,0 % Zertifikat halten

real anleihe 98,80 € 96,20 € + 2,9 % inkl. Stückzinsen

Nike 87,80 € 127,30 € + 45,0 % Aktie halten

Porsche 88,20 € 48,35 € - 45,2 % Aktie halten

express scripts 85,20 € 80,50 € - 5,5 % Aktie halten

freenet 27,50 € 31,60 € + 14,9 % Aktie halten

Visa 58,50 € 75,20 € + 28,5 % Aktie halten

mylan 64,80 € 52,80 € - 18,5 % Aktie halten

Pepsico 79,70 € 95,20 € + 19,5 % Aktie halten

Bechtle 67,80 € 87,90 € + 29,6 % Aktie halten

Dräger Genussschein 425,60 € 368,80 € - 13,4 % mit Limit 395 verkaufen

wirecard 35,80 € 45,72 € + 27,7 % Aktie zukaufen

° AktIEN/FoNDs GLEIchGEwIchtEt (PErForMANcE: +17,7 %)

Page 65: GELD-Magazin, Dezember 2015

LIPPER RESEARCH

KOLUMNE

Europa – eine unterschätzte Anlageregion

V iele Anleger übergehen Europa als Anlageregion und untergewichten

diese wichtige Wirtschaftsregion dement-sprechend in ihren Portfolios.

Während Amerika und die großen Volkswirt-schaften Asiens im Allgemeinen als Konjunk-turlokomotiven angesehen werden, gilt Eur-opa – „die Alte Welt“ – oftmals als Anlagere-gion mit eingeschränktem Ertragspotenzial. Schließlich hat Europa und insbesondere auch die Euro zone immer wieder mit strukturellen Problemen zu kämpfen, was potenzielle Anle-ger verunsichert und so von Investitionen in di-ese Region abhält. Allerdings hat aber das klare Bekenntnis der Politik zum Erhalt der Eurozo-ne dazu geführt, dass sowohl Europa, wie auch der Euro für immer mehr Investoren interessant werden. Zudem gibt es in Europa viele über-aus erfolgreiche Unternehmen, die in ihrem Be-reich oftmals Weltmarktführer sind. Der Erfolg vieler europäischer Unternehmen zeigt sich un-ter anderem auch in der Höhe der Dividenden-zahlungen.

INVESTOREN KEHREN NACH EUROPA ZURÜCK

Die hohen Dividenden, die von europäischen Unternehmen gezahlt werden, könnten einer der Gründe sein, warum Aktien aus Europa, in den ersten neun Monaten des Jahres, die be-

liebteste Anlageklasse der europäischen An-leger waren, während Aktienfonds USA die höchs ten Abflüsse zu verzeichnen hatten. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Aktien aus der Alten Welt ist sicherlich ihre relative At-traktivität, denn während die Bewertungen für Aktien aus den USA schon teilweise recht am-bitioniert erscheinen, wirken viele europäische Werte immer noch sehr moderat bewertet.

EINE REGION – UNTERSCHIEDLICHE ANLAGEUNIVERSEN

Die große Anzahl von Investitionsmöglichkeiten erschwert allerdings gleichzeitig die Auswahl eines geeigneten Fonds. Somit ist gerade bei der Analyse von Fonds, die in die Anlageregion Europa investieren, entscheidend, die Produkte anhand ihres Anlageschwerpunktes mög-lichst exakt in unterschiedliche Vergleichsgrup-pen aufzuteilen. Nur so kann die Vergleichbar-keit der Produkte und damit eine fundierte Ent-scheidungsfindung sichergestellt werden.Investmentfonds, die in europäische Aktien in-vestieren, unterscheiden sich nicht nur auf-grund ihrer Art (aktiv/passiv), ihres Anlagestils (Value/Growth/Blend) oder der Größe der Unter-nehmen (Large-, Mid-, Small Caps), in die sie investieren. Das wichtigste Unterscheidungs-merkmal der einzelnen Fonds sind die Län-der, in die investiert wird. Eine ganze Reihe von Fonds investiert zum Beispiel nur in Aktien aus der Eurozone, während andere Fonds in ganz Europa investieren und so auch von der Wert-entwicklung der Aktien aus Ländern wie Groß-britannien, Schweden oder der Schweiz parti-zipieren. Einige Anbieter haben das Anlageuniversum ih-rer Fonds noch um die aufstrebenden Volks-wirtschaften aus Osteuropa erweitert. Die Viel-schichtigkeit der Anlageregion wird zudem durch die unterschiedlichen Ansätze, nach de-nen Fondsmanager, die in Europa investieren ihre Aktien auswählen, noch vergrößert. Wie bei allen Aktienfonds ist auch bei Aktienfonds, die in Europa investieren, die Titelauswahl durch den Fondsmanager entscheidend für den An-lageerfolg der Anleger.

EINSATZ IM PORTFOLIO

Aufgrund der Vielzahl von Anlagemöglich-keiten können Aktien-fonds, die in Europa investieren, nicht nur in Portfolios, die nach einem regionalen An-satz aufgebaut sind, eingesetzt werden, sondern stellen zu-dem aufgrund der vielfältigen Anlagekonzepte der angebotenen Fonds auch eine attraktive Beimi-schung zu weltweit anlegenden Fonds dar. Wie bei allen Kapitalmarktprodukten gibt es auch bei Fonds, die in europäische Aktien inves tieren, keine Methode, die Gewinner von morgen zu bestimmen, da die Favoriten von morgen erst im Nachhinein, also übermorgen, bekannt sind. Allerdings hilft die sorgfältige Analyse der Anlagephilosophie eines Fonds dabei, die Produkte zu finden, die aufgrund ih-rer Ausrichtung und des Anlageschwerpunktes zu dem jeweiligen Anlagezweck passen und somit für den Investor langfristig Erfolg ver-sprechend erscheinen. Zudem müssen Inves-toren vor jeder Kaufentscheidung sowohl den Verkaufsprospekt, als auch sonstige Informa-tionsmaterialien genau lesen, um das Risiko der einzelnen Produkte einschätzen zu können. Da auch eine sehr sorgfältig ausgeführte Ana-lyse nicht verhindern kann, dass ein Fonds ausgewählt wurde, der seine Erfolge aus der Vergangenheit in der Zukunft nicht fortsetzen kann, müssen auch die Ergebnisse der Aktien-fonds mit Anlageschwerpunkt Europa regelmä-ßig kontrolliert werden. Trotz dieser Einschrän-kungen sind Aktienfonds, die in europäische Aktien investieren, ein wichtiger Baustein für den langfristigen Vermögensaufbau und sollten entsprechend der Ausrichtung ihres Portfolios von den Anlegern genutzt werden.

www.lipperleaders.com

DETLEF GLOW, Head of Lipper Research EMEA

Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 65

Quelle: Thomson Reuters Lipper

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VERGLEICHSGRUPPEN MIT DEN HÖCHSTEN MITTELZU- UND -ABFLÜSSEN IN EURO

01.01.2015 - 30.09.2015

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Page 66: GELD-Magazin, Dezember 2015

aktien ° Österreich

66 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die Guten ins KörbchenDie Wiener Börse wird auch 2016 wieder zulegen. Denn die hierzulande notierten Aktien sind mit einer Gewinnrendite von durchschnittlich acht Prozent nicht teuer. Dividendenrenditen zwischen vier und 5,5 Prozent sind keine Seltenheit. Bei einigen Aktien sind daher auch kräftige Kursanstiege zu erwarten. Mario Franzin

von 20 auf 30 Euro, bevor er bis Ende Sep-tember wieder auf 16,50 Euro nachgab. Nach einem Zwischenhoch ist der Kurs ge-rade wieder auf Sinkflug und wird voraus-sichtlich demnächst die 18 Euro-Marke un-terschreiten. Auf diesem Niveau ist die Ak-tie wieder ein glatter Kauf – auch mit der Unsicherheit, dass das Umfeld für die Stahl-branche – die Hauptkundengruppe der RHI – angespannt bleibt (s. auch Kasten rechts). Apropos Stahlbranche. Bei der voestalpine wurde zu Jahresbeginn 2015 einerseits eine Bodenbildung bei den Stahlpreisen erwar-tet und zweitens große Hoffnung in den Ausbau des US- und China-Geschäfts ge-setzt. Dadurch wurde der Kurs der Aktie von 30 Euro bis zur Jahresmitte 2015 auf 42 Euro getrieben. Dann macht sich Ernüchte-rung breit. Aus dem Energiesektor ließen Aufträge auf sich warten, woraufhin sich der Vorstand dazu veranlasst sah, die Jah-resprognose zu reduzieren. Der Kurs ging wieder auf Tauchstation und notiert derzeit wieder um die 30 Euro. Auf diesem Niveau liegt die Drei-Jahres-Rendite bei 35,8 Pro-zent, die kumulierte Dividendenrendite bei zwölf Prozent – somit ist diese Aktie ebenso ein Kaufkandidat.

Als Dividenden-Tipp bietet sich die Ös-terreichische Post an – zumal der Aktien-kurs von 47 Euro im April auf 30 Euro gefal-len war. Wir hatten im Frühjahr noch von der Aktie abgeraten, da der Kursanstieg nicht durch eine Wertsteigerung unterstützt war. Praktisch der gesamte Jahresgewinn wurde als Dividende ausgeschüttet und vom Börsenkurs abgezogen. Also woher soll der Kursanstieg dann kommen? Jetzt notiert die Aktie bei etwa 34 Euro und weist eine Drei-Jahres-Rendite von gut 20 Prozent auf – und

Europa kämpft sich langsam aus der Wirtschaftsflaute. Auf das Gesamtjahr

2015 gesehen wird im EU-Durchschnitt eine reale Expansion von rund 1,5 Prozent erwartet. Österreich hinkt zwar heuer mit etwa 0,8 Prozent hinterher, für das kom-mende Jahr sollte die Alpenrepublik laut Wifo aber auch ein Wachstum von wenigs-tens 1,3 Prozent erzielen.

In diesem relativ moderaten wirtschaft-lichen Umfeld konnten sich die an der Bör-se Wien gelisteten Unternehmen in der Mehrheit ganz gut behaupten. Für 2015 steht – nicht zuletzt dank der expansiven Geldpolitik der EZB – beim ATX ein Plus von knapp 14 Prozent zu Buche. Die drei Werte mit den größten Kurssteigerungen (mit 7. Dezember) waren die Erste Group Bank (+49,5%), Wienerberger (+47,5%) und Lenzing (+39,7%). Unter den ATX Pri-me-Werten stachen Kapsch TrafficCom (+110,4%), Cross Industries (+93,0%) und AT&S (+63,8%) hervor. Auf der anderen Seite waren die Schlusslichter im ATX die Vienna Insurance Group (-30,5%), die Ös-terreichische Post (-15,8%) und der Ver-

bund mit minus 14,4 Prozent. Soweit zur Vergangenheit.

Die Gewinner im Jahr 2016Auf die Frage nach den aussichtsreichs-

ten Werten für 2016 ziehen wir die aktuel-len Gewinn erwartungen für 2015 und die kommenden zwei Jahre heran und errech-nen daraus die Rendite auf das Aktienkapi-tal. Als Beispiel: Der Gewinn des Versiche-rungskonzerns Uniqa wird heuer etwa 320 Millionen Euro betragen, 2016 etwas weni-ger und 2017 wieder etwa gleich hoch. Das ergibt eine kumulierte Rendite von 37,2 Prozent, wovon rund die Hälfte als Divi-dende ausbezahlt wird – also etwa 18 Pro-zent. Unter Berücksichtigung des Kursan-stieges seit September von 7,20 Euro auf derzeit 8,40 Euro empfiehlt es sich, für ei-nen Kauf auf etwas schwächere Kurse – etwa unter acht Euro – zu warten.

Gleichauf mit Uniqa rangiert mit einer Drei-Jahres-Rendite von 37,1 Prozent der Feuerfesthersteller RHI, dessen Aktienkurs heuer eine Berg-und-Tal-Fahrt hinter sich gebracht hatte. Erst stieg der Kurs bis März

AustrIAN trADED INDEx (Atx)widerstand bei 2500. Nachdem der ATX im September wegen Sorgen um China und der Affäre um VW unter 2200 Punkte gefallen war, setzte wieder eine kräftige Erholung ein. Der ATX testete im Rahmen seiner Aufwärtsbewe-gung nun bereits drei Mal den Widerstand bei 2500 Punkten, wurde aber jedes Mal wieder nach unten gedrückt. Jetzt sieht es nach einer Korrektur auf etwa 2350/2400 Punkte aus, nach der die 2500 Punkte-Marke wieder in Angriff genommen werden sollte.

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Page 67: GELD-Magazin, Dezember 2015

Österreich ° aktien

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 67

die wird in Form von Dividenden wieder fast vollständig ausbezahlt. Das heißt, rund 18 Prozent in den kommenden drei Jahren. Zusätzliche Gewinne aus Kursanstiegen sollte man dabei weniger erwarten.

heisse nebenwerteLegt man das System der zukünftig zu

erwartenden Gewinne auf ATX Prime-Wer-te um, sticht UBM Development hervor (wird im ersten Quartal 2016 in den Index aufgenommen). Der Immobilienentwickler emittierte Ende November eine Anleihe im Nominale von 75 Millionen Euro, um neue Projekte voranzutreiben. Bestehende Im-mobilien im Wert von rund 700 Millionen Euro sollen veräußert werden. Das ist ein ganz anderes Geschäft als Immobilien im Portfolio zu halten und von den Mieter-lösen zu leben. Die Aktie der UBM notiert mit 35 Euro knapp unter dem Buchwert und weist eine Drei-Jahres-Rendite auf das Ak-tienkapital von 40 Prozent auf. Davon sol-len rund 18 Prozent als Dividende ausbe-zahlt werden. Unter 35 Euro ist die Aktie ei-nen Kauf wert – die Kursziele der Analysten liegen mehrheitlich über 50 Euro. Noch bes-ser als UBM, aber aufgrund des geringen Eigenkapitals mit großer Unsicherheit be-haftet, könnte sich Frauenthal Keramik ent-wickeln. Nach dem Verkauf der Automotive Sparte und der Übernahme der ÖAG wird nicht nur der Umsatz von 575 Millionen Euro (2014) auf etwa 700 Millionen Euro klettern, auch der Gewinn dürfte nach jüngsten Schätzungen von einem Jahresver-lust von 1,8 Millionen Euro (2014) auf rund 15 Millionen Euro (2016) steigen. Das wür-de 2016 eine Rendite auf das Aktienkapital von 18,3 Prozent ergeben – kumuliert auf drei Jahre eine Rendite von gut 50 Prozent.

kräftiger Umsatzanstieg. Der Kon-zernumsatz stieg in den ersten drei Quar-talen dank der Zukäufe zweier Fabriken in den Niederlanden um 30,5 Prozent auf 465,5 Millionen Euro. Das war aber nicht der einzige Wachstumstreiber, auch organisch legte der Umsatz um sieben Prozent zu. Der Nettoge-winn kletterte um 80 Prozent auf 18 Millionen Euro. Befürchtungen, dass die Affäre um VW beim Kfz-Zulieferer Polytec einen negativen Impact auslösen könnte, wurden noch nicht ve-rifiziert. Analysten der RCB reduzierten dennoch vorsichtshalber die Gewinnerwartungen, womit das KGV 2016 auf noch immer günstige acht stieg, jenes von 2017 auf 7,4.

IsIN at0000a00XX9Kurs (07.12.2015) 7,74 € KGV 2015 e 8,1

MarKtKap. 173 Mio. € KGV 2016 e 7,9

uMsatz 2015 e 617 Mio. € KGV 2017 e 7,4

BuChwert/aKt. 2015 e 6,95 € DIVIDeNDe 2015 e 3,62 %

Unterm radar. Im Februar 2015 über-nahm UBM Realitäten die aus der Porr abgespaltene PIAG und mutierte zur UBM Development. Das heißt, Bestandimmobi-lien abverkaufen und neue errichten. Um die Projekt-Pipeline zügig voranzutreiben, wurde im Mai eine Kapitalerhöhung durchgeführt und im Dezember eine Anleihe im Volumen von 75 Millionen Euro begeben. Die Dynamik des Unternehmens zeigt sich in einem erwarteten Gewinnwachstum auf rund 40 Millionen Euro in 2016. Das entspricht einer Rendite auf das Aktienkapital von 14,4 Prozent. Die Dividende dürfte für 2015 bei 4,5 Prozent liegen und für 2016 auf 7,3 Prozent steigen.

traditionell günstig. Während das Umfeld für RHI im Stahlbereich aufgrund von Überkapazitäten ungünstig bleibt, konnte sich der Rohstoffbereich erholen. Die Verluste im Problemwerk in Norwegen wurden weiter redu-ziert. Trotz der Schwierigkeiten dürfte RHI heuer den Umsatz um rund drei Prozent steigern und einen Gewinn von etwa 80 Millionen Euro er-wirtschaften. Der Kursrückgang aufgrund des negativen Einflusses des brasilianischen Real auf das Ergebnis im dritten Quartal kann für einen Aktienkauf genützt werden. Auch wenn derzeit kein plötzlicher Kursanstieg zu erwarten ist, tröstet die in Aussicht stehende Dividende von 4,6 Prozent über eine Wartezeit hinweg.

UBM ° Immobilien-Entwicklung ist derzeit ein Mega-Geschäft

rHI ° Der Feuerfesthersteller behauptet sich im schwierigen Umfeld

Polytec ° Bislang keine negativen Auswirkungen aus Diesel-Gate

IsIN at0000815402

IsIN at0000676903

Kurs (07.12.2015) 34,77 € KGV 2015 e 10,6

MarKtKap. 310 Mio. € KGV 2016 e 7,0

uMsatz 2015 e 431 Mio. € KGV 2017 e 6,0

BuChwert/aKt. 2015 e 37,55 € DIVIDeNDe 2015 e 4,49 %

Kurs (07.12.2015) 18,05 € KGV 2015 e 9,1

MarKtKap. 719 Mio. € KGV 2016 e 8,4

uMsatz 2015 e 1.780 Mio. € KGV 2017 e 7,0

BuChwert/aKt. 2015 e 13,53 € DIVIDeNDe 2015 e 4,60 %

Page 68: GELD-Magazin, Dezember 2015

aktien ° Deutschland

68 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

DAX in der Konsolidierung Der deutsche Leitindex bröckelte seit seinem Jahresplus von knapp 16 Prozent per Ende November rapide ab. Die hoch gewichtete Volkswagen-Aktie lastet schwer auf dem Markt. Bei den „Nebenwerten“ lässt die hohe Dynamik zum Jahresende etwas nach. Die lockere Geldpolitik der EZB dürfte auch 2016 die Richtung weisen. Wolfgang Freisleben

Technologietitel weisen allerdings durch-wegs hohe KGVs aus (sofern sie überhaupt Gewinne schreiben), die von 13 bei der Soft-ware AG bis 127 bei Morphosys reichen. Beim SDAX notieren die KGVs von rund zehn beim Autozulieferer SHW bis 75 beim Sportschuherzeuger Puma. Der Haustier-bedarfs-Händler Zooplus ist mit 120 schon extrem teuer, wird aber von der Baader Bank immer noch zum Kauf empfohlen.

Der MDAX gibt es zumindest am un-teren Ende mit einem KGV von 7,5 der Deutschen Pfandbriefbank billiger, schießt aber dafür auch nach oben mit 228 bei Win-cor Nixdorf hoch hinaus. Allerdings steht der Paderborner Geldautomaten-Hersteller Insidern zufolge kurz vor der Übernahme durch den US-Rivalen Diebold. Und da spielt Geld keine Rolle.

Die weiterhin expansive EZB-Geldpoli-tik treibe nicht nur den DAX an, sagte etwa Aktienhändler Andreas Lipkow vom Ver-mögensverwalter Kliegel & Hafner. „Ein Teil des Kaufinteresses an deutschen Aktien schwappt auch in die zweite und dritte Reihe über.“ Besonders Immobilienunter-nehmen dürften von dem starken Interesse aus institutionellen Kreisen profitierten. Der MDAX hat außerdem weder einen Pro-blemsektor wie die Versorger und auch kei-nen Belastungsfaktor, wie die im DAX hoch gewichtete VW-Aktie.

Mehr Geschäft für Deutsche Börse in AussichtWie der europäische Finanzmarktregu-

lierer ESMA mitteilte, müssen Banken ab dem 21. Juni 2016 ihre Devisengeschäfte untereinander über Clearinghäuser abwi-ckeln. Die Deutsche Börse betreibt mit dem Clearinghaus EurexOTC Clear eines der

Die Freude am ersten Handelstag im Dezember währte nur einige Stunden.

Dann wurde der MDAX wieder von seinem neuen historischen Hoch bei 21.679,52 Punkten zurückgeholt. Auch Volkswagen kehrte nur kurz wieder über den Börsen-wert des Konkurrenten BMW zurück und sackte im Nachmittagshandel ab, als in den USA ein krachendes Minus bei den Novem-ber-Verkäufen trotz hoher Rabatte bekannt wurde: minus 24,7 Prozent auf 23.882 Autos der Pkw-Kernmarke VW im Jahresver-gleich. Ursache war der Verkaufsstopp der Autos mit 2,0- und 3,0-Liter-Dieselmo-toren. Im September und Oktober hatte VW in den USA noch ein Mini-Plus erzielt. Auch sonst gibt es schlechte Nachrichten für den Konzern. Die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit von VW abgestuft. Die Note sinkt von „A-“ auf „BBB+“. Die Geschäftsaussichten für VW hätten sich eingetrübt, das Image der Marke sei schlech-ter geworden.

Zum Jahreshoch im März war der Volkswagen-Konzern an der Börse noch 120 Milliarden Euro wert und BMW 78,9 Milliarden, ehe der Ausbruch des Skandals

um manipulierte Emissionswerte die VW-Aktie auf fast ein Drittel des Rekordkurses hinunterprügelte. Erst Mitte November griffen die Investoren wieder zu, als sich herausstellte, dass die Schadensbeseitigung den Konzern weniger kosten würde als zu-nächst befürchtet. Die Hoffnung auf ein Ende des Skandals hat die VW-Aktie seit dem Jahrestiefstand sogar um 55 Prozent nach oben getrieben, sie liegt aber immer noch bei weniger als 70 Prozent vom Jahres-beginn. Die BMW-Aktie liegt hingegen so-gar höher.

neBenwerte-inDiZes perforMten wesentlich BesserWer Aktien deutscher Unternehmen

besitzt, sollte dennoch nicht verzagen. Denn die Mini-Zinsen machen Anleihen und an-dere festverzinsliche Anlagen weiterhin un-attraktiv. Das belastet den Euro und treibt die Aktienkurse immer mehr nach oben. Grund zur Euphorie haben vor allem Inves-toren in der zweiten und dritten Börsenliga. Der TecDAX hat binnen Jahresfrist immer-hin um 37 Prozent zugelegt, der SDAX um 28 und der MDAX um 26 Prozent. Die

DAX

Atempause. Für den DAX erscheint es eher unwahrscheinlich, in nächster Zeit den großen charttechnischen Widerstand um 11.800 zu erreichen. Auch aus zyklischer Sicht zeigt sich ab der zweiten Dezember woche ein „Knick“. Ein weiterer Abbau der „überkauften“ Lage ist daher zu erwarten. Zumal die Jahresendrally mit dem Schließen der Bücher schon zu Ende gegangen ist. Ein Kursverfall bis 10.200 Punkte wäre mög-lich. Nach oben wäre die 200 Tages-Linie bei 11.070 Punkten ein erstes Ziel..

Page 69: GELD-Magazin, Dezember 2015

Deutschland ° aktien

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 69

größten dieser Art und kann daher auf mehr Geschäft hoffen. Größte Konkurrenten in Europa sind die Londoner LCH.Clearnet und ICE Clear Europe.

Siemens hat seine Prognose für das lau-fende Geschäftsjahr 2015/16 bekräftigt. Trotz konjunktureller Eintrübung werde der Umsatz organisch leicht wachsen, hieß es im neuen Geschäftsbericht. Demnach erwartet die Geschäftsleitung, dass alle in-dustriellen Geschäfte zum organischen Wachstum der Umsatzerlöse beitragen wer-den. Nur die Sparte „Prozessindustrietech-nik und Antriebe“ leide unter einem schwa-chen Auftragsbestand. Dafür soll die Bahn-technik ein Wachstumstreiber sein. Firmen-chef Joe Kaeser verdiente übrigens im ver-gangenen Geschäftsjahr 6,5 Millionen Euro, etwas mehr als die 6,2 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

AuruBis stürZt trotZ eMpfehlunG von GolDMAn sAchs ABDie „Conviction-Buy-List“ der Invest-

mentbank Goldman Sachs erwies sich wie-der einmal als Kontra-Indikator. Goldman Sachs-Analyst Eugen King wertete die ange-kündigte Verringerung der Kupferproduk-tion durch die zehn größten chinesischen Schmelzer positiv für die Kupferschmelze Aurubis. Die MDAX-Aktie stürzte aller-dings am 11. Dezember nach Verlautbarung von Zahlen unter den Erwartungen um fast 20 Prozent ab.

wirecArD nAch optiMistischeM AusBlick für 2016 GefrAGtDer Zahlungsabwickler Wirecard rech-

net im kommenden Jahr mit einer deut-lichen Gewinnsteigerung. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebit-da) werde 2016 bei 280 bis 300 Millionen Euro liegen. Am „schwarzen Freitag“, dem 11. Dezember, konnte die Wirecard-Aktie dank einer aktuellen Meldung gegen den Markttrend Kursgewinne einfahren. Durch eine neue Kooperation mit dem zur Aliba-ba-Gruppe gehörenden Unternehmen Ali-pay können chinesische Alipay-Kunden ab sofort auch bei angeschlossenen Einzel-händlern in Europa mobil bezahlen.

Ein Jahr nach dem Konkurrenten E.ON verkün-dete auch RWE die Abspaltung von Geschäf-ten des Versorgers. Ökostrom, Stromnetze und Vertrieb sollen in ein neues Unternehmen aus-gegliedert werden. Die RWE AG bleibt dauerhaft Mehrheitsaktionär der neuen Gesellschaft. Der Mutterkonzern soll sich auf die Stromerzeu-gung aus Gas und Kohle und den Energiehan-del konzentrieren. Auch die Atomkraftwerke bleiben bei RWE. Gegen Ende kommenden Jahres sollen im ersten Schritt zehn Prozent der neuen Gesellschaft im Zuge einer Kapital-erhöhung an die Börse gebracht werden. Die Erlöse sollen in Wachstumsgeschäfte fließen. Die Aktien legten nach den Plänen deutlich zu.

RWE ° Abspaltungs-Pläne

ISIN DE0007037129KurS (11.12.2015) 10,74 € KGV 2015 e 6,21

MarKtKap. 6,52 Mrd. € KGV 2016 e 10,03

uMSatz 2015 e 47,93 Mrd. € KGV 2017 e 9,08

BuchwErt/aKtIE 2015 e 16,42 € DIVID.-rEND. 2015 e 5,82 %

Die Nemetschek Group wuchs auch im dritten Quartal 2015 dynamisch um 38,2 Prozent. Erreicht wurde es sowohl organisch als auch durch die im Vorjahr akquirierte US-Gesellschaft Bluebeam Software. Die größten Wachstums-impulse kamen dabei aus dem Ausland und aus dem Verkauf von Software-Lizenzen. Parallel dazu wurde weiter in den Ausbau der internatio-nalen Marktpräsenz, in den Ausbau von Vertrieb und Marketing sowie in die Erweiterung der BIM-5D-Kompetenz investiert. Die Umsatzerwartung für 2015 und die Zielspanne für das Konzern-EBITDA hat der Vorstand nun deutlich erhöht. In den ersten neun Monaten stieg das EBITDA um 27,2 Prozent auf 49,4 Millionen Euro.

NEMETSCHEK ° Starkes Wachstum

Das Analysehaus Kepler Cheuvreux und die Deutsche Bank haben unisono das Kursziel für die im MDAX gelistete Aktie der LEG Immobilien von 75 auf 80 Euro angehoben und die Ein-stufung auf „Buy“ belassen. Ausschlaggebend waren der geplante Zukauf von 13.800 Woh-nungen, die Kapitalerhöhung und die Ergeb-nisse für das dritte Quartal. Die Ergebnis-Schät-zungen für 2016 und 2017 wurden angehoben. Die starke Bilanz erlaubt dem Immobilienunter-nehmen weitere wertsteigernde Übernahmen. Die Kapitalerhöhung im November hatte einen Bruttoerlös von 306,7 Millionen Euro gebracht. Dabei wurden 4,51 Millionen Aktien zu 68 Euro bei institutionellen Investoren platziert.

LEG IMMOBILIEN ° Kapitalerhöhung

ISIN DE0006452907

ISIN DE000LEG1110

KurS (11.12.2015) 43,17 € KGV 2015 e 41,0

MarKtKap. 1.662 Mio. € KGV 2016 e 34,4

uMSatz 2015 e 281 Mio. € KGV 2017 e 30,0

BuchwErt/aKtIE 2015 e 4,03 € DIVID.-rEND. 2015 e 1,04 %

KurS (11.12.2015) 72,40 € KGV 2015 e 22,5

MarKtKap. 4.544 Mio. € KGV 2016 e 19,6

uMSatz 2015 e 649 Mio. € KGV 2017 e 18,0

BuchwErt/aKtIE 2015 e 54,75 € DIVID.-rEND. 2015 e 3,00 %

Page 70: GELD-Magazin, Dezember 2015

AlternAtive investmentsPanorama

70 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

EntgEgEnkommEn. Reformen zahlen sich aus. Im Falle von Burma (Myanmar) so-gar wortwörtlich. Eine Gruppe ausländischer Gläubiger hat dem von seiner jahrzehntelan-gen Militärdiktatur gebeutelten Land Ende Jänner rund 60 Prozent aller Schulden erlas-sen. Insgesamt verzichten mehrere Geldge-ber – allen voran Japan – auf beinahe 4,5 Milliar den Euro. Zusammen mit der Locke-rung der westlichen Sanktionen und der von der neuen Regierung Burmas in Aussicht ge-stellten Öffnung des Landes stellt der groß angelegte Schuldenerlass einen enormen Schritt hin zu einer verheißungsvollen Zu-kunft für den südostasiatischen Staat dar.

indonesienLand des Monats

ECKDATENStaatsform RepublikHauptstadt JakartaAmtssprache IndonesischStaatsoberhaupt Joko WidodoRegierungschef ebendieserFläche rund 2,02 Millionen km2

Einwohner etwa 250 MillionenBevölkerungsdichte rund 123,8 pro km2

Währung RupiahBIP (2014) 888 Milliarden US-DollarBIP pro Kopf (2014) 3520 US-DollarKfz-Kennzeichen RIInternet-TLD .idInternat. Telefonvorwahl +62Unabhängig seit 1945 (Ausrufung), 1949 (Anerkennung)Nationalfeiertag 17. AugustGrößte Städte Jakarta, Surabaya, Medan, BandungVerwaltungsgliederung 32 Provinzen, 1 Sonderregion, 1 HauptstadtregionNachbarstaaten Malaysia, Papua-Neuguinea, OsttimorHöchste Erhebung Puncak Jaya (4884 m)Anzahl an Inseln 17.508

Physisch hintErlEgtE EtFs. Source, einer der größten Anbieter börsengehandelter Fonds in Europa, setzt weiterhin auf Wachstum. Mit Source Markets II Plc startet die Fondsgesell-schaft eine neue Plattform, mit der sie die Angebotspalette physisch replizierender Pro-dukte ausbauen wird. Als Investmentmanager für die neue Fonds-Plattform hat Source den bri-tischen Vermögensverwalter Legal & General Investment Management bestellt. Mit der Lan-cierung der neuen Plattform erweitert Source seine Kapazitäten, um eine breitere Palette phy-sisch replizierender Fondsprodukte anzubieten und das bestehende Angebot von insgesamt 15 physischen Produkten zu ergänzen. „Bei der neuen Plattform geht es darum, die Auswahl für Anleger zu vergrößern. Die Investoren sollen in der Lage sein, jene Struktur auszuwählen, die sie bevorzugen und die ihnen am vertrautesten ist. Hinzu kommt, dass wir einen größeren An-legerkreis ansprechen können, wenn wir in der Lage sind, mehr physische Produkte zu lancie-ren“, so Lee Kranefuss, Chairman von Source.

NEUE PLATTFOrM

sEgEln in unbEkanntEn gEwässErn. James Butterfill, seit Kurzem neuer Research und Strategie-Chef beim Londoner ETP-Spezia-listen ETF Securities, ließ Anfang Dezember mit einem interessanten Marktausblick für 2016 aufhorchen. Der Brite erwartet, im Gegensatz zu vielen anderen Experten, eine Abschwächung des US-Dollars. „Die Zinsen in den Vereinigten Staaten werden steigen, allerdings waren die Aktivitäten der Fed noch nie so ausgedehnt wie heute, weshalb die meisten Assetklassen wäh-rend des Straffungsprozesses in unbekannten Gewässern segeln werden. Analysen von ETF Securities zu früheren Zinserhöhungszyklen der Fed legen nahe, dass ein Sell-Off des US-Dollars einsetzen könnte“, so Butterfill. Staatsanleihen wiederum hätten eine Blase gebildet, was ge-nerell für einen Ausverkauf sprechen würde. Die Grenzlinie zwischen der Rolle von Bonds als An-lageklasse und einem politischen Instrument sei allerdings noch nie so unscharf wie heute

MArKTAUSbLICK

gewesen. Bei den Rohstoffen gibt es, so ETF Securities in einer Aussendung, erste Signale für Störungen der Angebotsseite quer durch fast alle Commodity-Märkte. Hier sei zu bedenken, dass Angebotsdefizite etwa zwei Jahre, nach-dem das Ausgabenwachstum seinen Tiefpunkt erreicht hat, zutage treten. Die lange Periode des Rohstoff-Überangebots sollte demzufolge zu Ende gehen und einen Rebound der Rohstoff-Preise auslösen.

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Page 71: GELD-Magazin, Dezember 2015

SERVIC

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DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 71

ZERTIFIKATE ° LISTING

Attraktive AngeboteANBIETER PRODUKTE Index-Zertifikate WKN Name Basiswerte Kurs seit StartEuropa-Allee 12 PS9SEN Solactive SENIOR CARE TR Index Zertifikat (open end) Fresenius MED, Lifetech Scientific, Chemed 103,29 € 2,09 %60327 Frankfurt/Main PS8CE0 Solactive FOUNDER-RUN COMPANIES TR Index Zertifikat (o.e.) Facebook, Amazon, Netflix,... 53,63 € 6,08 %Tel: 0800 295 518 PS6H0M Solactive HOME AUTOMATION TR Index Zertifikat (open end) Netgear, General Electric, Logitech... 51,60 € 2,02 %[email protected] AA1HXV Rici Enhanced BRENT CRUDE OIL TR Index Open End Zertifikat Brent Oil 51,93 € -19,34 %www.bnpp.at 256678 BRENT CRUDE OIL ICE Jan. 16 Zertifikat (open end) Brent Oil Future 19,88 € -19,41 %

Aktienanleihen Classic WKN Basiswert Kurs Basis Strike Koupon p.a. Bewertungstag Max. Rendite p.a. Briefkurs PB0AE3 LEONI 35,72 € 28,00 € 7,50 % 16.12.2016 6,94 % 100,57 % PS956S FRAPORT 57,89 € 52,00 € 5,00 % 16.12.2016 4,65 % 100,42 % PS96LA STADA 34,66 € 30,00 € 7,00 % 16.12.2016 6,26 % 100,72 % PS96LY TALANX 28,43 € 28,00 € 8,00 % 16.12.2016 8,14 % 99,96 % PS96NV WIRECARD 45,15 € 38,00 € 8,50 % 16.12.2016 9,83 % 99,22 %

Index-Zertifikat WKN Name Basiswerte Kurs seit Start VS4NSC Solactive SMART CARS TR Index-Zertifikat Continental, Magna, Delphi, Garmin, Mobileye 116,50 € 12,85 % VZ7HDL Solactive EUROPEAN HIGH DIVID. LOW VOL. TR Ind.-Zert. Swiss RE, ABB, Svenska Handelsbanken... 109,70 € 10,10 %Bockenheimer Landstraße 24 VZ96WT Solactive WEARABLE TECH TR Index-Zertifikat Skyworks, Murata, Analog, Garmin, Under Armour 104,60 € 2,92 %60323 Frankfurt/Main VS5ZCS CYBER SECURITY TR Index-Zertifikat Palo Alto Networks, FireEye, Check Point Softw. 104,80 € 1,90 %Tel: +49 69 69 59 96 [email protected] Aktienanleihenwww.vontobel.de WKN Basiswert Kurs Basis Strike Koupon p.a. Bewertungstag Max. Rendite p.a. Briefkurs VS6DUT DAIMLER 77,24 € 80,00 € 11,00 % 18.11.2016 12,37 % 98,66 % VS6R52 DT. TELEKOM 16,24 € 16,50 € 10,00 % 16.12.2016 11,37 % 99,32 % VS6DP7 BMW 97,27 € 100,00 € 10,50 % 16.12.2016 12,11 % 99,16 % VS6RQK VONOVIA 27,93 € 29,00 € 9,00 % 16.12.2016 13,08 % 96,87 %

Stichzeitpunkt: 10. Dezember 2015, alle Angaben ohne Gewähr

SILBER – NEUE WÄHRUNGSABSICHERUNG BNP Paribas emittierte kürzlich ein zum Euro gesichertes Silber-Zertifikat. Das neue EUR Hedged Open End Zertifikat auf Silber (ISIN: DE000PS7XAG4) bedient sich einer im Markt für institutionelle Investoren beliebten Wäh-rungsabsicherung mit deutlich niedrigeren Kosten als bei der Quanto-Absicherung. Der Euro-Hedge basiert auf dem Erwerb einer Währungsabsicherung mit einer Laufzeit von einem Monat, die jeden Monat erneuert wird. Die Kosten der Währungsabsicherung kön-nen damit um bis zu über 80 Prozent redu-ziert werden. Die Verwaltungskosten des oben vorgestellten Silber-Zertifikats liegen bei 0,4 Prozent jährlich. Der Basiswert ist eine Fein-unze Silber (31,1035g).

NACHHALTIGKEIT IM TRENDDie Winter-Nachhaltigkeit-Anleihe (ISIN: DE000SG6C8Y8) der Société Générale be-zieht sich auf den Finvex Ethical Efficient Eu-rope 30 Price Index in Euro. Dieser Index be-steht aus 30 Unternehmen, die sowohl nach Rendite- als auch Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt werden. Die Anleihe wird am 29. Jänner 2024 fällig. Liegt der Referenzpreis an diesem Tag auf oder über 100 Prozent des Basispreises, erhält der Anleger den Re-ferenzwert ausbezahlt, maximal jedoch die Gewinnobergrenze (Cap) von 170 Prozent des Nominalbetrages. Liegt der Referenz-preis unter 100 Prozent des Basispreises, er-hält der Anleger einen Rückzahlungsbetrag, der dem Kapitalschutzbetrag entspricht.

FINTECH – DIGITALER STRUKTURWANDELAuf den digitalen Strukturwandel im Finanz-sektor setzt das UBS Open End Index Zerti-fikat auf Solactive FinTech 20 Total Return Index Zertifikat (ISIN: DE000UBS2FT6). In die engere Auswahl für den Index kommen die nach Marktkapitalisierung 20 größten FinTech-Unternehmen, deren Aktien börse-gelistet und für ausländische Inves toren zugänglich sind. Darüber hinaus muss die Marktkapitalisierung mindestens 250 Millio-nen Dollar und das durchschnittliche Tages-handelsvolumen mindestens eine Million Dollar betragen. Indexanpassungen finden regulär zweimal im Jahr statt – im März und September. Die Indexmitglieder werden immer gleich gewichtet.

DIE BESTEN TIPPS DER ZERTIFIKATEPROFIS

Page 72: GELD-Magazin, Dezember 2015

Algen sind Alleskönner. Bis zu 10.000 verschiedene Algenarten tummeln

sich auf dem Globus, hinreichend erforscht sind bislang etwa 400 Arten. Sie produzie-ren im Wesentlichen aus Wasser und Koh-lendioxid (CO2) via Photosynthese Proteine und Öle. Und das nicht zu knapp – pro Hektar Algenfarm wachsen pro Jahr rund 200 Tonnen Biomasse heran. Daraus wer-den im Falle der Mikroalge Clorella Vulga-ris etwa 70 Tonnen Öl gewonnen. Ver-gleichsweise liegt die Ausbeute an Biomasse eines Rapsfeldes pro Hektar bei 4,4 Tonnen.

Um die optimalen Lebensbedingungen für Algen zu schaffen, werden in der Anlage von Ecoduna mehrere Meter lange senk-recht verankerte Glasrohre mit einer Nähr-lösung und mit Sonnenlicht durchflutet. Die unteren Enden der Glasrohre sind durch U-förmige Metallteile verbunden, in denen Einlassöffnungen für die CO2-Zu-fuhr angebracht sind. Langsam perlt das Gas in den Rohren nach oben und bringt durch den Auftrieb die Nährlösung in eine langsame Fließbewegung. Haben sich die Algen nach etwa zwei bis drei Wochen aus-reichend vermehrt, werden sie durch Filtra-tion abgesondert. Danach wird die dunkel-grüne ölige Masse sprühgetrocknet. Je nach Spezies wird das Öl extrahiert oder die pul-verige Algenbiomasse verkauft. Potenzielle Abnehmer sind Nahrungsmittel-, Kosme-tik- und Pharma- sowie Tierfutterindustrie.

HocHwertige SubStanzenTheoretisch lässt sich aus den gewon-

nenen Ölen Biotreibstoff herstellen. Doch dazu ist der Herstellungsprozess zu teuer. Deshalb konzentriert sich Ecoduna auf die Produktion hochwertiger Öle, die rund 50

Euro pro Liter kosten und zu einem Drittel aus Omega 3-Fettsäuren bestehen. In reiner Form kosten Omega 3-Fettsäuren pro Liter rund 120 Euro und dienen als Nahrungser-gänzungsmittel. Es sind essenzielle Fettsäu-ren, die der menschliche Körper nicht sel-ber herstellen kann. Alternative Ausgangs-stoffe zur Herstellung von Omega 3-Fett-säuren sind Fischabfälle, bei denen Konta-minationen mit Schwermetallen oft proble-matisch sind. Neben dem Öl können aus der Algenmasse auch andere Biowertstoffe ex-trahiert werden, wie Astaxanthin oder Lu-tein (Beta-Carotin-Farbstoff), die in der Kosmetik-, Nahrungsmittel- und Chemie-industrie eingesetzt werden und einen Marktpreis von rund 2000 Euro/kg haben.

beteiligungSangebotDie Errichtungskosten für eine Anlage

in der Größe eines Hektars liegt bei rund 20 Millionen Euro. In einem ersten Schritt wird Ecoduna eine Anlage mit halber Kapa-zität errichten – Kostenpunkt 15 Millionen

Euro. Die Finanzierung erfolgt über eine Kapitalerhöhung um fünf Millionen Euro (die FMA-Genehmigung wird für Jänner 2016 erwartet), der Rest wird fremdfinan-ziert – z.T. über geförderte Darlehen.

Innerhalb dieses Finanzierungsrah-mens bietet Ecoduna aber auch Kleinanle-gern die Möglichkeit einer Beteiligung in Form eines Sale- and Lease Back-Vertrages an (ähnlich des Modells einer Bürgerbeteili-gung an Solarkraftwerken). Der Anleger kauft in Tranchen von 2500 Euro einen be-stimmten Teil der Algenzuchtanlage und vermietet sie wiederum an Ecoduna zurück. Damit hat der Anleger Eigentümerstatus und kann den erworbenen Anlagenteil im Falle einer Insolvenz veräußern, was ein we-sentlicher Vorteil gegenüber der bei Crowd-Finanzierungen üblichen nachrangingen Darlehen ist. Als Verzinsung werden aus dem laufenden Ertrag vier Prozent pro Jahr an den Anleger ausbezahlt. Es fallen keine Provisionen an, da der Vertrag direkt mit dem Emittenten Ecoduna geschlossen wird.

alternative investments ° Algenzuchtbeteiligung

72 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die in Bruck/Leitha beheimatete Ecoduna AG wird im Frühjahr 2016 eine Algenzuchtanlage errichten. Das Glashaus, in dem modulartig sechs Meter lange Glasrohre stehen, wird eine Fläche von einem Hektar einneh-men und zur Produktion von rund 200 Tonnen Biomasse pro Jahr dienen. Mario Franzin

Hochwertige biomasse

Die algenmasse in den glasrohren verdoppelt sich bei guten Bedingungen einmal pro Tag.

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Page 73: GELD-Magazin, Dezember 2015

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Page 74: GELD-Magazin, Dezember 2015

Wiens eben erst wieder gewählter Bürgermeister Michael Häupl

(SPÖ) bedankt sich bei den Wählern auf seine persönliche Art. Neben saftigen Steu-er- und Gebührenerhöhungen in der Ver-gangenheit will er diesmal tief in die Ta-schen all jener greifen, die Grundstücke oder Häuser besitzen. Die Grundsteuer in der Bundeshauptstadt dem aktuellen Markt-wert von Grund und Immobilien anzupas-sen, gilt für Rot/Grün als eines der wich-tigsten Ziele, wie Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) kürzlich offenbarte. Das rote Gespann will damit Hans-Jörg Schelling noch toppen. Der Finanzminister verdeutli-cht mit der Erhöhung der Grunderwerb-steuer eindrucksvoll, dass die SPÖ/ÖVP-Bundesregierung weder willens noch im-stande ist, durch Einsparungen die Steuer-reform zu finanzieren, sondern wiederum durch Steuererhöhungen.

Beträgt die Grunderwerbsteuer bei Im-mobilien-Übertragungen innerhalb der Fa-milie bis Ende 2015 noch zwei Prozent vom dreifachen Einheitswert, so wird ab 1. Jän-ner 2016 in den meisten Fällen der wesent-lich höhere Verkehrswert (Zeitwert der Im-mobilie) als Bemessungsgrundlage heran-gezogen. Dieser kann nach Angaben der Rechtsanwaltskammer auf drei verschie-dene Arten ermittelt werden:1. Summe des hochgerechneten (antei-

ligen) dreifachen Bodenwertes und des Gebäudewertes („Pauschalwertmo-dell“): Dabei wird der Grundstückswert nach folgender Formel ermittelt: antei-lige Grundfläche mal dreifachem Bo-denwert pro Quadratmeter mal Hoch-rechnungsfaktor plus Nutzfläche bzw. anteilige gekürzte Bruttogrundfläche

mal Baukostenfaktor mal Bauweise-/Nutzungsminderung.

2. Immobilienpreisspiegel: 71,25 Prozent des anhand des Immobilienpreisspiegels der Wirtschaftskammer Österreich (ab 1.1.2017 Immobilienpreisspiegel der Statistik Österreich) ermittelten Wertes.

3. Durch ein Schätzgutachten

Der Steuersatz wird auf jeden Fall ein-heitlich wie folgt erhöht:

Grundstückswert in Euro Steuersatzfür die ersten 250.000,-- € 0,5%für die nächsten 150.000,-- € 2,0%darüber hinaus 3,5%

Diese Steuerpolitik verfehlte ihre Wir-kung nicht. Bei den Grundbuchs-Gerichten herrschte bereits im ersten Halbjahr 2015 ein noch nie dagewesener Hochbetrieb. Sie verbücherten beinahe um ein Drittel mehr Immobilien-Verkäufe als im Jahr davor. Rund 54.000 Immobilien-Verkäufe im Wert von 10,8 Millliarden Euro wurden von Jän-ner bis Juni 2015 im Amtlichen Grundbuch in ganz Österreich verbüchert, meldete das Immobilien-Netzwerk RE/MAX in seinem letzten ImmoSpiegel auf Basis der Kaufver-tragssammlung von IMMOunited, Roland Schmid. Dies sind um 31 Prozent mehr Im-mobilien-Transaktionen als 2014 und um beinahe ein Fünftel mehr als im bisher stär-ksten ersten Halbjahr 2010. Das Verkaufs-volumen, also der Wert der gehandelten Immobilien, ist im Halbjahresvergleich 2015 zu 2014 ebenfalls um 31 Prozent ge-stiegen.

„Es sind nicht etwa die Preise in die Höhe gegangen, sondern die Anzahl der

Käufe und Verkäufe am österreichischen Immobilienmarkt ist im ersten Halbjahr quasi explodiert. Wir steuern 2015 auf ein neues Rekordjahr mit erstmals über 100.000 Immobilien-Transaktionen zu“, erläuterte Geschäftsführer Bernhard Reikersdorfer von RE/MAX Austria.

Die Transaktionszahlen haben in den ersten sechs Monaten im Jahresvergleich am stärksten in Vorarlberg um 38 Prozent und in Oberösterreich um 37 Prozent zuge-legt. Tirol folgt mit einem Plus von 34 Pro-zent. Wien, Kärnten und Niederösterreich liegen bei plus 31 Prozent, das Burgenland und die Steiermark bei plus 29 Prozent. Die gerings te Steigerungsrate bei den Immobili-en-Verkäufen weist im Vergleich zum Vor-jahr das Bundesland Salzburg mit plus 19 Prozent auf. „Mit diesen Zahlen bei den Kauf-Transak tionen im ersten Halbjahr kündigt sich also wieder ein Rekordjahr an, auch weil die Bundesländer mit den traditi-onell meisten Transaktionszahlen – Wien und Nieder österreich – bereits jetzt um zehn Prozent über der bisherigen Rekord-zahl des ersten Halbjahres 2010 liegen“, so Reikersdorfer.

ImmobIlIen als Investment weIterhIn sehr gefragtBeim Wert der betroffenen Immobilien

sieht das Wachstums-Ranking der Verbü-cherungen für das erste Halbjahr 2015 aller-dings ganz anders aus: Niederösterreich führt vor Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und Kärnten mit Steigerungsraten von mehr als 40 Prozent. Wien, Salzburg und die Stei-ermark liegen bei plus 20 Prozent und das Burgenland hinkt mit einem Plus von fünf Prozent deutlich hinten nach. cr

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geldanlage ° Immobilien

74 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Die künftig höhere Besteuerung hat schon im ersten Halbjahr die Übertragung von Häusern und Wohnungen innerhalb der Familie auf einen Rekord von 10,8 Milliarden Euro getrieben. Aber auch als Investment bleibt der Sachwert als Schutz vor Vermögensverlust höchst attraktiv. Wolfgang Freisleben

run auf Immobilien hält an

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Doch Erben und Schenken ist derzeit nicht die einzige Immobilienfrage. Es geht vielmehr auch um Geldanlage und Rendite – durch Mietertrag und erhoffte Wertstei-gerung. Schließlich wird Wohnen europa-weit immer teurer. Zumindest in den Städ-ten. Für eine Wohnung in der Londoner In-nenstadt zahlte man 2014 etwa 14.000 Euro pro Quadratmeter – 2013 waren es erst 10.000 Euro – wie heute noch in Paris. Wien, Hamburg, Rom und Mailand bilden das Mittelfeld mit rund 3.500 Euro pro Qua-dratmeter. Am wenigsten bezahlt man übri-gens in Porto mit rund 860 Euro. Österrei-chweit muss man beim Kauf durchschnitt-lich 2.500 Euro je Quadratmeter hinblät-tern. „Für Wien spricht Wohnungsknapp-heit durch die stetig steigende Zuwande-rung, der ungebremste Run der Investoren auf die weiter als sichere Anlage geltenden Immobilien und die Erwartungshaltung, dass noch kein Ende des Preisanstieges ab-zusehen ist“, erläutert Alexander Hohen-danner, Partner und Real Estate Leader De-loitte Österreich. Auch die niedrigen Zinsen spielen eine Rolle.

2015 stagnIerten dIe PreIse In ÖsterreIchAls teuerste 2014 verkaufte Wohnung in

Österreich weist der Immobilienpreisspie-gel 2015 der Wirtschaftskammer laut Grundbuch eine Dachgeschoßwohnung in der Wiener Museumsstraße (7. Bezirk) um 8,125 Millionen Euro aus. Auf Platz zwei folgt eine Wohnung in der Schmidgasse im 8. Bezirk um 6,8 Millionen Euro und auf Rang drei eine Wohnung im Dachgeschoß am Schottenring um 6,2 Millionen Euro. Die drei teuersten Wohnungen außerhalb von Wien finden sich allesamt in Tirol: Eine um 5,5 Millionen Euro in Kitzbühel und zwei Wohnungen in Innsbruck in der Höt-tinger Au um 5,0 bzw. 4,8 Millionen Euro.

Innsbruck dIe teuerste landeshauPtstadt Die teuersten Wohn-Bezirke außerhalb

von Wien liegen in Tirol und Salzburg: Im Bezirk Landeck kostete eine Wohnung im Schnitt 277.438 Euro und im Bezirk Kitz-bühel 273.120 Euro, danach folgte Zell am See mit 208.641 Euro, Hallein mit 205.161 Euro und dann der teuerste Fleck im Ländle: Eine Wohnung im Vorarlberger Bezirk Feldkirch schlägt mit 205.023 Euro zu Buche.

mIetPreIse leIcht gestIegen, In wIen am teuerstenFür Mietwohnungen zeigte sich öster-

reichweit ein einheitliches Bild. Im Jahres-abstand stagnierten die Preise im Burgen-land, in Oberösterreich, Vorarlberg und der Steiermark. In Salzburg gingen sie um 2,5 Prozent auf durchschnittlich acht Euro pro Quadratmeter zurück. In anderen Bundes-ländern gab es geringfügige Preissteige-rungen, wobei die durchschnittlichen Mieten mit 9,2 Euro pro Quadratmeter in Wien um 1,1 Prozent gestiegen sind. Die Spanne reicht von 8,1 Euro im 11. und 16. Bezirk bis 10,4 Euro im 19. und 13 Euro im ersten Bezirk. Erhöht haben sich auch die Betriebskosten wie Kommunalabgaben, Versicherungsprämien etc.

In der Kategorie Einfamilienhäuser ist der Markt je Bundesland heterogen. Die

Preise toppen in der Spitze bis 2.649 Euro je Quadratmeter in Salzburg. Bei den Reihen-häusern erstreckt sich die Preisspanne von 1.177 Euro in der Steiermark bis zu 2.519 Euro in Wien. Exklusive Immobi lien wer-den immer noch stark nachgefragt, wobei die Käufer eher wählerisch und kompro-misslos sind. Für Baugrundstücke reichte die Spanne der durchschnittlichen Qua-dratmeterpreise 2014 von 77,20 Euro (+1,6 Prozent) in der Steiermark bis 592 Euro in Wien (+3 Prozent).

euroPameIster beIm neubau von wohnraumEin interessantes Ergebnis zeigte der

Deloitte Property Index 2015: EU-weit wur-den demnach in Österreich im Jahr 2014 die meisten Wohnungen je Einwohner mit der höchsten Zuwachsrate im Neubau pro Ein-wohner gebaut – nämlich 5,4 begonnene Wohnbauprojekte pro 1.000 Einwohner.

wIener gründerzeIt-zInshäuser als toP-adressenFür Mietwohnungen zeigte sich öster-

reichweit ein uneinheitliches Bild. Im Jah-resabstand stagnierten die Preise im Bur-genland, in Oberösterreich, Vorarlberg und der Steiermark. In Salzburg gingen sie um 2,5 Prozent auf durchschnittlich acht Euro pro Quadratmeter zurück. In anderen Bundesländern gab es geringfügige Preis-steigerungen, wobei die moderat besten in Wien mit plus 1,1 Prozent registriert wur-den. Gestiegen sind hingegen überall die Betriebskosten.

Immobilien ° geldanlage

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 75

° DurchschNIttsprEIsE Die Durchschnittspreise verkaufter Wohnungen in den Landeshauptstädten im Vergleich: innsbruck 216.303 Euro Salzburg 206.762 Euro Bregenz inkl. Bezirk 201.641 Euro Wien 201.593 Euro Linz 188.287 Euro Klagenfurt 148.306 Euro Graz 136.957 Euro Eisenstadt und Umgebung 93.597 Euro St. Pölten 83.917 Euro

Quelle: Wirtschaftskammer

gründerzeit-zinshaus in wien: Exquisite Veranlagung mit steigendem Wert

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76 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Ein exquisites Kapitel am Immobilien-markt schreiben zweifellos die Wiener Gründerzeit-Zinshäuser, die allerdings nur knapp neun Prozent des Wiener Gebäu-debestandes ausmachen. Sie gehen auf die Bautätigkeit zwischen 1840 und 1918 zu-rück und haben als Hintergrund die dama-lige Bevölkerungsexplosion im Zuge der In-dustrialisierung und damit verbunden eine umfangreiche Landflucht – unter anderem der jüdischen Bevölkerung aus den Kron-ländern der Habsburger Monarchie in die damalige Reichshaupt- und Residenzstadt. Im Stadtkern des ersten Bezirks hatte die rege Bautätigkeit allerdings repräsentative Gründe und diente eher den von maß-geblichen Künstlern der Zeit gestalteten Wohnpalästen.

Allerdings ist die Anzahl der klassischen Gründerzeit-Zinshäuser seit Herbst 2009 von 15.529 um 785 Stück auf 14.744 gesun-ken. Als Hauptgrund dafür sieht der Immo-

bilien-Spezialist Eugen Otto die Begrün-dung von Wohnungseigentum durch Parifi-zierung des Hauses oder auch die Nutzungs-änderungen wie etwa die Umwandlung in Hotels. Abrisse seien hingegen eher selten, was für ihre hohe bauliche Qualität bezie-hungsweise ihre ausgezeichnete Adaptie-rungsfähigkeit spreche und sie zu einer der nachhaltigsten Gebäude-Klassen überhaupt mache. Von 1.530 in diesem Zeitraum in Zinshäuser getätigten Transaktionen wur-den bei 240 Liegenschaften Wohnungs-eigentum begründet, was einer durch-schnittlichen Segmentgröße von rund 16 Prozent entspricht. Die große Mehrheit der Käufer von Wiener Gründerzeit-Zinshäu-sern waren also mit 84 Prozent klassische Zinshausinvestoren – darunter zu 60 Pro-zent Privatpersonen und Sonstige wie Pri-vatstiftungen, Versicherungen, Verlassen-schaften, Gebietskörperschaften etc., wäh-rend die Zinshaus-Parifizierung fast aus-schließlich von gewerblichen Projektent-wicklern betrieben wurde, die vor allem in guten und sehr guten Lagen investieren.

Der Umsatz am Wiener Zinshaus-Markt dürfte 2015 die magische Marke von einer Milliarde Euro überschreiten. „Allein in der ersten Jahreshälfte haben wir in unserem Zinshaus-Marktbericht mit 435 Millionen Euro den größten Umsatz seit Beginn un-serer Aufzeichnungen im Jahr 2008 regis-triert“, so Eugen Otto. Hinzu kämen noch die Nachlauf-Transaktionen, die sich in der Vergangenheit immerhin auf bis zu 428 Millionen Euro summierten, wobei die

Preise seit Jahresbeginn in fast allen Wiener Regionen deutlich gestiegen seien. Die Spit-zenpreise haben vor allem im 1. und 20. Be-zirk um 12 Prozent zugelegt. Die Renditen gerieten dadurch allerdings mit Ausnahme der Region 13., 18. und 19. Bezirk teils stark unter Druck. „Für ein schönes Haus aus der Gründerzeit innerhalb des Gürtels mit gut vermieteten Wohnungen können Anleger aber weiterhin mit einer Rendite von rund drei Prozent rechnen“, taxiert Immobilien-experte Otto, „außerhalb bis zu vier Pro-zent.“

Signifikant haben in der ersten Jahres-hälfte die Käufe von Zinshaus-Anteilen um rund 35 Prozent zugenommen. Wertmäßig ist allerdings die Übertragung von ganzen Häusern mit 93 Prozent nach wie vor auf hohem Niveau. Fast jedes zweite Zinshaus liegt in der Bandbreite zwischen einer und 2,5 Millionen Euro. Der Trend geht dahin, dass gewerbliche Investoren mehrheitlich Häuser mit Entwicklungschancen und Potenzial suchen. Privatanleger hingegen interessieren sich eher für „Sorglos-Häuser“ mit wenig Arbeit und einem sicheren Ertrag.

geldanlage ° Immobilien

° IMMobILIENprEIsspIEGEL 2015 Beispiel Wien Mietwohnungen *: Ø 9,2 €/m² plus 1,1%BEZirK durchschnitt durchschnitt Veränd. 2014 2015 Wien 1 12,50 € 13,00 € +3,6 %Wien 2 9,40 € 9,40 € +0,2 %Wien 3 9,70 € 9,80 € +0,7 %Wien 4 9,80 € 9,50 € -3,2 %Wien 5 8,40 € 8,50 € +0,6 %Wien 6 9,40 € 9,60 € +1,7 %Wien 7 9,00 € 9,20 € +2,5 %Wien 8 10,10 € 10,10 € +0,5 %Wien 9 10,00 € 9,90 € -1,4 %Wien 10 8,40 € 8,70 € +3,5 %Wien 11 8,10 € 8,10 € -0,4 %Wien 12 8,30 € 8,40 € +1,8 %Wien 13 9,70 € 9,50 € -2,1 %Wien 14 8,50 € 8,80 € +3,4 %Wien 15 7,90 € 8,20 € +4,1 %Wien 16 7,90 € 8,10 € +1,9 %Wien 17 8,30 € 8,40 € +0,8 %Wien 18 9,70 € 9,80 € +1,5 %Wien 19 10,20 € 10,40 € +1,4 %Wien 20 8,30 € 8,20 € -0,4 %Wien 21 8,40 € 8,60 € +1,4 %Wien 22 8,90 € 9,10 € +2,6 %Wien 23 9,10 € 9,30 € +1,6 %

* für welche die Mietzinsobergrenzen gem. § 16 Abs 2 MRG nicht gelten; Quelle: WKO

° IMMobILIENprEIsspIEGEL 2015 Beispiel Bundeshauptstadt WienWiEN durchschnitt durchschnitt Veränd. 2014 2015 Baugrundstücke 574,- € 592,- € + 3,0 %Grundstücke Betrieb 277,- € 277,- € 0,0 %Eigentum - Erstbezug 3.873,- € 3.928,- € +1,4 %Eigentum - Gebraucht 2.616,- € 2.688,- € +2,8 %reihenhäuser 2.573,- € 2.519,- € -2,1 %Einfamilienhäuser 2.498,- € 2.530,- € +1,3 %Mietwohnungen 9,12 € 9,20 € + 1,1 %Büroflächen 10,01 € 10,50 € + 4,8 %Geschäftslokale 16,15 € 16,40 € + 1,2 %

Quelle: WKO

Immobilienexperte eugen otto: „Renditen bis zu drei Prozent innerhalb des Gürtels“

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Page 77: GELD-Magazin, Dezember 2015

Im Gespräch mit Mario Kmenta, trivium ° GELDANLAGE

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 77

GELD ° Inwiefern sind Beteiligungsmodelle zum Immobilienkauf interessant?MARIO KMENTA: Sie sind ein probates Mit-tel, um direkt in Immobilien zu investieren, ohne die Arbeit selbst machen zu müssen und zu investieren. Das Modell sollte überschaubar sein und Sie sollten darauf achten, nicht nur das Risiko zu tragen, sondern auch direkt an den Gewinnen partizipieren zu können.

Welche Art von Immobilien eignet sich dafür?Ich denke, das hängt nicht von der Art der Im-mobilien ab, sondern vom Investmentziel. Unser Konzept ist es, überschaubare und für jeden Investor verständliche Projekte anzubie-ten. Das führt dazu, dass wir jeweils ein bis fünf Investoren, die sich des unternehmerischen Risikos bewusst sind, in einem Projekt zusam-menbringen und mit diesen auch allgemein akkordiert ein Ziel verfolgen. Bei großen Be-teiligungsprojekten kann dies nicht dargestellt werden und die Transparenz und das gemein-same Ziel leiden darunter.

Wie sieht die Kosten-/Ertragsrechnung aus?Wie bei jedem Immobilieninvestment ist ei-ner der wichtigsten Erfolgsfaktoren, dass es die Möglichkeit einer substanziellen Fremd�nan-zierung durch Banken gibt. Dies ist ja bei den meisten herkömmlichen Investmentinstru-menten nicht mehr der Fall. Dadurch kann auf das eingesetzte Eigenkapital eine überdurch-schnittlich hohe Rendite erwirtscha�et werden. Ein Gewinn von 80 bis 100 Prozent in einem Zeitraum von ca. vier Jahren auf das eingesetzte Kapital ist durchaus realistisch.

Ist die derzeitige Niedrigzins-Phase dafür entscheidend?Die aktuelle Zinssituation schadet sicherlich nicht. Einerseits sind die Finanzierungskosten

für Immobilienprojekte niedrig und anderer- seits werden dadurch herkömmliche Alter-nativ investments wie z.B. Rentenpapiere unattraktiv. Gleichzeitig führt diese Situation aber auch zu einem verstärkten Wettbewerb am Immobilienmarkt, der die Preise für den Immo-bilieneinkauf auch für Pro�s steigen lässt und die Rendite wieder beschneidet. Wir sehen da-her die Zins situation und deren Veränderungen sehr neutral, da Immobilien gute Investments für jede Zins- und Wirtscha�slage sind.

Was ist der Vorteil von Investorenmodellen?Pro�s kümmern sich um den operativen Teil, Investoren sind direkt an einer Immobilie betei-ligt, können ihre Krä�e bündeln und somit in sinnvollen Größenordnungen investieren, und trotzdem bleibt die Geschichte überschaubar und transparent.

Wie sehen solche Projekte konkret aus?Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Das erste ist der Kauf und die Entwicklung eines Wiener Zinshauses im zweiten Bezirk, danach Abver-kauf in einzelnen Einheiten: sechs Investoren, das Gesamtinvestment lag bei fünf Millionen Euro, der Zielgewinn bei ca. 1,2 Millionen, der Eigenkapitaleinsatz betrug 750.000 Euro; die Laufzeit von vier Jahren und ist Ende erstes Quartal 2017 abgeschlossen. Ein zweites Pro-jekt liegt in Vorarlberg: Kauf von Immobilien, Gesamt investment 4,2 Millionen; 15 Investoren, Laufzeit 12 Jahre. Das Projekt ist im dritten Jahr und läu� ausnehmend gut; die Zielrendite liegt bei 8,7 Prozent p.a. – für dieses Projekt gibt es einen Kapitalmarktprospekt.

Was ist als Investment besser: Ertrags-wohnungen oder Substanzwohnungen?Sie sind für unterschiedliche Arten von Inves-toren geeignet. Die Ertragswohnung ist

in mittelprächtiger Lage, gebraucht und saniert und hat einen Ein-kaufspreis von unter 3000 Euro pro Quadratmeter. Die Substanzwoh-nung ist ebenso zur Vermietung geeignet, aber in besserer Lage, b e s s e re m Zu -stand und daher auch teurer. Die-se Wohnung ist auch geeignet, um selbst darin zu wohnen. Ein wesentlicher Vorteil ist natürlich auch die bes-sere Liquidität einer solchen Wohnung. Die Ertragswohnung ist einzig und allein dem Ren-ditegedanken untergeordnet. Bei geringen Einkaufspreisen können eben bessere Renditen erzielt werden. Da die Mietpreise nach oben ge-deckelt sind, unterscheiden sich diese zwischen den beiden Typen nur wenig.

Was für Empfehlungen können Sie geben?Investieren Sie in überschaubare Immobilien-projekte, die Sie auch verstehen. Sehen Sie sich als Unternehmer und nicht als „unbeteiligter Investor“ und lassen Sie sich von Pro�s beglei-ten. Wiener Zinshäuser im Ganzen zu kaufen und in einzelnen Einheiten zu verkaufen ist ein langjährig erprobtes und immer noch gut funk-tionierendes Geschä�smodell. Aber auch Prag ist interessant. Die Stadt gleicht von der Struktur her Wien, die Preise sind wesentlich geringer, die internationale Nachfrage groß. Vorarlberg eignet sich toll für langfristige Immobilien-engagements mit guten laufenden Renditen. Keine Angst vor Gewerbeimmobilien!

Mario Kmenta, Geschäfts-führer der trivium GmbH

Die trivium-Gruppe wurde 2008 gegründet und ist spezialisiert auf Immobilieninvestments. An interessanten Objekten beteiligen sich mehrere Geldgeber und erwarten überdurchschnittliche Renditen. Jedes Immobilien-Projekt wird von erfahrenen Spezialisten au�ereitet.

Immobilien à la carte

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Page 78: GELD-Magazin, Dezember 2015

rohstoffe ° Aktuelle Trends

Unheimlicher Anblick: Eine Kupfermine von innen wirkt nicht gerade einladend. Die Bewe-gung des Kupfer-Charts lässt derzeit ebenfalls keine Freude aufkommen.

Investmentchancen. Bei ihrem Treffen in Wien konnte sich die Opec Anfang De-zember nicht zu einer Änderung ihrer Förder-Politik durchringen, was bedeutet, dass bis auf Weiteres fleißig Öl in den Markt gepumpt wird. Trotzdem glauben Experten an höhere Preise: „The cheapest place to find oil is on Wall Street” meint Chrstopher Wyke, Product Director für die Bereiche Emerging Market Debt und Commodities bei Schroders Investments. „Die letz-ten 40 Jahre haben uns ein moderates Inflations-Szenario beschert, für 2016 halte ich einen Anstieg der Inflation für möglich bis wahrscheinlich”, führt er weiter aus. Tatsächlich sind die Rohstoffpreise aktuell im Keller, die Preise für Aktien und Anleihen hingegen vergleichsweise hoch. Dieses Szenario wird sich jedoch 2016 drehen, ist Wyke überzeugt, der sowohl im Öl- und Gasbereich, als auch bei Edelmetallen (zum Beispiel Gold und Silber) und Agrarrohstoffen (bspw. Zucker) Preisanstiege kommen sieht. Der Schroder AS Commodity Fund, den Wyke managt, spiegelt den aktuellen Trend wider. Agrar-Rohstoffe und Metalle werden zu je ca. 25 Prozent gehalten, die restlichen 50 Prozent entfallen auf den Energie-Sektor. Cash-Bestän-de werden keine gehalten. Insgesamt zählt der Fonds zwischen 15 und 30 Titel, mit denen die zu erwartenden Entwicklungen realisiert wer-den können. Die aktuelle Höhe der gemanagten Assets liegt bei ca. 2,5 Milliarden Dollar. (hk)

eIngetrübtes bIld. Der eine oder an-dere Marktanalyst hat in den vergangenen Wochen ein Ende der Zucker-Rally prognosti-ziert. Dafür werden nicht zu vernachlässigende fundamentale Argumente ins Treffen geführt: So hatte ein enttäuschende Monsun-Saison in In-dien und extreme Feuchtigkeit in Brasilien zum ersten Angebotsdefizit des Süßstoffes in den letzten sechs Jahren geführt. Das wiederum hatte in den vergangenen Monaten den Zu-ckerpreis in die Höhe schnellen lassen. Bei den Experten von ETF Securities glaubt man aller-dings, dass diese Effekt nun völlig eingepreist sein sollte und der Chart bald wieder nach unten tendieren könnte. Auch der Verlauf der Fu-tures-Kurve auf Zucker würde laut Meinung der ETF Securities-Spezialisten nahe legen, dass die Verknappungen auf der Angebotsseite nur temporärer Natur sein würden. Im Zucker-Chart selbst ist auffällig, dass seit November die Volatilitäten zugenommen haben – der steile Anstieg im September stößt nun offensichtlich tatsächlich auf immer mehr Widerstände. Zwar ist der Trendpfeil nach wie vor nach oben gerichtet, das könnte sich aber bald durch ein Abtauchen unter die Marke von 15 US-Cent ändern. Es ist jetzt nicht gesagt, dass der Zuckerpreis plötzlich nach unten „crashen“ muss, ein Neueinstieg ist Investoren aber nicht ans Herz zu legen. Bes-ser wäre es wohl, Gewinne mitzunehmen. (hk)

Zucker ° Ende der Hausse

erdöl ° Experte sieht Preisanstieg

Wachsende skepsIs ° Im September ging

der Zucker-Chart wie mit dem Lineal gezogen sehr

steil nach oben. Dieses Bild hat sich jetzt doch

deutlich geändert – man ist ins Stocken geraten

und die steigende Volatilität könnte der erste

Vorbote für Kursrückgänge sein.

Brasilien 42,8 Mio. TonnenIndien 22,1 Mio. TonnenChina 11,1 Mio. TonnenUSA 8,0 Mio. TonnenThailand 7,3 Mio. Tonnen

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78 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

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Page 79: GELD-Magazin, Dezember 2015

Aktuelle Trends ° rohstoffe

IndustrIemetall. Immer mehr Marktbeobachter glauben an einen gewissen Para-digmenwechsel, sozusagen einen Wendepunkt am Rohstoffmarkt: „Ein ausgiebiger Zeitraum negativer Performance hat Bergbauminen, Hüttenwerke, Bohrunternehmen und andere Rohstoff abbauende Unternehmen zur Kürzung ihrer Anlageinvestitionen gezwungen, was im kommen-den Jahr zu einem geringeren Angebot führen wird“, so James Butterfill, Head of Research & Investment Strategy bei ETF Securities, in einem aktuellen Kommentar. Sinkendes Angebot bei gleichbleibender oder vielleicht sogar leicht steigender Nachfrage, das könnte also wieder zu einem Preisauftrieb sorgen. Wie sieht die Situation bei Kupfer aus? Dieses Metall ist aufgrund seiner besonderen Konjunktursensibiliät in diesem Zusammenhang sehr interessant und wird

auch gerne „Dr. Copper“ genannt. Betrach-tet man das Chartbild, könnten die Optimisten Lüge gestraft werden: Der Kurs ist jetzt nämlich schon seit Jänner 2013 nach unten gerichtet. Im Verlaufe des heurigen Jahres konnte sogar eine Beschleunigung dieses Trends festgestellt werden. An dieser Front ist also keine Entspan-nung zu beobachten, geht es nach „Dr. Copper“, sollte sich die Konjunktur auch weiterhin verhal-ten entwickeln.Kupfer selbst könnte langfristig durch steigendes Umweltbewusstsein Auftrieb erhalten, weil es in der Katalysatortechnik und in Elektroautos Verwendung findet. (hk)

kupfer ° Schlechter Befund von „Dr. Copper“

aufsteIgender ast. Der Kakao-Chart hat eine Dreiecksformation ausgebildet, die erfreulicherweise nach oben durchbrochen werden konnte. Nach dem charttechnischen Lehrbuch wurde somit ein Kaufsignal ausge-sandt. Dazu passt auch die Fundamentalanalyse: Während sich Rohstoff-Experten für Zucker (sie-he Bericht links), aber auch Sojabohnen, Kaffee und Weizen eher pessimistisch geben, ist die Einschätzung für Kakao positiv. Auf der Platt-form GodmodeTrader.de wird das u.a. damit begründet, dass das trockene Wetter im Au-gust und September in den Anbaugebieten

der Elfenbeinküste (wichtigster Kakao-Produzent und Exporteur der Welt) die derzeit laufen-de Haupternte beeinträchtigt haben könnte. Einige Marktteilnehmer gehen deshalb davon aus, dass die zuletzt hohen Lieferungen von Kakaobohnen stark nachlassen könnten. „Jedoch bleibt abzuwarten, ob diese Einschätzungen gerechtfertigt sind, da kürzlich eingesetzter Regen die Erntebedingungen deutlich verbessern könnte“, heißt es in einer Analyse der Commerzbank. Aus rein wirtschaftlichen Überlegungen erscheinen Kakao-Investments durchaus interessant – im Sinne des ethischen Veranlagens sei an dieser Stelle nicht unerwähnt, dass die Produzenten von Kakao immer wieder auf Kinderarbeit zurückgreifen und prinzipiell die Arbeitsbedingungen und Löhne in dieser Industrie nicht zum Besten bestellt sind. (hk)

süsser verführer ° Sowohl charttech-

nisch als auch fundamental sieht die Lage für

Kakao nicht schlecht aus: Der Kursverlauf hat ein

Kaufsignal generiert, ungünstiges Wetter in der

Elfenbeinküste bedroht die Ernte des wichtigsten

Export-Landes.

Elfenbeinküste 1.650.000 TonnenIndonesien 936.300 TonnenGhana 879.348 TonnenNigeria 383.000 TonnenKamerun 256.000 Tonnen

kakao ° Schönes Bild

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 79

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kupfErprEIs

Page 80: GELD-Magazin, Dezember 2015

Wer die Möglichkeit hat, die Finanz-märkte ständig im Auge zu behal-

ten, wird das Instrument „Contract for Dif-ference“ (CFD) für Spekulationen ins Kal-kül ziehen. Eine technische Ausstattung für Onlinehandel ist natürlich Voraussetzung. Das Reizvolle liegt darin, dass CFDs Deri-vate mit mehr oder weniger großer Hebel-wirkung sind. Damit kann der Anleger, der sich als Trader sieht, auf Aktien, Indizes, Devisen, Rohstoffe, ETFs oder ETCs setzen. Und das in beiden Richtungen: Mit CDFs auf Aktien short zu gehen, ist gängige Pra-xis; Aktien leer zu verkaufen, um von fal-lenden Kursen zu profitieren, ist hingegen verboten. Natürlich laufen diese Geschäfte nicht über Börsen oder Banken, sondern als OTC (over the counter)-Handel über Bro-ker mit speziellen High-tech-Handelsplatt-formen.

Christian Korte von der FXFlat Wertpa-pierhandelsbank bestätigt die Ähnlichkeit zu Futures-Kontrakten, sieht aber doch ei-nen Unterschied: „CFDs sind zwar auch per Definition Kontrakte – im Deutschen hei-ßen sie auch ‚Differenz-Kontrakte‘. Einer der wesentlichsten Unterschiede liegt aber darin, dass CFDs anders als Future-Kon-trakte kein Ablaufdatum aufweisen. Das macht den Anleger flexibler.“

Interessant ist der Ursprung der Diffe-renz-Kontrakte. Sie dienten nämlich an-fangs der legalen Umgehung der Stempel-steuer in Großbritannien. Für jeden Aktien-deal mit britischen Papieren an der Londo-ner Börse verlangt der Staat 0,5 Prozent „Stempel“. Findige Großanleger wählten deshalb schon vor gut 20 Jahren einen Um-weg. Statt direkt an der Börse zu kaufen, konstruierten sie mit einer Gegenpartei

einen Vertrag, der sie verpflichtet, die Diffe-renz zwischen dem aktuellen Kaufkurs und einem späteren Verkaufskurs in bar zu be-gleichen. Die Briten nennen diese Art von Vertrag eben Contract for Difference. Da die Investoren die Aktien nicht kaufen, son-dern nur auf Kursveränderungen wetten, entfällt die Stempelsteuer.

Vorteile gegenüber regulärem börsenhandelMittlerweile sind solche Verträge auf

der Insel weit verbreitet. Experten schätzen, dass zurzeit gut 25 Prozent der Börsenum-sätze mit CFD-Deals zu Stande kommen. Ambitionierte Privatanleger spekulieren in England schon seit mehreren Jahren mittels CFDs, in der Schweiz und auch in Öster-reich sind diese dagegen noch kaum be-kannt. Dies trotz diverser weiterer Vorteile: Sie binden viel weniger Kapital als her-kömmliche Aktien- oder Fondskäufe und sind spesengünstiger als vergleichbare De-rivate. Außerdem sind CFDs viel einfacher und transparenter als die herkömmlichen Optionen und, was besonders wichtig ist, sie verlieren keinen Zeitwert, weil sie kein Ablaufdatum haben. Und sie sind überdies wesentlich preisgünstiger als Optionen.

hohe ChanCen – hohes risikoDer große Hebel – kleiner Einsatz,

große Wirkung – ist natürlich höchst er-freulich, wenn man mit geringem Einsatz hohe Gewinne erzielt. Aber auch umso un-erfreulicher, wenn der Basiswert in die nicht erwartete Richtung läuft und statt Gewinn ein Verlust in vielfacher Höhe des eingesetz-ten Kapitals anfällt. Dies unterstreicht: Con-tracts for Difference sind auf keinen Fall et-

was für unwissende Anfänger. In der Risi-koerklärung führt z. B. der Broker IG (ehe-mals IG Markets) diesbezüglich an: „Der Handel mit CFDs birgt ein hohes Risiko und kann nicht für jeden Anleger angemes-sen sein. Der Handel mit CFDs kann nicht nur zum Totalverlust des eingesetzten Kapi-tals führen, sondern auch darüber hinaus-gehende Verluste nach sich ziehen. Verge-wissern Sie sich, dass Sie alle damit verbun-denen Risiken vollständig verstanden ha-ben und lassen Sie sich gegebenenfalls von unabhängiger Seite beraten.“

IG ist seit 1974 am Markt und sieht sich als weltweiter Marktführer für CFDs (ex-klusive Devisenhandel und Online Tra-ding). Nach Angaben von Gregor Kuhn, Head of PR & Research, bietet das Unter-nehmen eine Handelsplattform für über 10.000 Produktmärkte, die auch mobil mit-tels App benützbar ist. 99,4 Prozent aller Trades werden dort im monatlichen Durch-schnitt in 0,1 Sekunden ausgeführt. Schnel-ligkeit ist also Trumpf. Mit der Installation des MetaTrader 4 (MT4) auf dem PC oder einem Server sichert sich der Kunde eine ultra-schnelle Ausführung der CFD-Trades in Hochgeschwindigkeit ohne Softwarebrü-cken. Über Virtual Private Servers führen Expert Advisors (EAs) die Strategien aus, cr

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Brennpunkt ° Contract for Difference (CFD)

80 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Mit CFDs beginnt ein Finanz-Derivat allmählich Fuß zu fassen, das einst in London erfunden wurde, um beim Kauf von Aktien Steuern zu sparen. Heute kann man damit alle „Underlyings“ handeln, auf die es auch Futures und Optionen gibt. Der Handel läuft außerbörslich in Sekundenschnelle. Wolfgang Freisleben

börseninstrument ohne börse

„IG bietet eine Handels-

plattform für über 10.000

Produktmärkte“Gregor Kuhn, Head

of PR & Research, IG

Page 81: GELD-Magazin, Dezember 2015

selbst wenn der eigene PC ausgeschaltet ist. Die Vorteile: Enge Spreads für mehr als 70 CFD-Märkte inkl. Forex, Indizes und Roh-stoffe; verbesserter Handel mit verfügbarem Autochartist und Trading Central Add-ons; ausgezeichneter Service durch einfache Ein-richtung der Software und 24-Stunden Sup-port von geschulten Mitarbeitern.

Mitbewerber CMC Markets, gleichfalls einer der weltweit führenden Anbieter für CFDs, bietet dem Trader auf seiner Han-delsplattform „NextGeneration“ über 10.000 CFDs auf Aktien, Indizes, Rohstoffe, Anleihen, Währungen und über 1000 ETFs an. Bis zum 30. September 2015 stieg der Nettogewinn um 34 Prozent auf 78,9 Mil-lionen britische Pfund. Zu diesem Erfolg trug auch das europäische Geschäft bei. Die Nettoerlöse der Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Norwegen und Schweden stiegen im ersten Geschäftshalbjahr um zwölf Prozent auf 22,1 Millionen britische Pfund. Die Zahl der aktiven Kunden in Europa konnte um zehn Prozent auf knapp 17.000 gesteigert werden. Das weltweit gehandelte Volumen in diesem Zeitraum erreichte einen Rekord-wert von 1,1 Milliarden britischen Pfund, was einem Plus von 60 Prozent im Jahres-vergleich entspricht. In Deutschland ist der CFD-Broker mit einem Marktanteil von 17 Prozent der größte CFD-Anbieter nach der Zahl der Kunden.

Für die wichtigsten Underlyings kann der Kunde zwischen CFDs sowohl auf die Kassa-Produkte als auch die entsprechenden Terminkontrakte (Forwards) wählen. Letz-tere sind bedeutend günstiger, was die Haltekos ten angeht. Auch die Spesen sind moderat. Bei CMC Markets zahlt der Anle-

ger nur beim Handel mit Aktien-CFDs ge-ringe Kommissionen. Bei allen anderen Produkten entstehen nur Kosten in Form des Spreads, also der Differenz zwischen An- und Verkaufspreis, beim DAX zum Bei-spiel ein Punkt. Hält der Anleger die Positi-on über Nacht, fallen zusätzlich Finanzie-rungskosten an. Die Preise/Kurse der CFDs orien tieren sich an den jeweiligen Kursen der Underlyings an ihren Heimatbörsen bzw. bei den Währungen am Interbanken-Handel. Die CFDs bilden die Kursbewe-gung des Basiswertes nahezu eins zu eins ab.

handel rund um die uhr in london, new York und tokioHeikel wird es natürlich über Nacht.

Denn die Börse schläft nie. Rund um den Globus werden die Underlyings der Kon-trakte in den verschiedensten Zeitzonen in London/Frankfurt, dann in New York und an den Terminbörsen in Chicago und an-schließend in Fernost (Tokio/Shanghai/Sin-gapur) gehandelt, ehe die Märkte in Europa wieder ins Spiel kommen. Auf die Frage, was geschieht, wenn über Nacht die CFDs in die Verlustzone geraten, erläutert Chri-stian Korte von der FXFlat Wertpapierhan-delsbank GmbH: „Da ist zum einen der Margin Call, also die Aufforderung, Geld auf das Konto nachzuschießen. Damit wird verhindert, dass offene Positionen zwangs-aufgelöst werden. Darüber hinaus gibt es sogenannte garantierte Stopps, mit denen sich der Anleger vor Kurslücken schützt. Mit der Stopp-Loss-Order als Absicherung wie bei Aktien ist die Position aufgelöst.“

Gabor Mehringer von CMC Markets verweist als Absicherung neben einer stan-

dardmäßigen Stopp-Loss-Order auch auf den speziellen Trailing Stopp-Loss, dessen Ausführungspreis sich dynamisch mit dem Kurs des CFDs bewegt und somit gut für die Absicherung einmal erzielter Gewinne ge-eignet ist. Exklusiv bietet CMC überdies die garantierte Stopp-Loss-Order (GSLO) an, womit der Trader im Vorhinein genau weiß, wie hoch sein Verlustrisiko ist, da die Order immer genau zu dem Kurs ausgeführt wird, den er vorher festgelegt hat. Mehringer er-läutert: „Sie bezahlen zwar eine Prämie da-für, dass Ihre Order genau zu dem von Ih-nen festgelegten Preis ausgeführt wird. Aber dafür können Sie den Auftrag für einen DAX-CFD fünf oder zehn Punkte entfernt platzieren. Eröffnet dann der DAX z.B. 100 Punkte in der für Sie falschen Richtung, be-trägt Ihr Verlust dennoch nur die fünf oder zehn Punkte. Benötigen Sie die GSLO dann doch nicht, bekommen Sie bei CMC Mar-kets bis zur Hälfte dieser ,Versicherungs-prämie‘ zurück. Das bietet Ihnen kein ande-rer CFD-Broker.“

Mehringer weist auch darauf hin, dass sich CFDs vor allem aufgrund ihrer Kosten-struktur und Einfachheit als Absicherung für bereits bestehende Aktien- oder Wäh-rungspositionen eignen. „Angenommen, Sie haben in Ihrem Depot DAX-Aktien mit einem Gegenwert von 20.000 Euro und glauben an einen Rückschlag an den Märk-ten. Gehen Sie einfach mit CFDs auf den DAX in diesem Gegenwert short, dafür brauchen Sie aufgrund des Hebels lediglich ein Kapital von 400 Euro. Sollten sich nun noch Ihre Positionen besser schlagen als der Gesamtmarkt, besteht trotz Absicherung die Chance auf eine Outperformance Ihrer Strategie.“

Contract for Difference (CFD) ° Brennpunkt

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 81

„Mit Stopp-loss wird wie bei Ak-tien die Position

aufgelöst“Christian Korte,

FXflat Wertpapier-handelsbank GmbH

„Einen trailing stopp-loss bie-tet Ihnen kein anderer CFD-

Broker“Gabor Mehringer,

CMC Markets

Page 82: GELD-Magazin, Dezember 2015

versicherungPanorama

82 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

StArkE WortE ´´

„Verhindern Sie, dass sich da jemand

dazwischen drängelt!““

Der deutsche EU-Kom-

missar Günther Oettinger

warnt die Versiche-

rungsbranche davor, bei

der Digitalisierung den

Anschluss zu verpassen.

Die „Schnittstellen zu den Kunden“ müssten

verteidigt werden.

Rückzug. Die deutsche Ergo-Versiche-rung macht nun Ernst mit dem schrittweisen Rückzug aus dem klassischen Lebensversi-cherungs-Geschäft. Die bereits länger kolpor-tierten Pläne der Düsseldorfer betreffen offen-bar nicht zuletzt das Auslandsgeschäft: Die auf Kranken-, Unfall- und vor allem Lebensversi-cherungen spezialisierte Mailänder Ergo-Toch-

italienLand des Monats

ECkDAtEN (Italienische republik)

Staatsform Parlamentarische RepublikHauptstadt RomAmtssprache ItalienischStaatsoberhaupt Sergio MattarellaRegierungschef Matteo RenziFläche 301.277 km2

Einwohner etwa 60,7 MillionenBevölkerungsdichte rund 201,5 pro km2

Währung EuroBIP (Prognose 2015) etwa 1635 Milliarden EuroKfz-Kennzeichen IInternet-TLD .itInternat. Telefonvorwahl +39Staatsgründung 1861 (Ausrufung der Einheit Italiens)Nationalfeiertag 2. JuniGrößte Städte Rom, Mailand, Neapel, Turin, Palermo, GenuaVerwaltungsgliederung 20 RegionenNachbarstaaten Frankreich, Österreich, Schweiz, (San Marino), Slowenien, (Vatikanstadt)Höchste Erhebung Mont Blanc (umstritten, 4810 m), Gran Paradiso (4061 m)

„Sie müssen ein bisschen nacharbeiten.“

FMA-Vorstand Helmut Ettl attestiert Teilen der

Versicherungswirtschaft

Nachbesserungsbedarf

bei deren Vorbereitungen

auf „Solvency II“. Das

neue Regelwerk wird nach

etlichen Verzögerungen

mit Anfang 2016 in Kraft

treten. Einige heimische Versicherer erfüllen

die Anforderungen noch nicht in vollem

Umfang, wie es heißt.

„Das sind unglaubliche Zahlen!““

Josef Zechner, Universi-

tätsprofessor und Mitglied

der Wissenschaftlichen

Leitung bei Spängler

IQAM, kommentiert die

Ergebnisse des Ageing-

Reports der EU Kommis-

sion, wonach der Anteil der Sozialausgaben

am BIP bis 2060 auf 35,1 Prozent steigen

dürfte und fordert eine umfassende Reform des

heimischen Pensionssystems. CREd

ITS: b

eiges

tellt,

Archiv

, Wiki

media

, Shu

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Gerfried Karner, Continentale. Der ehe-malige Aricon-Manager Gerfried Karner erweitert seit November die Geschäfts-führung der Continentale Assekuranz Service GmbH in Wien. Der studierte Jurist, der nunmehr als Repräsentant der Continentale in Österreich fun-giert, kann auf eine über 20-jährige

NEuE GESIChtEr uND ALtE bEkANNtE

kArrIErEN IM FokuS

ter, Ergo-Italia, wurde kürzlich an die Private Equity Gesellschaft Cinven verkauft. Über den Kaufpreis der vier Teilgesellschaften Ergo Assi-curazioni, Ergo Previdenza, Ergo Italia Direct Network und Ergo Italia Business Solutions, die 2014 Prämieneinnahmen in der Höhe von knapp 360 Millionen Euro verbuchten, wurde, wie gewohnt, Stillschweigen vereinbart.

Praxiserfahrung im Finanzbereich zurückgreifen. Neben seiner neuen Position beim Lebensversicherungs- und BU-Spezialisten Continentale bleibt der gebürtige Kärntner auch weiterhin Vorstandsmitglied des Österreichischen Verbandes Finan-cial Planners.

Page 83: GELD-Magazin, Dezember 2015

SERVIC

E

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 83

FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNGEN ° LISTING

PORTFOLIOS AM PRÜFSTANDPERFORMANCE FONDSGEBUNDENE LEBENSVERSICHERUNGENANBIETER PORTFOLIO VERMÖGENSAUFTEILUNG 2012 2013 2014 1.1.-30.11. Ø SEIT START (P.A.) Allianz Elementar Lebensversicherung AG Dachfonds:1130 Wien, Hietzinger Kai 101-105 Allianz Invest Defensiv 100 % Renten 11,6 % 2,0 % 8,2 % 2,4 % 4,8 %Tel.: +43 1/878 07-0 Allianz Invest Konservativ 75 % Renten / 25 % Aktien 11,6 % 5,6 % 10,3 % 5,5 % 4,9 %Fax: +43 1/878 07-2830 Allianz Invest Klassisch 50 % Renten / 50 % Aktien 10,8 % 10,1 % 9,9 % 5,5 % 4,2 %www.allianz.at Allianz Invest Dynamisch 25 % Renten / 75 % Aktien 9,8 % 12,3 % 13,8 % 13,1 % 3,6 % Allianz Invest Progressiv 100 % Aktien 9,0 % 16,1 % 15,1 % 15,8 % 0,1 % Allianz Invest Portfolio Blue vermögensverwaltend – 5,2 % 9,8 % 10,1 % 3,9 % Einzelfonds: Allianz Invest Vorsorgefonds 100 % Renten 9,9 % 0,1 % 6,3 % -0,3 % 4,7 % Allianz Invest Rentenfonds 100 % Renten 13,5 % 4,0 % 11,8 % 0,7 % 5,5 % Allianz Invest Osteuropa Rentenfonds 100 % Renten 15,9 % 0,4 % 5,4 % 5,0 % 6,0 % Allianz Invest Osteuropa Fonds 100 % Aktien 15,4 % -9,0 % -17,8 % 6,5 % 4,1 % Allianz Invest Aktienfonds 100 % Aktien 16,9 % 19,8 % 4,0 % 9,8 % -0,9 % Allianz PIMCO Corporate 100 % Renten 12,6 % -4,7 % 19,3 % 15,1 % 4,1 % Allianz PIMCO Mortgage 100 % Renten 2,7 % -3,2 % 6,1 % 0,6 % 4,6 % Allianz Invest Austria Plus 100 % Aktien (Erstauflage 05.10.04) 20,9 % 8,9 % -9,7 % 12,3 % 4,5 %

FinanceLife Lebensversicherung AG FinanceLife-Lebensversicherung AG / Raiffeisen Fondspolizzen1029 Wien, Untere Donaustraße 21 I Hohe Sicherheit 100 % Renten 8,6 % 0,3 % 4,8 % 0,6 % 4,6 % (02.01.96)Service-Telefon: 0810/200 541 II Risikoarm 80 % Renten / 20 % Aktien 8,7 % 3,8 % 7,7 % 5,1 % 5,5 % (02.01.96)Fax: +43 1/214 54 01/3780 III Ausgewogen 55 % Renten / 45 % Aktien 7,6 % 2,8 % 9,0 % 5,4 % 5,9 % (02.01.96)E-Mail: [email protected] IV Dynamisch 25 % Renten / 75 % Aktien 9,6 % 8,5 % 9,8 % 7,1 % 6,4 % (02.01.96) www.financelife.com FinananceLife-Lebensversicherung AG / Salzburg-Invest KAG Fondspolizzen I Sicherheit 100 % Renten 4,0 % -0,7 % 4,5 % 0,6 % 3,2 % (01.04.99) II Ertrag 80 % Renten / 20 % Aktien 7,2 % -1,4 % 8,4 % 4,2 % 3,4 % (31.10.97) III Wachstum 50 % Renten / 50 % Aktien 8,8 % 3,5 % 10,7 % 6,7 % 2,9 % (31.10.97) IV Dynamik 25 % Renten / 75 % Aktien 10,0 % 7,0 % 12,5 % 8,8 % 1,7 % (01.04.99) FinanceLifeLebensversicherung AG / Kepler Fonds Polizzen I Sicherheit Plus 100 % Renten 11,4 % 1,5 % 6,6 % 1,3 % 4,4 % (01.01.00) II Sicherheit 80 % Renten / 20 % Aktien 13,7 % 4,8 % 7,6 % 3,8 % 3,6 % (01.01.00) III Ertrag 55 % Renten / 45 % Aktien 13,5 % 9,5 % 10,9 % 7,3 % 2,1 % (01.01.00) IV Wachstum 25 % Renten / 75 % Aktien 13,4 % 15,2 % 14,3 % 10,7 % 0,5 % (01.01.00) FinanceLife-Fondspolizzen I Hohe Sicherheit 100 % Renten 8,2 % 0,0 % 5,3 % 0,8 % 4,0 % (01.09.95) II Sicherheit mit Wachstumschance 80 % Renten / 20 % Aktien 7,3 % 1,6 % 10,2 % 4,4 % 4,7 % (01.09.95) III Wachstum mit begrenztem Risiko 55 % Renten / 45 % Aktien 7,2 % 3,4 % 9,8 % 6,4 % 4,5 % (01.09.95) IV Aktives Risikomanagement 25 % Renten / 75 % Aktien 9,1 % 8,1 % 10,2 % 8,2 % 4,4 % (01.09.95)

Mindestanlagesumme Einmalerlag: EUR 3.634,– Mindestanlagebetrag laufende monatliche Prämie: EUR 37,– Vertriebspartner: Berater der UNIQA Versicherungen AG, Raiffeisen Bankensektor, unabhängige Makler, vier Vermögensverwaltungen, in Summe sechzehn gemanagte Portefeuilles, unabhängige Fondsselektion aus einem Bestand von über 300 Fonds der renommiertesten Kapitalanlagegesellschaften

Generali Versicherung AG Aktienanteil Kurs 31.12.12 Kurs 31.12.13 Kurs 31.12.14 Kurs 30.11.15

1011 Wien, Landskrongasse 1–3Tel.: +43 1/534 01-0 Sicherheitsklasse ca. 25 % 15,13 € 15,75 € 16,70 € 17,49 €Fax: +43 1/534 01-4113 Balanceklasse ca. 50 % 13,50 € 14,62 € 15,92 € 17,20 €www.generali.at Dynamikklasse ca. 75 % 11,77 € 13,25 € 14,81 € 16,48 € Aktivklasse ca. 100 % 7,81 € 9,05 € 10,34 € 11,76 €

A 25 ca. 25 % 10,32 € 10,74 € 11,39 € 11,94 € A 50 ca. 50 % 8,56 € 9,27 € 10,09 € 10,89 € A 75 ca. 75 % 7,33 € 8,25 € 9,22 € 10,27 € A 100 ca. 100 % 5,87 € 6,80 € 7,77 € 8,84 €

WIENER STÄDTISCHE Versicherung AG PORTFOLIO VERMÖGENSAUFTEILUNG 2012 2013 2014 1.1.-30.11 . Ø SEIT START (P.A.)Vienna Insurance Group UNITED FUNDS OF SUCCESS1010 Wien, Schottenring 30Hotline: 050 350 351 WSTV ESPA Traditionell 2/3 Rentenfonds/1/3 Aktienfonds 9,1 % 5,7 % 8,1 % 2,6 % 4,1 % (15.07.03)www.ufos.at WSTV ESPA Dynamisch 1/3 Rentenfonds/2/3 Aktienfonds 8,3 % 10,4 % 8,5 % 4,4 % 3,9 % (15.07.03) WSTV ESPA Progressiv 100 % Aktienfonds 10,6 % 11,1 % 13,1 % 11,9 % 5,2 % (15.07.03) RT Active Global Trend – 6,3 % 14,1 % 8,6 % 0,2 % 1,3 % (17.01.00) RT Panorama Fonds – – 8,6 % 9,8 % 2,7 % 6,0 % (02.04.12)

Mindestanlagesumme Einmalerlag: EUR 3.500,– Mindestanlagebetrag laufende monatliche Prämie: EUR 70,– Todesfallschutz min./max. in % der Beitragssumme: 10–400

Page 84: GELD-Magazin, Dezember 2015

Die maßgebliche Änderung für die euro päische Versicherungswirtschaft

steht 2016 mit Solvency II vor der Tür. Die heimischen Vertreter halten sich für die He-rausforderungen des neuen Regelwerks gut gerüstet, das GELD-Magazin hatte in seiner vergangenen Ausgabe dazu ausführlich be-richtet. Welche anderen Entwicklungen und Trends erwarten uns im neuen Jahr?

persönlich und digitalHört man sich in der Branche um, lautet

ein entscheidendes Wort: Individualisie-rung. Robert Lasshofer, Generaldirektor der Vienna Insurance Group (VIG), führt aus: „Vor allem die Produktwelt in der Lebens-versicherung wird sich in den nächsten Jah-ren weiter ausdifferenzieren. Sie wird sich den geänderten Bedürfnissen der Kun-dinnen und Kunden noch individueller an-passen und gewissermaßen auch zu ihren ursprünglichen Wurzeln zurückkehren, dem Absichern von biometrischen Risiken wie Langlebigkeit, Tod und den nach wie vor unterschätzten Risiken wie Berufsunfä-higkeit und Pflegebedürftigkeit. Ebenfalls ein großes Thema: die fortschreitende Digi-talisierung.“ Um mit der Zeit zu gehen, wer-den Services wie persönliche Versiche-rungsberatung, Call Center-, Facebook- und Website-Informationen die VIG-Kun-den seit Kurzem auch per Video beraten. „Wir haben unsere umfangreiche App-Welt auf den neuesten Stand gebracht und bieten neben der Reiseversicherung mit unserer neuen Studentenversicherung ein weiteres Produkt zum Online-Abschluss an. Im nächsten Jahr werden wir unsere Digitali-sierungsoffensive fortsetzen“, so Lasshofer.Auch Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzen-

der der Allianz Gruppe in Österreich, greift das Stichwort Digitalisierung gerne auf und spricht von einer bipolaren Entwicklung in der Versicherungswirtschaft: „Einerseits se-hen wir digitale Effizienz-Maximierung und Bequemlichkeit, um dem Kundenbe-darf mit Fast Quote-Angeboten Rechnung zu tragen. Andererseits beobachten wir bei den Kunden die ,Sehnsucht‘ nach persön-lichem Dialog. Aus Umfragen wissen wir, dass derzeit 93 Prozent der Österreiche-rinnen und Österreicher einen persönlichen Ansprechpartner vor Abschluss einer Versi-cherung konsultieren möchten. Daher wen-den sich Kunden mit ihren Fragen zu Be-darfslagen und Versicherungs- und Vorsor-gelösungen am liebsten an ihren persön-lichen Berater.“ Grundsätzliches Ziel sei es, Kerngeschäftsprozesse auf einfacher, digi-taler Oberfläche abzubilden, die durch alle Stakeholder (Kunde, Betreuer) einfach be-dienbar sind, rasche Bearbeitung ermögli-chen und dem Kunden einen reibungslosen Wechsel des Touchpoints erlauben. Littich: „Inzwischen sind die wichtigsten Gegen-stände im Leben der Menschen Handy, Ta-blet und Co. Die ständige virtuelle Vernetzt-heit zwischen Menschen und auch Dingen bringt es daher mit sich, wollen wir unseren Kunden in ihrem Alltag begegnen, dass wir das ,mobil‘ tun müssen.“ Laut Peter Thir-ring, Vorstandsvorsitzender der Generali Gruppe Österreich, schreitet die Digitalisie-rung auch in seinem Unternehmen sehr rasch voran: „Neben der Vereinfachung vie-ler interner Prozesse nutzt die Generali auch moderne Medien, um mit ihren Kunden zu kommunizieren. Der elektronische Doku-mentenversand wird genauso genutzt wie Social Media-Kanäle – zum Beispiel Face-

book, YouTube, Xing etc. Auch diverse Apps stehen unseren Kunden zur Verfügung. Ein für 2016 geplantes Kundenportal wird die Kommunikation weiter erleichtern und den Kunden rasch und einfach Informationen zur Verfügung stellen.“ Die Erschließung der neuen Medien bildet aber auch für die Vertriebswege einen Schwerpunkt, der in der nächsten Zukunft weiter ausgebaut wer-den soll. Und natürlich ist man auch bei der Uniqa nicht untätig geblieben, was die neuen Medien betrifft: „Wir bauen das On-line-Angebot kontinuierlich aus. Derzeit können unsere Kunden zehn Produkte on-line abschließen. Am beliebtesten sind ein-fache Produkte wie die Reisekostenversi-cherung. Kürzlich haben wir auch einige Produkte der privaten Krankenversiche-rung online gestellt, hier werden wir weiter konsequent ausbauen“, erklärt Franz Mein-gast, Vertriebsvorstand Uniqa Österreich.

Vorsorge ohne garantiezinsAbgesehen von den (Un-)Weiten des

WWW wollte das GELD-Magazin natürlich wissen, welche Versicherungs-Gedanken Herrn und Frau Österreicher durch den Kopf gehen. Dazu meint Littich von der Al-lianz grundsätzlich: „Das Thema Existenz-absicherung/Vorsorge für die Pension wird cr

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84 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Vielen Österreicherinnen und Österreichern wird es bang ums Herz, wenn sie an ihren Ruhstand denken: Allzu üppig werden die Zahlungen nicht ausfallen. Deshalb orten heimische Versicherungen die persönliche Existenzabsicherung für die Pension als einen stark steigenden Trend. Weiters nimmt die Digitalisierung auch bei den Assekuranzen zu – was aber kein Widerspruch zu persönlicher Beratung sein muss. Harald Kolerus

Alle Augen auf die Pension gerichtet

„Kunden seh-nen sich auch

im Internet-Zeitalter nach

persönlicher Beratung.“Wolfram Littich,

Allianz

versicherung ° Trends

Page 85: GELD-Magazin, Dezember 2015

weiterhin an Bedeutung gewinnen.“ So sieht er auch einen Boom bei der neuen Lebens-versicherung „Allianz Fixkosten Plus“. Seit Beginn des Jahres ist man mit dem neuen Lebensversicherungsprodukt auf dem Markt, das einen Garantiezins von null Pro-zent aufweist: 80 Prozent des Neugeschäfts (Stand: September) kommen inzwischen aus Fixkosten Plus. Littich: „Die gesamte Gewinnbeteiligung liegt hier um durch-schnittlich 0,3 Prozentpunkte höher als bei einer konventionellen Lebensversicherung mit Garantiezins. Dieses Produkt bietet die höchste gesamte Gewinnbeteiligung unter den Top-Playern der Branche, eine deutlich höhere Flexibilität in der Ansparphase und die Möglichkeit der steuerbegünstigten be-liebig langen Weiterveranlagung mit der Option, jederzeit Teilentnahmen vorzuneh-men.“ Mit einer zweiten versicherten Per-son sei auch die Vermögensweitergabe an die nächste Generation gesichert. „De facto kann heute niemand genau voraussagen, wie hoch seine staatliche Pension in 20, 30 oder mehr Jahren sein wird, aber dass der Finanzierungsbedarf der Fixkosten auch in der Pension weiter besteht, ist sicher“, so Littich. Thirring von der Generali fügt hin-zu: „Vorsorge ist und bleibt eines der Top-Themen in Österreich. Speziell bei Renten-versicherungen gibt es Nachholbedarf. Vie-len Menschen wird bewusst, dass es ergän-zend zur staatlichen Pension auch einer pri-vaten Vorsorge bedarf, um nach dem Er-werbsleben seinen Lebensstandard shalten zu können. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld ist die Versicherungswirtschaft besonders gefordert, attraktive Produkte für ihre Kun-den anzubieten.“ Thirring meint, dass dies der Generali etwa mit dem Generali Life-

Plan „hervorragend“ gelungen sei. Aber auch auf anderer Ebene ist sein Unterneh-men aktiv: „Die Pensions- und Gesund-heitsvorsorge gewinnt in der österrei-chischen Bevölkerung immer mehr an Be-deutung. Mit Aufklärungskampagnen möchten wir zu einem gesünderen Lebens-stil animieren und die Menschen für ihr wichtigstes Gut, ihre Gesundheit, sensibili-sieren. Im Bereich der Altersvorsorge sowie der Pflege- und Berufsunfähigkeitsversi-cherung sehen wir eine anhaltende Nach-frage, der wir mit individueller Beratung nachkommen.“

pensions-schockNicht ganz neu in Österreich ist das

Pensionskonto – dafür sind jetzt schon Aus-wirkungen abzuschätzen. Denn mit dem Zugang zum Pensionskonto wird vielen Menschen erst wirklich bewusst, mit wel-cher Pension sie rechnen können und wie

hoch die Differenz zu ihrem Aktiveinkom-men ist. Thirring: „Die Höhe der tatsächlich zu erwartenden Pension liegt im Regelfall unter den Erwartungen. Diese Erkenntnis hat schon sehr viele Kunden bewogen, in eine private Vorsorge zu investieren. Hierzu bietet die Generali einen besonderen Ser-vice. Auf Wunsch schalten unsere Kunden-betreuer im Rahmen eines Kundenge-sprächs die Handy-Signatur frei und der Kunde bekommt damit den sofortigen Ein-blick in sein persönliches Pensionskonto. Dieser Service wird von unseren Kunden sehr gut angenommen. Das Pensionskonto ist die Basis für jede seriöse Beratung in Richtung Pensionsvorsorge. Meingast (Uni-qa) meint zum Thema: „Mit den längeren Durchrechnungszeiträumen, die zur Er-mittlung der Pensionshöhe herangezogen werden, wird die staatliche Pension speziell für junge Menschen kontinuierlich schlech-ter ausfallen. Dank des neuen Pensionskon-

Trends ° versicherung

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 85

° So SorGEN wIr ÖStErrEIchEr vor

Laut einer IMAS-Studie im Auftrag der Erste Bank lassen sich die Österreicherinnen und Österreicher grundsätzlich in drei Spartypen einteilen. Erstens: Der „Traditionelle“ spart rund 174 Euro im Monat und möchte für das Alter vorsorgen. Er ist skeptisch gegenüber Wertpapieren und setzt auf die klassischen Produkte wie das Sparbuch, den Bausparver-trag oder die Lebensversicherung. Zweitens: Die Wenigsparer legen im Durchschnitt 156 Euro pro Monat zur Seite. Ein Drittel von ihnen gibt an, nicht genug Geld zum Sparen übrig zu haben. In dieser Gruppe ist das Sparbuch bzw. der Bausparvertrag das Produkt Num-mer eins. Jeder Fünfte besitzt aber gar kein Produkt. Jeder Vierte interessiert sich zwar für das Thema Geld und Sparen, weißt aber nicht so recht, wie er sein Geld anlegen soll. Drittens: Die Vielseitigen sehen die frühzeitige Altersvorsorge als Muss. Mit 297 Euro er-reichen sie auch den höchsten monatlichen Sparbetrag. Jeder Fünfte ist risikobereit bei der Geldanlage und jeder Zweite denkt oft darüber nach, was die beste Anlageform wäre. Drei von vier haben ihrer Meinung nach für sich auch die beste Anlageform gefunden.

„Das Pensions-konto wird das Bewusstsein für private Vorsor-

ge noch weiter steigen lassen.“

Franz Meingast, Uniqa

„Die Pro-duktwelt in der

Lebensversi-cherung wird

sich weiter aus-differenzieren.“

Robert Lasshofer, Wiener Städtische

Page 86: GELD-Magazin, Dezember 2015

86 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

tos erwarten wir, dass das Bewusstsein für die private Vorsorge weiter steigt. Die Bran-che muss speziell für die Klassische Lebens-versicherung (KLV) neue Produktideen mit innovativen Lösungen entwickeln, die für Kunden attraktiv sind.“ Die KLV wird laut Meingast in ihrer alten Form mit Garantie-verzinsung und aufgrund der Kostenkalku-lation immer mehr in den Hintergrund tre-ten. Der Experte: „Konsumenten werden neue Produkte fordern, die flexibler und transparenter sind und Versicherer werden darauf entsprechend reagieren. Uniqa Öster reich hat bereits in diesem Jahr auf die häufige Kritik seitens der Konsumenten-schützer reagiert und die Klassische Le-bensversicherung Neu auf den Markt ge-bracht.“ Insgesamt wurden bei Uniqa Österreich und der Raiffeisen Versicherung von Jänner bis Ende September 2015 rund 35.000 neue Lebensversicherungsverträge abgeschlossen. Meingast: „Damit verkauft sich die neue klassische Lebensversicherung um mehr als zehn Prozent besser, als sich die alte klassische Lebensversicherung im Vergleichszeitraum verkauft hat. Bis Jahres-ende erwarten wir insgesamt 40.000 Stück verkaufte neue Lebensversicherungen.“

FlV Für risikobewussteVon den fondsgebundenen Lebensver-

sicherungen (FLV) wurden bei der Uniqa 5851 Stück FlexSolution verkauft. Im Ver-gleich zum Vergleichszeitraum des Vor-jahres ist das ein leichter Rückgang von rund 2000 Stück. „Bedingt ist das durch den Wegfall des klassischen Anteils in der Flex-Solution. Damit haben sich viele Kunden anstelle der FlexSolution für die neue klas-sische LV entschieden“, so Meingast. Für Kunden mit einer höheren Risikobereit-schaft empfiehlt auch Littich die fondsge-bundene Lebensversicherung als eine inte-ressante Alternative: „Langfristige Bespa-rung mit soliden Fonds und dem Mantel der Lebensversicherung sprechen für sich. Wer beispielsweise mehr Risiko eingehen möchte, kann eine FLV mit einem höheren Aktienanteil wählen – da bieten wir eine Dachfondspalette von 25 Prozent bis 100 Prozent Aktienanteil. Über lange Lauf-

zeiten, mehr als zehn Jahre, werden Kurs-schwankungen geglättet, deshalb empfeh-len wir auch immer Sparpläne.“ Neu bei der VIG ist seit 1. Oktober „Plus Invest – Limi-ted Edition“ im Programm. „Sie kombiniert die Vorteile einer KLV mit den Ertragschan-cen einer Fondsveranlagung und zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus: Je nach in-dividueller Lebenssituation sind Kapitalent-nahmen, Prämienzuzahlungen oder Prä-mienpausen möglich und man kann aus drei – unterschiedlich gewichteten – Ver-anlagungspräferenzen in Fonds und Deckungsstock wählen. Wir haben die An-gebotsfrist aufgrund der großen Nachfrage bis Sommer 2016 verlängert.“

auFholpotenzialWas den Vorsorgebereich betrifft, dürf-

te sich unter den Versicherungsnehmern also schön langsam die Erkenntnis durch-gesetzt haben, dass für spätere Zeiten Geld in die Hand genommen werden muss, eben etwa mittels KLV oder FLV. Das GELD-Ma-gazin wollte von den heimischen Asseku-ranzen aber auch wissen, welche Risiken von Kunden unterschätzt werden? Wo herrscht Nachholbedarf? Lasshofer dazu: „Vor allem in den Bereichen Berufsunfähig-keits- und Pflegevorsorge. Berufsunfähig-keit ist ein Existenz bedrohendes Risiko, das in Österreich noch dramatisch unterschätzt wird. Zum Vergleich: In Deutschland ist je-der Zweite versichert, bei uns nur jeder 40ste. Hier bemühen wir uns – ebenso wie beim Thema Pflege – verstärkt Bewusstsein zu schaffen.“ Ähnlich lautet die Einschät-zung von Meingast: „Das Langlebigkeitsri-siko wird am häufigsten unterschätzt. Des-wegen entscheiden sich immer noch fast alle Kunden am Ende der Laufzeit einer Le-bensversicherung für eine Kapitalauszah-lung. Nur etwa fünf Prozent wählen eine monatliche Rentenleistung und das, obwohl knapp zehn Prozent der heute 65-Jährigen den 100. Geburtstag erleben werden.“ Auf-holpotenzial gibt es laut dem Experten da-her bei Rentenverträgen. Auch die Pflege-versicherung sei ein Thema, das von vielen Menschen häufig ausgeklammert werde. „Auch in diesem Bereich erwarten wir, dass

das Bewusstsein der Menschen steigt und das Produkt künftig stärker angenommen werden wird. Unterschätzt wird häufig auch der Kfz-Lenkerschutz: Dieser relativ güns-tige Baustein, der in die Kfz-Haftpflichtver-sicherung eingeschlossen werden kann, schützt Autolenker vor den Unfallfolge-kosten und springt auch bei selbst verschul-deten Unfällen ein, wenn kein anderer zum Schadenersatz verpflichtet ist. Zudem über-nimmt der Lenkerschutz Kosten für Hei-lung, Pflege, Verdienstentgang und vieles mehr.“ Auch Littich verweist auf unter-schätzte Risiken und fügt hinzu: „Es braucht Versicherungslösungen für die Absicherung von Hinterbliebenen, Berufsunfähigkeit, Pflege, Langlebigkeit und Kapitalaufbau, daran wird sich auch in zehn Jahren nichts ändern, wie die Prognosen zeigen.“ Auch die Einschätzung von Generali-Vorstand Thirring reißt hier nicht aus: „Im Bereich der Vorsorge sehen wir noch sehr großes Aufholpotenzial, speziell in der Pflege- und Berufsunfähigkeitsversicherung. Das Be-wusstsein für deren Notwendigkeit ist in der Bevölkerung noch deutlich unterreprä-sentiert.“

kundenwünscheKnapp vor Weihnachten wollten wir

von den Versicherern noch wissen, welche Wunschzettel sie denn bei ihren Kunden orten? Thirring: „Aufgrund sich sehr schnell ändernder Lebenssituationen steht die Flexibilität der Produkte an oberster Stelle der Prioritätenliste der Kunden und Kundinnen.“ Die anderen Assekuranzen wollen dem nicht widersprechen, so fasst Lasshofer zusammen: „Kunden wollen Fle-xibilität und Transparenz – und am besten eine Kombination aus beidem.“ cr

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versicherung ° Trends

„Speziell in der Pflege- und

Berufsunfähig- keitsversiche-

rung sehen wir viel Potenzial.“

Peter Thirring, Generali

Page 87: GELD-Magazin, Dezember 2015

CYBER-SECURITY WISSEN

DEZEMBER 2015 – GELD-MAGAZIN ° 87

Für wen sind Schlagworte wie IP-to- Everything, IPv6, Smart-Everything,

Machine2Machine und Embedded Systems so selbstverständlich wie das Amen im Ge-bet? Wohl nur für ganz wenige Spezialisten. Und die beschäftigen sich dann mit Cyber-Security. Hoffentlich. Denn Infektion durch Schadsoftware macht immer mehr Compu-ternutzern schwer zu schaffen.

Fast täglich lesen wir von Datenver-lusten und von IT-Sicherheitsverletzungen. Nicht einmal die Schutzmechanismen wie z. B. digitale Zertifikate von DigiNotar sind vor Hackern sicher. Die Digitalisierung un-serer Welt schreitet trotzdem voran und nicht immer stehen Sicherheitsüberlegun-gen beim Design innovativer Lösungen im Vordergrund. Das potenzielle Risiko von Sicherheitslücken und die rasant anstei-gende Zahl von Cyber-Angriffen haben sich zum Schreckgespenst der digitalen Welt entwickelt.

Gemäß einer Sicherheitsstudie von Mi-crosoft belegt die Infektion durch Schad-software den ersten Platz der Gefährdungen für die Unternehmens-IT. Sie hat damit „Irrtum und Nachlässigkeit der Mitarbei-ter“ auf Platz zwei verdrängt. 74 Prozent der Teilnehmer der Studie von 2014 waren in den vorangegangenen zwei Jahren von Mal-ware-Vorfällen betroffen gewesen.

Aber ein Hacker muss nicht unbedingt ein Verbrecher sein. Wenn er dem Auf-decken von Sicherheitslücken dient, ist es sogar ein durchaus lukrativer Job. Der Si-cherheitstechniker und Hobby-Hacker Jor-dan Wiens wurde z. B. von United Airlines mit einer Million Flugmeilen belohnt, weil

er die Airline auf Sicherheitslücken auf ih-rer Homepage und in der App aufmerksam gemacht hat. Und Hacker, die am „Google Vulnerability Program“ teilnehmen, werden mit bis zu 20.000 Dollar belohnt. Neben Google zahlen auch Swisscom, Facebook und Microsoft im Rahmen ihrer „Bug Bounty“-Programme Prämien an Hacker, die Sicherheitslücken in ihrem Unterneh-men aufdecken.

AUCH DER US-AUSLANDSGEHEIM-DIENST NSA WURDE AUSGESPÄHTDer erste, der einen Internet-Wurm der

Computergeschichte entwickelte, hieß Ro-bert Tappan Morris alias rtm. Pikanterweise war sein Vater zu dieser Zeit Chef der Si-cherheitsabteilung des US-Auslandsgeheim-dienstes National Security Agency (NSA). Morris programmierte den heute legendä-ren Morris-Wurm 1988 im Alter von 23 Jah-ren und unterrichtet als Professor am Mas-sachusetts Institute of Technology (MIT). Kevin Mitnick alias Condor wiederum ver-dankt seinen zweifelhaften Ruhm nicht nur diversen Hacks in die NSA-Computer, son-dern auch in das Netzwerk des Pentagon, des Hauptsitzes des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums bei Washing-ton. Er wurde mehrfach verhaftet und durf-te einige Jahre lang keine EDV-Sys teme nut-zen. Heute arbeitet er als Sicherheitsberater und Online-Journalist. Berühmt wurde auch Vladimir Leonidovich Levin, dessen Hack als erster vollständig dokumentierter Online-Bankraub in die Geschichte ein-ging. Levin erleichterte die Citibank in New York um zehn Millionen US-Dollar und

wurde 1995 von Interpol gefasst. Evgeniy Mikhailovich Bogachev alias „lucky12345“ wiederum führte 2014 die sogenannte „Cyber Most Wanted“-Liste des FBI an. Mit dem Botnetz „Gameover Zeus“ soll er bei bis zu einer Million Computern Passwörter ausgespäht und Malware verbreitet haben.

Die Welt der Cyber-Kriminalität ist inzwischen so irre, dass Blackhole, eine Web-Anwendung für die Verbreitung von Malware und Spyware, gegen Entrichtung einer Abo-Gebühr sogar von Hackern ge-mietet werden kann. Blackhole wird (ver-mutlich) von russischen Cyber-Kriminellen entwickelt, die sehr schnell auf neue Sicher-heitslücken reagieren. Als Malware werden Computerprogramme bezeichnet, die da-rauf abzielen, vom Benutzer unerwünschte und oft schädliche Funktionen auszufüh-ren. Gefährlich sind auch Botnetze (engl. Botnet), in dem mehrere Millionen – oft privater – Computer per Fernsteuerung zusammengeschlossen sind und zu be-stimmten Aktionen missbraucht werden. „Bot“ leitet sich von „Robot“ ab und steht für ein Programm, das ferngesteuert auf vernetzten Rechnern läuft – z. B. zum Ver-sand von Spam-Mails oder für Denial-of-Service-Angriffe (DoS-Angriffe), die zu einer Überlastung von Infrastruktursyste-men führen.

Die oft illegal an Dritte weitervermie-teten Botnetze werden auch „Zombie-Rech-ner“ genannt. Der Rechner wird nämlich wie ein Zombie – ein willenloses Werkzeug – zum Leben erweckt: Er erhält die entspre-chenden Befehle vom Botnetz-Betreiber und führt sie aus.CR

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Infektionen durch Schadso�ware nehmen inzwischen den ersten Platz der Gefährdungen für die Unterneh-mens-IT ein. Datenverluste und IT-Sicherheitsverletzungen gehören zum Alltag. Jeden Tag kommt irgendeine Mail herein, die von der Anti-Spy-So�ware abgewehrt wird. Wolfgang Freisleben

Cyber-Security – das unbekannte Wesen

Page 88: GELD-Magazin, Dezember 2015

Kritiker nennen sie ein Reförmchen, das nicht den Namen Steuerreform, son-

der lediglich Tarifreform verdienen würde. Tatsächlich betrifft das Kernstück des rot-schwarzen Elaborats die Steuerstufen. Gleich geblieben ist, dass für ein Brutto-Einkommen bis 11.000 Euro pro Jahr keine Steuern zu bezahlen sind. Für Einkommen ab 11.000 Euro pro Jahr gibt es bis jetzt drei weitere Tarifstufen – mit den Änderungen 2016 werden sechs verschiedene Tarifstufen eingeführt. Es handelt sich also um einen Prozess der Ausdifferenzierung (Details sie-he Tabelle rechts unten). Entscheidend ist, dass der harte Übergang des Eingangsteuer-satzes ab 11.000 Euro Jahresverdienst von 36,5 auf 25 Prozent abgesenkt wird. Das soll leistungsfördernd wirken und uner-wünschte Phänomene wie Schwarzarbeit eindämmen. Und natürlich soll auch eine deutliche Entlastung – im Raum stehen rund fünf Milliarden Euro – der Bürger zu spüren sein, um Konsum und Konjunktur anzufeuern. Auf der Agenda stehen weiters zum Beispiel die Erhöhung der Negativ-steuer für Kleinstverdiener oder die Erhö-hung der Familienbeihilfe.

Budgetloch?Prinzipiell ist es eine lobenswerte Idee,

in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten eine Entlastungsoffensive zu starten. Einziger, aber entscheidender Knackpunkt ist dabei, dass im Staatssäckel natürlich die eine oder andere Milliarde fehlen wird. Ge-genmaßnahmen wurden eingeleitet: Mehr Steuerdisziplin, also schärfere Kontrollen durch den Fiskus, soll Vater Staat wiederum mehr Einnahmen verschaffen; die Bekämp-fung von Steuerbetrug (Stichwort: Regis-

trierkassenpflicht, dazu später mehr) soll immerhin 1,9 Milliarden Euro in die ohne-dies knappe Staatskassa spülen. Hinzu kom-men die erhofften Konjunktur belebenden Effekte. Aber damit ist es noch nicht genug, einnahmenseitig wurden noch andere Än-derungen beschlossen, die den Steuerzahler durchaus schmerzen können.

Immos: es wIrd teurerDas betrifft etwa den Bereich der Im-

mobilienbesteuerung. Hier gibt es massive Änderungen durch die Steuerreform, es wird als Folge mit Mehreinnahmen von 550 Millionen Euro jährlich für Vater Staat ge-rechnet. Einen drastischen Einschnitt stellt die Anhebung der Grunderwerbsteuer und der Eintragungsgebühr bei unentgeltlichen Übertragungen (Schenkungen, Erb-schaften) innerhalb der Familie dar. Bis zum 31. Dezember 2015 beträgt die Grund-erwerbsteuer für diese Fälle zwei Prozent vom dreifachen Einheitswert, ab dem 1.Jän-ner 2016 bemisst sich diese nach dem soge-nannten Grundstückswert und unterliegt einem gestaffelten Tarif von 0,5 bis 3,5 Pro-zent. Es wird also teurer, wobei Casandra Hermann, geschäftsführende Gesellschaf-terin der Steuerberatungskanzlei Taxser-vices, einen Tipp parat hat: „Werden Immo-bilien an Kinder im Sinne einer vorwegge-nommenen Erbfolge geschenkt, können di-ese durch Einräumung eines Wohnrechts, Fruchtgenussrechts oder/und durch ein Be-lastungs- und Veräußerungsverbot ge-schützt werden.“ Die Expertin rät aber gleichzeitig zur Vorsicht: „Sonderkonstruk-tionen über Personengesellschaften werden künftig ebenfalls erschwert und sind daher in den meisten Fällen keine Alternative

mehr. Außerdem ist zu beachten: Werden Übertragungen innerhalb von fünf Jahren an ein und dieselbe Person durchgeführt, sind diese zusammenzurechnen und erhö-hen damit den Steuersatz.“ Ob sich die Übertragung von Immobilien noch heuer auszahlt – schließlich drängt schon die Zeit –, sei laut Hermann nach genauer Analyse von Fall zu Fall zu entscheiden, wobei je-denfalls die Beratung eines Fachmannes zu suchen sei. Aber nicht nur beim Verschen-ken und Erben setzt der Fiskus den Hebel an – auch der Verkauf von Immobilien wur-de ins Visier genommen. Denn die soge-nannte Immobilienertragsteuer wird künf-tig von 25 auf 30 Prozent klettern. Diese Anhebung gilt sowohl im privaten als auch betrieblichen Bereich, ebenso wie für Alt-vermögen. Damit erhöht sich die Immobi-lienertragsteuer bei Altvermögen (Grund-stücke, die vor 31. März 2002 erworben wurden) von 3,5 auf 4,2 Prozent des Ver-kaufspreises. Tipp von Taxservices: „Maß-geblich ist das sogenannte ,schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft‘, also der Kaufver-trag. Wird dieser noch bis 31. 12. 2015 abge-schlossen, so gilt noch die Altregelung.“ Trotz der eher seltenen Anwendungsfälle könnte man auch folgende zwei Erleichte-rungen im Auge behalten. Zum einen kön-nen Verluste aus Immobilienveräußerungen nunmehr auf 15 Jahre verteilt und zu 60 Prozent mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegenverrechnet werden (bisher war dies nur im Jahr der Verlustent-stehung möglich). Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass bei Versteuerung der Ein-künfte zum Tarif auch Ausgaben wie zum Beispiel Beratungskosten, Maklerkosten etc. abgezogen werden. cr

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service ° Steuertipps

88 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Jetzt ist es bald soweit: Nach unendlichen politischen Diskussionen, Querelen und Schlagabtäuschen konnte sich die Regierung auf die mit Spannung erwartete Steuerreform einigen. Mit Beginn des nächsten Jahres tritt sie in Kraft. Tipps, wie sich der brave Bürger auf die Novelle am besten einstellt, kann man schon jetzt geben. Harald Kolerus

reform steht vor der Tür

Page 89: GELD-Magazin, Dezember 2015

vermIetung und verpachtungWer sich als Immobilienbesitzer jetzt

bereits „geschröpft“ vorkommt, muss noch einmal die Zähne zusammenbeißen. Ände-rungen stehen nämlich auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Sie betreffen einerseits die Abschreibungsmög-lichkeiten des Kaufpreises, andererseits die Kosten für Wohnungssanierungen. Bei den Abschreibungssätzen ergeben sich insofern Änderungen, als dass nunmehr der zwei-prozentige Abschreibungssatz für Althäuser wegfällt und damit die gesetzliche Abschrei-bung 1,5 Prozent beträgt, was einer Nut-zungsdauer von 66,67 Jahren entspricht. Bei Sanierungsaufwendungen, die bisher auf zehn Jahre zu verteilen waren, verlängert sich die Dauer auf 15 Jahre. Auch sind bis-herige Instandsetzungsaufwendungen auf 15 Jahre umzurechnen. Im betrieblichen Bereich gibt es ebenfalls die verpflichtende Verteilung von Instandsetzungsaufwand für Wohnhäuser auf 15 Jahre und die Berichti-gungspflicht für Wertsansätze der Vorjahre. Zudem werden bei Gebäuden im Betriebs-vermögen die Abschreibungsdauern von bisher 2, 2,5 bzw. 3 Prozent auf 2,5 Prozent für alle Büro- und Betriebsgebäude verein-heitlicht und für alle Wohngebäude auf 1,5 Prozent reduziert. Die Sonderregelung der Aufteilung der Anschaffungskosten in 80 Prozent Gebäude und 20 Prozent Grund und Bodenanteil gab es bisher auch im Be-triebsvermögen nicht, hier ist man daher weiterhin auf ein Schätzgutachten angewie-sen. Zu beachten: Die Änderungen treten zwar erst ab 2016 in Kraft, jedoch müssen

bei bestehenden Gebäuden diese trotzdem vorgenommen und damit im Jahr 2016 berichtigt werden. Tipp: Auch im Privat-bereich kann eine andere Aufteilung als nunmehr 60/40 bzw. auch eine andere Abschreibungsdauer gewählt werden, wenn ein diesbezügliches Schätzgutachten vorliegt.

dIe unBelIeBte KassaKommen wir jetzt zum Punkt Steuer-

ehrlichkeit. Mit der Reform wurde die Re-gistrierkassenpflicht ab 1. Jänner 2016 ein-geführt. Danach sind alle Bareinnahmen zum Zwecke der Losungsermittlung mit einer elektronischen Registrierkassa oder einem sonstigem Kassensystem einzeln zu erfassen. Betroffen davon sind alle Betriebe, deren Umsätze 15.000 Euro und deren Bar-umsätze 7500 Euro im Jahr übersteigen. Achtung: Unter Barumsätze fallen auch Bankomat- und Kreditkartenzahlungen. Steuerberaterin Eva Prent hat in diesem Zu-sammenhang in ihren „Steuertipps zum Jahresende 2015“ eine kleine Empfehlung

zur Hand: „Sollten Geschäftstreibende be-reits heuer in eine neue Registrierkassa in-vestiert haben, so kann eine Prämie in der Höhe von 200 Euro in der Steuererklärung 2015 beantragt werden. Die Prämie wird dem Abgabenkonto gutgeschrieben.“ Bei Taxservices fügt man hinzu: „Da unter Re-gistrierkassa jedes elektronische Aufzeich-nungssystem fällt, genügt im einfachsten Fall eine Software für einen PC, ein Note-book, ein Tablet oder auch ein Smartphone mit angeschlossenem Drucker. Auch wer-den von manchen Softwareherstellern Cloud-Lösungen angeboten.“

FazItDie Reform zielt auf Entlastung, Verein-

fachung, Bürokratieabbau, Konjunkturbele-bung und Budgetkonsolidierung ab. Ob die hehren Pläne aufgehen, bleibt abzuwarten. Gerade der Bürokratieabbau und die Ein-führung der Regestrierkassenpflicht er-scheinen als ein Widerspruch in sich selbst – es herrschen Verwirrung und Unmut. Fest zu halten bleibt, dass die Reform nicht nur Entlastungen bringen wird, so wurde auch in gewissen Bereichen die Umsatzsteuer von zehn auf 13 Prozent angehoben.

Steuertipps ° service

DEZEMbEr 2015 – GELD-MAGAZIN ° 89

„Ob sich die Im-mobilien-Über-tragung heuer noch auszahlt, ist im Einzelfall

zu prüfen.“Casandra Hermann,

taxservices

° 2016: ENTLAsTuNG Durch TArIfrEforM Tarifmodell NeU Tarifmodell Bisher Stufe biS SteuerSatz Stufe biS SteuerSatz 11.000,-- € 0 % 11.000,-- € 0,0 % 18.000,-- € 25 % 25.000,-- € 36,5 % 31.000,-- € 35 % 60.000,-- € 43,2 % 60.000,-- € 42 % darüber 50,0 % 90.000,-- € 48 % 1.000.000,-- € 50 % darüber (befristet für 5 Jahre) 55 %

Quelle: taxservices.at

Page 90: GELD-Magazin, Dezember 2015

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BUCHTIPPSNeuerscheiNuNgeN & Pflichtlektüre

90 ° GELD-MAGAZIN – DEZEMbEr 2015

Janne Kipp beschreibt ein Kartell von Banken, Politikern und multinationalen Konzernen, von denen die Bürger Europas gezielt immer mehr enteignet werden. Das beginnt bei der Staatsverschuldung, durch die über Steuern und Zinszahlungen immer mehr erarbeitetes Geld aus den Taschen der Bürger in die Kassen der Finanzkonzerne fließt. Der Garant dafür ist das Geldsystem, das der Autor analysiert: Die Banken „schöpfen“ mit der Kreditvergabe ohne viel Arbeit unendlich viel Geld aus Luft, das sie den Kreditnehmern auf den Konten gutschrei-ben. Dass Staatsbankrotte und Schuldenerläs-se immer wieder notwendig sind, darf dann nicht überraschen. Und am Ende gewinnt im-mer die Bank und der Steuerzahler haftet. Mit dem diskutierten Bargeldverbot entkommt der Bürger der Bank dann überhaupt nicht mehr – sein Guthaben ist im Fall der Bankpleite nur mehr eine Forderung an die Konkursmasse. Nur Bares ist eben Wahres (Geld). Dieses Geld-system hat auch die Zentralisierung zur Folge. In wessen Interesse, analysiert Janne Kipp ebenso akribisch wie die Konsequenzen der überbordenden Macht der EU-Institutionen und der Regierungen. Er beschreibt sämtlich For-men der „finanziellen Repression“, mit denen wir geschröpft werden – u.a., um die Schul-denpolitik der Regierungen zu finanzieren. Der Ausweg für den Bürger ist die „Smart-Money-Strategie“, die auch die Großen, die Besitzen-den, verfolgen. Hier stellt der erfahrene Analyst Janne Kipp verschiedenste Anlageformen auf den Prüfstand und entwickelt daraus eine kon-kret umsetzbare Strategie – unter Einschluss von Aktien, Edelmetallen und Edelsteinen.

Uwe Wagner hat einen Leitfaden für all jene verfasst, die eine professionelle und vor allem profitable Beschäftigung als Trader an der Börse anstreben. Das Buch vermittelt verständlich und strukturiert eine Fülle von theoretischen und praktisch umsetzbaren Informationen, die für den persönlichen Tradingerfolg unerlässlich sind und auch Informationslücken füllen, die in der bisherigen Fachliteratur nur zum Teil oder noch gar nicht angeschnitten wurden.Dabei kann der Autor auf 25 Jahre Erfahrung und erfolgreicher Arbeit an den Börsen EUREX und MEFF zurückgreifen. Er stellt die an der Terminbörse gehandelten Produkte verständ-lich dar, ergänzt durch die „Spurenfindung“ und richtige Interpretation der Aktivitäten dominanter Marktakteure. Wagner stellt zudem die Grundstruktur von Handelsansätzen vor, die er bis heute selbst aktiv am Markt einsetzt. Abgerundet werden die Ausführungen mit Hinweisen zum Umgang mit Verlusten oder den Schwierigkeiten beim Wechsel vom Simulationshandel hin zu Echtgeldhandel. Der Autor erläutert praxisnah die Vorbereitung eines Handelstages und die Beendigung des Tradings durch das Führen eines Handelstage-buches. Darüber hinaus findet der Leser in diesem Buch viele Anregungen und Problem-klärungen rund um das Trading, berichtet aus der eigenen Erfahrung des Autors aus seinem langen Berufsleben mit allen Höhen und Tiefen. Nach dem Studium des Buches sollte jeder seine Chancen deutlich erhöhen und mit erfolgreichem Trading seinen Lebensunterhalt aufbessern oder sogar verdienen können.

Dieses Buch zeichnet in der bereits 11. Auflage ein erschreckendes Bild, das wohl kaum an Aktualität verloren hat, auch wenn die Schauplätze und die Art der Bedrohung wechseln. So muss sich wohl jeder fragen, wie es zu den plötzlichen Flüchtlingsströmen kommen konnte, die Europa überfluten, ohne dass davor gewarnt wurde. Bis zum Fall der Sowjetunion war jedenfalls über mehr als 40 Jahre hinweg in mehreren westeuropäischen Ländern ein durch die NATO und die militä-rischen Geheimdienste koordiniertes Netzwerk von paramilitärischen Einheiten unter dem Namen „Gladio“ in schwere Verbrechen verwickelt, darunter Mord, Folter, Staatsstreich und Terror. Sie wurden vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA und dem britischen MI6 trainiert. Gezielt wurden Attentate sogar gegen die eigene Bevölkerung ausgeführt, um Unsicherheit zu erzeugen und den Ruf nach einem starken Staat zu unterstützen. So z. B. die Bombenexplosion am Bahnhof von Bologna, bei der 85 Menschen starben und 200 schwer verletzt wurden. Auch in anderen NATO-Staaten wie Belgien und Frankreich waren es keine Gewaltakte der Linken, sondern Staatsterrorismus. Viele dieser Verbrechen sind heute der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt. Politische Manipulation, verdeckte Kriegsführung, Mord und Terror: Bisweilen ermöglichen historisch-kritische Forschungen Einblicke in Abgründe kaltblütig kalkulierender Politik. Daniele Ganser ist es gelungen, ein schmutziges Kapitel transatlantischer Schattenpolitik sichtbar zu machen.

DIE GROSSE ENTEIGNUNG

Janne Jörg Kipp.

Kopp Verlag, 336 Seiten

NATO-GEHEIMARMEEN IN EUROPA:

INSzENIERTER TERROR

UND VERDEcKTE KRIEGSfüHRUNG

Daniele Ganser, Verlag Orell fuessli, 446 Seiten

DIE BERUfSAUSBILDUNG zUM TRADER:

DIE PERfEKTE VORBEREITUNG

füR DAS HANDELN AN DER EUREX.

Uwe Wagner, finanzBuch Verlag, 368 Seiten

Page 91: GELD-Magazin, Dezember 2015

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Page 92: GELD-Magazin, Dezember 2015

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